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Themenwoche Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist unverzichtbar. Der Münchner Merkur und die tz haben in einer Themenwoche viele Aspekte beleuchtet, von grüner Geldanlage bis E-Bikes.

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ZUKUNFT<br />

Leserthema: „Nachhaltige Wohnperspektiven“ Nr. 123 | Freitag, 31. Mai 2024<br />

Die Schönheit der Vergänglichkeit<br />

Oberflächlich verkohlte Holzfassade wird zum nachhaltigen und stylischen Trend<br />

Die Fassade von älteren Gebäuden<br />

mit voller Absicht zu verkohlen,<br />

um sie zu verschönern und gegen<br />

schädliche Außeneinflüsse zu schützen?<br />

Klingt seltsam, wird aber immer mehr zum<br />

Trend. Immer öfter verbauen Eigenheim-<br />

Besitzer schwarz karbonisierte Holzelemente<br />

an ihren Fassaden. Dieses oberflächlich<br />

verkohlte Holz macht Gebäudehüllen resistent<br />

gegenüber Wasser, Pilzen und Fäulnis<br />

– und das ohne Schutzanstrich. Ästheten<br />

bewundern zudem das edle schwarzsilbrige<br />

Aussehen, das sich kontrastreich von der<br />

Umgebung abhebt. Wie die Fassaden-<br />

Optik den Jahren trotzt, das weiß der Holzexperte<br />

Ulrich Braig.<br />

Per Beflammungsanlage wird die Karbonisierung<br />

verschiedener Holzarten standardisiert<br />

durchgeführt. Foto: Mocopinus<br />

Das karbonisierte Holz an Eigenheim-Fassaden erfreut sich wachsender Beliebtheit. Foto: Mocopinus<br />

