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Themenwoche Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist unverzichtbar. Der Münchner Merkur und die tz haben in einer Themenwoche viele Aspekte beleuchtet, von grüner Geldanlage bis E-Bikes.

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ARBEIT<br />

&<br />

RESSOURCEN<br />

Leserthema: „Nachhaltige Arbeitswelten“ Nr. 121 | Dienstag, 28. Mai 2024<br />

„<strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

wird zum Hygienefaktor“<br />

INTERVIEW<br />

mit Kerstin Schöffner, Personalleitung von Ippen Digital<br />

Zahlreiche Wirtschaftsverbände<br />

in Deutschland beklagen einen<br />

immer größer werdenden Fachkräftemangel.<br />

Die demografische<br />

Entwicklung trägt dazu bei, dass<br />

mehr Baby-Bommer in Rente gehen,<br />

als neue Fachkräfte nachkommen.<br />

In der Wirtschaft geht es um einen<br />

Wettbewerb um die besten Köpfe.<br />

Wer zum Beispiel Stellenanzeigen<br />

im Münchner Merkur liest, erkennt,<br />

dass viele Betriebe sich als nachhaltige<br />

Unternehmen präsentieren. Wir<br />

haben bei Ippen Digital nachgefragt,<br />

einem Unternehmen, das über<br />

400 Fachkräfte in Deutschland beschäftigt,<br />

jeden Tag unabhängigen<br />

und vielfältigen Journalismus für<br />

über 80 Portale bietet und die Online-<br />

Auftritte wie von Münchner Merkur,<br />

der tz und seinen Heimatzeitungen<br />

sowie vielen weiteren Verlagen vorrantreibt.<br />

Die Fragen haben wir nun<br />

Kerstin Schöffner, Personalleitung<br />

von Ippen Digital, gestellt.<br />

VON: BODO-KLAUS EIDMANN<br />

Der Trend <strong>Nachhaltigkeit</strong> durchdringt<br />

den Arbeitsmarkt immer<br />

mehr. Wie wichtig ist das tatsächlich,<br />

wenn es um die Positionierung<br />

eines Unternehmens als Arbeitgeber<br />

geht?<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> ist eigentlich gar<br />

kein Trend mehr, sondern ein Muss<br />

für alle Unternehmen und Arbeitsbereiche.<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> hat für alle Unternehmen<br />

heutzutage generell eine<br />

hohe strategische Priorität, die sich<br />

in vielen Bereichen des Geschäftsbetriebs<br />

durchaus positiv auswirkt.<br />

Angefangen von gut mit den öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln erreichbaren<br />

Standorten über eine Klimaoffensive<br />

zum Energiesparen bis hin zur<br />

nachhaltigen Obstkiste versuchen<br />

wir zum Beispiel bei möglichst vielen<br />

und auch kleinen Gelegenheiten,<br />

unserer Verantwortung gegenüber<br />

unseren Mitarbeitenden, Kunden<br />

und Partnern gerecht zu werden.<br />

Unternehmen können also an vielen<br />

Stellschrauben etwas drehen.<br />

Im Dienst einer vielfältigen und lebendigen Demokratie: Ein Blick in die Zentralredaktion von Ippen Digital in München, in der hochspezialisierte<br />

News-Expertinnen und -Experten sowie Entwicklerinnen und Entwickler Hand in Hand arbeiten. Foto: Ippen Digital<br />

Was heißt das weiter konkret?<br />

Was fragen Bewerberinnen und<br />

Bewerber zum Beispiel in einem<br />

Vorstellungsgespräch?<br />

Die Frage, ob die Sojamilch hier<br />

nachhaltig sei, gab es tatsächlich<br />

schon einmal. Das ist aber eher selten.<br />

Viele Bewerbende fragen zum<br />

Beispiel wegen Zuschüssen zum<br />

Jobticket, wegen Möglichkeiten<br />

zum Remote-Arbeiten oder auch, ob<br />

es hier Bike-Leasing gibt. Selbstverständlich<br />

haben wir die Möglichkeit<br />

zum Mobilen Arbeiten sowie zum<br />

Bike-Leasing. Das Thema „Work-<br />

Life-Balance“ ist uns wichtig. Bei<br />

Ippen Digital arbeiten viele Expertinnen,<br />

die Kinder haben, auch in Führungspositionen.<br />

Unsere Angestellten<br />

sollen Arbeit und Familie in einen<br />

guten Einklag bringen können.<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> betrifft sicher<br />

