Versicherungsbote 2-2015
- Weg von Lebensversicherungen, hin zur Fondsanlage? - Gesetzliche Krankenkassen als Türöffner - Startups: Bedrohung oder geniale Partner?
- Weg von Lebensversicherungen, hin zur Fondsanlage?
- Gesetzliche Krankenkassen als Türöffner
- Startups: Bedrohung oder geniale Partner?
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Ausgabe 02/<strong>2015</strong><br />
Ich kann alles<br />
so gestalten,<br />
wie ich möchte<br />
Versicherungsmaklerin<br />
Andrea Nicola Mayr im Interview<br />
Markt<br />
Weg von Lebensversicherungen,<br />
hin zur Fondsanlage?<br />
Vertrieb<br />
Gesetzliche Krankenkassen<br />
als Türöffner<br />
Netzwelten<br />
Startups: Bedrohung<br />
oder geniale Partner?
Mein Ziel ist ganz einfach:<br />
“<br />
einfach das passende<br />
Vorsorgekonzept f r Ihre<br />
Kunden.“<br />
Marcel Schrauth<br />
Allianz Maklerbetreuer<br />
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Inhalt · Editorial<br />
Inhalt<br />
Sparten<br />
4 Die Geister, die ich<br />
rief – Einmalbeitragsversicherungen<br />
6 Studenten: Die PKV-<br />
Versicherten von morgen<br />
8 Das Dilemma der<br />
Berufsgruppendifferenzierung<br />
beim<br />
BU - Schutz<br />
10 Die DNA der<br />
Arbeitskraftsicherung<br />
ist entschlüsselt<br />
Markt<br />
14 Weg von Lebensversicherungen<br />
- hin zur<br />
Fondsanlage?<br />
16 EWR-Krankenversicherung:<br />
Eine Situationsaufnahme<br />
Praxis<br />
20 Aktuelle forsa-Studie<br />
enthüllt Vorsorge-Lücke<br />
22 „Generationenverantwortung<br />
ist keine<br />
Frage des Alters“<br />
24 Deutschland wird alt.<br />
Ist Ihr Unternehmen<br />
darauf vorbereitet?<br />
27 „Ich kann alles so<br />
gestalten, wie ich<br />
möchte“<br />
30 Frauen im Vertrieb<br />
„Sicherlich fehlen Frauen<br />
die weiblichen Vorbilder“<br />
32 Wechselwillige Vertreter<br />
wollen echte Unternehmer<br />
sein<br />
34 Gesetzliche<br />
Krankenkassen<br />
als Türöffner<br />
38 Krankenversicherung<br />
„Ganzheitliche Beratung<br />
aus einer Hand ist eine<br />
Illusion“<br />
42 Vorsorgevollmacht und<br />
Patientenverfügung<br />
46 Startups: Bedrohung oder<br />
geniale Partner?<br />
50 Termine<br />
Karriere<br />
Vertrieb<br />
Netzwelten<br />
Liebe Leser,<br />
für Frauen ist der Versicherungsvertrieb<br />
eher unattraktiv. Bei den<br />
ungebundenen Vermittlern beträgt<br />
der Frauenanteil lediglich 13 Prozent.<br />
Umso mehr freuen wir uns,<br />
mit Anna Nicola Mayr eine junge<br />
Maklerin porträtieren zu können,<br />
die von sich sagt: „Ich mache<br />
meine Arbeit gern und mit Leidenschaft“.<br />
Darüber hinaus haben<br />
wir mit Vertriebsexpertin Prof. Dr.<br />
Gabriele Zimmermann gesprochen,<br />
was passieren muss, damit sich<br />
mehr Frauen für eine Vertriebstätigkeit entscheiden.<br />
Je mehr das Geschäft mit privaten Krankenvollversicherungen<br />
stagniert, desto mehr rücken die Krankenkassen in den<br />
Fokus der Vermittler. Schließlich hat der Gesetzgeber dafür<br />
gesorgt, dass auch in der GKV der Wettbewerbsdruck steigt<br />
und damit der Beratungsbedarf. Welche Vertriebschancen<br />
die Kassen bieten, erklärt Thomas Adolph in seinem Gastbeitrag.<br />
Und Hagen Engelhard plädiert im Interview dafür,<br />
dass sich Vermittler auch mit Krankenzusatzversicherungen<br />
und dem Kostenerstattungsprinzip beschäftigen. Nur dann<br />
können Vermittler ihrem Kunden die ganze Angebotspalette<br />
zwischen PKV und GKV bieten.<br />
Dass in der Branche aktuell viel Bewegung herrscht, kann<br />
kaum bestritten werden. Ein Indiz hierfür sind Startups und<br />
innovative Unternehmen, die auf den Markt drängen und die<br />
Geschäftsmodelle etablierter Akteure infrage stellen. Passend,<br />
dass es nun mit der InnoVario eine Startupmesse für<br />
die Branche geben wird. Wir haben mit Schirmherr Prof. Dr.<br />
Fred Wagner gesprochen.<br />
Eine andere Herausforderung hat KV-Profi Thorulf Müller im<br />
Blick: sogenannte EWR-Dienstleister. Hierbei handelt es sich<br />
um private Krankenversicherer aus dem Ausland, die zunehmend<br />
auch um deutsche Kunden buhlen und dabei auf Widerstand<br />
stoßen. Unter anderem warnt die BaFin vor den<br />
Anbietern. Doch sind die Bedenken gerechtfertigt?<br />
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!<br />
Ihr<br />
Björn Bergfeld<br />
Chefredakteur <strong>Versicherungsbote</strong><br />
Impressum<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> Verlag UG<br />
(haftungsbeschränkt)<br />
Reclamstraße 42<br />
04315 Leipzig<br />
FN: 0341 / 98 97 94 93<br />
Fax: 0341 / 39 28 43 09<br />
www.versicherungsbote.de<br />
redaktion@versicherungsbote.de<br />
Vertretungsberechtigter Geschäftsführer:<br />
Björn Bergfeld<br />
Registergericht: Amtsgericht Leipzig<br />
Registernummer: HRB 26728<br />
Steuernummer: 231 /121 / 11727<br />
Inhaltlich Verantwortlicher gemäß<br />
§ 55 Abs. 2 RStV:<br />
Björn Bergfeld (Anschrift wie oben)<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> Magazin 02-<strong>2015</strong><br />
Auflage: 5.000 Stück<br />
ET: 27.10.<strong>2015</strong><br />
Redaktionsschluss 21.09.<strong>2015</strong><br />
Direktvertrieb über <strong>Versicherungsbote</strong><br />
Redaktion: Björn Bergfeld (Chefredakteur)<br />
Mirko Wenig<br />
Layout und Satz:<br />
Frank Springsguth<br />
Bildnachweis Titel: © A. N. Mayr<br />
Druck: Merkur Druck- & Kopierzentrum<br />
GmbH & Co. KG Leipzig<br />
Salomonstr. 20 · 04135 Leipzig<br />
www.merkurdruck.de
Die Geister, die ich rief<br />
Einmalbeitragsversicherungen<br />
Der Zauberlehrling war einfach faul. Er wollte kein Wasser schleppen. Und während sein Lehrer unterwegs<br />
war, rief er deshalb magische Kräfte zur Hilfe: „Walle walle manche Strecke, daß, zum Zwecke,<br />
Wasser fließe...“. Der verzauberte Besen tat wie ihm geheißen und füllte die Badewanne mit Wasser.<br />
Aber eben nicht nur die. „Naß und nässer wird‘s im Saal und auf den Stufen. Welch entsetzliches Gewässer!“,<br />
klagt der Zauberlehrling und weiß nicht, wie er den Wasser schleppenden Besen stoppen ist groß!“<br />
Die Lebensversicherer haben keine<br />
Badewanne mit Wasser zu füllen. Sie<br />
stehen aber seit einigen Jahren vor der<br />
Aufgabe, Lösungen für die Zukunft Ihrer<br />
Branche zu entwickeln. Einige Unternehmen<br />
haben sich ein Beispiel am Zauberlehrling<br />
genommen und drücken sich<br />
vor dem Problem. Statt eines Wasser tragenden<br />
Besens stützten sie sich auf Einmalbeiträge<br />
als vermeintliche Lösung.<br />
Die Verkaufszahlen stimmten wieder.<br />
Das Geschäft brummte. Der Vertrieb<br />
war glücklich. Aber heute müssen die<br />
