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Die islamrechtliche Beurteilung der Mädchenbeschneidung

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2. <strong>Die</strong> Praxis <strong>der</strong> <strong>Mädchenbeschneidung</strong> heute – Ein Überblick<br />

2.1 Das geographische Ausmaß<br />

Nach Angaben <strong>der</strong> WHO sind heute weltweit 100 bis 140 Millionen Mädchen und Frauen<br />

von <strong>der</strong> Beschneidung ihrer Genitalien betroffen. Jährlich kommen etwa drei Millionen<br />

bzw. täglich 8000 hinzu. 31 Schwerpunkt <strong>der</strong> Beschneidungspraxis ist <strong>der</strong> afrikanische Kontinent.<br />

Wie ein breites dreieckiges Band verläuft ihre geographische Streuung von West nach<br />

Ost quer durch Zentralafrika entlang <strong>der</strong> nördlichen subsaharischen Region vom Senegal bis<br />

nach Ägypten und Tansania. <strong>Die</strong> WHO und UNICEF machen heute 28 afrikanische Län<strong>der</strong><br />

aus, in denen die <strong>Mädchenbeschneidung</strong> in unterschiedlichen Formen praktiziert wird. 32 Als<br />

Tradition verschiedener Ethnien ist sie unabhängig von Staatsgrenzen und damit in einigen<br />

Län<strong>der</strong>n nahezu unbekannt und lediglich in Grenzgebieten anzutreffen. Nord- und Südafrika<br />

sind von <strong>der</strong> Beschneidung bis auf wenige Min<strong>der</strong>heiten ausgenommen. 33<br />

Feldforschungen in Afrika haben seit den 1970er Jahren teils sehr wi<strong>der</strong>sprüchliche Län<strong>der</strong>-<br />

statistiken bezüglich <strong>der</strong> quantitativen Verbreitung <strong>der</strong> <strong>Mädchenbeschneidung</strong> erbracht.<br />

Selbst die Angaben zum nördlichen Sudan und Oberägypten scheinen trotz <strong>der</strong> intensiven<br />

Erforschung und ständigen Aktualisierung nicht gesichert. 34 Für weitere 16 Län<strong>der</strong> liegt teils<br />

veraltetes o<strong>der</strong> lückenhaftes Datenmaterial vor. <strong>Die</strong> übrigen Regionen sind nicht o<strong>der</strong> nur<br />

schwach eruiert, so dass hier über den Verbreitungsgrad <strong>der</strong> Beschneidung lediglich speku-<br />

liert werden kann. <strong>Die</strong> unzureichende Datenerhebung in Afrika hängt insbeson<strong>der</strong>e mit <strong>der</strong><br />

Problematik des Untersuchungsgegenstandes selbst und den politischen Voraussetzungen in<br />

den Län<strong>der</strong>n zusammen. <strong>Die</strong> Bereitschaft, über dieses meist tabuisierte Thema zu sprechen,<br />

ist sowohl bei <strong>der</strong> Bevölkerung als auch den Regierungen nicht beson<strong>der</strong>s groß. 35<br />

31 Vgl. WHO. Progress in Sexual and Reproductive Health Research. S. 1. <strong>Die</strong> WHO hat in den vergangenen<br />

Jahren das Ausmaß <strong>der</strong> Beschneidung stets mit konkreten Zahlen angegeben, die immer weiter nach oben korrigiert<br />

wurden. Seit 2006 belässt die WHO es bei <strong>der</strong> offenen Schätzung von 100 bis 140 Millionen, wobei sie<br />

die jährliche Beschneidungszahl von zwei auf drei Millionen heraufsetzte. Insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> feministischen<br />

Literatur werden die Zahlen zumeist höher angegeben. So kommentiert „Terre des Femmes“, die Zahl von 130<br />

bis 170 Millionen als „Mindestzahl“. Vgl. Terre des Femmes. Schnitt in die Seele. S. 24.<br />

32 Vgl. zu <strong>der</strong> geographischen Verbreitung <strong>der</strong> Beschneidung in Afrika das Kartenmaterial <strong>der</strong> WHO, das auch<br />

im Anhang dieser Arbeit beigefügt ist. WHO. Progress in Sexual and Reproductive Health Research. S. 2.<br />

33 Aldeeb spricht von einer Verbreitung <strong>der</strong> <strong>Mädchenbeschneidung</strong> unter „fundamentalistischen Muslimen“ in<br />

Tunesien und Algerien. Vgl. Aldeeb. Male and Female Circumcision. S. 14-15. Peller meint, auch in Libyen eine<br />

Ausbreitung des Brauchs beobachten zu können. Vgl. Peller. Chiffrierte Körper – Disziplinierte Körper. S. 198.<br />

34 Insbeson<strong>der</strong>e die Zahlen zu Ägypten schwankten in den letzten 15 Jahren zwischen 50 und 90 Prozent. Aldeeb<br />

kommentiert dies folgen<strong>der</strong>maßen: „With regard to Egypt, we have the following numbers: 13,625,000<br />

(50%) in 1994, 24,710,000 (80%) in 1996, and 27,905,930 (97%) in 1998. It does not mean that the rate of the<br />

female circumcision rose 47% from 1994 to 1997, but merely that data became more reliable.” Vgl. Aldeeb. Male<br />

and Female Circumcision. S. 14.<br />

35 Vgl. zu <strong>der</strong> Datenlage UNICEF Innocenti Research Centre (Hg.): Changing a harmful social convention –<br />

Female genital mutilation/cutting. Florenz 2005. Unter: http://www.unicef-icdc.org/publications/pdf/fgm-gb-<br />

2005.pdf (Stand: 19.5.2007). Da keine aktuelleren Zahlen in ausreichen<strong>der</strong> Verlässlichkeit vorliegen, beziehe ich<br />

mich im Folgenden ausschließlich auf die Statistik von UNICEF. Vgl. ibid. S. 4. <strong>Die</strong> UNICEF-Statistik ist auch<br />

im Anhang dieser Arbeit beigefügt.<br />

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