Nr. 91 - Sommer 2024
Calanques de Sugiton; Ein Paradies für Fußgänger in der Charente-Maritime; Klappernde Hufe im Herzen Frankreichs; Hinter den Kulissen des Moulin Rouge; Die "Route de la Lavande"; Frankreich, ein Eldorado für MacDonal's ?; Notre-Dame de Paris; Marie Sizun; "Stehenden Steine" in der Bretagne; Eine Vision von Wein "Made in Auvergne"... Chantals Rezept... und viel mehr!
Calanques de Sugiton; Ein Paradies für Fußgänger in der Charente-Maritime; Klappernde Hufe im Herzen Frankreichs; Hinter den Kulissen des Moulin Rouge; Die "Route de la Lavande"; Frankreich, ein Eldorado für MacDonal's ?; Notre-Dame de Paris; Marie Sizun; "Stehenden Steine" in der Bretagne; Eine Vision von Wein "Made in Auvergne"... Chantals Rezept... und viel mehr!
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mich seltsamerweise sehr. Damals war ich aber mit dem<br />
Unterrichten, drei Kindern und einem Haus mehr als<br />
ausgelastet. In dieser Zeit habe ich im Übrigen auch noch<br />
nicht geschrieben. Damit fing ich erst an, als ich mit Rentenbeginn<br />
wieder nach Paris zog.<br />
Sind Sie jemals nach Deutschland zurückgekehrt?<br />
Nein. Ich war mehrfach versucht, da man mich anlässlich<br />
der Veröffentlichung meiner Bücher einlud. Aber<br />
ich kann nicht. Das ist, wie wenn man ein Haus verlässt,<br />
in dem man sich sehr wohl gefühlt hat. Kehrt man später<br />
dorthin zurück, stellt man fest, dass nun andere Menschen<br />
darin wohnen. Das ist ein Moment der Wahrheit.<br />
Ein Höhepunkt, in dem sich die ganze Liebe, die man für<br />
einen Ort verspürt hat, verdichtet. Ich habe Deutschland<br />
verlassen, das Land war ein Teil meines Lebens, und die<br />
Zeit war sehr schön. Diese Erinnerung möchte ich mir<br />
bewahren.<br />
Sie leben sowohl in Paris als auch in der Bretagne. Diese Region<br />
liegt Ihnen sehr am Herzen und sie zieht ebenfalls viele<br />
Deutsche an ...<br />
Genau. Das ist für mich eine wunderbare Gelegenheit,<br />
Deutsche zu treffen. Sie mögen die Bretagne in der<br />
Tat sehr gern. Ich liebe es, im Pays bigouden spazieren zu<br />
gehen und plötzlich Deutsch zu hören. Dann nähere ich<br />
mich diskret und höre ein bisschen zu. Vor allem, wenn<br />
ich den baden-württembergischen Dialekt höre, berührt<br />
mich das sehr. Die Bretagne ist eine authentische Region,<br />
und ich kann nachvollziehen, warum die Deutschen<br />
sie sehr schätzen. Île-Tudy ist für mich ein kleines Paradies.<br />
Das ehemalige Fischerdorf im Süden des Finistère<br />
war früher eine Insel. Daher erscheint es wie das « Ende<br />
der Welt », und es besitzt eine Natürlichkeit, die mich<br />
wunschlos glücklich macht. Wie lange das anhalten wird?<br />
Das weiß ich nicht. Das Dorf ist einer von 14 Kandidaten<br />
für die Wahl zum Village préféré des Français <strong>2024</strong><br />
(Anm. d. Red.: Der Sieger wird am 12. Juni <strong>2024</strong> von<br />
Stéphane Bern auf France 3 bekannt gegeben). Das wird<br />
zwangsläufig Besucher anziehen. Ich hoffe, der Ort kann<br />
sich seine Seele bewahren.<br />
Wie werden Deutsche in der Bretagne Ihrer Meinung nach<br />
aufgenommen?<br />
Wissen Sie, das Leben hat mich gelehrt, dass es keinen<br />
Sinn hat, die Geschichte vergessen zu wollen. Im Gegenteil.<br />
Man muss sie kennen und aus ihr lernen. Es wäre also<br />
lächerlich, verleugnen zu wollen, dass die Bretonen während<br />
der deutschen Besatzung gelitten haben und dass die<br />
Erinnerung daran manchmal sehr beharrlich ist. Glücklicherweise<br />
ändern sich die Zeiten jedoch und die jüngere<br />
Generation lebt nicht mehr mit denselben Ressentiments<br />
- im Gegenteil. Europa hat dazu viel beigetragen. Wenn<br />
die Bretonen heute manchmal aufbegehren, dann gegen<br />
die Überhandnahme des Tourismus, gegen arrogante<br />
Touristen, die zu demonstrativ mit Geld umgehen. Bretonen<br />
sind zurückhaltende, diskrete Menschen, die so ein<br />
Verhalten nicht mögen. Die Deutschen, die ich hier treffe,<br />
haben meist dieselbe Philosophie. Sie sitzen gerne auf der<br />
Terrasse eines Cafés am Hafen und beobachten das Treiben<br />
um sich herum. Sie schätzen es, abends spazieren zu<br />
gehen, den Sonnenuntergang zu beobachten oder sich auf<br />
einen leckeren Pfannkuchen zu freuen.<br />
Würden Sie Ihrer Erfahrung nach sagen, dass Deutsche und<br />
Franzosen sich ähnlich sind?<br />
Glücklicherweise sind sie unterschiedlich, denn gerade<br />
das macht den Charme aus. Das sollte man niemals vergessen.<br />
Ich bin aber nicht in der Lage, Ihnen zu sagen,<br />
worauf der Unterschied beruht. Man sagt beispielsweise,<br />
dass Deutsche oft die negative Seite der Dinge sehen<br />
oder dass Franzosen etwas spontaner sind. Solchen Verallgemeinerungen<br />
gegenüber war ich aber schon immer<br />
misstrauisch. Ehrlich gesagt, mag ich es nicht, immer<br />
alles erklären zu wollen. Warum war ich, als ich jung war,<br />
vom deutschen Charme angezogen, während die jungen<br />
Franzosen mich nicht interessierten? Für mich ist das ein<br />
Mysterium. Es hat etwas Unbeschreibliches, gleichzeitig<br />
aber auch etwas sehr Reales. Genauso ist das Leben. Und<br />
glücklicherweise ist es schön!<br />
Marie Sizun, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2024</strong> · 81