FINE - Das Weinmagazin - 65. Ausgabe - 02/2024
Hauptthema: BORDEAUX Château Lascombes: Frische Luft für einen Klassiker Weitere Themen dieser Ausgabe EDITORIAL Von Könnern und Kritikern NAPA VALLEY Cardinale Winery: Die Blackbox NAPA VALLEY Freemark Abbey: Harte Arbeit und Visionen NAPA VALLEY Lokoya Winery: Das gebirgige Quartett WEIN & SPEISEN Jürgen Dollase isst im Vendôme in Bergisch Gladbach GENIESSEN Der sanfte Berliner Blau von Urstrom Käse UMBRIEN Nibbio della Sala: Das Gipfelwerk PORTRÄT Renzo Cotarella: Der Vertraute des Marchese DIE PIGOTT-KOLUMNE Platzt gerade eine globale Weinblase? CHAMPAGNE Egly-Ouriet: Perlen ohne Allüren CHAMPAGNE Charles Heidsieck: Ein tiefes Verständnis von Zeit CHAMPAGNE Krug × Schiller: Wie man Champagner vertont DAS GROSSE DUTZEND Rosé-Champagner aus der Magnum GESPRÄCH Jeannie Cho Lee MW über den Weinmarkt in Asien SCHWEIZ Die nächste Generation übernimmt – sechs Beispiele PORTRÄT Der streitbare Schreiber und Winzer Armin Diel WEIN & ZEIT Der Weinbau im Burgenland nach dem Ersten Weltkrieg BADEN Schloss Ortenberg: Neuanfang dank Thomas Althoff ABGANG Im Zweifel für das Schweigen
Hauptthema: BORDEAUX Château Lascombes: Frische Luft für einen Klassiker
Weitere Themen dieser Ausgabe
EDITORIAL Von Könnern und Kritikern
NAPA VALLEY Cardinale Winery: Die Blackbox
NAPA VALLEY Freemark Abbey: Harte Arbeit und Visionen
NAPA VALLEY Lokoya Winery: Das gebirgige Quartett
WEIN & SPEISEN Jürgen Dollase isst im Vendôme in Bergisch Gladbach
GENIESSEN Der sanfte Berliner Blau von Urstrom Käse
UMBRIEN Nibbio della Sala: Das Gipfelwerk
PORTRÄT Renzo Cotarella: Der Vertraute des Marchese
DIE PIGOTT-KOLUMNE Platzt gerade eine globale Weinblase?
CHAMPAGNE Egly-Ouriet: Perlen ohne Allüren
CHAMPAGNE Charles Heidsieck: Ein tiefes Verständnis von Zeit
CHAMPAGNE Krug × Schiller: Wie man Champagner vertont
DAS GROSSE DUTZEND Rosé-Champagner aus der Magnum
GESPRÄCH Jeannie Cho Lee MW über den Weinmarkt in Asien
SCHWEIZ Die nächste Generation übernimmt – sechs Beispiele
PORTRÄT Der streitbare Schreiber und Winzer Armin Diel
WEIN & ZEIT Der Weinbau im Burgenland nach dem Ersten Weltkrieg
BADEN Schloss Ortenberg: Neuanfang dank Thomas Althoff
ABGANG Im Zweifel für das Schweigen
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DAS GIPFELWERK<br />
WEIT OBEN IN DEN HÜGELN SEINER HEIMAT UMBRIEN HAT RENZO<br />
COTARELLA ENDLICH DEN RICHTIGEN WEINBERG FÜR DEN KÜHLEN,<br />
KLAREN CHARDONNAY GEFUNDEN, DER IHM JAHRZEHNTELANG<br />
VORSCHWEBTE. SEIN NIBBIO IST EIN SEHR PERSÖNLICHER HÖHEPUNKT<br />
IM GRANDIOSEN LEBENSWERK VON ANTINORIS CHEFÖNOLOGEN<br />
Von RAINER SCHÄFER<br />
Fotos THILO WEIMAR<br />
Manches Projekt braucht länger als gedacht, und alle Hindernisse und Komplikationen machen es erst recht<br />
zu einer Herzenssache. Renzo Cotarella ist nicht für große Sentimentalitäten bekannt, aber beim Nibbio<br />
wird mitten im energischen Redefluss seine Stimme kehliger und rauer. Jahrzehnte habe er von diesem<br />
Wein geträumt, und nun, erst seit dem Jahrgang 2019, gebe es endlich diesen einzigartigen Chardonnay aus<br />
Umbrien. »Der Nibbio ist mein Kind«, sagt der Chefönologe und Generaldirektor des Antinori-Imperiums,<br />
»ich habe fast mein ganzes Leben lang an diesen einen Wein gedacht. Seit ich vor 45 Jahren begonnen habe,<br />
Wein zu machen, wollte ich ihn schaffen, vom ersten Tag an wuchs die Idee für den Nibbio in meinem Kopf.«<br />
