KLEEBLATT Mai 2024
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29. <strong>Mai</strong> <strong>2024</strong><br />
GySar zeigt Farbe gegen Ausgrenzung und Diskriminierung<br />
So bunt wie die Menschen selbst<br />
Zu einem friedlichen „Rainbowflash“ versammelten sich mehr als fünfzig Jugendliche und Lehrkräfte des Gymnasiums Sarstedt und setzten damit ein klares Zeichen für mehr Vielfalt,<br />
Akzeptanz und eine buntere Gesellschaft.<br />
Sarstedt (jph). Regenbogenflaggen,<br />
Pride Month und Christopher-Street-<br />
Day-Paraden – muss das alles wirklich<br />
sein? Ja, das muss es, zumindest<br />
wenn es nach den Mitwirkenden der<br />
Pride-AG am Gymnasium Sarstedt<br />
geht. Denn während die einen dem<br />
Ganzen mit Skepsis oder gar Ablehnung<br />
begegnen, repräsentiert es für<br />
Menschen der LGBTQIA+ Gemeinde<br />
(„LGBTQIA+“: Lesbisch, Schwul,<br />
Bi-, Transsexuell, Queer, Inter- und<br />
Asexuell) nichts geringeres als den<br />
Kampf um die individuelle Freiheit,<br />
die eigene mentale Gesundheit und<br />
die körperliche Unversehrtheit.<br />
Dort, wo sonst das übliche Schwarz-<br />
Rot-Gold zu sehen ist, zieren am Internationalen<br />
Tag gegen Homo-, Bi-,<br />
Inter- und Transfeindlichkeit (kurz:<br />
IDAHOBIT) am 17. <strong>Mai</strong> alle Farben<br />
des Regenbogens den Fahnenmast<br />
am Gymnasium Sarstedt. Bereits im<br />
vergangenen Jahr rief Kultusministerin<br />
Julia Willie Hamburg niedersächsische<br />
Schulen dazu auf, am<br />
IDAHOBIT „Farbe zu bekennen“ und<br />
sich so gegen die Diskriminierung<br />
und für die Akzeptanz sexueller Orientierungen<br />
und geschlechtlicher<br />
Vielfalt auszusprechen. Warum dies<br />
auch heute noch wichtig sei, müssen<br />
sie immer wieder am eigenen Leib<br />
erfahren, berichten die Jugendlichen<br />
der Pride-AG. Diese sei im vergangenen<br />
Jahr quasi aus der Not heraus<br />
entstanden, als es an der Schule zu<br />
Aufrufen gegen Homosexuelle gekommen<br />
sei. Als sogenannter „safe<br />
space“ (sicherer Hafen) bietet die<br />
AG Betroffenen als auch freundlich<br />
Gesinnten die Möglichkeit, sich über<br />
Erlebtes auszutauschen und gegenseitig<br />
zu stützen. Betreut wird die<br />
AG durch die Lehrkräfte Imke Hartmann<br />
und Stefan Große, die sich<br />
einmal wöchentlich mit den etwa<br />
zehn bis fünfzehn aktiven Jugendlichen<br />
treffen und diesen ein offenes<br />
Ohr leihen. Große, der seit 2006<br />
Mitgliederversammlung der Kulturgemeinschaft Sarstedt<br />
Bestätigung des Vorstandes<br />
Sarstedt. Die Mitglieder der Kulturgemeinschaft<br />
trafen sich zur<br />
diesjährigen Versammlung am Mittwoch,<br />
dem 15. <strong>Mai</strong> <strong>2024</strong> im Haus am<br />
Junkernhof. Unter der Leitung des<br />
Vorstandsmitglieds Mathias Meyer<br />
erhielten die Anwesenden einen ausführlichen<br />
Überblick über die Vereinsentwicklung<br />
im letzten Jahr. Meyer<br />
konnte von vielen positive Entwicklungen<br />
berichten, wie z.B. die umfangreiche<br />
Ergänzung der Ton- und<br />
Lichttechnik im Haus am Junkernhof.<br />
Die Highlights der letzten zwölf Monate<br />
ließ Ronald Dahme, Sprecher<br />
des Veranstaltungsausschusses,<br />
noch einmal Revue passieren, wobei<br />
das Neujahrskonzert der Ungarischen<br />
Kammerphilharmonie im<br />
Sarstedter Stadtsaal im Januar <strong>2024</strong><br />
einen besonderen Höhepunkt darstellte.<br />
Das begeisterte Publikum<br />
genoss Werke der Straußdynastie,<br />
Franz Lehár und Emmerich Kálmán.<br />
Weiterhin wies Dahme auf die bevorstehenden<br />
Termine hin, u. a. auf<br />
den bereits nahezu ausverkauften<br />
Auftritt von Uwe Janssen und Imre<br />
Grimm am 28. September, empfahl<br />
aber auch als zusätzlichen Programmpunkt<br />
