Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Rosa</strong> die <strong>Blumenfee</strong>
Seid ihr schon einmal an einem Frühlingsmorgen so früh aufgewacht, dass ihr die<br />
Sonne über einer Blumenwiese habt aufgehen sehen? Wenn die Blumen ihre Knospen<br />
öffnen, um den neuen Tag zu begrüßen? Wenn der Morgennebel sich langsam<br />
auflöst und die ersten Insekten sich in die Luft erheben, um Nektar zu trinken.<br />
So war es auch an diesem Morgen. Eine schöne große Glockenblume öffnete ihren<br />
Kelch und in der Mitte, da wo die Blütenstempel sind, lag zusammengekauert eine<br />
kleine <strong>Blumenfee</strong>. Als Die Glockenblume ihren Kelch öffnete, purzelte die kleine Fee<br />
in das weiche grüne Frühlingsgras.<br />
Ihr Name war <strong>Rosa</strong> und so sah sie<br />
auch aus. Ihr Gesichtchen, ihr Kleidchen,<br />
ja sogar ihre Flügelchen waren<br />
rosarot. <strong>Rosa</strong> reckte und streckte<br />
sich, gähnte ausgiebig und machte<br />
die himmelblauen Augen auf. Sie<br />
blinzelte ein wenig, denn die Sonne<br />
stand schon hoch am Himmel. „Oh,<br />
ich habe verschlafen. Dabei wollte<br />
ich heute Morgen früh aufstehen.<br />
Na ja, macht nichts. Ich habe ja<br />
heute nichts weiter vor.“ Sagte sie zu<br />
sich selbst. Dann nahm sie von<br />
einem Grashalm einen Tautropfen<br />
und wusch sich ihr Gesicht. <strong>Blumenfee</strong>n<br />
sind reinliche kleine Wesen, die Schmutz nicht leiden können. Dann schüttelte<br />
sie ihre Flügel und probierte sie aus. Sie schwirrte hinauf zur Glockenblume und<br />
beschloss, sich am Abend nicht mehr in eine Glockenblume zum Schlafen hinzulegen,<br />
sondern in eine Mohnblume, da konnte sie dann nicht raus fallen. <strong>Rosa</strong>rot<br />
schaute sich um, begrüßte die Käfer, die Ameisen, die dicken Fliegen und sogar<br />
einen grünen Grasfrosch, der auf einem Stein saß und sich den dicken Bauch strich.„<br />
Hallo Herr Glitschefrosch. Geht es ihnen gut?“<br />
„Oh ja, es geht mir ausgezeichnet. Nirgendwo gibt es so dicke Fliegen und Käfer wie<br />
hier. Ich habe schon gefrühstückt, du auch?“<br />
„Nein, ich will zuerst zu Kai, meinem Freund. Du kennst ihn doch sicher. Das ist der<br />
kleine Gartenzwerg, der vor dem Haus der Frau Hiltrud steht. Ich will ihn fragen, ob<br />
er mit mir zum Elfenball geht heute Abend. Ich gehe nicht gern im Dunkeln allein<br />
nach Haus.“<br />
„Vielleicht komme ich auch zum Fest. Das Frühlingsfest der Elfen ist weit hin<br />
berühmt. Allein schon für die Pollenklöschen lohnt es sich. Obwohl, ich lieber Fliegen<br />
und Käfer mag. Also Lasse dich nicht aufhalten ich werde noch eine Runde schwimmen<br />
und dann ruhe ich mich aus. Mach`s gut Kleines.“ Mit den Worten hüpfte er<br />
davon in Richtung Teich. <strong>Rosa</strong> flog zum Haus der Frau Hiltrud und da sah sie auch<br />
schon Kai, ihren Freund. Kai war wirklich ein allerliebster Gartenzwerg. Er half<br />
immer, was auch zu tun war. Der alten Hiltrud grub er den Garten um, pflanze neue
Blumen, beschnitt die Bäume und Sträucher. Er tat all das, was Frau Hiltrud nicht<br />
mehr allein tun konnte. „Hallo Kai, guten Morgen. Hast du Lust, mit mir heute Abend<br />
zum Frühlingsfest der Feen zu gehen?“<br />
„Hm, was sagst du? Komm einmal auf die andere Seite, du weißt doch, dass ich mit<br />
dem linken Ohr nicht gut hören kann.“ <strong>Rosa</strong> lachte: „ Es ist wirklich schade, dass es<br />
für Zwerge keine Hörgeräte gibt, so wie die alte Hiltrud eines hat.“ Sie wiederholte<br />
ihre Einladung und schaute Kai an. Der nickte mit dem Kopf, lächelte und sagte:<br />
