29.12.2012 Aufrufe

Die islamrechtliche Beurteilung der Mädchenbeschneidung

Die islamrechtliche Beurteilung der Mädchenbeschneidung

Die islamrechtliche Beurteilung der Mädchenbeschneidung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

und Uwer die Praxis auch in Syrien, Libanon o<strong>der</strong> Iran nicht mehr aus. 41 Da hier die Arbeit<br />

von Nichtregierungsorganisationen nahezu unmöglich ist, werden in <strong>der</strong> nahen Zukunft<br />

jedoch kaum Statistiken für diese Län<strong>der</strong> erhoben werden können. Als bereits seit längerer<br />

Zeit gesichert gilt hingegen die Praxis <strong>der</strong> <strong>Mädchenbeschneidung</strong> innerhalb <strong>der</strong> ismailiti-<br />

schen Gruppe Daudi Bohra in Indien. 42 Atighetchi nennt in diesem Zusammenhang auch<br />

Pakistan und Bangladesch als die Län<strong>der</strong>, in denen <strong>der</strong> Brauch praktiziert wird. 43 Über eine<br />

Verbreitung bis nach Ostasien herrschte lange Zeit Uneinigkeit in <strong>der</strong> Wissenschaft. Seitdem<br />

Feldforschungen in Indonesien und Malaysia durchgeführt wurden, ist ein regionales Vor-<br />

kommen <strong>der</strong> Beschneidung unter einigen muslimischen Ethnien jedoch auch hier be-<br />

kannt. 44<br />

Insgesamt wird heute von mehr als 40 Län<strong>der</strong>n, in denen die Beschneidung als regionaler<br />

Brauch praktiziert wird, ausgegangen. Hierzu zählen über Afrika und Asien hinaus auch die<br />

südamerikanischen Staaten Peru, Brasilien und Mexiko sowie Australien, wo unter den Ur-<br />

einwohnern (Aboriginees) beschnitten wird. 45 Aufgrund <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>ung von Afrikanern<br />

nach Europa und in die USA ist die <strong>Mädchenbeschneidung</strong> auch hier zu einem Phänomen<br />

geworden, da die Migranten ihre Traditionen in <strong>der</strong> neuen Heimat zumeist weiter pflegen. 46<br />

Nach einer Studie von UNICEF, „Terre des Femmes“ und dem Berufsverband <strong>der</strong> Ärzte im<br />

Jahr 2003 hat fast die Hälfte aller Gynäkologen in Deutschland bereits eine beschnittene<br />

Frau in ihrer Praxis behandelt. „Terre des Femmes“ schätzte 2005 den Angaben des statis-<br />

tischen Bundesamtes bezüglich <strong>der</strong> Zahlen afrikanischer Migrantinnen zufolge, dass etwa<br />

29.000 Mädchen und Frauen in Deutschland von <strong>der</strong> Beschneidung betroffen o<strong>der</strong> bedroht<br />

sind. 47<br />

41 Vgl. von <strong>der</strong> Osten-Sacken, Thomas/Uwer, Thomas: Is Female Genital Mutilation an Islamic Problem? In:<br />

Middle East Quarterly. Winter 2007. Vol XIV/1. Unter: http://www.meforum.org/article/1629 (Stand:<br />

20.1.2007).<br />

42 <strong>Die</strong> beiden Frauenrechtsaktivistinnen Nahid Toubia und Fran P. Hosken wiesen bereits Mitte <strong>der</strong> 1990er<br />

Jahre auf die Beschneidung unter den Daudi Bohra hin. Vgl. Terre des Femmes. Schnitt in die Seele. S. 56.<br />

43 Atighetchi. Islamic Bioethics. S. 305.<br />

44 <strong>Die</strong> Behauptung, in Asien würden großflächig Frauen beschnitten, stellte Anfang <strong>der</strong> 1980er Jahre Fran P.<br />

Hosken auf. Vgl. Hosken, Fran P.: The Hosken Report: Genital and Sexual Mutilation of Females. New York<br />

1993. S. 275-278. <strong>Die</strong>se Darstellung gilt heute als übetrieben und wurde in einigen Studien wie<strong>der</strong>legt. Sehr interessant<br />

ist die neuere Feldforschung von Newland, Lynda: Female circumcision: Muslim identities and zero<br />

tolerance policies in rural West Java. In: Women’s Studies International Forum 29 (2006). S. 394-404.<br />

45 Peller. Chiffrierte Körper – Disziplinierte Körper. S. 202. Spuler-Stegemann, Ursula: <strong>Mädchenbeschneidung</strong>.<br />

In: Klinkhammer, Gritt Maria/Rink, Steffen/Frick, Tobias (Hg.): Kritik an Religionen. Marburg 1997. S. 208.<br />

46 Bis Anfang des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts war die Beschneidung in den USA und Großbritannien als Therapie gegen<br />

sogenannte „Frauenleiden“ wie Hysterie und Depression sowie Vorbeugung gegen Masturbation bekannt.<br />

Heute kritisieren Frauenrechtlerinnen die zunehmende Zahl <strong>der</strong> sogenannten „Schönheitsoperationen“ wie<br />

<strong>der</strong> Kaiserschnitte und Dammschnitte bei Geburten. Vgl. zu <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Beschneidung in Europa und<br />

den USA insbeson<strong>der</strong>e Lightfoot-Klein. Der Beschneidungsskandal und speziell zu Deutschland Hulverscheidt,<br />

Marion A.: Weibliche Genitalverstümmelung. Diskussion und Praxis in <strong>der</strong> Medizin während des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts im deutschsprachigen Raum. Frankfurt am Main 2002.<br />

47 Deutsches Komitee für UNICEF e. V. (Hg.) : Schnitt in Körper und Seele. Eine Umfrage zur Situation beschnittener<br />

Mädchen und Frauen in Deutschland. Köln 2005. Unter: http://www.unicef.de/fileadmin/content<br />

_media/presse/fotomaterial/Beschneidung/I0038_Doku_Beschn.pdf (Stand: 4.3.2007).<br />

17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!