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Restauro 4/2024

Präventive Konservierung

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60 INTERVIEW<br />

Denkmalschutz<br />

mit Ziegen<br />

Ein Gespräch mit Enno Steindlberger, Direktor des Instituts<br />

für Steinkonservierung (IFS) in Mainz<br />

TEXT: UTA BAIER<br />

Das Institut für Steinkonservierung arbeitet<br />

seit 1990 für die Denkmalämter von<br />

Hessen, Rheinland-Pfalz, des Saarlands<br />

und seit 1993 auch für das Thüringer<br />

Denkmalamt. Was bringt die bundesländerübergreifende<br />

Zusammenarbeit?<br />

Enno Steindlberger: Es gibt in Deutschland<br />

verschiedene Modelle der naturwissenschaftlichen<br />

Beratung für die Denkmalämter.<br />

Drei Bundesländer, Bayern,<br />

Niedersachsen und Brandenburg, haben<br />

je ein eigenes Labor für wissenschaftliche<br />

Untersuchungen und Beratungen.<br />

Andere Bundesländer arbeiten eng mit<br />

den jeweiligen Hochschulen oder Materialprüfanstalten<br />

zusammen. Das Institut<br />

für Diagnostik und Konservierung (IDK)<br />

in Sachsen und Sachsen-Anhalt wird von<br />

den beiden Bundesländern teilfinanziert<br />

und muss ergänzend über Projekte oder<br />

Untersuchungsleistungen eine Gegenfinanzierung<br />

erbringen.<br />

Bei „uns“ gab es lange Jahre keine derartige<br />

wissenschaftliche Beratungsstelle,<br />

der Bedarf hierzu nahm jedoch<br />

mit der Zeit immer weiter zu, insbesondere<br />

was die Materialvielfalt an Konservierungs-<br />

und Restaurierungsstoffen<br />

anbelangte. Die Forderung nach Gründung<br />

einer derartigen wissenschaftlichen<br />

Einrichtung zwecks neutraler und<br />

unabhängiger Beratungsfunktion wurde<br />

laut. Das IFS ist als Verein mit entsprechenden<br />

vereinsrechtlichen Strukturen<br />

und Satzungen aufgestellt. Die<br />

Mitglieder und der wissenschaftliche<br />

Beirat setzen sich aus Vertretern der<br />

Universitäten, kirchlichen und öffentlichen<br />

Bauämtern, aus handwerklichen<br />

Innungen, den Ministerien und den<br />

Landesdenkmalämtern der genannten<br />

Bundesländer zusammen.<br />

Bedeutet eine weitere Stelle neben den<br />

Denkmalämtern nicht mehr Koordination<br />

und mehr Bürokratie?<br />

Wir sind ein rein wissenschaftliches<br />

Institut und verschlanken die Organisation<br />

personell, verwaltungstechnisch<br />

und auch labortechnisch durch<br />

die Bündelung und Konzentrierung auf<br />

eine Wirkungsstätte. Wir decken einen<br />

Raum von Ostthüringen bis zur französischen<br />

Grenze im Saarland ab. Aufgrund<br />

der Größe dieses Gebietes und<br />

der Vielfältigkeit der Materialien und<br />

Fragestellungen erfassen wir viele dieser<br />

Probleme und können sie bündeln<br />

und aufarbeiten und auch nach außen<br />

in die Fachkreise kommunizieren.<br />

Unsere Vereinsstruktur ist einmalig in<br />

Deutschland und funktioniert aus meiner<br />

Sicht gut. Alle Anfragen kommen<br />

über die Landesdenkmalämter – dieser<br />

Weg muss auch strikt eingehalten<br />

werden. Wir verstehen uns keineswegs<br />

als Konkurrenz zu den freien Laboren,<br />

Fachbüros und Restauratoren, die umfassende<br />

Untersuchungen an Objekten<br />

machen und Konzepte zur Restaurierung<br />

ausarbeiten. Wir arbeiten mit<br />

ausgewählten Untersuchungen zu, die<br />

Grundlagen aufzeigen, erledigen jedoch<br />

keine Auftragsarbeiten.<br />

Umweltverschmutzung und Klimawandelfolgen<br />

wirken auf Fassaden und Oberflächen<br />

von Denkmalen – mit welchen<br />

Schäden und Anfragen hat das IFS besonders<br />

zu tun?<br />

Die Luftverschmutzung hat sich durch<br />

Rauchgasentschwefelungsanlagen<br />

und andere Filteranlagen mittlerweile<br />

deutlich reduziert. Heute haben wir andere<br />

Verschmutzungstypen, die unsere<br />

Fassaden vor allem in den innerstädtischen<br />

Bereichen belasten. Dazu zählen<br />

vor allem Feinstaub und Stickstoffoxide,<br />

die sogenannten NOx-Verbindungen,<br />

die aus der Industrie und dem Individualverkehr<br />

stammen. Trotzdem muss<br />

man sagen: Die Luft ist deutlich sauberer<br />

geworden. Belastungen gibt es heute<br />

durch den Klimawandel.<br />

Welche stellen Sie besonders fest?<br />

Natürlich geht es auch bei uns um die<br />

Auswirkungen von Hochwasser, denken<br />

wir nur an die Flutkatastrophe im<br />

Ahrtal. Das ist ein sehr heikles Thema.<br />

Denkmalpfleger können vielleicht im<br />

Einzelfall historische Häuser und Brückenbauwerke<br />

schützen oder wiederaufbauen.<br />

Aber die Grundproblematik<br />

der Flächenversiegelung und das<br />

Fehlen von Überflutungsflächen muss<br />

die Politik lösen, da sind politische Entscheidungen<br />

nötig.<br />

Abgesehen von den Niederschlägen:<br />

Die steigenden Temperaturen sind<br />

doch sicher ein Problem?<br />

Ja, natürlich! Der Boden trocknet aktuell<br />

verstärkt aus. Dadurch entstehen<br />

Schrumpfungen und Risse im Untergrund.<br />

Die wiederum können zu Fundamentsetzungen<br />

bei Bauwerken führen.<br />

Das ist ein großes Problem, das uns<br />

sicher immer mehr beschäftigen wird.<br />

Dazu wird es in Zukunft auf jeden Fall<br />

auch bei uns Forschungen geben. Aber<br />

auch Stützmauern sind von der Austrocknung<br />

betroffen. Wenn der Mörtel<br />

Risse bekommt und diese Risse durch<br />

Starkregen und Frost vergrößert werden,<br />

gibt es enorme Ausbrüche. Wir<br />

stellen zunehmend mehr Risse und<br />

Mauerverstürze fest.<br />

Dem Wetter besonders ausgesetzt sind<br />

Burgruinen. Gibt es neue Herausforderungen<br />

und neue Trends bei der Erhaltung<br />

von Ruinen?<br />

Das IFS begleitete ein großes For-

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