Stein 7/2024
Küche
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S07 | <strong>2024</strong><br />
MINERALISCHE WERKSTOFFE FÜR ARCHITEKTUR UND HANDWERK<br />
PLATZ FÜR<br />
GENUSS<br />
MIT NATURSTEIN<br />
Die Küche hat sich als Mittelpunkt<br />
von Wohnräumen etabliert. Ein<br />
neues Must-have: der Küchenblock<br />
ZUR DENKMALPFLEGE<br />
Das Institut für <strong>Stein</strong>konservierung<br />
steht für Fragen bei Restaurierungen<br />
mit Naturstein zur Verfügung<br />
FÜR KUNDEN<br />
Hausmessen und Familientage<br />
müssen die richtigen Besucher<br />
ansprechen, um Erfolg zu haben
EDITORIAL<br />
LIEBE LESERINNEN<br />
UND LESER,<br />
die Küche hat ihre traditionelle Rolle als bloßer<br />
Ort zum Kochen schon lange abgelegt. Heute ist<br />
sie vielmehr Lebensmittelpunkt und zentraler<br />
Platz für soziale Interaktion. Besonders beliebt<br />
sind dabei Küchenblöcke, die den Küchen- vom<br />
Wohnbereich trennen. Dieser Trend ist für den <strong>Stein</strong>metz<br />
insofern interessant, alsdass hier im gehobenen<br />
Innenausbau immer öfter Naturstein zum Einsatz<br />
kommt.<br />
Ab Seite 6 stellen wir Ihnen eine ganze Reihe von<br />
außergewöhnlichen Küchenlösungen aus Naturstein<br />
vor. Den Anfang machen zwei Beispiele aus dem<br />
österreichischen <strong>Stein</strong>metzunternehmen Breitwieser<br />
in Tulln. In einer Wohnküche in der Steiermark<br />
haben die Innenarchitekten einen Block aus „Golden<br />
Viper“ platziert. Der dunkle Granit mit goldenen<br />
Adern ist ein echter Hingucker in dem offenen Raum.<br />
Auch ein weiterer Küchenblock aus Patagonia-Granit<br />
ist ein solcher Eyecatcher, der in einer sonst zurückhaltend<br />
gestalteten Wohnung einen eigenen, edlen<br />
Akzent setzt.<br />
Ab Seite 12 öffnet das Südtiroler <strong>Stein</strong>metz-Unternehmen<br />
Bagnara für uns sein Auftragsbuch und präsentiert<br />
bewährte Klassiker und neue Trends. Zu sehen<br />
sind <strong>Stein</strong>e der Superlative, die jede Küche zu etwas<br />
ganz Besonderem machen.<br />
Steffen Würstel, Geschäftsführer der MCR-<strong>Stein</strong>e GmbH<br />
im thüringischen Römhild, lässt Sie im STEIN-Interview<br />
an neuen Küchenentwürfen seiner exklusiven Kundschaft<br />
teilhaben. Nur so viel vorweg: Im Küchenbau<br />
sind dem <strong>Stein</strong>metzhandwerk keine Grenzen gesetzt.<br />
Im Gegenteil.<br />
Titelbild: Gabriel Büchelmeier<br />
In einem Wohnhaus in der Steiermark wird die umliegende<br />
Natur durch großflächige Fenster in den Innenraum<br />
integriert. Die Designer M&G Innenarchitektur<br />
und Bauplanung konzipierten für das Interior einen<br />
klaren Kontrast zur alpinen Umgebung. Die Vorgabe<br />
war, für den nüchternen Holzbau mit einem erlesenen<br />
Materialmix für den Dialog zwischen den verwendeten<br />
Materialien zu sorgen. „Die Zusammenstellung von<br />
Holz, Fliesen, Metall und <strong>Stein</strong> verleiht diesem Raum<br />
eine ganz besondere Atmosphäre – das Zentrum für<br />
die Familie stellt die offene Wohnküche dar“, sagt<br />
Klemens Zeilinger, Leitung Küchenlinie Breitwieser.<br />
Über die Zusammenarbeit von Denkmalpflege und<br />
Hochschulforschung bei der <strong>Stein</strong>konservierung spricht<br />
Enno <strong>Stein</strong>dlberger, der Direktor des Instituts für <strong>Stein</strong>konservierung<br />
