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Leseprobe_Schubert_Schloss Atzenbrugg

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SCHUBERT AM LAND<br />

DER KOMPONIST UND ATZENBRUGG<br />

Agnes Brandtner, Katharina Loose-Einfalt, Stefan Schmidl (Hg.)<br />

1


2


<strong>Schubert</strong> am Land · Der Komponist und <strong>Atzenbrugg</strong>


Agnes Brandtner, Katharina Loose-Einfalt, Stefan Schmidl (Hg.)<br />

<strong>Schubert</strong> am Land<br />

Der Komponist<br />

und <strong>Atzenbrugg</strong><br />

„… eine Quelle von vielen<br />

Vergnügungen“


Inhalt


Grußworte<br />

6 Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner<br />

8 Bürgermeisterin von <strong>Atzenbrugg</strong><br />

Beate Jilch<br />

Statements<br />

10 Maria Haferl, Witwe des langjährigen<br />

Geschäftsführers des <strong>Schloss</strong>es<br />

<strong>Atzenbrugg</strong> Peter Haferl<br />

11 Dietlinde Rakowitz, ehemalige Kustodin<br />

des Museums<br />

12 Altbürgermeister Ferdinand Ziegler<br />

13 Geschäftsführende Gemeinderätin<br />

Edith Mandl<br />

14 Michael Linsbauer, Leitung Musikabteilung<br />

Land Niederösterreich<br />

16 <strong>Schubert</strong>-Orte 2023/24<br />

Fotografien von Nafez Rerhuf<br />

26 Wie <strong>Schubert</strong> ausstellen?<br />

Ein Gespräch mit der Ausstellungskuratorin<br />

Agnes Brandtner und dem Ausstellungsgestalter<br />

Stefan Fuhrer<br />

Essays<br />

60 Eine Einleitung<br />

Hans-Joachim Hinrichsen<br />

68 Franz <strong>Schubert</strong> als Sängerknabe<br />

Elisabeth Theresia Hilscher<br />

76 „Friedenspalm und Siegesglanz<br />

schmücken unsern Vater Franz“.<br />

<strong>Schubert</strong> im franziszeischen Wien<br />

Katharina Loose-Einfalt<br />

84 „Mit ewiger Liebe, euer treuer Freund“.<br />

<strong>Schubert</strong>s Jugendfreundschaften in<br />

seinen Briefen<br />

Andrea Lindmayr-Brandl<br />

90 Heiterkeit und Melancholie.<br />

<strong>Schubert</strong>s „Doppelnatur“<br />

Thomas Seedorf<br />

96 <strong>Atzenbrugg</strong>er Tänze<br />

Norbert Rubey<br />

104 <strong>Atzenbrugg</strong>er Gäste – neu entdeckt.<br />

Ein Blick in die Recherche-Werkstatt<br />

Oliver Woog<br />

112 „Seine Zeit beginnt erst“.<br />

Franz <strong>Schubert</strong> in der niederöster -<br />

reichischen Gedächtniskultur<br />

Werner Telesko<br />

118 Franz <strong>Schubert</strong> – Stadt-Land.<br />

Harmonische Dissonanzen<br />

Edwin Vanecek<br />

128 <strong>Schubert</strong> und das Habsburgerreich im<br />

Zeitalter der Revolutionen<br />

Franz L. Fillafer<br />

136 Das Unvollendete bei Franz <strong>Schubert</strong><br />

Otto Biba<br />

142 Die Legende Franz <strong>Schubert</strong>.<br />

Zum Nachleben des Komponisten<br />

Stefan Schmidl<br />

152 Endnoten<br />

158 Impressum


6<br />

Unser Bundesland Niederösterreich gilt schon seit<br />

jeher als eine Region reich an Kunst und Kultur. So<br />

diente es in der Vergangenheit, wie auch jetzt, als<br />

Quelle der Inspiration und als Schaffensort für viele<br />

Künstlerinnen und Künstler. Aus vielen dieser talentierten<br />

Menschen gingen künstlerische Größen hervor, die weit über<br />

die Landesgrenzen hinaus Ruhm, Anerkennung und Bekanntheit<br />

erlangten. Einer, der zu jenen gezählt werden kann, ist<br />

