SACHWERT Magazin 03/24
Lauter Goldhändler | Dominik Kettner über herausfordernde Zeiten Sachwerte in Zeiten von De-Globalisierung und zunehmender Staatswirtschaft | Prof. Dr. Max Otte Goldhausse – Nutzen Sie die Korrektur als Kaufgelegenheit | Claus Vogt Handel im Wandel – eine kleine Geschichte der Wirtschaft und des Geldes Welcome to Dubai! Von der Wüstenstadt zum Investoren-Mekka »Geld verdirbt den Charakter« | Auszug aus dem Buch »Geld interessiert mich einfach nicht« von Astrid Zehbe und Daniela Meyer Anlegen? Nur mit Strategie! | Jessica Schwarzer im Interview Wer den Pfennig nicht ehrt – Wie man Münzen zu Geld macht
Lauter Goldhändler | Dominik Kettner über herausfordernde Zeiten
Sachwerte in Zeiten von De-Globalisierung und zunehmender Staatswirtschaft | Prof. Dr. Max Otte
Goldhausse – Nutzen Sie die Korrektur als Kaufgelegenheit | Claus Vogt
Handel im Wandel – eine kleine Geschichte der Wirtschaft und des Geldes
Welcome to Dubai! Von der Wüstenstadt zum Investoren-Mekka
»Geld verdirbt den Charakter« | Auszug aus dem Buch »Geld interessiert mich einfach nicht« von Astrid Zehbe und Daniela Meyer
Anlegen? Nur mit Strategie! | Jessica Schwarzer im Interview
Wer den Pfennig nicht ehrt – Wie man Münzen zu Geld macht
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Nr. <strong>03</strong> l 20<strong>24</strong> • www.sachwert-magazin.de<br />
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Welcome to<br />
Dubai!<br />
Von der<br />
Wüstenstadt zum<br />
Investoren-Mekka<br />
Jessica<br />
Schwarzer<br />
Anlegen?<br />
Nur mit Strategie!<br />
Max Otte<br />
Sachwerte in<br />
Zeiten von<br />
De-Globalisierung<br />
und zunehmender<br />
Staatswirtschaft<br />
Wer den Pfennig<br />
nicht ehrt<br />
Wie man Münzen<br />
zu Geld macht<br />
LAUTER<br />
GOLDHÄNDLER<br />
Bilder: Kettner Edelmetalle, Gerry Nitsch<br />
Edelmetallhändler Dominik Kettner über<br />
herausfordernde Zeiten
Die neuen Ausgaben jetzt lesen<br />
Ausgabe 135<br />
Andreas Schrobback<br />
»Zum<br />
Optimismus<br />
verpflichtet«<br />
Ausgabe 136<br />
Kristine Derungs und<br />
Marcel Haggeney<br />
Mission:<br />
Vermögensaufbau<br />
Ausgabe 137<br />
Kolja Barghoorn<br />
Finanzielle<br />
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Editorial<br />
Julien Backhaus<br />
Verleger<br />
Bild: Daniela Schenk, Cover: FinanzBuch Verlag<br />
Panikmache? Die Angst<br />
ist doch längst da<br />
Warum Gold derzeit überall<br />
en vouge ist<br />
Das nächste Heft<br />
erscheint am<br />
02. September<br />
20<strong>24</strong><br />
In dieser Ausgabe, liebe Leserinnen und<br />
Leser, erfahren Sie viel von gestern. Das<br />
ist gar nicht so seltsam, wie es klingt.<br />
Denn wer die Vergangenheit versteht,<br />
kann die Gegenwart besser einordnen<br />
und die Zukunft besser planen. Im<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> erhalten Sie schon<br />
seit rund 13 Jahren eine Übersicht über<br />
historische Zusammenhänge. So geht<br />
es in dieser Ausgabe auch um die Entstehung<br />
des Geldes und der wichtigen<br />
Handelsrouten. Die Entwicklung dauert<br />
bis heute an. Und neben aktuellen Geldanlage-Trends,<br />
dem Aktienmarkt und<br />
die neuen globalen Immobilien-Hotspots<br />
wie Dubai geht es um ein großes Thema:<br />
Gold. Das glänzende Metall bewegt<br />
seit Jahrtausenden die Gemüter und hat<br />
von seinem Mythos bis dato nichts eingebüßt.<br />
Im Gegenteil, es wird so heiß<br />
diskutiert wie selten zuvor. Denn wo die<br />
Unsicherheit im Markt wächst, wächst<br />
auch der Wunsch nach Sicherheit. Nicht<br />
für alle, aber für viele Anleger, die ihr<br />
Vermögen dauerhaft schützen wollen.<br />
Prominenten Experten wie Dominik Kettner<br />
wird von Medien gar vorgeworfen, er<br />
verbreite Panik und Angst. Ob da etwas<br />
dran ist, haben wir ihn direkt gefragt.<br />
Es stellt sich unweigerlich die Frage: Ist<br />
die Angst nicht längst da, auch ohne<br />
»Angstmacher«? Wer sich die Kaufbilanzen<br />
der weltweiten Zentralbanken ansieht,<br />
vernimmt eine deutliche Sprache.<br />
Auch Vermögensverwalter sichern ihre<br />
Milliarden-Depots mit Goldbeständen<br />
ab. Die Unsicherheiten durch Kriege,<br />
Inflation und Lieferketten sind immens.<br />
Wer Gold hat, bereute das in der Vergangenheit<br />
eigentlich nie.<br />
Viel Vergnügen bei der Lektüre<br />
Ihr Julien Backhaus<br />
Verleger<br />
Seit Juli 2021<br />
im Handel!<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
3
09:41<br />
News, Expertentalks<br />
und Unterhaltung<br />
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Bild: Depositphotos / elenathewise
Inhalt <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
Titelstory<br />
06 Lauter Goldhändler<br />
Dominik Kettner über herausfordernde Zeiten<br />
Dominik Kettner<br />
im Interview<br />
Sachwerte<br />
11 Sachwerte in Zeiten von De-Globalisierung<br />
und zunehmender Staatswirtschaft<br />
Prof. Dr. Max Otte<br />
Marktkommentar<br />
14 Goldhausse – Nutzen Sie die Korrektur<br />
als Kaufgelegenheit<br />
Claus Vogt<br />
Wissen<br />
16 Handel im Wandel – eine kleine<br />
Geschichte der Wirtschaft und des Geldes<br />
22 Welcome to Dubai! Von der Wüstenstadt<br />
zum Investoren-Mekka<br />
<strong>24</strong> »Geld verdirbt den Charakter«<br />
Auszug aus dem Buch »Geld interessiert<br />
mich einfach nicht« von Astrid Zehbe<br />
und Daniela Meyer<br />
Börse<br />
18 Anlegen? Nur mit Strategie!<br />
Jessica Schwarzer im Interview<br />
Raritäten<br />
06<br />
28 Wer den Pfennig nicht ehrt – Wie man<br />
Münzen zu Geld macht<br />
Sonstiges<br />
30 Buchtipps und Brand Ambassadors<br />
31 Best of Web<br />
Bild: Kettner Edelmetalle<br />
Impressum<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> ISSN 2197-1587<br />
Redaktion<br />
Zum Flugplatz 44 | D-27356 Rotenburg<br />
Tel: (0 42 68) 9 53 04-91, Fax: 9 53 04-92<br />
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Chefredakteur (V. i. S. d. P.) Julien Backhaus<br />
Redaktion: Anna Seifert, Martina Karaczko,<br />
Lea Trägenap<br />
Objektleitung: Judith Iben<br />
Layout und Gestaltung: Stefanie Schulz,<br />
Christina Meyer, Judith Iben<br />
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Backhaus Finanzverlag GmbH ist ein<br />
Unternehmen der Backhaus Mediengruppe<br />
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Geschäftsführer Julien Backhaus<br />
Herausgeber, Verleger Julien Backhaus<br />
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Titelstory<br />
Lauter<br />
GOLD<br />
HÄNDLER<br />
Edelmetallhändler Dominik Kettner<br />
über herausfordernde Zeiten<br />
6 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Titelstory<br />
Bilder: Kettner Edelmetalle, Depositphotos / scanrail<br />
Er warnt vor der Abschaffung<br />
des Bargelds, der Enteignung<br />
von Immobilien und den Folgen<br />
der Pandemie. Solche<br />
düsteren Prognosen haben<br />
Dominik Kettner, CEO eines familiengeführten<br />
Edelmetallhandels, eine<br />
große Followerschaft beschert – ihm<br />
aber auch den Ruf eines Panikmachers<br />
eingebracht. Wir haben den polarisierenden<br />
Edelmetall-Experten selbst zu<br />
Wort kommen lassen. Wie er zu der<br />
Kritik steht und welche weiteren Krisen<br />
er auf die Wirtschaft zukommen<br />
sieht, hat er uns im Interview erzählt.<br />
Herr Kettner, wer sich jetzt nicht mit<br />
dem Thema Vermögensschutz beschäftigt,<br />
könnte laut Ihrer Aussage<br />
in den nächsten fünf Jahren 95 bis 98<br />
Prozent seiner Papiergeldersparnisse<br />
verlieren – so lautet Ihre Prognose.<br />
Worauf fußt diese Behauptung?<br />
Diese These beruht auf der Tatsache, dass<br />
wir uns in der Stagflation befinden und<br />
das schon seit 2021. Bereits beim Betrachten<br />
der offiziellen Zahlen wird offensichtlich,<br />
dass die Wirtschaft in Deutschland<br />
seit drei Jahren nicht mehr wächst<br />
und gleichzeitig von hoher Inflation geplagt<br />
wird. Per definitionem befinden<br />
wir uns damit in der Stagflation. Das ist<br />
für sämtliche Papiergeldersparnisse eine<br />
überaus ungünstige Situation. Durch<br />
die Teuerung sind viele Menschen<br />
darauf angewiesen, auf Rücklagen<br />
zurückzugreifen, um den<br />
einfachen Lebensunterhalt<br />
bestreiten zu können. Was<br />
dann von den Ersparnissen<br />
in Form von Fiat-Geld<br />
auf dem Bankkonto noch<br />
übrig bleibt, wird von der<br />
Inflation aufgefressen. Zusätzlich<br />
verschlimmert die<br />
Wirtschaftskrise die Situation<br />
für die meisten Menschen<br />
noch weiter. Wir sehen gerade<br />
die größte Pleitewelle seit Beginn<br />
der Aufzeichnungen in Deutschland und<br />
zahlreiche Unternehmen wandern ins<br />
Ausland ab. Das vernichtet Arbeitsplätze<br />
und somit auch Wohlstand.<br />
Berechtigterweise könnte man jetzt argumentieren,<br />
dass die Inflation stark gesunken<br />
sei. Das stimmt auch, aber dennoch<br />
sind die Löhne und Gehälter deutlich weniger<br />
gestiegen als die Lebenskosten des<br />
»Otto Normalverbrauchers«. Außerdem<br />
rechne ich mit einer zweiten und danach<br />
sogar mit einer dritten Inflationswelle. Und<br />
zwar aus mehreren Gründen: Zum einen<br />
plant die EZB, die Zinsen bald zu senken.<br />
Das muss sie auch, um die taumelnde<br />
Wirtschaft zu stabilisieren und Länder wie<br />
Italien oder Frankreich wegen der hohen<br />
Staatsschulden vor der Zahlungsunfähigkeit<br />
zu retten. Dies wird für eine wellenförmige<br />
Rückkehr der Inflation sorgen. Es<br />
reicht ein Blick in die USA, um zu sehen,<br />
dass selbst die hohen Leitzinsen dort nicht<br />
ausreichen, um die Inflation nachhaltig in<br />
»Das ist für sämtliche<br />
Papiergeld-<br />
Ersparnisse eine<br />
überaus ungünstige<br />
Situation.«<br />
– Dominik Kettner<br />
den Griff zu bekommen. Zum anderen sehen<br />
wir eine Ausweitung und Zuspitzung<br />
der globalen Konflikte. Sowohl der Ukraine-Krieg<br />
als auch der Nahost-Konflikt werden<br />
sich in naher Zukunft deutlich spürbar<br />
auf die Öl- und Energiepreise auswirken<br />
und zu einem erheblichen Anstieg der<br />
Teuerungsrate führen.<br />
Um diesem Szenario vorzubeugen, lohnt<br />
es sich, einen Blick in die Vergangenheit<br />
zu werfen: Während der Stagflation<br />
in den Siebzigern gewannen aus<br />
historischer Sicht nur die Rohstoffe und<br />
Edelmetalle, welche die Aktien- und Immobilienmärkte<br />
stark outperformten.<br />
Besonders glänzten dabei Gold und Silber.<br />
Der große Unterschied zwischen<br />
den Siebzigern und heute liegt darin,<br />
dass die Notenbanken am Ende<br />
der Stagflationsphase nicht in der<br />
Lage sein werden, wie einst der<br />
amerikanische Notenbankchef<br />
Paul Volcker, die Leitzinsen<br />
schlagartig auf 20 Prozent anzuheben,<br />
weil der gigantische<br />
Schuldenapparat die USA<br />
und den Westen in den finanziellen<br />
Exodus führen<br />
würde. Es scheint wie<br />
ein perfektes Timing,<br />
dass nun bereits die<br />
digitalen Zentralbankwährungen<br />
ausgerollt<br />
werden. Die EZB<br />
selbst veröffentlichte<br />
erst Anfang März ein<br />