(IFS) in Mainz, mit uns ab Seite 24. Das<br />
IFS versteht sich vorwiegend als Beratungsstelle für die<br />
Denkmalpflege und übernimmt grundsätzlich keine<br />
Auftragsarbeiten.<br />
Viel Spaß bei der Lektüre von STEIN wünscht Ihnen<br />
Ihre <strong>Stein</strong>redaktion<br />
Redaktion@stein-magazin.de<br />
S07| <strong>2024</strong> 3
INHALT<br />
SCHÖNE WELT DER<br />
STEINE<br />
06 Lebendiger Mittelpunkt<br />
Küchenblöcke aus außergewöhnlichen<br />
<strong>Stein</strong>en<br />
12 Was gibt’s Neues in der<br />
Küche?<br />
Bagnara zeigt Trends und<br />
Klassiker aus seinem<br />
Auftragsbuch<br />
STEINE BEARBEITEN<br />
18 Unikate mit Anspruch<br />
Das MCR-Marmor-Center<br />
Römhild fertigt exklusive<br />
Einzelstücke für die Küche<br />
24 Denkmalschutz mit<br />
Ziegen<br />
Enno <strong>Stein</strong>dlberger,<br />
Direktor des Instituts<br />
für <strong>Stein</strong>konservierung,<br />
im Gespräch über die<br />
Aufgaben seines Instituts<br />
30 Küchenträume wahr<br />
werden lassen<br />
Der perfekte Maschinenpark<br />
für den moderen<br />
Küchenbau<br />
39 Onice Verde Pakistan<br />
Die STEINKUNDE stellt<br />
einen Naturstein aus<br />
Pakistan vor<br />
42 Wahrzeichen für die<br />
Weinregion<br />
Ein Sandsteinportal<br />
und die Geschichte<br />
seines Aufbaus<br />
KUNDEN GEWINNEN<br />
46 Mehr als nur<br />
Unterhaltung<br />
Wie gelungene Kundenevents<br />
aussehen müssen<br />
PANORAMA<br />
58 Termine, Produkte<br />
und mehr<br />
RUBRIKEN<br />
59 Vorschau<br />
60 Impressum<br />
4 S07| <strong>2024</strong>
„GOLDEN VIPER“ UND „PATAGONIA GRANIT“<br />
Einzigartige Form: Küchenblock<br />
mit ein wenig abgeschrägten<br />
Kanten und<br />
stumpfen Winkeln<br />
6 S07| <strong>2024</strong>
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
LEBENDIGER<br />
MITTELPUNKT<br />
Im Herzen eines Wohnhauses in der Steiermark steht eine offene Wohnküche mit<br />
einem außergewöhnlichen, dunklen Granit mit goldenen Adern: „Golden Viper“.<br />
Bei einem weiteren Projekt wurde im französischen Luxus-Appartement „Piard“<br />
unter Federführung des Interior-Design-Studios „Maison Numéro 2.0“ ein Wohntraum<br />
Wirklichkeit. Dazu trägt die faszinierende Optik von „Patagonia Granit“ bei,<br />
der von Designer Oscar Lucien ausgewählt wurde. Beide exklusiven Natursteine<br />
stammen von der Breitwieser Stone World aus Tulln/Österreich.<br />
Von Martina Noltemeier<br />
OFFENE WOHNKÜCHE<br />
Foto: Gabriel Büchelmeier<br />
In dem Wohnhaus in der Steiermark wird die umliegende<br />
Natur durch großflächige Fenster in den Innenraum<br />
integriert. Die Designer M&G Innenarchitektur<br />
und Bauplanung konzipierten für das Interior einen<br />
klaren Kontrast zur alpinen Umgebung. Die Vorgabe<br />
war, für den nüchternen Holzbau mit einem erlesenen<br />
Materialmix den Dialog zwischen den verwendeten<br />
Materialien zu sorgen. „Die kuratierte Zusammenstellung<br />
von Holz, Fliesen, Metall und <strong>Stein</strong> verleiht diesem<br />
Raum eine ganz besondere Atmosphäre – das<br />
Zentrum für die Familie stellt hier die offene Wohnküche<br />
dar“, sagt Klemens Zeilinger, Leitung Küchenlinie<br />
Breitwieser.<br />
Die Küche wird heute gerne als Mittelpunkt des Hauses<br />
inszeniert, und so muss sie wie jeder andere<br />