eindeutig der „Liederfürst“ Franz <strong>Schubert</strong>.<br />

Damit das reiche kulturelle Erbe, das uns Franz <strong>Schubert</strong><br />

und viele andere Kulturschaffenden hinterlassen haben, auch<br />

für weitere Generationen erfahrbar bleibt, ist es für das Land<br />

Niederösterreich von größter Bedeutung, für die Erhaltung<br />

und Pflege der Gedenkstätten zu sorgen und darin zu investieren.<br />

Daher freut es mich, wenn im Frühjahr ein weiteres<br />

Juwel in unserem Bundesland wiedereröffnet werden kann,<br />

das <strong>Schubert</strong> <strong>Schloss</strong> <strong>Atzenbrugg</strong>.<br />

Das <strong>Schubert</strong> <strong>Schloss</strong> <strong>Atzenbrugg</strong> stellt ein wahres Highlight<br />

dar, welches Groß und Klein, Kennern und Laien und<br />

allen Interessierten das faszinierende Leben Franz <strong>Schubert</strong>s,<br />

seinen Werdegang und vor allem die bekannten <strong>Schubert</strong>iaden<br />

näherbringt. Die neu gestaltete Ausstellung im frisch<br />

renovierten <strong>Schloss</strong> garantiert eine gelungene Vermittlung<br />

und begeisterte Besucherinnen und Besucher. Auf <strong>Schloss</strong><br />

<strong>Atzenbrugg</strong> steht aber nicht nur das Leben Franz <strong>Schubert</strong>s<br />

im Mittelpunkt, sondern ganz zentral ist seine Musik, die so<br />

viele Menschen bewundern. Daher wurde eine eigene Musikvermittlungsebene<br />

geschaffen, die ein vertiefendes Hörerlebnis<br />

bietet.


Ganz besonders stolz macht mich aber, dass das <strong>Schloss</strong><br />

wieder mit Musik junger und aufstrebender Musikerinnen<br />

und Musiker erfüllt wird. <strong>Schloss</strong> <strong>Atzenbrugg</strong> wird einen neuen<br />

Konzertstandort im Herzen Niederösterreichs darstellen,<br />

sodass der Zauber der Jahre Franz <strong>Schubert</strong>s gespürt werden<br />

kann und junge Künstlerinnen und Künstler dieselbe Inspiration<br />

erleben können, die auch das Genie damals an diesem<br />

Ort gespürt hat, den, wie von vielen Kunstschaffenden beschrieben,<br />

eine einzigartige und besondere Aura umgibt.<br />

An dieser Stelle möchte ich meinen Dank an alle jene richten,<br />

die mit so viel Hingabe, Motivation und Begeisterung an<br />

der Umsetzung dieses Projekts, der Renovierung des <strong>Schloss</strong>es<br />

sowie der Neugestaltung und Modernisierung beteiligt<br />

waren.<br />

Allen Besucherinnen und Besuchern wünsche ich ein anregendes,<br />

inspirierendes und informatives Eintauchen und<br />

Erfahren des Lebens des Komponisten Franz <strong>Schubert</strong> und<br />

seiner faszinierenden Musik. Genießen Sie das <strong>Schloss</strong>, die<br />

herrliche Parkanlage sowie die musikalischen Höhepunkte im<br />

wunderbaren Konzertsaal. Erleben Sie hier einen Teil des so<br />

reichen kulturellen Erbes Niederösterreichs!<br />

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner<br />

7


Das <strong>Schloss</strong> wurde 1977 von der Marktgemeinde<br />

<strong>Atzenbrugg</strong> in einem völlig desolaten Zustand gekauft.<br />

Rosa Schwab, eine <strong>Atzenbrugg</strong>erin, gründete<br />

das „Komitee zur Rettung der <strong>Schubert</strong>gedenkstätte<br />

<strong>Schloss</strong> <strong>Atzenbrugg</strong>“, unterstützt von der Marktgemeinde<br />