die Lesung mit der<br />
gebürtigen Sarstedterin Ulrike Hiller<br />
(v.li.n.re.): Mathias Meyer (Vorstand), Annegret Bensen (Schriftführerin), Hans Kollecker<br />
(Vorstand und Schatzmeister), Ronald Dahme (Sprecher des Veranstaltungsausschusses).<br />
zu ihrem Buch „Politik ist weiblich“<br />
am 21. September im Haus am Junkernhof.<br />
Dahme verband seine Erläuterungen<br />
zu allen Veranstaltungen<br />
mit einem Hinweis auf den großen<br />
Helferkreis der Kulturgemeinschaft,<br />
ohne den die Durchführung der Vereinsaktivitäten<br />
nicht möglich wäre.<br />
Er dankte allen aktiven Helfern für<br />
ihre unermüdliche Unterstützung<br />
bei den Veranstaltungen im Haus am<br />
Junkernhof, im Sarstedter Stadtsaal<br />
und insbesondere auch bei der für<br />
die finanzielle Situation der Kulturgemeinschaft<br />
sehr wichtigen traditionell<br />
im November stattfindenden<br />
Kunst- und Kunsthandwerksausstellung.<br />
Über die finanziellen Entwicklung<br />
im letzten Kalenderjahr berichtete<br />
Schatzmeister Hans Kollecker und<br />
zog eine überaus positive Bilanz. Der<br />
Verein ist schuldenfrei und steht auf<br />
sehr gesunden Füssen. Es wurden<br />
einige Renovierungsarbeiten insbesondere<br />
im Bereich der Außenbühne<br />
vorgenommen sowie speziell für<br />
die Lichttechnik in größerem Umfang<br />
Neuanschaffungen getätigt. In<br />
diesem Zusammenhang bedankte<br />
sich Kollecker für die Unterstützung<br />
durch die überwiegend langjährigen<br />
als Beratungslehrer am GySar tätig<br />
Sponsoren. Revisor Holger Kind<br />
sprach dem Schatzmeister sodann<br />
ein großes Lob für die korrekte und<br />
bestens überschaubare Kassenführung<br />
aus. Hierauf basierend beantragte<br />
er die Entlastung für den<br />
gesamten Vorstand. Diese erfolgte<br />
durch die Mitglieder einstimmig.<br />
Bei den anschließenden Wahlen verabschiedete<br />
die Kulturgemeinschaft<br />
mit großem Dank zunächst das bisherige<br />
Vorstandsmitglied Ruprecht<br />
Esser und den langjährigen Leiter<br />
des Museums Eckhard Rohde. Beide<br />
standen aus persönlichen Gründen<br />
für eine Wiederwahl nicht mehr zur<br />
Verfügung. Sie werden dem Verein<br />
aber weiterhin eng verbunden bleiben<br />
und im Rahmen ihrer Möglichkeiten<br />
helfend tätig sein.<br />
Die Wiederwahl der Vorstandsmitglieder<br />
Hans Kollecker und Mathias<br />
Meyer erfolgte einstimmig. Beide<br />
nahmen die Wahl an und werden<br />
den Verein vorübergehend als Duo<br />
führen. Ebenfalls ohne Gegenkandidatur<br />
und einstimmig schloss sich<br />
die Wiederwahl von Annegret Bensen<br />
zur Schriftführerin an. Auch die<br />
Wahl der Beisitzer im erweiterten<br />
Vorstand erfolgte einstimmig und<br />
beinhaltete neben der Wiederwahl<br />
von Annette Brückner, Ronald Dahme,<br />
Detlef Jedamzik, Artur Juzups,<br />
Ingetraut Kohsira-Juzups, Sarina Lux,<br />
Petra Nerenz, Bernd Riedel und Manfred<br />
Waltke auch die Neuwahl von<br />
Dirk Eichler. Der erweiterte Vorstand<br />
ist somit satzungsgemäß besetzt. Als<br />
Kassenprüfer wählten die Mitglieder<br />
Holger Kind und Roger Olbinsky,<br />
sowie als deren Vertreter Eckhard<br />
Rohde, Uwe Brückner und Harry Heimann.<br />
Angesichts der geplanten Veranstaltungen,<br />
der finanziellen Situation<br />
und des vielfältigen ehrenamtlichen<br />
Engagements der Mitglieder kann<br />
der Verein nun weiter positiv in die<br />
Zukunft schauen.<br />
n<br />
LOKALE NACHRICHTEN <strong>KLEEBLATT</strong> 11<br />
Justina Philipp<br />
ist, berichtet, dass die seltensten<br />
Fälle von Diskriminierung dieser<br />
Art offiziell an ihn als Beratungslehrer<br />
herangetragen würden. Die<br />
Jugendlichen hätten „immer noch<br />
das Gefühl, sie müssten das hinnehmen,<br />
