Versicherungsbote 1-2015
- Die Versicherungswirtschaft verabschiedet sich aus der sozialen Marktwirtschaft - Wie halten es Maklerpools mit der Honorarberatung? - Investment: Warum sich der Bestandsaufbau für Makler lohnt
- Die Versicherungswirtschaft verabschiedet sich aus der sozialen Marktwirtschaft
- Wie halten es Maklerpools mit der Honorarberatung?
- Investment: Warum sich der Bestandsaufbau für Makler lohnt
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Ausgabe 01/<strong>2015</strong><br />
Maklerbetreuer:<br />
Brückenbauer, Diplomaten,<br />
Vertriebsstrategen<br />
ERGO-Maklerbetreuer<br />
Rico Neubauer und Alexander Sachse<br />
berichten aus ihrem Alltag mit Maklern<br />
Markt<br />
Axel Kleinlein: Die Versicherungswirtschaft<br />
verabschiedet sich aus der sozialen Marktwirtschaft<br />
Vertrieb<br />
Wie halten es Maklerpools mit der<br />
Honorarberatung?<br />
Praxis<br />
Investment: Warum sich der Bestandsaufbau<br />
für Makler lohnt
Inhalt · Editorial<br />
Inhalt<br />
Markt<br />
4 Vermittlersterben? Der<br />
Versicherungsvertrieb<br />
stirbt nicht aus!<br />
6 Axel Kleinlein: Abschied<br />
der Versicherungswirtschaft<br />
aus der sozialen<br />
Marktwirtschaft<br />
8 Finanzanalyse nach<br />
Norm<br />
Sparten<br />
12 Industrieversicherung:<br />
Makler sollten eng<br />
mit Versicherern<br />
zusammenarbeiten<br />
16 Bringen Sie Mütterrente<br />
ins Haus<br />
18 Optimale Gesundheitsvorsorge<br />
und Pflege:<br />
Versicherungswirtschaft<br />
in der Verantwortung<br />
Praxis<br />
22 Kfz-Schadenmanagement:<br />
HUK-Coburg setzt auf<br />
Kundenbewertung<br />
24 Maklerbetreuer: Brückenbauer,<br />
Diplomaten,<br />
Vertriebsstrategen<br />
28 Investment und<br />
Fondsvermittlung:<br />
Warum sich der<br />
Bestandsaufbau für<br />
Makler lohnt<br />
Vertrieb<br />
30 Wie Sie Kundenloyalität<br />
aufbauen<br />
32 Courtagesenkung und<br />
Honorarberatung: Wie<br />
halten es Maklerpools?<br />
37 GDV-Kodex mit Prüfstempel:<br />
Solvabilität nur<br />
mit Ehrenwort<br />
Netzwelten<br />
38 Digitalisierung:<br />
Versicherer rüsten auf –<br />
Welche Folgen für den<br />
Vertrieb entstehen<br />
39 Lokale Netzwerke in<br />
Social Media sind die<br />
Erfolgsstrategie für<br />
Vermittler<br />
40 Content Marketing:<br />
Mit hochwertigen<br />
Inhalten überzeugen<br />
Karriere<br />
42 Weiterbildung: Wie<br />
findet man die Richtige?<br />
44 Haben Verkäufer eine<br />
Zukunft?<br />
46 Termine<br />
Liebe Leser,<br />
was macht eigentlich der Maklerbetreuer<br />
einer Versicherung? Diese<br />
Frage mag banal klingen, uns<br />
schien sie schon aufgrund der<br />
besonderen Situation eines Maklerbetreuers<br />
interessant: Er steht<br />
zwischen Versicherer und Versicherungsmakler<br />
und beide Sei ten<br />
haben ihre Erwartungen an ihn.<br />
Deshalb haben wir nachgefragt<br />
und für den Titel des <strong>Versicherungsbote</strong>-Fachmagazins<br />
01/<strong>2015</strong><br />
mit Rico Neubauer und Alexander<br />
Sachse, beide Maklerbetreuer der<br />
ERGO, gesprochen. Sie bestätigten unsere Vermutung, dass<br />
der Job ein anspruchsvoller ist: Sie müssen Brückenbauer,<br />
Diplomaten und Vertriebsstrategen sein.<br />
Um das Thema Geldanlage machen viele Versicherungsvermittler<br />
einen Bogen. Das verwundert kaum: Die Märkte sind<br />
volatil, die Zinsen niedrig, viele Verbraucher haben infolge<br />
der Finanzkrise oder auf dem grauen Kapitalmarkt Geld verloren.<br />
Doch bei allem Misstrauen – Anlageberatung bietet<br />
auch Chancen. Und nur, wer sich mit Versicherungen und<br />
Geldanlage gleichzeitig beschäftigt, kann ganzheitlich beraten!<br />
Hierzu haben wir mit Markus Schächtele gesprochen, Vorstand<br />
der Südcuranz AG. Zudem betrachten wir ein Projekt, das<br />
darauf zielt, eine DIN-Norm für die Finanzanalyse einzuführen:<br />
Ein Projekt, das Wirtschaft, Wissenschaft und Verbraucherschutz<br />
an einem Tisch zusammenbringt.<br />
Das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) ist nun seit<br />
vier Monaten in Kraft. Noch immer lässt sich nur erahnen,<br />
welche Auswirkungen es auf die Altersvorsorge der Bundesbürger<br />
haben wird. Wem nützt es überhaupt – einseitig den<br />
Versicherungen, die nun Überschussbeteiligungen zu Lasten<br />
des Kunden kürzen dürfen und bei den Abschlussprovisionen<br />
Hand anlegen? Oder auch den Verbrauchern, weil das beliebte<br />
Altersvorsorgeprodukt stabiler wird? Mit BdV-Vorstand Axel<br />
Kleinlein haben wir einen streitbaren, aber stets kompetenten<br />
Gastautoren gewinnen können, der das Prinzip der sozialen<br />
Marktwirtschaft in der Branche bedroht sieht. Außerdem<br />
haben wir mit den Chefs von fünf Maklerpools gesprochen,<br />
welche Auswirkungen das LVRG auf die Vergütung der Vermittler<br />
haben könnte.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!<br />
Ihr<br />
Björn Bergfeld<br />
Chefredakteur <strong>Versicherungsbote</strong><br />
Impressum<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> Verlag UG<br />
(haftungsbeschränkt)<br />
Reclamstraße 42<br />
04315 Leipzig<br />
FN: 0341 / 98 97 94 93<br />
Fax: 0341 / 39 28 43 09<br />
www.versicherungsbote.de<br />
redaktion@versicherungsbote.de<br />
Vertretungsberechtigter Geschäftsführer:<br />
Björn Bergfeld<br />
Registergericht: Amtsgericht Leipzig<br />
Registernummer: HRB 26728<br />
Steuernummer: 231 /121 / 11727<br />
Inhaltlich Verantwortlicher gemäß<br />
§ 55 Abs. 2 RStV:<br />
Björn Bergfeld (Anschrift wie oben)<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> Magazin 01-<strong>2015</strong><br />
Auflage: 5.000 Stück<br />
ET: 12.05.<strong>2015</strong><br />
Redaktionsschluss 14.04.<strong>2015</strong><br />
Direktvertrieb über <strong>Versicherungsbote</strong><br />
Redaktion: Björn Bergfeld (Chefredakteur)<br />
Mirko Wenig, Hanna Behn<br />
Layout: Frank Springsguth (FS)<br />
Satz: Hanna Behn<br />
Bildnachweis Titel: FS<br />
Druck: Merkur Druck- & Kopierzentrum<br />
GmbH & Co. KG Leipzig<br />
Salomonstr. 20 · 04135 Leipzig<br />
www.merkurdruck.de
Vermittlersterben?<br />
Der Versicherungsvertrieb stirbt nicht aus!<br />
In den letzten vier Jahren hat der Versicherungsvertrieb jeden zehnten Vermittler verloren. Doch stirbt<br />
der Versicherungsvertrieb aus, wie das Onlineportal „Das Investment“ zugespitzt fragt? Die Zahl der<br />
Makler jedenfalls ist im selben Zeitraum deutlich angewachsen.<br />
Strengere Regulierung zielte<br />
auf Marktbereinigung<br />
Fest steht aber auch, dass die steigen den<br />
Anforderungen im Rahmen der EU-Ge -<br />
setzgebung auf eine Marktbereinigung<br />
zielten und die Zugangsvorausset zun gen<br />
zum Versicherungsvertrieb erschwe ren<br />
soll ten. Durchaus im Sinne der Bera -<br />
tungsqualität! Ein Vermittlerschwund<br />
wäre fast die logische Konsequenz – eine<br />
er wünschte.<br />
Die Versicherungsbranche hat in den<br />
letzten vier Jahren jeden zehnten Vermittler<br />
verloren. Wie das Versicherungsmagazin<br />
berichtet, waren zum Ende des<br />
ersten Quartals <strong>2015</strong> genau 25.639 Vermittler<br />
weniger im Versicherungsvermittlerregister<br />
registriert als zum Ende des<br />
ersten Quartals 2011. Diesen Schwund<br />
fassen die Fachzeitschriften in drastische<br />
Worte. „Stirbt der Versicherungsvertrieb<br />
aus?“, fragt das investment.com. „Der<br />
Abrieb beschleunigt sich“, kommentiert<br />
auch das Versicherungsmagazin – das<br />
klingt sehr schmerzhaft! Das Aussterben<br />
aber wird sich noch eine Weile hinzögern,<br />
denn derzeit sind noch stolze 237.813 Vermittler<br />
aktiv.<br />
Steigende Anforderungen<br />
als Hauptursache für<br />
Vermittlerschwund?<br />
Die Ursachen für den Schwund sind<br />
scheinbar schnell ausgemacht. Neben dem<br />
schlechten Ruf der Branche und dem<br />
damit verbundenen Nachwuchsproblem<br />
wird oft auf die verschärften Regulierungsanforderungen<br />
verwiesen. Die An -<br />
sprüche an eine Beratung steigen! Die<br />
Vermittler müssen sich immer mehr weiterbilden!<br />
Sie müssen die Kundenberatung<br />
immer genauer dokumentieren! Die Vergütungen<br />
sinken! Wird die Branche zu<br />
Tode reguliert? Wer will das alles noch<br />
freiwillig auf sich nehmen?<br />
Jedoch: Die verschärften Anforderungen<br />
sind bestenfalls ein Grund, warum we -<br />
niger Vermittler tätig sind. Das Versicherungsmagazin<br />
nennt einen weiteren wichtigen:<br />
Viele Versicherungsvermittler waren<br />
früher Quereinsteiger, die zunächst<br />
nebenberuflich Versicherungen vertrie -<br />
ben. Dann haben sie sich schrittweise zu<br />
hauptberuflichen Vermittlern weiterentwickelt.<br />
Wer mit Menschen aus der<br />
Branche ins Gespräch kommt, wird das<br />
bestätigen können: Er trifft Vermittler,<br />
die zuvor als Lehrer, Maurer, Zeitsoldat<br />
oder Kfz-Schlosser ihr Geld verdient<br />
haben. Diese Quereinsteiger müssen nicht<br />
schlechter beraten als jene Fachleute, die<br />
von vornherein eine Ausbildung in der<br />
Versicherungsbranche wählten. Aber<br />
höhere Qualifikationsanforderungen ha -<br />
ben diesen Zustrom in die Branche nahe -<br />
zu ausdörren lassen.<br />
Zum Beispiel brauchen Versicherungsmakler<br />
erst seit 2007 eine Zulassung, um<br />
ihre Fachqualifikation nachzuweisen.<br />
Zuvor konnte sich theoretisch jeder als<br />
Versicherungsmakler bezeichnen, der<br />
einen Versicherungsvertrag von einem<br />
Stück Klopapier unterscheiden konnte.<br />
Kein Wunder, dass viele schwarze Schafe<br />
dem Ruf der Branche schadeten. Die Versicherungswirtschaft<br />
aber versäumte es,<br />
aus eigenem Antrieb auf strengere Kriterien<br />
zu pochen. Erst, als der Gesetzgeber<br />
Druck machte, wurde man tätig.<br />
Etwas scheinheilig wird es, wenn nun Versicherungen<br />
klagen, in Zukunft könnte<br />
infolge des Vermittlerschwundes die Be -<br />
treuung der Kunden leiden. Haben nicht<br />
große Versicherungen wie Allianz und<br />
Ergo tausende Stellen abgebaut, auch im<br />
Versicherungsvertrieb? Agenturen von<br />
Vermittlern, die in Rente gingen, wurden<br />
infolge des Kostendrucks aufgegeben und<br />
nicht wieder neu besetzt. Viele dieser Um -<br />
strukturierungen wurden bereits angeschoben,<br />
bevor sich Niedrigzins, strengere<br />
Eigenkapitalvorschriften o. ä. abgezeich -<br />
net haben. In Fachzeitschriften wird der<br />
Stellenabbau der Versicherer selten als<br />
Grund für den Vermittlerrückgang ge -<br />
nannt, obwohl er dazu beigetragen haben<br />
dürfte. Das überrascht. Ist es vielleicht<br />
einfacher, mit dem Finger auf Staat, EU<br />
und Regulierung zu zeigen?<br />
Seite 4 01/<strong>2015</strong>
Markt<br />
Anzahl der Versicherungsvermittler/-berater von 2011 bis <strong>2015</strong>, dazu im Verhältnis die Anzahl der Versicherungsmakler<br />
(ohne Anteil produktakzessorischer Makler).<br />
Datenquelle: Registrierungen im Versicherungsvermittlerregister, © DIHK Service GmbH<br />
Die Zahl der<br />
Versicherungsmakler steigt<br />
Aus Sicht der Versicherungsmakler gibt<br />
es übrigens Positives zu berichten. Denn<br />
die Zahl der registrierten ungebundenen<br />
Vermittler steigt entgegen dem Trend seit<br />
Jahren. Waren zum Stichtag 05.01.2011<br />
noch 44.500 Makler im Vermittlerregister<br />
eingetragen, so waren es am 31.03.<strong>2015</strong><br />
be reits 47.107 Personen – ein Plus von<br />
sechs Prozent!<br />
Und deshalb soll an dieser Stelle der<br />
Gesetzgeber auch mal gelobt werden.<br />
Regulierungsmaßnahmen wie die Pflicht<br />
zum Sachkundenachweis sowie steigende<br />
Weiterbildungs- und Dokumentationsanforderungen<br />
haben das Profil des Versicherungsmaklers<br />
geschärft und sind ein<br />
wichtiger Baustein, um den Ruf der Branche<br />
aufzuwerten. Auch wenn dies nicht<br />
jeder so sehen mag – und nicht jede Regulierungsmaßnahme<br />
gelungen scheint.<br />
Ein Kommentar von<br />
Mirko Wenig<br />
Foto: Nappiness 440959 (li.) jarmoluk 427515 (re.) / pixabay.com<br />
Seite 5
Kommentar zur Lebensversicherung<br />
Der Abschied der<br />
Versicherungswirtschaft aus der<br />
sozialen Marktwirtschaft<br />
Das „Risiko“ ist der Kampfbegriff der Versicherungsvermittlung. Stets<br />
werden dem potentiellen Kunden die vielen riskanten Unwägbarkeiten<br />
des Lebens vor Augen geführt, um ihn dann zu einem Versicherungsvertrag<br />
zu bewegen.<br />
Axel Kleinlein,<br />
Sprecher des Vorstands<br />
beim Bund der Versicherten<br />
e.V. (BdV).<br />
Zum Beispiel die Gefahr, jemanden mit<br />
dem KfZ anzufahren. Oder die Gefahr,<br />
jemanden anderweitig unabsichtlich zu<br />
schä digen. Oder die Gefahr, dass man sel -<br />
ber von jemandem geschädigt wird, der<br />
sich seinerseits nicht gegen die Gefahr des<br />
„Einen-anderen-schädigen“ versichert hat.<br />
Oder die Gefahr zu jung zu versterben –<br />
oder zu alt zu werden. Oder die Gefahr, das<br />
nächste FCB-Spiel wegen einer verspäteten<br />
Bahn zu verpassen … die angsterfüllenden<br />
Gefahren sind vielfältig.<br />
Gegen diese Risiken bieten die Versicherungsunternehmen<br />
Versicherungen an. Je<br />
nach Art des versicherten Risikos fallen die<br />
Beiträge, die der Kunde zu zahlen hat, mal<br />
höher oder niedriger aus. Diese Beiträge<br />
werden in den Unternehmen nicht ausgewürfelt.<br />
Stattdessen werden hochbezahlte<br />
Mathematiker – sogenannte Ak tuare –<br />
damit betraut, die „richtigen“ Beiträge zu<br />
berechnen.<br />
Ein Beitrag ist nicht dann richtig, wenn er<br />
gerade ausreicht, um das entsprechende<br />
Risiko absichern zu können. Denn der Beitrag<br />
sollte möglichst immer etwas höher<br />
sein, damit ein „Sicherheitspuffer“ besteht.<br />
Konkret heißt das zum Beispiel, dass bei<br />
einer Risikolebensversicherung der Aktuar<br />
von einer besonders hohen Sterblichkeit<br />
ausgeht. Oder bei einer kapitalbildenden<br />
Versicherung wird ein be sonders niedriger<br />
Zins angesetzt, der so niedrig ist, dass sich<br />
das Versicherungsunternehmen immer zu -<br />
traut, diesen Zins auch erwirtschaften zu<br />
können.<br />
Der Deal der deutschen<br />
Lebensversicherer<br />
In der Lebensversicherung gibt es besonders<br />
strenge Vorgaben, wie sicher die Kalkulation<br />
sein muss. Deswegen zahlt der<br />
Kunde von vornherein deutlich überhöhte<br />
Beiträge. Da wird dann von besonders niedrigen<br />
Zinsen, einer unrealistischen Sterblichkeit<br />
und auch von überhöhten Kosten<br />
ausgegangen. Das ist auch in Ordnung,<br />
wenn über das System der Überschussbeteiligung<br />
ein fairer Ausgleich besteht. Das<br />
ist der Deal der deutschen Lebensversicherung:<br />
Der Kunde zahlt überhöhte Beiträge<br />
und bekommt im Gegenzug eine faire<br />
Überschussbeteiligung.<br />
Damit sich ein Versicherungsunternehmen<br />
in der Kalkulation nicht übernimmt, gibt<br />
es aufsichtsrechtliche Vorgaben. Die führen<br />
dann eben zu den überhöhten Beiträgen.<br />
Zum Beispiel darf der Aktuar immer nur<br />
einen „Höchstrechnungszins“ ansetzen.<br />
Einen niedrigeren Zins heranzuziehen, das<br />
ist in Ordnung, denn dann steigt ja sogar<br />
die Sicherheit. Zum Beispiel darf derzeit<br />
höchstens mit 1,25 Prozent kalkuliert<br />
werden, niedriger ist aufsichtsrechtlich aber<br />
auch in Ordnung.<br />
Vier Prozent ...<br />
Früher, in den 90ern, war es den Lebensver -<br />
sicherern zeitweise sogar erlaubt bis zu vier<br />
Prozent als Kalkulationszins anzusetzen!<br />
Seite 6 01/<strong>2015</strong>
Markt<br />
01/1942 - 06/1986<br />
07/1986 - 06/1994<br />
07/1994 - 06/2000<br />
07/2000 - 12/2003<br />
01/2004 - 12/2006<br />
01/2007 - 12/2011<br />
01/2012 - 12/2014<br />
01/<strong>2015</strong> -<br />
3,00 %<br />
3,50 %<br />
4,00 %<br />
3,25 %<br />
2,75 %<br />
2,25 %<br />
1,75 %<br />
1,25 %<br />
0 %<br />
1,00 %<br />
2,00 %<br />
3,00 %<br />
4,00 %<br />
Entwicklung des Garantiezinses in der deutschen Lebensversicherung<br />
Datenquelle: Deutsche Aktuarvereinigung (DAV)<br />
Die Unternehmen hätten auch mit einem<br />
niedrigeren Zinssatz kalkulieren dürfen,<br />
aber meistens (nicht immer) haben sie<br />
sich dann doch für die vier Prozent entschieden.<br />
Ohne Not und vollkommen<br />
freiwillig haben sie sich darauf verpflichtet,<br />
stets diese vier Prozent zu erwirtschaften.<br />
Heute jammern diese Unternehmen, wie<br />
schwer es doch sei, diese vier Prozent zu<br />
erzielen. Das Jammern kann ich verstehen.<br />
In der Tat ist das derzeit auch<br />
schwierig, keine Frage. Da haben sich die<br />
damaligen Aktuare also übernommen.<br />
Vor zwanzig Jahren haben sie noch mit<br />
stolzgeschwellter Brust erklärt, dass sie<br />
die vier Prozent immer schaffen werden,<br />
kein Problem. Und jetzt? Jetzt werden sie<br />
offenbar die Kalkulation nicht halten<br />
können. Die Versicherer haben sich verkalkuliert.<br />
Das ist Marktwirtschaft<br />
Normalerweise muss ein Kaufmann der<br />
sich verkalkuliert, zähneknirschend die<br />
Verluste in Kauf nehmen. Das nennt man<br />
Marktwirtschaft, so wie auch in unserer<br />
sozialen Marktwirtschaft. Das ist Wettbewerb.<br />
Das ist eine der ehernen Grundlagen<br />
unseres Wirtschaftssystems: Wer<br />
sich verkalkuliert, der hat gefälligst dafür<br />
die Verantwortung zu übernehmen.<br />
Aber die Deutsche Versicherungswirtschaft<br />
tickt da anders. Für die Deutschen<br />
Lebensversicherer gelten diese kaufmännischen<br />
Grundlagen der Marktwirtschaft<br />
nicht. Nicht die Unternehmen, die sich<br />
verkalkuliert haben, müssen leiden. Nein!<br />
Stattdessen sollen die Kunden herhalten!<br />
Deswegen müssen auch viele Kunden derzeit<br />
auf Überschüsse verzichten, damit die<br />
„Vier-Prozent-Verträge“ von ihnen subventioniert<br />
werden.<br />
Man stelle sich vor, in einem anderen<br />
Wirtschaftszweig würde so vorgegangen<br />
werden! Was würden Sie denn sagen,<br />
wenn Sie als Kunde eines Stuttgarter<br />
Autoherstellers ein Rechnung bekommen,<br />
in der dann steht:<br />
„Lieber Kunde, leider hat sich herausgestellt,<br />
dass eines unserer Fahrzeugmodelle<br />
technische Schwierigkeiten hat und wir<br />
eine Rückrufaktion machen mussten. Das<br />
kostet uns viel Geld. Da Sie ja ein anderes<br />
Modell von uns fahren, müssen wir Sie<br />
auffordern, X.000 € an uns zu überweisen.<br />
MfG“<br />
Das ist unvorstellbar. Aber in der Lebensversicherung<br />
funktioniert das. Da wird<br />
den Kunden dann mitgeteilt, dass sie<br />
weniger Geld bekommen, weil wegen der<br />
Niedrigzinsen das mit den Garantien der<br />
anderen Kunden nicht mehr so richtig<br />
klappt.<br />
Die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft<br />
gelten halt nicht für alle. Und ganz<br />
besonders die Lebensversicherer halten<br />
sich nicht an die Regeln der sozialen<br />
Marktwirtschaft. Schade!<br />
Nachtrag: Geplatzter Deal<br />
Jetzt höre ich schon das Rufen, dass die<br />
Kunden ja nur weniger Überschussbeteiligung<br />
bekämen. Sie bekämen also nur<br />
etwas weniger von dem Sahnehäubchen.<br />
Stimmt aber nicht. Denn die Überschussbeteiligung<br />
ist kein Sahnehäubchen, sondern<br />
der Ausgleich dafür, dass die Versicherungsnehmer<br />
von vornherein überhöhte<br />
Beiträge zahlen.<br />
Wenn nun die Überschussbeteiligung<br />
zusammenschrumpft, dann entfällt der<br />
Ausgleich für die überhöhten Zahlungen.<br />
Der Deal der Deutschen Lebensversicherung<br />
ist dann aufgekündigt.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Axel Kleinlein<br />
Seite 7
Finanzanalyse nach Norm<br />
DIN-Standards als Mehrwert in der Beratung<br />
Aktenordner, Drucker, Layouts, Anschreiben oder Briefumschläge – alle werden an das Format DIN A4<br />
angepasst. Die strenge Vorgabe für ein Blatt Papier vereinfacht viele Arbeitsprozesse. Lässt sich ein<br />
solcher Standard auch auf einen komplexen Vorgang wie die Finanzberatung übertragen? Eine Norm zur<br />
standardisierten Finanzanalyse für Privathaushalte wird aktuell in einem Ausschuss mit Vertretern aus<br />
Wirtschaft, Wissenschaft und Verbraucherschutz diskutiert.<br />
„Wir wissen alle, dass die Finanzbranche<br />
bei den Verbrauchern ein großes Vertrauensdefizit<br />
hat. Das ist nur durch Verlässlichkeit<br />
zu beheben. Es ist unseres Erachtens<br />
für die ganze Branche ein sinnvolles<br />
Ziel, darauf hinzuarbeiten, dass eines<br />
Tages ein Verbraucher, der zehn verschiedene<br />
Berater um ihre Bedarfsanalyse in<br />
Sachen Absicherung, Vorsorge und Vermögensplanung<br />
fragt, nur ein – eben sein<br />
persönliches – Ergebnis erhält und nicht<br />
zehn unterschiedliche. Diese Analyse wäre<br />
dann eine verlässliche und Vertrauen stiftende<br />
Grundlage für die Beratung“, erklärt<br />
Dr. Klaus Möller, Geschäftsführer und<br />
Gesellschafter bei der DEFINO GmbH<br />
und Schirmherr der Finanz-Norm-Initiative<br />
zum Vorhaben gegenüber <strong>Versicherungsbote</strong>.<br />
Bevor Vermittler ihren<br />
Kun den ein Produkt empfehlen, sollen<br />
sie zunächst den Grundbedarf und die<br />
finanziellen Möglichkeiten des Haushaltes<br />
ermitteln. Mit der Spezifikation DIN<br />
SPEC 77222, einer Art Vorstufe zu einer<br />
DIN-Norm, ist dieses Vorhaben weit fortgeschritten.<br />
Warum eine DIN-Norm? „Es<br />
ist mittlerweile der Alltag im Wirtschaftsleben,<br />
dass Unternehmen wie wir ihre<br />
Vorgehensweisen zum „Standard“ er -<br />
klären. Die Wettbewerber tun dann dasselbe<br />
und nach kurzer Zeit gibt es lauter<br />
Standards, die konkurrierend nebeneinander<br />
stehen. Und der Verbraucher ist<br />
so schlau wie vorher. Beim DIN gibt es<br />
zu jedem Thema nur eine einzige Norm.<br />
Und das DIN hat in Deutschland und<br />
darüber hinaus einen tadellosen Ruf “,<br />
begründet Möller.<br />
Großes Brancheninteresse<br />
Im Jahre 2013 berieten und entschieden<br />
zwanzig Experten über die DIN SPEC.<br />
Seit November 2014 diskutieren vierzig<br />
Teilneh mer eines Normausschusses sehr<br />
konstruktiv über deren Weiterentwicklung<br />
zur DIN Norm. „Ich erwarte wesentliche<br />
Impulse für die Branche aus der Arbeit<br />
des Ausschusses“, teilte Möller mit und<br />
erklärte auch, das Interesse der Branche<br />
sei sehr groß: „Eine langjährige DIN-<br />
Mitarbeiterin hat im November letzten<br />
Jahres formuliert, sie könne sich nicht an<br />
eine konstituierende Sitzung irgendeines<br />
an deren Ausschusses in irgendeiner an -<br />
deren Branche mit so vielen Teilnehmern<br />
und so großem Brancheninteresse erinnern.“<br />
Eine Liste der Mitarbeiter im Ausschuss<br />
konnten wir jedoch nicht erhalten, da alle<br />
Mitwirkenden eine Verschwiegenheitserklärung<br />
gegenüber dem DIN abgegeben<br />
haben. Auf Nachfrage versicherte Möller,<br />
dass die Großen der Branche aus Banken,<br />
Versicherungen und Vertrieben, wesentliche<br />
Verbände und Ar beitskreise, Wissenschaftler<br />
und Verbraucherschützer vertreten<br />
sind.<br />
... aber es gibt doch schon<br />
eine Norm für Finanzplaner?<br />
Neu ist die Idee einer normierten Finanzberatung<br />
nicht – zumindest nicht, wenn<br />
es darum geht, dass Kunden einen qualifizierten<br />
Dienstleister in der privaten<br />
Finanzplanung finden, dem sie vertrauen<br />
können. So ist das Zertifikat Certified<br />
Financial Planner (CFP) international verbreitet.<br />
Es wird auf Antrag an jene verliehen,<br />
die professionell in der privaten<br />
Finanzplanung tätig sind und entsprechende<br />
Zertifizierungsbedingungen<br />
erfüllen. Das Zertifikat wird in 26 Ländern<br />
als Lizenz von einer lokalen Organisation<br />
ausgestellt, in Deutschland vom<br />
Financial Planning Standards Board<br />
Deutschland e.V. (FPSB) mit Sitz in<br />
Frankfurt/Main. Neben dem CFP gibt es<br />
weitere Qualitätszertifikate, darunter das<br />
„Ge prüfter privater Finanzplaner nach<br />
DIN ISO 222222“. FPSB und DIN<br />
CERTCO Gesellschaft für Konformitätsbewertung<br />
GmbH wirken daran mit. Das<br />
Zertifikat „geprüfte private Finanzplaner<br />
nach DIN ISO 22222“ ist aufgrund der<br />
inhaltlichen Ausrichtung des Kompetenzund<br />
Tätigkeitsniveaus unterhalb des CFP<br />
positioniert. Diese DIN-Norm legt die<br />
Anforderungen an die Berater fest und<br />