<strong>Atzenbrugg</strong>, besonders von Frau Dietlinde Rakowitz, der<br />

Gesellschaft der Musikfreunde Wien sowie Nachfahren der<br />

Familie <strong>Schubert</strong> und seiner Freunde. Ein großes Lob auch<br />

an die damalige Bevölkerung von <strong>Atzenbrugg</strong>, die viele<br />

ehrenamtliche Arbeiten übernahm.<br />

1986 kam es zur Gründung des Museums „Franz <strong>Schubert</strong><br />

und sein Freundeskreis“. In zehn Ausstellungsräumen wurden<br />

ca. 250 Objekte gezeigt. Im Frühling und im Herbst gab und<br />

wird es weiterhin im Festsaal <strong>Schubert</strong>iaden-Konzerte geben.<br />

Jährlicher Fixpunkt im Herbst war und ist das Serenadenkonzert<br />

des Landes Niederösterreich sowie das Konzert<br />

Orgel trifft Volksmusik in der <strong>Schloss</strong>kapelle. Der Seitentrakt<br />

des <strong>Schloss</strong>es ist Sitz des Seminar- und Ausbildungszentrums<br />

der KULTUR.REGION.NIEDERÖSTERREICH.<br />

Die nun durchgeführte Modernisierung war nötig, um zeitgemäßen<br />

Museumsstandards gerecht zu werden und <strong>Schloss</strong><br />

<strong>Atzenbrugg</strong> zur <strong>Schubert</strong>gedenkstätte im Herzen Niederösterreichs<br />

zu machen. Durch den Einbau eines Aufzugs und<br />

die Neuanlegung der Stufen ist die Barrierefreiheit gegeben.<br />

Die zeitgemäße Vermittlung von <strong>Schubert</strong>, seines Freundeskreises<br />

und die verschiedenen Schwerpunkte, welche im<br />

neuen Konzept gesetzt werden, sollen Besucher und<br />

8


Besucherinnen von Nah und Fern in unser neues Museum<br />

locken und spannende Einblicke in das Leben des großen<br />

Komponisten ermöglichen. Ein eigenes Kinderprogramm ist in<br />

Ausarbeitung. Die Konzertreihe der <strong>Schubert</strong>iaden auf <strong>Schloss</strong><br />

<strong>Atzenbrugg</strong> wird durch eine großartige künstlerische Leitung<br />

weiterentwickelt. Ebenso soll ein gemischtes kulturelles Programm<br />

neue Zielgruppen ansprechen. Ruhe und Entspannung<br />

finden die Besucher und Besucherinnen von <strong>Schloss</strong> <strong>Atzenbrugg</strong><br />

im neu von der regionalen Gärtnerei Lederleitner angelegten<br />

<strong>Schloss</strong>park oder vor dem <strong>Schubert</strong> häuschen.<br />

Durch Investitionen in die Außenanlagen des <strong>Schloss</strong>parks<br />

eröffnen sich neue, multifunktionale Nutzungsmöglichkeiten:<br />

ob für das jährliche Feuerwehrfest oder Blasmusikfest oder<br />

für Hochzeitsfeiern. Der <strong>Atzenbrugg</strong>er Advent findet weiterhin<br />

