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Meine Firma 2/2024

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MARKETING<br />

INTERVIEW<br />

«Die Leute<br />

bestellen<br />

jeden Mist bei<br />

irgendwelchen<br />

chinesischen<br />

Online-Grosshändlern.<br />

Einfach<br />

deshalb, weil<br />

das Angebot<br />

vorhanden<br />

und zudem<br />

viel günstiger<br />

ist als<br />

bei einem<br />

lokalen<br />

Anbieter.»<br />

Nils Planzer<br />

Zur Person<br />

Nils Planzer ist Hauptaktionär,<br />

Verwaltungsratspräsident<br />

und CEO von Planzer.<br />

Das 1936 gegründete Logistikunternehmen<br />

ist damit<br />

bereits in dritter Hand familiengeführt.<br />

Nach einer Lehre<br />

als Lastwagenmechaniker<br />

absolvierte der 53-Jährige die<br />

Handelsschule und machte<br />

eine Ausbildung zum technischen<br />

Kaufmann. 1997 stieg<br />

er im Familienunternehmen<br />

ein und war zu Beginn in verschiedenen<br />

Bereichen tätig,<br />

bevor er 2003 die Geschäftsführung<br />

übernahm. 2017<br />

beteiligte sich Nils Planzer<br />

zudem an der Fitnesscenter-<br />

Kette Kieser Training. Er ist<br />

verheiratet und Vater zweier<br />

Kinder.<br />

planzer.ch<br />

die massiv angestiegene Bevölkerung und Mobilität<br />

angepasst und müssen gewisse neuralgische<br />

Punkte und Achsen ausgebaut werden.<br />

Aber es braucht neue Modelle, um den Stau zu<br />

reduzieren.<br />

…was wiederum gerade für ein<br />

Transportunternehmen wie Planzer<br />

besonders wichtig ist.<br />

Es ist leider eine Tatsache, dass wir heute aufgrund<br />

der aktuellen Verkehrslage einen Stauzuschlag<br />

verlangen und damit überwiegend<br />

unsere Endkunden bestrafen müssen. Aber wir<br />

haben sehr hohe Stauzeiten, und die werden in<br />

Zukunft tendenziell zunehmen. Deshalb bin ich<br />

weiterhin – auch wenn viele das nicht gerne hören<br />

– der Meinung, dass Mobilität zu billig ist.<br />

Inwiefern?<br />

Heutzutage bestellen die Leute jeden Mist<br />

bei irgendwelchen chinesischen Online-Grosshändlern.<br />

Einfach deshalb, weil das Angebot<br />

vorhanden und zudem viel günstiger ist als<br />

bei einem lokalen Anbieter. Davon profitiert<br />

zwar die Logistikbranche, aber mit gesundem<br />

Menschenverstand betrachtet, macht das überhaupt<br />

keinen Sinn. Mobilität steigt aber auch<br />

durch den Individualverkehr, auch hier müsste<br />

deshalb ein Umdenken stattfinden, um nachhaltige<br />

Modelle zu konzipieren.<br />

Und wo liegt Ihrer Meinung<br />

nach die Lösung?<br />

Die Zukunft heisst für mich Mobility Pricing.<br />

Mobilität sollte je nach Tageszeit unterschiedlich<br />

teuer sein, damit sie besser gelenkt werden<br />

kann. Also ähnlich wie beim Güterverkehr, wo<br />

die Einführung der LSVA bewirkt hat, dass bedeutend<br />

weniger Lastwagen unterwegs sind –<br />

aber mehr Waren transportieren. Der LKW ist<br />

heutzutage das einzige Gefährt, das wirklich<br />

kostendeckend unterwegs ist. Wenn Sie und ich<br />

morgens allein mit dem Auto ins Büro fahren,<br />

ist das zwar bequem, aber weder effizient noch<br />

nachhaltig. Zeitabhängige Tarife sind überall<br />

nötig, wo wir uns fortbewegen. Dafür müssen<br />

wir in digitale Lösungen investieren.<br />

Mit der Übernahme der Postdienstleister<br />