Verträge auch bedient werden. „Welch<br />
entsetzliche Verpflichtungen“, mag da<br />
manch Vorstand des Nachts stöhnen.<br />
„Herr, die Not ist groß!“<br />
Das große Geld<br />
Es geht bei Einmalbeiträgen um viel<br />
Geld. Jedoch anders als bei üblichen<br />
Lebensversicherungsverträgen. Bei<br />
denen wird ratierlich Schritt für Schritt<br />
ein erhebliches Kapital angesammelt. Ist<br />
das nach vielen Jahren erfolgt, kommt<br />
diese Summe zur Auszahlung oder wird<br />
verrentet. Bei Einmalbeiträgen hat der<br />
Versicherungsnehmer aber bereits zu<br />
Beginn eine hohe Summe. Er zahlt das<br />
Geld mit einem Schlag in einen Vertrag<br />
ein. Je nachdem führt dieser Vertrag nach<br />
ein paar Jahren zur Auszahlung einer<br />
dann noch höheren Summe – oder aber<br />
es gibt eine Rente.<br />
Der Clou für die Investoren, die den<br />
hohen Einmalbeitrag in der Versicherung<br />
platzieren: Es können die für<br />
Lebensversicherungsverträge gewährten<br />
Steuervorteile mitgenommen werden.<br />
Es handelt sich um eine vergleichsweise<br />
sichere Anlage und die gewährten Überschüsse<br />
sind je nach Unternehmen und je<br />
nach konkretem Tarif auch nicht unansehnlich.<br />
Der Vorteil für das Unternehmen: Es<br />
bekommt sofort einen Batzen Geld in die<br />
Hand, der Vertrieb wird durch die hohen<br />
Provisionen glücklich und die Probleme<br />
kommen erst viel später. Der Nachteil,<br />
dass diese Verträge noch auf lange Zeit<br />
mit Garantien und Überschüssen zu<br />
bedienen sind, den kann man erst mal<br />
leicht verdrängen. Zumal das in der Vergangenheit<br />
ja auch immer gut lief…<br />
Ein Blick in die Vergangenheit:<br />
Der Spaß an den<br />
Einmalbeiträgen<br />
Früher galten andere Spielregeln, bis 2005<br />
der Gesetzgeber die steuerliche Begünstigung<br />
der Lebensversicherung kürzte. Bis<br />
dahin musste die Beitragszahlungsdauer<br />
stets mindestens fünf Jahre betragen, um<br />
dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen.<br />
Die Lösung: Der Kunde zahlte das gesamte<br />
Geld erst einmal ein ‐ aber nur ein Fünftel<br />
direkt in den Vertrag. Die restlichen 80<br />
Prozent parkte der Versicherer auf einem<br />
Depot, um es für die nächsten vier Raten<br />
zu plündern. Die Höhe dieser fünf Raten<br />
wurde vertraglich so festgeschrieben, dass<br />
das Depot inklusive der zu erwartenden<br />
Depotverzinsung genau ausreichte.<br />
Dumm nur, dass die Depotverzinsung<br />
oft nicht ausreichte, so dass der Versicherungsnehmer<br />
noch Geld nachschießen<br />
musste. Wenn im nächsten Jahr viele solcher<br />
Verträge fällig werden, wird es viele<br />
Nachfragen geben, da die Konstruktion<br />
über das Depot nicht besonders transparent<br />
ist. Eine unsägliche Ausgeburt an<br />
Seite 4 02/<strong>2015</strong>
Sparten<br />
Axel Kleinlein<br />
Sprecher des Vorstands beim<br />
Bund der Versicherten e.V. (BdV)<br />
Intransparenz war zudem eine schräge<br />
Produktkonstruktion, in dessen Zentrum<br />
auch wieder eine Versicherung gegen Einmalbeitrag<br />
stand.<br />
In der Vergangenheit haben einige Lebensversicherer<br />
also den ersten Spaß an den<br />
Einmalbeiträgen gefunden, es waren ja<br />
noch nicht viele derartige Verträge. Aber<br />
aus Spaß wurde Ernst...<br />
Die jüngere Vergangenheit:<br />
Der Zauberlehrling<br />
spricht den Spruch<br />
Die Geschäftsberichte der Unternehmen,<br />
Analysen der Ratingagenturen<br />
und Fachartikel in den einschlägigen<br />
Medien bestätigen: Die Einmalbeitragsversicherungen<br />
stützten in den<br />
letzten Jahren das laufende Geschäft<br />
und bewahrten die Branche vor einem<br />
Einbruch der Verkaufszahlen. Eine für<br />
die Branche nachhaltige neue Perspektive<br />
wurde nicht entwickelt. Dadurch<br />
stimmten die Quartalsberichte und<br />
Bilanzen – erst einmal. Zudem bekam<br />
der Vertrieb einen Ausgleich für das<br />
weggebrochene Geschäft der „normalen“<br />
Verträge.<br />
So wie sich der Zauberlehrling genüsslich<br />
das Treiben des verhexten Besens<br />
anschaut, so haben sich diese Lebensversicherer<br />
an den Einmalbeiträgen<br />
ergötzt. Die Vermittler wähnten, die<br />
Lösung für die Absatzprobleme gefunden<br />
zu haben. Nur manch ein Aktuar<br />
hob warnend die Stimme, konnte sich<br />
aber nicht durchsetzen.<br />
Die Situation heute:<br />
Ein düsterer Ausblick<br />
Und jetzt haben die Unternehmen diese<br />
Verträge in ihren Beständen. Zum Teil<br />
mit ziemlich hohen Garantieverzinsungen<br />
und immer mit Versicherungsnehmern,<br />
die an den Überschüssen beteiligt<br />
werden wollen. Die Überschusssysteme<br />
führen oft dazu, dass gerade diese Einmalverträge<br />
mit ähnlich hohen Überschüssen<br />
bedient werden, wie das „normale“<br />
Geschäft. Noch zu Beginn der<br />
Niedrigzinsen konnte man mit einem<br />
hohen Einmalbeitrag ja vergleichsweise<br />
hohe Garantien einkaufen und hatte<br />
zusätzlich auch noch die Chance auf<br />
gute Überschüsse.<br />
Weil aber die Einmalbeiträge von vornherein<br />
sehr hoch sind, müssen deutliche<br />
Summen an Überschüssen gerade auf<br />
diese Verträge verteilt werden. Für die<br />
„normalen“ Bestände steht dieses Geld<br />
nicht zur Verfügung und das allgemeine<br />
Überschussniveau sinkt. Der Kleinsparer<br />
muss auf Gewinne verzichten, um<br />
so die Einmalbeiträge zu subventionieren.<br />
Die Geister der Einmalbeiträge, die<br />
von einem kurzsichtigen Management<br />
gerufen wurden, lassen sich nicht mehr<br />
einfangen.<br />
Anders beim Zauberlehrling. Hier vermag<br />
der Meister mit einem einfachen<br />
„Besen, Besen, seid’s gewesen“ dem Spuk<br />
ein Ende zu bereiten. Bei der Lebensversicherung<br />
wird das Problem um die<br />
Einmalbeiträge aber eher das Ende der<br />
Lebensversicherung forcieren.<br />
Ein Gastkommentar von<br />
Axel Kleinlein<br />
Seite 5
Studenten: Die PKV-Versicherten<br />
von morgen<br />
Sich auf die Beratung und den Verkauf von Studentenversicherungen zu konzentrieren, kann gewinnbringend<br />
sein. Diese Zielgruppe wurde von vielen Vermittlern bisher noch nicht entdeckt. Das könnte<br />
sich bald ändern.<br />
(GKV) und der privaten (PKV) wählen. Denn nach der Einschreibung<br />
an der Hochschule besteht für 3 Monate die Möglichkeit,<br />
sich von der Versicherungspflicht in der GKV befreien<br />
zu lassen und für die weitere Studienzeit privat zu versichern.<br />
Das gilt übrigens auch für alle Studierenden, deren Anspruch<br />
auf Familienversicherung während des Studiums endet – entweder<br />
weil die Altersgrenze von 25 Jahren erreicht ist oder weil<br />