in einem Zweijahresrhythmus statt und bietet neben einem<br />

stimmungsvollen Kulturprogramm auch vielfältiges<br />

Kunsthandwerk. Die Vereine der Gemeinde verwöhnen die<br />

Gäste in traditioneller Weise auch kulinarisch.<br />

Viele helfende Hände und denkende Köpfe haben sich für<br />

diese Musikergedenkstätte in den letzten Jahrzehnten<br />

eingesetzt, in den letzten Jahren unermüdlich die geschäftsführende<br />

Gemeinderätin Edith Mandl.<br />

Dafür mein aufrichtiger Dank.<br />

Beate Jilch<br />

Bürgermeisterin von <strong>Atzenbrugg</strong><br />

9


1977, als die Gemeinde das <strong>Schloss</strong> ersteigerte,<br />

war es eine Ruine. Nach einer Sanierung durch<br />

eifrige Männer und beherzte Frauen kann die Gemeinde<br />

nun auf eine intakte <strong>Schloss</strong>kultur blicken.<br />

Ob Adventmarkt, Fatima-Feiern, <strong>Schubert</strong>iaden<br />

oder Kirtage, das <strong>Schloss</strong> und der Park werden nun<br />

von der Gemeinde gerne genutzt. Es ist meinem<br />

Mann Peter Haferl zu verdanken, dass auch die<br />

Kapelle, das Herzstück des <strong>Schloss</strong>es, sowie das<br />

<strong>Schubert</strong>häuschen am Hügel restauriert wurden.<br />

Dass das <strong>Schloss</strong> ein Begegnungsort ist für Jung<br />

und Alt, hätte ihm sehr gefallen. Leider konnte er<br />

die von ihm gespendete <strong>Schubert</strong>-Büste über dem<br />

Eingang nicht mehr selbst enthüllen.<br />

Maria Haferl, Witwe des langjährigen Geschäftsführers<br />

des <strong>Schloss</strong>es <strong>Atzenbrugg</strong> Peter Haferl<br />

10


Schon mein Vater war ein großer <strong>Schubert</strong>verehrer.<br />

Als Rosl Schwab mit dem Aufbau des<br />

Museums begann, habe ich selbstverständlich<br />

gerne geholfen. Durch die Kontakte meines Mannes<br />

konnten wir damals die Vitrinen für das Museum<br />

und verschiedene Ausstellungsstücke organisieren.<br />

Während meines Studiums der Musikwissenschaften<br />

lernte ich viele Künstlerinnen und Künstler<br />

kennen, die meine Begeisterung für die Musik Franz<br />

<strong>Schubert</strong>s, aber auch für den Menschen Franz<br />

<strong>Schubert</strong> mit mir teilten. Dadurch konnten wir in<br />

wunderbarer Zusammenarbeit mit Rosl Schwab<br />

viele große Musiker und Musikerinnen für Benefizkonzerte<br />

im Rahmen unserer <strong>Schubert</strong>iaden gewinnen.<br />

Das <strong>Schubert</strong> <strong>Schloss</strong> <strong>Atzenbrugg</strong> liegt mir<br />

immer noch sehr am Herzen und ich freue mich,<br />

dass die Gemeinde nun das Museum im Gedenken<br />

an die Besuche Franz <strong>Schubert</strong>s und seiner Freunde<br />

in <strong>Atzenbrugg</strong> weiterführt.<br />

Dietlinde Rakowitz, ehemalige Kustodin des Museums<br />

11


Der Ankauf des ruinösen <strong>Schloss</strong>es <strong>Atzenbrugg</strong><br />

durch die Gemeinde war in den späten 1970er<br />

Jahren eine politisch sehr umstrittene Entscheidung.<br />

Es waren <strong>Atzenbrugg</strong>er Bürgerinnen und Bürger,<br />

die dieses Kulturjuwel über Jahre mit großem<br />

Einsatz und viel Arbeit renoviert haben und auch<br />

viel Geld dafür aufgebracht haben. In meiner Amtszeit<br />

wurde das aktuelle Projekt mit der Restaurierung<br />

der Fassade und des Daches begonnen. Ich bin<br />

dankbar, dass meine Nachfolger im Gemeinderat<br />

das Projekt weiterführen und wünsche dem neuen<br />

Museum und den <strong>Schubert</strong>iaden auf <strong>Schloss</strong><br />

<strong>Atzenbrugg</strong> viel Erfolg für die Zukunft.<br />

Altbürgermeister Ferdinand Ziegler<br />

12


„E<br />

s sind die Begegnungen mit Menschen, die<br />

das Leben lebenswert machen.“ Genau das<br />

war und ist unser <strong>Schubert</strong> <strong>Schloss</strong> <strong>Atzenbrugg</strong> –<br />

ein Ort der Begegnung für Menschen aus nah und<br />

fern. Hier ist die Zeit von Franz <strong>Schubert</strong> erlebbar<br />

und spürbar: Musik, Feste, Tanz, Klang, Natur und<br />

Lieder. Es waren Menschen wie u.a. die <strong>Atzenbrugg</strong>erin<br />

Rosl Schwab, Bgm. Leopold Schmatz, Peter<br />

Haferl und viele mehr, die für dieses Kulturjuwel all<br />

ihre Kraft eingesetzt haben. Mit großer Demut und<br />

Dankbarkeit durfte ich in den letzten Jahren die<br />

Verantwortung für die Revitalisierung der <strong>Schubert</strong>gedenkstätte<br />