prüft ihre Konformität, also die Übereinstimmung<br />
ihres Wirkens mit inhaltlichen<br />
und ethischen Nor men der Gesellschaft.<br />
Seite 8 Foto: Unsplash 691615 / pixabay.com<br />
01/<strong>2015</strong>
Markt<br />
Ursprünglich wurde die Norm für die Industrie<br />
(DIN ISO 9001) entwickelt. An diese<br />
Norm knüpft die DIN ISO 22222 an und hat<br />
Eingang in die Finanz- und Versicherungsberatung<br />
gefunden.<br />
Zwei Normen, kein Widerspruch<br />
Die DIN ISO 22222 legt Anforderungen an<br />
das ethische Verhalten, Fähigkeiten und<br />
Erfahrungen der Finanzplaner, versteht sich<br />
aber vornehmlich als Qualifikation. Die weiterentwickelte<br />
DIN SPEC 77222 soll dem<br />
nicht entgegen stehen. „Die DIN ISO 22222<br />
und die aus der DIN SPEC 77222 zu erarbeitende<br />
DIN Norm widersprechen sich nicht.<br />
Das wurde ausdrücklich in dem Statement<br />
eines Experten in der Sitzung des Normausschusses<br />
festgestellt. Widersprüche zwischen<br />
einzelnen Normen und Standards schließt<br />
im Übrigen das Regelwerk des Deutschen<br />
Instituts für Normung explizit aus. Die ISO<br />
22222 legt ihren Schwerpunkt auf die fachlichen<br />
und ethischen Anforderungen an<br />
Finanzplaner; die DIN SPEC und die zu erarbeitende<br />
Norm definieren einen Prozess zur<br />
Finanzanalyse. Insofern ergänzen sich die<br />
beiden Standards“, so Möller.<br />
Selbstvertrauen für Makler<br />
Besonders in Deutschland würde sich mit der<br />
DIN ISO 22222 ein völlig neuer Weg der<br />
Kundenansprache eröffnen und auch die<br />
Akzeptanz der Honorierung der Beratungsleistung<br />
verbessern, erläutert Dr. Peter<br />
Schmidt, Experte für Unternehmensstrategien<br />
und -prozesse für Versicherungsvertrieb und<br />
Makler. Maklern gebe die Norm wachsendes<br />
Selbstvertrauen, so Schmidt – beim Beratungsprozess<br />
nach einem Regelwerk erkennen<br />
Verbraucher auf Anhieb einen Mehrwert und<br />
sind eher bereit, Honorar für die Beratung<br />
zu zahlen. Normierte Finanzplanung hat weiteres<br />
Potential: „Die Zeiten des Produktverkaufs<br />
gehen dem Ende zu. Eine Möglichkeit<br />
sich von herkömmlichen kurzschrittigen<br />
Beratungen abzukoppeln ist die systematische<br />
und ganzheitliche Finanzplanung“, so Peter<br />
Schmidt, „damit steigen auch die Anforderungen<br />
an die Qualifizierung von freien Versicherungs-<br />
und Finanzberatern. Wenn man<br />
davon ausgeht, dass die Vergütungen für<br />
Finanz- und Versicherungsberatung weiter<br />
sinken, dann versteht man, warum Experten<br />
die Tätigkeit des Financal Planners, des<br />
„FinanzCoachs“, als DIE Zukunftschance<br />
bewerten“, erklärt er und weiter: „Der Beratungsansatz,<br />
die Ansprache der Kunden, der<br />
erhöhte Kundennutzen, die neue öffentliche<br />
Wahrnehmung sowie deutlich bessere Be -<br />
triebsergebnisse für den Maklerbetrieb verdienen<br />
es, dass sich mehr freie Vermittler mit<br />
dem Thema befassen.“<br />
Praktikabel: Finanzanalyse in<br />
10 Minuten – nicht nur für<br />
„Privilegierte”<br />
Gilt das auch für die Norm nach DIN SPEC<br />
77222? Die Auswahl der Produkte und Produktklassen<br />
sollen Berater und Kunde selbst<br />
treffen. Durch ein paar (genormte) Fragen<br />
rund um die Themen Flexibilität und Langlebigkeit<br />
soll eine erste Orientierung erarbeitet<br />
werden, ob alle denkbaren Produktklassen<br />
zur Finanzplanung passen können. Dabei ist<br />
Praktikabilität ein wesentliches Anliegen, so<br />
der DEFINO-Chef Möller: „Es gibt ein sehr<br />
smartes Tool auf DEFINO-DIN SPEC-Basis,<br />
mit dem Berater in 10 Minuten für wahrscheinlich<br />
mehr als 80 Prozent der Menschen<br />
in un serem Land eine erste ganzheitliche<br />
Bedarfsanalyse erstellen können.” Auch geht<br />
es Möller darum, eine Finanzanalyse jedem<br />
Normalverdiener zugänglich zu machen. „Bei<br />
aller ernstgemeinten und unstrittigen Wertschätzung<br />
für die hohe Qualität der CFPler,<br />
ihrer Ausbildung und Qualifikation, muss<br />
man kritisch anmerken, dass alle diese sehr<br />
an spruchsvollen Konzepte nur privilegierten,<br />
d. h. eher vermögenden Gruppen in unserer<br />
Gesellschaft zugänglich sind. [...] Normalverdiener<br />
wie Köche, Busfahrer oder Krankenschwestern,<br />
die jeden EURO um drehen<br />
müssen, brauchen Ganzheitlichkeit dringender<br />
als Vermögende. Das ist für Berater<br />
aber nur dann profitabel darstellbar, wenn<br />
der Zeitaufwand im Rahmen bleibt. Das<br />
funktioniert nur durch eine gewisse Prozessoptimierung<br />
– eben durch Standards.“<br />
Online-Beratung nach<br />
DIN-Standard<br />
Standardisierungen vereinfachen auch digitale<br />
Prozesse, ja, sind sogar Voraussetzung dafür.<br />
So könnte es eine Online-Finanzberatung<br />
nach DIN-Norm geben, die man z. B. auf<br />
Webseiten anbieten könnte: „Diese Bestrebungen<br />
gibt es in der Tat. Daher ist es insbesondere<br />
auch ein großes Anliegen der im<br />
Normausschuss mitwirkenden Verbraucherschutz-Vertreter,<br />
dass die zu erarbeitende<br />
Norm für eine Finanzanalyse auch für die<br />
Umsetzung im Internet tauglich ist“, erklärte<br />
Möller.<br />
Hanna Behn und Mirko Wenig<br />
Dr. Klaus Möller,<br />
seit Juli 2011 Geschäftsführer<br />
und Gesellschafter der<br />
DEFINO – Gesellschaft für<br />
Finanznorm mbH<br />
Dr. Peter Schmidt<br />
Unternehmensberater und<br />
Inhaber Consulting & Coaching<br />
www.cc-mit-ps.de Berlin<br />
und des Portals<br />
bestandundnachfolge.de<br />
Schaffen DIN-Standards<br />
Mehrwert in der Beratung<br />
– oder rationalisieren sich<br />
Versicherungsmakler<br />
damit selbst weg?<br />
Eine kritische Betrachtung<br />
zur geplanten DIN-Norm von<br />
Bernd Schmidt (CFP) S. 10 >><br />
Seite 9
Makler rationalisieren sich selbst weg<br />
Eine kritische Betrachtung der standardisierten Finanzanalyse<br />
für Privathaushalte<br />
Bernd Schmidt ist Certified<br />
Financial Planner (CFP),<br />
zertifizierter Finanzplaner nach<br />
DIN ISO 22222, seit 1984 selbstständig<br />
tätig und u. a. Mitglied<br />
im FPSB Financial Planning<br />
Standards Board Deutschland<br />
e.V. und dem BVK Bundes -<br />
verband deutscher Ver siche -<br />
rungskaufleute.<br />
DIN SPEC 77222 ist ein Regelwerk zur<br />
Deckungslückenberechnung (ca. 30 Re -<br />
geln). Das Regelwerk betrachtet nur die<br />
jeweilige Vertragssumme. Bereits 2005 hat<br />
man die DIN ISO 22222 Privater Finanzplaner<br />
entwickelt und jetzt heißt der neue<br />
Arbeitskreis „Private Finanzanalyse“. Man<br />
sieht alleine hier schon eine bedenkliche<br />
Entwicklung, da der Begriff „standardisierte“<br />
jetzt schon zum Start fallen gelassen<br />
wurde! Die DIN ISO 22222 ist eine weltweit<br />
gültige Norm für die Dienstleistung der<br />
privaten Finanzplanung und legt Anforderungen<br />
an das ethische Verhalten, die Fä -<br />
higkeiten und die Erfahrungen fest, über<br />
die ein professioneller privater Finanzplaner<br />
verfügen muss. Zudem werden in der<br />
Norm die Details der Konformitätsbewertung<br />
beschrieben. Es ist ein Managementprozess<br />
in 6 Beratungsschritten. Damit<br />
würden sich beide Normen ergänzen, leider<br />
wird der Verbraucher das nicht differenzieren<br />
können.<br />
Wesentliche Kritikpunkte<br />
der DIN SPEC 77222<br />
1. Die Deckungslückenberechnungen müs -<br />
sen um Vertragsinhalte erweitert wer den.<br />
Man muss bei allen Versicherungssparten<br />
heute zwingend auf die Bedingungswerke<br />
achten und sollte sich nicht auf die diversen<br />
Ratings etc. verlassen. Sonst ist kein Fachwissen,<br />
geschweige eine IHK-Ausbildung<br />
der Versicherungsmakler erforderlich.<br />
Nein, man benutzt das seriöse DIN-Institut<br />
für die schlankeste Form zur Kundengewinnung.<br />
Rund 30 Regeln zur Höhe von<br />
Versicherungssummen und schon sind die<br />
Verbraucher bestmöglich gegen Lebensrisiken<br />
abgesichert! Es geht hier nur um die<br />
„Höhe von Versicherungssummen“. Zwar<br />
nicht falsch, aber nur ein „Minimumfaktor“,<br />
denn die ganzen Vertragsinhalte<br />
bleiben unberücksichtigt. Wer jemals einen<br />
Versicherungsschaden hatte, weiß, welche<br />
Hintertürchen da vorhanden sind.<br />
Schade, dass Versicherungsmakler mit<br />
ihrem Wissen über Preis-/Leistungsverhältnisse<br />
und den individuellen Risiko-<br />
Abwägungen bei dem Lobgesang zu dieser<br />
geplanten „Norm“ außen vor bleiben. Die<br />
tiefgehenden Bedingungen interessieren<br />
überhaupt nicht, geschweige denn Preisvergleiche<br />
mit anderen Anbietern. Alles<br />
viel zu umständlich… Bei grün fahre ich<br />
einfach los… und erst, wenn’s kracht, werde<br />
ich beim nächsten Mal wieder einen persönlichen<br />
Rat erfragen… Leider muss man<br />
erst einmal in den Brunnen fallen, um zu<br />
verstehen, dass der Rat im Vorfeld eines<br />
Streitfalles preiswerter ist als hinterher!<br />
2. Beim Vermögensaufbau/Geldanlagen<br />
bleibt das Thema „Steuern“ außen vor, d. h.<br />
individuelle Einkommenssteuer-Auswirkungen<br />
der jeweiligen Finanzmarktprodukte<br />
werden nicht mit einbezogen.<br />
3. Renditehochrechnungen mit Vergleichswerten<br />
aus der Vergangenheit sind bei Rentenwerten<br />
total falsch und irreführend. So<br />
wird die Rendite vom REX mit 5,3 Prozent<br />
(Stand 01.07.2014) p.a. auf die letzten 20<br />
Jahre (!) gerechnet. Der Euribor (3 Monate)<br />
mit 0,7 Prozent p.a. auf die letzten 5 Jahre.<br />
Das führt zu komplett falschen Ergebnissen<br />
für die Zukunft und wenn die Rentenblase<br />
platzt, zu hohen Verlusten bei dem „konservativen“<br />
Verbraucher. Daran zeigt sich<br />
wieder, dass die Risikoprofilierung beim<br />
Kunden sich nicht standardisieren lässt und<br />
der Berater eine qualifizierte Ausbildung<br />
benötigt.<br />
4. Das Schlimmste von Allem ist, dass diese<br />
Eckwerte in den Softwareprogrammen nur<br />
einen schnellen verkäuferischen Bedarf<br />
suggerieren sollen. Die lizenzierten Softwareanwender<br />
lernen im Schnelldurchlauf<br />
die Anwendung, sodass der Finanzberater<br />
in 15 Minuten zum Ergebnis kommt.<br />
5. Wie seit über 20 Jahren verkündet, soll<br />
die Unterschrift im ersten Termin (möglichst<br />
innerhalb von einer Stunde) erfolgen!<br />
Wer jemals den Beratungsprozess nach<br />
DIN ISO 22222 erlebt hat, wird sicherlich<br />
nie wieder diesen „Schnellschuss-Verkäufern“<br />
ausgeliefert sein, denn hier ist Kaufreue<br />
vorprogrammiert. Nur bei mehreren<br />
Gesprächen bis zur Unterschrift hat man<br />
die Sicherheit, sein Geld gut investiert zu<br />
haben.<br />
Letztendlich stellt sich noch die Frage, ob<br />
die Versicherungsmakler sich damit selbst<br />
wegrationalisieren. Man könnte den Förderern<br />
auch sagen: Füttert die Schlange bis<br />
sie groß genug ist, euch zu fressen. Angefangen<br />
von JDMS, con.fee, FiNET, pma<br />
und anderem mehr, was sich so einleuchtend<br />
anhört: 10 unterschiedliche Makler<br />
sollen nicht 10 unterschiedliche Deckungslücken<br />
ermitteln, ist die beste Aufforderung<br />
an die Internet-Börsen, diesen „Deckungslücken-Berechnungs-Standard“<br />
ebenfalls<br />
als ihren „allerhöchsten Qualitätsstandard“<br />
zu bewerben.<br />
Warum braucht man den Versicherungsmakler<br />
als persönlichen Berater denn noch,<br />
wenn die Software am Bildschirm in ein<br />
bis zwei Schritten von Rot, evtl. Gelb auf<br />
Grün schaltet, und ich doch nur mit „JA“<br />
klicken muss. Kein Wunder, dass Prof. Dr.<br />
Hans Jürgen Ott dazu bereits vor einem<br />
Jahr von einer „Schmalspur-Norm“ gesprochen<br />
hat.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Bernd Schmidt (CFP)<br />
Seite 10 01/<strong>2015</strong>
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Versicherungen für die Industrie<br />
Makler sollten eng mit Versicherern zusammenarbeiten<br />
Mit Industrieversicherungen beschäftigen sich Versicherungsmakler sehr viel seltener als mit Privat- und<br />
Gewerbeversicherungen. Kein Wunder, gilt es doch, sehr komplexe Risiken haftungssicher abzusichern.<br />
Und eine, wenn auch maßgeschneiderte, Versicherungspolice genügt nicht, auch eine risikotechnische<br />
Begleitung des Unternehmens ist enorm wichtig. Zudem agieren Industrieversicherer vor allem international.<br />
Makler sollten daher eng mit dem Industrieversicherer zusammenarbeiten, erklärt Frank Harting, Mitglied<br />
des Vorstands der HDI-Gerling Industrie Versicherung AG, Hannover im Interview.<br />
<strong>Versicherungsbote</strong>: Herr Harting, wie<br />
sieht es derzeit bei den Industrieversicherern<br />
aus? Und wie gut oder schlecht<br />
laufen die Geschäfte bei der HDI-Gerling<br />
Industrie Versicherung?<br />
Frank Harting: Der Markt für Industrieversicherer<br />
ist derzeit von der Niedrigzinsphase<br />
einerseits und von einem harten<br />
Wettbewerbsdruck andererseits geprägt.<br />
Trotz dieser herausfordernden Marktbedingungen<br />
hat der Geschäftsbereich In -<br />
dustrieversicherung der Talanx-Gruppe,<br />
zu der HDI-Gerling gehört, im vergangenen<br />
Jahr das Bruttoprämienvolumen<br />
im Vergleich zum Vorjahr um mehr als<br />
fünf Prozent auf vier Milliarden Euro<br />
gesteigert. Das ist ein Rekordwert für uns.<br />
Der Zuwachs wurde überwiegend im<br />
Ausland erzielt. Wir gehen davon aus, dass<br />
wir auch künftig im Ausland stärker<br />
zulegen werden als in Deutschland, wo<br />
wir bereits über eine sehr hohe Marktdurchdringung<br />
verfügen.<br />
Warum sind deutsche Industrieversicherer<br />
vor allem international so breit<br />
aufgestellt? Ergeben sich daraus Vorteile<br />
für Versicherungsnehmer und deren<br />
Makler?<br />
Die deutsche Industrie ist stark exportorientiert<br />
aufgestellt. Sie verfügt über<br />
immer mehr Produktionsstätten in ausländischen<br />
Märkten. Makler brauchen vor<br />
dem Hintergrund dieser Globalisierung<br />
der Wirtschaft Versicherungspartner, die<br />
nicht nur nationales Geschäft abdecken,<br />
sondern Kunden auch im Ausland be -<br />
dienen können. Es ist also ein Vorteil für<br />
Kunden und deren Makler, wenn ein Versicherer<br />
über ein eigenes internationales<br />
Netzwerk verfügt. Gerade kleinere Makler<br />
haben kein eigenes Netzwerk im Ausland.<br />
Sie sind deshalb umso stärker darauf<br />
angewiesen, dass der Versicherer bei internationalen<br />
Versicherungsprogrammen<br />
Unterstützung leistet. Weil wir in mehr<br />
als 130 Ländern mit eigenen Standorten,<br />
Tochtergesellschaften und Netzwerkpartnern<br />
aktiv sind, können wir diese Unterstützung<br />
anbieten.<br />
Mit welchen Risiken und Gefahren haben<br />
Sie es derzeit am häufigsten zu tun –<br />
sowohl bei der Erstellung von Deckungskonzepten<br />
als auch bei der Schadenregu -<br />
lierung?<br />
Wir decken mit Ausnahme der Kreditversicherung<br />
die komplette Palette an<br />
Industrieversicherungslösungen ab, die<br />
unsere Industrie- und Konzernkunden<br />
im In- und Ausland benötigen. Das fängt<br />
an bei den typischen Sach-, TV-, Transport-<br />
und Feuerrisiken, geht über Be -<br />
triebsunterbrechungsrisiken bis zu speziellen<br />
Deckungen für Naturkatastrophen<br />
oder auch für Cyber-Risiken. Entsprechend<br />
breit ist das Spektrum der Risiken<br />
und Gefahren, mit denen wir es zu tun<br />
haben.<br />
Nach wie vor sehr wichtig für Unternehmen<br />
ist auch das Thema Betriebs- und<br />
Produkthaftpflichtversicherung. Unsere<br />
internationale Aufstellung ermöglicht uns<br />
die Begleitung unserer Kunden bei Schadenfällen,<br />
die auf ausländischen Märkten<br />
eintreten. Gerade die Haftpflichtversicherung<br />
entwickelt sich hier rasant im Hinblick<br />
auf die erhöhten Haftungsrisiken,<br />
die sich aus den immer komplexer werdenden<br />
Lieferketten ergeben. Die Produktionsprozesse<br />
sind heute derart vernetzt,<br />
dass auch das Thema Haftpflicht in<br />
diesem Zusammenhang eine immer größere<br />
Bedeutung bekommt. Wenn ein<br />
Zulieferer beispielsweise ein Zulieferteil<br />
fehlerhaft produziert hat und ein weiterverarbeitender<br />
Hersteller Regress nehmen<br />
muss bei diesem Zulieferer, kann es dort<br />
zu sehr großen Haftpflichtschäden kom -<br />
men.<br />
Welche Branchen und Risiken lassen sich<br />
besonders schwierig versichern?<br />
Theoretisch gibt es nichts, das man nicht<br />
versichern kann, solange man Daten und<br />
Informationen hat über das Schadenpotenzial<br />
und die Eintrittswahrscheinlichkeit.<br />
Je exponierter ein Risiko, desto<br />
größer wird auch der Informationsbedarf<br />
des Versicherers, um die entsprechende<br />
Versicherungslösung preisadäquat an -<br />
bieten zu können. In der Praxis fehlt es<br />
am häufigsten an verlässlichen Daten über<br />
die Eintrittswahrscheinlichkeit sowie<br />
mögliche Wechsel- und Rückwirkungsschäden<br />
nach einem Schaden bei Kunden<br />
und Zulieferern. Wenn wir alle notwendigen<br />
Informationen haben, können wir<br />
das Risiko bepreisen. Am Ende des Tages<br />
liegt es im Ermessen des Kunden, ob er<br />
den entsprechenden Versicherungsschutz<br />
einkaufen oder das Risiko selbst tragen<br />
will.<br />
Gibt es Deckungslücken oder Grenzen<br />
der Versicherbarkeit?<br />
Auch große und sehr große Risiken sind<br />
versicherbar. Sehr große Risiken werden<br />
in der Regel von einem Versicherungskonsortium<br />
gedeckt. Ein einzelner Versicherer<br />
kann das nicht allein tragen. Daher<br />
ist ein Konsortium erforderlich, das der<br />
Makler zusammenstellt. Zudem übertragen<br />
die Erstversicherer Teile des Risikos<br />
auf den Rückversicherungsmarkt. Auf<br />
diesem Weg werden sehr umfangreiche<br />
Risiken auf viele Schultern verteilt. In der<br />
Tat kann es hier aber auch Grenzen der<br />
Versicherbarkeit geben.<br />
Seite 12 01/<strong>2015</strong>
Sparten<br />
Wenn ein Unternehmen so groß ist, dass<br />
die gesamte Kapazität des Versicherungsmarktes<br />
seine eigene Risikotragfähigkeit<br />
nach eigener Einschätzung unterschreitet,<br />
kann er unter Umständen zu dem Schluss<br />
kommen wie BP für seine Bohrinseln im<br />
Golf von Mexiko: nicht versichern. Das<br />
Risiko tragen damit die Eigentümer bzw.<br />
die Aktionäre. Es ist fraglich, ob ihnen<br />
das immer bewusst ist. Zudem geht dem<br />
Unternehmen damit die Anspruch-Ab -<br />
wehrfunktion verloren, die ein Haftpflicht-Versicherer<br />
ja auch hat. Wenn ein<br />
Versicherer Ansprüche abwehrt, dann ist<br />
das rufschonender, als wenn man das<br />
selbst macht.<br />
Wie steht es um die Absicherung des<br />
unternehmerischen Risikos?<br />
Es gibt Grenzen, wenn es um die Versicherung<br />
des reinen unternehmerischen<br />
Risikos geht. Für den Kunden wäre es die<br />
ideale Vorstellung, die Chancen aus einer<br />
neuen Technologie für sich zu nutzen und<br />
die Risiken auf andere zu verlagern. Das<br />
kann für uns als Versicherer nicht attraktiv<br />
sein. Bei neuen Technologien geht es beispielsweise<br />
oft darum, wann sie marktreif<br />
sind. Das wird mitunter unterschiedlich<br />
gesehen von den Vertriebsleuten des Kun -<br />
den, von den Technikern, den Juristen<br />
und vom Versicherer. Wir wollen nicht,<br />
dass der Kunde ein Versuchskaninchen<br />
ist und die Schäden der Versuche ausschließlich<br />
zu Lasten des Versicherten-<br />
Kollektivs gehen. Eine Trial-and-error-<br />
Phase können wir deshalb nicht uneingeschränkt<br />
versichern.<br />
Wie gehen Sie bei der Analyse sehr großer<br />
Risiken vor, Stichwort: Risk-Management?<br />
Zur Absicherung großer Risiken gehört<br />
in der Regel eine maßgeschneiderte Police<br />
und immer auch eine risikotechnische<br />
Begleitung. Ziel dieser Begleitung ist die<br />
Risiko-Minderung, bzw. die Verminderung<br />
von Schadeneintrittswahrscheinlichkeiten.<br />
Wir verfügen bei unserer Tochtergesellschaft<br />
HDI-Gerling Sicherheitstechnik<br />
über ein Team von etwa hundert Risiko-<br />
Ingenieuren, die insbesondere im Sachversicherungsbereich<br />
Risiken begleiten<br />
aber auch im Bereich Flottenversicherung<br />
und in der Sparte Technische Versicherungen.<br />
Diese Kollegen gehen zu unseren<br />
Kunden, analysieren vor Ort mögliche<br />
Risiken, geben z. B. Brandschutzempfehlungen.<br />
Mittels dieser Analysen begrenzen<br />
wir die zu versichernden Risiken soweit<br />
wie möglich. Wir sprechen da gerne von<br />
un serem Motto „sichern geht vor versichern“.<br />
Industrieversicherungen werden eher<br />
von größeren Maklerunternehmen vermittelt.<br />
Könnten sich auch kleinere Mak ler, die<br />
beispielsweise schon im klein- und mit -<br />
tel stän dischen Gewerbeversicherungsgeschäft<br />
tätig sind, zum Industriemakler<br />
entwickeln?<br />
Definitiv ja. Auch ein kleiner oder mittelständischer<br />
Makler kann sich grundsätzlich<br />
aus dem Gewerbegeschäft in das<br />
Industriegeschäft entwickeln. Die großen<br />
Makler haben eigene Netzwerke. Mittelgroße<br />
Industriemakler haben oft über<br />
Kooperationen Netzwerke. Die kleineren<br />
Makler verfügen nicht über solche Netzwerke.<br />
Daher brauchen sie bei internationalen<br />
Versicherungslösungen oft die Un -<br />
terstützung des Industrieversicherers.<br />
Dazu sind wir nicht nur bereit, sondern<br />
auch in der Lage, weil wir über unser<br />
HDI- Gerling Global Network verfügen.<br />
Sichern geht vor<br />
versichern.<br />
Zur Absicherung<br />
großer Risiken<br />
gehört in der Regel<br />
eine maßgeschneiderte<br />
Police und<br />
immer auch eine<br />
risikotechnische<br />
Begleitung.<br />
Welche Hilfestellungen kann HDI kleineren<br />
Maklerunternehmen anbieten?<br />
Wir bieten vor allem Begleitung durch<br />
unsere Sicherheitstechniker und Under -<br />
writer. Zudem sind wir vor Ort in der<br />
jeweiligen Region mit überspartlichen<br />
Ansprechpartnern für die Makler vertreten,<br />
um gegebenenfalls mit unserem<br />
Know-how weiterzuhelfen. Wir haben<br />
allein in Deutschland elf Standorte, an<br />
denen wir vor Ort Kunden betreuen, aber<br />
natürlich auch deren Makler.<br />
Welche Empfehlungen haben Sie generell,<br />
damit Makler in diesem Sektor ak -<br />
tiver werden?<br />
Wir können gerade kleineren Maklern –<br />
auch aus Gründen der Makler-Haftung –<br />
nur empfehlen, sich eng mit dem Industrieversicherer<br />
zu verzahnen, um zu verhindern,<br />
dass ein Beratungsfehler stattfindet.<br />
>><br />
Foto: 255316 / pixabay.com<br />
Seite 13
Frank Harting,<br />
Mitglied des Vorstands<br />
der HDI-Gerling Industrie<br />
Versicherung AG, Hannover<br />
Die Courtagesätze<br />
im Industrieversicherungsgeschäft<br />
sind niedriger als im<br />
Gewerbeund<br />
Privatkunden -<br />
geschäft.<br />
Welche Courtagehöhen werden im Industriemakler-Bereich<br />
erzielt?<br />
Die Courtagesätze im Industrieversicherungsgeschäft<br />
sind niedriger als im Gewerbeund<br />
Privatkundengeschäft. Das ist unter<br />
anderem darauf zurückzuführen, dass der<br />
Versicherer im Regelfall auch Rückversicherung<br />
für die Deckung eines Risikos einkaufen<br />
muss und eine höhere Wertschöpfungstiefe<br />
vorhält. Damit können in der Regel nicht die<br />
gleichen Courtagesätze wie im Gewerbeund<br />
Privatkundengeschäft erzielt werden,<br />
das der Erstversicherer zumeist im Eigenbehalt<br />
trägt.<br />
Gibt es hier auch direkte Honorarvereinbarungen<br />
zwischen dem Mandanten des Maklers<br />
und dem Makler?<br />
Im Großgeschäft und im Konzerngeschäft<br />
beobachten wir einen ungebrochenen Trend<br />
zu Honorarvereinbarungen. Im mittelständischen<br />
Industriegeschäft ist das eher die<br />
Ausnahme.<br />
Makler möchten oftmals mit dem Vorstand,<br />
Management oder der Geschäftsleitung<br />
sprechen. Haben Sie Tipps, wie ein Makler<br />
an genau diese Gesprächspartner kommt?<br />
Bei uns wird das Geschäft grundsätzlich auf<br />
den Niederlassungen in den Regionen<br />
gemacht. Die Niederlassungen haben hohe<br />
Zeichnungs- wie auch Regulierungsvollmachten.<br />
Es macht daher Sinn, einen guten<br />
Kontakt zu den Maklerbetreuern in der<br />
Region zu pflegen und zusätzlich Kontakt<br />
zu den Underwritern auf den Niederlassungen<br />
zu haben.<br />
Gibt es neue Produkte oder Trends, über<br />