das persönliche Einkommen über 405 € bzw. bei Einkommen<br />
aus geringfügiger Beschäftigung über 450 € liegt.<br />
Christian Fischer<br />
studierte in Konstanz Verwaltungswissenschaft. Berufsbegleitend<br />
absolvierte er zudem an der Universität St. Gallen<br />
das Diplomprogramm „Insurance Management“.<br />
Der 49-jährige leitet seit über 10 Jahren den Bereich Produktentwicklung/Wettbewerb<br />
der HALLESCHE Krankenversicherung<br />
in Stuttgart.<br />
Gesetzlich oder Privat<br />
Studierende an einer deutschen Hochschule müssen bei der<br />
Einschreibung eine Krankenversicherung nachweisen. Sie<br />
haben dabei oft die Wahl, wie sie dieser Versicherungspflicht<br />
nachkommen.<br />
Studenten, die jünger als 25 Jahre sind und deren Eltern<br />
gesetzlich versichert sind, können sich zu Beginn des Studiums<br />
beitragsfrei im Rahmen der Familienversicherung krankenversichern.<br />
Wer keinen Anspruch auf Familienversicherung hat, muss sich<br />
selbst krankenversichern. Sie können zu Studienbeginn zwischen<br />
der gesetzlichen studentischen Krankenversicherung<br />
Für Beamtenkinder gilt: Solange sie Kindergeld erhalten, sind<br />
sie weiter beihilfeberechtigt und können sich privat versichern.<br />
Dazu muss ebenfalls eine Befreiung von der Versicherungspflicht<br />
beantragt werden. Da die Befreiung für das gesamte<br />
Studium gilt, versichert sich dieser Personenkreis nach Wegfall<br />
der Beihilfeberechtigung privat weiter.<br />
Studierende, die sich während der Studienzeit zunächst für die<br />
GKV entschieden haben, können nach dem 14. Fachsemester,<br />
spätestens mit Vollendung des 30. Lebensjahres zwischen<br />
einer freiwilligen Weiterversicherung in der GKV oder der<br />
PKV wählen - denn die gesetzliche studentische Krankenversicherung<br />
endet dann. Wer sich zu diesem Zeitpunkt für die<br />
PKV entscheidet, muss seine GKV innerhalb von 2 Wochen<br />
darüber informieren.<br />
Angebote der PKV<br />
Für Studenten gibt es in der privaten Krankenversicherung<br />
eine Vielzahl von Voll- und Zusatzversicherungsangeboten.<br />
So bieten einige PKV-Versicherer beispielsweise Sonderbedingungen<br />
für Studenten auf alle Tarife der Vollversicherung an.<br />
Dadurch können sich Studenten ein maßgeschneidertes Angebot<br />
zusammenstellen – mit allen Vorteilen der PKV. Da die<br />
Beiträge ohne Alterungsrückstellungen kalkuliert sind, sind<br />
sie besonders günstig.<br />
Eine private Krankenversicherung bietet aber nicht nur attraktive<br />
Vorteile. Für bestimmte Studentengruppen ist es auch<br />
mit Blick auf die Zeit nach dem Studium und der weiteren<br />
Lebensplanung sinnvoll, möglichst früh in die PKV zu gehen.<br />
Wichtig dabei ist es, sich für einen Tarif zu entscheiden, der für<br />
die Zeit nach dem Studium die Option auf einen erleichterten<br />
Einstieg in die reguläre Voll- oder Zusatzversicherung bietet<br />
– ohne erneute Gesundheitsprüfung. Dies kann zum Beispiel<br />
über einen kleinen Zusatzbeitrag mit abgesichert werden.<br />
Seite 6 02/<strong>2015</strong>
Sparten<br />
Gerade für Lehramtsstudenten, die nach dem Studium ohnehin<br />
sehr wahrscheinlich privat versichert sind, kann dies sehr<br />
attraktiv sein.<br />
Auch wer nach dem Studium zunächst versicherungspflichtig<br />
wird, kann sich über eine Anwartschaftsversicherung oder<br />
einen Zusatzversicherungstarif mit Option die Rückkehr in die<br />
PKV ohne erneute Gesundheitsprüfung sichern.<br />
Anz_106x210_120404_doc 04.04.12 09:34 Seite 1<br />
Beihilfeberechtige Studenten können durch einen Verbleib in<br />
der PKV oft sehr viel Geld sparen. Auch wenn die Beihilfeberechtigung<br />
später einmal entfällt, kann sich eine Befreiung von<br />
der Versicherungspflicht zu Studienbeginn insgesamt finanziell<br />
auszahlen.<br />
Privatversicherte Studenten, die nach dem Studienabschluss<br />
auf Arbeitssuche sind, sind in der Regel weiter privat versichert.<br />
Auch hier bieten einige PKV-Unternehmen an, günstige<br />
Sonderbedingungen vorübergehend weiter zu führen.<br />
Die Versicherung,<br />
die ich brauche.<br />
Und Tschüss…<br />
Viele werden sich im Laufe ihres Studiums für kurz oder länger<br />
im Ausland aufhalten. In manchen Studienprofilen ist dies<br />
sogar explizit vorgeschrieben. Daher sollte die private Krankenversicherung<br />
auch für das Ausland einen umfassenden<br />
Schutz vorsehen.<br />
Gesetzlich versicherte Studenten müssen sich bei Auslandsaufenthalten<br />
– auch bei Auslandsreisen – in jedem Fall zusätzlich<br />
absichern, da die GKV hier keinen ausreichenden Schutz<br />
bietet.<br />
Finanzieller Zuschuss<br />
Was viele nicht wissen: Studierende, die BAföG beziehen,<br />
erhalten vom BAföG-Amt einen Zuschuss zur Kranken- und<br />
Pflegepflichtversicherung in Höhe von 73 €, maximal aber die<br />
Hälfte des Beitrags. Diesen Zuschuss erhalten alle – egal ob<br />
gesetzlich oder privat versichert. Der Zuschuss muss allerdings<br />
extra beantragt werden. Lediglich im BAföG-Höchstsatz ist er<br />
bereits automatisch enthalten.<br />
Ein Fuß in der Tür<br />
Wer einmal die Vorzüge der privaten Krankenversicherung<br />
erlebt hat, wird diese auch später gerne (wieder) in Anspruch<br />
nehmen, sei es in der Voll- oder in der Zusatzversicherung.<br />
Vermittler, die schon früh auf die Zielgruppe der Studenten<br />
zugehen, haben später den sprichwörtlichen Fuß in der Tür,<br />
wenn es darum geht, die Kunden beim Eintritt in das Berufsleben<br />
und darüber hinaus zu beraten. Und das nicht nur hinsichtlich<br />
der Krankenversicherung. Das Potenzial ist groß<br />
und stetig wachsend: Derzeit sind ca. 2,7 Mio. Studenten in<br />
Deutschland eingeschrieben, davon nur wenige privat versichert.<br />
Ein Blick auf die Zielgruppe der Studenten lohnt sich<br />
daher in jedem Fall.<br />
richtig versichert beruhigt<br />
Überall lauern Risiken, die nicht annähernd<br />
berechenbar sind. Wir wissen, was Brand-,<br />
Einbruch- und Haftpflichtschäden bedeuten. Im<br />
Falle des Falles haben Sie einen beruhigenden<br />
Schutz: die DOCURA Hausratversicherung – so<br />
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Ein Gastbeitrag von<br />
Christian Fischer<br />
Seite 7
Das Dilemma der<br />
Berufsgruppendifferenzierung<br />
beim BU-Schutz<br />
Die private Absicherung der Arbeitskraft ist für jeden wichtig, der finanziell auf sein Arbeitseinkommen<br />
angewiesen ist. Und die Berufsunfähigkeitsversicherung ist nun mal die einzige Versicherungsform, bei<br />
der das Krankheitsbild auf den ausgeübten Beruf bezogen wird. Deshalb betonen Verbraucherschützer<br />