<strong>Schloss</strong> Atzenbugg in all ihren vielen<br />

Facetten tragen. Viele wunderbare KünstlerInnen,<br />

WegbegleiterInnen und UnterstützerInnen waren<br />

und sind dabei an meiner Seite. Dank an alle, die<br />

vor oder auch hinter dem Vorhang mit dabei waren.<br />

Jeder einzelne hat zum Erfolg und zum wunderbaren<br />

Ergebnis beigetragen.<br />

Geschäftsführende Gemeinderätin Edith Mandl<br />

13


Das <strong>Schubert</strong>-Museum in <strong>Schloss</strong> <strong>Atzenbrugg</strong> stellt<br />

einen der stimmungsvollsten, der authentischen<br />

Gedenkorte an den großen Komponisten dar. Dass sich<br />

dieser magische und musikhistorisch so bedeutende Ort<br />

nun in neuem Gewand und mit einer zeitgemäßen und mit<br />

sehr viel Feingefühl konzipierten neuen Ausstellung<br />

präsentiert, stellt einen großen Mehrwert im Kontext der<br />

Pflege des musikalischen Erbes im Bundesland Niederösterreich<br />

dar. Dafür kann man der Gemeinde und dem<br />

Team der neu adaptierten Gedenkstätte nur herzlich<br />

gratulieren und einen besonderen Dank aussprechen.<br />

Mit großer Vorfreude darf man darauf gespannt sein, wenn<br />

das Museum und sein prachtvoller Konzertsaal nun auch<br />

wieder von hochkarätigen musikalischen Darbietungen<br />

erfüllt werden. Auf dass dieses Juwel im Sinne Franz<br />

<strong>Schubert</strong>s auch in Zukunft so viele Besucherinnen und<br />

Besucher berührt und in seinen Bann zieht!<br />

Michael Linsbauer, Leitung Musikabteilung Land Niederösterreich<br />

14


15


<strong>Schubert</strong>-Orte 2023/2024 · Fotografiert von Nafez Rerhuf<br />

16


<strong>Schubert</strong>s Geburtshaus<br />

17


Säulengasse 3<br />

18


Lichtentaler Pfarrkirche zu den heiligen vierzehn Nothelfern (<strong>Schubert</strong>kirche)<br />

