Nr. 91 - Sommer 2024
Calanques de Sugiton; Ein Paradies für Fußgänger in der Charente-Maritime; Klappernde Hufe im Herzen Frankreichs; Hinter den Kulissen des Moulin Rouge; Die "Route de la Lavande"; Frankreich, ein Eldorado für MacDonal's ?; Notre-Dame de Paris; Marie Sizun; "Stehenden Steine" in der Bretagne; Eine Vision von Wein "Made in Auvergne"... Chantals Rezept... und viel mehr!
Calanques de Sugiton; Ein Paradies für Fußgänger in der Charente-Maritime; Klappernde Hufe im Herzen Frankreichs; Hinter den Kulissen des Moulin Rouge; Die "Route de la Lavande"; Frankreich, ein Eldorado für MacDonal's ?; Notre-Dame de Paris; Marie Sizun; "Stehenden Steine" in der Bretagne; Eine Vision von Wein "Made in Auvergne"... Chantals Rezept... und viel mehr!
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Marie Sizun<br />
Eine Liebe zu zwei Ländern<br />
und zwei Sprachen<br />
Marie Sizun, gerade wurde in Frankreich Ihr 16. Buch mit<br />
dem Titel « 10, villa Gagliardini » veröffentlicht (Arléa, <strong>2024</strong>,<br />
234 Seiten, 20 €, ISBN 978-2363083579). Es ist vermutlich<br />
eines Ihrer persönlichsten Werke. Sie erzählen darin vom<br />
Leben einer mittellosen französischen Familie in Paris in der<br />
Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Bei einem kleinen Mädchen<br />
– bei Ihnen – entsteht damals ein Gefühl des Aufbegehrens<br />
gegen die Ungerechtigkeit. Dennoch verspürt dieses Mädchen<br />
auch schon sehr früh das Bedürfnis, die Dinge positiv zu sehen,<br />
seinen eigenen Weg zu gehen und sich seinen Platz in der<br />
Gesellschaft zu erkämpfen. Es ist ein Buch voller Hoffnung ...<br />
Ja, das ist es wirklich. Es war nicht vorhersehbar, dass<br />
das kleine, etwas ungezähmte Mädchen, von dem ich<br />
erzähle, das mit seiner Mutter in bescheidenen Verhältnissen<br />
in einer kleinen Wohnung lebt, im Leben so gut<br />
zurechtkommt, eine andere Welt kennenlernt, Dozentin<br />
für Literaturwissenschaft und sogar Schriftstellerin wird<br />
... Es ist in der Tat ein Buch voller Hoffnung. Genau das<br />
wollte ich vermitteln, wobei ich nichts erfunden habe.<br />
Trotz familiärer und finanzieller Schwierigkeiten und<br />
einem ausgeprägten Gefühl der Unterlegenheit, war ich<br />
in der kleinen Wohnung in der Villa Gagliardini <strong>Nr</strong>. 10<br />
nicht nur glücklich, sondern ich konnte mir dank der<br />
Schule und meiner Freunde – und nicht zuletzt auch dank<br />
der Entdeckung von Kino und Literatur – einen Platz in<br />
der Gesellschaft erobern. Wie viele Kinder leben heutzutage<br />
unter ähnlich schwierigen Bedingungen wie ich<br />
damals? Ich hoffe, dass ihnen dieses Buch in die Hände<br />
fällt und sie darin eine Art Spiegel entdecken, in dem sie<br />
sich wiedererkennen. Es ist nicht einfach, seinen Platz im<br />
Leben zu finden, aber jeder hat ein Anrecht darauf. Und<br />
das Leben ist voller Überraschungen!<br />
Apropos Überraschungen: Deutschland nimmt in Ihrem Leben<br />
einen breiten Raum ein, obwohl es nicht vorhersehbar war,<br />
dass Sie dorthin reisen ...<br />
Das stimmt. Mein Vater wurde im Krieg gefangen genommen<br />
und hasste Deutschland. Ich selbst wurde 1940,<br />
also mitten im Krieg, geboren. Wie viele Franzosen der<br />
damaligen Zeit wuchs ich mit dem Feindbild der « bösen<br />
Deutschen » auf. Und doch hat mich Deutschland schon<br />
sehr früh angezogen, und das, obwohl ich Englisch und<br />
Griechisch studierte! Das Land hat mir so gut gefallen,<br />
dass ich sogar einen Deutschen heiratete und elf Jahre mit<br />
ihm zusammenlebte. Als ich Deutschland wieder verließ,<br />
war es beinahe unter Tränen. Das zeigt, dass man Vorurteile<br />
überwinden und die Überraschungen, die das Leben<br />
bietet, annehmen muss.<br />
Was war Ihrer Meinung nach der Grund für diese Traurigkeit,<br />
als Sie Deutschland verließen?<br />
Ich glaube, diese Zeit in meinem Leben hat in mir etwas<br />
geweckt, das in meinem Innersten schlummerte. Es<br />
ist schwierig, das in Worte zu fassen. Ich glaube, dass ich<br />
dort Gefühle entdeckt habe, eine bestimmte Art zu leben,<br />
die in gewisser Weise ein Teil von mir waren, den ich<br />
nicht kannte. Vielleicht war die Tatsache, dass ich schwedische<br />
Vorfahren habe, dafür mitverantwortlich. Obwohl<br />
Karlsruhe, wo ich gelebt habe, nicht gerade der Norden<br />
Deutschlands ist, empfinde ich das so.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2024</strong> · 79