und Vertreter der Versicherungsbranche auch in seltener Einmütigkeit die Notwendigkeit einer Berufsunfähigkeitsversicherung.<br />
Gerd Kemnitz,<br />
Diplomingenieur und Versicherungsmakler<br />
mit Spezialisierung<br />
auf BU-Versicherungen. Er<br />
analysiert die Bedingungen der<br />
verschiedenen Tarife kritisch<br />
und fordert auch seine Mandanten<br />
auf, sich aktiv bei der<br />
Auswahl des optimalen Versicherungsschutzes<br />
zu beteiligen.<br />
Nur wer mögliche Bedingungsverbesserungen<br />
und<br />
Leistungs-erweiterungen kennt,<br />
kann diese einfordern – oder<br />
bewusst darauf verzichten.<br />
Allerdings werden die Hürden für den<br />
Abschluss einer solchen Versicherung<br />
immer höher. Dabei sind es nicht nur<br />
gesundheitliche Beschwerden der zu<br />
versichernden Person, die einen Vertragsabschluss<br />
erschweren oder gar unmöglich<br />
machen. Viele handwerklich bzw.<br />
körperlich Tätige können sich den Versicherungsschutz<br />
schon aus finanziellen<br />
Gründen nicht leisten.<br />
Eigentlich gibt es<br />
keine Notwendigkeit<br />
für Berufsgruppen!<br />
Als 2001 das Gesetz zur Reform der Renten<br />
wegen verminderter Erwerbsfähigkeit<br />
eingeführt wurde, gab es bei den privaten<br />
Berufsunfähigkeitsversicherungen<br />
noch keine Berufsgruppen. Es gab eine<br />
große Solidargemeinschaft und sowohl<br />
der Bürokaufmann als auch der Baufacharbeiter<br />
zahlten für den gleichen Schutz<br />
den gleichen Beitrag. Dadurch war der<br />
BU-Schutz auch für die meisten körperlich<br />
Tätigen bezahlbar.<br />
Inzwischen haben die BU-Versicherer<br />
immer mehr Berufsgruppen eingeführt.<br />
Erst waren es drei bis vier Berufsgruppen<br />
– heute sind es teilweise zehn bis<br />
zwanzig. Einzelne Versicherer werben<br />
sogar damit, dass sie die Berufsgruppen<br />
gänzlich abgeschafft haben und jeden<br />
Beitrag berufsindividuell kalkulieren.<br />
Versicherungsmathematisch macht das<br />
natürlich keinen Sinn, denn gerade in<br />
der Versicherungswirtschaft gilt das<br />
„Gesetz der großen Zahlen“. Insofern<br />
ist es auch nicht verwunderlich, wenn<br />
Versicherer jährlich ihren Berufsgruppenkatalog<br />
korrigieren müssen. Warum<br />
organisieren sich die Versicherer diesen<br />
Aufwand?<br />
Risikogerechte<br />
Beitragskalkulation<br />
oder Rosinenpickerei?<br />
Die Befürworter der Berufsgruppendifferenzierung<br />
nennen es risikogerechte<br />
Beitragskalkulation, denn ein Bürokaufmann<br />
hätte nun mal eine geringeres<br />
Berufsunfähigkeitsrisiko als ein Baumaschinenführer.<br />
Andere sehen darin eine<br />
verantwortungslose Rosinenpickerei.<br />
Denn durch die Einführung der Berufsgruppen<br />
wurde der Beitrag für die meisten<br />
Akademiker und Bürofachkräfte<br />
deutlich preiswerter, für Handwerker<br />
und andere körperlich Tätige aber umso<br />
teurer. So haben sich die Versicherer, die<br />
zuerst Berufsgruppen einführten, einen<br />
Seite 8 02/<strong>2015</strong>
Sparten<br />
Wettbewerbsvorteil bei ihrer Zielgruppe<br />
verschafft und risikoreicheren Berufe<br />
bewusst vernachlässigt.<br />
Es ist einleuchtend, dass andere BU-Versicherer<br />
danach auch Berufsgruppen<br />
einführen mussten. Anderenfalls wären<br />
Antiselektionseffekte aufgetreten und<br />
diese Versicherer hätten nur noch die<br />
risikoreicheren Berufsgruppen versichern<br />
können. Auch derzeit setzt sich<br />
diese Entwicklung fort. Einige Versicherer<br />
preschen vor, andere ziehen nach<br />
– wie zuletzt auch die Volkswohl Bund<br />
Lebensversicherung, die ihre Berufsgruppen<br />
noch stärker ausdifferenziert<br />
hat.<br />
Für körperlich Tätige ist<br />
diese Entwicklung tragisch<br />
Ein 30-jähriger Bürokaufmann zahlt für<br />
eine versicherte BU-Rente in Höhe von<br />
1.500 € bis zum 65. Lebensjahr bei guten<br />
Versicherungsbedingungen zwischen 47<br />
€ und 65 € monatlich. Ein 30-jähriger<br />
Baumaschinenführer muss dagegen für<br />
den gleichen Versicherungsschutz inzwischen<br />
mindestens 153 € monatlich bezahlen<br />
(Quelle: http://www.berufsunfaehigkeitsversicherung-sofort-vergleich.<br />
de). Ist das gerecht? Unsere Gesellschaft<br />
braucht die Baumaschinenführer und<br />
Berufskraftfahrer genauso wie die Ärzte<br />
oder Bürokaufleute – und alle benötigen<br />
einen bezahlbaren BU-Schutz. Deshalb<br />
empfinde ich die Berufsgruppendifferenzierung<br />
bei einer solch wichtigen Versicherung<br />
sozial ungerecht!<br />
Aber es gibt inzwischen einzelne verantwortungsbewusste<br />
Führungskräfte<br />
aus der Versicherungsbranche, die mit<br />
der Entwicklung der Berufsgruppen<br />
unglücklich sind. Das Problem hierbei<br />
beschrieb Jürgen Hansemann, Vorstand<br />
der Nürnberger Beamten Lebensversicherung<br />
AG, bereits im vergangenen<br />
Jahr gegenüber Cash Online:<br />
„Als einzelner Wettbewerber kann man<br />
solch einen Trend nicht umkehren.<br />
Wenn ein einzelnes Unternehmen jetzt<br />
die Berufsgruppen reduziert, wäre es bei<br />
den Berufen mit niedrigerem BU-Risiko<br />
deutlich zu teuer im Vergleich<br />
zum Wettbewerb und man würde hier<br />
Marktanteile verlieren. Damit wird man<br />
zusätzlich aus dieser im Durchschnitt<br />
sehr finanzkräftigen Zielgruppe für weitere<br />
Versicherungsabschlüsse herausgedrängt.“<br />
Die BU-Versicherer<br />
benötigen Hilfe!<br />
Doch wenn ein einzelner Versicherer<br />
diesen verhängnisvollen Trend nicht<br />
umkehren kann, wer kann es? Wer hilft<br />
den BU-Versicherern aus diesem Irrweg<br />
heraus?<br />
Die Versicherer selbst versuchen mit so<br />
genannten Alternativprodukten auch<br />
den körperlich Tätigen bezahlbaren<br />
Versicherungsschutz anzubieten. Eine<br />
Erwerbsunfähigkeitsversicherung beispielsweise<br />
ist zwar deutlich preiswerter,<br />
bietet aber bekanntermaßen auch nur<br />
sehr eingeschränkten Versicherungsschutz.<br />
Und wovon soll beispielsweise<br />
der Baumaschinenführer die monatlichen<br />
Beiträge in Höhe von ca. 70 € für<br />
die EU-Versicherung weiterbezahlen,<br />
wenn er „nur“ berufsunfähig geworden<br />
ist und aufgrund seines angeschlagenen<br />
Gesundheitszustands keine oder nur eine<br />
deutlich schlechter bezahlte Tätigkeit<br />
findet? Ohne eine Beitragsbefreiung bei<br />
Berufsunfähigkeit können Erwerbsunfähigkeits-,<br />
Multi-Risk- oder Dread-Disease-Versicherungen<br />
keine wirklichen<br />
Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
sein – allenfalls minderwertige<br />
Notlösungen.<br />
Vom Gesamtverband der Versicherungswirtschaft<br />
(GDV) gab es bisher<br />
auch keine Anzeichen, Maßnahmen zur<br />