offizielles Dokument,<br />
welches bestätigt, dass<br />
der Rollout des digitalen<br />
Euro bereits für 2025 geplant<br />
ist. Mit diesem Werkzeug hätten<br />
die Währungshüter jegliche Freiheiten,<br />
sich auf Knopfdruck zu entschulden. Diese<br />
Entschuldung wird meines Erachtens auf<br />
Kosten der Bürger geschehen. Daher gilt<br />
es, sich jetzt mit Gold und Silber entgegen<br />
dieser Entwicklung zu positionieren. Denn<br />
zufälligerweise sind es genau die Währungshüter<br />
beziehungsweise die Zentralbanken,<br />
welche am meisten Gold besitzen<br />
und ihre Goldreserven in Rekordtempo<br />
aufstocken, während man der breiten<br />
Masse der Menschen das Fiat-Geld als bessere<br />
Option glaubhaft machen möchte.<br />
Auf Ihrem YouTube-Kanal warnen<br />
Sie vor aktuellen Krisen. Welche<br />
könnte Ihrer Ansicht nach die gravierendsten<br />
Folgen für die Anleger nach<br />
sich ziehen?<br />
Aktuell sehen wir uns mit vielen verschiedenen<br />
Krisen konfrontiert, von der<br />
politischen und wirtschaftlichen Selbstzerstörung<br />
Deutschlands bis hin zu den<br />
Immobilienkrisen in China und den<br />
USA. Aber die wohl größte Gefahr für<br />
Deutschland ist die geopolitische Machtverschiebung<br />
von West nach Ost – mit<br />
all ihren Folgen. Sämtliche große Konflikte,<br />
die wir im Moment beobachten<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
7
Titelstory<br />
Die Digitalisierung verändert den Edelmetallhandel<br />
in seinen Grundzügen<br />
überhaupt nicht! Die Branche bleibt,<br />
wie eh und je, eine sehr substanzielle<br />
und konservative Heimat für Menschen<br />
mit klarem Wertesystem und hohem Anspruch<br />
an nachhaltige und bleibende<br />
Werte. Allerdings haben sich die Vertriebswege<br />
in der Edelmetallbranche<br />
stark verändert. Das ist vor allem auf die<br />
Eingriffe der Regierungen auf die finanzielle<br />
Freiheit der Bürger und die damit<br />
einhergehenden Verschärfungen gegen<br />
das Tafelgeschäft und gegen Bartransaktionen<br />
zurückzuführen.<br />
Bis vor wenigen Jahren hatten wir noch<br />
ein Ladengeschäft, in dem man Edelmetalle<br />
mit Bargeld kaufen konnte. Doch<br />
in insgesamt drei Schritten wurden die<br />
gesetzlichen Vorgaben für den anonymen<br />
Goldkauf (gegen Bargeld) immer<br />
weiter abgesenkt. Im ersten Schritt von<br />
maximal 14.999,99 Euro auf 9.999,99<br />
Euro und schließlich auf die aktuelle<br />
Obergrenze von lediglich 1.999,99 Euro<br />
– also auf nicht einmal eine ganze Unze<br />
Feingold! Diese Entwicklung beflügelte<br />
den Online-Edelmetallhandel sehr stark,<br />
denn viele Menschen haben bereits verstanden,<br />
wie wichtig es ist, ihre Ersparnisse<br />
zukunftssicher und außerhalb des<br />
Bankenkreislaufs abzusichern. Die hohe<br />
Inflation lässt den Online-Edelmetallhandel<br />
somit Jahr für Jahr wachsen.<br />
»Die Digitalisierung verändert den<br />
Edelmetallhandel in seinen Grundzügen<br />
überhaupt nicht!«<br />
– Dominik Kettner<br />
können, sind nur ein Symptom dieses,<br />
sich anbahnenden Machtwechsels. Die<br />
Geschichte zeigt, dass solche Machtwechsel<br />
zyklisch stattfinden; ungefähr<br />
alle 120 Jahre. Die derzeitigen Kriege<br />
werden also erst ein Ende finden, wenn<br />
der Machtwechsel und die Ablösung der<br />
bestehenden globalen Leitwährung, dem<br />
US-Dollar, hin zu einer neuen Weltleitwährung<br />
vollzogen ist. Bis dahin werden<br />
sie sich immer weiter ausdehnen und mit<br />
dramatischen Folgen humanitärer, aber<br />
natürlich auch finanzieller Art entfalten.<br />
Ein besonders brisantes Szenario ist ein<br />
mögliches Öl-Embargo des Irans gegen<br />
den Westen. Schon zu Beginn des Nahostkonflikts<br />
im November wurde dieses<br />
Ölembargo vom Iran ins Spiel gebracht.<br />
Eine Ölkrise 2.0, wie im Jahr 1973, hätte<br />
fatale Folgen für unsere Weltwirtschaft<br />
und würde die Stagflation aus den 70er-<br />
Jahren in die zweite Runde bringen.<br />
Mittlerweile sind Sie dank Social Media<br />
weit über Ihre eigene Branche hinaus<br />
bekannt. Wie verändern die Digitalisierung<br />
und insbesondere die Sozialen<br />
Medien den Edelmetallhandel?<br />
Durch die sozialen Medien erreichen wir<br />
viele Menschen, die verstanden haben,<br />
dass mit unserem Geldsystem etwas nicht<br />
stimmt. Die Menschen sind auf der Suche<br />
nach Sicherheit und nachhaltigen Assets.<br />
Gold hat hier die Nase vorn, denn mit seinem<br />
»Track-Record« von über 6.000 Jahren,<br />
hat es seine Kaufkraft länger als jede<br />
andere Währung der Welt erhalten und in<br />
Krisenzeiten seinen Charakter als »sicherer<br />
Hafen« stets erfüllt. Dennoch verstehen<br />
wir uns in heutigen Zeiten nicht als reines<br />
Handelshaus, sondern auch als Dienstleister<br />
für die Aufbereitung redaktioneller<br />
Inhalte, wie Wissens- und News-Beiträge.<br />
Da die eigentliche Aufgabe der Öffentlich-<br />
Rechtlichen anscheinend nicht mehr erfüllt<br />
wird, verstehen wir uns hier als Sprachrohr<br />
für viele unzufriedene Bürgerinnen und<br />
Bürger. Dazu haben wir uns auch als feste<br />
Größe im E-Commerce mit sehr starkem<br />
technischem Hintergrund positioniert. Vor<br />
einigen Jahren wäre es für mich noch undenkbar<br />
gewesen, dass die Hälfte unserer<br />
50 Mitarbeiter im Onlinemarketing und IT-<br />
Bereich beschäftigt sind.<br />
Ihre Statements polarisieren. Die Presse<br />
stellt sie in die Nähe eines Schreihalses<br />
und Crash-Propheten. Was würden<br />
Sie Ihren Kritikern entgegnen?<br />
8 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Titelstory<br />
Bilder: Kettner Edelmetalle<br />
Bereits in der Pandemie haben wir gesehen,<br />
dass viele Menschen sich gegen<br />
die staatlichen Einschränkungen gewehrt<br />
haben und somit sehr schnell als<br />
»Querdenker« oder gar »Rechtsradikale«<br />
diffamiert wurden. Dasselbe erleben<br />
wir heute auf einem nie dagewesenen<br />
Niveau. Sobald sich jemand öffentlich<br />
gegen die ideologisch geprägte Politik<br />
Deutschlands äußert, wird man sofort<br />
angegriffen. Mittlerweile ist der Großteil<br />
der Medienlandschaft so stark nach<br />
links abgedriftet, dass all diejenigen, die<br />
sich in der Mitte befinden, schon pauschal<br />
als »rechts« abgestempelt werden.<br />
Es fühlt sich so an, als würden die<br />
öffentlich-rechtlichen Medien heute nur<br />
den Medienauftrag des Staates erfüllen<br />
und nicht im Auftrag der Gebührenzahler<br />
agieren. Mit meinen Social-Media-<br />
Kanälen möchte ich aber dem breiten<br />
Mittelstand ein Sprachrohr bieten, weil<br />
große Teile dieses Mittelstands nicht<br />
mehr gehört werden. Zahlreiche meiner<br />
Thesen haben sich bereits bewahrheitet.<br />
Zum Beispiel habe ich 2022 im Januar<br />
das Szenario der Stagflation gezeichnet.<br />
Dafür wurde ich heftig kritisiert. Heute ist<br />
diese Stagflation jedoch Realität. Sowohl<br />
der deutsche Wirtschaftsminister Habeck<br />
als auch der Bundeskanzler Scholz<br />
erklärten, dass es nicht zu einer Rezession<br />
kommen würde. Sie versprachen<br />
sogar ein »grünes« Wirtschaftswunder!<br />
Nur sechs Monate später war die<br />
Rezession dann offiziell da. Es ist keine<br />
Kaffeesatzleserei und man braucht auch<br />
keine Glaskugel, um zu erkennen, was<br />
uns blüht. Es reicht hierzu, einen Blick<br />
in die Vergangenheit zu werfen, um sich<br />
die immer wiederkehrenden wirtschaftlichen<br />
und gesellschaftlichen Zyklen vor<br />
Augen zu führen. Unter Betrachtung<br />
dieser Zyklen befinden wir uns derzeit<br />
am Ende eines Generationszyklus, welcher<br />
zahlreiche Verwerfungen mit sich<br />
bringt, wie beispielsweise die rasant<br />
ansteigende Staatsquote oder Eingriffe<br />
in die Privatvermögen der Bürger oder<br />
die verschwenderische Geldpolitik und<br />
grassierende Staatsschulden. Wir werden<br />
in den nächsten Jahren erleben, ob<br />
sich meine These bewahrheitet. Ich bin<br />
allerdings davon überzeugt, dass es jetzt<br />
sinnvoll ist, sich auf einen fortwährenden<br />
Bullrun im Edelmetall-Sektor vorzubereiten<br />
und die Stagflation als Vehikel<br />
zu nutzen, statt die hart erarbeiteten Papiergeld-Ersparnisse<br />
zu verbrennen. Meine<br />
These besteht bereits seit über zwei<br />
Jahren und macht sich bei vielen Bürgern<br />
bereits am eigenen Leib bemerkbar.<br />
Immer mehr Leistungsträger verlassen<br />
das sinkende Schiff und die Zuwanderungsquote<br />
bringt große soziale Spannungen<br />
mit sich. Diese Rechnung wird<br />
nicht aufgehen und sorgt für massiven<br />
sozialen Sprengstoff. Der Steuerzahler<br />
und der ehrlich schaffende Bürger fühlen<br />
sich in diesen Zeiten vergessen. Die<br />
Leistungsanreize sind in unserer Gesellschaft<br />
schlicht verloren gegangen, denn<br />
wenn Bürgergeld oft mehr Geld als ehrliche<br />
Arbeit bringt, versteht wohl jeder,<br />
wie kaputt dieses System bereits gewirtschaftet<br />
wurde.<br />
Als Geschäftsführer eines Familienunternehmens<br />
mit provokanten<br />
Aussagen an die Öffentlichkeit zu<br />
gehen, erzeugt Gegenwind. Werden<br />
Ihre Kunden und Zulieferer dadurch<br />
manchmal nervös?<br />
Wir sind ein Familienunternehmen mit<br />
klarem Wertesystem, für das wir überzeugt<br />
einstehen. Unsere Mitarbeiter und<br />
Kunden stehen hierbei an erster Stelle.<br />
Genau dieses klare Wertesystem bringt<br />
für unsere Mitarbeiter und Kunden ein<br />
hohes Maß an Vertrauen und Sicherheit.<br />
Wir erleben daher im Alltag viel Zuspruch.<br />
Ich nehme auch sehr aufmerksam wahr,<br />
wie mir die Menschen auf der Straße begegnen.<br />
Bis heute habe ich dazu noch keine<br />
negative Kritik erhalten. Im Gegenteil,<br />
wir bekommen sogar regelmäßige Danksagungen<br />
von unseren Zuschauern und<br />
Kunden, in denen sie sich für den Einsatz<br />
bedanken, dass heutzutage überhaupt<br />
noch jemand den Mut besitzt, seinen<br />
Mund aufzumachen. Unser weltweites<br />
Lieferantennetzwerk steht geschlossen<br />
hinter uns. Von außen betrachtet zerfällt<br />
unser Land gerade zusehends, was auch<br />
unsere Lieferanten besorgt. Im Gegensatz<br />
zur deutschen Medienkultur gibt es in<br />
»Wir verstehen uns in heutigen<br />
Zeiten nicht als reines Handelshaus,<br />
sondern auch als Dienstleister für die<br />
Aufbereitung redaktioneller Inhalte,<br />
wie Wissens- und News-Beiträge.«<br />
– Dominik Kettner<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
9
Titelstory<br />
vielen Ländern der Welt noch einen offeneren<br />
Diskurs mit verschiedensten Meinungsbildern.<br />
In Deutschland geht dieser<br />
Diskurs leider zunehmend verloren. Ich<br />
werde weiterhin für unsere Werte einstehen<br />
und dafür kämpfen, unsere Freiheit<br />
zu bewahren und echtes Geld bekannter<br />
zu machen. Der Erfolg gibt uns hierbei<br />
recht. Denn wie bereits J.P. Morgan sagte:<br />
»Gold ist Geld. Alles andere ist Kredit.«<br />
Zu Anfang haben wir über die derzeitigen<br />
Krisen gesprochen; auch die<br />
Wirtschaftsprognosen – etwa die des<br />