die Welt ist ebenso“, berichtet<br />
Große – und verzichteten daher auf<br />
die Inanspruchnahme von Hilfe. Im<br />
geschützten Raum berichten die Jugendlichen<br />
der Pride-AG jedoch von<br />
Anfeindungen, von blöden Sprüchen<br />
im Klassenzimmer, aber auch<br />
davon, dass ihnen „da draußen“ noch<br />
Schlimmeres widerfahre als im relativ<br />
sicheren Schulalltag.<br />
Neben dem Erstarken rechtsextremer<br />
Ideologien beobachtet Stefan<br />
Große auch ein anderes Phänomen,<br />
das eine wachsende Queerfeindlichkeit<br />
erkläre. „Wer sichtbar ist,<br />
wird zur Zielscheibe“, so Große. Und<br />
die LGBTQIA+-Gemeinde kämpfe<br />
Werde Teil unserer<br />
Gemeinschaft:<br />
online und vor Ort!<br />
seit vielen Jahrzehnten um mehr<br />
Sichtbarkeit, sie werde laut, auch<br />
mal unbequem, möchte sich nicht<br />
ignorieren oder wegdiskutieren lassen.<br />
Doch während die einen Mitmenschen<br />
sich solidarisch zeigen,<br />
sind andere skeptisch, überfordert<br />
von Fachbegriffen und Definitionen<br />
sexueller Orientierungen und Geschlechtsidentitäten.<br />
Und was man<br />
nicht kennt und nicht versteht, das<br />
lehnt man erst einmal ab.<br />
Auch hierzu haben sich die Aktiven<br />
der Pride-AG etwas einfallen lassen.<br />
Mehr als zwanzig „Denkzettel“ haben<br />
sie in der Schulstraße verteilt, auf<br />
ihnen bewusst provozierende und<br />
zum Nachdenken anregende Fragen:<br />
„Warum werden Heterosexuelle<br />
nicht gefragt, aus welchem Grund<br />
sie so geworden sind?“, „Wie würdest<br />
Du reagieren, wenn sich jemand aus<br />
Deinem Freundeskreis outet?“. Durch<br />
diesen Perspektivwechsel solle langfristig<br />
ein Anstoß gegeben werden,<br />
„nicht sofort zu verurteilen“. Denn<br />
Justina Philipp<br />
nicht immer stecke hinter einem<br />
feindseligen Spruch zwingend eine<br />
entsprechende Weltansicht, manche<br />
Gleichaltrige würden sich einfach<br />
wichtigmachen, anecken wollen.<br />
Während sich die einen am GySar<br />
also für mehr Freiheit und Akzeptanz<br />
Wir.<br />
Gemeinsam stark<br />
für unsere Region.<br />
hannoverschevolksbank<br />
hannoverschevolksbank<br />
Dir und weiteren Personen gefällt das.<br />
einsetzen, nutzten einige wenige die<br />
Aktionen am IDAHOBIT, um erneut<br />
negative Stimmung zu machen und<br />
Teilnehmende verbal anzugehen.<br />
Ob man auch diese langfristig zum<br />
Umdenken bewegen könne, bleibe<br />
fraglich, denn häufig spiele auch der<br />
Einfluss des Elternhauses oder des<br />
Freundeskreises eine tragende Rolle.<br />
Daher sei es umso wichtiger, immer<br />
wieder Stellung zu beziehen und<br />
Diskriminierung jeglicher Form ganz<br />
klar abzulehnen, glaubt Große.<br />
In der zweiten großen Pause wurden<br />
nun sowohl die Schülerschaft als<br />
auch das Lehrkollegium am Gymnasium<br />
Sarstedt dazu aufgerufen, als<br />
menschlicher Regenbogen ein klares<br />
Zeichen zu setzen. Und wenngleich<br />
dieser – womöglich auch durch laufende<br />
Abiturprüfungen – eher übersichtlich<br />
war, zeigt sich Stefan Große<br />
optimistisch: „Wenn wir miteinander<br />
reden, wird er wachsen.“ Seit Beginn<br />
seiner Lehrerlaufbahn vor fünfundzwanzig<br />
Jahren habe sich bereits viel<br />
Eine kleine Fahne mit großer Symbolik: Zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter-<br />
und Transfeindlichkeit ziert eine Regenbogenflagge das Gebäude des Gymnasiums<br />
Sarstedt.<br />
getan und immer mehr Menschen<br />
würden sich um eine inklusivere<br />
Gesellschaft bemühen. „Und eigentlich“,<br />
so Große, „betreffen solche Fragen<br />
der eigenen Entfaltung ja alle“<br />
– unabhängig von sexueller Orientierung,<br />
Religion oder Hautfarbe. n<br />
Genossenschaftlich handeln heißt, … mehr