nicht nur Themen wie Mobiles<br />

Arbeiten, sondern auch weitere<br />

Themen. Was fällt Ihnen da ein?<br />

Der Kern unserer Arbeit bei Ippen<br />

Digital sind Online-Medien. Wir<br />

können zum Beispiel durch schnelle<br />

Seiten-Ladezeiten für Außenstehende<br />

unbemerkt einen großen Beitrag<br />

leisten, das ist uns sehr bewusst und<br />

entsprechend wichtig. Hier lässt sich<br />

erheblich Energie sparen, also nachhaltig<br />

als Unternehmen agieren.<br />

Auch die Möglichkeit, auf unseren<br />

News- und Ratgeberportalen über<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> zu sprechen und<br />

die Aufmerksamkeit in der Gesellschaft,<br />

das heißt bei Millionen von<br />

Leserinnen und Lesern, auf wichtige<br />

Aspekte zu lenken, nutzen wir in<br />

diesem Sinne.<br />

Welche Bedeutung hat das Thema<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> aus Unternehmensperspektive<br />

– wie wichtig<br />

ist zum Beispiel das Thema Weiterbildung<br />

und Entwicklung von<br />

Mitarbeitern?<br />

Das ist ein wesentlicher Aspekt<br />

unseres <strong>Nachhaltigkeit</strong>sverständnisses.<br />

Wir entwickeln uns als Unternehmen<br />

nur dann weiter, wenn<br />

jede und jeder Einzelne in unserer<br />

Organisation permanent nach vorne<br />

geht. Dazu haben wir zum Beispiel<br />

eine eigene Akademie aufgebaut,<br />

die die Fort- und Weiterbildung aller<br />

garantiert und neue Impulse<br />

aus allen Bereichen aufgreifen und<br />

verbreiten kann. Nur so können<br />

wir eine nachhaltige Entwicklung<br />

gewährleisten und unserer Mission,<br />

den Online-Journalismus permanent<br />

neu zu gestalten, gerecht werden.<br />

Ohne Computer geht nichts<br />

mehr. Wie kümmert sich ein<br />

Digital-Unternehmen darum,<br />

seine Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter gesund zu halten?<br />

Nach wie vor essentiell sind<br />

ergonomische Arbeitsplätze inklusive<br />

Anregungen fürs mobile<br />

Arbeiten oder eine abwechslungsreiche<br />

Kantine, die eine<br />

gesunde Ernährung ermöglicht.<br />

Neben der physischen Gesundheit<br />

ist das Thema mentale Gesundheit,<br />

Stressbewältigung und<br />

Resilienzförderung ein immer<br />

wichtigeres Feld. Neben Fitnessangeboten<br />

– bei uns haben sich<br />

im Büroalltag zum Beispiel „bewegte<br />

Pausen“ etabliert – verzeichnen<br />

wir immer mehr Anfragen<br />

nach Gesundheitscoachings.<br />

Zusätzlich tragen verschiedenste<br />

Team-Building-Aktivitäten und<br />

flexible Arbeitszeitmodelle zur<br />

Verbesserung des sozialen Wohlbefindens<br />

bei.<br />

Bitte um einen Blick in die<br />

Zukunft: Wird das Thema<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> auf dem Arbeitsmarkt<br />

noch weiter an Bedeutung<br />

gewinnen?<br />

In jedem Fall! Das Umdenken<br />

in der Gesellschaft und vor allem<br />

bei den jüngeren Generationen<br />

an Arbeitnehmern wird die Nachfrage<br />

nach „grünen“ Jobs und<br />

nachhaltigen Geschäftsmodellen<br />

weiter erhöhen. <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

wird zum Hygienefaktor werden,<br />

und auch Unternehmen werden<br />

von Bewerbern nachhaltige Kompetenzen<br />

und die Bereitschaft<br />

erwarten, sich darin permanent<br />

weiterzuentwickeln.<br />

Kerstin Schöffner<br />

Personalleitung von<br />

Ippen Digital<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> steht immer stärker im Fokus<br />