ifo Instituts – sind eher düster. Sehen<br />
Sie auch Positives, wenn Sie in die<br />
Zukunft blicken?<br />
Es ist unbestritten, dass wir in einer Zeit<br />
großer Herausforderungen leben. Gerade<br />
in solchen Zeiten sind es oft die schwierigen<br />
Situationen, die die Menschen nicht<br />
nur individuell, sondern auch gemeinschaftlich<br />
wachsen lassen. Neben den finanziellen<br />
Chancen, die Krisen für wachsame<br />
Anleger mit sich bringen – denn<br />
historisch gesehen ist es so, dass einige<br />
der größten Vermögen gerade in solch<br />
turbulenten Zeiten geschaffen werden<br />
– beobachte ich auch eine positive gesellschaftliche<br />
Dynamik. Die Menschen<br />
rücken wieder näher zusammen, engagieren<br />
sich mit mehr Mut für ihre Überzeugungen<br />
und suchen aktiv nach unabhängigen<br />
Informationsquellen, um fundierte<br />
Entscheidungen zu treffen. Diese Form<br />
des Zusammenhalts und der selbstbestimmten<br />
Informationsbeschaffung wird<br />
zu einer gestärkten Gesellschaft führen,<br />
die sowohl in Krisenzeiten als auch in<br />
guten Zeiten resilient bleibt. Deshalb ist<br />
es von entscheidender Bedeutung, sich<br />
jetzt strategisch zu positionieren – nicht<br />
nur finanziell, sondern auch zur Stärkung<br />
unserer Gemeinschaften und zum Schutz<br />
unserer gemeinsamen Werte. Wenn wir<br />
das Tal überwunden haben, geht es für<br />
eine sehr lange Zeit bergauf. Wir sehen<br />
goldenen Zeiten entgegen.<br />
Unter Berücksichtigung der aktuellen<br />
Rahmenbedingungen halte ich es für notwendig,<br />
zumindest 25 bis 30 Prozent des<br />
Portfolios in Edelmetallen zu halten. Ich<br />
empfehle eine Mischung aus Gold und<br />
Silber im Verhältnis von 70 zu 30, da Gold<br />
der perfekte Krisenschutz ist und Silber<br />
ein enormes Renditepotenzial bietet. Beim<br />
Kauf von physischem Gold und Silber ist es<br />
besonders wichtig, einen seriösen Händler<br />
zu wählen. Substanziell ist hierbei die<br />
Expertise des Handelshauses in der ausreichenden<br />
Echtheitsprüfung der angebotenen<br />
Münzen und Barren. Leider gibt<br />
es auch schwarze Schafe, die gefälschte<br />
Produkte in den Umlauf bringen und von<br />
der Gier oder Unwissenheit der Menschen<br />
profitieren. Ich empfehle daher immer<br />
den Kauf bei einem seriösen Edelmetallhändler.<br />
Am Ende der Stagflation werden<br />
Gold, Silber und große Teile des Rohstoffsektors<br />
zu den Gewinnern zählen. Auf<br />
Aktien- und Immobilieninvestoren warten<br />
herausfordernde Zeiten. Bleiben Sie mit<br />
Ihren Werten mobil und haben Sie jederzeit<br />
direkten Zugriff auf Ihre Vermögenswerte.<br />
Schützen Sie Ihr Portfolio vor staatlichen<br />
Eingriffen und Enteignungen! AS<br />
»Durch die sozialen Medien erreichen<br />
wir viele Menschen, die verstanden<br />
haben, dass mit unserem<br />
Geldsystem etwas nicht stimmt.«<br />
– Dominik Kettner<br />
Welche Möglichkeiten bieten sich für<br />
Anleger, die angesichts der aktuellen<br />
Ereignisse ihr Portfolio aufbessern<br />
wollen? Was gilt es insbesondere<br />
beim Kauf von Sachwerten wie Edelmetallen<br />
zu beachten?<br />
Dominik Kettner ist Edelmetallhändler<br />
und CEO des Familienunternehmens<br />
Kettner Edelmetalle – mit großer<br />
Reichweite: Auf YouTube verfügt er<br />
über 334.000 Abonnenten.<br />
Bild: Kettner Edelmetalle<br />
10 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Sachwerte<br />
das Recht, die Immobilie (im Rahmen<br />
der Vorschriften) zu gestalten, darin zu<br />
wohnen, sie zu vermieten, etc., etc. Der<br />
Staat hat das Recht auf Einhaltung der<br />
Vorschriften, Zahlung der Gebühren und<br />
Steuern. Er kann zudem weitere Lasten<br />
bestimmen. Die Habeckschen Heizungsgesetze<br />
sind ein Beispiel. Die Mieter haben<br />
Rechte. Die Bank hat das Recht auf<br />
Rückzahlung von Krediten. So löst sich<br />
die anschauliche Immobilie in ein komplexes<br />
Gebilde von Vertragsbeziehungen<br />
auf, die alle Einfluss auf den Wert haben.<br />
Bild: Gerry Nitsch<br />
Sachwerte in Zeiten<br />
von De-Globalisierung<br />
und zunehmender<br />
Staatswirtschaft<br />
Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Max Otte<br />
In Krisenzeiten sind Sachwerte gefragt.<br />
Auf die Gefahr hin, hier nichts Neues<br />
auszusprechen: Sachwerte sind reale<br />
Wirtschaftsgüter. Auf Englisch heißen<br />
sie »real assets«. Das können Immobilien<br />
sein, Oldtimer, Edelmetalle, Schmuck<br />
– oder Aktien. Aktien sind verbriefte Besitzurkunden<br />
an Unternehmen. Wenn also die<br />
entsprechenden Unternehmen real sind,<br />
sind es die Aktien auch. Wer hätte Zweifel<br />
daran, dass Microsoft, Alphabet (also Google<br />
oder YouTube) oder Nestlé in zehn Jahren<br />
noch ihr Geschäft betreiben werden?<br />
Im Gegensatz zu Sachwerten stellen<br />
Finanzwerte (Bargeld, Kontoguthaben,<br />
Anleihen, Versicherungs- und<br />
Pensionsansprüche) eine genau umschriebene<br />
Summe oder Finanzforderung<br />
dar. Das macht sie einerseits transparenter,<br />
andererseits sind Finanztitel<br />
auf jeden Fall von der Inflation betroffen<br />
und können auch wertlos werden.<br />
Finanzwerte sind Forderungen, Sachwerte<br />
Besitzurkunden.<br />
Bei näherem Hinsehen zeigt es sich, dass<br />
Sachwerte oft mit einer Vielzahl von juristischen<br />
Restriktionen behaftet sind. So<br />
ist zum Beispiel die viel geliebte Immobilie<br />
nicht so sehr ein Gebilde aus Steinen,<br />
Holz und diversen Bauelementen,<br />
sondern eher ein Bündel von Rechten<br />
und Pflichten. Als Eigentümer haben Sie<br />
Bei näherem Hinsehen<br />
zeigt es sich,<br />
dass Sachwerte oft<br />
mit einer Vielzahl<br />
von juristischen<br />
Restriktionen behaftet<br />
sind.<br />
WAS GILT NOCH IN ZEITEN DER<br />
DE-GLOBALISIERUNG?<br />
Im Jahr 2006 schrieb ich »Der Crash<br />
kommt«. Das Buch wurde zu einem<br />
Megaseller, der sich während der Finanzkrise<br />
insgesamt 500.000 Mal verkaufte<br />
und in mehrere Sprachen übersetzt<br />
wurde, und machte mich zum<br />
»Lieblingsexperten aller Medien« (DRradio,<br />
2015). In dem Buch prognostizierte<br />
ich unter anderem einen Finanzcrash<br />
»ungefähr 2008«, eine globale Wirtschaftskrise<br />
und ein Zeitalter der De-<br />
Globalisierung. Das war vor knapp 20<br />
Jahren eine gewagte Aussage, denn<br />
damals galt die Globalisierung fast allen<br />
Beobachtern noch als Naturgesetz.<br />
Auf Seite 34 findet sich der Satz: »Auf<br />
Phasen stürmischer Veränderung folgen<br />
Phasen der Ruhe, auf Aufschwung folgt<br />
Abschwung, auf Frieden Krieg.« Die<br />
Lektorin empfahl mir damals, den letzten<br />
Teil zu streichen, denn das mit dem<br />
Krieg könne man doch so nicht sagen.<br />
Ich bestand darauf, den Satz beizubehalten.<br />
Leider behielt ich recht. Nun befinden<br />
wir uns in einer anderen Welt.<br />
In dieser neuen Welt müssen Investoren<br />
mit zwei Gruppen von Risiken anders<br />
umgehen als in der alten (amerikanischen)<br />
Weltordnung von 1945 bis 2022,<br />
1. Der De-Globalisierung und<br />
2. Der zunehmenden Staatswirtschaft.<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
11
Sachwerte<br />
De-Globalisierung: In »Weltsystemcrash«<br />
konkretisierte ich auf Seite 398<br />
die De-Globalisierungsprognose von<br />
2006 und entwarf drei Szenarien: erstens<br />
den großen Krieg (leider eine gewisse<br />
Wahrscheinlichkeit), zweitens<br />
eine globale Großraumordnung mit<br />
USA und der westlichen Hemisphäre,<br />
China und Europa als eigenständigen<br />
Machtblöcken (unwahrscheinlich) und<br />
drittens ein neuer Kalter Krieg, der sich<br />
um die Pole USA und China entwickelt<br />
und auch mit heißen Stellvertreterkriegen<br />
einhergeht. Wieder sollte meine<br />
Prognose eintreten, wobei das Risiko<br />
eines großen Krieges, auch eines Nuklearkrieges,<br />
nicht vom Tisch ist.<br />
Nationen achten wieder mehr auf die<br />
Versorgungssicherheit von Industrieprodukten<br />
(Resourcing) Energie und<br />
Rohstoffen. Die Atomnation Frankreich<br />
muss schmerzliche Verluste hinnehmen,<br />
weil sich sein Hauptlieferant, der Niger,<br />
durch einen Militärputsch von den<br />
Knebelverträgen löst, die das Land an<br />
Frankreich binden. Und Niger ist immerhin<br />
der sechstgrößte Uranproduzent der<br />
Welt. Deutschland wurde die Nordstream-II-Pipeline<br />
gesprengt.<br />
DIE KONSEQUENZEN<br />
DER ENTWICKLUNGEN<br />
Nehmen wir also an, dass das Szenario<br />
des neuen Kalten Krieges zwischen<br />
einem US-amerikanischen und einem<br />
chinesischen Block hält. Europa ist in<br />
diesem Szenario fest in den US-Block<br />
integriert und wird zur Verfügungsmasse<br />
der USA – sowohl ökonomisch<br />
als auch militärisch. Daneben wird es<br />
auch einige etwas unabhängigere Akteure<br />
geben – zum Beispiel Russland,<br />
die Türkei, der Iran, Saudi-Arabien. Eine<br />
echte multipolare Ordnung wird allerdings<br />
nicht entstehen. Dazu sind die<br />
Pole USA und China zu stark.<br />
Die Konsequenzen:<br />
Investments vor allem in »Westen«, einschließlich<br />
Japan, Korea und Australien.<br />
Andere Regionen aufgrund der geopolitischen<br />
Risiken meiden (es sei dann, das<br />
Vermögen hat eine Größenordnung, welche<br />
eine solche Diversifikation erlaubt).<br />
Investments in den USA als dominante<br />
Macht spielen, angesichts eines immer<br />
schwächeren und zersplitterten Europas,<br />
weiterhin eine wichtige Rolle.<br />
Zunehmende Staatswirtschaft: Im Zuge<br />
von Covid und Ukraine-Krieg haben viele<br />
Staaten ihre Verschuldung noch einmal<br />
massiv erhöht. Dabei haben sich die<br />
absoluten Schuldenstände in Prozent<br />
des BIP teilweise stabilisiert, weil die<br />
Inflation in Deutschland zum Beispiel<br />
2023 den Rekordwert von zehn Prozent<br />
erreichte. Damit steigt auch bei realem<br />
Nullwachstum das Bruttoinlandsprodukt<br />
um zehn Prozent und der Bruch<br />
(nominale) Schulden durch (nominales)<br />
BIP wird kleiner, beziehungsweise neue<br />
Schulden werden nicht sichtbar.<br />
Die Wirtschaft bewegt sich insgesamt<br />
in Richtung eines Green New Deal, mit<br />
mehr Staatswirtschaft, mehr Kontrolle<br />
und mehr Überwachung. Eingriffe in<br />
Der Autor<br />
Max Otte ist CIO der PI Privatinvestor<br />
Kapitalanlage und Manager des Max<br />
Otte Multiple Opportunities Fund, der im<br />
deutschsprachigen Raum verfügbar ist.<br />
das Privateigentum werden häufiger und<br />
härter. Dennoch müssen sie nicht als<br />
Währungsreform oder komplette Enteignung<br />
erfolgen, sondern können auch<br />
scheibchenweise umgesetzt werden.<br />
Ein Beispiel ist die Habecksche Heizungsreform:<br />
Einerseits belastet sie<br />
Immobilienbesitzer mit den Kosten der<br />
neuen Heizungen, andererseits können<br />
sich nicht alle eine neue Heizung leisten,<br />
was das Angebot steigen und die<br />
Preise sinken lässt. Ein anderes Beispiel:<br />
Strafgebühren für Ordnungswidrigkeiten<br />
oder Kosten für sonstige Dienstleistungen<br />
steigen stark. Dienstleistungen<br />
