Roth Journal_2024-06_01-24_red
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FREIE WALDORFSCHULE WENDELSTEIN<br />
Tränen wider das Vergessen<br />
Zeitzeugin Eva Franz besucht die Freie Waldorfschule Wendelstein –<br />
Mahnung vor gesellschaftlicher Ausgrenzung<br />
Eva Franz, bald 84-jährige Zeitzeugin des<br />
Nationalsozialismus, besucht die Schülerinnen<br />
und Schüler der Oberstufe der Waldorfschule<br />
Wendelstein. Die Jugendlichen sind<br />
betroffen angesichts der emotionalen Schilderungen.<br />
"Hilft Ihnen das Erzählen bei der Verarbeitung<br />
der schrecklichen Erlebnisse?", fragt<br />
ein Schüler der 12. Klasse vorsichtig und behutsam.<br />
Tränenreich hatte die bald 84-jährige<br />
Eva Franz den Schülerinnen und Schülern<br />
der Oberstufe der Wendelsteiner Waldorfschule<br />
ihre Lebensgeschichte erzählt. Über<br />
eine Stunde war es mucksmäuschenstill im<br />
Saal gewesen. Betroffene Gesichter. Betretenes<br />
Schweigen bis zur Fragerunde am Ende.<br />
"Nein!", ist die prompte Antwort. "Ich erzähle<br />
das, damit es nicht vergessen wird und<br />
damit es nie wieder geschieht."<br />
Eva Franz kam in Schlesien zur Welt. Ihre<br />
Familie gehörte zur Minderheit der Sinti<br />
und Roma. Als kleines Mädchen erlebte sie<br />
die Schrecken von Auschwitz, Ravensbrück<br />
Foto: FWW, S. Grau<br />
Zeitzeugin Eva Franz spricht zu den Jugendlichen,<br />
damit die NS-Gräuel nicht vergessen werden.<br />
und Bergen Belsen. Viele Verwandte und Bekannte<br />
wurden vergast. Ihre ältere Schwester<br />
starb vor Hunger. Ihre Mutter brach vor<br />
Evas Augen bei der schweren Zwangsarbeit<br />
zusammen und kam nie wieder.<br />
Der Vater wurde zur Abschreckung am Appellplatz<br />
vor allen ausgepeitscht, weil er versucht<br />
hatte, für die kleine Tochter Essen zu<br />
besorgen – trotz der Aufseher, der Wachtürme<br />
und der Scheinwerfer. Die Not und die<br />
Sorge um das Kind ließen ihn das Risiko der<br />
Entdeckung eingehen. Er wurde nach Mauthausen<br />
gebracht. Später erkannte er seine<br />
Tochter in einem Nothospital an einer Narbe<br />
und der für immer eintätowierten Nummer<br />
wieder.<br />
Sehr emotional sind die Schilderungen der<br />
betagten Dame. Schier unvorstellbar sind die<br />
Lebensumstände in den Lagern, die Grausamkeiten,<br />
der Sadismus. Moderatorin Birgit<br />
Mair begleitet Eva Franz sehr einfühlsam.<br />
Sie fügt hinzu, dass es die Ausgrenzung von<br />
Minderheiten schon lange vor dem Nationalsozialismus<br />
gab und dass es sie auch heute<br />
noch gibt. "Die Gleichgültigkeit in der Gesellschaft<br />
wird ausgenutzt. Die Demokratie<br />
muss erhalten bleiben. Die AFD ist gefährlich."<br />
Mutig positioniert sie sich deutlich.<br />
Wo fängt Ausgrenzung auch heute im Alltag,<br />
im Kleinen, in den Klassen an? Es lohnt<br />
sich gewiss, dieser Frage nachzugehen.<br />
<br />
Sabine Zäpfel<br />
IG BAU MITTELFRANKEN<br />
58.100 Menschen gehen im Kreis <strong>Roth</strong> zur Arbeit –<br />
Viele unterschätzen die Gefahr bei Jobs unter freiem Himmel<br />
Wer arbeitet, ärgert sich auch mal: „Genervte<br />
Kunden, Zeitdruck und die Montagslaune<br />
der Kollegen – im Job läuft nicht immer<br />
alles rund. Davon kann wohl jeder ein<br />
Lied singen.<br />
Und das sind im Landkreis <strong>Roth</strong> immerhin<br />
rund 58.100 Menschen, die hier einen Arbeitsplatz<br />
haben“, sagt Iris Santoro von der<br />
IG BAU Mittelfranken. Es sei allerdings wichtig,<br />
dass der Alltagsärger im Job nicht krank<br />
mache. Überhaupt komme es darauf an, auf<br />
die Gesundheit am Arbeitsplatz zu achten.<br />
„Jeder denkt dabei in erster Linie allerdings<br />
an Unfälle: Klar, Fassadenreiniger, Gerüstbauer<br />
und Dachdecker leben gefährlich, was<br />
die Sturzgefahr angeht. Und trotzdem gibt<br />
es auch versteckte Gefahren am Arbeitsplatz,<br />
die man nicht gleich auf dem Schirm<br />
hat: die Sonne zum Beispiel“, warnt Iris Santoro.<br />
UV-Strahlung und Hitze würden fast<br />
immer unterschätzt. Vom Hautkrebs bis zum<br />
Kreislaufkollaps: „Jobs unter freiem Himmel<br />
sind gefährlich. Die Arbeit in praller Sonne<br />
kann krank machen“, so die Bezirksvorsitzende<br />
der IG BAU Mittelfranken. Von der<br />
Gärtnerin bis zum Straßenbauer, der mit<br />
heißem Asphalt arbeitet: „Wer einen ‚Sonnen-Job‘<br />
hat, muss sich schützen. Es ist dabei<br />
wichtig, auf Warnsignale zu achten. Dazu<br />
gehören Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen,<br />
Nackenschmerzen, Müdigkeit, übermäßiger<br />
Durst und Krämpfe. Aber auch Unruhe,<br />
Aggressivität und Verwirrtheit“, erklärt<br />
Iris Santoro. Schatten durch Sonnensegel<br />
und regelmäßige Pausen seien wichtig. Vor<br />
allem aber auch intensives Eincremen mit<br />
Sonnenmilch und regelmäßiges Trinken: Die<br />
IG BAU empfiehlt drei bis fünf Liter Wasser<br />
an Sonnentagen.<br />
„Der nächste Sommer kommt bestimmt.<br />
Und Sonnenschutz ist längst ein Top- Thema<br />
beim Arbeitsschutz“, sagt Iris Santoro.<br />
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