Wohnraum ganz individuell an die Bedürfnisse und<br />
Vorlieben der Bewohner und deren Gäste angepasst<br />
werden. Die besagte offene Wohnküche bietet nicht<br />
nur Ausblicke auf Terrasse und Garten, sondern auch<br />
die Möglichkeit, im Winter dem Feuer im Kamin beim<br />
Flackern zuzusehen.<br />
Der Küchenblock mit seiner einzigartigen Form trägt<br />
die Handschrift der ausführenden Designer M&G aus<br />
Wien. Er zeichnet sich durch einen Keil aus, der bewusst<br />
nicht ganz rechtwinklig geformt ist. Die Kanten<br />
sind ein wenig abgeschrägt. Diese stumpfen Winkel<br />
verleihen der Küche ihren besonderen Charme. Farben<br />
und Materialien wurden sorgfältig ausgewählt,<br />
um das zeitlose und klassische Konzept zu unterstreichen.<br />
Die Küche ist vor einer Rückwand aus schwarz<br />
patinierten Edelstahlplatten platziert. Das Herzstück<br />
ist die mit goldenen Adern durchzogene <strong>Stein</strong>platte<br />
von Breitwieser Natural Stones. Der dunkle Naturstein<br />
passt perfekt zum Ambiente und macht den<br />
Küchenblock zu einem echten Hingucker. Der<br />
„Golden Viper“ ist ein mit goldenen Adern durchzogener<br />
schwarzer Granit und wird in Angola/Afrika zutage<br />
gefördert.<br />
„Aufgrund seiner dunklen, schwarzen Erscheinung ist<br />
der „Golden Viper“ in diesem Raum die Idealbesetzung“,<br />
schwärmt Zeilinger. Die Qualität erhält der<br />
S07| <strong>2024</strong> 7
EINRICHTUNGSSTILE<br />
WAS GIBT’S NEUES<br />
IN DER KÜCHE?<br />
Die Küche, das Herzstück in jedem Zuhause und längst nicht mehr nur Raum zum<br />
Kochen und Essen, sondern auch Zusammenkommen und Leben. Für Natursteinverarbeiter<br />
bedeutet das: weg von der reinen Küchenarbeitsplatte, hin zur Gestaltung<br />
kompletter, multifunktionaler Räume. Bagnara, Natursteinexperte aus Südtirol,<br />
setzt jährlich eine Vielzahl solcher Küchenprojekte um. Für STEIN öffnet Nikolaus<br />
Bagnara das Auftragsbuch und erzählt von bewährten Klassikern und neuen Trends.<br />
Von Anne Fischer<br />
Naturnahe Küche mit Verkleidungen und<br />
Arbeitsplatten aus „Pannonia Grün“,<br />
einem Chlorit-Schiefer aus Österreich<br />
12 S07| <strong>2024</strong>
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
Den brasilianischen Granit „Mystic Grey“ kombinierte Bagnara bei diesem Projekt zu minimalistisch-moderner Architektur. Die nahtlose Verlängerung<br />
der Kücheninsel mit der Natursteinplatte bietet zusätzlichen Sitzplatz<br />
KÜCHENKLASSIKER: NERO ASSOLUTO ZIMBABWE<br />
UND MYSTIC GREY<br />
Fotos: Bagnara<br />
Beide Natursteine sind beständig und pflegeleicht –<br />
ihnen gilt nach wie vor das Hauptaugenmerk der meisten<br />
Kunden bei der Materialauswahl. Dazu kommt,<br />
dass die dunkle Grundfarbe gut zu verschiedenen Einrichtungsstilen<br />
passt. Während „Nero Assoluto Zimbabwe“<br />
eine sehr homogene Struktur hat, bietet „Mystic<br />
Grey“ mehr Bewegung. Für seine lebhafte Struktur<br />
ist auch „Pannonia Grün“ sehr gefragt.<br />
S07| <strong>2024</strong> 13
INTERVIEW MIT STEFFEN WÜRSTEL<br />
UNIKATE MIT<br />
ANSPRUCH<br />
Steffen Würstel, Geschäftsführer der MCR Marmor-Center GmbH im thüringischen<br />
Römhild, spricht mit STEIN über neueste Entwicklungen in der Küchenherstellung<br />
und gibt detailliert Auskunft über die jüngsten Einzelanfertigungen.<br />