die Makler informiert sein sollten?<br />
Neben den klassischen Produkten für die<br />
Absicherung des Betriebs wie Feuerversicherung,<br />
Betriebsunterbrechungsversicherung<br />
und Haftpflichtversicherung gewinnen<br />
zusätzliche Produktlinien wie D&O-Versicherungen<br />
und Cyber-Versicherungen<br />
zunehmend an Bedeutung. Darüber sollten<br />
alle Marktteilnehmer immer auf dem Laufenden<br />
sein.<br />
Stichwort Cyber-Versicherung: Warum halten<br />
Sie diese für wichtig? Was bietet HDI-Gerling?<br />
Wir beobachten seit einiger Zeit eine stetige<br />
Zunahme von Cyber-Risiken. Das lässt sich<br />
allein schon an Analysen und Berichten des<br />
Bundeskriminalamts und der Bitkom ab -<br />
lesen. Gleichzeitig nimmt die Digitalisierung<br />
von Produktionsprozessen in der Wirtschaft<br />
zu – Stichwort: Industrie 4.0. Daraus ergibt<br />
sich eine Gefährdung von Unternehmen. Zur<br />
Absicherung derartiger Risiken bieten wir<br />
seit dem Jahr 2013 die Versicherungslösung<br />
Cyber+ an. Diese Police deckt sowohl Eigenals<br />
auch Drittschäden und lässt sich an Be -<br />
dürfnisse des Kunden an passen. Unterneh -<br />
men können sich also damit gegen Schäden<br />
absichern, die sie selbst als Opfer von Computer-Kriminalität<br />
er leiden, als auch gegen<br />
Schäden, für die sie von Kunden oder Dritten<br />
haftbar gemacht wer den. Rechnung getragen<br />
wird unter anderem auch den persönlichen<br />
Verantwortlichkeiten von Unternehmensleitern<br />
für IT-Sicherheit.<br />
Am 3. Juni <strong>2015</strong> bieten Sie in Leuna eine<br />
Veranstaltung für Industriemakler an. Was<br />
er wartet die Teilnehmer? Ist die Veranstaltung<br />
nur für Industriemakler geeignet oder<br />
kön nen auch andere Makler mit Vorwissen<br />
aus dem Gewerbebereich teilnehmen?<br />
Bei dieser Veranstaltung informiert unter<br />
anderem unsere Leipziger Niederlassung<br />
über Themen und Neuigkeiten aus der Niederlassung<br />
und der Region. Es soll dort aber<br />
auch Gelegenheit zum Gedankenaustausch<br />
und bei Bedarf auch zum Querdenken geben.<br />
Selbstverständlich sind interessierte Makler,<br />
die sich über uns informieren und mit uns<br />
zusammen arbeiten wollen, bei dieser Veranstaltung<br />
immer gerne gesehen.<br />
Herr Harting, wir danken Ihnen für das<br />
Gespräch.<br />
Die Fragen stellte Hanna Behn.<br />
Seite 14 01/<strong>2015</strong>
Ich bestelle den Wegweiser für Versicherungs- und Finanzvermittler<br />
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Ich akzeptiere die Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter www.versicherungsbote.de/agb.html<br />
Ort, Datum:<br />
Unterschrift:<br />
Zutreffendes bitte ausfüllen bzw. ankreuzen und senden an: <strong>Versicherungsbote</strong> Verlag UG, Reclamstr. 42, 04315 Leipzig<br />
oder per E-Mail: info@versicherungsbote.de, via Fax: 0341/39284309
Verkaufshilfe Altersvorsorge<br />
Bringen Sie Mütterrente ins Haus<br />
Wenn der Versicherungsmakler zur Altersvorsorge-Beratung<br />
erstmal einen Sack Geld mitbringen könnte, dann<br />
würde ein kleiner Vertriebstraum in Erfüllung gehen.<br />
Dieser Traum geht in Erfüllung,<br />
wenn sich Makler einmal genauer<br />
die Mütterente ansehen.<br />
Und, was manche Berater und<br />
viele Mütter nicht wissen:<br />
Auch „Kammerfrauen“, Ärztinnen<br />
oder Architektinnen<br />
in Versorgungswerken,<br />
bekommen Mütterrente.<br />
Hier kommt eine<br />
Verkaufshilfe, mit der<br />
Mütter mehr Rente<br />
und Vermittler<br />
mehr Umsatz<br />
bekommen.<br />
Vom teuren Einstieg …<br />
Kunden erleben „das mit der Rente“ im<br />
Gespräch mit dem Fachmann meistens<br />
so: Der Berater erklärt den Rentenbedarf,<br />
der Kunde sieht seine Rentennot später<br />
mit 67 und kauft zähneknirschend ein<br />
Sparprodukt. Am Ende „nimmt“ der Fi -<br />
nanzberater vielleicht 200, 300 Euro oder<br />
noch mehr Geld mit – meist wird das<br />
Geld künftig jeden Monat von der<br />
Lebensversicherung abgebucht. Was Kun -<br />
den im Grunde vor jedem Rentengespräch<br />
erwarten, ist: Dieser Besuch des<br />
Finanzmannes wird teuer. Die Furcht des<br />
Verbrauchers vor hohen „Kosten“, als<br />
solche werden Sparbeiträge wahrgenom -<br />
men, ist begründet. Die Versorgungslücke,<br />
ein furchtbarer Fachausdruck, lässt unangenehm<br />
grüßen.<br />
... über die Mütterrente ...<br />
Tatsächlich gibt es für Berater und Mütter<br />
einen rentableren gemeinsamen Einstieg<br />
in das Rentengeschehen.<br />
Dazu muss der Versicherungsmakler zu<br />
Müttern und Rente im Grunde lediglich<br />
zwei Dinge wissen – und sagen: Erstens<br />
bekommt jede Mutter vom Staat Rentengeschenke.<br />
Pro Kind gibt es später mit 67<br />
bei der Rente gut 81 Euro im Osten oder<br />
87 Euro im Westen Kinderzuschlag. Zweitens:<br />
Auch Mütter, die nicht in der Deutschen<br />
Rentenversicherung (DRV), sondern<br />
in berufsständischen Versorgungswerken<br />
versichert sind, also Ärztinnen<br />
oder Anwältinnen und andere, bekom -<br />
men ihre Mütterrente. So hat es das Bundessozialgericht<br />
bereits vor Jahren entschieden.<br />
Wir sprechen hier jeweils über<br />
Rentenzuschläge für Mütter, deren Kinder<br />
1992 oder später geboren wurden.<br />
Wie sag' ich's<br />
den Müttern?<br />
Finanzberater, schaut in die Fondspolicen!<br />
Dort ist jeweils ein Rentenfaktor ausgewiesen.<br />
Zum Beispiel: „Je 10.000 Euro<br />
Fondsvermögen erhalten Sie 29 Euro<br />
garantierte lebenslange Rente“. 29 Euro?<br />
Das entspricht - hier nicht zufällig - etwa<br />
einem Renten-Entgeltpunkt bei der DRV.<br />
Von diesen Rentenpunkten erhalten<br />
Mütter gleich drei an der Zahl und das<br />
macht in Summe 30.000 Euro als Renten-<br />
Gegenwert. Kein Scherz: Pro Kind und<br />
geschenkt!<br />
Foto: PublicDomainPictures-17327 / pixabay.com<br />
Seite 16 01/<strong>2015</strong>
Sparten<br />
Mütter bekommen für jedes Kind mehr Rente<br />
Neu: Auch Mütter, die in Versorgungswerken (Anwältinnen, Ärztinnen etc.) tätig sind<br />
Wieviele Kinder?<br />
(ab 1992 geboren)<br />
x<br />
87, 63 € (West)<br />
=<br />
81, 15 € (Ost)<br />
€<br />
3 Entgeltpunkte West/Ost<br />
(Rentenwert <strong>2015</strong>)<br />
30 Jahre lang 100 Euro<br />
monatlich sparen?<br />
Gespart!<br />
Bei zwei Kindern ergäben(?), nein ergeben<br />
sich tatsächlich 60.000 Euro Rentenwert.<br />
Eine 37-jährige Mutter (Ihre Kundin?)<br />
müsste für dieses Rentenvermögen bis 67<br />
eigentlich 30 Jahre lang über 100 Euro<br />
sparen (3,0 Prozent Zins angenommen).<br />
Aber genau dies muss diese Mutter (Ihre<br />
Kundin?) nicht: Vater Staat zahlt.<br />
Der Berater muss Müttern also nur vorrechnen:<br />
Zwei Kinder entsprechen korrekt<br />
einem Rentenbarwert von 60.000 Euro,<br />
für den frau nichts ansparen muss.<br />
Drei Jahre geschenkt<br />
Der Staat finanziert die Mütterrente in<br />
Form des Bundeszuschusses an die DRV.<br />
Im Gegenzug tut die Deutsche Rentenversicherung<br />
vereinfacht gesagt so, als<br />
würde jede Mutter nach der Geburt des<br />
Kindes drei Jahre als Normalverdiener<br />
arbeiten. Fachleute wissen: Das sind drei<br />
Entgeltpunkte. Ist die Mütterrente bei der<br />
DRV erst einmal als Anwartschaft registriert,<br />
dann fließen im Ruhestand Monat<br />
für Monat Kinderzuschläge zur Rente.<br />
Verdient eine Mutter in den drei Jahren<br />
nach der Entbindung bis rund 3.000 Euro<br />
zusätzliches „echtes“ Bruttogehalt dazu,<br />
dann werden Mütterrente und Anwartschaft<br />
aus Arbeitseinkommen addiert.<br />
Solange die Beitragsbemessungsgrenze<br />
nicht überschritten wird, „verpufft“ das<br />
Rentengeschenk fürs Kinderkriegen<br />
nicht.<br />
Der V8<br />
Helfen Sie Ihren Kundinnen beim Ausfüllen<br />
des DRV-Formulars „V 800“, sozusagen<br />
dem V8 unter den Renten-Formularen.<br />
Auch für „Kammerfrauen“, also für<br />
die Mütter, Ärztinnen oder Anwältinnen<br />
etc. in Versorgungswerken: Rentengeschenke.<br />
Der Umsatz bei Riester & Co<br />
kommt dann fast von ganz alleine.<br />
Markus Rieksmeier<br />
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und Pflege<br />
Die Versicherungswirtschaft ist in der Verantwortung<br />
Kurze Wartezeiten, optimale Behandlungen und High-Tech-Medizin? Auch gesetzlich Krankenversicherte<br />
können sich wie Privatpatienten behandeln lassen. In der Pflege sollte man mit Zusatzversicherungen<br />
gesetzliche Lücken schließen. Die Versicherungswirtschaft, vor allem auch die Vermittler, haben eine<br />
besondere Verantwortung, wenn es um die Verbesserung der Gesundheitsversorgung geht. Das erklärt<br />
Hagen Engelhard, Mitbegründer der Firma Medi-Kost, einem Dienstleister im Gesundheitswesen im Interview.<br />
Hagen Engelhard<br />
ist Mitbegründer des Versorgungsnetzwerkes<br />
Medi-Kost-<br />
Net. Engelhard gibt Seminare<br />
und hält Vorträge vor Ärzten,<br />
in Krankenhäusern oder<br />
auch in der Pharma in dustrie.<br />
Den Großteil seiner Schulungen<br />
bietet er in der Versicherungswirtschaft<br />
an, bei Gesellschaften<br />
oder auch Pools und<br />
erläutert u. a., wie Kranken -<br />
versicherung und Gesundheitswesen<br />
funktionieren. Er berät<br />
Unternehmen in der Tarifentwicklung<br />
und gibt vertriebsstrategische<br />
Impulse z. B. für<br />
Maklerpools oder Maklerbetreuer.<br />
Medi-Kost vermittelt<br />
zudem als Mehrfachagentur<br />
Pflege- und Kranken -<br />
versicherungen.<br />
Herr Engelhard, eines Ihrer Grundanliegen<br />
bei Medi-Kost-Net ist es, die Rech -<br />
te von Kassenversicherten dahingehend<br />
zu stärken, dass sie wie Privatpatienten<br />
behandelt werden. Was ist damit ge -<br />
meint?<br />
Hagen Engelhard: Es geht um ein Recht,<br />
das der Gesetzgeber schon vor gut 30<br />
Jahren eingeführt hat: Im 5. Sozialgesetzbuch<br />
ist in Paragraph 13 die Möglichkeit<br />
verankert, sich als GKV-Versicherter im<br />
ambulanten Bereich wie ein Privatpatient<br />
behandeln zu lassen – mit allen Vor- und<br />
Nachteilen, die das hat. Vorteil ist ein besseres<br />
Versorgungssystem. Nachteil ist, dass<br />
man die Rechnung beim Leistungserbringer<br />
– also etwa beim Arzt oder auch<br />
Physiotherapeuten – selbst stellen muss,<br />
man wird Vertragspartner des Arztes. Der<br />
Patient kann sich dann von seiner Krankenkasse<br />
den Teil der Rechnung erstatten<br />
lassen, den sie laut Leistungskatalog des<br />
Gesetzgebers sonst über die Chipkarte<br />
abrechnet. Dadurch ergibt sich gegebenenfalls<br />
eine Rechnungsdifferenz. Diese<br />
muss beglichen werden. Plan A: Man ist<br />
selbst so vermögend, dass man dies zahlen<br />
kann oder hat vielleicht einen reichen<br />
Ehepartner, der die zusätzlichen Kosten<br />
übernimmt. Plan B: Man hat eine private<br />
Krankenzusatzversicherung, die dafür<br />
aufkommt. Mit Medi-Kost engagieren wir<br />
uns vor allem dafür, dieses Wissen um das<br />
sogenannte Kostenerstattungsprinzip zu<br />
verbreiten.<br />
Wieso wird das Kostenerstattungsprinzip<br />
bisher so stiefmütterlich behandelt?<br />
Es gibt viele Mitspieler auf dem Gesundheitsmarkt.<br />
Das sind die Kassen, die Versicherer,<br />
die Verbraucher und die Leistungserbringer.<br />
Sie alle haben nur in<br />
Teilen Interesse oder wegen Unkenntnis<br />
kein Interesse an dem Konzept. Die<br />
Kassen können das nicht wollen, da sonst<br />
für den Verbraucher eine Zwei-Klassen-<br />
Medizin offensichtlich wird – das ist politisch<br />
nicht gewollt. Die Versicherer fürch -<br />
ten Kannibalisierungseffekte für die Vollversicherung<br />
und hohe Kosten für die<br />
Schulung von Vermittlern, die etwas<br />
erklärungsbedürftigere Tarife verkaufen<br />
müssen. Die Kunden wollen es so einfach<br />
wie möglich und schlicht die Chipkarte<br />
abgeben – und wenn man das zusammenfasst,<br />
erhält man das Gesundheitssystem,<br />
das wir jetzt haben. Das könnte man<br />
jedoch mit gleichem Aufwand sehr viel<br />
hochwertiger gestalten.<br />
Kassenpatienten können nach dem Kostenerstattungsprinzip<br />
so wie ein Privatpatient<br />
behandelt werden, also von High-<br />
Tech-Medizin, besonderen Therapien oder<br />
kurzen Wartezeiten bei Spezialisten profi -<br />
tieren. Wie funktioniert das konkret?<br />
Grundlegend erfolgt die Gesundheitsversorgung<br />
der „großen Masse“ nach dem<br />
Sachleistungssystem. Dieses System wird<br />
gesteuert durch das SGB und darin ist<br />
geregelt, dass man ausreichend, zweckmäßig<br />
und wirtschaftlich Medizin in An -<br />
spruch nehmen darf. Dieser Rechtsanspruch<br />
auf eine Gesundheitsversorgung<br />
ist besser, als er es in vielen anderen Ländern<br />
ist. Aber die Regelung bedeutet eben<br />
nicht, dass man Medizin aus dem<br />
„obersten Regal“ bzw. höchstwertige Versorgung<br />
erhält, sondern eine ausreichende,<br />
zweckmäßige und wirtschaftliche<br />
Behandlung. Wenn man sich privat be -<br />
handeln lässt – und das meint noch nicht,<br />
dass man sich privat krankenversichert<br />
Seite 18 01/<strong>2015</strong>
Sparten<br />
hat – greift der Gesetzgeber auf die<br />
Gebührenordnung für Ärzte zurück.<br />
Durch diese schreibt er dem Arzt vor, dass<br />
der nur dann eine Rechnung schreiben<br />
darf, wenn er nach den „Regeln der ärztlichen<br />
Kunst“ handelt. Stellt der Laie diese<br />
Behandlung nach ärztlicher Kunst einer<br />
„ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen“<br />
Behandlung gegenüber, ahnt<br />
er schon, wann man die höherwertige<br />
Versorgung erwarten kann.<br />
Nutzt der Versicherte das Prinzip der Kostenerstattung,<br />
dann schickt der Arzt eine<br />
Rechnung. Der Gesetzgeber hat geregelt,<br />
dass in diesem Fall dessen Krankenkasse<br />
die Kosten für Leistungen übernimmt,<br />
für die sie auch nach Sachleistungsprinzip<br />
aufkommen würde. Das heißt, der Versicherte<br />
bekommt die optimale medizinische<br />
Versorgung und diese ausreichend<br />
erstattet. Damit haben Versicherte selbst<br />
– und nicht Politiker oder die Krankenkasse<br />
– die Möglichkeit zu entscheiden,<br />
ob sie eine optimale oder ausreichende<br />
medizinische Behandlung wünschen.<br />
Kommt das Kostenerstattungsprinzip<br />
denn für jeden GKV-Versicherten in<br />
Frage? Könnte also ein Versicherungsmakler<br />
alle seine Kunden darauf ansprechen?<br />
Man muss Kosten ja theoretisch<br />
erstmal vorstrecken und nicht jeder hat<br />
das Geld für diese „optimale Versorgung“<br />
auf dem Konto ...<br />
Grundsätzlich kommt es für Jeden in<br />
Frage. Denn wenn ich eine Rechnung von<br />
einem Mediziner bekomme, habe ich<br />
einen gewissen Zahlungszeitraum. Diesen<br />
könnte man auch mit dem jeweiligen Leistungserbringer<br />
vereinbaren und z. B.<br />
sagen, dass man die Rechnung bei der<br />
GKV einreicht und nach Geldeingang<br />
zahlt. Die Angst vor überhöhten Rechnungen<br />
ist an sich unbegründet, denn die<br />
meisten Ärzte sind bei diesem Thema<br />
recht offen und zugänglich: Selbst wenn<br />
man in vier Wochen zahlt, ist es für sie<br />
nämlich oft noch besser als das bisschen<br />
Geld, was sie in acht Monaten für Kassenleistungen<br />
erhalten. Das einzige, was<br />
man als finanzielle Grenze sehen muss,<br />
ist die Frage, ob man sich als Bürger eine<br />
Zusatzversicherung leisten will bzw. kann,<br />
sollte man die Rechnungsdifferenz nicht<br />
selbst zahlen können. Und da kommt es<br />
dann nur noch auf die Beitragshöhe an.<br />
Solche Versicherungsbeiträge kann z. B.<br />
ein Hartz IV-Empfänger nicht zahlen, es<br />
ist also für jene interessant, die ein entsprechend<br />
verfügbares Einkommen ha -<br />
ben. Ein Versicherungsmakler weiß dann,<br />
dass die Bandbreite der Beiträge sehr weit<br />
auseinander liegt und könnte demnach<br />
flexibel Kunden ansprechen – aus meiner<br />
Sicht kann er also sicher 70 Prozent der<br />
Bürger auf das Kostenerstattungsprinzip<br />
ansprechen.<br />
Lässt sich das Prinzip auf ambulante und<br />
stationäre Behandlung anwenden? Wenn<br />
sich jemand ein künstliches Kniegelenk<br />
einsetzen lässt, wird er wohl kaum die<br />
Operationskosten, durchschnittlich 16.000<br />
Euro, vorstrecken ...<br />
Richtig. Die private wie auch die gesetzliche<br />
Pflichtversicherung trennt grundsätzlich<br />
drei Versorgungssysteme: das<br />
ambulante, das zahnmedizinische und das<br />
stationäre bzw. Akutversorgungssystem.<br />
Die Abrechnung und Versicherung medizinischer<br />
Leistungen verläuft dabei jeweils<br />
nach eigenen Bestimmungen, die untereinander<br />
nicht kompatibel sind. Bei einer<br />
Vollversicherung werden alle drei<br />
Bereiche abgedeckt, in Zusatzversicherungen<br />
jeweils nur einer. Demnach<br />
kommt je nach Wunsch des GKV-Versicherten<br />
eine Zusatzversicherung in Frage,<br />
wenn man möchte, dass Behandlungskosten<br />
im Fall des Falles gezahlt werden.<br />
Verbraucher versichern häufig als erstes<br />
Zusatzkosten beim Zahnarzt, welche die<br />
Kasse nicht vollständig übernimmt. Damit<br />
sind Patienten am ehesten konfrontiert –<br />
und es ist recht kurzfristig gedacht. Auch<br />
stationäre Zusatzversicherungen werden<br />
abgeschlossen, dabei geht es allerdings<br />
häufig um den Komfort eines Einbettoder<br />
Zweibettzimmer im Krankenhaus –<br />
das hat mit der Leistungsfähigkeit des<br />
Krankenhauses in puncto Medizin aber<br />
nichts zu tun. Im ambulanten Bereich er -<br />
kennen Patienten viel schwieriger, wann<br />
eine hochwertigere Behandlung durchgeführt<br />
werden kann und Ärzte haben<br />
ein größeres Problem, das aufzuklären.<br />
>><br />
„Warum lassen Sie<br />
sich nicht privat<br />
behandeln?“ –<br />
„Ich kann mich ja<br />
nicht privat<br />
versichern.“<br />
Doch privat<br />
versichern und<br />
privat behandeln<br />
sind zwei Paar<br />
Schuhe.<br />
Foto: monkeybusinessimages / istockphoto.com<br />
Seite 19
Wie können Makler das Thema Kostener -<br />
stattungsprinzip ansprechen? Was müs -<br />
sen sie dabei beachten?<br />
Als Vermittler müsste man sich zunächst<br />
mit der Frage auseinandersetzen, wie je -<br />
weils Sachleistungssystem und Privatbehandlung<br />
funktionieren. Er muss seinem<br />
Mandanten die Frage stellen: „Warum<br />
lassen Sie sich nicht privat behandeln?“<br />
Die Antwort lautet meist: „Ich kann mich<br />
ja nicht privat versichern.“ Der Vermittler<br />
müsste daraufhin erklären, dass privat<br />
versichern und privat behandeln grundlegend<br />
zwei Paar Schuhe sind, denn man<br />
kann sich privat behandeln lassen und in<br />
der gesetzlichen Versicherung bleiben. Da<br />
werden die Mandanten dann hellhörig<br />
und fragen „Wie geht denn das?“ – jetzt<br />
muss man als Vermittler nur noch technisch<br />
Bescheid wissen. Das Thema ist<br />
nicht schwer, es ist nur ungewohnt. Dazu<br />
muss sich der Makler informieren, recherchieren,<br />
im Zweifel eben auch einmal eine<br />
Schulung besuchen. Anschließend trifft<br />
er eine Vorauswahl der Tarife und berät<br />
seinen Kunden.<br />
Die Vorteile für den Makler: Es ist ein<br />
sehr stornosicheres Geschäft, denn bei<br />
Zusatzversicherungen beträgt die Stornohaftungszeit<br />
zwölf Monate – im Gegensatz<br />
zur Vollversicherung. Die Abschlussprovisionen<br />
sind nicht gedeckelt, der Makler<br />
kann also verdienen. Und es schafft aus<br />
meiner Sicht eine besondere Kundenbeziehung,<br />
weil der Kunde etwas hört, was<br />
ihm bisher noch niemand erzählt hat. Fast<br />
alle erzählen von Zahn- oder stationär-<br />
Behandlungen, gegebenenfalls etwas zum<br />
Thema Pflege oder Berufsunfähigkeit.<br />
Aber wie man sich vom Hausarzt privat<br />
behandeln lässt – darüber redet sonst<br />
keiner. Mit diesem Thema gewinnt der<br />
Makler an Expertise, an Ansehen und<br />
kriegt andere Geschäfte mit dem Kunden<br />
schneller und einfacher.<br />
Wenn man über Gesundheitsversorgung<br />
spricht, ist nicht nur eine Versorgung im<br />
Krankheitsfall wichtig, sondern auch das<br />
Thema Pflege. Die gesetzliche Absicherung<br />
reicht nicht aus. Auch hier haben<br />
GKV-Versicherte Möglichkeiten, die ge -<br />
setz liche Absicherung durch Privatvorsorge<br />
zu verbessern. Wie bewerten Sie<br />
die einzelnen Möglichkeiten der Zusatzversicherung?<br />
Das Kostenerstattungsprinzip –<br />
GKV-versichert, trotzdem Privatpatient<br />
Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)<br />
können mit ihren Leistungserbringern (Ärzte, Psychotherapeuten,<br />
...) zunächst direkt abrechnen. Diese Kosten können<br />
sie von der Krankenkasse erstattet bekommen. Üblich ist<br />
sonst das Sachleistungsprinzip, nach welchem die Leistungserbringer<br />
mit den Krankenkassen hauptsächlich über die<br />
kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen abrechnen. Es gibt die<br />
Kostenerstattung als Wahlleistung nach SGV V §13(2) und die<br />
Kostenerstattung bei fehlendem Behandlungsangebot in<br />
Rahmen der GKV („Systemversagen“) nach SGB V §13(3).<br />
Der Patient ist Selbstzahler und hat somit wesentlichen Anteil<br />
an der Entscheidung, wie er behandelt wird.<br />
Der GKV-Versicherte kann seiner Krankenkasse mitteilen, dass<br />
er zum Tag X das Kostenerstattungsprinzip und nicht länger<br />
das Sachleistungsprinzip nutzen möchte. Die Umstellung<br />
sollte für den ambulanten Bereich erfolgen.<br />
Um die Differenz von Kassenleistung und Eigenleistung<br />
zahlen zu können, sollte der Kunde ggf. eine Krankenzusatzversicherung<br />
abschließen. An einen privaten Zusatztarif<br />
bindet man sich regulär ein Jahr, an das Kostenerstattungsprinzip<br />
der GKV ein Quartal lang. Der Termin der Umstellung<br />
des Kassenprinzips sollte mit dem Leistungsbeginn der<br />
privaten Zusatzversicherung übereinstimmen, dabei sind<br />
auch die Wartezeiten privater Zusatztarife (meist drei<br />
Monate) zu berücksichtigen.<br />
Man hat grundsätzlich drei Möglichkeiten,<br />
um die Pflegeversorgung zu verbessern.<br />
Zum ersten gibt es die Pflegekostenversicherung,<br />
die nach dem Prinzip<br />
der Krankenvollversicherung arbeitet, das<br />
heißt, man reicht eine Rechnung ein und<br />
bekommt den Betrag erstattet. Das hat<br />
sich bisher auf dem Markt wenig durchgesetzt.<br />
Die zweite Form ist die Pflegerente, für<br />
die man Beiträge zahlt, man bekommt im<br />
Pflegefall eine Rente und wenn man doch<br />
kein Pflegefall wird, erhält man das Geld<br />
zurück. Das ist ein spannender Ansatz für<br />
den Kunden, der ein oder andere Tarif ist<br />
auch gut ausgestaltet. Der Nachteil ist: Die<br />
große Masse der Produkte auf dem Markt<br />
ist nicht veränderbar. Das Produkt wird<br />
auch bei sich ändernden Rahmenbedingungen<br />
so bleiben, wie es ist. Pflege ist<br />
allerdings ein langfristig angelegtes The -<br />
ma, es greift vielleicht in 50 Jahren. Man<br />
kauft ein Produkt, das sich die nächsten<br />
50 Jahre nicht verändert. Aber was könnte<br />
sich im Bereich Pflege in dieser Zeit alles<br />
verändern? Denkmodelle, medizinische<br />
Behandlungen und Therapien, der gesetzliche<br />
Pflegebegriff unterliegen stetigem<br />
Wandel. Die gesetzliche Pflegeversicherung<br />
verändert sich etwa alle zwei Jahre,<br />
das Pflegestärkungsgesetz 1 ist gerade in<br />
Kraft getreten, das zweite ist bereits in der<br />
Bearbeitung – dahingehend sind statische<br />
Produkte wie eine Pflegerente eher kurzfristig<br />
konzipiert. Das Zusatzprodukt<br />
muss meiner Meinung nach neuen Rahmenbedingungen<br />
zumindest folgen kön -<br />
nen.<br />
Pflegetagegelder, als dritte Variante der<br />
Zusatzversicherung, haben wiederum<br />
zumindest im Kleingedruckten einen<br />
Passus, dass der Versicherer auf gesetzliche<br />
Neuerungen reagiert und der Versicherungsnehmer<br />
abgesichert wäre. Da -<br />
mit ist für viele ein Pflegetagegeld die einfache<br />
und konzeptionell richtige Entscheidung.<br />
Pflegerente ist beispielsweise dann<br />
empfehlenswert, wenn man bereits älter<br />
ist und einen großen Betrag für eine Einmalzahlung<br />
hätte.<br />
Seite 20 01/<strong>2015</strong>
Sparten<br />
Pflege ist ein Zukunftsthema, das Risiko<br />
ist den meisten bewusst. Warum ist es<br />
für Makler dennoch schwierig, das Thema<br />
Pflege bei ihren Kunden anzusprechen?<br />
