Lobetal Aktuell 2/2024
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Foto © Marco Riedel<br />
Pfarrer Matthias Albrecht<br />
Ort der Stille im Lazarus Hospiz Berlin<br />
Nachgedacht:<br />
Reinigen einer Straße als Gebet - geht das?<br />
Seelsorger Matthias Albrecht beschäftigte<br />
diese Frage bei der Andacht anlässlich des<br />
25-jährigen Jubiläums des Lazarus Hospizes<br />
Berlin. Er erzählte die Geschichte von<br />
einem Mann (verfasst als Gedicht von Dorothee<br />
Sölle), der mit einem Besen in der<br />
Hand zweieinhalb Meter Straße kehrte.<br />
Das tat er sorgfältig. Er beseitigte Abfall<br />
und Schmutz auf einer winzigen Fläche<br />
mitten in einer riesigen Fläche von Abfall<br />
und Schmutz. Der Mann war gebückt, vom<br />
Leben gezeichnet. Am Ende heißt es:<br />
Und ich sah einen Mann in<br />
der 126igsten Straße<br />
einen Besen in der Hand<br />
es gibt viele Arten zu beten<br />
mit dem Besen<br />
hatte ich es bislang<br />
noch nicht gesehen<br />
Matthias Albrecht führt aus:<br />
„Dieser Text von Dorothee Sölle bedeutet<br />
mir sehr viel, weil er die gemeinsame<br />
Arbeit an einer großen<br />
Aufgabe im Blick hat, aber auch<br />
zeigt, dass jede und jeder von uns<br />
aus der eigenen Profession und<br />
Perspektive arbeitet. Beim Erarbeiten<br />
des Leitbildes haben wir uns<br />
aus unserer persönlichen Geschichte<br />
erzählt über unsere Vorbilder<br />
unser Werden im Beruf. Wir haben<br />
viel Berührendes wahrgenommen,<br />
auf welchen Wegen wir jeweils in<br />
der Hospizarbeit gelandet sind. Das<br />
war sehr verbindend. Und auch da<br />
wo jede ihren Aufgaben manchmal<br />
ganz allein nachgeht, bleibt<br />
diese Klammer. Es ist wie mit dem<br />
Straßenkehrer, den Dorothee Sölle<br />
beobachtet hat. Das Stück Arbeit,<br />
das er erledigt, geschieht in Hingabe<br />
an seine Tätigkeit. Und solche<br />
Hingabe an unsere Tätigkeiten ist<br />
wie ein Gebet.<br />
Warum bist Du hier? Was begegnet<br />
Dir? Diese Fragen führen zu tiefen<br />
und inspirierenden Gesprächen. Es<br />
öffnen sich Horizonte, ein ganzes<br />
Universum von Geschichten. Ich<br />
erfahre: Die Arbeit mit Menschen<br />
bewegt sich ständig an den Grenzen<br />
des Lebens. Das hat für mich<br />
auch eine spirituelle Dimension,<br />
auch wenn ich diese nicht ständig<br />
reflektiere. Doch es lohnt sich<br />
hinzuschauen. Der Mystiker Meister<br />
Eckhart, (1260-1328) schreibt:<br />
Gott aber, hat man ihn überhaupt,<br />
so hat man ihn allerorten; auf der<br />
Straße und unter den Leuten so gut<br />
wie in der Kirche oder in der Einöde<br />
oder in der Zelle.<br />
Der Mann, von dem uns Dorothees<br />
Sölle erzählt, ist dabei nicht unversehrt.<br />
Das Leben hat ihn gezeichnet.<br />
Da gibt das Leben, gibt der<br />
Himmel, uns keine Garantie. Auch<br />
wir sind alles andere als perfekt<br />
und tragen doch gemeinsam einen<br />
großen Dienst.<br />
Der Horizont unserer Arbeit ist dabei<br />
viel größer ist als das, was uns<br />
hier im Hospiz und an anderen Orten<br />
immer wieder in der Alltagsarbeit<br />
begegnet. Da sind die, die<br />
schon vor uns „die Straße gekehrt“<br />
haben, um in dem Bild zu bleiben.<br />
Da gab es die Visionäre und der<br />
Aufbauarbeit und das Wagnis des<br />
Beginns. Andere haben später das<br />
Werk weitergeführt. Da gibt es<br />
auch viel Hintergrundarbeit in der<br />
Stiftung, Verwaltung, Geschäftsführung<br />
bis hin zu IT, um nur einige<br />
zu nennen. Es gibt Freundinnen<br />
und Förderer. Alles sorgt für<br />
das Gelingen. (Anm.: Diesen Satz<br />
kann ich so nicht unterschreiben.<br />
Ich habe auch manch unheilvolles<br />
Tun erlebt. Und dass das Werk<br />
trotzdem gelingt, mag göttliches<br />
Geheimnis sein.)<br />
In der Bibel gibt es das Bild vom<br />
Haus aus lebendigen Steinen. Jeder<br />
Stein hat einen anderen Ort<br />
und eine andere Funktion in dem<br />
Bauwerk. Heute nehmen wir einander<br />
in einem ganz großen Rahmen<br />
wahr. Wir halten inne, sind<br />
dankbar und feiern das, was in den<br />
letzten 25 Jahren hier entstanden<br />
ist. Und wir freuen uns, dass wir in<br />
der Stiftung gemeinsam mitwirken<br />
am Bau dieses Hauses. Über dem<br />
Eingang steht das Leitwort: Gemeinschaft<br />
verwirklichen."<br />
Pfarrer Matthias Albrecht<br />
Fotos © Pixabay<br />
4 <strong>Lobetal</strong> aktuell<br />
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