– etwa öffentliche Transportnetze –<br />
werden ausgedünnt. Neue Steuern<br />
werden eingeführt.<br />
Auch eine erhöhte Inflation ist Teil dieses<br />
Enteignungsmix: Steigen im Zuge einer<br />
Lohn-Preis-Spirale auch die Löhne und<br />
Gehälter, werden viele Haushalte in die<br />
Steuerprogression rutschen.<br />
Nationen achten<br />
wieder mehr auf<br />
die Versorgungssicherheit<br />
von Industrieprodukten<br />
(Resourcing)<br />
Energie und Rohstoffen.<br />
12 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Sachwerte<br />
Die Konsequenzen:<br />
Im neuen Umfeld ist die Fungibilität<br />
von Vermögensgegenständen (Edelmetalle,<br />
Kryptos) besonders wichtig.<br />
Zudem sollte die Erpressbarkeit durch<br />
den Staat möglichst minimiert werden.<br />
Ratsam ist es, einen Teil des Vermögens<br />
in einem Nicht-EU-Land (Schweiz, Liechtenstein)<br />
zu halten.<br />
Edelmetalle sind zur Absicherung gedacht.<br />
Ein signifikanter Teil des Vermögens<br />
(mehr als 50 Prozent) sollte in<br />
ertragbringende Vermögensgegenständen<br />
investiert sein. Hierbei haben<br />
Aktien eine wichtige Rolle, denn sie<br />
befinden sich größtenteils in den Händen<br />
der großen Fondsgesellschaften<br />
und der großen Vermögen und haben<br />
damit eine gute Lobby gegen Eingriffe<br />
und Enteignungen.<br />
Sachwerte in der kommenden Phase der Weltwirtschaft<br />
Bilder: Gerry Nitsch, Depositphotos / CogentMarketing / maxxyustas<br />
Gold und Edelmetalle<br />
Der klassische Sachwert. Wert relativ einfach zu ermitteln. Teilbar. Transportabel.<br />
Diamanten, Schmuck<br />
Hohe Wertdichte. Wert schwierig zu ermitteln.<br />
Nicht besonders fungibel.<br />
Kunst, Oldtimer, Sammlerobjekte<br />
Hohe Wertdichte. Wert schwierig zu ermitteln. Wenig fungibel.<br />
Immobilien<br />
Je nach Land von der De-Globalisierung betroffen. Große Möglichkeiten der Einflussnahme<br />
des Staates (bis hin zu Zwangshypotheken und Enteignungen). Immobilienbesitzer<br />
sind immobil und damit erpressbar.<br />
Aktien<br />
Aktien von Unternehmen mit krisen- und inflationssicheren Geschäftsmodellen können<br />
auch in einer Krise gut performen. Zwar sind fast alle Unternehmen auch von der De-Globalisierung<br />
betroffen, aber wenn sie einen stabilen Heimatmarkt und stabile Lieferbeziehungen<br />
haben, dann können sie auch in einer sich fragmentierenden Welt prosperieren.<br />
Bitcoin<br />
Um Bitcoin und Krypto»währungen« hat sich ein Hype entwickelt. Klar ist, dass Kryptowährungen<br />
keine Währungen sind, sondern digitale standardisierte Waren. Bitcoin sind<br />
immateriell – sie können dennoch ein Sachwert sein, falls sich das Wertversprechen als<br />
nachhaltig erweist. Ob dies der Fall sein wird, ist immer noch offen. Auch Patente und<br />
Lizenzen sind immateriell und dennoch »Sachwerte«, reale Wirtschaftsgüter.<br />
Empfehlung<br />
Mit 10 bis 20 Prozent hoch gewichten.<br />
Physisch halten, in zwei Ländern.<br />
Empfehlung<br />
Nur etwas für Experten.<br />
Niedrig gewichten.<br />
Empfehlung<br />
Nur etwas für Experten. Wenn Sie in<br />
bestimmten Bereichen Expertise entwickeln,<br />
als Ergänzung.<br />
Empfehlung<br />
Die meisten Deutschen haben zu viel<br />
Vermögen in die Immobilie gebunden.<br />
Immobilien sollten maximal 1/3 des<br />
Gesamtvermögens ausmachen. Gegebenenfalls<br />
verkaufen und mieten.<br />
Empfehlung<br />
Krisen- und inflationssichere Unternehmen<br />
mit einer soliden Basis in der<br />
eigenen Weltregion. Mindestens 30<br />
Prozent des Gesamtvermögens.<br />
Empfehlung<br />
Auffassungssache. Ich habe keine<br />
Bitcoin. Wenn, dann nur die größten<br />
Kryptos und maximal 5 bis 10 Prozent<br />
Ihres Vermögens.<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
13
Marktkommentar<br />
Goldhausse<br />
– Nutzen Sie die Korrektur als Kaufgelegenheit<br />
Ein Gastbeitrag von Claus Vogt<br />
14 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Marktkommentar<br />
Gold und Silber befinden<br />
sich in einer Hausse. Daran<br />
lassen meine langfristig<br />
orientierten Indikatoren<br />
und Prognosemodelle keine<br />
Zweifel. Sie haben die jüngste Aufwärtswelle<br />
angekündigt und signalisieren erheblich<br />
höhere Kurse.<br />
Bemerkenswerterweise sind es bisher<br />
vor allem asiatische institutionelle Investoren<br />
und Privatanleger, die durch<br />
ihre Käufe für steigende Kurse gesorgt<br />
haben – und weiterhin sorgen werden.<br />
Westliche Anleger sind an dieser<br />
Hausse noch kaum beteiligt. Die steigenden<br />
Kurse sorgen aber dafür, dass<br />
sich das ändern wird.<br />
ERFOLGREICHE TRENDSETTER<br />
KAUFEN BEREITS<br />
Dieser Prozess hat inzwischen begonnen.<br />
Erste Hedgefondsmanager, die aufgrund<br />
ihrer hervorragenden Ergebnisse in den<br />
USA hoch angesehen sind, kaufen bereits<br />
Minenaktien. Dieser erfolgreichen<br />
Vorhut wird die große Masse der Anleger<br />
nach und nach folgen.<br />
Es ist noch früh in diesem jungen Trend.<br />
Warten Sie nicht, bis der Ansturm der<br />
großen Masse erfolgt und Gold in aller<br />
Munde ist, seien Sie stattdessen bei den<br />
Ersten, die den neuen Trend erkennen<br />
und frühzeitig investieren!<br />
NUTZEN AUCH SIE DIE KORREKTUR<br />
ZUM EINSTIEG<br />
Wie Sie auf dem folgenden Chart sehen,<br />
ist der Goldpreis von Mitte Februar<br />
20<strong>24</strong> bis Mitte April um 23 Prozent<br />
gestiegen. Dann hat eine Korrektur<br />
begonnen, mit der die kurzfristig überkaufte<br />
Markttechnik abgebaut wird.<br />
Interessanterweise haben unsere mittelfristig<br />
orientierten Sentiment- und Momentumindikatoren<br />
trotz des schnellen<br />
Kursanstiegs von 23 Prozent keine sehr<br />
hohen Werte erreicht. Das deutet darauf<br />
hin, dass wir es hier nur mit einer<br />
kurzfristigen Verschnaufpause zu tun<br />
Der Autor<br />
Claus Vogt ist Finanzanalyst und Autor<br />
von »Krisensicher Investieren«. Der Gold-<br />
Preisbänder-Indikator dient seinen Prognosen<br />
im Edelmetallsektor.<br />
haben, die Ihnen eine hervorragende<br />
Einstiegsmöglichkeit auf dem weiteren<br />
Weg nach oben bietet.<br />
HERVORRAGENDE MINENAKTIEN<br />
NOCH GÜNSTIG ZU HABEN<br />
Die Gewinne ausgewählter Gold- und<br />
Silberminen werden aufgrund höherer<br />
Edelmetallpreise stark steigen. Dieser<br />
Effekt war im ersten Quartal diesen Jahres<br />
bereits spürbar und wird im zweiten<br />
Quartal erheblich stärker ausfallen.<br />
Stark steigende Unternehmensgewinne<br />
werden die Kurse der empfohlenen<br />
Minenaktien weiter nach oben treiben.<br />
Eine Vervielfachung der Kurse ist im Verlauf<br />
einer Goldhausse keine Seltenheit.<br />
Davon abgesehen hat an der US-Börse<br />
wahrscheinlich eine Baisse begonnen,<br />
die für große Kursrückgänge im Technologiesektor<br />
sorgen wird.<br />
Goldpreis pro Unze in Dollar, 2022 bis 20<strong>24</strong><br />
Nutzen Sie die aktuelle Korrektur zum Einstieg!<br />
Bilder: IMAGO / Westend61 / Panthermedia (Yevgeniy Sam), wirtschaft tv, Grafik: StockCharts.com<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
15
Wissen<br />
Handel im<br />
Wandel<br />
– eine kleine Geschichte<br />
der Wirtschaft und des Geldes<br />
Austausch von Waren in den Fokus.<br />
Dass der Tauschhandel schon damals<br />
das gesellschaftliche Zusammenleben<br />
strukturiert, davon ist der prähistorische<br />
Archäologe Ebbe Nielsen überzeugt:<br />
Einige der importierten Waren hätten<br />
wohl als Statussymbole Verwendung<br />
gefunden, erklärt er in einem wissenschaftlichen<br />
Beitrag zu diesem Thema.<br />
Darüber hinaus sei ein Warenaustausch<br />
teilweise mit dem Ziel der Allianzen-Bildung<br />
verbunden gewesen.<br />
Keine Auskunft hingegen geben die<br />
Quellen über den damaligen Gegenwert<br />
der Objekte. Aussagen hierzu<br />
lassen sich erst mit der Einführung der<br />
Buchhaltung treffen.<br />
Über 220 Kilometer zählt die<br />
Feuersteinstraße zwischen Regensburg<br />
und Prag. Sie gilt als<br />
die älteste Handelsroute Europas;<br />
vor rund 7.000 Jahren<br />
sollen hier jungsteinzeitliche Händler ihre<br />
Waren transportiert haben. Bewiesen ist<br />
dies zwar nicht, doch die Funde legen ein<br />
solches Szenario nahe. Und die Ursprünge<br />
des Handels könnten sogar noch viel<br />
weiter zurückgehen, ergeben sich doch<br />
erste Hinweise auf einen Rohstoffimport<br />
noch in der Altsteinzeit.<br />
SESSHAFT UND VERNETZT:<br />
DAS NEOLITHIKUM<br />
Tatsächlich greifbar allerdings wird der<br />
Handel erst im Neolithikum, erst vor<br />
12.000 Jahren also, ist er doch für die<br />
Sesshaftwerdung essenziell. Von nun<br />
an dreht sich das Leben um Haus- und<br />
Grundbesitz. Darüber hinaus rückt der<br />
DIE ERFINDUNG DES GELDES<br />
In sumerischen Quellen etwa ist die Verwendung<br />
von Gerste als Zahlungsmittel<br />
belegt. Anderswo übernehmen Kaurimuscheln<br />
diese Funktion – mit Erfolg: Die Verwendung<br />
des sogenannten Muschelgelds<br />
lässt sich bis ins 20. Jahrhundert hinein<br />
nachweisen. Auf ein Edelmetall hingegen<br />
vertraut man wohl erstmals in Mesopotamien:<br />
8,33 Gramm Silber entsprechen<br />
hier einem Schekel. Der Schritt zur ersten<br />
Münze erscheint klein, doch tatsächlich<br />
treten solche Funde erst ab dem 7. Jahrhundert<br />
vor Christus auf. Als Urheber dieser<br />
Innovation gelten lyrische Herrscher<br />
wie etwa Alyattes II. Dessen Münzprägung<br />
erfolgt zunächst auf Elektron, einer<br />
Legierung aus Silber und Gold. Goldmünzen<br />
kommen wohl erst während der<br />
Herrschaft des Krösus in Umlauf – einem<br />
Mann, der bis heute für seinen Reichtum<br />
bekannt ist. Dass das Lyder-Reich kurz<br />
darauf untergeht, bedeutet keineswegs<br />
das Aus für die Münze, die nun vor allem<br />
im Mittelmeerraum ihren Siegeszug antritt.<br />
Hier sind es insbesondere die Römer,<br />
die erkennen, wie sehr eine weitgehend<br />
einheitliche Währung den Handel vereinfacht.<br />
Mit ihrem Denarsystem und einem<br />
großflächigen Ausbau des Straßen- und<br />
Wegenetzes, weiten sie in kurzer Zeit ihr<br />
Weltreich und ihre Wirtschaftsmacht aus.<br />
[...] insbesondere die<br />
Römer erkennen, wie<br />
sehr eine einheitliche<br />
Währung den<br />
Handel vereinfacht.<br />
16 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Wissen<br />
Bilder: IMAGO / blickwinkel / Artokoloro / Rüdiger Wölk<br />
EIN NEUANFANG AB DEM<br />
MITTELALTER<br />
Erst der Untergang des Römischen Reiches<br />
läutet die vorläufige Reduktion der<br />
Münzprägung und ein erneutes Aufblühen<br />
des Tauschhandels ein. Es beginnt<br />
eine Umbruchphase, die in ihren Einzelheiten<br />
nicht erschlossen ist. Ab dem 7.<br />
Jahrhundert beginnt der Warenhandel<br />
allerdings erneut zu expandieren. In<br />
der kurz darauf anbrechenden und als<br />
Kommerzielle Revolution bekannten<br />
Blütezeit entstehen sowohl das Bankund<br />
Kredit- als auch das Versicherungswesen<br />
– vor allem aber gewinnen die<br />
Händler an Bedeutung, die sich zu Gilden<br />
zusammenschließen. Was zunächst<br />
dem Schutz der Mitglieder dient, wird<br />