Sie ist ein starkes Thema, eines, an<br />

dem kein Weg mehr vorbeiführt:<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong>. Mittlerweile ist sie<br />

bei mehr als der Hälfte der Unternehmen<br />

in Deutschland ein zentraler<br />

Baustein der Firmenstrategie.<br />

Viele arbeiten mit Hochdruck daran,<br />

Daten über ihre <strong>Nachhaltigkeit</strong> und<br />

ihren Klimafußabdruck zu erheben.<br />

Und die Mehrheit erkennt darin die<br />

Chance, die eigene Organisation<br />

weiterzuentwickeln. Dies zeigen die<br />

Ergebnisse der Studie „Sustainability<br />

Transformation Monitor“ (STM), ein<br />

Projekt der Bertelsmann Stiftung, der<br />

Stiftung Mercator, der Universität<br />

Hamburg und der Peer School for<br />

Sustainable Development.<br />

„Unternehmen professionalisieren<br />

ihr <strong>Nachhaltigkeit</strong>smanagement zunehmend“,<br />

heißt es in einer Pressemitteilung<br />

der Universität Hamburg.<br />

Es gehe nicht mehr um die Frage des<br />

„Ob“, sondern des „Wie“. Ganz<br />

einfach gestaltet sich das Ganze allerdings<br />

nicht. Der Studie zufolge sieht<br />

sich nur etwas mehr als ein Drittel<br />

der Unternehmen derzeit der Aufgabe<br />

gewachsen, den regulatorischen<br />

Anforderungen zur <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

nachzukommen. Es geht dabei um<br />

die <strong>Nachhaltigkeit</strong>sberichterstattung,<br />

ein Instrument der Transformation<br />

zu einer nachhaltigen Wirtschaft.<br />

Nach der sogenannten Corporate<br />

Sustainability Reporting Directive<br />

(CSRD), müssen große Unternehmen<br />

darin über ihren Umgang mit sozialen<br />

und ökologischen Herausforderungen<br />

berichten.<br />

67 Prozent der Unternehmen sprechen<br />

der erweiterten <strong>Nachhaltigkeit</strong>sberichterstattung<br />

unter anderem<br />

einen Mehrwert für die Weiterentwicklung<br />

der eigenen Organisation<br />

sowie eine größere Transparenz für<br />

Stakeholder zu. 80 Prozent der Befragten<br />

bestätigen, dass das Thema<br />

beim Vorstand verankert ist. Das<br />

sind acht Prozent mehr als 2023. In<br />

54 Prozent der Unternehmen der<br />

Realwirtschaft ist <strong>Nachhaltigkeit</strong> als<br />

strategisches Ziel festgeschrieben.<br />

„Unser Sustainability Transformation<br />

Monitor zeigt, dass <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

viel stärker in den Fokus der Unternehmen<br />

gerückt ist“, resümiert<br />

Jakob Kunzlmann, Wirtschaftsexperte<br />

der Bertelsmann Stiftung. „Es geht<br />

voran, vor allem die regulatorische<br />

Architektur scheint zu wirken.“ Aber<br />

es gebe keinen Grund, sich auf dem<br />

Erreichten auszuruhen.<br />

Arbeitnehmer als Treiber<br />

der <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

Dieser Ansicht ist durchaus auch<br />

Philipp Wesemann, Klimaschutz-Experte<br />

bei der Stiftung Mercator. „Der<br />

Klimawandel ist das größte Risiko für<br />

unser Wirtschafts- und Finanzsystem.<br />

Klimaschutz muss als zentrales<br />

Ziel bei Investitionsentscheidungen<br />

integriert werden“, sagt er. Für die<br />

Realwirtschaft sei dies eine strategische<br />

Notwendigkeit. Immerhin die<br />

Hälfte der befragten Banken berücksichtigte<br />

laut Wesemann bei der<br />

Kreditvergabe und der Festlegung<br />

der Zinssätze <strong>Nachhaltigkeit</strong>skriterien.<br />

„Die Unternehmen registrieren,<br />

dass der Einsatz für mehr <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

ihre Arbeitgebermarke stärkt“,<br />

so der Experte. Arbeitnehmer würden<br />

in der Realwirtschaft von gut<br />

der Hälfte der Befragten „eher als<br />

Treiber“ wahrgenommen, sagt<br />

Wesemann. 16 Prozent stufen sie als<br />

starken Treiber ein.<br />

Immer mehr Unternehmen professionalisieren ihr <strong>Nachhaltigkeit</strong>smanagement. Foto: PantherMedia/Deyan Georgiev<br />