Die Schwierigkeit liegt vor allem in der<br />
emotionalen Betrachtung des Themas.<br />
Zwar wissen alle um die Relevanz einer<br />
Pflegevorsorge. Doch fragt man Verbraucher,<br />
ob sie es geregelt haben oder Makler<br />
ob sie eine verkauft haben, heißt es, dass<br />
man dafür nicht soviel zahlen will beziehungsweise<br />
der Makler erklärt, dass seine<br />
Kunden dafür kein Geld in die Hand neh -<br />
men möchten. Aus meiner Sicht ist das<br />
alles Quatsch, der Makler spricht mit ih -<br />
nen falsch.<br />
Falsch ist es, den Teufel an die Wand zu<br />
malen. Pflege ist psychologisch ein negativ<br />
endendes Erlebnis. Und auch, wenn man<br />
sich eine Versicherung kauft, bleibt das<br />
Ergebnis negativ – man wird ein Pflegefall,<br />
hat Schmerzen, sieht alt aus, ist krank,<br />
gebrechlich, steht kurz vorm Exitus. Angesichts<br />
von Sonnenschein und Frühjahrswetter<br />
möchte sich mit diesen Gedanken<br />
niemand beschäftigen. Der Makler kriegt<br />
seinen Kunden nicht mit den Schauergeschichten.<br />
Und was wäre der richtige Ansatz?<br />
Der Makler sollte seinen Kunden fragen:<br />
„Kennst du dein persönliches Risiko, ein<br />
Pflegefall zu werden?“ Vermittler haben<br />
wegen ihres Berufsbildes eine moralische<br />
Verpflichtung, dieses Risiko anzusprechen.<br />
Möglicherweise haben sie auch ein<br />
Haftungsproblem, wenn sie es nicht tun.<br />
Pflege ist ein gesellschaftlich relevantes<br />
Thema und hat etwas mit Versicherungen<br />
zu tun. Wer außer uns Versicherungsleuten<br />
soll mit der Bevölkerung darüber<br />
sprechen? Das ist unsere Aufgabe! Bei solchen<br />
relevanten Themen müssen wir also<br />
die Kunden zwingen, mit uns darüber zu<br />
reden.<br />
Dabei gibt es zwei Alternativen: Entweder<br />
der Makler identifiziert mit dem Kunden<br />
zusammen dessen Risiko – anschließend<br />
liegt die Entscheidung beim Kunden, ob<br />
bzw. was er unternehmen möchte, um es<br />
gegebenenfalls abzusichern. Oder, wenn<br />
der Kunde dieses Risiko nicht identifizieren<br />
möchte, dann sollte er dem Makler<br />
unterschreiben, dass dieser versucht hat,<br />
ihn aufzuklären. Damit hat der Vermittler<br />
die Haftungsfrage zumindest weitestgehend<br />
vom Tisch. Meine Erfahrung ist,<br />
wenn man mit Verbrauchern souverän<br />
über das Pflegerisiko spricht, wollen nahe -<br />
zu alle das Thema auch aufarbeiten. Für<br />
die Identifikation und auch Individualisierung<br />
des Risikos braucht der Makler<br />
dann vielleicht 20-30 Minuten, weil dazu<br />
nur wenige Informationen notwendig<br />
sind: Die statistische Pflegewahrscheinlichkeit<br />
ist X und die individuelle Kundensituation<br />
eingearbeitet ergibt das Ri -<br />
siko X minus individuelle Situation. Und<br />
schon kann der Kunde, wenn er das will<br />
und braucht, den Makler mit einer Absicherung<br />
für das Risiko beauftragen. Alternativ<br />
unterschreibt er seinem Vermittler,<br />
dass er das Risiko trotzdem gehen möchte<br />
oder man stellt fest, dass kein Risiko<br />
besteht. Benennen sollte man im Übrigen<br />
nur die finanziellen Risiken für den Be -<br />
troffenen und die Angehörigen.<br />
Pflege ist ein<br />
gesellschaftlich<br />
relevantes Thema<br />
und hat etwas mit<br />
Versicherungen<br />
zu tun.<br />
Wer außer uns<br />
Versicherungsleuten<br />
soll mit der<br />
Bevölkerung<br />
darüber sprechen?<br />
Das ist unsere<br />
Aufgabe!<br />
Der Makler sollte das Thema also so<br />
konkret wie möglich formulieren, so<br />
schwierig, wie sich das auch im ersten<br />
Moment anhört ...<br />
Ja, so schwierig finde ich das nicht. Aus<br />
meiner Sicht ist es gut, den Begriff Pflegerisiko<br />
zu nutzen. Der Begriff ist gesellschaftlich<br />
anerkannt und gar nicht so<br />
negativ besetzt. Der Makler muss den Mut<br />
haben, für sich das Thema auch als verbindliche<br />
gesellschaftliche Forderung an<br />
diese Berufsgruppe zu erfassen. Das<br />
sollten wir als Versicherungsbranche<br />
unbedingt lernen. Wir sind da mit den<br />
Versicherungsgesellschaften, Maklern und<br />
Vermittlern in der Verantwortung, Wege<br />
zu finden, wie man das Thema sowohl<br />
einfach als auch transparent an die Bevölkerung<br />
heranträgt. Kurz gesagt erklärt<br />
man dem Kunden nur noch: „So sieht<br />
dein individuelles Risiko aus, Betrag X<br />
kostet die Absicherung, wenn du sie<br />
möchtest und du erhältst diese und jene<br />
Leistung“. Alles was darüber hinausgeht,<br />
ist aus meiner Sicht „Luxus“, über den sich<br />
der Verbraucher zwar Gedanken machen<br />
muss, wodurch er aber gegebenenfalls<br />
mehr Kosten hat. An dieser Stelle wird es<br />
eher wieder kompliziert.<br />
Etwas Verantwortung für das Thema hat<br />
ja der Gesetzgeber mit der Einführung<br />
des Pflege-Bahr gezeigt. Hat er damit<br />
etwas erreicht?<br />
Viele neigen ja leicht dazu, den Pflege-<br />
Bahr zu verteufeln. Das möchte ich nicht<br />
machen, denn die übergeordnete Aussage<br />
ist: „Das Allerschlimmste ist, nichts zu<br />
tun“ – und dann kommt erstmal eine<br />
Weile nichts. Ich glaube, der Pflege-Bahr<br />
war das richtige Signal, etwas zu tun und<br />
zeigte, dass man Teile der Bevölkerung<br />
nicht komplett hängen lässt, weil sie sich<br />
aufgrund der eigenen Gesundheit nicht<br />
über private Zusatzversicherer absichern<br />
können. Der Pflege-Bahr müsste aber<br />
künftig in seiner Struktur nochmals angepasst<br />
werden, weil er enorme Schwächen<br />
hat. Das Produkt ließe sich mit wenig Aufwand<br />
intelligenter gestalten. Es wäre eventuell<br />
etwas teurer. Zu verbessern ist die<br />
Leistung für Demenzerkrankungen, da<br />
wird bisher zu wenig gezahlt. Die starre<br />
Abstufung der Zahlungen für die Stufen<br />
I bis III ist nicht durchdacht. Das finanzielle<br />
Risiko für eine stationäre Behandlung<br />
in Pflegestufe I ist genauso hoch wie<br />
in Pflegestufe III. Man könnte in den<br />
jeweiligen Stufen also lieber den gleichen<br />
Betrag an Pflegetagegeld zahlen. Dennoch<br />
war es ein richtiger Schritt, die Verantwortung<br />
an Versicherungswirtschaft und<br />
Vermittler zu geben, denn „Wenn nicht<br />
wir, wer sonst?“<br />
Herr Engelhard, vielen Dank für das Interview!<br />
Das Interview führte Hanna Behn.<br />
Seite 21
Kfz-Schadenmanagement<br />
HUK-Coburg setzt auf Kundenbewertung<br />
Bei HUK-Coburg steht das Thema Schadenmanagement im Fokus – unter anderem in der Kfz-Versicherung.<br />
Wie Schäden reguliert werden, entscheidet über die Zufriedenheit und Loyalität der Kunden. Diese können<br />
auch entsprechendes Feedback geben, sagt Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandsmitglied der HUK-COBURG<br />
Versicherungsgruppe, im <strong>Versicherungsbote</strong>-Interview. Auf dem 8. Messekongress Schadenmanagement<br />
und Assistance der Versicherungsforen Leipzig Ende April referierte er zum Thema „Entwicklungsperspektiven<br />
im Schadenmanagement“. Im Vorfeld beantwortete Heitmann <strong>Versicherungsbote</strong> einige Fragen<br />
zum Schadenmanagement bei der HUK-Coburg.<br />
Herr Heitmann, warum ist Schadenmanagement<br />
für die HUK-Coburg ein Zu -<br />
kunfts thema?<br />
Klaus-Jürgen Heitmann: Unser Schadenmanagement<br />
ist mit fast 2 Mio. Schäden<br />
im Jahr einer der wesentlichsten Momente<br />
in unserer Beziehung zu unseren Kunden.<br />
Wir glauben, dass ein guter Schadenservice<br />
entscheidend ist für die Zufriedenheit<br />
und Loyalität der Kunden. Daher arbeiten<br />
wir seit Jahren daran, diesen Service in<br />
allen Aspekten weiter zu optimieren und<br />
haben auch für die kommenden Jahre<br />
noch viele weitere Ideen.<br />
Die HUK ist Marktführer im Privatgeschäft<br />
mit Autoversicherungen. Der Preiskampf<br />
in dieser Sparte ist besonders hart, im<br />
Wettbewerb um günstige Prämien schrei -<br />
ben viele Anbieter versicherungstechnische<br />
Verluste. Leidet nicht auch die Schadenbearbeitung,<br />
wenn die Kosten hierfür<br />
immer mehr gesenkt werden müssen?<br />
Natürlich muss die Schadenbearbeitung<br />
auch immer unter Kostenaspekten be -<br />
trachtet werden – wir investieren daher<br />
zum Beispiel in Automatisierungs- bzw.<br />
Digitalisierungsprojekte. Aber: Unterm<br />
Strich zählt jedoch die Gesamtbetrachtung<br />
von Schadenaufwand und -kosten<br />
sowie die Servicequalität. Das heißt, ein<br />
reiner Kostenfokus produziert gegebenenfalls<br />
am Ende teure Konsequenzen bei<br />
Schadenaufwand und Servicequalität.<br />
In der Autoversicherung sind Sie Marktführer<br />
im Bereich Schadenbearbeitung<br />
und kooperieren mit über 1.350 Werkstätten<br />
und Partnerbetrieben. Welche<br />
Vorteile hat die HUK-Coburg durch dieses<br />
große Netz im Bereich Schadenmanagement?<br />
Zum einen sind wir mit unserem flächendeckenden<br />
Netz sehr nah an unseren<br />
Kunden. Zum anderen haben wir in<br />
unserem Netz sehr viele hochkompetente<br />
Betriebe, sodass wir auch bei herausfordernden<br />
Aufgaben immer einen geeigneten<br />
Spezialisten anbieten können.<br />
Schließlich glauben wir auch, dass die<br />
Größe und Qualität unseres Netzwerkes<br />
auch starke Argumente für unsere Kooperationspartner<br />
sind.<br />
...und welche Vorteile haben die Kunden<br />
durch die Partnerwerkstätten? Evaluieren<br />
Sie die Kundenzufriedenheit im Bereich<br />
Schadenmanagement?<br />
Von den oben genannten Vorteilen partizipieren<br />
natürlich auch unsere Kunden,<br />
besonders positiv sind die Rückmeldungen<br />
zu den von uns mit den Partnerwerkstätten<br />
vereinbarten Prozessstandards,<br />
zum Beispiel schnelle Reparaturfreigabe<br />
oder auch Verbindlichkeit der<br />
Terminvereinbarung. Diese und weitere<br />
Aspekte lassen wir laufend durch unsere<br />
Kunden be werten – mit den Ergebnissen<br />
sind wir sehr zufrieden.<br />
Kfz-Verbände beklagen den hohen Zeitund<br />
Kostendruck auf die Partnerwerkstätten.<br />
Leiden darunter nicht Service<br />
und Qualität der Schadenbearbeitung?<br />
Leiden nicht auch die Arbeitsbedingungen<br />
der Mitarbeiter?<br />
Wir müssen natürlich darauf achten, dass<br />
wir die Reparaturdienstleistungen zu<br />
einem wirtschaftlich vernünftigen Preis<br />
einkaufen. Dabei muss die Geschäftsbeziehung<br />
zur Partnerwerkstatt ganzheitlich<br />
betrachtet werden. Wir liefern dem Großteil<br />
unserer Partnerwerkstätten sehr relevante<br />
Anteile an ihren Gesamtumsätzen.<br />
Dieser Umsatz ist planbar und wir lassen<br />
uns auch daran messen. Hinzu kommen<br />
im Marktvergleich sehr effiziente Prozesse.<br />
Unter diesen Rahmenbedingungen<br />
ist auch ein günstiger Preis gerechtfertigt.<br />
Durch Kundenzufriedenheitsbefragun -<br />
gen und Qualitätskontrollen halten wir<br />
Seite 22 Foto: PublicDomainPictures-2940 / pixabay.com<br />
01/<strong>2015</strong>
Praxis<br />
Qualität und Service nach. Auch diese<br />
Ergebnisse können sich sehen lassen! So<br />
sind 94 Prozent unserer Kunden mit dem<br />
Schadenservice vollkommen zufrieden<br />
oder zufrieden.<br />
Kunden profitieren von einer schnellen<br />
und einfachen Schadenbearbeitung. Dennoch<br />
scheint es, Versicherungen machen<br />
die Schadenbearbeitung selten zum<br />
Inhalt ihrer Werbekampagnen. Ist das<br />
Thema gegenüber dem Kunden schwer<br />
zu kommunizieren? Wie geht die HUK<br />
damit um?<br />
Wenn Sie unsere Fernsehwerbung sehen,<br />
sehen Sie genau das Gegenteil: Wir stellen<br />
gerade unsere Schadenservice-Kompetenz<br />
in den Mittelpunkt. Interessant ist, dass<br />
diese Botschaft bei unseren Kunden auch<br />
am besten ankommt.<br />
„Wird die HUK-Coburg zur Kfz-Werk -<br />
statt?“, hat <strong>Versicherungsbote</strong> im März<br />
2014 getitelt. Der Hintergrund waren Ihre<br />
Pläne, in den Markt mit freien Werkstätten<br />
einzusteigen und unabhängig<br />
vom Versicherungsschutz Reparaturen<br />
und Serviceleistungen anzubieten. Was<br />
versprechen Sie sich von diesem Schritt?<br />
Wie ist der aktuelle Stand bei der Umsetzung<br />
der Pläne?<br />
Wir versprechen uns von diesem Schritt<br />
eine Stärkung unseres Werkstattnetzes in<br />
wirtschaftlicher und technischer Hinsicht,<br />
vor allem bei der Elektronikkompetenz.<br />
Aktuell sind wir in der Pilotierung unseres<br />
Projektes mit guten Ergebnissen unterwegs.<br />
Wir gehen davon aus, dass wir Mitte<br />
dieses Jahres die Entscheidung treffen<br />
werden, ob wir das Projekt weiter verfolgen<br />
werden.<br />
Herr Heitmann, vielen Dank für das Interview!<br />
Die Fragen stellte Mirko Wenig.<br />
Klaus-Jürgen Heitmann<br />
ist seit 2004 im Vorstand der<br />
HUK-Coburg und verantwortet<br />
das Geschäftsfeld<br />
der Schaden-/Unfall -<br />
versicherungen.<br />
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Maklerbetreuer: Brückenbauer,<br />
Diplomaten, Vertriebsstrategen<br />
ERGO-Maklerbetreuer Rico Neubauer und Alexander Sachse<br />
berichten aus ihrem Alltag mit Versicherungsmaklern<br />
Maklerbetreuer vermitteln zwischen Versicherung und Versicherungsmakler – und sind damit oftmals die ersten<br />
Ansprechpartner für Vermittler beim Versicherungsunternehmen. Wie arbeitet ein Maklerbetreuer, wie sieht sein<br />
Tag aus? Und sind sie auch mal genervt? Was denken sie über die Zukunft und Herausforderungen der Makler?<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> hat bei Rico Neubauer und Alexander Sachse, beide Maklerbetreuer bei der ERGO Versicherungsgruppe,<br />
nachgeforscht.
Praxis<br />
<strong>Versicherungsbote</strong>: Sie sind beide Maklerbetreuer<br />
der ERGO. Wie wird man<br />
eigentlich Maklerbetreuer? War es ein<br />
bewusster Schritt, mit Maklern zusammenarbeiten<br />
zu wollen?<br />
Rico Neubauer: Meine Ausbildung habe<br />
ich im Jahr 2001 als Versicherungskaufmann<br />
in Leipzig, damals bereits im Maklervertrieb<br />
der D.A.S., begonnen. Zum<br />
damaligen Zeitpunkt war die Entscheidung<br />
zur Zusammenarbeit mit Maklern<br />
unbewusst. Nach der Ausbildung von drei<br />
Jahren sowie einer Anwärterphase bin ich<br />
seit nunmehr über zehn Jahren Maklerbeauftragter<br />
für das Feld Komposit im<br />
ERGO-Konzern. Aus heutiger Sicht war<br />
dies für mich der absolut richtige Weg.<br />
Alexander Sachse: Eine gute Voraussetzung<br />
für die Tätigkeit als Maklerbetreuer<br />
ist eine fundierte kaufmännische Ausbildung,<br />
idealerweise im Versicherungs- bzw.<br />
Finanzbereich. Dadurch erhält man neben<br />
den fachlichen Inhalten auch einen guten<br />
Überblick über die unterschiedlichen Vertriebsstrukturen<br />
innerhalb eines Versicherungsunternehmens.<br />
Ich denke, dass<br />
die Bedeutung der Zusammenarbeit mit<br />
ungebundenen Vermittlern steigen wird,<br />
was den stetig wachsenden Anteil des<br />
Maklergeschäfts bestätigt. Deshalb sehe<br />
ich meine bewusste Entscheidung, vor<br />
nunmehr 12 Jahren als Maklerbetreuer<br />
im Außendienst zu starten, als richtig an.<br />
50 Mails und ein<br />
ununterbrochen<br />
klingelndes<br />
Telefon<br />
– keine Seltenheit<br />
Viele Makler haben täglich mit Ihnen<br />
Kontakt – aber wir sind nicht sicher, ob<br />
sie wissen, wie der Arbeitsalltag eines<br />
Maklerbetreuers aussieht. Könnten Sie<br />
Ihren typischen Arbeitstag kurz um -<br />
reißen? Wie viele Kontakte haben Sie?<br />
Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben?<br />
Sachse: Der Maklerbetreuer muss sehr<br />
vielseitig sein. Der regelmäßige Kontakt<br />
zu den Vertriebspartnern, sei es beim<br />
direkten Gespräch im Maklerbüro, über<br />
die medialen Kanäle oder bei Veranstaltungen<br />
und Messen, stellt die wichtigste<br />
Aufgabe eines Maklerbetreuers dar. Die<br />
Vermittlung der fachlichen unternehmensbezogenen<br />
Informationen an die<br />
Makler steht dabei im Mittelpunkt. Von<br />
wesentlicher Bedeutung ist es, auf die<br />
Bedürfnisse der unabhängigen Vermittler<br />
intensiv und schnell einzugehen, um so<br />
eine optimale Betreuungsqualität zu<br />
bieten.<br />
Neubauer: Oftmals ist man als Maklerbetreuer<br />
der erste Ansprechpartner für<br />
den Vermittler im Versicherungsunternehmen.<br />
Daher ist ein typischer Arbeitstag<br />
von zahlreichen Telefonaten und E-<br />
Mails geprägt – 50 Mails und ein ununterbrochen<br />
klingelndes Telefon sind keine<br />
Seltenheit. Man muss jedoch zwischen<br />
Büro- und Außendiensttagen unterschei -<br />
den. An Bürotagen überwiegt die Angebotserstellung,<br />
Vorbereitung von Schulungen<br />
und Terminen, Controlling und<br />
Steuerung der Vermittler. An Tagen im<br />
Außendienst werden die Vermittler über<br />
neue Produkte aus dem Hause ERGO<br />
informiert, es werden gemeinsame Vertriebsansätze<br />
gestaltet und an der gemeinsamen<br />
Umsetzung gearbeitet. Auch die<br />
Durchführung von Schulungen, Maklertagen<br />
und Messen gehört zu meinen wichtigsten<br />
Aufgaben.<br />
Welche Eigenschaften braucht ein Maklerbetreuer?<br />
Muss er besonders kommunikativ<br />
sein? Diplomatisch? Humor oder<br />
gar ein dickes Fell haben?<br />
Neubauer: Ich denke, das A und O ist<br />
sicheres und selbstbewusstes Auftreten<br />
sowie schnelles und flexibles Handeln.<br />
Fachliches Know-how, Verbindlichkeit<br />
und Zuverlässigkeit sind ebenfalls unverzichtbar.<br />
Diese Eigenschaften gepaart mit<br />
einer Brise Humor runden das Bild eines<br />
guten Maklerbetreuers ab.<br />
Sachse: Neben der Fachkompetenz muss<br />
ein Maklerbetreuer auf jeden Fall vertriebsorientiert<br />
denken. Er sollte ein guter<br />
Motivator sein und den Maklern die Vorzüge<br />
der ERGO Produkte vermitteln<br />
können. Dann sind die Makler besser in<br />
der Lage sie zu verkaufen. Sicherlich gibt<br />
es dabei auch Situationen, in denen man<br />
ein dickes Fell haben muss, wenn einmal<br />
etwas nicht wie geplant funktioniert. Aber<br />
gerade dann sollte man als Maklerbetreuer<br />
mit diplomatischem Geschick, Flexibilität<br />
und Organisationstalent zu entsprechenden<br />
Lösungsansätzen kommen.<br />
Als Maklerbetreuer sind Sie das Bindeglied<br />
zwischen Vermittler und Versicherer.<br />
Eigentlich ist also Ihre Aufgabe,<br />
Brücken zu bauen. Sitzen Sie auch mal<br />
zwischen allen Stühlen? Schließlich<br />
werden Makler wohl auch mit Be schwer -<br />
den auf Sie zukommen.<br />
Neubauer: Natürlich, als Maklerbetreuer<br />
ist man auch Problemlöser für die Makler.<br />
Insofern ist man angehalten, beide Interessen<br />
auf einen gemeinsamen Nenner zu<br />
bringen.<br />
Sachse: Ja, das ist richtig. Der Maklerbetreuer<br />
ist der wichtigste Ansprechpartner<br />
der Vertriebspartner für die Produkte des<br />
Unternehmens. Insofern ist es notwendig,<br />
dass die Kommunikation zwischen Vermittler<br />
und Maklerbetreuer zum Unternehmen<br />
gewinnbringend für alle Seiten<br />
funktioniert. Dazu gehört auch, dass wir<br />
bei auftretenden Beschwerden, die an uns<br />
als Maklerbetreuer herangetragen werden,<br />
professionell und zielorientiert reagieren.<br />
...und gibt es Dinge, mit denen Makler<br />
Sie so „richtig auf die Palme bringen<br />
können“?<br />
Sachse: Natürlich. Meist gelingt es aber,<br />
rasch Lösungen zu finden, mit denen alle<br />
Beteiligten gut leben können. Es ist daher<br />
unser Ziel, die Services und Prozesse für<br />
die Vermittler weiter zu verbessern, wo -<br />
durch wir deutlich an Attraktivität ge -<br />
winnen werden.<br />
Neubauer: Ja, es gibt auch Makler, die<br />
einem den Büroalltag nicht so leicht<br />
machen. Allerdings bin ich lange genug<br />
im Geschäft, um professionell auf alle<br />
Bedürfnisse einzugehen.<br />
Das Thema Weiterbildung ist in aller<br />
Munde – und könnte schon bald vom<br />
Gesetzgeber verpflichtend vorgeschrie -<br />
ben werden. Wie bilden sich eigentlich<br />
Maklerbetreuer weiter?<br />
Sachse: ERGO legt großen Wert auf regelmäßige<br />
Weiterbildungsveranstaltungen.<br />
Der Beitritt der ERGO zu Brancheninitiativen<br />
wie „Gut Beraten“ oder „Ehrbarer<br />
Versicherungsmakler“ nimmt auch uns<br />
Maklerbetreuer in die Pflicht, sich regelmäßig<br />
fortzubilden. >><br />
Foto (li.): Frank Springsguth / <strong>Versicherungsbote</strong><br />
Seite 25
Rico Neubauer, begann im Jahr<br />
2001 seine Ausbildung zum<br />
Versicherungskaufmann (IHK)<br />
im Maklervertrieb der D.A.S.<br />
Mittlerweile ist er seit über 10<br />
Jahren Maklerbeauftragter,<br />
aktuell Direktionsbeauftragter<br />
der Regionaldirektion Makler<br />
Nord für Pools und Finanzvertriebe<br />
bei der ERGO Beratung<br />
und Vertrieb AG im Bereich<br />
Komposit.<br />
Alexander Sachse, gelernter<br />
Versicherungskaufmann (IHK),<br />
ist seit 14 Jahren im ERGO-Konzern,<br />
zunächst im Vertriebsservice<br />
und später als Maklerbetreuer<br />
bei der DKV, tätig.<br />
Er ist jetzt Direktionsbeauftragter<br />
der Regionaldirektion<br />
Makler Nord für Pools und<br />
Finanzvertriebe bei der ERGO<br />
Beratung und Vertrieb AG im<br />
Bereich der Personen -<br />
versicherungen.<br />
Daneben ist jeder Maklerbetreuer selbstverständlich<br />
angehalten, sich mittels Fachpresse<br />
über die me dialen Kanäle zu den<br />
Neuigkeiten in der Versicherungswelt zu<br />
informieren. Den regelmäßigen Austausch<br />
unter den Kollegen bei Teamtreffen und<br />
bei Seminaren oder Schulungen erachte<br />
ich eben so als wichtigen Baustein bei der<br />
Weiterbildung.<br />
Neubauer: Ich halte die Teilnahme an<br />
Weiterbildungen für extrem wichtig, denn<br />
dem, was vom Vermittler verlangt wird,<br />
sollten auch wir uns stellen. Weiterhin<br />
sollten alle Außendienstler einer Gesellschaft<br />
über einen einheitlichen Weiterbildungsstand<br />
verfügen. Sich regelmäßig<br />
weiterzubilden und fachlich auf dem aktuellen<br />
Stand zu sein, sind Grundvoraussetzungen<br />
für die kompetente Ausübung<br />
unseres Jobs.<br />
Was vom<br />
Vermittler verlangt<br />
wird, sollten auch<br />
Maklerbetreuer<br />
wissen<br />
Wie hat sich die Arbeit als Maklerbetreuer<br />
in den letzten Jahren verändert?<br />
Wie muss er in 5 oder 10 Jahren aufgestellt<br />
sein? Welche Kompetenzen sind<br />
zukünftig gefordert?<br />
Neubauer: Die Arbeit des Maklerbetreuers<br />
hat sich durch die multimediale<br />
Technik und Online-Medien stark verändert;<br />
so kann man zum Beispiel bei<br />
Online-Schulungen mit verhältnismäßig<br />
geringem Aufwand einen großen Vermittlerkreis<br />
ansprechen. Dieses wäre vor ein<br />
paar Jahren nicht möglich gewesen. Generell<br />
hat sich die Arbeitsweise durch E-<br />
Mails verändert. Ich kann Anfragen und<br />
Angebote schneller bearbeiten, das steigert<br />
unsere Effizienz.<br />
Sachse: In früheren Jahren lag der Fokus<br />
fast ausschließlich auf dem persönlichen<br />
Gespräch beim Makler, heute ist die Tätigkeit<br />
wesentlich anspruchsvoller. Der technische<br />
Fortschritt, die Optimierung der<br />
Prozesse und die Vielfältigkeit der Kundenansprache<br />
mit digitalen Medien haben<br />
enorm dazu beigetragen.<br />
Neubauer: In den letzten zehn Jahren ist<br />
außerdem der Wettbewerb härter gewor -<br />
den, da sich immer mehr Gesellschaften<br />
auf Makler und deren Bedürfnisse konzentrieren.<br />
Insofern wird sich der Makler<br />
für die Gesellschaft und den Maklerbetreuer<br />
entscheiden, der ihm den meisten<br />
Mehrwert bietet. Meiner Meinung nach<br />
müssen wir zukünftig noch mehr auf die<br />
Bedürfnisse der Makler eingehen: Services<br />
und Prozesse müssen weiter verbessert<br />
werden, damit wir noch mehr an Attraktivität<br />
gewinnen und stärker in den Fokus<br />
des Vermittlers rücken.<br />
Sachse: Ja, das Wichtigste ist die Fachkompetenz<br />
der Maklerbetreuer, denn nur<br />
als hochqualifizierte Maklerbetreuer bie -<br />
ten wir unseren Maklern Mehrwert.<br />
Das wird auch in Zukunft so sein.<br />
Viele Versicherer haben im Rahmen des<br />
LVRG die Abschlussprovisionen gesenkt,<br />
unseres Wissens auch die ERGO. Wichtige<br />
Vertriebssparten wie die Lebensversicherung,<br />
PKV und Riester schwächeln – auch<br />
aufgrund von Dauerkritik in den Medien.<br />
Welche „Ängste“ stellen Sie derzeit im<br />
Vertrieb fest? Herrscht Krisenstimmung<br />
bei den von Ihnen betreuten Maklern?<br />