immer mehr zum Zentrum von Ansehen<br />
und politischer Macht; eine Entwicklung,<br />
durch die das wohl bekannteste<br />
Bündnis des Mittelalters entsteht: die<br />
Hanse. Hamburg und Lübeck heißen<br />
dabei die Städte, die nun die Basis für<br />
einen reibungslosen Seehandel legen<br />
– ihrem Beispiel werden weitere Mitglieder<br />
folgen. Bis zum 17. Jahrhundert<br />
wird die Hanse ihre Macht über weite<br />
Teile der Nord- und Ostsee ausgedehnt<br />
haben und weit über 100 Städte zählen;<br />
die große Anzahl erschwert allerdings<br />
die Entscheidungsfindung zunehmend<br />
und auch das Interesse der beteiligten<br />
Städte schwinden lässt. Der Verfall des<br />
einst so einflussreichen Zusammenschlusses<br />
erfolgt schleichend, aber beharrlich:<br />
1669 kommt es zum vorläufig<br />
letzten Hansetag.<br />
DIE INDUSTRIALISIERUNG<br />
ROLLT HERAN<br />
Die weltweiten Handelsströme reißen<br />
nicht ab. Ein Treiber ist der Kolonialismus,<br />
der ab dem 15. Jahrhundert seine Fühler<br />
ausstreckt. Bald schon floriert der Handel<br />
mit exotischen Stoffen, Gewürzen und<br />
Tieren – vor allem aber mit Sklaven. Über<br />
zehn Millionen Personen fallen schätzungsweise<br />
zwischen dem 15. und dem<br />
19. Jahrhundert dem Menschenhandel<br />
zum Opfer. Die daran anschließende Zeit<br />
der Industrialisierung ist vor allem durch<br />
Innovationen geprägt, die die weltweite<br />
Vernetzung weiter antreiben. Um 1765<br />
entsteht die Spinning Jenny, eine Maschine,<br />
welche die Textilherstellung erheblich<br />
erleichtert und damit den Weg für die Fabrikproduktion<br />
ebnet – fast zeitgleich mit<br />
der Erfindung der Dampfmaschine. Plötzlich<br />
lassen sich nicht nur Waren schnell<br />
transportieren, sondern auch produzieren.<br />
Arbeitsplätze werden geschaffen, die<br />
Bevölkerungszahlen steigen und die Wirtschaft<br />
wächst. Zwischen 1836 und 1913<br />
klettert etwa der Import von Rohbaumwolle<br />
von 206 auf 940 Tausend Tonnen,<br />
mit dem Export der hieraus gefertigten<br />
Textilien, stärkt das Vereinigte Königreich<br />
seinen Status als Handelsmacht; ein Beispiel<br />
für die immer tiefgreifendere Vernetzung<br />
mit anderen Nationen, die durch den<br />
ersten Weltkrieg jäh durchbrochen wird.<br />
DIE GLOBALISIERUNG<br />
– EIN ANDAUERNDER PROZESS<br />
»Ich bezahle lieber zehn Millionen Mark,<br />
wenn ich dadurch einen Krieg vermeiden<br />
kann«, soll Robert Bosch einmal gesagt<br />
haben. Und tatsächlich stellt der Krieg<br />
die wirtschaftlichen Beziehungen in Frage<br />
– der Protektionismus greift um sich,<br />
Lieferketten brechen zusammen und Firmen<br />
werden insolvent. Nach dem Ende<br />
des zweiten Weltkriegs lebt der internationale<br />
Handel wieder verstärkt auf; eine<br />
Entwicklung, die in Europa insbesondere<br />
durch die Gründung der Europäischen<br />
Gemeinschaft für Kohle und Stahl, einem<br />
EU-Vorgänger, gestärkt werden soll. In<br />
dieser Zeit kommt es auch in der Logistik<br />
zu gravierenden Veränderungen: Der<br />
Gütertransfer in Containern erweist sich<br />
als derart effizient, dass sogar von einer<br />
Containerrevolution gesprochen wird.<br />
Und damit nicht genug, dringt doch nur<br />
kurz darauf der Computer in die Arbeitswelt<br />
ein; eine Innovation, die auch Konsequenzen<br />
für den Handel nach sich zieht.<br />
Ab jetzt sprechen Experten von einer<br />
weiteren Globalisierungsphase, die durch<br />
eine zunehmende Marktliberalisierung<br />
charakterisiert ist – eine zunächst erfolgreich<br />
scheinende Entwicklung.<br />
Und doch haben die vergangenen Jahre<br />
gezeigt, wie fragil das heutige von<br />
internationalen Abhängigkeiten und<br />
Der Gütertransfer in<br />
Containern erweist<br />
sich als derart effizient,<br />
dass sogar<br />
von einer Containerrevolution<br />
gesprochen<br />
wird.<br />
Just-in-Time-Produktionen geprägte Vorgehen<br />
ist. In der Pandemie etwa blieben<br />
die Regale zeitweise leer und der Russland-<br />
Ukraine-Krieg führte zum Einbruch von<br />
Handelsströmen. Wie sich die internationalen<br />
Beziehungen in Zukunft entwickeln<br />
werden, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen,<br />
denkbar wäre aber eine Rückbesinnung<br />
auf materielle Güter: Schließlich genügt<br />
bereits ein Blick in die Geschichte, um<br />
festzustellen, dass Edelmetalle und Immobilien<br />
bereits seit Jahrtausenden zur Vermögenssicherung<br />
eingesetzt werden. Da<br />
ist es nicht verwunderlich, dass die 2020er-<br />
Jahre bereits sowohl von Finanzexperten<br />
wie Marc Friedrich als auch durch Investoren<br />
wie Robert C. Spies als ein »Jahrzehnt<br />
der Sachwerte« bezeichnet werden. AS<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
17
Börse<br />
Börsenexpertin und Buchautorin<br />
Jessica Schwarzer.<br />
18<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Börse<br />
Anlegen?<br />
Nur mit Strategie!<br />
Jessica Schwarzer im Interview über die Notwendigkeit<br />
einer passenden Anlagestrategie<br />
Erfahrungsgemäß führen viele<br />
Wege zum Ziel – das gilt auch<br />
für die Börse. Börsen-Expertin<br />
Jessica Schwarzer kennt sich<br />
mit den verschiedenen Anlagestrategien<br />
aus und weiß, wie<br />
schwierig es sein kann, die richtige<br />
für sich zu finden. Deswegen gibt<br />
sie in ihrem Buch »Erfolgreich investieren<br />
mit den besten Börsenstrategien«<br />
Tipps, wie Anleger am effektivsten<br />
ihr Geld vermehren können.<br />
Im Interview verrät sie außerdem,<br />
welche Fehler sie selbst anfangs gemacht<br />
hat und was für sie ein »nachhaltiges«<br />
Investment bedeutet.<br />
Frau Schwarzer, Frauen haben es bekanntlich<br />
schwerer im Beruf als Männer.<br />
Ist das auch an der Börse so?<br />
Werden weibliche Anleger weniger<br />
ernst genommen als männliche?<br />
Das glaube ich eigentlich nicht. Ich habe<br />
es zumindest so noch nicht erlebt. Fakt<br />
ist aber, dass sehr viel weniger Frauen<br />
als Männer an der Börse aktiv sind.<br />
Welche Fehler haben Sie früher an<br />
der Börse gemacht? Was konnten Sie<br />
daraus für sich lernen?<br />
Jeden Fehler, den man machen konnte,<br />
glaube ich. Ich habe auf Einzelaktien gesetzt,<br />
ich habe gezockt wie verrückt, hatte<br />
keine Strategie, war gierig und habe<br />
sogar Produkte gekauft, die ich damals<br />
noch gar nicht verstanden habe. Es war<br />
die Zeit des Neuen Marktes. Damals,<br />
um die Jahrtausendwende, haben viele<br />
Menschen die Börse mit einem Casino<br />
verwechselt und es bitter bereut.<br />
Auch ich habe mein Lehrgeld gezahlt<br />
und viel Geld verloren. Die dicken<br />
»Damals, um die Jahrtausendwende, haben viele<br />
Menschen die Börse mit einem Casino verwechselt<br />
und es bitter bereut.«<br />
– JESSICA SCHWARZER<br />
Bilder: Olaf Rayermann, Depositphotos / minervastock<br />
Wenn sie aber in Aktien investieren,<br />
dann erzielen sie oft die etwas besseren<br />
Renditen. Das liegt daran, dass sie intuitiv<br />
viel richtig machen. Sie investieren<br />
langfristig: Sie streuen das Risiko breit<br />
über börsengehandelte Indexfonds, also<br />
ETFs, und aktiv gemanagte Fonds. Und<br />
sie verfolgen dabei eine Strategie. Das<br />
mag ein bisschen langweilig sein. Damit<br />
vermeiden sie aber jede Menge Fehler.<br />
Das gilt aber natürlich nicht für jede<br />
Frau, dafür war ich in meinen ersten<br />
Börsenjahren das beste Beispiel.<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
19
Börse<br />
Gewinne waren plötzlich futsch. Ich<br />
habe viel daraus gelernt, investiere<br />
heute ganz anders, nämlich mit Strategie,<br />
breiter Risikostreuung und sehr,<br />
sehr langfristig. Höhere Risiken gehe<br />
ich nur noch im Spielgeld-Depot ein,<br />
mit kleinen Summen.<br />
»Erfolgreich investieren mit den<br />
besten Börsenstrategien«<br />
von Jessica Schwarzer<br />
304 Seiten<br />
Erschienen: März 20<strong>24</strong><br />
FinanzBuch Verlag<br />
ISBN: 978-3-959-72772-3<br />
Was braucht ein Anleger, um erfolgreich<br />
zu sein?<br />
Eigentlich gar nicht so viel: ein solides<br />
Grundwissen über Wirtschaft, Finanzen<br />
und die Börse, eine Strategie, die<br />
auch ganz einfach sein kann, und einen<br />
langen Atem.<br />
»Wenn wir ehrlich sind, mangelt es nicht nur an<br />
finanzieller Bildung; sie existiert fast nicht<br />
– zumindest nicht in den Lehrplänen der Schulen.«<br />
– JESSICA SCHWARZER<br />
Das mag banal klingen, aber sehr viel<br />
mehr ist es nicht. Das nötige Wissen<br />
können Sie sich in den Medien, in Büchern,<br />
Seminaren oder Masterclasses<br />
aneignen. Das Angebot wird immer<br />
größer und immer besser.<br />
In Ihrem Buch schreiben Sie darüber,<br />
dass es Deutschland an finanzieller<br />
Bildung fehlt. Wie könnte diese Ihrer<br />
Meinung nach aussehen?<br />
Wenn wir ehrlich sind, mangelt es nicht<br />
nur an finanzieller Bildung; sie existiert<br />
fast nicht – zumindest nicht in den<br />
Lehrplänen der Schulen. Ich plädiere<br />
seit vielen Jahren für ein Schulfach<br />
»Wirtschaft und Finanzen«.<br />
Wir werden zu kleinen Sparern und<br />
Sparerinnen erzogen, was ja grundsätzlich<br />
nicht schlecht ist. Aber wie man<br />
investiert, wie man wirklich Vermögen<br />
aufbaut und das mit ganz einfachen<br />
Strategien – das müssen wir uns selbst<br />
aneignen. Oder wir haben Glück und<br />
unsere Eltern sind Aktionäre. Aktien, Anleihen,<br />
Börse? In der Schule habe ich von<br />
alldem nichts gehört.<br />
Sie schreiben ebenso von »Nachhaltigkeit«<br />
in der Geldanlage. Was<br />
macht für Sie ein »nachhaltiges«<br />
Investment aus?<br />
20 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
»Am einfachsten nähert man sich dem Thema<br />
über Ausschlusskriterien. Was will ich, was will<br />
ich auf keinen Fall, was kann ich gerade noch<br />
akzeptieren?«<br />
– JESSICA SCHWARZER<br />
Bild: Depositphotos / ipopba, Cover: FinanzBuch Verlag<br />
Das ist eine gute Frage, die so einfach<br />
nicht zu beantworten ist, denn es gibt<br />
keine allgemeingültige Definition von<br />
Nachhaltigkeit. Am einfachsten nähert<br />
man sich dem Thema über Ausschlusskriterien.<br />
Was will ich, was will ich auf<br />
keinen Fall, was kann ich gerade noch<br />
akzeptieren? Waffen? Atomkraft?<br />
Kohle? Glücksspiel?<br />
Es ist leider alles nicht ganz so einfach.<br />
Wer in ETFs investieren möchte, findet<br />
für den MSCI World gleich mehrere Varianten<br />
mit verschiedenen Ausschlüssen.<br />
ESG? ESG Leader? ESG screened?<br />
MSCI World Low Carbon? Die strengste<br />
– die »dunkelgrüne« – Variante wäre<br />
der MSCI World SRI – mit den meisten<br />
Ausschlüssen. Ich persönlich bin allerdings<br />
nicht so streng; auch weil es<br />
die Indizes, auf die ich via ETF setzen<br />
möchte, nicht alle in einer grünen Variante<br />
gibt. Aber die ETF-Emittenten<br />
stellen ihre Produkte nach und nach<br />
um. So wird auch mein Depot grüner.<br />
In welchen Märkten sehen Sie<br />
zukünftig die größten Chancen für<br />
Anleger?<br />
