06.06.2024 Aufrufe

Sanitätshaus 2024

Die Fachzeitschrift ORTHOPÄDIE TECHNIK ist die maßgebliche Publikation für das OT-Handwerk und ein wichtiger Kompass für die gesamte Hilfsmittelbranche.

Die Fachzeitschrift ORTHOPÄDIE TECHNIK ist die maßgebliche Publikation für das OT-Handwerk und ein wichtiger Kompass für die gesamte Hilfsmittelbranche.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kompression<br />

sen [20, 21]. Beim Hindurchzwängen<br />

kommt es abermals zur Scherung,<br />

und Abrisse in den Molekularketten<br />

wären durchaus denkbar. Die Summe<br />

all dieser Faktoren sollte somit zu<br />

verbesserten Fließeigenschaften der<br />

Ödemflüssigkeit beitragen und solange<br />

das Fluid unter der Anwendung<br />

gewärmt und im Fluss gehalten wird,<br />

wird sich kein thixotropes Verhalten<br />

ergeben [25]. In therapeutisch sinnvoller<br />

Weise wird das Ödem zu Körperbereichen<br />

mit intakten Lymphgefäßen<br />

geführt, wodurch dort die Sicherheitsventilfunktion<br />

des Lymphgefäßsystems<br />

(LGS) aktiviert wird.<br />

Schlussendlich verläuft dadurch die<br />

Drainage über aktivierte Lymphgefäße<br />

bis hin zum Ziel einer nahegelegenen<br />

regionären Lymphknotengruppe<br />

[8]. IPK+ unterstützt dabei insofern,<br />

als die Manschetten möglichst nahe<br />

an die anzusteuernde Lymphknotengruppe<br />

heranreichen oder diese im<br />

Optimalfall miteinschließen. Somit<br />

kann z. B. mittels einer entsprechend<br />

unterpolsterten Hosenmanschette,<br />

die bis über den Bauchnabel reicht,<br />

nicht nur auf die inguinalen Lymphknoten<br />

eingewirkt werden, sondern<br />

auch Ödemflüssigkeit aus der unteren<br />

Körperhälfte in das Tributargebiet der<br />

axillären Lymphknoten verschoben<br />

werden (Abb. 5).<br />

Weitere Vorteile der IPK+ bestehen<br />

darin, dass über Polsterungen<br />

anatomische Strukturen bewusst<br />

morphologisch verändert werden,<br />

da anwendende Personen nur so Einfluss<br />

auf die Druckübertragung von<br />

der luftgefüllten Manschette auf die<br />

Haut nehmen können. Über diesen<br />

Weg lassen sich dann Regionen behandeln,<br />

die ansonsten mit der klassischen<br />

IPK nicht erreicht werden. Bekannte<br />

Schwachstellen in der Knieund<br />

Leistenregion [22] sowie der unteren<br />

Rumpfquadrante, die ebenfalls<br />

von der IPK itA nur schlecht erfasst<br />

werden, sind hingegen durch Polsterungen<br />

gut in den Griff zu bekommen<br />

[1, 23]. Veröffentlicht wurden über<br />

Handmessungen und Fotografien gewonnene<br />

Ergebnisse aus Praxistests<br />

des Autors und seines Teams. Bei Patienten<br />

mit Lymphödemen an den Extremitäten<br />

wurden dabei nach 60-minütigen<br />

IPK-itA- und IPK+-Anwendungen<br />

gewonnene Entstauungsergebnisse<br />

verglichen. Auffällig waren<br />

milde Ödemzunahmen im Kniebereich<br />

und proximal am Oberschenkel.<br />

Abb. 5 IPK+-Anwendung in einer entsprechend unterpolsterten Hosenmanschette, die<br />

bis über den Bauchnabel reicht. So kann nicht nur auf die inguinalen Lymphknoten eingewirkt<br />

werden, sondern auch Ödemflüssigkeit aus der gesamten unteren Körperhälfte in<br />

das Tributargebiet der axillären Lymphknoten verschoben werden, siehe auch [24].<br />

Hingegen war die ödemverdrängende<br />

Wirkung unter IPK+ weitaus stärker<br />

und auch durchgängig feststellbar. In<br />

einer im Dezember 2022 veröffentlichten<br />

Studie der Universitätsmedizin<br />

Greifswald wird dies bestätigt [1].<br />

In dieser Studie waren 18 Patienten<br />

mit Lymphödemen der Beine eingeschlossen<br />

und erfuhren eine Komplexe<br />

Physikalische Entstauungstherapie<br />

bis zu einem Volumenminimum<br />

und einer nachweisbaren Ödemreduktion.<br />

Hierfür wurden die Patienten<br />

täglich mit Hilfe 3D-gestützter<br />

Volumenrekonstruktion vermessen.<br />

Nach dem Eintreten des Volumenminimums<br />

erfolgte eine weitere Entstauungstherapie;<br />

verglichen wurden<br />

dabei Ergebnisse nach erfolgten IPKund<br />

IPK+-Anwendungen. Über IPK+<br />

konnte eine signifikant stärkere Volumenreduktion<br />

insbesondere auch<br />

in der Knieregion gezeigt werden als<br />

vergleichsweise mittels IPK itA. In der<br />

Erhaltungsphase wurden die Patienten<br />

mit medizinischen Kompressionsstrümpfen<br />

versorgt. Diese zeigten<br />

sich nach Entlassung geeignet, das<br />

Wiederanschwellen der Beine nach<br />

KPE in den Follow-up-Visiten bis zu 6<br />

Wochen zu konservieren.<br />

Bei Patient:innen mit Schwellungen<br />

im Genitalbereich wird in der<br />

Leitlinie von einer Therapie mittels<br />

IPK itA abgeraten. Eine sehr gute<br />

ödemverdrängende Wirkung im<br />

Rumpf- und Genitalbereich kann<br />

aber nach regelgerechtem Aufbringen<br />

von Polsterungen erreicht werden.<br />

In bisher noch jedem Fall gelang<br />

dies unabhängig vom Geschlecht. Fotografien,<br />

die den Zustand vor und<br />

nach solchen IPK+-Therapien zeigen,<br />

wurden bereits veröffentlicht [9, 24].<br />

Bisweilen noch hypothetisch, aber<br />

durchaus vorstellbar wäre, dass unter<br />

IPK+-Anwendungen, die wie auch bei<br />

der MLD nur mit leichtem Druck ausgeführt<br />

werden, eine Steigerung der<br />

Lymphangiomotorik erzielt wird, da<br />

die unebenen Oberflächen die Wandungen<br />

der epifaszialen Lymphgefäße<br />

erreichen müssten. Selbst zu den<br />

reichlich zwischen den derb strukturierten<br />

Lymphknoten liegenden<br />

Lymphgefäßen, die über MLD kaum<br />

erreicht werden, sollten die über die<br />

kleinen Schaumstoffwürfel ausgeübten<br />

Druckreize auch dort gut appliziert<br />

werden können.<br />

Erfahrungen<br />

1. Zustand nach Liposuktion: Bei<br />

dieser Patientinnen-Gruppe verfügt<br />

der Anwender in enger ärztlicher<br />

Kooperation seit 2017 über<br />

Erfahrung aus der Therapie von<br />

weit mehr als 30 Fällen. Bei den Betroffenen<br />

Frauen imponieren postoperativ<br />

in der gesamten unteren<br />

Körperhälfte ausgeprägte posttraumatische<br />

von Hämatomen begleitete<br />

Ödeme. Die Patientinnen sind 24<br />

Stunden postoperativ und daher zu<br />

Beginn der ersten Therapiesitzungen<br />

sehr berührungsempfindlich;<br />

die Bewegung ist deutlich einge-<br />

22<br />

Erschienen in: ORTHOPÄDIE TECHNIK 11/23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!