19


Gundelhof, Brandstätte 5 / Ecke Bauernmarkt<br />

20


Göttweigerhof, Spiegelgasse 9<br />

21


<strong>Schloss</strong> Zseliz<br />

22


Ochsenburg<br />

23


Sterbehaus Ketten brückengasse 6<br />

24


Zentralfriedhof<br />

25


Wie <strong>Schubert</strong><br />

ausstellen?<br />

Ein Gespräch mit der Ausstellungskuratorin Agnes Brandtner<br />

und dem Ausstellungsgestalter Stefan Fuhrer


Wie bringt man einem heutigen Museumspublikum<br />

eine so vielschichtige Künstlerpersönlichkeit<br />

wie Franz <strong>Schubert</strong> näher?<br />

Agnes Brandtner (AB):<br />

Franz <strong>Schubert</strong> ist ein Komponist,<br />

der in Österreich und in der Welt bekannt<br />

ist und verehrt wird. Wir haben hier in<br />

<strong>Atzenbrugg</strong> den Vorteil, dass wir an einem<br />

Ort sind, an dem Franz <strong>Schubert</strong> anwesend<br />

war. Mit der Aura des Ortes ist eine gewisse<br />

Basis geschaffen. Um rund um die Aura des<br />

Ortes auch die Aura des Künstlers einzufangen,<br />

war für mich die Herangehensweise<br />

vergleichbar mit einem Biedermeierfächer,<br />

den ich öffne, um die verschiedenen Facetten<br />

des Musikers und Menschen Franz <strong>Schubert</strong><br />

aufzumachen. Als Kunst- und Kulturhistorikerin<br />

war es für mich wichtig, die Lebenswelt<br />

einzufangen, in die <strong>Schubert</strong> hineingeboren<br />

wurde, die Welt zu zeigen, in der er aufgewachsen<br />

ist und in der er sich bewegt hat.<br />

Wie war die damalige Zeit? Wie war das<br />

damalige Wien? Wie gestalteten sich die berühmten<br />

Landpartien? Wie war seine Familie?<br />

Wie verlief sein musikalischer Werdegang<br />

und welche Faktoren waren bedeutend?<br />

Wenn man eine Person von verschiedenen<br />

Perspektiven betrachtet, eröffnet sich ein<br />

Fragenkatalog, der für die Ausstellungsbesucherinnen<br />

und -besucher ein möglichst<br />

umfassendes Bild generiert.<br />

Stefan Fuhrer (SF):<br />

Ein wichtiger Punkt ist, dass die<br />

Ausstellung in einem historischen Gebäude<br />

stattfindet. Das bedeutet gestalterisch eine<br />

gewisse Herausforderung. Gleichzeitig gilt es<br />

das Thema – Franz <strong>Schubert</strong> – in einem historischen<br />

Setting in die Jetztzeit zu bringen.<br />

Um das Publikum nicht zu sehr abzuschrecken,<br />

muss darauf geachtet werden, was architektonisch<br />

und inhaltlich möglich ist.<br />

<strong>Schubert</strong> war in seiner Zeit sicher eine Art<br />

Popstar, nur kann man das nicht eins zu eins<br />

abbilden. Trotzdem ist es wichtig, ihn so zu<br />

zeigen. Natürlich mit großer Rücksichtnahme<br />

auf den Ort und dessen Aura.<br />

AB:<br />

Wenn Inhalt und Gestaltung wie ein Zahnrad<br />

ineinandergreifen, dann geht eine Erzählung<br />

auf.<br />

Wie darf man sich einen so komplexen<br />

Prozess wie die Neugestaltung des <strong>Schubert</strong><br />

<strong>Schloss</strong>es <strong>Atzenbrugg</strong> vorstellen?<br />

SF:<br />

Gestalterisch war das nicht so schwer. Da<br />

die bestehende Ausstellung doch sehr in die<br />

Jahre gekommen war, konnte man etwas<br />

ganz Neues planen. Wichtig war die Frage<br />

des „Wie“ und die Grundidee, dass man<br />

einen gewissen Twist hineinbringt. Agnes<br />

Brandtner und ich entwickelten ein Konzept,<br />

das unseren Anliegen entsprach.<br />

AB:<br />

Dieser „Twist“ bedeutet, aus der Gegenwart<br />

auf das Vergangene zu blicken. Wie<br />

begegnen wir Franz <strong>Schubert</strong> heute? Ein<br />

Zeitreise-Erlebnis für das Publikum der Ausstellung<br />

ist da sicherlich die Fotoschiene, die<br />

wir eingebaut haben. Der Blick auf <strong>Schubert</strong><br />

aus unserem Jetzt ist spannend und die in<br />

der Ausstellung gezeigten Fotos machen es<br />

möglich, Orte und Häuser wiederzuerkennen<br />

und so die Lebenswelt des Komponisten mit<br />

der heutigen in Verbindung zu bringen.<br />

