06.06.2024 Aufrufe

Sanitätshaus 2024

Die Fachzeitschrift ORTHOPÄDIE TECHNIK ist die maßgebliche Publikation für das OT-Handwerk und ein wichtiger Kompass für die gesamte Hilfsmittelbranche.

Die Fachzeitschrift ORTHOPÄDIE TECHNIK ist die maßgebliche Publikation für das OT-Handwerk und ein wichtiger Kompass für die gesamte Hilfsmittelbranche.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Brustversorgung<br />

Diagnose Brustkrebs – und dann?<br />

69.000 Frauen erhalten jährlich in Deutschland die Diagnose<br />

Brustkrebs. Das sind so viele Menschen, wie zum<br />

Beispiel Fulda, Landshut oder Tübingen Einwohner:innen<br />

haben. Damit ist Brustkrebs die mit Abstand häufigste<br />

Krebserkrankung in der Bundesrepublik. Neben Operationen<br />

und Therapie steht meist auch eine Hilfsmittelversorgung<br />

für die betroffenen Frauen an. Eine Versorgung<br />

mit Brustprothesen bzw. entsprechender Wäsche<br />

steht den Frauen nach PG 37 alle zwei Jahre zu. Neben<br />

der technischen Versorgung besteht bei den Frauen<br />

auch der Wunsch nach einem entsprechenden Versorgungsumfeld,<br />

das ihre spezielle Situation berücksichtigt.<br />

Aus diesem Grund hatte sich Anke Prüstel mit ihrem<br />

<strong>Sanitätshaus</strong> auf die Versorgung von Brustkrebspatientinnen<br />

spezialisiert. Eine Entscheidung, die aus der<br />

eigenen Erfahrung als Brustkrebsbetroffene resultierte<br />

und aus dem Ansporn, es besser zu machen. Aus privaten<br />

Gründen musste sie ihr Geschäft übergeben, die<br />

Leidenschaft, für die Versorgung von Brustkrebspatientinnen<br />

zu streiten, ist geblieben. Im Gespräch mit der<br />

OT-Redaktion berichtet sie von ihren Erfahrungen, darüber,<br />

was Sanitätshäuser beachten sollten und wo ihr die<br />

Perspektive als Brustkrebspatientin geholfen hat, nicht<br />

nur eine gute Versorgung zu leisten, sondern das Leben<br />

ihrer Kundinnen besser zu machen.<br />

Anke Prüstel hatte in Berlin ein<br />

auf Brustversorgung spezialisiertes<br />

Geschäft. Ihre Erfahrungen<br />

hat sie im Gespräch mit<br />

der OT-Redaktion geteilt.<br />

OT: Frau Prüstel, jedes Jahr erkrankt eine Kleinstadt voller<br />

Frauen an Brustkrebs. Da müsste man davon ausgehen, dass<br />

die Versorgung derer ein Schwerpunkt in jedem <strong>Sanitätshaus</strong><br />

ist. Wie sind Ihre Erfahrungen?<br />

Anke Prüstel: Versorgung nach Brustkrebs ist, nach meiner<br />

Erfahrung, bundesweit eher Teil des Vollsortiments.<br />

Es haben sich bei mir Frauen aus nah und fern gemeldet<br />

und sich über mangelnde Auswahl oder das Bestellen aus<br />

Katalogen mit Abnahmepflicht, mangelnde Fachberatung<br />

und leider fehlende Empathie oder zumindest Verständnis,<br />

dass es sich nicht um eine Kniebandage handelt, beklagt.<br />

Außerdem war es für viele Frauen eine große Hürde,<br />

ihr Anliegen in einem mit Kundinnen und Kunden gut besuchten<br />

<strong>Sanitätshaus</strong> vorzutragen, da die notwendige Diskretion<br />

für diese sensible Versorgung nicht gegeben war.<br />

Es gibt natürlich auch positive Beispiele, bei denen sich ein<br />

<strong>Sanitätshaus</strong> spezialisiert hat, so wie es bei mir selbst auch<br />

der Fall war.<br />

OT: Sie haben vor mehr als einem Jahrzehnt selbst die Diagnose<br />

Brustkrebs erhalten. Wie haben Sie die Versorgung im <strong>Sanitätshaus</strong><br />

erlebt?<br />

Prüstel: Ich habe zu dieser Zeit im <strong>Sanitätshaus</strong> und auch<br />

viel mit Brustkrebskundinnen gearbeitet, deshalb war ich<br />

schon etwas besser vorbereitet. Allerdings traf es mich<br />

hinterher mit Wucht, dass ich meine so geliebten bunten,<br />

farblich passenden Spitzensets nicht mehr tragen konnte<br />

und dass es nur sehr wenig und für mich als nicht optimal<br />

empfundene Alternativen gab. Ich habe dann angefangen<br />

selbst Dessous und Bademode zu nähen und letztlich<br />

war das auch mein Antrieb zu meinem Geschäft. Mein<br />

erster Armstrumpf war zudem hautfarben, was ich als sehr<br />

furchtbar empfunden habe. Heute trage ich wieder schöne<br />

bunte Wäsche, eine relativ angenehme Teilprothese und<br />

ausschließlich bunte Armstrümpfe. Ich konnte stets mitbestimmen,<br />

das wird vielen Frauen nach der Operation einfach<br />

verwehrt.<br />

Sich in die Rolle der Patientin einfühlen<br />

OT: Welche Voraussetzungen muss man als <strong>Sanitätshaus</strong><br />

mindestens schaffen, damit Brustkrebspatientinnen sich wohlfühlen<br />

und auch versorgen lassen?<br />

Foto: Prüstel<br />

Prüstel: Auch da kann ich nur bitten, sich in die Kundinnen<br />

hineinzuversetzen und nachzudenken: Ich muss jetzt<br />

in diesen Laden – da stehen Rollatoren und Bandagen, alles<br />

ist so steril und dann ist da auch noch ein Herr hinter<br />

dem Tresen. Die fast schon logische Konsequenz ist es, dass<br />

sich die Frauen umdrehen und unversorgt das <strong>Sanitätshaus</strong><br />

12<br />

<strong>Sanitätshaus</strong> <strong>2024</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!