Sachse: Das Lebensversicherungsreformgesetz<br />
schreibt die Senkung des Zillmersatzes<br />
von 40 auf 25 Promille vor, was wir<br />
selbstverständlich ab 1.1.<strong>2015</strong> umgesetzt<br />
haben. Das LVRG sagt zwar nicht direkt<br />
etwas zur Provisionshöhe, wird aber Konsequenzen<br />
für die Provisionen haben.<br />
Bei ERGO noch nicht <strong>2015</strong>, denn wir<br />
wollen die Anpassung sorgfältig planen<br />
und keinen Schnellschuss vornehmen.<br />
Wir sind in Zusammenarbeit mit allen<br />
Beteiligten dabei, Auswirkungen auf un -<br />
sere Provisionsmodelle zu prüfen. Das ist<br />
ein komplexer Prozess, der einige Zeit in<br />
Anspruch nehmen wird.<br />
Im Kern geht es dabei um eine veränderte<br />
Verteilung der Abschluss- und Bestandsprovisionen.<br />
In Anbetracht der heute<br />
erforderlichen laufenden Betreuung bei<br />
Altersvorsorgeprodukten wird die Be -<br />
standsprovision zulasten der Abschlussprovision<br />
erhöht. Allerdings wird die<br />
Reduzierung der Abschlussprovision ohne<br />
Frage zu Einkommensrückgängen führen,<br />
weil nicht alle Verträge das geplante<br />
Ablaufdatum erreichen.<br />
Seite 26 01/<strong>2015</strong>
Praxis<br />
Das LVRG, neue Qualifizierungsanforderungen<br />
und der aktuelle Niedrigzins<br />
stellen die Versicherungsbranche vor<br />
eine harte Probe. Welche Herausforderungen<br />
sehen Sie zukünftig speziell auf<br />
Versicherungsmakler zukommen?<br />
Wer den sich Makler neu orientieren<br />
müssen und wenn ja – wie?<br />
Sachse: Makler werden sich dem verändernden<br />
Lebensversicherungsmarkt stel -<br />
len müssen. Wie bereits erwähnt, wird es<br />
zukünftig Veränderungen in der Verteilung<br />
von Abschluss- und Bestandsprovision<br />
geben, was eine Änderung in der alltäglichen<br />
Geschäftstätigkeit eines Maklers<br />
zur Folge haben wird. Ebenso werden<br />
Produktalternativen zur bisherigen klassischen<br />
Lebensversicherung notwendig<br />
sein, mit denen sich die Vertriebspartner<br />
auseinandersetzen müssen, wenn sie wei -<br />
ter auf dem Lebensversicherungsmarkt<br />
tätig sein wollen. Bereits 2013 hat die<br />
ERGO auf das schwierige Marktumfeld<br />
mit der Einführung neuer Rentenversicherungsprodukte<br />
reagiert. Die Produkte<br />
sind aus meiner Sicht eine gute Antwort<br />
auf die Herausforderungen der Niedrigzinsphase.<br />
Professionelle Unternehmensführung,<br />
Betriebswirtschaft und Finanzen, Marketing,<br />
Vertrieb und Verkauf sowie Be -<br />
triebsabläufe und Personaleinsatz spie -<br />
len eine wesentliche Rolle in der Arbeit<br />
von Maklern. Geben Sie hier aktive Hilfestellung?<br />
Neubauer: Beim Thema Vertrieb und Verkauf<br />
biete ich den Maklern aktiv meine<br />
Hilfe an, sei es mit Mailing-Aktionen,<br />
Musteranschreiben etc. In Gesprächen<br />
werden oftmals Vertriebsansätze diskutiert<br />
und Erfahrungen dazu ausgetauscht.<br />
Wenn beide Seiten darin Chancen sehen,<br />
werden diese dann auch umgesetzt. Weiterhin<br />
bieten wir dem Makler bei großen,<br />
komplexeren Themen Unterstützung<br />
direkt vor Ort beim Kunden an, was von<br />
vielen Vermittlern sehr gern angenom -<br />
men wird.<br />
Die Branche hat seit geraumer Zeit ein<br />
Nachwuchsproblem. Wie kann man<br />
diesem Problem be geg nen?<br />
Sachse: Der Beruf des Versicherungsmaklers<br />
beziehungsweise die Branche insgesamt<br />
muss attraktiver gestaltet werden.<br />
Aus meiner Sicht tragen Weiterbildungsinitiativen<br />
wie „Gut beraten“ oder<br />
„Ehrbarer Versicherungsmakler“ dazu<br />
bei. Mit der Förderung von Initiativen wie<br />
dem Jungmakler-Award unterstützt die<br />
ERGO die Gewinnung von Nachwuchskräften<br />
im Bereich der Versicherungsund<br />
Finanzmakler.<br />
Neubauer: Eine zusätzliche Verbesserung<br />
des Images ist dringend notwendig. Die<br />
EU-Vermittlerrichtlinie und andere geforderte<br />
Maßnahmen verstärken dies bereits<br />
positiv. Ich denke, ebenso wichtig ist es,<br />
die Notwendigkeit und Attraktivität des<br />
Berufsbildes Versicherungsmakler aufzuzeigen.<br />
Makler sollten viel<br />
selbstbewusster<br />
die Vorteile<br />
ihres Berufsstandes<br />
hervorheben.<br />
Wie aktiv arbeiten Sie daran, neue, junge<br />
Makler zu akquirieren bzw. junge Vermittler<br />
vom Berufsbild Makler zu begeistern?<br />
Sachse: Die Teilnahme an „Jungmakler-<br />
Awards“ gibt jungen Maklern eine Plattform<br />
für Austausch und Vernetzung mit<br />
anderen Jungmaklern und großen Unternehmen.<br />
Das gibt ERGO die Chance,<br />
neue Maklerkontakte zu knüpfen und die<br />
ERGO im Maklermarkt weiter zu positionieren.<br />
Mit dieser Förderung zeigt<br />
ERGO, wie wichtig der Maklermarkt für<br />
das Unternehmen ist. Und es ist ein weiterer<br />
Schritt, ERGO als Maklerversicherer<br />
zu etablieren.<br />
Das Berufsbild Makler wird noch sehr<br />
häufig mit dem des Ausschließlichkeitsvertreters<br />
gleich gesetzt. Für viele Verbraucher<br />
ist der Makler auch nur ein<br />
Vertreter. Bedarf es einer stärkeren Aufklärung<br />
über das Berufsbild oder sogar<br />
den Ausbildungsberuf Makler?<br />
Neubauer: Ja, eine stärkere Aufklärung in<br />
der Bevölkerung ist erforderlich, da viele<br />
Leute den Unterschied zwischen Makler<br />
und Ausschließlichkeitsvertreter nicht<br />
kennen. Die Unterschiede und Vorteile<br />
der Berufsbilder sollten deutlicher kommuniziert<br />
und hervorgehoben werden.<br />
Sind Makler Ihrer Ansicht nach zu de -<br />
fensiv, wenn es darum geht die Vorzüge<br />
eines Maklers hervorzuheben?<br />
Neubauer: Ja, absolut. Makler sollten viel<br />
selbstbewusster die Vorteile ihres Be -<br />
rufsstandes hervorheben. Sie vermitteln<br />
schließ lich alle Versicherungsgesellschaf -<br />
ten und deren Produkte.<br />
Bitte wagen Sie zum Abschluss noch eine<br />
Prognose: Wo wird der Maklervertrieb in<br />
zehn Jahren stehen?<br />
Sachse: Der Maklervertrieb wird wesentlich<br />
an Bedeutung gewinnen. Dazu ist es<br />
aber notwendig, dass sich sowohl der<br />
Makler als auch die Unternehmen an die<br />
steigenden Anforderungen vor allem im<br />
technischen Bereich anpassen. Versicherungskunden<br />
informieren sich heute<br />
zunehmend online. Nicht alle wollen dann<br />
aber beim Vertragsabschluss ganz auf eine<br />
persönliche Beratung verzichten. Darauf<br />
müssen sich Makler einstellen, wenn sie<br />
weiterhin langfristig erfolgreich sein<br />
wollen. Es wird zukünftig nicht mehr ausreichen,<br />
vor Ort präsent zu sein und ausschließlich<br />
auf die persönliche Bera tung<br />
zu setzen. Unsere Makler sollten die<br />
Chan cen nut zen, über das Internet Informationen<br />
an zubieten und über viele<br />
moderne Kommunikationskanäle erreich -<br />
bar zu sein.<br />
Neubauer: Ich denke, dass sich das Be -<br />
rufsbild des Versicherungsmaklers vom<br />
reinen Verkäufer mehr zum Berater und<br />
Begleiter für die Kunden wandeln wird.<br />
Dabei darf der Makler jedoch nicht seine<br />
betriebswirtschaftlichen Anforderungen<br />
aus dem Auge verlieren. Wenn der Makler<br />
diese Herausforderungen erkennt, sich<br />
diesen stellt und optimal nutzt, kann das<br />
zu einer echten Chance für zukünftige<br />
Erfolge werden. Ich glaube, dass der Maklervertrieb<br />
in den nächsten Jahren der<br />
Vertriebsweg mit den größten Wachstumschancen<br />
sein wird.<br />
Herr Neubauer, Herr Sachse – vielen Dank<br />
für das Interview!<br />
Die Fragen stellten Björn Bergfeld,<br />
Mirko Wenig und Hanna Behn.<br />
Seite 27
Investment und Fondsvermittlung<br />
Warum sich der Bestandsaufbau für Makler lohnt<br />
Viele deutsche Sparer sind beim Thema Geldanlage eher konservativ eingestellt. Sie verbinden mit der<br />
Investition in Aktien und Fonds hohe Risiken. Auch Versicherungsmakler bleiben im Bereich Investment<br />
eher zurückhaltend und konzentrieren sich auf die Vermittlung von Versicherungen. Doch bieten immer<br />
mehr Versicherer Produkte an, die an Investmentfonds gebunden sind. Im <strong>Versicherungsbote</strong>-Interview<br />
zeigt Markus Schächtele, Vorstand der Südcuranz AG Unternehmensgruppe, wie man erfolgreich im<br />
Bereich Investment arbeitet.<br />
Markus Schächtele ist Vorstand<br />
der Südcuranz AG Unternehmensgruppe,<br />
die seit 26 Jahren<br />
besteht.<br />
Das Unternehmen mit Sitz in<br />
Merdingen leitet er zusammen<br />
mit seinem Partner Armin M.<br />
Spittler. Schächtele ist hauptverantwortlich<br />
für die Bereiche<br />
Investmentanlage, Geschäftsversicherung,<br />
Ruhestandsplanung<br />
und private Absicherung.<br />
Herr Schächtele, die Märkte sind volatil,<br />
die Zinsen niedrig, Sparten wie Riester<br />
oder die Lebensversicherung sehen sich<br />
einem Dauerfeuer durch die Medien ausgesetzt.<br />
Provokativ gefragt: Sind das<br />
eigentlich gute oder schlechte Zeiten für<br />
Finanzberater und Anlagestrategen,<br />
wenn die Kunden verunsichert sind?<br />
Markus Schächtele: Es werden tagtäglich<br />
so viele verschiedene Informationen zu<br />
diesem Thema veröffentlicht, dass die<br />
Kunden tatsächlich verunsichert sind. Für<br />
uns freie Finanzberater ist es eine große<br />
Herausforderung, weil die Kunden in<br />
diesen Zeiten ganz besonders auf unser<br />
Wissen und unsere Erfahrungen vertrauen.<br />
Nie zuvor habe ich so viele Beratungsgespräche<br />
infolge persönlicher Empfehlungen<br />
vereinbart wie heute.<br />
Viele Versicherungsmakler scheuen das<br />
Thema Investment und konzentrieren<br />
sich auf die Versicherungsvermittlung.<br />
Sie betreuen mit Ihrer Südcuranz Finanz<br />
AG über 7.000 Kundinnen und Kunden,<br />
bieten eine Auswahl aus 8.000 Fonds.<br />
Warum sollten sich Makler Ihrer Meinung<br />
nach mit dem Thema Geldanlage be -<br />
schäftigen und auch als Finanzberater<br />
tätig werden?<br />
Versicherungsmakler, die Lebensver -<br />
sicherungen vermitteln, müssen sich<br />
zwangs läufig mit den Kapitalmärkten und<br />
verschiedenen Investmentanlagen be -<br />
schäf tigen. Immer mehr Versicherungsgesellschaften<br />
bieten nur noch Produkte<br />
an, die an Investmentfonds gebunden<br />
sind. Eine professionelle Kundenberatung<br />
auf diesem Gebiet erfordert daher auch<br />
ein fachlich fundiertes Wissen über die<br />
aktuelle Entwicklung der Finanzmärkte.<br />
Die Südcuranz Finanz AG hat ihren Sitz<br />
in Merdingen – einem beschaulichen<br />
Weinbauort im Südwesten Baden-Württembergs<br />
mit kaum 2.600 Einwohnern.<br />
Das ist nicht unbedingt der Ort, wo man<br />
ein Finanz- und Maklerunternehmen mit<br />
über 30 Mitarbeitern vermuten würde.<br />
Wie kann man denn die Menschen in<br />
Kleinstädten und Dörfern für das Thema<br />
Investment gewinnen – muss man sie<br />
anders ansprechen, als wenn Sie in einer<br />
Metropole agieren würden?<br />
Sparsamkeit und nachhaltiges Wirtschaften<br />
waren schon immer die Tu gen -<br />
den der ländlichen Bevölkerung im Südwesten.<br />
Das Interesse der Kunden, ihr<br />
Erspartes ertragreich und sicher anzulegen,<br />
ist die größte Triebfeder bei der<br />
Suche nach professioneller Beratung. Ob<br />
in einer Metropole andere Überlegungen<br />
ausschlaggebend sind, kann ich nicht<br />
beurteilen.<br />
Für eine Kfz- oder Wohngebäudeversicherung<br />
sehen Kunden selbst leicht den<br />
eigenen Bedarf. Wie aber interessiert<br />
man sie für Investmentprodukte? Wie<br />
finden Sie den Weg zu „Ihren“ Kunden?<br />
Findet ein Beratungsgespräch auch mal<br />
beim Bier in der Kneipe statt – oder ist<br />
das jetzt eine Klischeevorstellung von<br />
mir?<br />
Mit einer Sachversicherung schützt der<br />
Kunde sein sichtbares Hab und Gut. Mit<br />
einem Investmentprodukt möchte der<br />
Kunde sein Erspartes sichern und gewinnbringend<br />
anlegen. Den Bedarf und den<br />
Anspruch, auf beiden Gebieten sachkundig<br />
beraten zu werden, bringt der<br />
Kunde von sich aus mit. Neue Kunden<br />
gewinne ich dadurch, dass ich weiterempfohlen<br />
werde. Es ist zwar eine gängige<br />
Vorstellung, aber das Thema Geldanlagen<br />
möchten die Kunden gerne diskret mit<br />
mir besprechen, weshalb eine Kneipe kein<br />
geeigneter Ort dafür ist.<br />
Und wie baut man schließlich einen so<br />
großen Investmentbestand auf?<br />
Viel arbeiten, für seine Kunden da sein,<br />
auch in Krisenzeiten der Finanzmärkte,<br />
und seriös und nachhaltig beraten.<br />
Seite 28 01/<strong>2015</strong>
Praxis<br />
In der Vergangenheit wurden viele Vermittler<br />
belächelt, die sich mühselig einen<br />
Sachbestand aufgebaut haben und nicht<br />
(nur) den Fokus auf das Neugeschäft im<br />
Bereich Leben gelegt haben. Inzwischen<br />
hat sich das Blatt gewendet. Ist der Vertrieb<br />
von Fondsprodukten die neue<br />
Chan ce auf eine große Bestandssumme<br />
und damit regelmäßige Einkünfte?<br />
Das Investmentgeschäft kann durchaus<br />
mit dem Sachversicherungsgeschäft verglichen<br />
werden. Insbesondere dann, wenn<br />
Makler beispielsweise Fonds-Sparpläne<br />
an Kunden vermitteln. Dabei erhalten sie<br />
keine vordiskondierte Abschlussprovision,<br />
sondern eine ratierliche Vergütung. Diese<br />
rechnet sich für uns zwar erst nach einigen<br />
Jahren, aber es kumuliert ohne Stornorisiken<br />
zu beinhalten.<br />
Wie hoch ist Ihr Bestandsvolumen?<br />
Aktuell betreuen wir über 2.000 Kundendepots<br />
mit einem Bestandsvermögen von<br />
etwa 60 Millionen Euro. Wir haben<br />
wenige Großkunden und sehr viele Kun -<br />
den mit kleinen und mittleren Vermögen.<br />
Wie viel kann man mit Fonds verdienen?<br />
Wie hoch sind die durchschnittlichen<br />
Abschluss- bzw. Bestandsvergütungen?<br />
Beim Erwerb von Fondsanteilen fällt eine<br />
Gebühr an, der sogenannte Ausgabeaufschlag,<br />
der durchschnittlich bei 2,5 Prozent<br />
liegt, wovon der Makler etwa 2,0 Prozent<br />
erhält. Die Bestandsvergütung beträgt<br />
hier im Durchschnitt etwa. 0,2 Prozent<br />
pro Jahr. Eine andere Möglichkeit besteht<br />
darin, mit dem Kunden ein jährliches Serviceentgelt<br />
zwischen 0,5 Prozent und 1,0<br />
Prozent zu vereinbaren. In diesem Fall<br />
entfällt dann der Ausgabeaufschlag.<br />
Viele Versicherer setzen auf Fondspolicen.<br />
Wie stehen Sie dazu?<br />
Mittlerweile bieten fast alle Versicherer<br />
eine „Fondspolice“ an. Ich halte die Trennung<br />
von Risikoabsicherung einerseits<br />
und Vermögensaufbau andererseits meist<br />
für sinnvoller, zumal die Kosten geringer<br />
sind und der Kunde flexibler bleibt. Letztendlich<br />
muss aber immer der individuelle<br />
Kundenvorteil im Vordergrund stehen.<br />
Fonds dürfen seit dem 01. Januar <strong>2015</strong><br />
nur noch von Vermittlern mit Sachkundeprüfung<br />
gemäß § 34 f GewO verkauft<br />
werden. Vermittler ohne 34 f-Nachweis<br />
können aber dieselben Fonds weiterhin<br />
im Rahmen einer Fondspolice vertreiben.<br />
Wie geht man als entsprechend geprüfter<br />
Vermittler mit dieser „Konkurrenz“ um?<br />
Ich sehe darin kein Problem, denn oftmals<br />
ist es für den Kunden wirtschaftlich sinnvoller,<br />
ohne Einbindung in einen langfristigen<br />
Vertrag direkt in Fonds zu in -<br />
vestieren. Der gut beratene und aufgeklärte<br />
Kunde entscheidet sich dann für<br />
das bessere, sprich für das für ihn ren -<br />
tablere Produkt. Und in absehbarer Zeit<br />
werden vermutlich auch Fondspolicen-<br />
Vermittler eine Sachkundeprüfung im<br />
Rahmen der GewO nachweisen müssen.<br />
Das Investment -<br />
geschäft kann<br />
durchaus mit dem<br />
Sachversicherungsgeschäft<br />
verglichen<br />
werden.<br />
Deutsche Sparer gelten als konservativ,<br />
wenn es um die Geldanlage geht. Laut<br />
einer Umfrage des GFK Marktforschungsinstituts<br />
sind Sparkonto und Tagesgeld<br />
die beliebtesten Anlageformen. Aktien<br />
und Fondsanteile hingegen regelrecht<br />
verpönt und mit einem schlechten Image<br />
behaftet. Dabei haben einer Allianz-<br />
Studie zufolge Aktien über alle 30-Jahreszeiträume<br />
seit dem Jahr 1800 – im<br />
Gegensatz zu den anderen beiden Anlageformen<br />
– inflationsbereinigt nie an<br />
Wert verloren. Wie bringt man die Sparer<br />
trotzdem dazu, das Geld entsprechend<br />
anzulegen?<br />
Eine kundenorientierte individuelle Beratung<br />
beinhaltet auch eine umfangreiche<br />
Aufklärung und versetzt den Kunden in<br />
die Lage, die mit dem Kauf von Aktien<br />
und Fondsanlagen verbundenen Risiken<br />
jeweils richtig einschätzen zu können. Das<br />
Anlageportfolio muss zum Kunden pas -<br />
sen. Wenn der Kunde erkennt, dass ich<br />
ihm mit meinem Fachwissen helfen<br />
möchte, sein Erspartes seinen Bedürfnissen<br />
entsprechend anzulegen, dann ist<br />
er auch bereit, ein akzeptables Risiko einzugehen.<br />
Wie viel Geld legen Ihre Kunden im<br />
Durchschnitt an? Ab welchem monatlichen<br />
Sparbetrag macht die Anlage in<br />
Fonds Sinn?<br />
Die durchschnittliche Anlagesumme be -<br />
trägt etwa 40.000,- Euro, der durchschnittliche<br />
monatliche Sparbetrag liegt zwischen<br />
150,- und 200,- Euro. Ich biete aber auch<br />
Sparpläne schon mit einem monatlichen<br />
Beitrag von 10,- Euro für Kinder ab<br />
Geburt an, weil ich der Überzeugung bin,<br />
dass sich langfristiges Fondssparen immer<br />
„lohnt“.<br />
Hand aufs Herz: Wie kommunizieren<br />
Finanzberater, wenn sich doch mal eine<br />
Geldanlage nicht wie gewünscht entwickelt<br />
oder gar Verluste bringt? Schließlich<br />
kann auch der beste Anlageberater da -<br />
neben liegen. Haben Sie für solche Fälle<br />
eine Strategie? Und wie sichern Sie sich<br />
persönlich ab?<br />
Ich protokolliere alle Beratungsgespräche<br />
ausführlich. Wichtig ist es, dem Kunden<br />
schon bei der Beratung ein breit gestreutes<br />
Portfolio für sein Kapital anbieten zu<br />
können, um sein Verlustrisiko möglichst<br />
gering zu halten. Und natürlich muss man<br />
dem Kunden auch ehrlich sagen, dass<br />
nicht alle Entwicklungen am Finanzmarkt<br />
vorhersehbar sind und es durchaus möglich<br />
ist, dass sich der eine oder andere der<br />
ausgewählten Fonds nicht so gut entwickelt<br />
wie erwartet.<br />
Die Webseite der Südcuranz lässt darauf<br />
schließen, dass Sie eine ganzheitliche<br />
Beratung anstreben – u. a. mit den Bausteinen<br />
Altersvorsorge, Risikovorsorge<br />
und Geldanlage. Warum ist Ihnen dies<br />
wichtig?<br />
Wir streben eine langfristige, lebensbegleitende<br />
Kundenbeziehung an. Jede<br />
Lebensphase ist von anderen Bedürfnissen<br />
geprägt – wir möchten unsere Kunden<br />
jederzeit umfassend und ihren Bedürfnissen<br />
entsprechend beraten können.<br />
Und wie geht es weiter mit den Märkten?<br />
Wagen Sie einen Ausblick?<br />
Die Märkte werden volatil bleiben und<br />
damit bleiben es auch „gute Zeiten“ für<br />
seriöse Finanzberater, die für ihre Kunden<br />
da sind – in guten ebenso wie in schwierigen<br />
Zeiten!<br />
Vielen Dank für das Interview!<br />
Die Fragen stellte Mirko Wenig.<br />
Seite 29
Wie Sie Kundenloyalität aufbauen<br />
Drei Phasen, auf die dabei besonders zu achten ist<br />
Das größte Vermögen, das ein Unternehmen besitzt, ist die Loyalität seiner Kunden. Je länger es einen<br />
rentablen Kunden hält, desto mehr Gewinn kann es durch ihn erzielen. Oberstes Ziel sollte es daher<br />
sein, möglichst keinen einzigen profitablen Kunden zu verlieren, den man behalten will. Man muss aber<br />
auch wissen, wie das funktioniert.<br />
Loyalität ist freiwillige Treue. Sie entsteht<br />
aus innerer Überzeugung heraus – und<br />
nicht durch Druck oder Zwang. Kundenbindungsmaßnahmen<br />
hingegen gehen<br />
vom Unternehmen aus. Sie dokumentieren<br />
die selbstzentrierte, managementbezogene<br />
und meist immer noch arrogante<br />
Sicht der Unternehmen auf ihre<br />
Kunden. Doch kann kein Knebelvertrag,<br />
keine Wechselbarriere und kein noch so<br />
gut gemachtes Kundenbindungstool Kundentreue<br />
erzwingen. Und Treue über<br />
Punkte oder Prämien zu kaufen, ist ziemlich<br />
teuer.<br />
Vier Loyalitäten entwickeln<br />
Im modernen Marketing sprechen wir<br />
von vier Loyalitäten, die zu entwickeln<br />
sind:<br />
• die Loyalität zum Unternehmen und<br />
seinen Standorten<br />
• die Loyalität zu den Angeboten, Services<br />
und Marken<br />
• die Loyalität zu den Mitarbeitern und<br />
Ansprechpartnern<br />
• die Loyalität zu den Mitgliedern der<br />
eigenen Netzwerke.<br />
Den sichtbaren Beweis für solche Loyalität<br />
tritt der Kunde durch Immer-wieder-<br />
Käufe, durch Mundpropaganda und ak -<br />
tive positive Empfehlungen an. Drei Pha -<br />
sen sind im Zuge dessen besonders zu<br />
beachten: der Einstieg in die Loyalität,<br />
Zwischendurch-Abschiede und potenzielle<br />
Gefahrenpunkte, die zu einem Ausstieg<br />
aus der Loyalität führen können.<br />
Der Einstieg in die Loyalität<br />
Der Einstieg in die Loyalität beginnt in<br />
aller Regel unmittelbar nach Vertragsabschluss<br />
oder nach einem ersten Kauf.<br />
Zunächst gilt es nun, die Kaufreue zu<br />
besiegen. Das sind letzte Zweifel daran,<br />
ob die getroffene Entscheidung eine gute<br />
war. Also muss die Richtigkeit des getätigten<br />
Kaufs bestätigt werden, und zwar<br />
so schnell wie möglich.<br />
Das kann je nach Situation<br />
• gleich an der Kasse<br />
• unmittelbar nach Vertragsabschluss<br />
• im Anschluss an einen Kauf per<br />
Telefon<br />
• durch eine automatisierte Mail er -<br />
folgen.<br />
So fragt ein Küchenhändler nach ein paar<br />
Tagen an, wie es sich in der neuen Küche<br />
so kocht. Der Optiker erkundigt sich, wie<br />
man mit der Gleitsichtbrille klarkommt.<br />
Und ein Hersteller will wissen, ob mit der<br />
Lieferung alles in Ordnung war. All dies<br />
tut man, um die sogenannten Nachkaufdissonanzen<br />
zu vermeiden.<br />
Aspekt Kundenbindung Kundenloyalität<br />
Wirkrichtung geht vom Anbieter aus geht vom Kunden aus<br />
Motivationshebel<br />
gekaufte Treue, Druck oder<br />
Zwang<br />
arbeitet mit Anziehungskraft<br />
Freiwilligkeit Kunde muss bleiben Kunde will bleiben<br />
Wechselmöglichkeit<br />
eingeschränkt, mit Kosten<br />
verbunden<br />
jederzeit, uneingeschränkt<br />
Treuezeit von begrenzter Dauer zeitlich unlimitiert<br />
Hilfsmittel Verträge, Systeme, Barrieren Begeisterung, Vertrauen<br />
Kosten für Unternehmen hoch niedrig<br />
Die Unterschiede zwischen Kundenbindung und Kundenloyalität<br />
Seite 30 01/<strong>2015</strong>
Vertrieb<br />
Danach heißt es, den Kunden zügig zum<br />
Zweitkauf zu führen. Es ist bekannt, dass<br />
die Schwelle, einen Anbieter zu wechseln,<br />
in aller Regel mit der Anzahl der getätigten<br />
Käufe sinkt. Deshalb sind weitere<br />
Kontakt- und Kaufmöglichkeiten unmittelbar<br />
einzuplanen und positiv zu<br />
gestalten.<br />
So hatte ein Onlineshop-Betreiber festgestellt,<br />
dass die Leute nach dem dritten<br />
Kauf begannen, ganz regelmäßig bei ihm<br />
zu bestellen. Daraufhin führte er Maßnahmen<br />
ein, um so schnell wie möglich<br />
diese loyalitätsentscheidenden ersten drei<br />
Käufe zu initiieren. Er wusste: Wiederholungen<br />
mit ausbleibenden Enttäuschun -<br />
gen schaffen Vertrauen und schwächen<br />
den Wechselimpuls. Wenn nicht wenigstens<br />
ab und an Tuchfühlung aufgebaut<br />
wird, bröckelt die Loyalität und geht<br />
schließlich völlig verloren. In gleichem<br />
Maße steigt die Anfälligkeit für „aushäusige“<br />
Kontakte.<br />
Zwischendurch-Abschiede<br />
Abschied tut weh, sagt wissend der Volksmund.<br />
Dies gilt auch für das Loyalitätsmarketing.<br />
Kundenkontakte haben an<br />
vielen Stellen mit einem kleinen Abschied<br />
zu tun: Service-Mitarbeiter und Auftraggeber<br />
gehen nach getaner Reparatur auseinander,<br />
die Techniker räumen nach<br />
Inbetriebnahme einer Anlage das Feld,<br />
der Kunde verlässt die Einkaufsstätte. Ein<br />
solcher Abschied ist immer ein kleiner<br />
Bruch in der Kundenbeziehung.<br />
Welche loyalitätsstärkenden Maßnahmen<br />
ergreifen Sie also in diesem Moment? So<br />
könnten Hotels nicht nur ein Willkommensgetränk,<br />
sondern auch eines zum<br />
Abschied servieren. Die Garant Möbelhändler<br />
aus Österreich hinterlassen nach<br />
der Montage einer Küche eine „Nasch -<br />