Aktien sind langfristig die renditestärkste<br />
Anlageklasse überhaupt. Und<br />
sie werden es auch bleiben – allen Korrekturen<br />
und sogar Crashs zum Trotz.<br />
Wichtig ist dabei aber der lange Anlagehorizont<br />
und die breite Risikostreuung.<br />
Ich persönlich mag Qualitätsaktien,<br />
Dividendentitel, allerdings auch<br />
Nebenwerte. Aber auch Anleihen mit<br />
guter bis sehr guter Bonität gehören als<br />
Ruhekissen in jedes Depot. LT<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Wissen<br />
Welcome<br />
to Dubai!<br />
Von der Wüstenstadt<br />
zum Investoren-Mekka<br />
Adam Kumar und Jake Matthews-Hubbard<br />
sind zwei der<br />
Protagonisten der BBC-Serie<br />
»Dubai Hustle«. Wenn die<br />
Makler in den Vereinigten<br />
Arabischen Emiraten Immobilien verkaufen,<br />
sehen rund zwei Millionen Zuschauer<br />
zu. Das boomende Geschäft mit dem<br />
Luxus fasziniert – und es kommt nicht<br />
von ungefähr, denn Dubai ist eine der<br />
weltweit am schnellsten wachsenden<br />
Metropolen. Besonders Unternehmer<br />
und Celebrities zieht es hierhin. Warum?<br />
Das haben wir uns genauer angesehen.<br />
DUBAI – DIE EVOLUTION<br />
EINER MEGACITY<br />
67 Liegeplätze zählt der Jebel Ali, der als<br />
der größte künstliche Hafen der Welt gilt.<br />
Er ist nicht der einzige Superlativ, den<br />
Dubai zu bieten hat: Seit 2010 steht hier<br />
das höchste Gebäude der Welt – der Burj<br />
Khalifa, der mit seinen fast 830 Metern<br />
zahlreiche Touristen in das Emirat und<br />
die gleichnamige Stadt lockt und der gemeinsam<br />
mit anderen prestigeträchtigen<br />
Bauwerken, Shoppingmeilen und internationalen<br />
Modeschauen immer mehr<br />
zum Aushängeschild einer glamourösen<br />
Metropole wird.<br />
Dubai ist sowohl die Stadt der Reichen<br />
und Schönen als auch der Geschäftsleute<br />
– so präsentiert sie sich jedenfalls in<br />
Werbespots und auf Social Media; ein<br />
eindrucksvolles, aber noch sehr junges<br />
Image. Denn erst der Ölboom der 60erund<br />
70er-Jahre ließ das ehemals auf die<br />
Perlenfischerei spezialisierte Städtchen<br />
22 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Wissen<br />
Bild: IMAGO / Jochen Tack<br />
zu einem internationalen Handelszentrum<br />
werden – eine Entwicklung, die<br />
noch lange nicht abgeschlossen ist: Bis<br />
2040 soll die Einwohnerzahl um weitere<br />
zwei Millionen auf insgesamt 5,8 Millionen<br />
Menschen anwachsen, so geht es<br />
aus Medienberichten hervor.<br />
Ein keinesfalls verwegenes Ziel; ist Dubai<br />
doch bereits jetzt dank seiner Skyline<br />
und weiterer imposanter Architektur<br />
ganz oben auf der Liste der Städte mit<br />
den bekanntesten Sehenswürdigkeiten<br />
und beliebtesten Instagram-Motiven.<br />
Dass es sich als Influencer lohnen kann,<br />
in dieser pulsierenden Region zu leben<br />
und zu arbeiten, erklärt sich von selbst.<br />
»Hamburg ist eine geile Stadt, aber in<br />
den letzten Jahren wurden mir so viele<br />
Steine in den Weg gelegt, dass ich mich<br />
rauskämpfen musste«, begründete<br />
etwa YouTube-Star Simon Desue im Jahr<br />
2019 die Verlagerung seines Lebensmittelpunkts<br />
in die wohl bekannteste City<br />
der VAE: »(In Deutschland) wurde mir<br />
die Freiheit genommen, meine Videos<br />
so zu drehen, wie ich möchte«, erklärte<br />
er damals – eine Aussage, mit der<br />
er wohl auf die hierzulande langsamen<br />
und damit wenig unternehmerfreundlichen<br />
Strukturen anspielte. Mit dieser<br />
Ansicht befindet sich das Gesicht der<br />
Realityserie »Dubai Diaries« in guter Gesellschaft,<br />
denn auch wenn der Dubai-<br />
Hype seiner Influencer-Kollegen etwas<br />
abzuebben scheint, kann dies nicht darüber<br />
hinwegtäuschen, dass die künstlich<br />
anmutende City schon jetzt zum<br />
Sehnsuchtsort geworden ist.<br />
KAUM STEUERN, DAFÜR IMMOBI-<br />
LIEN: DIE GRÜNDE FÜR DEN BOOM<br />
Dabei ist es nicht nur die Aussicht auf<br />
einen unbürokratischen Lebensstil und<br />
das Erschließen neuer Geschäftsfelder,<br />
die Selbstständige, Führungskräfte und<br />
weitere ambitionierte Menschen dazu<br />
bringt, ihren Standort nach Dubai zu<br />
verlegen, denn die Stadt lockt zusätzlich<br />
mit handfesten Vorteilen. Wer Dubai<br />
zum Businessstandort erklärt, profitiert<br />
nämlich nicht nur von einer modernen<br />
Infrastruktur, sondern kann zudem eine<br />
ganze Menge sparen: Auch wenn die<br />
Vereinigten Arabischen Emirate im vergangenen<br />
Jahr hinsichtlich ihrer Körperschaftssteuer<br />
von der Null-Prozent-Regelung<br />
abgerückt sind, ist diese nach wie<br />
vor um einiges geringer angesetzt als<br />
beispielsweise in Deutschland.<br />
Darüber hinaus gibt es in Dubai sogar<br />
Unternehmen, die von dieser Steuerpflicht<br />
ausgenommen sind. Dazu zählen<br />
etwa kleine Betriebe sowie Start-ups,<br />
deren Jahresumsatz einen Betrag von<br />
1.000.000 AED, also umgerechnet rund<br />
252.000 Euro, nicht übersteigt. Auch die<br />
Umsatzsteuer fällt mit fünf Prozent außerordentlich<br />
niedrig aus; besonders im Vergleich<br />
mit Deutschland, wo ein Steuersatz<br />
von bis zu 19 Prozent erhoben wird – und<br />
eine Einkommenssteuer für Privatpersonen,<br />
welche hierzulande bis zu 42 Prozent<br />
betragen kann, entfällt in Dubai ohnehin.<br />
Bei diesen Voraussetzungen ist es kein<br />
Wunder, dass Dubai nicht nur den Ruf<br />
einer Steueroase genießt, sondern sich<br />
auch als Businessstandort für international<br />
agierende Firmen etabliert hat. So<br />
kommt es, dass das Emirat mittlerweile<br />
eine Ausländerquote von 90 Prozent<br />
Bei diesen Voraussetzungen<br />
ist<br />
es kein Wunder,<br />
dass Dubai nicht<br />
nur den Ruf einer<br />
Steueroase genießt,<br />
sondern<br />
sich auch als<br />
Businessstandort<br />
für international<br />
agierende Firmen<br />
etabliert hat.<br />
aufweist; eine weltweit einzigartige Entwicklung<br />
– und eine, die vor allem die<br />
Immobilienbranche befeuert: Im Verlauf<br />
des Jahres 2023 habe der Verkauf von<br />
Häusern und Wohnungen nochmals um<br />
knapp 50 Prozent zugelegt; es seien somit<br />
Immobilien im Wert von umgerechnet<br />
80,04 Milliarden Euro verkauft worden,<br />
heißt es im aktuellen Marktbericht<br />
von Engel & Völkers.<br />
Auch die weiteren Erhebungen lassen<br />
keinen Zweifel an einer Immobilienhausse<br />
im Emirat zu: Die durchschnittlichen<br />
Villenpreise etwa hätten sich von<br />
1,9 auf 2,4 Millionen Euro erhöht; ein<br />
Trend, der auf den limitierten Bestand<br />
an bezugsfertigen Objekten zurückzuführen<br />
sei, wie Daniel Hadi – seines Zeichens<br />
CEO von Engel & Völkers Dubai<br />
– analysiert. Dass nur ein kleiner Teil der<br />
zum Verkauf stehenden Objekte bezugsfertig<br />
ist, kurbelt den sogenannten Off-<br />
Plan-Markt wohl noch zusätzlich an: Die<br />
Nachfrage von Immobilien, die bislang<br />
nur auf dem Reißbrett existieren, hat im<br />
Verlauf des vergangenen Jahres ebenfalls<br />
deutlich angezogen. »Der Markt wächst<br />
rasant und erschließt ständig neues Renditepotenzial.<br />
Zahlreiche visionäre Immobilienprojekte<br />
machen Dubai spannend<br />
und zukunftsfähig«, begründet Hadi das<br />
sichtlich steigende Interesse ausländischer<br />
Investoren an Dubais Immobilien.<br />
BUSINESS-METROPOLE<br />
DER ZUKUNFT?<br />
Und so scheint es, als sei die Geschichte<br />
Dubais eine Geschichte großer Erfolge<br />
in kurzer Zeit. Doch ist dieser Trend<br />
von Dauer? Zwar nennt die Webseite<br />
des Emirats die Region einen »starke(n)<br />
Wachstumsmarkt«, dessen Wirtschaft<br />
zu den diversifiziertesten weltweit gehöre,<br />
allerdings regt sich bereits seit einiger<br />
Zeit Kritik der aufstrebenden Metropole.<br />
Insbesondere die Politik rückt dabei<br />
immer wieder in den Fokus: Hinter der<br />
weltoffenen Fassade, so heißt es, würden<br />
traditionalistische Strukturen sichtbar;<br />
Human-Rights-Organisationen wie<br />
Amnesty International sprechen sogar<br />
von Menschenrechtsverletzungen. Doch<br />
solche Vorwürfe haben der Wirtschaft<br />
bislang nur wenig anhaben können,<br />
ganz im Gegenteil: Im Jahr 20<strong>24</strong>, in<br />
einer Zeit also, in der viele Länder mit<br />
einem konjunkturellen Abschwung und<br />
einer bröckelnden Immobilienwirtschaft<br />
kämpfen, soll das BIP der Vereinigten<br />
Arabischen Emirate um etwa drei Prozent<br />
steigen; ein Aufschwung, an dem<br />
Dubai nach eigenen Aussagen einen<br />
beträchtlichen Anteil hat und diesen<br />
Vorteil will das Emirat ganz offensichtlich<br />
zu seinen Gunsten nutzen: Weitere<br />
Prestigeprojekte, etwa die Errichtung<br />
des größten Flughafens der Welt, stehen<br />
jedenfalls bereits in den Startlöchern.<br />
Da ist es nicht überraschend, dass der<br />
Vizepräsident der Vereinigten Arabischen<br />
Emirate und Herrscher von Dubai,<br />
Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum,<br />
selbstbewusst und optimistisch in<br />
die Zukunft blickt: »Dubai wird sich nie<br />
mit weniger als dem ersten Platz zufriedengeben«,<br />
erklärt er auf dem offiziellen<br />
Portal des Emirats – und fasst damit eine<br />
Zukunftsvision in Worte, die angesichts<br />
des ungeheuren wirtschaftlichen Ehrgeizes<br />
Dubais wohl niemanden mehr zu<br />
verwundern vermag. AS<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
23
Wissen<br />
»Geld VERDIRBT<br />
den CHARAKTER«<br />
– Alles nur ein Mythos?<br />
Auszug aus dem Buch »›Geld interessiert mich einfach nicht‹<br />
– Bullshitsätze über Finanzen und wie du dich von ihnen befreist«<br />
von Astrid Zehbe und Daniela Meyer<br />
<strong>24</strong> <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Wissen<br />
Im Originaltext des Buches werden<br />
Genderzeichen verwendet, die wir<br />
hier im Abdruck unverändert belassen.<br />
Bilder: IMAGO / ZUMA Wire (Billy Bennight) / UPI Photo<br />
Für Millionen Menschen weltweit<br />
war er ein Vorbild, eine Quelle der<br />
Inspiration: Apple-Gründer Steve<br />
Jobs. Der 2011 verstorbene Unternehmer<br />
prägte mit seinen zukunftsweisenden<br />
Visionen die Techszene,<br />
ja, im Grunde die Menschheit. Selbst<br />
im hintersten Winkel der Erde kennt man<br />
Apple, die wohl einflussreichste Technologiefirma<br />
und das zeitweise wertvollste<br />
Unternehmen der Welt. Ob man es nun<br />
fantastisch oder furchtbar findet: Jobs’<br />
Innovationen haben unser Leben und<br />
unsere Gewohnheiten geprägt und revolutioniert.<br />
In den Listen der reichsten,<br />
mächtigsten und einflussreichsten Menschen<br />
war er zu Lebzeiten stets ganz vorne<br />
mit dabei. Sein Vermögen wurde kurz<br />
vor seinem Tod auf mehr als zehn Milliarden<br />
Dollar geschätzt. Kein Wunder also,<br />
dass Unzählige seinem Managementgeschick<br />
und seiner Geschäftstüchtigkeit<br />
bis heute nacheifern.<br />
IDOL UND EGOMANE<br />
Das ist die eine Seite von Steve Jobs – die<br />
visionäre, schillernde, bewundernswerte.<br />
Doch Jobs war nicht nur der charismatische<br />
Unternehmer mit genialen Ideen.<br />
