matthäuspassion 1112 - Gürzenich Orchester
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Die Matthäus-Passion<br />
von J. S. Bach<br />
Andreas Friesenhagen<br />
Im Mai 1723 trat Johann Sebastian Bach das Amt als Kantor der<br />
Thomasschule und Musikdirektor der vier Stadtkirchen in Leipzig<br />
an, das er bis zu seinem Tod am 28. Juli 1750 innehaben sollte.<br />
Schon am ersten Sonntag nach Trinitatis, der in jenem Jahr auf<br />
den 30. Mai fiel, führte er in Leipzig seine erste große konzertante<br />
Kirchenmusik auf: die zweiteilige Kantate »Die Elenden sollen<br />
essen« BWV 75. Aufgeführt im Hauptgottesdienst in der Nicolaikirche<br />
vor einer sicherlich erwartungsvoll zuhörenden Gemeinde,<br />
wurde die Kantate mit »guten applausu« bedacht, wie eine Leipziger<br />
Chronik festhält. Bach hatte das Werk noch in Köthen komponiert,<br />
wo er bis zum April 1723 sechs Jahre als Hofkapellmeister tätig<br />
gewesen war. Aber schon in der darauffolgenden Woche legte er<br />
eine konzertante Kirchenmusik vor, die ganz neu in Leipzig entstanden<br />
war. Die Kantate »Die Himmel erzählen die Ehre Gottes«<br />
BWV 76 ist ähnlich dem Werk des vorigen Sonntags strukturiert<br />
und lässt Bachs Ehrgeiz als Komponist nur allzu deutlich erkennen.<br />
Nicht allein die Vielfalt der Sätze und der Reichtum der Ideen,<br />
auch die abwechslungsreiche Besetzung, die unter anderem eine<br />
solistische Viola da Gamba vorsieht, machen klar, dass Bach sich<br />
den Leipzigern gleich zu Beginn seiner Amtszeit als Komponist<br />
präsentieren wollte, der höchste Kunstfertigkeit in den Dienst einer<br />
eindringlichen Auslegung der kirchlichen Texte zu stellen verstand.<br />
Mit den beiden Kantaten gab Bach gleichsam das Programm für<br />
die kommenden Jahre im Amt des Thomaskantors vor. Denn er<br />
hatte den kühnen Plan gefasst, ab sofort für jeden Sonn und<br />
Feiertag des Kirchenjahrs eine Kantate bereitzustellen. Die Anzahl