Für Laura Marie Edinger-Schons,<br />

Professorin für nachhaltiges Wirtschaften<br />

an der Universität Hamburg<br />

und Chief Sustainability<br />

Officer der Hochschule ist deshalb<br />

eins klar. „Insbesondere in Zeiten<br />

des Fachkräftemangels und der<br />

gestiegenen Ansprüche von potenziellen<br />

Mitarbeitenden an die<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> ihrer Arbeitgeber<br />

können es sich Unternehmen oft<br />

nicht leisten, das Thema zu ignorieren“,<br />

erklärt sie. „Der Wettbewerb<br />

um die besten jungen Köpfe<br />

ist also ein stärkerer direkter Treiber<br />

der <strong>Nachhaltigkeit</strong> in den Unternehmen<br />

als Klimaaktivismus auf<br />

der Straße“, so die Professorin.<br />

Eine Studie des Personaldienstleisters<br />

Randstad zeigt, dass viele<br />

Formen die Relevanz des Themas<br />

bei der Suche nach neuen Mitarbeitern<br />

unterschätzten. „Es überrascht,<br />

dass nur wenige Unternehmen<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> als wichtiges<br />

Arbeitgeberkriterium begreifen“,<br />

heißt es in einer Pressemitteilung<br />

des Unternehmens. Lediglich<br />

28 Prozent seien der Meinung,<br />

dass es wichtig für die Interaktion<br />

mit Kandidaten ist, die <strong>Nachhaltigkeit</strong>sprogramme<br />

des Unternehmens<br />

aktiv zu kommunizieren.<br />

Lediglich bei jüngeren Arbeitnehmer<br />

hängen sich die Unternehmen<br />

mehr ins Zeug: 76 Prozent der befragten<br />

Unternehmen gaben an,<br />

dass es beim Recruiting von Kandidaten<br />

der Generation Z hilft, sich<br />

als sozial und ethisch engagiertes<br />

Unternehmen zu präsentieren.<br />

Die Zahl der Beschäftigten, die<br />

sich inzwischen genau überlegen,<br />

ob ein Unternehmen für sie in Frage<br />

kommt oder nicht, ist gestiegen.<br />

So zeigt unter anderem eine Studie<br />

der Stepstone-Group, dass sich<br />

drei von vier Beschäftigten eher<br />

bei nachhaltigen Unternehmen bewerben<br />

würden. 65 Prozent wollen<br />

früh im Bewerbungsprozess wissen,<br />

welchen Stellenwert <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

für Arbeitgeber hat.<br />

Zentrales Hemmnis<br />

für die Transformation<br />

Als Treiber oder Bremser in Richtung<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> spielen nicht<br />

nur menschliche Akteure eine Rolle.<br />

Neben dem Klimawandel sind<br />

auch die gestiegenen Energiepreise<br />

entscheidende Faktoren. Das<br />

sagen 60 Prozent der Befragten<br />

aus der Realwirtschaft. 54 Prozent<br />

nennen das Thema Inflation als<br />

zentrales Hemmnis für die Transformation.<br />

In der <strong>Nachhaltigkeit</strong>stransformation<br />

kommt der Finanzwirtschaft<br />

eine wichtige Steuerungsfunktion<br />

zu. „Wenn Gelder<br />

verstärkt nach <strong>Nachhaltigkeit</strong>skriterien<br />

vergeben werden, sinken<br />

die Möglichkeiten der Kapitalaufnahme<br />

beziehungsweise steigen<br />

die Kapitalkosten für nicht nachhaltige<br />

Unternehmen“, heißt es in<br />

einer Mitteilung der Bertelsmann<br />

Stiftung. Für nur ein Drittel der Unternehmen<br />

spiele <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

schon eine wichtige Rolle bei der<br />

Finanzierung ihrer Organisation.<br />

Für 40 Prozent sei das Thema noch<br />

eher unwichtig. In Zukunft könnte<br />

sich das ändern. „Denn den Investitionsbedarf<br />

zur Finanzierung<br />

der Transformation sehen die Unternehmen<br />

als hoch“ , heißt es<br />

weiter. Mehr als die Hälfte gehe<br />

davon aus, dass ihr Unternehmen<br />

dabei auf Fremdkapital angewiesen<br />

sein wird. BRIGITTA WENNINGER<br />

Sind Arbeitgeber nachhaltig, punkten<br />

sie damit auch bei Bewerbern.<br />

Foto: PantherMedia/violetkaipa

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