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TE KW 23

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Seefeld: Geheimniskrämerei im Gemeinderat<br />

Landesrechnungshof-Bericht wurde nicht diskutiert, von der Jahresrechnung gerade einmal sechs Zahlen verlesen<br />

Im Seefelder Gemeinderat wird fleißig gearbeitet und nicht mehr<br />

gestritten. Ein löbliches Resümee nach drei Monaten Zusammenarbeit<br />

unter Bürgermeisterin Andrea Neuner. Trotzdem schwindet das<br />

Interesse der Zuhörerschaft und der Presse. Zur jüngsten Sitzung kamen<br />

gerade einmal acht Interessierte und ein Journalist. Und auch<br />

sie erfuhren bei der knapp einstündigen Zusammenkunft nur wenig:<br />

Es wurde kaum etwas erörtert oder diskutiert. Teilweise wurden nur<br />

die sperrig formulierten Tagesordnungspunkte verlesen und abgestimmt.<br />

Dorfchefin Neuner betonte mehrfach, dass die Gemeinderäte<br />

in ausführlichen Informationssitzungen alle Auskünfte erhalten haben<br />

und man deshalb sofort abstimmen könne.<br />

Von Bernhard Rangger<br />

Eine erste Überraschung gab es zu<br />

Beginn der Sitzung: GR Frank Ritzinger<br />

trat nach nur zwei Monaten<br />

im Amt, als neuer Obmann des Sozial-,<br />

Bildungs- und Jugendausschusses<br />

zurück. Bgm. Andrea Neuner erklärte,<br />

Ritzinger werde sich künftig ausschließlich<br />

der Bildung einer Gemeindeeinsatzleitung<br />

für den Krisenfall<br />

widmen. Seine persönliche Stellungnahme:<br />

„Alles gesagt!“ Bauamtsleiter<br />

Klaus Nigg erklärte die Bauansuchen<br />

– mehr oder weniger holprig. Diskussionen<br />

blieben aus. Zur Abstimmung<br />

wurden Texte wie folgt verlesen: „Beratung<br />

und Beschlussfassung über<br />

GLANZLICH<strong>TE</strong>R<br />

glanzlichter@rundschau.at<br />

Herz und Hirn<br />

Liebe Freunde wichtiger Weichenstellungen<br />

für die Zukunft! Wir haben<br />

demnächst gleich zwei Mal die Qual<br />

der Wahl. Im Juni vergeben wir unsere<br />

Stimmen für das nächste Europaparlament.<br />

Im Herbst entscheiden<br />

wir über die künftige Zusammenstellung<br />

unseres Nationalrates. Die<br />

meisten von uns werden sich schon<br />

entschieden haben, welcher Partei<br />

und welchen Personen sie dabei ihr<br />

Vertrauen schenken. Das ist, denke<br />

ich, gut so. Dadurch sind der laufende<br />

und der anstehende Wahlkampf<br />

einmal mehr bloß ein Wettbewerb<br />

um die Gunst der Unentschlossenen.<br />

Diesen kann und will ich neutrale<br />

Empfehlungen geben. 1.) Bitte unbedingt<br />

vom Wahlrecht Gebrauch<br />

machen. Die Demokratie ist eine<br />

Errungenschaft, die unsere Vorgängergenerationen<br />

hart erkämpft haben!<br />

2.) Die Programme der Parteien<br />

lesen und auf ihre Glaubwürdigkeit<br />

vergleichen. Nur so kann man im<br />

Vorhinein böse Überraschungen<br />

nach den Wahlen vermeiden. 3.) Die<br />

die öffentliche Auflage des Entwurfes<br />

der Änderung des Flächenwidmungsplanes<br />

im Bereich Grundstück 452/5<br />

KG 81131 Seefeld rund fünf Quadratmeter<br />

von Freiland § 41 in Tourismusgebiet<br />

§ 40 (4) sowie rund 21<br />

Quadratmeter von Tourismusgebiet §<br />

40 (4) in Freiland § 41...“ Wer von den<br />

Zuhörern bis hierher wirklich etwas<br />

verstanden hat, war vermutlich bestens<br />

mit der Materie vertraut.<br />

SPÄRLICHE INFOS. Dann kam es<br />

zu Abstimmung. Beinahe alle Punkte<br />

wurden einstimmig angenommen. Bei<br />

20 Tagesordnungspunkten gab es insgesamt<br />

nur zwei Gegenstimmen und<br />

fünf Enthaltungen. Dabei waren doch<br />

Kandidat:innen einem Charaktertest<br />

unterziehen. Die Frage dabei ist klar:<br />

Wer hält glaubwürdig auch im Nachhinein,<br />

was er/sie jetzt verspricht?<br />

Achtung! Die Texter von Kampagnen<br />

setzen einmal mehr auf Altbewährtes.<br />

Stark strapaziert werden dabei die Begriffe<br />

HERZ und HIRN. Für mich ist<br />

das, aus dem BAUCH herausgefühlt<br />

und von der LEBER weggeschrieben<br />

doch ein wenig mager. Und so<br />

möchte ich, um Wähler:innen nach<br />

dem Urnengang einen langen HALS<br />

zu ersparen, den Gebrauch weiterer<br />

Organe des menschlichen Körpers<br />

empfehlen. Bitte die AUGEN offen<br />

halten und die OHREN spitzen.<br />

Das verhindert zu Berge stehende<br />

HAARE und knirschende ZÄHNE.<br />

Wer sich also nicht selbst ins KNIE<br />

schießen möchte, sollte schauen,<br />

welche Kandidat:innen mit beiden<br />

BEINEN im Leben stehen. Das Gefühl<br />

in meinen FINGERSPITZEN<br />

sagt mir: Lieber die HAND reichen<br />

als die FAUST ballen!<br />

Meinhard Eiter<br />

Einig, fleißig, aber wortkarg: Bürgermeisterin Andrea Neuner mit ihren Stellvertretern<br />