Viele der Menschen, die mit ihm arbeiteten,<br />
lernten auch seine andere Seite<br />
kennen – die eines »Arschlochs«, wie<br />
Walter Isaacson in seiner Biografie Steve<br />
Jobs schreibt. Das Wirtschaftsmagazin<br />
Fortune betitelte Jobs einst als einen der<br />
»führenden Egomanen des Silicon Valley«.<br />
Carol Lee Sculley, die Ehefrau von<br />
John Scully, der Apple zwischen 1983<br />
und 1993 als CEO führte und später von<br />
Jobs‘ Freund zu seinem Feind wurde,<br />
sparte ebenfalls nicht mit scharfer Kritik,<br />
als sie zu ihm sagte: »Wenn ich dir in die<br />
Augen blicke, sehe ich einen bodenlosen<br />
Abgrund, ein schwarzes Loch, Leere.«<br />
Moral und Anstand – so scheint es –<br />
waren Steve Jobs nicht in allen, aber in<br />
manchen Lebenslagen fremd. Er lebte<br />
und agierte nach seinen eigenen Gesetzen,<br />
nach seinen eigenen ethischen Werten,<br />
und war vielleicht gerade deshalb so<br />
erfolgreich. Nach außen, so werfen es<br />
Kritiker:innen ihm vor, sah man die smarte<br />
Selbstinszenierung eines Narzissten,<br />
der Mitarbeitende hinter geschlossenen<br />
Türen regelmäßig als »fucking dickless<br />
assholes« oder ähnlich beschimpfte, eiskalt<br />
Ideen klaute oder kopierte und für<br />
seinen Jähzorn gefürchtet war.<br />
Klar, könnte man da schnell denken,<br />
Geld verdirbt eben den Charakter. Die<br />
In einigen Kreisen gilt das Image des<br />
erfolgreichen, aber unerbittlichen<br />
reichen Arschlochs sicherlich als cool<br />
und erstrebenswert.<br />
Idee, dass Reichtum – egal, ob schon<br />
lange vorhanden oder frisch verdient<br />
– Menschen in egoistische Roboter verwandelt,<br />
ist schließlich weit verbreitet.<br />
Geschichten von maßloser Gier, die Hand<br />
in Hand geht mit der Ethik eines hungrigen<br />
Hyänenrudels, gibt es zuhauf. Steve<br />
Jobs ist da noch eines der harmloseren<br />
Beispiele, wenn man bedenkt, wer bis<br />
2021 Präsident der USA war.<br />
REICH GLEICH RAFFGIERIG?<br />
Reiche Menschen gelten vielen als unmoralisch<br />
und egoistisch, denn wie hätten<br />
sie es sonst geschafft, so viel Geld<br />
anzuhäufen? Entweder man hat geerbt,<br />
musste also noch nie auch nur einen<br />
Finger für seine Reichtümer krumm machen<br />
und weiß den wahren Wert harter<br />
Arbeit nicht im Entferntesten zu schätzen,<br />
oder man schafft es von selbst,<br />
dann aber nur auf dem Rücken anderer,<br />
mit unlauteren, wenn nicht gar kriminellen<br />
Mitteln – so die Vorurteile. Klar, dass<br />
man nicht mit derartigen Charakteren in<br />
einen Topf geworfen werden möchte.<br />
Niemand will als fauler oder skrupelloser<br />
Fiesling gelten, oder sagen wir: die wenigsten.<br />
In einigen Kreisen gilt das Image<br />
des erfolgreichen, aber unerbittlichen<br />
reichen Arschlochs sicherlich als cool<br />
und erstrebenswert. Genie und Wahnsinn,<br />
Genialität und Zorn, Ideenreichtum<br />
und schlechte Manieren gehören zusammen.<br />
Wer beruflich genial ist, wer reich<br />
ist, darf sich anderen gegenüber benehmen,<br />
wie es ihm passt. Er oder auch sie<br />
kann es sich – im wahrsten Sinne des<br />
Wortes – leisten. So beispielsweise auch<br />
der aktuell reichste Mensch der Welt,<br />
Elon Musk, der sich gerne inszeniert, als<br />
könne er auf Wasser gehen. Die einen<br />
finden das verehrenswert, die anderen<br />
einfach nur abstoßend.<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
25
Wissen<br />
Geld an und für sich ist also nicht die<br />
Ursache allen Übels, es verdirbt auch<br />
nicht per se den Charakter.<br />
Wie schon gesagt, die wenigsten Menschen<br />
möchten dahingehend auffallen –<br />
schon gar nicht negativ. Sie wollen nicht<br />
als vermeintliche Kapitalistenschweine<br />
oder reiche Egozentriker:innen am Pranger<br />
stehen oder auf ihren Reichtum reduziert<br />
werden. Und sich auch nicht für<br />
ihren Reichtum rechtfertigen müssen.<br />
Darum verschweigen viele ihr Geld, ihre<br />
Immobilien und andere Besitztümer. Der<br />
im Einstiegskapitel diskutierte Satz Ȇber<br />
Geld spricht man nicht« findet in diesem<br />
Kontext gerne Anwendung. Denn die<br />
Furcht, aufgrund seines Vermögens als<br />
schlechter Mensch abgestempelt zu werden,<br />
scheint nicht ganz aus der Luft gegriffen,<br />
wenn man sich die Studienlage<br />
ansieht. Tatsächlich haben US-Forschende<br />
in Experimenten herausgefunden,<br />
dass Reiche unehrlicher sind als Menschen,<br />
die weniger Geld besitzen. So<br />
verhielten sich diese im Straßenverkehr<br />
unfairer, betrogen ihre Mitspieler:innen<br />
häufiger in einem Wettbewerb, bei dem<br />
man Geld gewinnen konnte, und futterten<br />
sogar Kindern bei einem Experiment<br />
die Süßigkeiten weg. Kurzum: Die Gier<br />
war größer als die Moral! Und Gier gilt<br />
seit jeher als wesentlicher Faktor für unethisches<br />
Verhalten. Schon die antiken<br />
Philosophen Platon und Aristoteles sahen<br />
in ihr die Wurzel der persönlichen Unmoral<br />
und argumentierten, dass Gier das<br />
Verlangen nach materiellem Gewinn auf<br />
Kosten ethischer Normen antreibt. Gier<br />
führt dazu, dass sich Menschen weniger<br />
Gedanken darüber machen, wie sich das<br />
eigene Verhalten auf ihre Mitmenschen<br />
auswirkt, und motiviert zu häufigerem<br />
unethischen Handeln – vor allem dann,<br />
wenn es vom Umfeld geduldet, ja, womöglich<br />
sogar bewundert und auch als<br />
Antrieb für Großtaten gesehen wird.<br />
Forscher:innen gingen daher der Frage<br />
nach, ob Angehörige höherer sozialer<br />
Schichten womöglich deshalb tendenziell<br />
unmoralischer agierten, weil es in<br />
ihrem Umfeld als weniger verwerflich<br />
angesehen wird, eine gewisse Gier an<br />
den Tag zu legen. Übertrieben gesagt:<br />
Wo andere noch mit ihren negativen<br />
Glaubenssätzen kämpfen und es darum<br />
nicht schaffen, ihr Geld sinnvoll<br />
anzulegen, haben diese Menschen positive<br />
Glaubenssätze bereits verinnerlicht<br />
und glauben daran, dass diese (ihren)<br />
Erfolg erst möglich gemacht haben.<br />
Die These wird dadurch gestützt, dass<br />
die Proband:innen in einem Experiment<br />
zunächst drei positive Eigenschaften<br />
von Gier aufzählen sollten. Die Wahrnehmung<br />
der Proband:innen wurde<br />
damit ins Positive verschoben. In einem<br />
anschließenden weiteren Teil des Experiments<br />
verhielten sie sich deutlich unfairer<br />
und eigennütziger als zuvor. »Das<br />
lässt vermuten, dass Individuen höherer<br />
und niedrigerer Schichten sich nicht unbedingt<br />
in ihrer Fähigkeit unterscheiden,<br />
sich unethisch zu benehmen, sondern<br />
vielmehr in ihrer Tendenz, dies auch zu<br />
tun«, heißt es in der Studie.<br />
VERMÖGEN VERPFLICHTET<br />
Geld an und für sich ist also nicht die Ursache<br />
allen Übels, es verdirbt auch nicht<br />
per se den Charakter. Aber es bringt<br />
zum Vorschein oder verstärkt, was an<br />
Charakterzügen bereits vorhanden ist<br />
– im Guten wie im Schlechten sowie in<br />
Abhängigkeit von den Menschen, mit<br />
denen man sich umgibt, dem jeweiligen<br />
sozialen Umfeld und den Regeln<br />
und Werten, die dort gelten. Wenn jemand<br />
bereits großzügig und fürsorglich<br />
ist, kann Wohlstand dazu führen, dass<br />
diese Person ihre Großzügigkeit in philanthropischen<br />
Bemühungen ausdrückt<br />
– vor allem dann, wenn das Umfeld dies<br />
26 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Wissen<br />
Bilder: IMAGO / ABACAPRESS (Blondet Eliot) / UPI Photo, Depositphotos / halfpoint, Cover: EMF Verlag<br />
vielleicht auch tut. Umgekehrt könnte<br />
Geld eine egoistische oder rücksichtslose<br />
Person dazu verleiten, diese Eigenschaften<br />
auszuleben – verstärkt durch<br />
ein Umfeld, das womöglich ähnlich<br />
tickt, oder ein Gefühl von Überheblichkeit,<br />
bei dem der reichen Person der eigene<br />
Erfolg oder der geerbte Reichtum<br />
zu Kopf gestiegen ist.<br />
Dies hängt jedoch nicht zwingend mit<br />
der sozialen Schicht zusammen. Es gibt<br />
unglaublich viele Beispiele von wohlhabenden<br />
Menschen, die ihr Geld sinnvoll<br />
nutzen, oft eine soziale Verantwortung<br />
gegenüber der Gesellschaft zu tragen<br />
bereit sind und sich vom Wunsch, etwas<br />
vom eigenen Glück und Geld zurückgeben<br />
zu wollen, leiten lassen. Viele von<br />
ihnen setzen sich aktiv dafür ein, positive<br />
Veränderungen in der Welt herbeizuführen,<br />
und unterstützen humanitäre<br />
Projekte mit großzügigen Spenden oder<br />
auch regelmäßig über ihre Stiftungen.<br />
Zahlreiche Projekte und Hilfsaktionen<br />
weltweit könnten ohne die privaten Gelder<br />
reicher Menschen gar nicht durchgeführt<br />
werden.<br />
Für das freiwillige Engagement wohlhabender<br />
Einzelpersonen oder Organisationen<br />
gibt es sogar eine Bezeichnung: Philanthropie.<br />
Das Ziel der Philanthrop:innen<br />
ist es, sozialen Wandel zu fördern und das<br />
Gemeinwohl zu unterstützen. Im Gegensatz<br />
zum Mäzenatentum, das Kunst und<br />
Kultur fördert, umfasst die Philanthropie<br />
ein breites Spektrum sozialer, ökologischer<br />
und gesundheitsbezogener Anliegen<br />
und hat historische Wurzeln in verschiedenen<br />
Kulturen. Schon in der Antike<br />
kümmerten sich reiche Bürger um Bedürftige.<br />
Während des 19. Jahrhunderts<br />
»Geld interessiert mich einfach nicht«<br />
von Astrid Zehbe und Daniela Meyer<br />
2<strong>24</strong> Seiten<br />
Erschienen: April 20<strong>24</strong><br />
EMF Verlag<br />
ISBN: 978-3-7459-2252-3<br />
verstärkte sich das philanthropische Engagement<br />
von wohlhabenden Individuen,<br />
die sich für soziale Reformen und die Verbesserung<br />
der Lebensbedingungen der<br />
Armen einsetzten. Zu dieser Zeit wurden<br />
auch die ersten Wohltätigkeitsorganisationen<br />
und philanthropischen Stiftungen<br />
gegründet. Im 20. Jahrhundert weiteten<br />
sich die philanthropischen Bemühungen<br />
auf globaler Ebene aus und erreichten<br />
einen Höhepunkt im neuen Jahrtausend,<br />
als die Milliardäre Warren Buffett und Bill<br />
Gates gemeinsam die Initiative »The Giving<br />
Pledge« ins Leben riefen, eine Bewegung<br />
von reichen Philanthrop:innen, die<br />
sich öffentlich verpflichteten, den Großteil<br />
ihres Vermögens zu Lebzeiten oder<br />
testamentarisch für wohltätige Zwecke<br />
zu spenden. Mit Bill und Melinda Gates<br />
sowie Warren Buffet haben bereits <strong>24</strong>2<br />
Superreiche aus 29 Ländern bei »The<br />
Giving Pledge« unterschrieben, darunter<br />
bekannte Unternehmer:innen wie Sara<br />
Blakely, Hasso Plattner, Michael Bloomberg,<br />
Sheryl Sandberg, Jeff und Marieke<br />
Rothschild, David Rockefeller, Ted Turner<br />
oder Mark Zuckerberg. Sogar der aktuell<br />
kontroverseste Unternehmer der Welt<br />
und Egomane Elon Musk, den viele wohl<br />
mit Fug und Recht als »reiches Arschloch«<br />
bezeichnen würden, hat unterzeichnet.<br />
Sie alle engagieren sich bereits<br />
für soziale Projekte, besitzen Stiftungen<br />
oder haben Teile ihres Vermögens an<br />
gemeinnützige Organisationen, Universitäten,<br />
