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Einflüsse auf Waldgesundheit<br />
TITELTHEMA<br />
Klimawandel, waldbauliche Fehler, Artenarmut, Monokulturen, Bodenverdichtung, Entwässerung<br />
27<br />
KLEINE KULTURGESCHICHTE<br />
DES WALDES<br />
Er war und ist Projektionsfläche für Mythen,<br />
Märchen, Gruselgeschichten, Kitsch, romantische<br />
Überhöhung, Inbegriff von Erholung und Naturverbundenheit.<br />
Den Deutschen sagt man eine<br />
besondere Beziehung zu ihrem Wald nach. Kein<br />
Wunder, ist doch eine jahrtausendealte Geschichte<br />
damit verwurzelt.<br />
Text Simone Blaß<br />
Einen wahren Bäumekult zelebrierten schon<br />
die alten Germanen, sie verehrten sie als Sitz<br />
von Göttern und betrachteten sie als heilig. Und<br />
dann verhalf der Wald ihnen im Jahr 9 n. Ch.<br />
auch noch zum berühmten Sieg über ein übermächtiges<br />
Römerheer. Ein geschickt eingefädelter<br />
Hinterhalt zwischen Bäumen, der als Varusschlacht<br />
im Teutoburger Wald in die Geschichte<br />
einging. Als das Christentum begann, sich auszubreiten,<br />
wurde der germanische Götterglaube<br />
bekämpft. Bäume als Götzenbilder galten als<br />
sündhaft und böse, germanische Wälder wurden<br />
zum Schauplatz für Schauergeschichten<br />
und Mythen. Man denke nur an den Helden<br />
Siegfried, der in den finsteren Wald geschickt<br />
wird, um einen gefährlichen Drachen zu töten.<br />
Okay, gefährlich waren die Wälder damals tatsächlich,<br />
schließlich lebten wilde Tiere und Räuber<br />
dort. Vor allem im Mittelalter empfanden<br />
die Menschen den Wald als unheilvoll, düster<br />
und gruselig. Eine komplette Kehrtwende in der<br />
Waldbetrachtung gab es dann ab Anfang des 19.<br />
Jahrhunderts mit dem Beginn der Romantik.<br />
Dichter und Maler überhöhten den Wald als heile<br />
Welt und Sehnsuchtsort. Auch viele Märchen<br />
der Gebrüder Grimm wie Rotkäppchen oder<br />
Entlastung der Atmosphäre durch den Wald<br />
62 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich /<br />
1.200 Millionen Tonnen Kohlenstoff sind deutschlandweit<br />
in lebenden Bäumen gespeichert<br />
Schneewittchen sind in dieser Zeit entstanden,<br />
bekanntlich spielt der Wald darin stets eine besondere<br />
Rolle. Diese romantische Sichtweise<br />
war allerdings eher Sache von Künstlern und<br />
Intellektuellen. Für die einfache Bevölkerung<br />
bedeutete der Wald vor allem Rohstoffe und<br />
Nahrung. Erst als die Industrialisierung voranschritt,<br />
wurde bei vielen Menschen auch aus<br />
der Arbeiterschicht der Wunsch groß nach Erholung<br />
in der Natur. Die Industrialisierung läutete<br />
zudem den Beginn der Forstwirtschaft ein,<br />
denn Holz wurde mehr und mehr gebraucht<br />
und man musste sich über den geregelten Anbau<br />
von Nachschub Gedanken machen. Die<br />
Nationalsozialisten nutzten den Wald politisch<br />
für ihre „Blut und Boden“-Ideologie, Stichwort<br />
Germanenkult und Deutsche Eiche als Symbol<br />
für das „Tausendjährige Reich“. Kitschig wurd’s<br />
in den Heimatfilmen der 1950er Jahre, wo die<br />
Wälder ewig rauschen, verschlagene Wilderer<br />
ihr Unwesen treiben, aber natürlich immer<br />
der gute und gutaussehende Naturbursche das<br />
Herz der schönen Maid gewinnt. Gleichzeitig<br />
waren diese Filme schon erste Werbeflächen<br />
für Waldtourismus. Ganz anders in den Fokus<br />
der Deutschen gerückt ist der Wald ab den 80er<br />
Jahren, als Begriffe wie „saurer Regen“ oder<br />
„Waldsterben“ in den Schlagzeilen auftauchten<br />
und Naturschutz mehr und mehr an Bedeutung<br />
gewann. Inzwischen ist es der Klimawandel,<br />
der dem deutschen Wald zusetzt. Lieblingsort<br />
ist er bis heute – für Naturliebhaber, Wanderer,<br />
Sportler, Romantiker, Gruselfans … und für uns<br />
<strong>ELMA</strong>s!