BOCHUM geht aus! 2024/25 - Leseprobe
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Mit Bohnen<br />
und Büchern<br />
Reportage<br />
Zwei Jahre existiert das Oktober Café am Willy-<br />
Brandt-Platz nun. Zeit für eine Bestandsaufnahme<br />
und die Geburtstagsrückschau. Geschenke<br />
gab es auch schon. Die haben sich die Macher<br />
quasi selbst gemacht. Kürzlich erhielt das Café<br />
nämlich die offizielle Bio-Zertifizierung und einen<br />
neuen Gastraum mit eigener Bibliothek obendrauf.<br />
Denn was <strong>geht</strong> schöner zusammen als eine<br />
gute Tasse Kaffee und spannende Lektüre. Und<br />
das Beste: Die Gäste müssen sich ihr Buch nicht<br />
einmal selbst mitbringen.<br />
Text: Stefanie Stüber<br />
Hannah Riese leitet<br />
das Oktober Café.<br />
Bild: Oliver Witt<br />
Barista Ramon<br />
Bild: Oktober<br />
Hübsch ist er geworden, der neue Raum im ersten Stock über<br />
dem Café. Lange Regalreihen mit hunderten von Büchern,<br />
eine entzückende Blumentapete und edle Ledersessel ziehen<br />
Besucher in Scharen an. Dass sie in der Bibliothek stilsichere<br />
Ästhetik erwartet, versteht sich von selbst, denn auch hier<br />
waren die Designer und Café-Inhaber René Wynands und seine<br />
Partnerin Silke Löhmann von der Agentur Oktober am Werk.<br />
„An manchen Tagen ist es oben voller als unten,“ gesteht<br />
Wynands. „Unten haben wir 120.000 Euro in die Sanierung<br />
und die Ausstattung gesteckt, oben nur 2000. Aber die Gäste<br />
wollen trotzdem oft lieber oben sitzen.“<br />
Das Prinzip der Bibliothek ist einfach. Entweder die Bücher vor<br />
Ort lesen oder es gilt: „Nimm ein Gutes, bring ein Gutes.“ Wer<br />
sich ein Buch <strong>aus</strong> dem Regal mit nach H<strong>aus</strong>e nimmt, muss ein<br />
Neues wieder hereinstellen. Alles ist erlaubt, außer rassistischen,<br />
populistischen und pornografischen Inhalten. Auf diese<br />
Weise ist der Anzahl der Bücher in kurzer Zeit ziemlich gewachsen.<br />
Auf eine alphabetische Anordnung müssen die Leserinnen<br />
und Leser allerdings verzichten. Ken Follet steht hier zwischen<br />
Georges Simenon und Emile Zola. Ist so aber eh viel lustiger<br />
und lädt ein zur <strong>aus</strong>giebigen Bestands-Erkundung.<br />
So einladend waren die Räumlichkeiten des Oktober-Cafés<br />
nicht immer. Als Wynands und Löhmann sie zusammen mit<br />
den Vermietern des Schlegel-H<strong>aus</strong>es vor mehr als zwei Jahren<br />
entdeckten, fanden sie ruinöse Verhältnisse vor. Jahrelang<br />
hatte sich niemand um den Lost Space gekümmert. Niemand<br />
ahnte, dass sich hinter der Fassade mit den Butzenscheiben<br />
noch etwas verbarg. Dementsprechend sah es <strong>aus</strong>. Im Eingangsbereich<br />
war ein riesiges Loch, es existierte keine Treppe,<br />
alles war voller Dreck und Schutt. Was man damit anstellen<br />
könnte, war aber sehr schnell klar. Ein Café sollte es sein.<br />
Noch am Tag der Entdeckung war dies beschlossene Sache. Es<br />
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