Um die besonders innige Beziehung von Renzo Cotarella<br />
zu seinem Ausnahme-Chardonnay zu verstehen, muss<br />
man zurückgehen in seiner glanzvollen Karriere. Seine<br />
erste Stelle als Kellermeister trat er auf Antinoris Castello della<br />
Sala in Umbrien an, wenige Kilometer von Orvieto entfernt. Die<br />
mächtige mittelalterliche Festung wacht nahe der Grenze zur<br />
Toskana über eine grüne Hügellandschaft mit längst erloschenen<br />
Vulkanen, Wäldern, Weinbergen, Wiesen und Weizenfeldern,<br />
die am Morgen nur allmählich aus dem Nebel hervortritt<br />
und Kontur annimmt. In diesem beschaulichen Naturambiente<br />
scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Ländereien des<br />
Kastells umfassen stolze 600 Hektar, 200 davon mit Reben<br />
bepflanzt. Die meisten Weinberge liegen neben und über<br />
der prächtigen Burganlage, einige davon sind als Terrassen<br />
angelegt; sie ziehen sich hin bis zum Monte Nibbio. 1979 hatte<br />
Piero Antinori den damals 25-Jährigen angeheuert, der sich<br />
noch keinen großen Namen in der Weinbranche hatte machen<br />
können – eine überraschende und mutige Entscheidung des<br />
gewöhnlich sehr umsichtigen Marchese.<br />
Renzo Cotarella war ganz in der Nähe in Castel Viscardo<br />
als Sohn einer Bauernfamilie aufgewachsen, die das fruchtbare<br />
Land bestellte und auch Reben anbaute. Die Ernte, erinnert<br />
er sich, wurde als schlichter Fasswein getrunken und verkauft.<br />
Hier begann seine Bilderbuchkarriere als weltweit geschätzte<br />
Weinkoryphäe, auch wenn es anfangs gar nicht danach aussah.<br />
Zunächst habe er sich für Chemie interessiert, sich dann<br />
den Agrarwissenschaften zugewandt und schließlich den Wein<br />
entdeckt, doch »in dieser Szene zu arbeiten, konnte ich mir lange<br />
Zeit nicht vorstellen«. Trotzdem fand er dort seine Bestimmung:<br />
Cotarella hat einige der besten Rotweine Italiens geformt, Super-<br />
Toskaner wie Solaia und Tignanello, daneben Maßstäbe für Stil<br />
und Qualität des zeitgemäßen Chianti Classico gesetzt. Aber<br />
Weißwein, sagt der 69-Jährige, stehe auch für seine Herkunft<br />
und seine innige Verbundenheit mit Umbrien. Seit zwei Jahrtausenden<br />
würden dort helle Trauben angebaut, schon die<br />
Etrusker hätten daran ihre Freude gehabt: »Ich bin mit Weißwein<br />
aufgewachsen, davon wurde ich geprägt, damit habe ich<br />
meine ersten Erfahrungen gemacht.« Nur sei Weißwein in Italien<br />
schwieriger zu erzeugen als Rotwein, allein schon wegen<br />
des mediterranen Klimas. Man müsse dabei mehr Parameter<br />
und Details beachten – zumindest, kann man hinzufügen, wenn<br />
man so einen gewaltigen Anspruch hat wie Renzo Cotarella.<br />
Aber der stellt sich gerne komplizierten Aufgaben. Auf<br />
Castello della Sala erfand er den Cervaro della Sala aus Chardonnay<br />
und einer Dosis der lokalen Rebsorte Grechetto, der<br />
noch immer als einer der besten Weißweine Italiens gilt. »Seine<br />
erste große Liebe« nennt ihn der Önologe, und wenn er entscheiden<br />
müsste, welche Flasche Wein er als allerletzte trinken<br />
wolle, dann fiele seine Wahl auf den Cervaro della Sala von 1986.<br />
Mit dem unerwarteten Erfolg dieses Weins begann Cotarella<br />
seine triumphale Laufbahn, und doch war er nicht ganz zufrieden,<br />
was auch in seinem Naturell liegt. In ihm wuchs das Verlangen<br />
Castello della Sala<br />
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