Quickpac und Quickmail<br />

Anfang Februar haben Sie viele<br />

Arbeitsplätze gerettet.<br />

Ich war überzeugt, dass die Post den Zuschlag<br />

erhält. Als die Weko die Übernahme ablehnte,<br />

haben wir innerhalb von Wochenfrist<br />

reagiert und die beiden Unternehmen übernommen,<br />

um damit den Konkurs zu verhindern.<br />

Quickpac war für uns natürlich äusserst<br />

attraktiv – durch diese Übernahme erreichten<br />

wir genau die Volumensteigerung, die wir im<br />

Paketgeschäft noch benötigten, um gesamt-<br />

schweizerisch jedes Tal jeden einzelnen Tag<br />

beliefern zu können.<br />

Dadurch wurden Sie endgültig<br />

zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten<br />

für die Post.<br />

Ich bin ein grosser Befürworter von Wettbewerb<br />

und finde, die Post macht einen sehr<br />

guten Job. Klar, der Spruch kommt nicht von<br />

ungefähr, dass Konkurrenz das Geschäft belebt.<br />

Aber ein Anreiz für den Kauf war es nicht.<br />

Durch die Übernahme wuchs Ihre<br />

Belegschaft von einem Tag auf den<br />

anderen um über die Hälfte. Was war<br />

da die grösste Herausforderung?<br />

Schnelles Wachstum ist immer eine grosse<br />

Herausforderung. Da braucht man Führungspersonen,<br />

die mit gutem Beispiel vorangehen<br />

und die Mitarbeitenden mitziehen können.<br />

Wir haben zum Glück eine hohe Kontinuität<br />

und Stabilität in der Geschäftsleitung, dafür<br />

bin ich dankbar. Natürlich gibt es bei Übernahmen<br />

immer mal wieder schwierige Situationen.<br />

Mir ist wichtig, in solchen Momenten<br />

nichts zu beschönigen, sondern transparent,<br />

offen und ehrlich zu kommunizieren.<br />

In der Paketbranche regelt bei<br />

Ihnen ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV)<br />

Lohn und Arbeitszeit der Mitarbeitenden.<br />

Lohnt sich das?<br />

Der Job an sich ist anstrengend, das darf<br />

man nicht beschönigen – man fährt nicht vier<br />

Stunden lang durch die Schweiz und betrachtet<br />

den Sonnenuntergang. Entsprechend gut soll<br />

er auch entlöhnt werden. Als Dienstleister legen<br />

wir zudem Wert auf eine hohe Servicequalität.<br />

Dafür benötigen wir Mitarbeitende, die<br />

stolz und motiviert darüber sind, dass sie für<br />

unsere <strong>Firma</strong> arbeiten, und dieses Gefühl auch<br />

gegenüber unseren Kundinnen und Kunden<br />

vermitteln. Unser Credo ist, dass unsere Mitarbeitenden<br />

– auch wenn sie nicht alle perfekt<br />

Schweizerdeutsch können – respektvoll und<br />

sympathisch auftreten und einen zuvorkommenden<br />

Kundenservice abliefern. Dadurch<br />

heben wir uns von unseren Mitbewerbern ab.<br />

Insofern lohnt sich das, ja.<br />

Trotzdem liest man immer wieder von<br />

schlechten Arbeitsbedingungen im<br />

Transportgewerbe. Die Stimmung hier<br />

am Standort Altstetten ist aber sehr<br />

gelöst, alle sind fröhlich und zuvorkommend,<br />

es herrscht offenbar ein guter<br />

Teamspirit. Wie schaffen Sie das?<br />

Das überrascht mich nicht. Als Familienunternehmen<br />

stehen für uns die Menschen im<br />

Zentrum, denn ohne sie geht als Dienstleister<br />

gar nichts. Daher pflegen wir eine ausgeprägt<br />

familiäre Firmenkultur. Dazu gehören Anstand,<br />

Respekt, Fleiss und nicht zuletzt eine<br />

gehörige Portion Spass.<br />

Seit Sommer 2022 sind bei Planzer<br />