lade“. In einer Schublade werden Süßigkeiten<br />
versteckt, die der Kunde wenig<br />
später überraschend entdeckt. Man stelle<br />
sich das Hallo vor, wenn die Familie Kin -<br />
der hat.<br />
Der Ausstieg aus der Loyalität<br />
Für den Ausstieg aus der Loyalität gibt es<br />
zweierlei Gründe: Geld oder schlechte<br />
Gefühle. Hat eine Beziehung gerade erst<br />
begonnen, trägt der Kunde noch die Brille<br />
der misstrauischen Vorsicht. Selbst bei<br />
kleinen Fehlern sind Anbieter dann<br />
schnell in Gefahr. Bei überlangen Beziehungen<br />
hingegen kommt es zu Desinteresse,<br />
Langeweile und Überdruss. Jede<br />
kleine Nachlässigkeit und jede kleine<br />
Beschwerde kann nun das Ende einläuten.<br />
Weitere heikle Momente: Wenn bedingt<br />
durch das Vertragsende, durch Preiserhöhungen,<br />
fällige Jahresgespräche oder<br />
Konditionen-Anpassungen mit Kündigungen<br />
zu rechnen ist. In derartigen<br />
Fällen sollte ein positives Ereignis vorgeschaltet<br />
werden. Selbst jeder Rechnungsversand<br />
ist kritisch, denn da bilanziert der<br />
Kunde, ob Geld und Gegenwert zuein an -<br />
der passen. Diese Betrachtung ist höchst<br />
subjektiv und sie wird von kurz zurückliegenden<br />
Ereignissen positiv oder negativ<br />
überschattet. Dabei sehen die Menschen<br />
nicht das, was sie sehen sollen, sondern<br />
immer nur das, was sie sehen wollen.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Anne M. Schüller<br />
Anne M. Schüller<br />
ist Managementdenker,<br />
Keynote-Speaker, mehrfache<br />
Bestsellerautorin und Businesscoach.<br />
Die Diplom-Betriebswirtin<br />
gilt als Europas führende<br />
Expertin für das Touchpoint<br />
Management und eine kundenfokussierte<br />
Unternehmensführung.<br />
Sie zählt zu den gefragtesten<br />
Referenten im deutschsprachigen<br />
Raum und hält<br />
Vorträge und Workshops zum<br />
Thema. Sie ist Gastdozentin an<br />
mehreren Hochschulen.<br />
Zu ihrem Kundenkreis zählt<br />
die Elite der Wirtschaft. Ihr<br />
Touchpoint Institut bildet<br />
zertifizierte Touchpoint<br />
Manager aus und vergibt<br />
Touchpoint-Lizenzen.<br />
Kontakt:<br />
www.touchpoint-management.de<br />
und www.anneschueller.de<br />
Foto: SLincolnGroup 167536 / pixabay.com<br />
Seite 31
Courtagesenkung und Honorarberatung<br />
Wie halten es die Maklerpools?<br />
Oliver Pradetto: Es gibt ja keine Alternative.<br />
Immerhin folgen die Änderungen<br />
gesetzlichen Zwängen. Insofern<br />
sieht blau direkt es absolut<br />
positiv, dass die Mehrzahl der Versicherer<br />
sich bemüht, Senkungen der<br />
Abschlussprovisionen durch höhere<br />
Bestandsprovisionen zu mildern. blau<br />
direkt konnte bislang bei allen relevanten<br />
Versicherern Senkungen der<br />
Abschlussprovisionen vermeiden und<br />
gleichzeitig rund 38 Prozent mehr<br />
Bestandsvergütung auszahlen. Für<br />
blau direkt-Partner überwiegen daher<br />
aktuell die positiven Effekte.<br />
Michael Buth: Die Kürzungen von<br />
Abschlussprovisionen für den Bereich<br />
kapitalisierender(!) Versicherungen<br />
waren längst überfällig, wir rechnen<br />
letztlich mit einer vollständigen Streichung.<br />
Die Begründung ist einfach:<br />
Stellen Sie sich vor, Sie würden einen<br />
Banksparplan mit 25 Jahren Laufzeit<br />
und 100 Euro Monatsbeitrag ab -<br />
schließen, den Sie aber nach 3 Jahren<br />
aus persönlichen Gründen kündigen<br />
müssen. Die Bank wird Ihnen wegen<br />
vorzeitiger Vertragsauflösung sehr<br />
wahrscheinlich die Zinsen streichen<br />
und ein paar Gebühren berechnen,<br />
aber weitgehend werden Sie Ihre bis -<br />
her eingezahlten Gelder zurücker -<br />
halten. Denn ein Auszahlbetrag, der<br />
deutlich unter den eingezahlten Beiträgen<br />
liegt, würde erhebliche Proteste<br />
der Kundschaft zur Folge haben. Und<br />
bei gezillmerten Rentenversicherun -<br />
gen, Rentenversicherungen gegen eine<br />
sogenannte Kostenausgleichsvereinbarung<br />
oder bei Vermittlung der Rentenversicherung<br />
gegen Honorar? Er -<br />
staunlich, dass Verbraucher und Ge -<br />
setzgeber die hier mit einer vorzeitigen<br />
Kündigung einhergehenden<br />
realen Verluste bisher überhaupt hingenommen<br />
haben. Immerhin werden<br />
nach Schätzung von Experten ca. 70<br />
Prozent aller versicherungsbasieren -<br />
den Anlageprodukte vor Ablauf ge -<br />
kündigt oder beitragsfrei gestellt.<br />
Im Rahmen des LVRG haben viele<br />
Anbieter die Abschlusscourtage<br />
ge senkt. Einige Versicherungen zahlen<br />
nun eine höhere Bestandscourtage,<br />
andere verzichten auf einen Ausgleich.<br />
Wie bewerten Sie die Entwicklung?<br />
Überwiegen die Vor- oder Nachteile?<br />
Dr. Sebastian Grabmaier: Diese Entwicklung<br />
war voraussehbar, da durch das<br />
LVRG der Kostendruck auf die Versicherer<br />
steigt und die Eingangssätze bei<br />
den Pools, Vertrieben und Maklern sin -<br />
ken. Auch wenn höhere Bestandscourtagen<br />
langfristig positive Auswirkungen<br />
haben, da sich der Wert des Bestandes<br />
erhöht und der Bestand kontinuierlich<br />
Einnahmen bringt, ist das LVRG der<br />
bisher größte Einschnitt in die Berufsausübung<br />
der freien Makler. Die Übergangszeit<br />
bis zur Gewöhnung an niedrigere<br />
Courtageniveaus in Versicherungssparplänen<br />
wird für viele Vermittler zunächst<br />
deutliche Einkommenseinbußen bedeu -<br />
ten. Dies wird insbesondere ein Problem<br />
für junge Vermittler, die noch keinen<br />
großen Bestand haben und für Vertriebe,<br />
die mit vielen Vermittlerstufen aufgestellt<br />
sind. Zudem wird auch der Einstieg für<br />
neue Makler schwieriger und das jetzt<br />
schon vorhandene Nachwuchsproblem<br />
der Branche wird sich verschärfen.<br />
Oliver Drewes, Geschäftsführer<br />
maxpool Servicegesellschaft für<br />
Finanzdienstleister mbH<br />
Oliver Drewes: Aus meiner Sicht<br />
überwiegen ganz klar die Nachteile.<br />
Im Ergebnis ist es eine<br />
Schlechterstellung des unabhängigen<br />
Maklers gegenüber des ge -<br />
bundenen Vertreters, der sicher<br />
weiterhin un veränderte Kosten<br />
produzieren kann. Trotzdem<br />
werden sich die freien Makler<br />
auch zukünftig am Markt be -<br />
haupten. Qualität und un ab hän -<br />
gige Beratung setzen sich durch,<br />
davon bin ich überzeugt.<br />
Markus Kiener: Die Auswirkun -<br />
gen des LVRG sind bislang ge -<br />
ringer, als es die meisten Marktteilnehmer<br />
erwartet hatten. Das<br />
liegt zum einen daran, dass noch<br />
nicht alle LV-Gesellschaften Ver -<br />
änderun gen in den Courtagen,<br />
der Haftungszeit oder der Laufzeitmaximierung<br />
vorgenom men<br />
haben. Zum anderen sind aber<br />
auch die bereits be kannten An -<br />
passungen nicht dramatisch. Es<br />
gab kaum drastische Senkungen<br />
der Courtagen, viele Kürzungen<br />
der Ab schluss pro vision wurden<br />
zudem zumindest teilweise kompensiert,<br />
beispielsweise durch<br />
laufende Provisi o nen, und die BU<br />
ist bei den meis ten Anbietern<br />
vom LVRG gar nicht be troffen.<br />
Dr. Sebastian Grabmaier,<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
Jung, DMS & Cie. AG<br />
Seite 32 01/<strong>2015</strong>
Vertrieb<br />
Im Zuge des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) reagierten Versicherer mit Senkung der Abschluss-,<br />
zum Teil auch der Bestandscourtage. Auf der anderen Seite setzen europäische Regulierer und Verbraucherschützer<br />
als Alternative zur provisionsbasierten Beratung auf Honorarberatung. Wie stehen die Maklerpools<br />
zu den Entwicklungen am Markt? Ob sie ihre Makler auch bei einer Honorarberatung unterstützen,<br />
zeigte sich im Kurzinterview mit Oliver Pradetto (blau direkt), Markus Kiener (Fonds Finanz), Michael<br />
Buth (INVERS GmbH), Dr. Sebastian Grabmaier (Jung, DMS & Cie.) und Oliver Drewes (maxpool).<br />
Michael Buth: Die Frage ist sehr allgemein<br />
und ich möchte nicht pauschal über alle<br />
Versicherer das Urteil fällen, sie hätten<br />
die Maklerschaft nicht ausreichend be -<br />
rücksichtigt. Umso unglaublicher und<br />
nicht hinnehmbar sind die vereinzelten<br />
Versuche von Versicherungsgesellschaften,<br />
die Provisionen im Bereich der rein biometrischen<br />
Absicherungen (z. B. Risikound<br />
Berufsunfähigkeitsversicherung) zu<br />
kürzen. Noch unglaublicher ist solches<br />
Vorgehen, wenn der Kunde dabei die gleichen<br />
Leistungen erhält und die gleichen<br />
Beiträge zahlt wie vor der angestrebten<br />
Provisionskürzung – vor allem, wenn<br />
nicht in gleichem Ausmaß der Provisionskürzung<br />
zu Gunsten der Kunden neu<br />
tarifiert wurde.<br />
Versicherer, welche versuchen im biometrischen<br />
Bereich Provisionskürzungen<br />
durchzusetzen, werden – dies hoffen wir<br />
sehr – aus Maklersicht sehr bald eine<br />
„Abstimmung mit den Füßen“ erfahren.<br />
Bei rein biometrischen LV-Risiken ohne<br />
Anlageteil handelt es sich um Tarife, welche<br />
einem einfachen Preismodell ohne<br />
versteckte Kosten unterliegen. Der Verbraucher<br />
ist also in der Lage, die Tarife<br />
tatsächlich auf ein Preis-/Leistungsverhältnis<br />
zu prüfen. Von daher kann es hier<br />
keine Provisionskürzungen geben, allein<br />
der Markt – letztlich also der Verbraucher<br />
– entscheidet.<br />
Oliver Pradetto: Das LVRG folgt in erster<br />
Linie den Interessen der Politik, den Fortbestand<br />
der Lebensversicherung zu si -<br />
chern. Dass der Gesetzgeber Vergütungsmöglichkeiten<br />
beschneidet, kann kaum<br />
unserem Interesse gerecht werden. Andererseits<br />
muss man anerkennen, dass der<br />
Gesetzgeber nicht dem Wunsch der Ausschließlichkeitsversicherer<br />
nach einer<br />
direkten Reglementierung der Provisionen<br />
folgte. Jetzt kommen Ersparnisse beim<br />
Kun den an und der Wettbewerb bleibt<br />
be stehen. Das begrüßen wir.<br />
Sind Ihrer Meinung nach<br />
die Interessen der Maklerschaft<br />
beim LVRG aus -<br />
reichend be rücksichtigt<br />
worden?<br />
Markus Kiener: Ich habe mich gemeinsam<br />
mit dem AfW beim LVRG unter anderem<br />
im Finanzausschuss des Bundestages<br />
massiv für die Interessen der Makler engagiert.<br />
Wir haben uns mit Nachdruck beispielsweise<br />
gegen die geplante Offenlegung<br />
der Provisionen ausgesprochen und<br />
waren hier auch erfolgreich. Selbstverständlich<br />
hätte ich mir noch mehr ge -<br />
wünscht, aber im Rahmen des möglichen<br />
bin ich ganz zufrieden.<br />
Dr. Sebastian Grabmaier: Die Einbeziehung<br />
der Maklerschaft in den Gesetzgebungsprozess<br />
war schon wesentlich besser<br />
als bei der Einführung des Provisionsdeckels<br />
in der Krankenversicherung, den die<br />
Versicherer quasi über Nacht durchgeboxt<br />
haben und der die meisten KV-Makler<br />
kalt erwischt hat. Allerdings ist es beim<br />
LVRG nicht gelungen, als Makler mit<br />
einer Sprache zu sprechen: Gerade seitens<br />
der Sachmak ler wurde eine Senkung der<br />
LV-Courtagen frühzeitig akzeptiert, um<br />
im Gegenzug ja die Transparenz bei den<br />
Sachcourtagen zu verhindern. Für LV-<br />
Vermittler war dies ein Bärendienst.<br />
Oliver Drewes: Keinesfalls. Das LVRG<br />
wur de komplett ohne Berücksichtigung<br />
der Interessenlage der unabhängigen Versicherungsmakler<br />
umgesetzt. Lediglich<br />
einzelne Detailfragen konnten noch etwas<br />
abgefangen werden. Der Hintergrund ist<br />
leider schnell erklärt: Meinem Verständnis<br />
nach nimmt der Gesetzgeber Versicherungsmakler<br />
wenig bis gar nicht wahr. In<br />
Berlin werden Versicherungsmakler fortlaufend<br />
mit gebundenen Vertretern oder<br />
Bankberatern vermischt. Unsere Makler-<br />
Lobby ist leider noch immer zu schwach<br />
und zu wenig organisiert.<br />
Michael Buth,<br />
Geschäftsführer<br />
INVERS GmbH<br />
Markus Kiener, geschäftsführender<br />
Gesellschafter Fonds<br />
Finanz Maklerservice GmbH<br />
Oliver Pradetto,<br />
Geschäftsführer blau direkt<br />
GmbH und Co. KG<br />
Seite 33
Das LVRG könnte die Einführung alternativer Vergütungsmodelle begünstigen.<br />
Die Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM) fordert die rasche Einführung von<br />
Nettotarifen. Nur dann hätten Makler die echte Wahl, ob sie gegen Provision oder Honorar beraten.<br />
Warum tut sich die Branche mit Honorarberatung so schwer?<br />
Oliver Drewes: Die Branche tut<br />
sich aus meiner Sicht nicht be -<br />
sonders schwer – Honorarprodukte<br />
sind doch mehr und mehr<br />
im Kommen.<br />
Ich meine aber auch, dass die<br />
Käuferschicht für Honorarberatung<br />
zu klein ist. Natürlich ist die<br />
Honorarberatung gut und wicht -<br />
ig, aber eben nicht für die Breite<br />
des Marktes.<br />
Ich glaube an die qualitativ gute<br />
und seriöse Provisionsberatung<br />
und sehe die Honorarberatung<br />
als eine sinnvolle Ergänzung für<br />
bestimmtes Klientel. Nicht aber<br />
als flächendeckenden Ersatz.<br />
Oliver Pradetto: Tut sich die<br />
Branche schwer oder der Kun -<br />
de? Versuchen Sie mal, einer ostdeutschen<br />
Friseurin 200,- Euro<br />
für eine Privathaftpflicht-Beratung<br />
zu berechnen. Ein Mensch<br />
sollte unabhängig von seinem<br />
Einkommen die Chance auf eine<br />
hochwertige Beratung erhalten.<br />
Sicherheit ist ein Grund recht. Sie<br />
darf nicht zahlungskräftigen<br />
Kun den vorbehalten sein.<br />
Trotzdem meint blau direkt, dass<br />
die Honorarberatung das Dienstleistungsspektrum<br />
eines Maklers<br />
und die Wahlfreiheit des Kunden<br />
bereichert.<br />
Michael Buth: Wir schätzen den IGVM und dessen<br />
Arbeit sehr. Auch INVERS favorisiert ein friedliches<br />
Nebeneinander von Provisions- und Honorartarifen,<br />
wünscht mithin zu jedem Provisionstarif einen ebensolchen<br />
(echten) Honorartarif. Als Honorartarif be -<br />
zeichnen wir dabei einen solchen Tarif, welcher anfallende<br />
Kosten ausschließlich gemäß Zahlweise be -<br />
rechnet, bei welchem also weder Provisionen noch<br />
Kosten des Versicherers gezillmert sind. Allerdings<br />
fordern wir noch einiges mehr, damit Honorarberatung<br />
für Versicherungsmakler rechtlich gesichert und<br />
fair ist. Nur dann hat Honorarberatung u. E. tatsächlich<br />
eine Chance:<br />
1. Der Versicherungsmakler muss jeden Kunden (egal<br />
ob Verbraucher oder Nichtverbraucher) sowohl gegen<br />
Honorar wie auch gegen Courtage beraten dürfen.<br />
Gegen Honorar vor allem unabhängig davon, ob die<br />
Beratung in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang<br />
mit einer Vertragsvermittlung steht. Dies<br />
muss gesetzlich festgeschrieben sein. Nur so ist gesichert,<br />
dass auch die Kunden, die sich ein Beratungshonorar<br />
nicht leisten können oder wollen, in den<br />
Genuss einer tatsächlichen Beratung kommen können.<br />
Im Weiteren ist gesichert, dass der Makler nicht unter<br />
Vermittlungszwang steht.<br />
2. Es muss – ähnlich wie bei Anwälten und Notaren<br />
– eine gesetzliche Honorarordnung für die Beratung<br />
gegen Honorar geschaffen werden.<br />
3. Der Makler ist gesetzlich zu verpflichten, seinen<br />
Mandanten beide Modelle nachweislich anzubieten.<br />
4. Alle Versicherer sind gesetzlich zu verpflichten, von<br />
Maklern Geschäft anzunehmen und bei Tarifen,<br />
welche Courtage beinhalten, diese an den Makler zu<br />
zahlen.<br />
5. Alle Versicherer sind gesetzlich zu verpflichten,<br />
bestehende Kundenverträge von einem Makler be -<br />
treuen zu lassen, wenn der Kunde dies wünscht. Handelt<br />
es sich um solche Tarife, welche Betreuungs -<br />
courtage beinhalten, so ist diese Courtage entweder<br />
fortan an den Makler zu zahlen oder der Versicherer<br />
muss den Tarif mit Betreuungsübernahme durch den<br />
Makler „netto“ stellen, damit der Makler seinerseits<br />
mit seinen Mandanten ein Betreuungshonorar vereinbaren<br />
kann.<br />
Markus Kiener: Sehr viele An -<br />
bieter haben heute schon Nettotarife<br />
im Programm, das<br />
Angebot ist also vorhanden.<br />
Das große Problem der Honorarberatung<br />
ist die fehlende<br />
Nachfrage bei den Kunden.<br />
Die Provisionsberatung ist ein<br />
in Deutschland seit vielen<br />
Jahr zehnten gelerntes und ge -<br />
lebtes Modell, mit dem alle<br />
Beteiligten auch immer sehr<br />
gut gefahren sind.<br />
Dr. Sebastian Grabmaier: Die<br />
Umstellung von der traditionellen<br />
provisionsabhängigen<br />
Beratung auf Honorarberatung<br />
bedeutet für Vermittler<br />
wie für Pools ein Umdenken.<br />
Jahrelange eingespielte Prozesse<br />
müssen überdacht und<br />
neue Formen der Zusammenarbeit<br />
zwischen Vermittler und<br />
Pools entwickelt werden. Wir<br />
sehen uns hierfür gut gerüstet,<br />
da wir mit unserer Nettoplattform<br />
easynetto bereits heute<br />
ein führendes Modell anbieten<br />
können, mit dem sich der<br />
Makler unabhängig von Provisionszahlungen<br />
macht. Be -<br />
reits 16 teilnehmende Versicherer<br />
bedeuten ein breites<br />
Produktangebot, mit dem fast<br />
alle Kundenbedarfe optimal<br />
gedeckt werden können.<br />
Seite 34 01/<strong>2015</strong>
Vertrieb<br />
Markus Kiener: Die Ho -<br />
no rar beratung bietet<br />
Maklern keinen Vor teil,<br />
denn ein freier Makler<br />
berät schon heu te komplett<br />
produktunabhän -<br />
gig, vor allem dann,<br />
wenn er mit einem Pool<br />
zusammenarbeitet, der<br />
ihm das vollständige<br />
Marktangebot zur Verfügung<br />
stellt.<br />
Die Provisionen aller<br />
Anbieter un terscheiden<br />
sich nur marginal, so<br />
dass auch hier kein<br />
monetärer An reiz be -<br />
steht, einem Kun den ein<br />
suboptimales Produkt<br />
zu verkaufen. Ich bin<br />
komplett da gegen, dass<br />
der Ge setz geber den<br />
Menschen die Entscheidung<br />
abnimmt, wie sie<br />
sich eine Versicherung<br />
be sorgen. Die Fonds Fi -<br />
nanz unterstützt auch<br />
die Makler, die eine Ho -<br />
norarberatung anbieten<br />
möcht en. In großem<br />
Umfang füh ren wir die -<br />
ses Mo dell ak tuell aber<br />
nicht ein, da die Nachfrage<br />
danach nicht vorhanden<br />
ist.<br />
Dr. Sebastian Grabmaier:<br />
Selbstverständlich. Mit<br />
unserer Nettoplattform<br />
easynetto bietet Jung,<br />
DMS & Cie. bereits<br />
heu te ein Modell an, mit<br />
dem sich jeder Makler<br />
unabhän gig von Provisionszahlungen<br />
machen<br />
kann. Über easynetto<br />
ver mittelt der Makler<br />
günstigere Nettotarife in<br />
Kom bi nation mit Ver -<br />
mittlungsvergütungs -<br />
ver einbarungen oder<br />
Ho norarnoten. Hier<br />
sind jetzt schon bessere<br />
Vergütungen mit deutlich<br />
reduzierten Haftzeiten<br />
möglich. Mit den<br />
Nettotarifen von inzwischen<br />
16 Versicherern<br />
ist sie unse rer Kenntnis<br />
nach aktuell die führende<br />
Honorarvermittlerplattform<br />
in Deutsch -<br />
land. Und wir werden<br />
dieses Jahr noch weitere<br />
Versicherer ge winnen,<br />
die darüber ihre Nettotarife<br />
anbieten.<br />
Oliver Drewes: Ich verstehe<br />
die Frage nicht.<br />
Warum soll te die Honorarberatung<br />
eine pro -<br />
duktunabhängige Beratung<br />
gewährleisten und<br />
die Provisionsberatung<br />
nicht? Das LVRG verkompliziert<br />
Provisionsberatung<br />
zwar et was,<br />
weil die Vergütungssätze<br />
nun anfan gen, von -<br />
einander abzuweichen.<br />
Gleichwohl ver liere ich<br />
deswegen nicht meinen<br />
Glauben an die Provisionsberatung.<br />
Und ja,<br />
parallel unterstützen wir<br />
unsere Makler trotzdem<br />
auch hinsichtlich der<br />
Honorarberatung. Als<br />
Alternative für be -<br />
stimm te Makler und als<br />
guten Ansatz bei be -<br />
stimmtem Klientel.<br />
Die Honorarberatung wird skeptisch gesehen,<br />
könnte aber tatsächlich eine produktunabhängige<br />
Beratung gewährleisten. Würde Honorarberatung nicht<br />
speziell die Rolle der Makler stärken –<br />
weil sie eben nicht wie Ausschließlichkeitsvertreter<br />
einem einzigen Produktgeber gegenüber<br />
verpflichtet sind, sondern<br />
eben unge bunden?<br />
Werden Sie Ihre Makler unterstützen,<br />
wenn sie Honorarberatungen<br />
anbieten wollen?<br />
Michael Buth: Ein Großteil<br />
der Frage wur de<br />
bereits beantwor tet. Aus<br />
unseren genannten Forderungen<br />
ergibt sich<br />
logischer Weise, dass<br />
wir Honorarberatung<br />
un terstüt zen würden,<br />
unter der Voraussetzung<br />
der vorstehend ge nann -<br />
ten Be dingungen. Keine<br />
rechtlich klaren Be din -<br />
gun gen bedeuten aber<br />
auch, dass wir dieses<br />
The ma – wegen der be -<br />
stehen den rechtlichen<br />
Un sicherheiten – bis da -<br />
hin sehr kritisch sehen.<br />
Oliver Pradetto: Tatsächlich<br />
bietet blau di rekt<br />
als einziger Pool die<br />
kostenfreie Abwicklung<br />
und Verwaltung von<br />
provisionsfreien Netto-<br />
Ta rifen für seine Partner<br />
an. Andere Anbieter<br />
fordern speziell für die -<br />
se Dienste einen fet ten<br />
Anteil am Honorar des<br />
Maklers.<br />
Foto: Sophieja23 687560 / pixabay.com<br />
Seite 35
Welche Chancen und Gefahren<br />
sehen Sie für Ihren Pool, die aus<br />
der Honorarberatung erwachsen?<br />
Dr. Sebastian Grabmaier: Wir sehen die Entwicklung<br />
hin zu verstärkter Honorarberatung<br />
eher als Chance. Das Thema Honorarberatung<br />
wird mittelfristig an Bedeutung ge -<br />
winnen. Das bedeutet, dass Vermittler offen<br />
sein sollten für Beratungsmodelle auf Honorarbasis.<br />
Als Maklerpool sehen wir es als<br />
unsere Aufgabe, unsere Partner dabei mit<br />
umfassendem Service und Dienstleistungen<br />
zu unterstützen. Neben unserer Nettoplattform<br />
easynetto bieten wir umfassende Dienstleistungen<br />
sowohl hinsichtlich einer umfassenden<br />
Produktpalette als auch in regulatorischen<br />
und organisatorischen Be langen,<br />
damit sich die Vermittler voll und ganz auf<br />
ihre Kunden konzentrieren kön nen. Abgesehen<br />
davon werden sich die meisten Vermittler<br />
auch zukünftig ihren Pool nicht nur<br />
aufgrund von Provisionshöhen auswählen,<br />
sondern sich das gesamte Leistungspaket eines<br />
Pools (persönliche Ansprechpartner, Software,<br />
guter Service, etc.) ansehen. Gerade auch für<br />
Vertriebe sind Vermittlungs vergütungs ver -<br />
einbarun gen in Zeiten der LVRG-Umstellung<br />
eine äußerst interessante Alternative.<br />
Oliver Drewes: Wir sind Dienstleister für Versicherungsmakler, unabhängig von der Vergütungsart.<br />
Wir werden beide Wege bedienen und übrigens unsere hauseigenen Deckungskonzepte<br />
auch für Honorarberater anbieten. Da wir uns mit unserer Arbeit auf fachliche<br />
Unterstützung und Produktqualität ausgerichtet haben, sehe ich beide Vertriebsarten<br />
gleichgestellt und grundsätzlich recht leidenschaftslos. Eine Kooperation mit maxpool<br />
ist für beide Maklerarten interessant und reich an Mehrwerten.<br />
Oliver Pradetto: Honorarberatung erhöht nicht nur die Produktunabhängigkeit, auch die<br />
Qualität der Dienstleistung verbessert sich. Wo der Makler den Wert seiner Dienstleistung<br />
dem Kunden berechnet, muss er einen transparenten und kundenorientieren Nutzen<br />
definieren und erarbeiten. Makler werden dadurch leistungsfähiger und erfolgreicher.<br />
Ich sehe dies als Chance für unseren Berufsstand allgemein. Es dürfte auf der Hand liegen,<br />
dass der Erfolg unseres Partners Garant für unser wirtschaftliches Wohlbefinden ist.<br />
Michael Buth: Gefahren sehen wir keine, insofern der Gesetzgeber alle unmittelbaren<br />
und mittelbaren Zahlungen der Produktgeber an einen Pool/Makler im Bereich Honorarberatung<br />
strikt unterbindet und dazu eine jährliche Pflichtprüfung durchführt. Wir<br />
sehen hier eher die Chance, dass Pools eine Dienstleisterrolle übernehmen können, die<br />
Maklern zukünftig noch höhere Mehrwerte bietet. Dies kann z. B. die Honorarabrechnung<br />
und das Inkasso mit den Kunden des Maklers sein (ähnlich wie bei Ärzten), die Produktentwicklung,<br />
die Funktion als Versicherungsbörse, das Anbieten tatsächlich unabhängiger<br />
Weiterbildung und viele andere Möglichkeiten. Aber auch hier gilt, wie schon beschrieben,<br />
dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen müssen.<br />
Markus Kiener: Das Thema Honorarberatung spielt bei der Fonds Finanz derzeit nur eine<br />