„Aber gerne begleite ich dich. Magst du denn auch<br />
einmal mit mir tanzen?“<br />
„Ja natürlich ich hoffe, du hast geübt im letzten Jahr,<br />
bist du mir mindestens zehnmal auf die Füße<br />
getreten“, lachte <strong>Rosa</strong>.<br />
„Oh ja, ich habe geübt. Frau Hiltrud hat ein Grammophon,<br />
so ein altes Ding, mit<br />
Schallplatten, die kaputt gehen, wenn man sie fallen<br />
lässt.“<br />
„Dann bis heute Abend Kai. Du kannst mich gegen<br />
zwanzig Uhr abholen.“ Seine Zustimmung hörte sie<br />
schon nicht mehr. Sie schwirrte um das Haus herum, zur<br />
Rückseite. Da saß Frau Hiltrud am Fenster mit ihrer Stickarbeit. Sie konnte wundervolle<br />
Bilder sticken.<br />
Fast sahen die Bilder so aus, als lebten die Figuren darauf.<br />
„Guten Morgen Frau Hiltrud“, sagte <strong>Rosa</strong> artig.<br />
„Guten Morgen <strong>Rosa</strong>. Ich habe dir einen Fingerhut Sahne da drüben ans Fenster<br />
gestellt. So wie dich kenne, bist du ohne Frühstück losgeflogen.“<br />
Nicht das ihr denkt, dass ihr auch Sahne zum Frühstück bekommt. Das bekommen<br />
nur kleine <strong>Blumenfee</strong>n, Trolle und Gnome!“<br />
„Wie gut du mich doch kennst Frau Hiltrud, “ kicherte <strong>Rosa</strong> und machte sich über den<br />
Inhalt des Fingerhutes her. „Ich gehe heute Abend mit deinem Gartenzwerg Kai auf<br />
das Fest der Feen.<br />
„Magst du auch kommen?“<br />
„Oh ja, ich danke dir für die Einladung. Ich komme sehr gerne. Soll ich eine von<br />
meinen berühmten Rosenblattkuchen mitbringen? Mit vielen Kerzen, Marzipan und<br />
Schlagsahne darauf?“<br />
„Frau Hiltrud, das wäre wunderbar. Von dem Kuchen kann das ganze Wiesenvolk<br />
satt werden. Aber den Brombeerwein, den bringst du bitte nicht mit. Im letzten Jahr,<br />
war Kai so betrunken davon, dass wir ihn nach Hause tragen mussten. Ich denke, du<br />
weißt noch, welch eine Plackerei das war!“<br />
„Ja, daran erinnere ich mich genau. Aber du und ich, wir waren auch nicht gerade<br />
nüchtern,“ lachte Frau Hiltrud.<br />
<strong>Rosa</strong> verabschiedete sich und flog noch einmal bei Kai vorbei, sah ihn aber nicht.<br />
Sicher steckte er in irgendeinem Busch und schnitt dort Zweige ab. Sie wusste
genau, wozu er sie gebrauchen würde. Kleine Kränze würde er daraus machen, mit<br />
den Blumen des Gartens darin.<br />
<strong>Rosa</strong>, die kleine <strong>Blumenfee</strong> flog zum Festplatz und wollte nachsehen, ob mit den<br />
Vorbereitungen schon begonnen wurde. Der Festplatz war auf einer großen Lichtung<br />
im Buchenwald. Da kam so gut wie nie ein Mensch hin. Hier waren die Bewohner<br />
des Waldes und der Wiesen geschützt und unter sich, ohne Störungen von neugierigen<br />
Menschen. Die Waldtrolle waren schon bei der Arbeit. Sie spannten Schnüre von<br />
Baum zu Baum und hängten Lampions auf. In allen Farben des Regenbogens. Die<br />
Vögel machten Musik und verteilten Blumen auf den Festplatz. Viele Tiere, Feen aus<br />
dem Wald und von den Wiesen, Gnome, Trolle und Insekten von allen Arten kamen<br />
zum helfen. Die Ameisen schleppten Blütenpollen und kleine Töpfe mit Honig heran.<br />
<strong>Rosa</strong> berichtete den Anderen, dass Frau Hiltrud auch kommen wollte, mit einer<br />
großen Rosentorte, was allgemeinen Beifall auslöste. Die Trolle hatten sich etwas<br />
besonderes ausgedacht, wollten es<br />
Aber nicht verraten. Geheimnisvoll stellten sie schwarze Röhren rund um den Festplatz<br />
auf. Darin versenkten sie runde Bälle mit Schnüren daran, die sie alle untereinander<br />