Krankenhäuser oder auch Teile<br />
ihres Unternehmens an ihre Mitarbeitenden<br />
verschenkt. Bestes Beispiel für philanthropisches<br />
Handeln ist wohl der am<br />
9. Oktober 2023 verstorbene Charles<br />
Francis »Chuck« Feeney. Der US-Unternehmer,<br />
der aus einfachen Verhältnissen<br />
stammte und sich seinen Reichtum selbst<br />
erarbeitete, verschenkte sein gesamtes<br />
Vermögen, seine Häuser, Limousinen und<br />
Jachten bereits zu Lebzeiten zwischen<br />
1982 und 2016 – insgesamt acht Milliarden<br />
US-Dollar. Er selbst zog gemeinsam<br />
mit seiner Frau in eine kleine Mietwohnung,<br />
flog Economy und nahm den Bus.<br />
Für seine fünf erwachsenen Kinder traf<br />
er »anständige, aber nicht übertriebene<br />
Vorkehrungen«, wie es in einem Nachruf<br />
der New York Times hieß. Dort wird auch<br />
beschrieben, welche großen Anstrengungen<br />
er unternahm, um seine Wohltätigkeit<br />
zu verbergen. »Im Gegensatz<br />
zu Philanthropen, deren Namen bekannt<br />
gemacht, bei Banketten gefeiert und auf<br />
Gebäudefassaden und Museumsflügeln<br />
prangen, spendete Chuck Feeney anonym.«<br />
In seiner Biografie »The Billionaire<br />
Who Wasn’t« schrieb Conor O‘Clery,<br />
dass Feeney zu der Ansicht gelangte, dass<br />
er kein Recht habe, so viel Geld ganz allein<br />
zu besitzen.<br />
Das Ziel der Philanthrop:innen<br />
ist<br />
es, sozialen Wandel<br />
zu fördern und<br />
das Gemeinwohl<br />
zu unterstützen.<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
27
Raritäten<br />
Es ist also egal, ob Sondermünzen oder Fehlprägungen<br />
– es lohnt sich, das Kleingeld im Portemonnaie einmal<br />
ganz genau unter die Lupe zu nehmen.<br />
28 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Raritäten<br />
Wer den<br />
Pfennig<br />
nicht ehrt<br />
Wie man Münzen zu Geld macht<br />
Bild: Depositphotos / artjazz<br />
Mit Karte, PayPal oder<br />
kontaktlos – das Bargeld<br />
scheint als Zahlungsmethode<br />
ausgedient zu haben.<br />
Wo früher noch die<br />
Portemonnaies geklimpert haben, wird<br />
nun einfach das Smartphone gezückt.<br />
Dabei können manche Münzen sogar<br />
mehr wert sein als ebendieses Handy.<br />
Lohnt sich deshalb vielleicht ein zweiter<br />
Blick in die Geldbörse?<br />
SAMMELLEIDENSCHAFT MIT<br />
GESCHICHTE<br />
Schon in der Antike wurden Münzen gesammelt<br />
– manche taten es für die finanzielle<br />
Stabilität, andere aus dem Grund, dass<br />
die Münzen mit ihren kunstvollen oder<br />
historischen Verzierungen einfach hübsch<br />
anzusehen waren. Ein berühmtes Beispiel<br />
ist dabei die »Stater von Ephesos«, die aus<br />
dem alten Griechenland stammt und mit<br />
Tiermotiven geprägt wurde.<br />
In der Antike ging es dann mit der<br />
Sammelleidenschaft weiter, allerdings<br />
eher aus praktischen Gründen: Unterschiedliche<br />
Regionen bedeuteten auch<br />
unterschiedliche Münzen. Händler und<br />
Geschäftsleute statteten sich deshalb<br />
vorsichtshalber mit den verschiedenen<br />
Münzprägungen aus, um immer das richtige<br />
Zahlungsmittel zur Hand zu haben.<br />
In der Renaissance wurde dann eine<br />
Form der auch heute noch sehr beliebten<br />
Münzalben eingeführt, die Münzen<br />
mit kunstvollen oder historischen Gravuren<br />
beinhalteten. Die ersten modernen<br />
Sammlermünzen wurden später<br />
im 19. Jahrhundert eingeführt – vor<br />
allem zur Feier von historischen Ereignissen<br />
oder wichtigen Persönlichkeiten.<br />
Laut Historia Hamburg wurde die<br />
erste Zwei-Euro-Gedenkmünze dann<br />
anlässlich der Olympischen Spiele in<br />
Athen 2004 produziert.<br />
DIE AUFLAGE BESTIMMT DEN PREIS<br />
Diese Münzen werden auch heute noch<br />
als sogenannte Sammlermünzen produziert.<br />
Besonders wertvoll macht die<br />
Münzen jedoch erst ihre geringe Auflage:<br />
Die wertvollste Zwei-Euro-Münze ist<br />
mit dem Porträt von Grace Kelly verziert<br />
und wurde im Jahr 2007 mit einer Auflage<br />
von nur 20.000 Stück in Monaco<br />
herausgegeben. Bis zu 3.300 Euro könnte<br />
eine dieser Münzen laut dem Fachportal<br />
muenzen.de wert sein. Es fällt dabei<br />
auf: Die ersten zehn Plätze der Liste der<br />
wertvollsten Zwei-Euro-Münzen werden<br />
durch Prägungen aus Monaco besetzt<br />
und auch die 50-Cent-Münzen des<br />
Zwergstaats können bis zu 70 Euro wert<br />
sein. Das liegt daran, dass insbesondere<br />
Kleinstaaten wie Andorra, Monaco, San<br />
Marino oder Vatikanstadt eine eher kleine<br />
Prägeauflage herausgeben, was sie<br />
umso wertvoller für Sammler macht.<br />
Diese Preise sind jedoch Peanuts im Vergleich<br />
zu der wertvollsten jemals verkauften<br />
Münze: 1933 mussten 445.000<br />
bereits produzierte 20-Dollar-Münzen<br />
aufgrund des Goldmangels von der<br />
damaligen US-Regierung wieder eingeschmolzen<br />
werden. Nur 20 Münzen<br />
dieser Reihe, die als »Double Eagle«<br />
bekannt wurde, schafften es in den Umlauf.<br />
Eine dieser Münzen wurde 2021 bei<br />
einer Aktion bei Sotheby in New York zur<br />
Auktion freigegeben – und wechselte für<br />
18,87 Millionen US-Dollar den Besitzer.<br />
FEHLER ERWÜNSCHT!<br />
Doch nicht nur aufgrund von Goldmangel,<br />
sondern, auch wenn Fehler bei<br />
der Produktion auftreten, werden die<br />
Münzen schnell wieder vernichtet. Die<br />
wenigen, die es doch in den Handel<br />
schaffen, werden dann aufgrund ihrer<br />
Seltenheit jedoch umso höher gehandelt.<br />
Eine ovale statt runde Münze kann dann<br />
schon mal bis zu 100 Euro wert sein.<br />
Wenn die Rückseite der Münze verkehrt<br />
herum gedruckt wurde, könnte diese bis<br />
zu 200 Euro einbringen, und wenn beispielsweise<br />
eine Zwei-Euro-Münze auf<br />
einem Ein-Euro-Rohling geprägt wurde,<br />
sind sogar bis zu 650 Euro möglich. Auch<br />
Prägungen, die nicht ganz genau mittig<br />
auf die Münze gesetzt wurden, oder sogenannte<br />
»Mono-Metall-Prägungen«<br />
– Münzen, die nur aus einem der üblichen<br />
zwei Metallen bestehen – können<br />
gewinnbringend verkauft werden.<br />
Experten raten jedoch, sich vor dem<br />
Kauf einer Münze als Wertanlage sehr<br />
genau über sie zu informieren. Spontanen<br />
Käufern kann es schon mal passieren,<br />
dass sie auf ein unseriöses Angebot<br />
hereinfallen, nur weil der Verkäufer eine<br />
übermäßige Wertsteigerung verspricht<br />
oder Druck macht.<br />
Ebenso könne sich eine Fehlprägung<br />
später auch sehr einfach als einfacher<br />
Kratzer herausstellen. Auch vor Auktionsplattformen<br />
wird eingehend gewarnt<br />
– dort sollen sich Betrüger besonders<br />
häufig wiederfinden. Deshalb raten<br />
Experten dazu, sich durch Fachliteratur,<br />
den Münzhändler seines Vertrauens oder<br />
Sachverständige der IHKs zum genauen<br />
Wert der Münze beraten zu lassen.<br />
Es ist also egal, ob Sondermünzen oder<br />
Fehlprägungen – es lohnt sich, das Kleingeld<br />
im Portemonnaie einmal ganz genau<br />
unter die Lupe zu nehmen. Sonst<br />
kann es womöglich passieren, dass man<br />
an der Tankstelle 600 Euro für einen<br />
Schokoriegel hergibt. LT<br />
<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
29
Buchtipps<br />
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Kapitalismus ist nicht das Problem<br />
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seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor zehn Jahren<br />
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Bilder: Privat<br />
30 <strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong>
Best of Web<br />
Best of Web<br />
ifo Institut: Wohnungsbau kämpft mit<br />
Stornierungen<br />
Im Wohnungsbau haben die Stornierungen<br />
zugenommen. Knapp jedes fünfte<br />
Unternehmen (19,6 Prozent) berichtete<br />
von stornierten Aufträgen. Im Februar<br />
waren es noch 17,7 Prozent. »Die Lage<br />
im Wohnungsbau bleibt angespannt«,<br />
wird Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen,<br />
in einer Pressemitteilung zitiert,<br />
»Zu den Stornierungen kommen zu wenig<br />
neue Aufträge hinzu.« Im März meldeten<br />
56,2 Prozent der Betriebe einen<br />
Auftragsmangel, nach 56,1 Prozent im<br />
Februar. Das Geschäftsklima im Wohnungsbau<br />
stieg zwar leicht an, bleibt<br />
aber weiterhin deutlich negativ. Die Erwartungen<br />
für die kommenden Monate<br />
sind stark von Pessimismus geprägt ...<br />
Den ganzen Artikel können Sie unter<br />
www.sachwert-magazin.de lesen.<br />
Rekordzahl: Deutsche besitzen<br />
7.716 Milliarden Euro<br />
Noch nie hatte die Deutschen so viel<br />
Geld: Ende 2023 besaßen sie 7.716 Milliarden<br />
Euro privates Geldvermögen. Im<br />
dritten Quartal stieg es allein 250 Milliarden<br />
Euro. Das hat eine Auswertung der<br />
Deutschen Bundesbank ergeben. Gründe<br />
sind unter anderem Kursgewinne bei<br />
Aktien und Anteilen an Investmentfonds,<br />
wie die Bundesbank mitteilte. Die treibenden<br />
Kräfte dieses Wachstums waren<br />
zum einen beträchtliche Bewertungsgewinne<br />
bei den börsennotierten Aktien,<br />
den Anteilen an Investmentfonds und<br />
den Versicherungs- und Pensionsansprüchen.<br />
Zum anderen bauten die Haushalte<br />
längerfristige Einlagen auf, heißt es.<br />
Im Zuge der gestiegenen Zinsen reduzierten<br />
die privaten Haushalte ihre<br />
Sichteinlagen zum vierten Mal in Folge,<br />
diesmal um 19 Milliarden Euro. Gleichzeitig<br />
erhöhten sie ihre höher verzinsten<br />
längerfristigen Einlagen, darunter in ...<br />
Den ganzen Artikel können Sie unter<br />
www.sachwert-magazin.de lesen.<br />
Bilder: Depositphotos / celiafoto / ginasanders / Pond5 Images, David Bornscheuer<br />
Bitcoin-Halving: Die nächste Evolutionsstufe<br />
im Krypto-Ökosystem<br />
Am 20. April 20<strong>24</strong> ist es wieder soweit:<br />
Das nächste Halving steht vor der Tür. Doch<br />
um was geht es bei diesem Event, auf das<br />
die Bitcoin-Community bereits seit Monaten<br />
hinfiebert? Warum gibt es das Halving<br />
überhaupt und was könnte es diesmal für<br />
den Bitcoin-Kurs bedeuten? Der Bitcoin<br />
hat in den letzten Monaten stark zulegen<br />
können. Allein seit Jahresbeginn steht ein<br />
Kursplus von rund 50 Prozent zu Buche.<br />
Einer der Haupttreiber für diese positive<br />
Entwicklung waren gigantische Zuflüsse<br />
in die neuen Bitcoin Spot ETFs. Doch nun<br />
richten sich alle Augen auf das anstehende<br />
Halving. Um seine Tragweite vollständig zu<br />
verstehen, ist ein kurzer Blick auf die technischen<br />
Hintergründe notwendig.<br />
TECHNISCHER HINTERGRUND<br />
Bitcoins werden durch den Prozess des<br />
»Minings« gewonnen. Dies ist nicht nur<br />
ein integraler Bestandteil des Bitcoin-<br />
Netzwerks, sondern auch der Mechanismus,<br />
der Transaktionen verifiziert und<br />
neue Bitcoins in Umlauf bringt. Das ...<br />
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<strong>SACHWERT</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>03</strong>/20<strong>24</strong><br />
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LICHT SASCHA HEß, SOUND LEOWANG, BEN SCHOMACKER, BEN AMES, SPRECHERIN MAJA BYHAHN