15 E-LKWs auf Achse. Elektrifizieren<br />

Sie Ihre Lastwagenflotte komplett?<br />

Nein, das glaube ich nicht. Die Anzahl Elektrolastwagen<br />

auf Schweizer Strassen wird sicher<br />

zunehmen, das Thema ist aber ein Stück<br />

weit zu einem Hype geworden. Es gehört mittlerweile<br />

fast zum guten Ton, auf Elektromobilität<br />

zu setzen. Bei uns werden die E-LKWs im<br />

Rahmen unseres City-Logistik-Konzepts eingesetzt,<br />

also vorwiegend in Städten und Agglomerationen<br />

auf der ersten und letzten Meile. Das<br />

ist die Strecke vom Absender zum Bahncenter<br />

und vom Bahncenter bis zum Empfänger.<br />

Apropos Hype: Was halten Sie<br />

von Transportdrohnen?<br />

Nichts. Drohnen eignen sich vielleicht dazu,<br />

Medikamente in eine SAC-Hütte oder Einzelaufträge<br />

ins Industriegebiet zu liefern, aber<br />

nicht dazu, den Warenfluss in Grossstädten<br />

komplett zu übernehmen.<br />

Neben Ihrer Tätigkeit bei Planzer<br />

sind Sie darüber hinaus auch noch<br />

Miteigentümer der Kieser-Training-<br />

Gruppe – wie kam es dazu?<br />

Mein früherer Nachbar arbeitete bei Kieser<br />

als Finanzchef, unsere Kinder wuchsen<br />

gemeinsam auf. Daraus hat sich eine Freundschaft<br />

entwickelt, und als Werner Kieser eine<br />

Nachfolgelösung suchte, haben wir die <strong>Firma</strong><br />

übernommen. Ich glaube an das Produkt und<br />

möchte einen Beitrag dazu leisten, dass diese<br />

<strong>Firma</strong> weiterbesteht. Ein angenehmer Nebeneffekt<br />

ist, dass ich selbst häufiger trainiere, um<br />

fit zu bleiben: Ich kann schliesslich nicht als<br />

beleibter Siebzigjähriger mit Zigarre und Cognac<br />

an einer Verwaltungsratssitzung teilnehmen.<br />

(Lacht)<br />

Wie bringen Sie das alles unter einen<br />

Hut – schlafen Sie überhaupt?<br />

Ich brauche sogar sehr viel Schlaf und gehe<br />

dementsprechend früh ins Bett; als Chef eines<br />

Logistikunternehmens beginnt mein Tag sehr<br />

früh. Zum Glück fällt mir das Aufstehen heute<br />

deutlich leichter als vor 30 Jahren.<br />

Wohin geht Ihre Reise noch,<br />

was wollen Sie noch erreichen?<br />

Für mich ist wichtig, dass ich der nächsten<br />

Generation eine gesunde <strong>Firma</strong> übergeben<br />

kann – und das meine ich nicht nur mit<br />

Blick auf die Bilanz, sondern auch hinsichtlich<br />

der Kultur, der Mitarbeitenden und Kundinnen<br />

und Kunden. Das erachte ich als meinen<br />

Hauptauftrag im Leben. Und ich versuche mit<br />

zunehmendem Alter, qualitativ mehr Zeit mit<br />

Freunden und Familie zu verbringen, gesund<br />

zu bleiben und das Leben auch abseits des Arbeitslebens<br />

zu geniessen.<br />

●<br />

Ist ein grosser Fan der Bahn,<br />

braucht viel Schlaf und will der<br />

nächsten Generation eine<br />

gesunde <strong>Firma</strong> übergeben:<br />

Camionneur Nils Planzer.<br />

«Als Familienunternehmen<br />

stehen für<br />

uns die<br />

Menschen im<br />

Zentrum,<br />

denn ohne sie<br />

geht als Dienstleister<br />

gar<br />

nichts. Daher<br />

pflegen wir<br />

eine<br />

ausgeprägt<br />

familiäre<br />

Firmenkultur.»<br />

Nils Planzer<br />

<strong>Meine</strong> FIRMA<br />

32 02/<strong>2024</strong><br />

02/<strong>2024</strong> 33<br />

<strong>Meine</strong> FIRMA

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