Karamellisierung<br />

und Verkohlung<br />

Üblicherweise bringt man Holz und Feuer<br />

in Bezug auf das Eigenheim eher ungern zusammen.<br />

Nicht so bei der gezielten Beflammung<br />

von hölzernen Fassadenelementen,<br />

dem sogenannten Karbonisieren. Die Methode<br />

zur Holzveredelung durch Feuer blickt<br />

im fernen Japan auf eine über 1000-jährige<br />

Tradition zurück und heißt dort „Yakisugi“.<br />

„Bei dieser ganz speziellen Art der Holzkonservierung<br />

durch thermische Verfahren<br />

erfährt die Zellulose im Holz eine Art<br />

Karamellisierung und Verkohlung.“ Per<br />

Beflammungsanlage wird in den entsprechenden<br />

Betrieben die Karbonisierung<br />

verschiedener Holzarten standardisiert<br />

durchgeführt. Diese verändert die Oberflächeneigenschaften<br />

von Fichte, Lärche und<br />

Douglasie in puncto Farbe, Geruch, Härte<br />

und biologische Abbaubarkeit: Das Karbonisieren<br />

verschließt die Holzzellen und<br />

schützt dann damit darunterliegende Holzschichten.<br />

Auf diese Weise entfällt die Notwendigkeit<br />

von Farbanstrichen oder Behandlungen<br />

mit Holzschutzmitteln.<br />

Patina<br />

mit Charakter<br />

„Yakisugi“ geht einher mit der japanischen<br />

Philosophie Wabi-Sabi. Diese beschreibt<br />

die Schönheit des Einfachen und zelebriert<br />

die Authentizität der Bescheidenheit. Bei<br />

Wabi-Sabi geht es nicht um Verzicht, sondern<br />

um das harmonische Annehmen von<br />

Vergänglichkeit im Einklang mit der Natur.<br />

Auch scheinbar Unvollkommenes bietet<br />

Würde und Eleganz. Das bedeutet für „Yakisugi“,<br />

dass sich jeder natürliche Baustoff<br />

mit der Witterung verändert. Bei einer karbonisierten<br />

Holzfassade betrifft das nicht die<br />

Widerstandfähigkeit, sondern die Optik.<br />

Sturm, Niederschläge und die Kraft der<br />

Sonne bewirken über die Jahre ein partielles<br />

Abblättern der schwarzen Oberfläche.<br />

Zum Vorschein kommt rötlich braunes Holz,<br />

das im Laufe der Zeit durch die Sonneneinstrahlung<br />

vergraut. Die im Karbonisierungsvorgang<br />

entstandenen Holzeigenschaften<br />

bleiben jedoch bestehen.<br />

Dieser Prozess des würdevollen Alterns<br />

der eigenen Hausfassade kann gefallen,<br />

muss aber nicht. „Wer seine Hausfassade<br />

mit Yakisugi versieht, muss wissen, dass<br />

die Gebäudehülle nach mehreren Jahren<br />

anders aussieht als am ersten Tag“, so der<br />

beruflicher Baugutachter Jean-Pierre Grosser.<br />

Sein schwarzes Haus im fränkischen Eysölden<br />

ist allerdings auf jeden Fall ein Hingucker.<br />

Die Entwicklung des beflammten Holzes<br />

hin zu einer natürlichen Patina beobachtet<br />

er wohlwollend, wie bei einem Menschen,<br />

der die Zeichen seines Alters mit Stolz zur<br />

Schau trägt: „Das weist auf den starken Charakter<br />

des Baustoffs hin.“<br />

CK<br />

Das recycelte Eigenheim<br />

Im Jahr 2020 fielen in Deutschland 60<br />

Millionen Tonnen Bauschutt an. Immerhin:<br />

Rund 47 Prozent davon wurden wiederverwertet.<br />

Das Recycling von Baumaterialien<br />

muss noch Fahrt aufnehmen, die<br />

Möglichkeiten der Wiederverwendung<br />

sind beim Hausbau noch lange nicht<br />

ausgeschöpft. Klinkersteine aus alten<br />

Dachziegeln, Holzböden aus aufbereitetem<br />

Altholz, Markisen und Rollos aus<br />

ehemaligen PET-Flaschen – der Markt für<br />

Recyclingprodukte boomt. Baufamilien<br />

und Modernisierende können mittlerweile<br />

auf ein breit gefächertes Angebot im<br />

Fach- und Onlinehandel zurückgreifen.<br />

Was alles möglich ist, demonstriert ein<br />

Recycling-Haus in Hannover. Erstmals in<br />

Deutschland besteht ein Einfamilienhaus<br />

vollständig aus wiederverwendeten oder<br />

recycelten Baustoffen. Für die Fassade<br />

wurden gebrauchte Faserzementplatten<br />

und Holzlatten alter Saunabänke verwendet,<br />

für den Terrazzofußboden alte<br />

Ziegel. Die Fenster stammen vom Abbruch<br />

eines ehemaligen Fabrikgebäudes.<br />

Als Bezugsquellen für die Baustoffe dienten<br />

der Materialpool einer Baufirma und<br />

Baustoffbörsen.<br />

Kreislauf auf der Baustelle<br />

„Glas, Metall, Ziegel, Mörtel, Beton<br />

oder Holz sind zu kostbar, um auf der<br />

Deponie zu landen“, sagt Krzysztof Pom-<br />

Dieses Haus in Hannover besteht vollständig<br />

aus Recyclingmaterialien. Foto: cityfoerster.<br />

net / Gundlach / Bhw<br />

pa von der BHW Bausparkasse. Diese<br />

Materialien sind oft langlebig und lassen<br />

sich gut wieder aufbereiten oder recyceln.<br />

„Eine Herausforderung sind jedoch<br />

Recyclingverfahren, die die Wiederverwertung<br />

schwieriger Verbundmaterialien<br />

wie Gipsplatten oder PVC ermöglichen“,<br />

so Pompa. Die Kreislaufwirtschaft auf<br />

den Baustellen spart aber nicht nur Geld,<br />

sondern auch Ressourcen. Denn allein<br />

die Herstellung von neuen Baustoffen<br />

macht acht Prozent der gesamten deutschen<br />

CO 2<br />

-Emissionen aus.<br />

BHW

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