Was ist das Besondere an Ort und Projekt?<br />

AB:<br />

Das <strong>Schloss</strong> lebt und wird immer wieder<br />

unterschiedlich bespielt. Es finden Konzerte<br />

statt, man kann aber auch seine Hochzeit<br />

hier feiern, da der Konzertsaal als Trausaal<br />

27


verwendet werden darf. In der <strong>Schloss</strong>kapelle<br />

können Taufen stattfinden. Der Ort lebt als<br />

solcher, weil es eine aktive Gemeinde gibt,<br />

die ihn nützt. Das ist seine große Qualität,<br />

gerade auch für die modernisierte Gedenkstätte.<br />

SF:<br />

Es war auch im gesamten Prozess ein<br />

selten anzutreffender Glücksfall, dass wir mit<br />

der Gemeinde einen Auftraggeber zur Seite<br />

hatten, der offen ist und gleichzeitig den<br />

kritischen Anspruch hat, aus diesem Ort<br />

etwas zu schaffen, was dessen Aura, Historie<br />

und Bedeutung entspricht. Und das mit Herzblut<br />

und großem Vertrauen in die Arbeit des<br />

umsetzenden Teams.<br />

AB:<br />

Die Gemeinde, deren Geschichte und die<br />

Mitbürgerinnen und Mitbürger sind auch in<br />

der Ausstellung präsent – das war mir ein<br />

großes Anliegen.<br />

<strong>Atzenbrugg</strong> war für Franz <strong>Schubert</strong> ein<br />

besonderer Ort. Wie bildet sich das in der<br />

Ausstellung ab?<br />

AB:<br />

Bunt, vielfältig und aus verschiedenen<br />

Perspektiven erzählt. Es beginnt damit, dass<br />

wir die Farbe Altrosa, eine der „Modefarben“<br />

zu <strong>Schubert</strong>s Zeit, in der Ausstellung präsent<br />

sein lassen. Das Wichtigste für mich war,<br />

dass wir zu transportieren versuchen, dass<br />

der junge Musikus <strong>Schubert</strong> der Starre des<br />

Wiener Alltags entflohen ist. Er hat auf dem<br />

Land die Luft der Freiheit genossen. Auf<br />

diesen Landpartien haben sich <strong>Schubert</strong> und<br />

seine Freunde eine schöne Zeit gemacht<br />

und Partys gefeiert.<br />

SF:<br />

Das ist ein wesentlicher Punkt, dieses Spiel<br />

zwischen Klassischem und Pop, weil in den<br />

Köpfen immer noch dieses, wie ich es nenne,<br />

klassisch-klassische Bild regiert. Ich gehe<br />

davon aus, dass die Menschen auch in der<br />

Vergangenheit trotz schwieriger Zeiten ihr<br />

Leben genossen haben. Im Kuratorischen wie<br />

im Gestalterischen bieten sich Möglichkeiten,<br />

das zu fokussieren. Mit einzelnen Stationen,<br />

die Ähnlichkeiten zwischen Heute und Damals<br />

vermitteln und damit auch ein jüngeres<br />

Publikum abholen. Man bringt nicht nur den<br />

großen Komponisten näher, sondern erzählt<br />

von einem jungen Menschen und dessen<br />

Freundeskreis, die in <strong>Atzenbrugg</strong> eine gute<br />

Zeit hatten.<br />

Wie kann man <strong>Schubert</strong> in der Ausstellung<br />

näherkommen?<br />

AB:<br />

Ich glaube, dass es durch die verschiedenen<br />

Ebenen der Vermittlung, die wir gewählt<br />

haben, für jede Besucherin und jeden Besucher<br />

einen Zugang zur Ausstellung gibt. Seien<br />

es interaktive Elemente, sei es, dass es etwas<br />

zu Öffnen und Entdecken gibt, sei es der<br />

klassische Text. Es gibt Interviews mit Personen,<br />

die an der Ausstellung mitgearbeitet<br />

haben und versuchen, eine jeweilige Fragestellung<br />

kurz und prägnant anschaulich zu<br />

machen. Selfie-Spots erlauben, in die Szenerie<br />

hineinzuschlüpfen. Sei es als Teil der<br />

Charade, also <strong>Schubert</strong> selbst oder in den<br />

Zeiselwagen. Mit dem interaktiven Gästebuch<br />

wollen wir die Menschen von heute<br />

abholen und sie auffordern, etwas beizutragen,<br />

ihr Statement zu setzen. Das Integrative<br />

ist das Spannende.<br />

SF:<br />

Das ist generell ein zentrales Thema. Ich<br />

überlege mir oft beim Gestalten, wieso geht<br />

heute überhaupt jemand in eine Ausstellung?<br />

Man kann mit ein paar Klicks im Internet in<br />

28

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