sehr untergeordnete Rolle. Wir haben die Einführung von Honorarmodellen intensiv<br />
geprüft und ein fertiges Konzept in der Schublade. Sobald wir eine nennenswerte Nachfrage<br />
nach der Honorarberatung haben und sich die Einführung für uns wirtschaftlich lohnt,<br />
werden wir diese umgehend und sehr kurzfristig realisieren können. Bis dahin bleiben<br />
wir bei unserem sehr erfolgreichen Geschäftsmodell.<br />
Welche Prognose geben Sie für die zukünftige Entwicklung des Lebensversicherungsmarktes ab? Werden Sie<br />
weiterhin auf LV-Produkte setzen – oder verstärkt auf alternative Altersvorsorge-Produkte „ausweichen“?<br />
Oliver Drewes: Wir machen die größten LV-Umsatzanteile mit Biometrie-Produkten<br />
und im Bereich der betrieblichen Altersversorgung. Das<br />
wird sicherlich auch weiterhin so bleiben. In den Bereichen der Privatvorsorge<br />
glaube ich trotzdem auch weiterhin an die sorgsam ausgewählten<br />
und guten Lebensversicherungsprodukte. Alternative „Ausweichprodukte“<br />
sind sehr modern, aber nur selten wirklich besser als<br />
die LV-Produkte. Ich bin kein Freund von Experimenten in der Altersversorgung.<br />
Dr. Sebastian Grabmaier: Am Kundenbedarf hat sich durch das LVRG<br />
nichts geändert und wir setzen weiter auf Lebensversicherungsprodukte.<br />
Warum? Biometrische Risiken (Tod, BU, Pflege) können nur durch<br />
Versicherungsprodukte effektiv abgesichert werden. Im Altersvorsorgebereich<br />
bieten Versicherungsprodukte zudem lebenslange Leibrenten,<br />
die zukünftig stark an Bedeutung gewinnen werden, da das „Langlebigkeitsrisiko“<br />
durch andere Sparprodukte nicht abgedeckt ist. Darüber<br />
hinaus haben wir unser Portfolio im Altersvorsorgebereich jüngst mit<br />
FINE FOLIO ETF-Stabilitäts-Strategien erweitert. Die innovativen Strategien<br />
auf ETF-Basis sind eine optimale Produktlösung für die Altersvorsorge<br />
und Vermögensanlage. Sie ermöglichen es Beratern und Vermittlern<br />
zudem, am stetig wachsenden ETF-Markt erstmals auch attraktive<br />
Provisionserlöse zu erwirtschaften.<br />
Oliver Pradetto: Ehrlich gesagt ärgert mich diese Kaputtrederei der Lebens -<br />
versicherung. Wir sind Versicherungsmakler. Unsere Aufgabe ist es nicht,<br />
Michael Buth: Wenn Sie die Absicherung des Todesfall- und<br />
Berufsunfähigkeitsrisikos, die Absicherung von schweren<br />
Krankheiten etc. ohne Anlageteil meinen, dann lautet unserer<br />
Antwort ganz klar: Ja, wir setzen weiterhin auf LV-Produkte!<br />
Bereits 2004 hat INVERS sehr erfolgreich ein Kompetenzcenter<br />
für biometrische LV-Risiken aufgebaut. Im Bereich der<br />
Altersvorsorge hingegen bleibt unser Grundsatz im Interesse<br />
der Verbraucher und im Interesse der Haftung der Versicherungsmakler<br />
ebenso klar: Trenne Versicherung und Geldanlage!<br />
Für die Bereiche Sparen, Geldanlage und langfristige<br />
Altersvorsorge haben wir eine Investmentabteilung, die hervorragend<br />
aufgestellt ist.<br />
Markus Kiener: Der LV-Markt wird auch in Zukunft eine der<br />
tragenden Säulen der Absicherung bleiben und damit auch<br />
für die Fonds Finanz ein wichtiges Standbein. Biometrische<br />
Produkte sind zudem gar nicht vom LVRG betroffen und die<br />
Nachfrage danach ist ungebrochen hoch. Die Makler werden<br />
daher weiter auf LV-Produkte setzen, alleine schon weil die<br />
Deutschen die klassischen Produkte mit Garantieverzinsung<br />
sehr schätzen. Trotzdem spüren wir ein Umdenken hin zu<br />
alternativen Altersvorsorge-Produkten. Das ist ein Grund<br />
dafür, dass wir beispielsweise unsere Investment-Sparte massiv<br />
ausbauen.<br />
mit Banken in den Renditewettbewerb einzutreten, sondern Sicherheit zu geben. Wenn wir das Einkommen des Kunden vor Berufsunfähigkeit<br />
absichern, würden wir seinen Schutz niemals von einer zufälligen Kapitalmarktentwicklung abhängig machen. Das Alter ist nichts anderes,<br />
als ein sicher eintretender Verlust des Einkommens. Risiken werden nicht mit Investments, sondern mit Versicherungen ausgeschaltet.<br />
Vielen Dank an Michael Buth, Oliver Drewes, Dr. Sebastian Grabmaier, Markus Kiener und Oliver Pradetto!<br />
Seite 36 01/<strong>2015</strong>
Vertrieb<br />
GDV-Kodex mit Prüfstempel<br />
Solvabilität nur mit Ehrenwort<br />
Mit ihrem Vertriebskodex landeten die deutschen Versicherer einen echten Kassenschlager – für Wirtschaftsprüfer.<br />
Zum geduldigen Papier des Kodex produzieren die Prüfer inzwischen noch mehr Papier: Testate, die das<br />
Einhalten des Ehrenworts der Assekuranz gegenüber den Kunden bestätigen sollen. Bis es soweit war, fluteten<br />
oft siebenstellige Honorare die Kassen der Prüfer und ihrer zugehörigen Beraterfirmen. Verkehrte Welt: Für ihr<br />
wichtigstes Vertrauensgut, ihre Leistungskraft, lehnen die Versicherer Prüfsiegel des Wirtschaftsprüfers ab.<br />
Die Assekuranz will ihren Lack aufpolieren:<br />
„Das Verhältnis der Versicherer zu<br />
ihren Kunden ist schlecht. Gebeutelt von<br />
Negativschlagzeilen kämpft die Branche<br />
um ihren guten Ruf.“ Diese Worte schrie -<br />
ben die Berater- und Wirtschaftsprüfer<br />
von KPMG im Frühjahr 2013 in ihr Unter<br />
nehmensblog. Und weiter: Um sein<br />
„Image zu verbessern“, so KPMG, habe<br />
der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft<br />
(GDV) seinen Vertriebskodex<br />
ins Leben gerufen.<br />
GDV-Kodex – Auszug Nr. 11 – Wirksamkeitsprüfung<br />
Kodex wird nicht praktiziert –<br />
Kodex muss nur überall<br />
drinstehen<br />
Ab Mitte 2013 traten fast alle Versicherer<br />
dem Kodex bei. Seit diesem April flattern<br />
den Unternehmen die Testate ihrer Wirtschaftsprüfer<br />
ins Haus: „Alles O.K.“, sagen<br />
die Prüfer sinngemäß. In Wirklichkeit<br />
sind die Testate gut 20 sperrig formulierte<br />
Seiten lang; und bestätigen im Grunde<br />
nur, dass der Kodex überall dort drin<br />
steht, wo er drin stehen soll – in Vertreterverträgen<br />
oder internen Richtlinien.<br />
Offiziell heißt das, der Kodex sei „angemessen<br />
eingeführt“. Papier ist geduldig.<br />
Wofür das alles?<br />
Kodex kann noch nicht<br />
praktiziert werden<br />
Ein Kodex als freiwilliges Ehrenwort ist<br />
kein Muss und kein Gesetz. Gesetze galten<br />
auch vorher schon! Und die Praxis? Nur<br />
im Fall der „Wirksamkeitsprüfung“, so der<br />
GDV-Text (vgl. Abb.), könne der Prüfer<br />
testieren, dass der Kodex im Sinne dieses<br />
Ehrenwortes „auch praktiziert“ wird. Ein<br />
solcher echter Soll-Ist-Abgleich ist bisher<br />
unmöglich, weil eine Checkliste (Prüfhinweis)<br />
für Wirtschaftsprüfer hierzu<br />
noch nicht existiert: Der Kodex wird noch<br />
nicht praktiziert!<br />
Solvabilitäts-Testat wäre<br />
Überbürokratisierung<br />
Mit seinem Ehrenwort nimmt es der<br />
GDV also sehr genau. Beim Anwenden<br />
der EU-Eigenkapital-Richtlinie Solvency<br />
II ist der Verband dagegen gelassener.<br />
Anfang April erklärte der GDV, er wolle<br />
für seine Versicherer eine „Überbürokratisierung<br />
verhindern“, weil mit dem neuen<br />
Versicherungsaufsichts-Gesetzes ab 2016<br />
die sogenannte Solvabilitätsübersicht<br />
(eine Solvency II-Auflage) zusätzlich von<br />
einem Wirtschaftsprüfer testiert werden<br />
soll.<br />
Eine zusätzliche Testierung<br />
bringt keinen Mehrwert<br />
– Papier-Tiger Kodex<br />
wird testiert<br />
Dieses Dokument, eines der wichtigsten<br />
Zeugnisse der zukünftigen Leistungskraft<br />
des Versicherers, dient dem Schutz vor<br />
allem der Lebensversicherungs-Kunden.<br />
Aber ausgerechnet hierfür will der GDV<br />
keine Zusatzprüfung durch den Wirtschaftsprüfer.<br />
Axel Wehling vom GDV<br />
sagte dazu Anfang April: „Eine zusätzliche<br />
Testierung bringt keinen Mehrwert, der<br />
den Aufwand rechtfertigen würde.“ Welchen<br />
messbaren (Mehr-)Wert bringen<br />
Testate für den GDV-Kodex?<br />
Verkehrte Welt<br />
Hinzu kommen die Kosten. Bis der Kodex<br />
„angemessen eingeführt“ war, also überall<br />
drin stand, mussten die Versicherer mit<br />
einem Millionenaufwand ihre Vorschriften<br />
zur Compliance (gute Geschäftsführung)<br />
aufwendig erweitern. Das Wichtige,<br />
der Eigenkapital-Nachweis (Solvabilität),<br />
wird also nicht geprüft – das<br />
Unwichtige hingegen, das Kodex-Ehrenwort,<br />
wird aufwendig geprüft und testiert.<br />
Wirtschaftlich gesehen ist das eine verkehrte<br />
Welt, wenn man die Wichtigkeit<br />
von Eigenkapital und Kodex gegenüberstellt.<br />
Kassenschlager<br />
Für die Wirtschaftsprüfer ist der Kodex<br />
ein echter Kassenschlager: „Die Versicherer<br />
müssen mit mindestens einer Million<br />
Euro für die Einrichtung der Kodex-<br />
Strukturen rechnen. Bei Großversicherern<br />
auch mehr, weil man den Kodex in vorhandene<br />
Compliance-Systeme ,einweben'<br />
muss“. Dies sagt ein Wirtschaftsprüfer<br />
gegenüber <strong>Versicherungsbote</strong>, der nicht<br />
na mentlich zitiert werden will.<br />
Ein Kommentar von<br />
Markus Rieksmeier<br />
Seite 37
Digitalisierung: Versicherer rüsten auf<br />
Welche Folgen für den Vertrieb entstehen<br />
Digitalisierung verändert die Versicherungswirtschaft. Das Internet ist nicht mehr wegzudenken – Kommunikation<br />
wird sich zukünftig sehr viel stärker ins Online-Geschehen verlagern. Aber auch den Maklerbetrieb<br />
könnte die Digitalisierung mächtig umstrukturieren.<br />
„Die Allianz des 21. Jahrhunderts ist<br />
digital und nah am Kunden“, erklärte<br />
Bernd Heinemann, Mitglied des Vorstands<br />
der Allianz Deutschland AG kürzlich<br />
gegenüber Versicherungswirtschaft<br />
heute. In die Digitalisierung investiert das<br />
Unternehmen fast 200 Mio. Euro, in neue<br />
Angebote, Expertenwissen, Online-Kanäle<br />
und automatisierte Geschäftsprozesse.<br />
Auch Generali verfolgt eine umfassende<br />
Digitalisierungsstrategie entlang der Wertschöpfungskette.<br />
Sie ist ein wesentlicher<br />
Themenschwerpunkt für das Jahr 2016,<br />
geht aus einer Mitteilung zur aktuellen<br />
Jahrespressekonferenz des Unternehmens<br />
hervor. Auch setzt Generali als erstes<br />
großes Unternehmen in Europa auf<br />
die elektronische Kontrolle von Fitness,<br />
Gesundheit und Ernährung der eigenen<br />
Kunden. Wer dadurch nachweist, gesundheitsbewusst<br />
sein Leben zu führen, wird<br />
mit Rabatten in der Kranken- und Le -<br />
bensversicherung belohnt.<br />
Im Bereich der Kundenkommunikation<br />
machen sich beispielsweise die ERGO<br />
oder die Barmenia stark – beide engagieren<br />
sich aktiv in den sozialen Medien.<br />
Jeder Ansprechpartner im<br />
Unternehmen muss sich mit<br />
Kundensituation auskennen<br />
Aber das genügt nicht. „Die fortschreitende<br />
Digitalisierung führt auch in Bezug<br />
auf den Versicherungsvertrieb zu einem<br />
neuen Selbstverständnis der Kunden, das<br />
sich sowohl in den gestiegenen Erwartungen<br />
an Produkte und Services, als auch<br />
im selbstbewussten Umgang mit dem<br />
Thema Versicherungsschutz äußert“, sagt<br />
Mario Gärtner, Kompetenzfeldleiter Versicherungsvertrieb<br />
bei den Versicherungsforen<br />
Leipzig im Rahmen einer Expertenstudie.<br />
Denn Kunden würden es einfordern, dass<br />
Unternehmen alle verfügbaren Kommunikationskanäle<br />
– vom Telefon über E-<br />
Mails bis Twitter – bedienen. Zu diesem<br />
Ergebnis kommt auch die Trendstudie des<br />
2b AHEAD ThinkTank. Jeder Ansprechpartner<br />
im Unternehmen müsse also über<br />
die augenblickliche Situation informiert<br />
sein. Möglich sei das mit einer Kommunikation<br />
auf mehreren Kanälen, Omni-<br />
Channel-Management. Ziel ist, medienbruchfrei<br />
und in Echtzeit eine einheitliche<br />
Erfahrung für den Kunden zu schaffen.<br />
„Die klassische tayloristische Aufbauorganisation<br />
mit der Aufteilung in Sparten,<br />
wie beispielsweise Vertrieb, Marketing<br />
oder Kundenservice, wird diesen Omni-<br />
Channel-Ansprüchen nicht mehr ge -<br />
recht“, erklärt Michael Carl, Studiendirektor<br />
bei 2b AHEAD. Unternehmen sol -<br />
len stattdessen eine übergeordnete, abteilungsübergreifende<br />
Omni-Channel-Strategie<br />
aufbauen, die möglichst nah am Vorstand<br />
angesiedelt ist. Für Versicherer wäre<br />
es elementar wichtig, eine leistungsstarke<br />
IT-Architektur vorweisen zu können, um<br />
die neuen Anforderungen zu bewältigen.<br />
Digitalisierung wird den<br />
Maklervertrieb verändern<br />
Generali arbeitet aktuell an einer Lösung,<br />
wie Kunden über die Homepage von Vermittlern<br />
Verträge abschließen können.<br />
Ob das Teil eines Trends ist, lässt sich nur<br />
vermuten. Sehr wahrscheinlich ist es je -<br />
doch, dass sich der klassische Vertrieb<br />
über Ausschließlichkeitsvermittler oder<br />
Versicherungsmakler aufgrund der Digitalisierung<br />
ändern könnte. Die Geschäftsmodelle<br />
bedürfen einer digitalen Neuerungen:<br />
Wettbewerbsfähig kann nur blei -<br />
ben, wem es gelingt, sein Geschäftsmodell<br />
in die vollständig vernetzte Welt zu übertragen,<br />
heißt es in der Expertenstudie der<br />
Versicherungsforen. „Die sich wandeln -<br />
den Herausforderungen stellen die vorhandenen<br />
Geschäftsmodelle derzeit hart<br />
auf die Probe“, so Gärtner.<br />
Drastischer sind die Empfehlungen von<br />
2b AHEAD: Sie raten den Versicherern<br />
davon ab, ihren Kunden einzelne Berater<br />
zuzuordnen. Stattdessen sollen Versicherer<br />
interdisziplinäre Teams zur Koordination<br />
und Abstimmung der einzelnen<br />
Kanäle bilden. Der Vertrieb sollte ein integrierter<br />
Bestandteil des Teams (des Versichers!)<br />
werden und so müssten sich die<br />
Gesellschaften überlegen, ob sie sich von<br />
den klassischen selbstständigen Maklern<br />
trennen oder diese fest anstellen. Oder<br />
man gründet Maklerorganisationen, die<br />
groß genug sind, um selbst mit digitalen<br />
Assistenten, einer leistungsfähigen Technologie<br />
und einer verlässlichen und<br />
umfassenden Kundenansprache an den<br />
Markt zu gehen.<br />
Wie könnten Makler mit der<br />
Digitalisierung umgehen?<br />
Wie sich Versicherungsmakler bei diesen<br />
Vorzeichen und Herausforderungen am<br />
besten verhalten sollen, ist keine leichte<br />
Aufgabe. Doch sich neuen Entwicklungen<br />
nicht zu verschließen und etwa per In -<br />
ternet bzw. über die sozialen Medien mehr<br />
mit den eigenen Kunden zu kommunizieren,<br />
ist eine Möglichkeit. Denn, so sagte<br />
Allianz-Vorstand Markus Rieß, Makler<br />
und Vertreter bleiben der „wichtigste<br />
Kanal“ für den Allianz-Vertrieb und sollen<br />
im Zuge der Digitalisierung nicht ersetzt<br />
werden. Man wolle aber die technische<br />
Anbindung der Makler noch in diesem<br />
Jahr verbessern, berichtete procontra. Die<br />
Präsenz der Vermittler bei Facebook wäre<br />
wichtig, um digitale Kundennähe herzustellen.<br />
Hanna Behn<br />
Was es bei der Kommunikation in<br />
sozialen Netzwerken zu beachten gibt,<br />
erläutert Sarah Leutenecker,<br />
Spezialistin für Social Media bei<br />
der Wüstenrot & Württembergische AG,<br />
in einem Gastbeitrag >><br />
Auch kann man sich online einen<br />
guten Ruf als Experte für Versicherungsthemen<br />
bei seinen Kunden<br />
sichern – z. B. durch Content Management.<br />
Wie das funktioniert, erklärt<br />
Christian Krause, Pressesprecher<br />
Komposit bei Generali (S. 40) >><br />
Seite 38 01/<strong>2015</strong>
Netzwelten<br />
Lokale Netzwerke in Social Media<br />
sind die Erfolgsstrategie für Vermittler<br />
Direktversicherungen gibt es wie Sand<br />
am Meer – sie sind über Suchmaschinen,<br />
Vergleichsportale oder über Affiliate-<br />
Netzwerke zu finden. Egal welchen Weg<br />
der Kunde wählt, er landet doch immer<br />
auf der „richtigen“ Website. Dort findet<br />
ein reiner, über den Preis definierter, Produktverkauf<br />
statt, frei nach dem Motto:<br />
„Ich brauch’ eine BU – also schließ’ ich<br />
beim günstigsten Anbieter in drei Klicks<br />
ab“. Mit etwas intensiverer Suche sahnt<br />
mancher auch noch eine Kunden-werben-<br />
Kunden-Prämie ab, die dann geteilt wer -<br />
den kann.<br />
Wo ist die persönliche<br />
Beratung bei all den<br />
conversion-optimierten<br />
Websites geblieben?<br />
Soweit so gut. Mal abgesehen davon, dass<br />
es den typischen digitalen Online-Kunden<br />
nicht gibt und die Grenzen zwischen Onund<br />
Offline-Produktabschluss fließend<br />
sind, stellt sich die Frage: Wo ist bei all<br />
diesen conversionoptimierten Sales-Prozessen<br />
die individuelle Beratung? Und wie<br />
kann der Vermittler die digitalen Kanäle<br />
– allen voran Social Media – für sich<br />
nutzen?<br />
Social Media ist dank enormer Reichweiten<br />
und des direkten Austauschs mit<br />
den Kunden längst in den Kommunikationsabteilungen<br />
der Versicherer angekommen.<br />
Konzeptioneller Mut, eine kreative<br />
Weiterentwicklung der Inhalte und<br />
die Offenheit für Neues sind unerlässlich<br />
– ebenso wie Investitionen. Darüber<br />
hinaus gewinnt die Online-Positionie -<br />
rung des Vermittlers vor Ort an Bedeu -<br />
tung. Was dieser also in den letzten<br />
Jahr(zehnt)en offline perfektioniert hat,<br />
muss jetzt in die digitale Welt transformiert<br />
werden: Neben der Beratungsqualität<br />
muss er es schaffen, Vertrauen und<br />
Sympathie auch digital aufzubauen.<br />
Wo könnte das besser klappen als in den<br />
sozialen Netzwerken – allen voran Facebook.<br />
Die Wüstenrot & Württembergische<br />
(W&W) unterstützt ihren Außendienst<br />
zentral über eine Software, das sogenannte<br />
Facebook-Fanseiten-Tool. Dieses gewährleistet,<br />
dass rechtliche Vorgaben wie Im -<br />
pressumspflicht und Corporate Design<br />
auf den Facebook-Auftritten der Vermittler<br />
eingehalten werden. Ebenso kön -<br />
nen Postings zentral ausgespielt werden.<br />
Deren Inhalte sind analog zu den W&W-<br />
Marketing- und Vertriebskampagnen –<br />
so erlebt der Kunde die Marke Wüstenrot<br />
und Württembergische crossmedial und<br />
einheitlich auf Website, im Newsletter, im<br />
TV und in Social Media.<br />
Bei aller Professionalität darf<br />
die persönliche Note in Social<br />
Media nicht zu kurz kommen.<br />
Die geschäftliche Facebook-Fanseite soll<br />
die Kommunikation zwischen Vermittlern<br />
und ihren Kunden vereinfachen – egal ob<br />
allgemeine Information, konkrete Be -<br />
ratung, Verwaltung der bestehenden Verträge<br />
(natürlich alles unter Berücksichtigung<br />
des Datenschutzes) bis zum Service<br />
im Schadenfall. Gleichzeitig wer den die<br />
Vermittler der W&W zum Social-Customer-Relationship:<br />
Denn die Vielzahl<br />
der Facebook-Nutzer ist dort aktiv und<br />
mitteilungsfreudig. So bekommt ein aufmerksamer<br />
Vermittler Informationen<br />
über Hochzeit, Geburt, Volljährigkeit,<br />
Oldtimerkauf etc. Diese Anlässe wiederum<br />
schaffen gute Gesprächsanlässe.<br />
„Digitaler Drive“<br />
des Vermittlers beeinflusst<br />
den Erfolg der digitalen<br />
Präsenz maßgeblich.<br />
Der Erfolg der Online-Präsenz des Vermittlers<br />
hängt maßgeblich von seiner<br />
eigenen Motivation und seinem „digitalen<br />
Drive“ ab. Denn gerade die individuellen<br />
Postings des Vermittlers zu lokalen Neuigkeiten,<br />
zum Jubiläum seiner Agentur oder<br />
zum Sportsponsoring, machen die persönliche<br />
Note der Facebook-Seite aus.<br />
Kurz: Die geschäftliche Facebook-Seite<br />
ist ein wichtiger potentieller Kontaktpunkt<br />
im digitalen Umfeld, den es zu nutzen gilt.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Sarah Leutenecker<br />
Sarah Leutenecker arbeitet bei<br />
Wüstenrot & Württembergische<br />
AG in der Kommunikation.<br />
Seit 2011 hat sie die Social-<br />
Media-Konzernpräsenzen aufgebaut<br />
und weiterentwickelt.<br />
Foto: kropekk_pl 419944 / pixabay.com<br />
Seite 39
Content Marketing<br />
Mit hochwertigen Inhalten überzeugen<br />
Spätestens seit der Wirtschafts- und Finanzkrise steht die Assekuranz nahezu permanent in der öffentlichen<br />
Kritik. Versicherungsunternehmen, Ausschließlichkeitsvermittlern wie auch Maklern fällt es oftmals<br />
schwer, sich in der Öffentlichkeit bzw. bei ihren Kunden zu positionieren und positiv wahrgenommen<br />
zu werden. Schlechte Voraussetzungen für erfolgreiches Marketing! Doch es geht auch anders: Content<br />
Marketing kann eine Lösung sein, bietet es doch Unternehmen die Chance, Themen in der Öffentlichkeit<br />
zu besetzen und Kunden zu binden oder potenzielle Kunden vom Geschäftsmodell oder auch Produkten<br />
zu überzeugen – teils mit geringem Kostenaufwand.<br />
Christian Krause<br />
Pressesprecher Komposit<br />
der Generali Versicherungen<br />
Voraussetzung für Content Marketing ist<br />
der Wandel von der Push- zur Pull-Kommunikation.<br />
Die Zeiten einfacher Werbesprüche<br />
sind vorbei. Kunden sind heute<br />
kritischer denn je. Sie können sich über<br />
Social Media unkompliziert und schnell<br />
über Unternehmen bzw. Produkte informieren,<br />
austauschen oder auch selbst<br />
äußern. Damit steigen die Anforderungen<br />
an die Kommunikation. Gefordert sind<br />
Inhalte, die informieren bzw. beraten und<br />
dem Leser einen echten Nutzen bringen.<br />
So lautet die wichtigste Devise beim Content<br />
Marketing: Der Inhalt muss direkt<br />
auf die Zielgruppe bzw. deren Anliegen<br />
zugeschnitten sein. Ziel sollte sein, mit<br />
dem kostenlosen, qualitativ-hochwertigen<br />
Content potenzielle Kunden auf sich aufmerksam<br />
zu machen und als Interessenten<br />
zu gewinnen bzw. bestehende Kunden zu<br />
binden.<br />
Kompetenter Ansprech -<br />
partner zu den Themen<br />
Wohnen im Alter oder Besitz<br />
Themen für Content Marketing können<br />
zum Beispiel die Felder Wohnen im Alter<br />
oder Schutz des eigenen Besitzes sein.<br />
„Kann ich auch im Alter in meinen ge -<br />
liebten vier Wänden wohnen?“ und<br />
„Hochwasser: Kann ich dieses finanziell<br />
verkraften?“ sind Fragen, über die sich<br />
viele Bürger Gedanken machen. Für ein<br />
erfolgreiches Content Marketing geht es<br />
darum, die Anliegen der Bürger in den<br />
Mittelpunkt zu stellen und Lösungsansätze<br />
aufzuzeigen.<br />
Beim Thema „Wohnen im Alter“ könnten<br />
Makler darlegen, welche unterschiedlichen<br />
Möglichkeiten es gibt, für wen sich<br />
eher eine öffentliche Einrichtung bzw. ein<br />
Leben zu Hause eignet, was bei einem<br />
Umzug oder Umbau zu beachten ist und<br />
natürlich wie die finanzielle Situation ist.<br />
Gelingt es ihnen, sich dabei als Ratgeber<br />
und kompetenter Ansprechpartner zu<br />
positionieren, können sie bei den Fragen<br />
zur finanziellen Situation sehr gut Pflegeversicherungen<br />
ins Spiel bringen. Beim<br />
Thema „Schutz des persönlichen Besitzes“<br />
lässt sich darstellen, welche Unwetter den<br />
Besitz bedrohen und wie Bürger präventiv<br />
handeln können – womit der Übergang<br />
zur finanziellen Präventivmaßnahme, also<br />
der Kfz-, Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung,<br />
gegeben ist.<br />
Kundenthemen digital<br />
verbreiten<br />
Die Kommunikation der Inhalte erfolgt<br />
im Content Marketing primär mittels<br />
digitaler Medien. Gerade hier zeigt sich<br />
der große Vorteil des Content Marketing:<br />
Versicherungsmakler und Vermittler sind<br />
nicht gezwungen, viel Geld in kostenintensive<br />
Print-, Radio- oder TV-Werbung<br />
zu stecken. Stattdessen können sie bestehende<br />
und insbesondere potenzielle<br />
Kunden nun kostengünstig erreichen –<br />
somit ist Content Marketing auch für<br />
klein- und mittelständische Makler hoch<br />
attraktiv.<br />
Im ersten Schritt muss der Content dafür<br />
in passende Formate wie Online-Pressemitteilungen,<br />
Glossare, Ratgeber, White<br />
Paper oder Präsentationen gebracht wer -<br />
den. Sehr beliebt sind auch Grafiken sowie<br />
Videos. Im zweiten Schritt geht es darum,<br />
die Formate zu veröffentlichen. Hierfür<br />
bieten sich die eigene Internetseite, Presseund<br />
Fach- sowie Themen- und Branchenportale<br />
an. Auch Social Media wie Blogs,<br />
Facebook, Google+ oder Twitter können<br />
hierfür genutzt werden – alles Kanäle, die<br />
kostenlos oder nahezu kostenlos sind.<br />
Aufwand und Nutzen<br />
Inhalte und Kommunikation stellen die<br />
Basis für den Erfolg des Content Marketing<br />