STEIN: Sie sind bereits seit einigen<br />
Jahren am Markt aktiv. Seit wann<br />
stellen Sie auch Küchen her?<br />
Steffen Würstel: Wir sind mit dieser<br />
Idee 2019 an den Start gegangen.<br />
Es war auf der internationalen<br />
Möbel- und Einrichtungsmesse<br />
(IMM) in Köln. Davor haben wir<br />
zwei Jahre lang getüftelt und entwickelt,<br />
um exakt unsere Vorstellungen<br />
umzusetzen.<br />
STEIN: Welche Materialien liegen<br />
besonders im Trend? Sie arbeiten<br />
neben Naturstein auch mit anderen<br />
Materialien wie Dekton etc …<br />
Würstel: Der Trend geht seit Jahren<br />
ganz klar in Richtung Natur. Sei<br />
es Holz oder extrem stark der Naturstein.<br />
Selbstredend verarbeiten<br />
wir Komposite und Keramiken.<br />
Diese Materialien haben ihre Berechtigung,<br />
unser Herz schlägt<br />
aber für Naturstein. Das Wachstum<br />
in dieser Sparte ist groß, besonders<br />
im Bereich außergewöhnlicher,<br />
ausdrucksstarker <strong>Stein</strong>e.<br />
STEIN: Aus welchem <strong>Stein</strong> besteht<br />
der Küchenblock, den Sie TajMahal<br />
nennen?<br />
Würstel: Der TajMahal besteht aus<br />
dem gleichnamigen <strong>Stein</strong>. Es handelt<br />
sich um einen Quarzit aus Brasilien<br />
mit bernsteinfarbener Maserung<br />
auf hellbeigem Untergrund,<br />
Transparenz, leichtem Glanz und<br />
einer zarten Wellenstruktur. Durch<br />
seine ruhige zurückhaltende Eleganz<br />
in Kombination mit seiner<br />
Widerstandsfähigkeit gehört dieser<br />
<strong>Stein</strong> zur exklusiven Kollektion<br />
unseres Händlers Antolini.<br />
STEIN: Für wen ist der Küchenblock<br />
gefertigt worden? Entwerfen<br />
Sie selbst Küchen oder arbeiten<br />
Sie dazu mit Architekten und Küchenplanern<br />
zusammen?<br />
Würstel: Der Küchenblock ist für<br />
eine Privatperson im Münchner<br />
Süden und unsern Münchner Partner,<br />
die Ludwig6, gefertigt worden.<br />
Grundsätzlich arbeiten wir mit Küchenstudios,<br />
Architekten und Designern<br />
zusammen. Wir kommen<br />
in der Entwurfsphase hinzu und<br />
setzen dann die Wünsche der Kunden<br />
um. Gleichzeitig entwerfen wir<br />
aber auch selbst. Neue Studien<br />
und Trends für Messen, oder Präsentationen.<br />
Uns liegen gesamte<br />
Konzepte am Herzen, aber auch<br />
sehr die Details. Das kann man bei<br />
diesen beiden Küchen hier ja sicher<br />
auch sehen.<br />
STEIN: Mit welchem Holz sind der<br />
Küchenblock und die Rückwände<br />
kombiniert? Wie dick ist die Arbeitsplatte,<br />
wie dick sind die Rückwände<br />
und wie stark das Furnier<br />
Küchenblöcke mit abgerundeten Ecken<br />
sind gerade groß im Kommen. Der Block<br />
aus brasilianischem Quarzit ist eine<br />
Maßanfertigung für einen Privatkunden<br />
18 S07| <strong>2024</strong>
STEINE BEARBEITEN<br />
Fotos: Marmor Center GmbH<br />
S07| <strong>2024</strong> 19
INTERVIEW MIT ENNO STEINDLBERGER<br />
DENKMALSCHUTZ<br />
MIT ZIEGEN<br />
Ein Gespräch mit Enno <strong>Stein</strong>dlberger, Direktor des Instituts für <strong>Stein</strong>konservierung<br />
(IFS) in Mainz. Das IFS versteht sich als naturwissenschaftliche Beratungsstelle für<br />
die Denkmalpflege. Gleichzeitig sorgt es für den Transfer von Wissen zwischen<br />
Hochschulforschung und Denkmalpflege.<br />
STEIN: Das Institut für <strong>Stein</strong>konservierung<br />