Abschaffung oder zumindest zur Reduzierung<br />
der Berufsgruppen zu ergreifen.<br />
Lediglich von der Verbraucherzentrale<br />
NRW und vom Bund der Versicherten<br />
gibt es ein gemeinsames Positionspapier,<br />
das sich an Politik und Versicherungswirtschaft<br />
wendet und Zugangserleichterungen<br />
zur privaten Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
fordert. Aber will die<br />
Versicherungswirtschaft wirklich abwarten,<br />
bis die Politik eingreift und erforderliche<br />
Maßnahmen per Gesetz einfordert?<br />
Immerhin hatte die Politik bei Einführung<br />
der Erwerbsminderungsrente mehr<br />
Eigenvorsorge gefordert. Doch der beste<br />
Wille zur Eigenvorsorge erlischt, wenn<br />
die Versicherungswirtschaft keinen fairen<br />
und bezahlbaren BU-Schutz für alle<br />
anbietet.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Gerd Kemnitz<br />
Seite 9<br />
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Die DNA<br />
der Arbeitskraftsicherung<br />
ist entschlüsselt<br />
BU und Alternativen<br />
auf wissenschaftlichem Fundament sicher beraten<br />
Menschen, die nicht ganz gesund ist, bekommen von Versicherern oft keinen Schutz gegen Berufsunfähigkeit.<br />
Oder diese Policen wurden unbezahlbar, etwa für Handwerker. Auf der Suche nach einem alternativen<br />
Schutz der Arbeitskraft der Kunden lockt die Assekuranz die Versicherungsmakler auf immer<br />
neue Produktfelder. Oder auf das Minenfeld der Beraterhaftung? Klarheit liefert ein neues Werkzeug.<br />
Fünf Umstände bezeichnen etwa die<br />
Hindernisse, die Versicherungsmakler<br />
für ihre Kunden auf dem Weg zur<br />
gesicherten Arbeitskraft, wenn Krankheit<br />
bleibt, überwinden müssen. Vor<br />
allem, wenn es um die Berufsunfähigkeits-Versicherung<br />
(BU) geht: Zu spät,<br />
zu alt, zu krank, zu riskant, zu teuer.<br />
Und für BU-Alternativen kann man<br />
hinzufügen: Nicht geheuer. Bei neueren<br />
Multi-Risk-Produkten oder Tarifen, die<br />
verlorene Grundfähigkeiten des Versicherten<br />
durch Geld ersetzen, eröffnen<br />
sich Fragen. Zunächst für den Vermittler,<br />
der versucht, Hindernisse beim<br />
besorgen des Schutzes der Arbeitskraft<br />
für seinen Kunden zu umgehen; und<br />
spätestens für den Leistungsfall - beim<br />
Kunden selbst.<br />
Was passiert eigentlich, etwa wenn der<br />
Kunde zwar krank wird und es auch<br />
bleibt? Wenn er als Versicherter aber<br />
wegen der „falschen“ Krankheit aus<br />
seiner nicht passenden, letztlich also<br />
falschen Police, am Ende keinen Cent<br />
sieht? Vor die Antwort stellen wir zwei<br />
gegensätzliche, sozusagen leistungsmäßig<br />
unpassende Szenarien. Nämlich wie<br />
aus einem Versicherten bei zwei Krankheiten<br />
zweimal ein Nicht-Versicherter<br />
wird. Weil nicht der Fall eintritt, den der<br />
Kunde vom Makler versichert bekommen<br />
hat. Nein; letzteres muss nicht<br />
zwingend zu Lasten des Maklers gehen,<br />
wie im Folgenden noch erläutert wird.<br />
Zunächst wenden wir uns dem Versicherungsschutz<br />
zu.<br />
BU-Schutz<br />
+ Unfallereignis<br />
= null<br />
Szenario eins: Ein kaufmännisch Angestellter<br />
verliert bei einem schweren<br />
Unfall ein Bein. Eine Unfallpolice hat<br />
er nicht in seinem Leitzordner zwischen<br />
den ganzen Finanzverträgen liegen,<br />
wohl aber eine BU-Police. Da unser<br />
Kunde, hoffentlich nicht Ihrer, aber kein<br />
Handwerker ist, kann er mit Krücken,<br />
später mit Prothesen wieder laufen. Vor<br />
allem aber weiterarbeiten, und Geld verdienen.<br />
Die BU zahlt im ungünstigen<br />
Fall nicht, oder nur kurz, also nur wenig.<br />
Womöglich weil der Verletzte schneller<br />
genest als der längere Prognosezeitraum<br />
es absehen lässt. Vor allem bei alten<br />
BU-Verträgen kann dieses Szenario eintreten.<br />
Zum Trost? Trotz Schmerzen, Bewegungseinschränkungen<br />
und Mehrkosten,<br />
etwa für eine bessere Prothese als die<br />
Kasse sie bezahlt, ist der Unfallversehrte<br />
nicht existenziell getroffen, weil er weiter<br />
Einkommen bezieht. Und zum Entsetzen<br />
dieses nicht unfallversicherten Kunden:<br />
Den Verlust eines Fußes hätte eine<br />
Unfallversicherung nach gängiger Gliedertaxe<br />
mit einem Invaliditätsgrad von<br />
50 Prozent bewertet. Bei 100.000 Euro<br />
Grundsumme und 350 Prozent Progression,<br />
je nach Progressionsregeln, hätte<br />
der Kunde rund 100.000 Euro bekommen<br />
können. Aber dieses Szenario muss<br />
nicht zwingend zu Lasten des Maklers<br />
und seiner Beratungshaftung gehen. Vor<br />
allem nicht, wenn der Kunde wie so oft<br />
finanziell nicht auf Rosen gebettet ist.<br />
Depression<br />
+ Grundfähigkeitsschutz<br />
= null<br />
Im zweiten Beispiel wird angenommen,<br />
ein versicherter Maklerkunde<br />
ginge wegen permanenter Depressionen<br />
berufsmäßig und finanziell „auf die Bretter“,<br />
wie es im Boxsport heißt. Hätte der<br />
Kranke nun lediglich Grundfähigkeiten<br />
versichert, eine nicht mehr ganz neue,<br />
aber für einige Makler doch neuartige<br />
Alternative zur BU-Police, ginge er leer<br />
aus. Und wäre fortan auf die gesetzliche<br />
Seite 10 02/<strong>2015</strong>
Sparten<br />
Rente wegen Erwerbsminderung oder<br />
gar Grundsicherung angewiesen. Damit<br />
wäre der Betroffene wirtschaftlich K.O.<br />
und auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente<br />
oder gar Grundsicherung<br />
angewiesen.<br />
Aber wer hat denn nun mit welchem<br />
Beruf ein wie großes Risiko, seine<br />
Arbeitskraft zu verlieren? Das Hannoveraner<br />
Analysehaus Franke und Bornberg,<br />
seit mehr als 20 Jahren unter anderem<br />
für seine BU-Ratings bekannt, hat nach<br />
eigenen Angaben über viele Jahre tief in<br />
die Statistiken von BU & Co geschaut.<br />
Dabei wurde zum einen geprüft, welche<br />
Ereignisse (Psyche, Skelett, Krebs, Herz/<br />
Kreislauf und Unfall) eine Leistung des<br />
Versicherers bewirken (Leistungsauslöser).<br />
Zum anderen wurden diese „Schaden“-Ereignisse<br />
mit der Anzahl der Leistungsfälle<br />
verknüpft und anschließend<br />
analysiert, wie diese Leistungsfälle durch<br />
die Bedingungen jedes einzelnen Produkts<br />
gedeckt sind. Da die Leistungsauslöser<br />
in ihrer Wahrscheinlichkeit abhängig<br />
vom Tätigkeitsprofil der Versicherten<br />
sind, wurden darüber hinaus 18 Zielgruppenprofile<br />
entwickelt. Daraus ergibt<br />
sich etwa folgendes Bild als wegweisende<br />
Erkenntnis, gar ein wissenschaftliches<br />
Fundament.<br />
Unterschiedliche Leistungsauslöser<br />
bei Büroarbeitern<br />
und körperlich Tätigen<br />
Bei BU und Erwerbsunfähigkeits-Policen<br />
(EU) dominieren psychische und<br />
orthopädische Erkrankungen das Leistungsbild.<br />
Das gilt für kaufmännisch<br />
Tätige. Bei körperlich tätigen Personen<br />
spielt die Psyche prozentual hingegen<br />
eine wesentlich geringere Rolle, dafür<br />
dominieren dort orthopädische Krankheitsbilder.<br />
Dieses stark vereinfachte<br />
Beispiel zeigt etwa, dass Versicherungsschutz<br />
für psychische Beeinträchtigungen<br />
bei Büromenschen den Wahrscheinlichkeiten<br />
nach am wichtigsten ist. Bei<br />
körperlich Arbeitenden kommt es demnach<br />
vor allem oder zuerst auf einen<br />
Schutz an, der greift, wenn der Bewegungsapparat<br />
geschädigt ist.<br />
Psychische Krankheiten und ihre finanziellen<br />
Folgen decken BU- und EU-Policen<br />
am besten ab (auch wenn Multi-Risk-Tarife<br />
gewisse Leistungen, etwa<br />
bei Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit,<br />
bieten. Vergleichbar ist das nicht<br />
direkt). Andererseits decken Multi-Riskund<br />
Grundfähigkeiten-Versicherungen<br />
orthopädische Krankheiten und Folgen<br />
auch schon relativ gut ab. Und: Wenn<br />
man jetzt noch die relativ hohen Prämien<br />
für BU-Verträge ins Verhältnis zu<br />
dem weitaus geringeren Beitragsaufwand<br />
für Multi-Risk-Policen setzt, dann<br />
haben vor allem Körperarbeiter einen<br />
relativ guten Schutz ihrer Arbeitskraft.<br />
Zu einem geringen Preis.<br />
Aus Schadenwahrscheinlichkeit,<br />
Leistung und<br />
Formulierung der Versicherungsbedingungen<br />
entstand<br />
ein Index<br />
Jeder Euro, der nun einem körperlich<br />
aktiven Handwerker vom Versicherer<br />
für dessen Multi-Risk-Police abgebucht<br />
wird, erzeugt sozusagen eine relativ<br />
hohe Wirkung auf seinen Versicherungsschutz,<br />
einen hohen Wirkungsgrad.<br />
Nahezu jedes Versicherungsprodukt zur<br />
Arbeitskraftsicherung (AKS) bekommt<br />
nach dem eben grob dargelegten Prinzip<br />
von Franke und Bornberg 18 zielgruppenspezifische<br />
Indizes. Den AKS-Index,<br />
der von dem Analysehaus für jeden Tarif<br />
mit einem Wert von 0 bis 100 Prozent<br />
angegeben wird.<br />
„Produkte zur Arbeitskraftsicherung<br />
haben unterschiedliche Stärken und<br />
Schwächen. Der AKS-Index gibt an, wie<br />
gut ein konkretes Produkt das Risiko des<br />
Arbeitskraftverlustes abdeckt. Da die<br />
Kundensituation unterschiedlich sein<br />
kann, gibt es für 18 Zielgruppenprofile<br />
jeweils passende AKS-Indizes. Kein Produkt<br />
deckt 100 Prozent aller denkbaren<br />
Fälle einer Zielgruppe ab, aber die BU<br />
liegt mit Werten von bis zu über 85 Prozent<br />
schon nahe am Optimalwert.“ So<br />
erklärt Michael Franke, Geschäftsführer<br />
von Franke und Bornberg, den von seinem<br />
Haus entwickelten AKS-Index.<br />
Wissenschaftlich fundiert<br />
Für den Makler und seinen Kunden ist<br />
der AKS-Index sozusagen ein Indikator<br />
für das Verhältnis von Risiko des Kunden<br />
und der Güte des Produktes. Anders<br />
gesagt: Folgt der Makler dem Index,<br />
braucht er sich nur merken, je höher<br />
desto besser für den Kunden. Diesen<br />
Wert kann er jetzt ins Verhältnis zum<br />
Preis des Produkts setzen. Zusammengefasst<br />
und die mit Analytik ermittelte<br />
Logik betrachtet, erscheint es angemessen,<br />
dass Michael Franke den AKS-Index<br />
als wissenschaftlich fundiert bezeichnet.<br />
Die vorgestellte Methode legt diesen<br />
Schluss nahe.<br />
Auch fand der <strong>Versicherungsbote</strong> bei seinen<br />
Recherchen, ob noch jemand anderes<br />
außer Franke und Bornberg die DNA<br />
der Arbeitskraftsicherung buchstäblich<br />
regelrecht entschlüsselt hat, nichts annähernd<br />
Vergleichbares. Der Schutz der<br />
Arbeitskraft muss nicht mehr „zu teuer“<br />
sein, erinnert man sich an BU-Versicherungskunden,<br />
die es wegen der hohen<br />
Beiträge am Ende nicht wurden. Ferner<br />
ist der Versicherungsmakler, des wissenschaftlichen<br />
Fundaments wegen, künftig<br />
wohl auf der denkbar sichersten Seite,<br />
wenn er zum Beispiel einem Handwerker<br />
aus Kostengründen künftig statt<br />
der teuren bis unbezahlbaren BU einen<br />
günstigeren Alternativschutz für dessen<br />
Arbeitskraft anbietet.<br />
Schnelltest bestanden<br />
Wer auf Nummer Sicher gehen will,<br />
stellt einfach das Angebot einer BU<br />
daneben – selbst wenn diese unerreichbar<br />
ist. Franke Bornberg analysiert<br />
Produkte zur Arbeitskraftsicherung<br />
in seinem AKS-Tool für Makler. Seit<br />
Sommer dieses Jahres ist der neuentwickelten<br />
AKS-Index dort enthalten. Der<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> hat den Praxistest<br />
gemacht. Nach Eingabe weniger Kundendaten<br />
listet das Tool nahezu alle<br />
Angebote des Versicherungsmarktes<br />
auf. Hätte der Kunde im Beispiel ein<br />
AKS-Budget von 100 Euro pro Monat,<br />
sortiert der Makler die Ergebnisliste<br />
nach Beitrag und vergleicht dann die<br />
Angebote mit dem höchsten AKS-Index.<br />
Das Ganze dauerte im Test kaum<br />
mehr als eine Minute bis zum Ergebnis.<br />
Der Rest ist der Klick zum Abschluss.<br />
Beeindruckend. Die DNA der Arbeitskraftsicherung<br />
scheint entschlüsselt. Ein<br />
Wettbewerbsvorsprung für Makler.<br />
Markus Rieksmeier<br />
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Seite 11
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Bevölkerung besitzt nicht mal eine<br />
eigene Police und verlässt sich stattdessen<br />
auf den Staat. Doch der gesetzliche<br />
Versicherungsschutz besteht nur bei der<br />
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(z.B. Krebserkrankungen, Schlaganfall,<br />
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Einige Vermittler<br />
äußerten auch den Wunsch nach einem<br />
höheren Eintrittsalter und einem lebenslangen<br />
Versicherungsschutz. Verlängerte<br />
Meldefristen zur Schadenanzeige stehen<br />
ebenso weit oben wie die Transparenz<br />
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Weg von Lebensversicherungen -<br />
hin zur Fondsanlage?<br />
Im aktuellen Niedrigszinsumfeld sind kapitalbildende Lebensversicherungen zunehmend umstritten.<br />
Während Befürworter argumentieren, dass es sich um eine relativ sichere Anlageform handelt und die<br />
Gesamtverzinsung einen Abschluss rechtfertigt, warnen selbst Boulevardzeitungen vor einer „Geldvernichtung“.<br />
In einem Gastkommentar für <strong>Versicherungsbote</strong> empfiehlt Diplom-Kaufmann Florian Müller<br />
sowohl Kunden wie Vermittlern, sich alternativ mit dem Investment in Fondsanlagen zu beschäftigen.<br />
Florian Müller<br />
wurde 1984 geboren und<br />
schloss sein Studium der<br />
Betriebswirtschaft 2012 mit<br />
dem Diplom ab. Während<br />
seines Studiums bei Prof.<br />
Dr. Max Otte am Institut für<br />
Vermögensentwicklung Köln<br />
setzte er sich intensiv mit<br />
dem „Value Investing“ auseinander.<br />
Müller durfte einen<br />
Aktienfonds den PI Global<br />
Value Fond (WKN: A0NE9G) mit<br />
einem Fondsvolumen von über<br />
100 Mio. € mitmanagen und<br />
bewertete hierbei Aktien. Auch<br />
am Buch „Endlich mit Aktien<br />
Geld verdienen“ von Max Otte<br />
wirkte er mit. Derzeit arbeitet<br />
Müller bei einer unabhängigen<br />
Vermögensverwaltung in<br />
Frankfurt am Main und betreut<br />
dort wohlhabende Kunden.<br />
Nebenbei betreibt er seinen<br />
eigenen Blog<br />
www.boerseneinmaleins.de<br />
Die dauerhafte Niedrigzinspolitik der<br />
europäischen Zentralbank und der FED<br />
(amerikanische Zentralbank) wirkt sich<br />
mehr und mehr negativ auf das Geschäft<br />
der Lebensversicherer aus. Die<br />
klassischen Produkte wie Lebensversicherungen<br />
sind auf Dauer nicht mehr<br />
vermittelbar. Die Finanzindustrie ist im<br />
Wandel und die Langlebigkeit von Produkten<br />
und deren Zyklus sinkt rapide.<br />
Die Inflexibilität, die Starrheit und die<br />
Intransparenz macht es den Vermittlern<br />
immer schwerer, Lebensversicherungen<br />
an den Mann oder die Frau zu bekommen.<br />
Durch die schnelle Vermittlung<br />
von Informationen, etwa in sozialen<br />
Netzwerken, können Interessenten und<br />
Kunden schneller Vor- und Nachteile<br />
abwägen, was die Arbeit des Vertriebs<br />
zudem erschwert. Gute Argumente für<br />
diese Anlageform sind immer schwerer<br />
zu gewinnen. Es ist ein Umdenken in der<br />
Vertriebsbranche vonnöten.<br />
Hierzu ein kurzer historischer Nachtrag<br />
zur Renditeentwicklung aus der Lebensversicherungen<br />
(siehe Grafik).<br />
Konnte man in den 90er Jahren und um<br />
die Jahrtausendwende herum noch auf<br />
üppige Renditen aus der Anlage einer Lebensversicherungen<br />
hoffen, erschwert es<br />
das derzeitige Niedrigzinsumfeld immer<br />
mehr, Renditen zu erzielen. Ein weiterer<br />
Nachteil ist, das Verträge, die nach 2004<br />
geschlossen werden, automatisch noch<br />
der Kapitalertragssteuer, dem Soli und<br />
der Kirchensteuer unterliegen. Die erste<br />
Bestandsaufnahme fällt schlichtweg negativ<br />
gegenüber diesem Produkt aus. Ein<br />
Umdenken in der Versicherungsbranche<br />
und Innovationen in diesem Bereich<br />
sind m.E. unbedingt notwendig, um den<br />
Anschluss nicht zu verpassen. Ein Weg,<br />
die Zukunft der Versicherer weiterhin<br />
positiv zu gestalten, ist beispielsweise die<br />
Erweiterung ihrer Produktpalette in renditestärkere<br />
Produkte.<br />
Was sind<br />
lukrativere Produkte?<br />
Eine Lösung wäre die Aufnahme von<br />
Prestigeträchtigen Fonds oder ETFs<br />
(Aktien- oder Mischfonds) mit einem<br />
ordentlichen Track Record (sprich einer<br />
positiven Entwicklung in der Vergangenheit)<br />
und einem großen Fondsvolumen.<br />
Diese agieren zwar am Kapitalmarkt und<br />
sind daher risikobehafteter und schwerer<br />
vermittelbar an den sicherheitsorientierten<br />
deutschen Anleger. Trotzdem<br />
sprechen einige Argumente dafür, diese<br />
zu vertreiben. Als Zusatzprodukt könnte<br />
man Fonds zusätzlich als Renditehebel<br />
einsetzen, da Sie einfach über sämtliche<br />
Onlinebanken monatlich ab 25€ besparbar<br />
sind. Als Beimischung in eine<br />
gute Vorsorge gehören Fonds immer in<br />
ein ausgewogenes Portfolio. ETFs sind<br />
dahingehend noch einfacher gestrickt<br />
und bilden lediglich einen Index wie<br />
beispielsweise den DAX ab. Sie werden<br />
nicht aktiv gemanagt, sondern sind ein<br />
passives Investment. Die Renditeentwicklung<br />
von Fonds hängt natürlich<br />
stark von der Aktienmarktentwicklung<br />
ab. Jedoch erzielen Aktieninvestments<br />
in solide und große Unternehmen dauerhaft<br />
eine Renditeerzielung von 5%<br />
und mehr. Dies ist über einen längeren<br />
Zeitraum von zwanzig bis dreißig Jahren<br />
durchaus erzielbar gewesen und sozusagen<br />
nur eine Bestandsaufnahme aber<br />
Tatsache.<br />
Seite 14 02/<strong>2015</strong>
Markt<br />
Mit ein paar positiven<br />
Argumenten das<br />
Risiko als Chance sehen?<br />
Die Sensibilisierung gegenüber Aktien<br />
ist speziell bei den Deutschen sehr<br />
schwierig und es benötigt ein gewisses<br />
Geschick, die Vorteile aufzuzeigen. Im<br />
Folgenden zeige ich Ihnen 3 Punkte, wie<br />
Vermittler auf negative Einwände von<br />
Kunden reagieren können:<br />
1. Renditen aus Aktien sind nach<br />
einem Anlagehorizont von mindestens<br />
15 Jahren immer positiv<br />
gewesen. Dies ist statistisch durch<br />
das Deutsche Aktieninstitut (DAI)<br />
in seinem jährlich veröffentlichten<br />
Renditedreieck nachweisbar.<br />
2. Die Volatilität, sprich die natürlichen<br />
Schwankungen an der Börse,<br />
kommen dauerhaft dem Privatanleger<br />
zugute. Der sogenannte „Cost<br />
Average Effekt“ wirkt sich bei monatlichen<br />
Sparbeträgen positiv auf<br />
die langfristige Kapitalentwicklung<br />
aus. Außerdem werden Schwankungen<br />
an den Börsen oft negativ<br />
aufgefasst weil Sie tendenziell von<br />
medialer Seite mehr Beachtung finden.<br />
Schwankungen nach oben sind<br />
aber öfters der Fall und führen auch<br />
dauerhaft zu hohen Renditen bei<br />
Aktieninvestments.<br />
3. Meist werden Aktieninvestments im<br />
engeren Sinne als Fonds mit mehr<br />
Risiko gesehen. Das Risiko wird nie<br />
als Chance gesehen. Die Auswahl<br />
des richtigen Fonds ist natürlich<br />
entscheidend für den langfristigen<br />
Erfolg. Ein gezielte Auswahl und<br />
Diversifikation auf globaler Basis<br />
macht das Depot oder den Fonds<br />
nicht so anfällig für Krisenherde.<br />
Man beteiligt sich ja langfristig an<br />
Unternehmen, die dauerhafte Wettbewerbsvorteile<br />
generieren, was<br />
Ihnen als Fondsanleger letztendlich<br />
zu Gute kommt.<br />
Fonds allgemein<br />
Eine stärkere Fokussierung auf renditestärkere<br />
Produkte wie beispielsweise<br />
Fonds ist zukünftig unabdingbar. Prädikatsmerkmale<br />
bei Fonds sind beispielsweise<br />
ein hohes Fondsvolumen oder<br />
ein guter Track Record (gute Renditen<br />
in der Vergangenheit erzielt). Jedoch<br />
ist dies kein Indiz oder Versprechen auf<br />
eine positiv verlaufende Entwicklung in<br />
der Zukunft. Ein bestimmtes Anlagerisiko<br />
ist immer vorhanden - Dies sollten<br />
seriöse Berater und Vermittler ihren<br />
Kunden nicht verschweigen.<br />
Bei einer Auswahl von mehreren Tausend<br />
Fonds, die in Deutschland gehandelt<br />
werden, ist für jeden etwas dabei.<br />
Egal ob ein spezieller Fonds in einer<br />
Branche, in ein spezielles Land oder ein<br />
gemischter Fonds, der weltweit anlegt:<br />
Die Fülle der Produkte ist unersättlich.<br />
Mehrere Fonds in verschiedene Branchen,<br />
unterschiedliche Länder und in<br />
kleine, sogenannte Mid Caps und große<br />
Unternehmen wäre ein Beispiel für ein<br />
ausgewogenes Portfolio. Das Klumpenrisiko<br />
ist nicht gegeben und die Palette<br />
ist vollkommen abgedeckt. Die meisten<br />
Banken bieten etliche Fonds schon ab<br />
monatlichen Sparbeträgen an, wie auch<br />
bei einer Lebensversicherung üblich.<br />
Dies ist schnell eingerichtet und erfordert<br />
keine großen Kenntnisse.<br />
Fazit<br />
Ein ausgewogener Mix aus mehreren<br />
Fonds mit unterschiedlichen Zusammensetzungen<br />
der oben erwähnten Parameter<br />
ist wohl die beste Voraussetzung<br />
und könnte eine Alternative zu der in die<br />
Jahre gekommenen Lebensversicherung<br />
darstellen. Dabei ist die Kostenquote im<br />
Verhältnis zu den intransparenten LVs<br />
überschaubar und mit der erwarteten<br />
zukünftigen Rendite vertretbar.<br />
Fonds sind meines Erachtens für die Altersvorsorge<br />
ausnahmslos empfehlbar.<br />
Natürlich muss der Selektionsprozess,<br />
welche Fonds ins Depot kommen, sehr<br />
minutiös erfolgen. Eine gezielte Auswahl<br />
ist dabei an Vorarbeit zu leisten. Steht jedoch<br />
das Gerüst, kann man dies voller<br />
Emotionen seinen Kunden und Interessenten<br />
mit dem oben angegeben und<br />
erwähnten Standpunkten vertreiben.<br />
Ausgenommen bleibt wohl nur die Risiko-LV,<br />
die ja nicht den Rendite Aspekt<br />
als Vordergrund hat.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Florian Müller<br />
Seite 15
EWR-Krankenversicherung:<br />
Eine Situationsaufnahme<br />
Bundesbürger haben das Recht, sich bei einem EU-Krankenversicherer mit Sitz im Ausland pflichtversichern<br />
zu lassen. Doch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) fielen diese<br />
sogenannten EWR-Dienstleister in Ungnade: Die BaFin warnte im Juli vor dem Abschluss, u.a. aufgrund<br />
von Leistungslücken. In einem Gastkommentar erklärt Thorulf Müller, warum man ausländische Krankenversicherer<br />
dennoch nicht vom deutschen Versicherungsmarkt ausschließen sollte und für welche<br />
Kunden sie eine Lösung bieten würden. Eine Bestandsaufnahme.<br />
In Deutschland besteht die Pflicht, sich<br />
krankenversichern zu lassen. Diese kann<br />
durch die GKV, die PKV oder durch<br />
eine anerkannte anderweitige Absicherung<br />
erfüllt werden. Vor einigen Jahren<br />
kamen als Alternative zur deutschen<br />
PKV, so wie wir sie kennen (mit Alterungsrückstellungen,<br />
mit Basis-, Notlagen-<br />
und Standardtarif), die sogenannten<br />
EWR-Krankenversicherer auf den<br />
deutschen Markt. Der Hintergrund:<br />
Wenn ein Versicherungsunternehmen<br />
seinen Sitz in einem Mitgliedsstaat der<br />
Europäischen Union oder innerhalb des<br />
Europäischen Wirtschaftsraums hat, darf<br />
es deutschen Bürgern vom Ausland aus<br />
eine private Krankenvollversicherung<br />
anbieten.<br />
Die Ausgangslage: PKV-Verband<br />
und BaFin warnen vor<br />
ausländischen Versicherern<br />
Zuerst hat die deutsche Finanzaufsicht<br />
BaFin die EWR-Dienstleister akzeptiert<br />
und sah die Pflicht zur Krankenversicherung<br />
nach § 193 Abs. 3 VVG als erfüllt<br />
an. Die PKV-Versicherer wurden angewiesen,<br />
die Kunden aus den Verträgen<br />
zu entlassen, wenn sie zu einem ausländischen<br />
Anbieter wechseln wollen.<br />
Die gesetzlichen Krankenkassen haben<br />
ebenfalls die Folgeversicherungsnachweise<br />
der EWR-Krankenversicherer anerkannt.<br />
Thorulf Müller<br />
ist Versicherungskaufmann mit Schwerpunkt Krankenversicherung.<br />
Nach vielen Jahren im Vertrieb in verschiedensten Funktionen und<br />
Bereichen ist er seit Ende 2004 als Berater, Produktmanager, Referent<br />
und Trainer tätig.<br />
Zwischenzeitlich finden sich unsere<br />
Argumentationen aus der Vergangenheit,<br />
wonach diese Verträge mit dem<br />
Versicherungsvertragsgesetz vereinbar<br />
sind (nach § 46c EGBGB und Artikel 7<br />
Seite 16 02/<strong>2015</strong>
Markt<br />
ROM-I-Verträge), auch in den Ausarbeitungen<br />
der BaFin. Mit einer Veröffentlichung<br />
vom 15.07.<strong>2015</strong> im Journal der<br />
Finanzaufsicht hat sich dieser Trend aber<br />
vollständig umgekehrt.<br />
Aktuell akzeptieren die deutschen<br />
PKV-Anbieter die EWR-Krankenversicherungen<br />
nicht mehr, und auch die<br />
BaFin warnt vor derartigen Tarifen. Die<br />
deutsche Finanzaufsicht hat scheinbar<br />
die PKV-Versicherer mit der Aufgabe<br />
der Prüfung, ob die EWR Krankenversicherer<br />
die Pflicht zur Versicherung erfüllen,<br />
beliehen.<br />
Das ist relevant für den Anschluss der<br />
Pflegepflichtversicherung nach § 110<br />
SGB XI in Verbindung mit § 23 Abs. 2<br />
SGB XI.<br />
Das ist auch relevant für die Anerkennung<br />
der Folgeversicherungsnachweis<br />
bei Wechsel oder als Vorversicherung im<br />
Zusammenhang mit etwaigen Prämienzahlungen<br />
nach § 193 Abs. 6 VVG. Was<br />
aber sind die Gründe für diese Kehrtwende?<br />
Und hat die Ablehnung der<br />
EWR-Dienstleister ihre Berechtigung?<br />
Dies soll im Folgenden erörtert werden.<br />
Kritikpunkt 1: Gerichtsstand<br />
Die BaFin führt zum Beispiel an, dass die<br />
EWR-Krankenversicherer in den Bedingungen<br />
einen englischen Gerichtsstand<br />
vorsehen. Das ist natürlich irrelevant,<br />
denn der Gerichtsstand eines Verbrauchers,<br />
der die Dienstleistungsfreiheit<br />
nutzt, ist in EU-Verordnungen geregelt:<br />
Der Verbraucher hat die Wahl (Wohnsitz<br />
oder Sitz des Vertragspartners) und kann<br />
selbst nur am eigenen Wohnsitz verklagt<br />
werden.<br />
Die BaFin aber sieht die Frage des Gerichtsstands<br />
nicht als gelöst an und<br />
warnt vor einem „rechtlichen Konflikt“.<br />
Ihr seien „Fälle bekannt, in denen<br />
die Vertragsregelungen englischer<br />
EWR-Dienstleister vorsehen, dass englisches<br />
Recht angewandt wird“, schreibt<br />
Referent Kaj Hanefeld in seinem Aufsatz<br />
im BaFin-Journal 07/<strong>2015</strong>. „Sie weichen<br />
damit von den deutschen Vorgaben ab<br />
und können bei Streitigkeiten zwischen<br />
EWR-Dienstleister und Versicherten<br />
zu zusätzlichen Problemen führen, da<br />
für jede Vertragsklausel geklärt werden<br />
muss, ob sie dem anzuwendenden deutschen<br />
Recht genügt.“ Dies könne für die<br />
Versicherten zu Problemen führen. