Nr. 91 - Sommer 2024

Ein Wettbewerb für sechs
moderne Kirchenfenster
Emmanuel Macron nutzte die Gelegenheit darüber
hinaus, um ein Projekt anzukündigen, das ihm offenbar
sehr am Herzen liegt: « Auf Wunsch des Pariser Erzbischofs
», Monseigneur Laurent Ulrich, soll ein « künstlerischer
Wettbewerb » ausgeschrieben werden, um « sechs
moderne Kirchenfenster für die Seitenkapellen im Südschiff
» zu kreieren. Mit demselben Elan bekräftigte der
Präsident, dass im Hôtel-Dieu, das direkt neben der Kathedrale
auf der Île de la Cité liegt, ein Musée de l’Œuvre
de Notre-Dame eingerichtet werde. Dieses Museum soll
« sowohl Geschichts- und Kunstmuseum sein als auch ein
Museum, das die ständigen Arbeiten an Notre-Dame de
Paris zeigt ». Die beiden Informationen wurden in den
folgenden Tagen logischerweise von der Presse und anderen
Medien aufgegriffen. Im Laufe der Zeit entstand eine
gewisse Polemik: Ist es wirklich sinnvoll, moderne Kunst
in die Kirche zu integrieren? Sollte man sie nicht lieber
vollkommen identisch rekonstruieren? Emmanuel Macron
hatte bereits kurz nach dem Brand die Idee in den Raum
gestellt, den zerstörten Vierungsturm von Notre-Dame
durch eine moderne Ausführung zu ersetzen. Nachdem
umgehend Protestgeschrei laut wurde, ruderte er jedoch
wieder zurück. Obwohl der neue Vorschlag für « moderne
Kirchenfenster » vorgeblich vom Pariser Erzbischof
kam, hatten viele den Eindruck, er trage den Stempel des
Staatspräsidenten, sodass die Debatten erneut aufflammten.
Modern und alt passen
durchaus zusammen
Dabei sind nicht alle einer derartigen Modernisierung
gegenüber ablehnend eingestellt. Es gibt durchaus Historiker
und Spezialisten für die Architektur der Kirche,
für die der Gedanke an moderne Kunst in Form von
neuen Kirchenfenstern nichts Abwegiges hat. Ganz im
Gegenteil. Schließlich ist allgemein bekannt, dass bereits
in mehreren französischen Kirchen zeitgenössische
Bleiverglasungen auf gelungene Weise modern und alt
verbinden: die Kathedrale von Metz (Moselle) mit den
Frankreich erleben · Sommer 2024 · 75