arbeitet seit 1990 für<br />
die Denkmalämter von Hessen,<br />
Rheinland-Pfalz, des Saarlands<br />
und seit 1993 auch für das Thüringer<br />
Denkmalamt. Was bringt die<br />
bundesländerübergreifende Zusammenarbeit?<br />
Enno <strong>Stein</strong>dlberger: Es gibt in<br />
Deutschland verschiedene Modelle<br />
der naturwissenschaftlichen Beratung<br />
für die Denkmalämter. Drei<br />
Bundesländer, Bayern, Niedersachsen<br />
und Brandenburg, haben<br />
je ein eigenes Labor für wissenschaftliche<br />
Untersuchungen und<br />
Beratungen. Andere Bundesländer<br />
arbeiten eng mit den jeweiligen<br />
Hochschulen oder Materialprüfanstalten<br />
zusammen. Das Institut<br />
für Diagnostik und Konservierung<br />
(IDK) in Sachsen und Sachsen-Anhalt<br />
wird von den beiden Bundesländern<br />
teilfinanziert und muss<br />
ergänzend über Projekte oder Untersuchungsleistungen<br />
eine Gegenfinanzierung<br />
erbringen.<br />
Bei „uns“ gab es lange Jahre keine<br />
derartige wissenschaftliche Beratungsstelle,<br />
der Bedarf hierzu<br />
nahm jedoch mit der Zeit immer<br />
weiter zu, insbesondere was die<br />
Materialvielfalt an Konservierungs-<br />
und Restaurierungsstoffen<br />
anbelangte. Die Forderung nach<br />
Gründung einer derartigen wissenschaftlichen<br />
Einrichtung<br />
zwecks neutraler und unabhängiger<br />
Beratungsfunktion wurde laut.<br />
Das IFS ist als Verein mit entsprechenden<br />
vereinsrechtlichen Strukturen<br />
und Satzungen aufgestellt.<br />
Die Mitglieder und der wissenschaftliche<br />
Beirat setzen sich aus<br />
Vertretern der Universitäten, kirchlichen<br />
und öffentlichen Bauämtern,<br />
aus handwerklichen Innungen,<br />
den Ministerien und den Landesdenkmalämtern<br />
der genannten<br />
Bundesländer zusammen.<br />
STEIN: Bedeutet eine weitere Stelle<br />
neben den Denkmalämtern<br />
nicht mehr Koordination und mehr<br />
Bürokratie?<br />
<strong>Stein</strong>dlberger: Wir sind ein rein<br />
wissenschaftliches Institut und<br />
verschlanken die Organisation<br />
personell, verwaltungstechnisch<br />
und auch labortechnisch durch die<br />
Bündelung und Konzentrierung<br />
auf eine Wirkungsstätte. Wir decken<br />
einen Raum von Ostthüringen<br />
bis zur französischen Grenze<br />
24 S07| <strong>2024</strong>
STEINE BEARBEITEN<br />
Das Außenmauerwerk der Synagoge in Worms<br />
zeigt Risse durch die Bodensetzung<br />
Geologe und Institutsleiter<br />
Dr. Enno <strong>Stein</strong>dlberger<br />
Fotos: IFS<br />
im Saarland ab. Aufgrund der<br />
Größe dieses Gebietes und der<br />
Vielfältigkeit der Materialien und<br />
Fragestellungen erfassen wir viele<br />
dieser Probleme und können sie<br />
bündeln und aufarbeiten und auch<br />
nach außen in die Fachkreise kommunizieren.<br />
Unsere Vereinsstruktur ist einmalig<br />
in Deutschland und funktioniert<br />
aus meiner Sicht gut. Alle Anfragen<br />
kommen über die Landesdenkmalämter<br />
– dieser Weg muss auch<br />
strikt eingehalten werden. Wir verstehen<br />
uns keineswegs als Konkurrenz<br />
zu den freien Laboren, Fachbüros<br />
und Restauratoren, die umfassende<br />
Untersuchungen an Objekten<br />
machen und Konzepte zur<br />
Restaurierung ausarbeiten. Wir<br />
arbeiten mit ausgewählten Untersuchungen<br />
zu, die Grundlagen aufzeigen,<br />