dar. Denn hat sich das Unternehmen<br />
– hier der Makler – im Kopf eines Zielkunden<br />
als Kompetenzträger bzw. Fachmann<br />
verankert, wird er sich bei aufkommendem<br />
Bedarf im jeweiligen Fachbereich<br />
an ihn wenden und idealerweise<br />
dessen neuer Kunde werden. Zusätzlich<br />
hilft Content Marketing also bei der<br />
Imagepflege. Ein weiterer vertriebsnaher<br />
Vorteil von Content Marketing könnte<br />
die Generierung von Leads sein. Hierfür<br />
müssen in die Maßnahmen Tools eingebunden<br />
werden, die mit einer Registrierung<br />
verbunden sind, etwa einem Vorsorgerechner<br />
oder Versicherungscheck.<br />
Seite 40 01/<strong>2015</strong>
Netzwelten<br />
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Wesentliche Säulen des Content Marketing für kleine und mittelständische Maklerunternehmen<br />
Gleichzeitig wird auf der Basis eines guten<br />
Contents eine höhere Bereitschaft beim<br />
Zielkunden erreicht, seine Kontaktdaten<br />
anzugeben und zukünftig weitere Informationen<br />
zu erhalten.<br />
Bei der Planung sollten Makler bedenken,<br />
dass für erfolgreiches Content Marketing<br />
ein gewisses Maß an Zeit von Nöten ist.<br />
Sie müssen sich über ihre Zielgruppen<br />
Gedanken machen, eine Website und<br />
Social Media Accounts anlegen und diese<br />
regelmäßig mit hochwertigen Inhalten<br />
bespielen. Hierbei empfiehlt es sich, zu<br />
Beginn einen Content-Plan zu erstellen,<br />
in dem geeignete Inhalte gesammelt<br />
werden sollen. Anhand des Plans können<br />
sich Makler überlegen, wann sie welchen<br />
Content verbreiten wollen. So steht am<br />
Anfang ein Zeitinvestment. Makler müs -<br />
sen für sich klären, ob sie dieses aufbringen<br />
können, denn beim Content Marketing<br />
gilt: ganz oder gar nicht.<br />
Wer sich dafür entscheidet, hat den Vorteil,<br />
dass sich der Erfolg von Content Marketing<br />
leicht messen lässt – mit Google<br />
Analytics die Zugriffzahlen auf die eigene<br />
Website, anhand von Fans und Followern<br />
oder auch anhand der Anfragen von<br />
potenziellen Kunden über die eigene<br />
Website bzw. über Social Media Accounts.<br />
So können Makler leicht prüfen, ob Content<br />
Marketing für sie ein erfolgreiches<br />
Tool ist.<br />
Umfrage Schadenmanagement<br />
– Content Marketing zu<br />
Kompositversicherungen<br />
Ein Beispiel für gelungenes Content Marketing<br />
ist eine Umfrage zum Thema Schadenmanagement<br />
der Generali Versicherung.<br />
Ausgangspunkt war die weit verbreitete<br />
öffentliche bzw. mediale Kritik<br />
an der Schadenregulierung der Assekuranz.<br />
Mit der Umfrage sollte das Vertrauen<br />
in die Kompositversicherungen<br />
der Branche bzw. der Generali gestärkt<br />
werden. Dafür initiierte das Unternehmen<br />
die Umfrage Schadenmanagement, bei<br />
der 1.005 Bürger, davon 541 mit einem<br />
Schadenfall in den letzten fünf Jahren,<br />
vom Marktforschungsinstitut Usuma<br />
befragt wurden. Zentrale Ergebnisse: Die<br />
breite Mehrheit (mehr als 80 Prozent) ist<br />
mit ihren Versicherungen insgesamt bzw.<br />
im Schadenfall zufrieden. Verbesserungspotenzial<br />
gibt es bei der Verständlichkeit<br />
von Briefen, Formularen etc.<br />
Kommunikations-Strategie der Generali<br />
war es, die Vorwürfe gegen die Schadenregulierung<br />
gezielt anzugehen und die<br />
Zufriedenheit mit der Schadenregulierung<br />
zu kommunizieren. Kern der Kommunikation<br />
war das Generali-Magazin Spezial<br />
mit den Umfrageergebnissen. Um der<br />
Zielgruppe einen Zusatznutzen zu bieten,<br />
enthielt das Magazin zahlreiche Ratgeber-<br />
Hinweise zur Prävention bzw. zum Verhalten<br />
im Schadenfall. Risiken wie Hochwasser,<br />
Sturm, Frost und Hagel wurden<br />
erläutert und vorbeugende Möglichkeiten<br />
dargestellt. Weitere Maßnahmen waren<br />
Pressemitteilungen, Online-PR mit entsprechenden<br />
Mitteilungen, Fachbeiträge,<br />
Hörfunk-PR sowie Social Media. Die<br />
Microsite zur Schadenumfrage bündelte<br />
zudem alle Informationen. Insgesamt<br />
erwirkte die Kommunikation über 300<br />
redaktionelle Artikel in Print- und On -<br />
linemedien und das Magazin stieß insbesondere<br />
bei Vertriebspartnern auf Resonanz,<br />
die zahlreiche Exemplare an Kun -<br />
den weitergaben. Auch die Zugriffe auf<br />
Artikel in wichtigen Branchen- und Presseportalen<br />
sowie die Resonanz auf Tweets<br />
und Facebook-Posts war zufriedenstellend.<br />
Auch wenn die Umfrage Schadenmanagement<br />
ein sehr großes Projekt war und<br />
diese Größenordnung für kleine und mittelständische<br />
Makler-Unternehmen vielleicht<br />
weniger denkbar ist, zeigt sie den<br />
Erfolg des Content Marketing. Das Vorgehen<br />
der Generali verdeutlicht, dass<br />
Assekuranz-Unternehmen trotz der<br />
schwierigen Bedingungen mit qualitativ<br />
hochwertiger Kommunikation in der<br />
Öffentlichkeitsarbeit Akzente setzen<br />
können.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Christian Krause<br />
Seite 41
Weiterbildung<br />
Wie findet man die Richtige?<br />
Weiterbildung ist wichtig. Das weiß man! Welches der unzähligen Angebote ist aber das richtige Angebot<br />
für mich selbst? Der folgende Artikel soll für Sie ein Kompass durch den Dschungel der Angebote sein<br />
und Ihnen helfen, die richtige Orientierung zu verschaffen.<br />
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Was möchte man mit einer Weiterbildung erreichen?<br />
Um das richtige Angebot aus der Vielzahl<br />
an Möglichkeiten auszuwählen, muss man<br />
zunächst selber darüber nachdenken, was<br />
man mit der Schulung erreichen möchte.<br />
Sie möchten gesetzliche<br />
Anforderungen erfüllen?<br />
In diesem Fall benötigen Sie Qualifizierungen,<br />
die in den entsprechenden Ge -<br />
setzen benannt werden. Einschlägig dafür<br />
sind die Versicherungsvermittlerrichtlinie<br />
(VersVermV) für die Versicherungsvermittlung,<br />
die Finanzanlagenvermittlerverordnung<br />
(FinVermV) für die Anlagenvermittlung,<br />
die zukünftigen Regularien<br />
rund um die Immobilienfinanzierung und<br />
– falls Sie irgendwann unter ein Haftungsdach<br />
oder in eine Bank wollen – die Regulierungen<br />
basierend auf dem Wertpapierhandelsgesetz.<br />
Man kann zu jeder dieser<br />
Ausrichtung eigene Qualifizierungen<br />
absolvieren. Hat man etwas mehr Zeit<br />
und schon in Teilbereichen praktische Er -<br />
fahrungen, so bietet sich der Fortbildungsabschluss<br />
„Fachwirt für Finanzberatung<br />
(IHK)“ an, da durch diesen die regulatorischen<br />
Anforderungen alle erfüllt werden<br />
können.<br />
Auch durch andere Fortbildungsabschlüsse<br />
können Teilbereiche abgedeckt<br />
werden. Zumindest solange es sich um<br />
einschlägige öffentlich-rechtliche Ab -<br />
schlüsse handelt.<br />
Überlegen Sie also, welche Aufgaben Sie<br />
in den nächsten Jahren oder gar Jahrzehnten<br />
ausüben möchten oder vielleicht<br />
eines Tages ausfüllen möchten. Ihre<br />
zukünftige Entwicklung sollte dann nicht<br />
an Formalien scheitern, sodass Sie durch<br />
Ihre Qualifikation bereits frühzeitig die<br />
Wege ebnen können.<br />
Sie möchten Ihr Marketing /<br />
Ihre Außenwirkung erhöhen<br />
Durch Fortbildungen kann man die<br />
Wahrnehmung bei seinen Kunden, Ge -<br />
schäftspartnern und Mitarbeitern deutlich<br />
verbessern. Wer hat nicht schon Sätze<br />
gehört wie „Der kann das, der hat das<br />
richtig von der Pike auf gelernt“? Dafür<br />
muss der Kunde allerdings den Wert einer<br />
Fortbildung oder eines Titels auf Anhieb<br />
erkennen können. Dabei helfen Kürzel<br />
wie „IHK“ oder „FH“ hinter dem Ab -<br />
schluss sehr stark weiter. Von besonderer<br />
Wirkung sind akademische Grade wie<br />
Bachelor oder gar Master.<br />
Seite 42 01/<strong>2015</strong>
Karriere<br />
Branchenspezifische Bezeichnungen oder<br />
gar unternehmensbezogene Abschlüsse<br />
sind an dieser Stelle weniger hilfreich. Der<br />
Kunde kann bei diesen nicht differenzieren,<br />
ob es sich um einen echten Ab -<br />
schluss oder nur um einen Titel-Gag handelt.<br />
Haben Sie also noch keinen formalen<br />
Fortbildungsabschluss, der die Vertrauensbildung<br />
unterstützt, dann sollten Sie<br />
versuchen, diesen noch zu ergänzen.<br />
Sie möchten mehr Erfolg in<br />
Ihrem täglichen Business?<br />
Damit verlassen wir die Bereiche der Formalqualifikationen.<br />
Natürlich hilft es für<br />
Karriere und Erfolg erheblich weiter,<br />
wenn Sie im Rahmen einer formalen Weiterbildung<br />
strukturiert Ihren Beruf erlernt<br />
haben. Die Anwendung Ihres Wissens am<br />
Kunden und gegenüber von Mitarbeitern<br />
ist aber meist eine Ergänzung zu formalen<br />
Abschlüssen, die Sie durch kürzere Trainings<br />
oder kürzere Lehrgänge erwerben.<br />
Dabei kann die Behandlung bestimmter<br />
Zielgruppen im Mittelpunkt stehen (z. B.<br />
Weiterbildung zum Ruhestandsplaner)<br />
oder es können bestimmte Arbeitsbereiche<br />
in den Fokus genommen werden<br />
(z. B. Weiterbildung Baufinanzierung oder<br />
auch Weiterbildung Führung). Auch be -<br />
stimmte Vertriebsformen – wie Onlinemarketing<br />
oder Onlineberatung – können<br />
Kosten reduzieren hel fen und den Ertrag<br />
somit steigern.<br />
Natürlich ist es ergänzend zwingend notwendig,<br />
die eigenen Produkte und die<br />
eigene Technik zu beherrschen. Somit<br />
sind auch Produktschulungen zwingend<br />
einzuplanen und zu besuchen. Vorab ist<br />
zu klären, durch welche Tätigkeit (Führung,<br />
Produkte, Zielgruppen) Sie in nä -<br />
herer Zukunft Ihre Erträge erwirtschaften<br />
und in welcher Form (z. B. Onlineberatung,<br />
Präsenzberatung) Sie Ihre Ziele<br />
erreichen möchten. Danach ist dann der<br />
entsprechende Schulungsschwerpunkt<br />
zu legen. Dann wählen Sie Fachseminare,<br />
Trainings zu „Soft Skills“ – wie Verkaufstrainings<br />
oder Seminare zu Prozessen wie<br />
zur Onlineberatung gezielt aus.<br />
Sie möchten Ihre Haftungs -<br />
sicherheit erhöhen?<br />
Hier helfen – nach einer grundlegenden<br />
Qualifikation – Kurzseminare, die sich<br />
um Arbeitsprozesse und Rechtsthemen<br />
ranken. Ebenso ist vorab zu definieren,<br />
wo sie ggf. Haftungsrisiken erkennen und<br />
durch eine Prozessverbesserung diese<br />
Risiken minimieren könnten.<br />
Sie möchten Ihre Beratungsqualität<br />
erhöhen?<br />
Kundenbindung und langfristiger Erfolg<br />
hängen natürlich fundamental von der<br />
Beratungsqualität ab. Sind Sie Spezialist<br />
oder Generalist? In beiden Fällen gilt, dass<br />
Sie Ihr Wissen aus einer grundlegenden<br />
Weiterbildung laufend aktualisieren müs -<br />
sen. Das machen Sie, indem Sie Fachliteratur<br />
lesen und gezielt an Seminaren und<br />
Kongressen teilnehmen, die sich auf Ihre<br />
Geschäftsfelder beziehen. Dabei stehen<br />
zum einen Ihre Arbeitsprozesse im Mittelpunkt,<br />
zum anderen aber auch die laufenden<br />
fachlichen Updates, die dazu benötigt<br />
werden. Wichtig ist, dass solche<br />
Updates unabhängig von Produktanbietern<br />
erfolgen.<br />
In welchen Arbeitsbereichen sind Sie also<br />
derzeit aktiv und zu welchem Thema hat -<br />
ten Sie schon länger keine fundierte „Auffrischung“<br />
mehr? Wählen Sie dann die<br />
entsprechenden Themen aus. Manch mal<br />
bietet es sich durchaus an, aus den früher<br />
besuchten Weiterbildungen einzelne The -<br />
men einfach erneut zu buchen, um wieder<br />
auf das laufende zu kommen.<br />
Sie möchten Ihren Betrieb<br />
erfolgreicher führen?<br />
Haben Sie einen Betrieb – ggf. auch mit<br />
Mitarbeitern? Gerade wenn Sie Mitarbeiter<br />
haben, potenziert sich alles was Sie<br />
richtig machen auf die Mitarbeiter um ein<br />
Vielfaches. Richtiges und erfolgreiches<br />
Arbeiten ist hier also von besonderer<br />
Bedeutung.<br />
Einen Betrieb erfolgreich zu führen, muss<br />
man zum einen sicher in den Genen<br />
haben – zum anderen ist es aber auch verbunden<br />
mit handwerklichem Wissen, das<br />
man erlernen kann. Wenn Sie also Mitarbeiter<br />
und Unternehmen führen, dann<br />
fragen Sie sich, ob Sie sich da nach und<br />
nach reinentwickelt haben oder ob sie sich<br />
auch mal aus der Vogelperspektive mit<br />
Ihrer Aufgabe beschäftigen konnten.<br />
Wann haben Sie das letzte Mal über Ihr<br />
Unternehmen als Betrieb nachgedacht<br />
und sich ausgetauscht? Je nachdem wie<br />
die Antwort ausfällt, sollten eine entsprechende<br />
Weiterbildung als Unternehmer,<br />
Tagesseminare oder auch Coachings auf<br />
Ihrer Agenda stehen. Dazu gehören z. B.<br />
auch Seminare rund um das Controlling<br />
und die Kostenrechnung, um die Liquidität<br />
des eigenen Un ternehmens als eines<br />
der Top-Ziele stets im Blick zu haben.<br />
Steht die Mitarbeiterführung stärker im<br />
Mittelpunkt, so hilft eine Weiterbildung<br />
im Personalbereich, um Mitarbeiter motivieren<br />
und führen zu können. Auch<br />
Grundlagen des Arbeitsrechts sollte eine<br />
Führungskraft beherrschen, um nicht in<br />
unangenehme Fallen zu tappen.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Dr. Wolfgang Kuckertz<br />
Dr. Wolfgang Kuckertz<br />
ist Vorstand der GOING PUBLIC!<br />
Akademie für Finanzberatung<br />
AG, (www.going-public.edu).<br />
GOING PUBLIC! bietet seit 1990<br />
Lehr- und Studiengänge für die<br />
Finanz- und Versicherungswirtschaft<br />
an – von der Basisqualifikation<br />
bis zu Masterstudiengängen<br />
und speziellen<br />
FH-Zertifikaten.<br />
Seite 43
Haben Verkäufer eine Zukunft?<br />
Allein die Fragestellung scheint angesichts der Bestrebungen, Vertriebserfolge auszuweiten, schon ein wenig<br />
absurd. Aber ist nicht gerade ein typisches, aggressives Verkäuferverhalten ein Widerspruch zur gewollten<br />
Beratungskultur? Wir alle haben die Erkenntnis, dass alle Geschäfte und Marken dauerhaft nur auf der Basis<br />
von Vertrauen erfolgreich sind. Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen, z. B. dem Handel, hat sich in<br />
der Versicherungswirtschaft und Kreditwirtschaft erst seit Mitte der 90er Jahre ein Wettbewerb entwickelt,<br />
der alle Beteiligten zwingt, den Markt verstärkt aus Kundensicht zu betrachten und sich mit dem zunehmenden<br />
Wettbewerb zwischen online und offline auseinanderzusetzen.<br />
Der Kompass für Verkäufer<br />
sollte neu justiert werden<br />
das persönliche Gespräch und informiert<br />
sich über das Internet.<br />
Joachim Isernhagen,<br />
Geschäftsführer des Beratungsund<br />
Trainingsunternehmen<br />
Isernhagen & Partner<br />
Eine stärkere Kundenfokussierung, die<br />
Neuausrichtung der Vertriebskanäle und<br />
die GDV Offensive „Gut beraten“ sind nur<br />
einige Entwicklungen, die zu einer teilweisen<br />
strategischen Neuausrichtung bei<br />
den Versicherungsunternehmen, Finanzdienstleistern<br />
und Maklervertrieben geführt<br />
haben. Dennoch sind große Teile der Kun -<br />
den mit ihrer Betreuung unzufrieden und<br />
laut verschiedener Erhebungen zu mehr als<br />
30 Prozent wechselbereit. Das Image der<br />
Branche und des Berufsstandes – auch der<br />
Bankberater – liegt nach einer Befragung<br />
der GFK aus 2014 „Wem vertrauen die<br />
Deutschen?“ auf den letzten Plätzen von<br />
32 Berufen. Nur 39 Prozent der Befragten<br />
vertrauen z. B. dem Berufsstand „Banker“.<br />
Dies ist nicht nur eine Folge der vielzitierten<br />
Finanzkrise, sondern auch eine Folge der<br />
Wahrnehmung des einzelnen Kunden im<br />
Kontakt mit seinem „Berater“. Das zeigt,<br />
dass auch der Bankberater zum Vertriebsmitarbeiter<br />
geworden ist und nicht mehr<br />
uneingeschränkt als solider Berater wahrgenommen<br />
wird.<br />
Wir brauchen idealerweise den Berater mit<br />
einem Verkäufergen. Die Qualität der<br />
Berater und der Beratung ist der Dreh- und<br />
Angelpunkt für den Erfolg, um Kunden<br />
ganzheitlich und dauerhaft zu binden.<br />
Empathie, Zuverlässigkeit und erlebter Service<br />
sind entscheidend für Loyalität und<br />
Zufriedenheit der Kunden. Kunden wol -<br />
len Beraterverhalten und nicht den Verkäufer.<br />
So fordert z. B. die quirin Bank ihre<br />
Kunden direkt auf mit der Frage: „Ist Ihr<br />
Bankberater ein Berater oder ein Verkäu -<br />
fer?“ Sie will sich damit abgrenzen von einer<br />
zu starken verkäuferischen Ausrichtung in<br />
der Beratung bei Mitbewerbern. Auch zwischen<br />
Arzt und Patient kriselt es. Hier hat<br />
ebenfalls eine ungute Entwicklung eingesetzt,<br />
die dem Berufsstand nicht ge recht<br />
wird. Das oft blinde Vertrauen ge genüber<br />
Ärzten ist mittlerweile angekratzt. In der<br />
Rolle als Berater konnte der Arzt alles erreichen<br />
oder durchsetzen. Sobald aber der<br />
Patient dem Arzt verkäuferische Ab sichten<br />
unterstellt, ändert sich das. Dieses Bild passt<br />
sehr gut zu allen Vertrieben im Markt.<br />
Auch Banker hatten einmal das uneingeschränkte<br />
Vertrauen ihrer Kunden. Das hat<br />
gelitten durch zu viele unkluge verkäuferische<br />
Akzente in der Ansprache und durch<br />
produktbezogenen Verkauf. Über Jahre<br />
hieß es: ihr sollt verkaufen und nicht be -<br />
raten! Damit begann eine Entwicklung, de -<br />
ren Ergebnisse wir heute sehen. Gemeint<br />
hat man „informieren“. Das kann z. B. das<br />
Internet besser als jeder Verkäufer. Aber<br />
das Internet kann nicht individuell beraten.<br />
Aber Verkaufserfolge ohne solide, ver -<br />
trauens bildende Beratung werden auf<br />
Dauer zum Scheitern verurteilt sein. Das<br />
Problem liegt u. a. auch darin, dass wir<br />
heute Kunden ha ben, die mit typischem<br />
Verkäuferverhal ten negative Erfahrungen<br />
gemacht haben. Die Folge ist, man meidet<br />
Fazit: Wir brauchen also Menschen, die sich<br />
als Berater qualifizieren, um am Ende verkäuferisch<br />
erfolgreich zu sein. Dies ist kein<br />
Widerspruch – denn derjenige, der sich als<br />
Berater profiliert, wird automatisch auf<br />
Dauer der bessere Verkäufer sein. Das ist<br />
konsequenter und effizienter, fordert allerdings<br />
eine neue Beratungsphilosophie verbunden<br />
mit einem Leitbild, das nach außen<br />
und innen wirkt. Erste Ansätze werden z. B.<br />
auch erkennbar durch die Gründung des<br />
VEVK. Nur wer Kunden seriös und fair<br />
berät und begleitet, wird dauerhaft erfolgreich<br />
sein. Das heißt: Wir brauchen in der<br />
Zukunft keine Verkäufer, sondern Berater,<br />
die mit viel Empathie aus den aufgenommenen<br />
Informationen und aus ihrer Erfahrung<br />
konsequent Handlungsfelder erken -<br />
nen und daraus „Rat und Empfehlung“<br />
ableiten und somit verkaufen. Für das gehobene<br />
Privatkundengeschäft und für Firmenkunden<br />
ist das ohnehin unabdingbar.<br />
Die Ergebnisse:<br />
• Mitarbeiter, die motiviert und überzeugt<br />
als Berater auftreten<br />
• höhere Verkaufserfolge; denn konsequent<br />
beraten bedeutet mehr verkaufen<br />
• loyale und zufriedene Kunden<br />
Nichts wäre auf Dauer teurer, als dem<br />
Berufsstand weiter Schaden zuzufügen und<br />
nichts wäre preiswerter als den Berater des<br />
Kunden aufzuwerten und ihn zu befähigen,<br />
diesem anspruchsvollen Berufsbild auch<br />
zu entsprechen. Dazu trägt sicher auch die<br />
Vergütung für Bestandssicherung und<br />
Abschlusserfolge eine wichtige Rolle. Daher<br />
brauchen wir insbesondere eine Vergütung<br />
die auch Qualität und nicht nur Menge<br />
belohnt.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Joachim Isernhagen<br />
Seite 44 01/<strong>2015</strong>
Ein Kodex für die eigene<br />
Überzeugung<br />
Mit dem Kodex „Ehrbarer Versicherungsmakler“<br />
und „Ehrbarer Finanzanlagevermittler“<br />
bekennen sich beide<br />
Vermittlergruppen dazu, im Sinne ihrer<br />
Kunden zu handeln und sich an die im<br />
Kodex formulierten Regeln zu halten.<br />
Mit Hilfe der Registernummer zum<br />
§ 34d bzw. § 34f GewO kann jeder<br />
Kunde online auf <strong>Versicherungsbote</strong>.de<br />
prüfen, ob sich sein Makler zum<br />
Kodex bekennt.<br />
Diese Versicherer akzeptieren den<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> Kodex:<br />
ERGO Versicherungsgruppe AG<br />
Stuttgarter Versicherung AG<br />
Wüstenrot & Württembergische AG<br />
Baden-Badener Versicherung AG<br />
Feuersozietät Berlin Brandenburg<br />
Versicherung AG<br />
Alte Leipziger – Hallesche<br />
Konzern<br />
Zurich Versicherung<br />
DEURAG Deutsche Rechtsschutz-Versicherung<br />
AG<br />
Den genauen Wortlaut der<br />
Kodizes kann man unter<br />
http://kodex.vbote.de nach -<br />
lesen und sich online registrieren<br />
oder Sie nutzen<br />
das nachfolgende Bestell -<br />
for mular:<br />
Registrieren und bestellen<br />
Zutreffendes bitte ausfüllen bzw. ankreuzen und senden an:<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> Verlag UG, Reclamstr. 42, 04315 Leipzig,<br />
per E-Mail: info@versicherungsbote.de, via Fax: 0341/39284309<br />
Ich bekenne mich zum<br />
Kodex Ehrbarer Versicherungsmakler<br />
Kodex Ehrbarer Finanzanlagevermittler<br />
Registernr. 34d<br />
Registernr. 34f<br />
Senden Sie mir ein gedrucktes Exemplar:<br />
Senden Sie mir ein gedrucktes Exemplar:<br />
ohne Personalisierung für 18,00 Euro*<br />
ohne Personalisierung für 18,00 Euro*<br />
personalisiert für 70,00 Euro*<br />
personalisiert für 70,00 Euro*<br />
*Für beide Kodizes zusammen zahlen Sie 24,00 Euro, für die personalisierte Variante 100,00 Euro. Alle Preise in Netto.<br />
Firma:<br />
Name, Vorname:<br />
Straße, Nr.:<br />
PLZ, Ort:<br />
E-Mail-Adresse:<br />
Ich akzeptiere die Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter www.versicherungsbote.de/agb.html<br />
Ort, Datum:<br />
Unterschrift:
Termine<br />
Aktuelle Terminhinweise inklusive Anmeldelinks gibt<br />
es auch unter http://termine.vbote.de<br />
Mai <strong>2015</strong><br />
18.05.<br />
7. Praktikanten- & Absolventenmesse<br />
der Finanzdienstleistungsbranche<br />
PAM!<br />
V.E.R.S. Leipzig GmbH<br />
LEIPZIG<br />
19.-20.05.<br />
4. Messekongress Finanzen und<br />
Risikomanagement<br />
Versicherungsforen Leipzig<br />
LEIPZIG<br />
20.-21.05.<br />
42. AMC-Meeting<br />
AMC Finanzmarkt GmbH<br />
NEUSS<br />
21.05.<br />
Forum: Strategieentwicklung und<br />
-umsetzung in Versicherungen<br />
Versicherungsforen Leipzig<br />
LEIPZIG<br />
Juni <strong>2015</strong><br />
02.-03.06.<br />
2. FinPro – Messe-Boutique für<br />
innovative Finanzprodukte<br />
V.E.R.S. Leipzig GmbH<br />
SCHLOSS BENSBERG/<br />
BERGISCH GLADBACH<br />
08.-09.06.<br />
Industrie-Versicherung<br />
MCC Seminare<br />
DÜSSELDORF<br />
09.06.<br />
Workshop<br />
Aktives Bestandsmanagement<br />
Versicherungsforen Leipzig<br />
KÖLN<br />
10.-11.06.<br />
IT-Optionen<br />
MCC Seminare<br />
DÜSSELDORF<br />
Fachkonferenz: Schnittstelle Kunde<br />
Versicherungsforen Leipzig<br />
DÜSSELDORF<br />
18.-19.06.<br />
AMC-Tagung Versicherungsvertrieb<br />
und Vertriebsvergütung <strong>2015</strong><br />
AMC Finanzmarkt GmbH<br />
KÖLN<br />
25.06.<br />
Seminar Empfehlungsmarketing:<br />
So machen Sie Ihre Kunden<br />
zu Fans und aktiven Empfehlern<br />
Anne M. Schüller<br />
FRANKFURT<br />
September <strong>2015</strong><br />
14.-15.09.<br />
Haftpflichtforum <strong>2015</strong><br />
MCC Seminare<br />
DÜSSELDORF<br />
3. Fachkonferenz Versicherungs -<br />
betrug<br />
Versicherungsforen Leipzig<br />
LEIPZIG<br />
21.-22.09.<br />
Insurance Today and Tomorrow<br />
MCC Seminare<br />
DÜSSELDORF<br />
30.09.-01.10.<br />
2. Vorstandskonferenz der<br />
Versicherungswirtschaft<br />
V.E.R.S. Leipzig GmbH<br />
DÜSSELDORF<br />
Oktober <strong>2015</strong><br />
01.-02.10.<br />
Partnerkongress<br />
Versicherungsforen Leipzig<br />
LEIPZIG<br />
05.-06.10.<br />
Forum Digitaler Vertrieb:<br />
Heraus forderungen für das Marketing<br />
AMC Finanzmarkt GmbH<br />
DÜSSELDORF<br />
15.10.<br />
Forum Verkaufsförderung<br />
AMC Finanzmarkt GmbH<br />
DÜSSELDORF<br />
27.-29.10.<br />
DKM <strong>2015</strong> – Die Leitmesse<br />
bbg Betriebsberatungs GmbH<br />
DORTMUND<br />
29.10.<br />
Compliance Compact<br />
MCC-Seminare<br />
KÖLN<br />
Seite 46 01/<strong>2015</strong>
Von der Natur lernen:<br />
Chancen<br />
nutzen<br />
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www.rhion.de | maklervertrieb@rhion.de | Telefon: 02131 6099-6633