Alexander Schmid (l.) und Anton Hiltpolt.<br />

Foto: Hiltpolt<br />

einige für Seefeld sehr wesentliche<br />

Punkte auf der Tagesordnung: Unter<br />

anderem auch der Bericht des Landesrechnungshofes.<br />

Dazu Bürgermeisterin<br />

Neuner: „Will jemand, dass ich<br />

den Bericht vorlese? Der Gemeinderat<br />

hat schon mehrfach darüber debattiert<br />

und ich halte mich bei allen Beschlussfassungen<br />

strikt an die Vorgaben<br />

dieses Schreibens. Der 150 Seiten<br />

lange Bericht kann von der Homepage<br />

des Landes heruntergeladen oder im<br />

Gemeindeamt eingesehen werden!“<br />

Vizebürgermeister Alexander Schmid<br />

ergänzte noch: „Die Anregungen<br />

können wir ohnehin nicht alle sofort<br />

umsetzen und müssen dies als Strategiepapier<br />

verstehen, wie wir die Finanzen<br />

in den kommenden vier Jahren<br />

wieder in Ordnung bringen!“ Zwei<br />

Monate lang zusätzliche Zeit hatte der<br />

neue Seefelder Gemeinderat nach den<br />

Neuwahlen vom Land für die Jahresrechnung<br />

20<strong>23</strong> erhalten. Nunmehr<br />

sind zumindest einige Zahlen auf dem<br />

Tisch: Zum Leidwesen der Zuhörer<br />

wurden aber nur sechs Summen auf<br />

die im Sitzungssaal angebrachten Bildschirme<br />

projiziert, die zumindest für<br />

einen Großteil des Publikums zu klein<br />

und daher unleserlich waren. Die Bürgermeisterin<br />

verlas ebenfalls nur diese<br />

Zahlen: 1,7 Millionen Euro Abgang im<br />

Finanzierungshaushalt und 1,6 Millionen<br />

im Ergebnishaushalt, Schuldenstand:<br />

7,9 Millionen Euro, Gemeindehaftungen:<br />

31 Millionen Euro.<br />

HOHE KOS<strong>TE</strong>N. Überprüfungsausschussobmann<br />

Hannes Norz ergänzte,<br />

dass die Personalkosten auf<br />

3,86 Millionen Euro und die Stromkosten<br />

auf eine Million Euro angestiegen<br />

seien und dass man jährlich fünf Millionen<br />

Euro Zuschüsse an die Gemeindebetriebe<br />

leiste. Die Belastung durch<br />

die Kinderbetreuung sei innerhalb von<br />

nur vier Jahren auf das Doppelte angestiegen.<br />

Dass LR Cornelia Hagele eine<br />

Kostenübernahme der Kindergarten-<br />

Gehälter bis 2026 versprochen hatte,<br />

beruhigte GR Norz nur wenig: „Ende<br />

dieses Jahres ist es für Seefeld fünf<br />

nach zwölf!“ Auf Nachfrage bei der<br />

Bürgermeisterin, warum man über die<br />

Jahresrechnung nicht ausführlicher<br />

debattiert habe, meinte sie: „Diese betrifft<br />

nicht unseren Gemeinderat und<br />

sie wurde von Amtsverwalter Thomas<br />

Hauser erstellt und fasst die Zeit von<br />

Ex-BürgermeisterWackerle, Vizebürgermeister<br />

Steiner und jene des Amtsverwalters<br />

zusammen. Für uns gilt es<br />

den Blick nach vorne zu richten. Ich<br />

war nur verpflichtet, diesen Punkt auf<br />

die Tagesordnung zu stellen!“<br />

POSITIV. Positiv erledigt wurden<br />

alle nötigen Umwidmungen für die<br />

Siedlungserweiterung hinter dem<br />

Camping-Areal und das Projekt „Hexenhäusl“.<br />

Einstimmig genehmigt<br />

wurden die vorliegenden Subventionsansuchen<br />

der Seefelder Vereine.<br />

Für die Seefelder Plattler und den<br />

Jugendtreff hat man neue Räumlichkeiten<br />

im Schützenheim gefunden.<br />

Last but not least gab es einen fünf<br />

Minuten langen, fast in Stichworten<br />

gehaltenen Tätigkeitsbericht der Bürgermeisterin,<br />

aus dem hervorging,<br />

dass sie und ihre beiden Vizebürgermeister<br />

im abgelaufenen Monat wieder<br />

unglaublich viel geleistet hatten.<br />

Doch auch die durchaus interessanten<br />

Details, was man bei all den Sitzungen<br />

und Terminen erreicht hatte, blieben<br />

der Öffentlichkeit verborgen. Öffentliche<br />

Gemeinderatssitzungen sehen<br />

eigentlich anders aus!<br />

RUNDSCHAU Seite 6 5./6. Juni 2024

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