erledigen jedoch keine Auftragsarbeiten.<br />
STEIN: Umweltverschmutzung<br />
und Klimawandelfolgen wirken<br />
auf Fassaden und Oberflächen von<br />
Denkmalen – mit welchen Schäden<br />
und Anfragen hat das IFS besonders<br />
zu tun?<br />
<strong>Stein</strong>dlberger: Die Luftverschmutzung<br />
hat sich durch Rauchgasentschwefelungsanlagen<br />
und andere<br />
Filteranlagen mittlerweile deutlich<br />
reduziert. Heute haben wir andere<br />
Verschmutzungstypen, die<br />
unsere Fassaden vor allem in den<br />
innerstädtischen Bereichen belasten.<br />
Dazu zählen vor allem Feinstaub<br />
und Stickstoffoxide, die sogenannten<br />
NOx-Verbindungen, die<br />
aus der Industrie und dem Individualverkehr<br />
stammen. Trotzdem<br />
muss man sagen: Die Luft ist deutlich<br />
sauberer geworden. Belastungen<br />
gibt es heute durch den Klimawandel.<br />
S07| <strong>2024</strong> 25
GEWICHTIGE HERAUSFORDERUNG<br />
WAHRZEICHEN FÜR<br />
DIE WEINREGION<br />
Oberinnungsmeister Gabriel Heimann fertigte und versetzte im sächsischen<br />
Kurort Weinböhla ein Sandstein-Portal. Dessen monolithischer Sturz erforderte<br />
Kreativität beim Aufbau und zählt unter das Motto: Hauen ist die eine Sache,<br />
hinstellen die andere …<br />
<strong>Stein</strong> und Wein gehören seit jeher<br />
zusammen im sächsischen Elbtal:<br />
Viele touristische Highlights und<br />
Bauwerke entlang der sächsischen<br />
Weinstraße, die durch eines<br />
der kleinsten Anbaugebiete<br />
Deutschlands führt, bestehen aus<br />
Sandstein. Da ist zum Beispiel der<br />
„Wein-<strong>Stein</strong>“, der den Beginn der<br />
Sächsischen Weinstraße in Pirna<br />
symbolisiert: ein Obelisk in barocker<br />
Form mit einer Weintraube<br />
auf der Abdeckung, sowie Inschriften<br />
in allen vier Himmelsrichtungen,<br />
die angrenzende<br />
Weingebiete anzeigen. <strong>Stein</strong>metzmeister<br />
Gabriel Heimann hat die<br />
Säule vor einigen Jahren entworfen<br />
und umgesetzt. Seit beinahe<br />
20 Jahren arbeitet er in seiner<br />
Werkstatt am <strong>Stein</strong>platz in Pirna,<br />
ist verwurzelt mit der Stadt, die<br />
ihrerseits eng mit dem Sandstein<br />
und der Tradition der <strong>Stein</strong>bearbeitung<br />
verbunden ist.<br />
Folgerichtig also, dass der <strong>Stein</strong>metz,<br />
der den Anfang der Sächsischen<br />
Weinstraße gestaltete,<br />
auch für eine weitere Markierung<br />
beauftragt wurde: Das Weintor in<br />
Weinböhla soll in dem kleinen<br />
Kurort als Treffpunkt und Fotomotiv<br />
für Touristen dienen. Heimann<br />
erzählt über den gestalterischen<br />
Entwurf: „Die barocke<br />
Formgestaltung hat die Gegend<br />
sehr geprägt und findet sich deshalb<br />
auch beim Weintor wieder.<br />
Es ist ein drei Meter hohes Portal<br />
mit Korbbogen und Schlussstein,<br />
der das Stadtwappen zeigt. An<br />
dem neugestalteten Platz gibt es<br />
auch eine Weinlehrschau mit verschiedenen<br />
Rebstöcken.“ So weit,<br />
so gut – und zunächst nicht außergewöhnlich<br />
für den Firmenin-<br />
Massive Werkstücke für weinselige Erinnerungsfotos:<br />
Das Weintor kennzeichnet<br />
in Weinböhla die Mitte der sächsischen<br />
Weinstraße und soll Touristen anlocken<br />
42 S07| <strong>2024</strong>
STEINE BEARBEITEN<br />
Fotos: Gabriel Heimann<br />
S07| <strong>2024</strong> 43