verbanden. Niemand hatte so etwas schon einmal gesehen. Eine große<br />
Kiste stand im Gebüsch, die von zwei grimmig aussehenden Trollen bewacht wurde.<br />
<strong>Rosa</strong> wollte wissen, was da drin wäre, aber die Trolle scheuchten sie gleich weg.<br />
„<strong>Rosa</strong>, du bist ein neugieriger Naseweis. Geh und hilf da drüben dem Wassermann<br />
mit seiner Frau, die streiten schon wieder,“ sagte einer der Trolle.<br />
„Der Wassermann? Wie ist der denn aus seinem Teich, am Rande des Waldes hierhergekommen?<br />
Der kann doch gar nicht aus seinem Wasserloch heraus!“ Sie ging<br />
ans andere Ende der Lichtung und sah den Wassermann, wie er gerade seiner Frau<br />
an den Haaren zog. Sie revanchierte sich damit, ihm eine Kopfnuss zu verpassen.<br />
Der Wassermann holte aus und wollte gerade seiner Frau eine Ohrfeige verpassen,<br />
als er <strong>Rosa</strong> ankommen sah.<br />
„Hallo <strong>Rosa</strong>, schau einmal, die Trolle haben<br />
mir einen Pool gemacht. Da kann ich dann<br />
auch am Fest teilnehmen. Kannst du mir ein<br />
paar Blumen und Schlingpflanzen aus dem<br />
Teich besorgen? Wir wollen hier noch ein<br />
wenig dekorieren.“<br />
„Mach ich doch gerne Wassermann, aber<br />
hört bitte auf zu streiten.“ Sie flog mit ein paar<br />
anderen Feen zum Waldrand und sammelte<br />
kleine Blumen und Schlingpflanzen. Die<br />
brachte sie dem Wassermann und sah zufrieden,<br />
dass sich die zwei wohl wieder vertragen<br />
hatten. So verging die Zeit. Am späten<br />
Nachmittag hatte sich die Lichtung in einen<br />
Festplatz verwandelt.
Das Grillenorchester war eingetroffen und stimmten ihre Instrumente. Eine dicke<br />
Spinne sang sich ein mit einem Lied, welches der Maulwurf komponiert hatte ein. Als<br />
es dunkelte, trafen die ersten Gäste ein. Die Lampions wurden angezündet, die<br />
Musik spielte, und die ersten Gäste schwangen schon das Tanzbein. Der dicke<br />
Frosch kam mit seiner Gattin und Tochter. Ein Gnom wies den Gästen ihre Plätze zu<br />
und die Ameisen hatten die Bedienung der Gäste übernommen. So kam auf jeden<br />
Gast ein Kellner,<br />
Denn die Ameisen sind ein<br />
großes Volk. Nach und nach<br />
waren alle Gäste eingetroffen.<br />
Auch Frau Hiltrud mit<br />
ihrem großen Kuchen, der<br />
von allen sehr bewundert<br />
wurde.<br />
Der Wassermann tanzte mit<br />
seiner Frau so wild in<br />
seinem Pool herum, dass<br />
zwischendurch neues<br />
Wasser geholt werden<br />
musste. Die Trolle tobten am<br />
Rand der Tanzfläche mit<br />
ihren Kindern, denn Trollkinder sind ganz wilde Kinder, die nie stillsitzen wollen. Die<br />
<strong>Blumenfee</strong>n führten ein Ballett auf, mit anmutigen Bewegungen, zu der Musik von<br />
Adalbert Grille, der auf seiner Geige ein wirklicher Virtuose war. <strong>Rosa</strong> tanzte mit Kai<br />
dem Gartenzwerg und sie musste zugeben, er hatte wirklich geübt. Nicht einmal trat<br />
er ihr auf die Zehen. So verging die Zeit wie im Fluge. Als das Fest sich dem Ende<br />
zuneigte, packten die Trolle endlich die große Kiste aus. Darin waren Raketen und<br />
Böller. Sie veranstalteten ein Feuerwerk der Extraklasse. So fand das Fest ein würdiges<br />
Ende. Nach und nach verließen die Gäste den Festplatz und gingen nach<br />
Hause. Auch <strong>Rosa</strong> ging nach Hause, begleitet von Kai dem Gartenzwerg. <strong>Rosa</strong> rollte<br />
sich in einer großen Mohnblüte zusammen und schlief direkt ein. Sie träumte von<br />
dem schönen Fest, welches sie jedes Jahr im Frühling wiederholten. Aber noch nie<br />
war es so schön gewesen, wie in diesem Jahr.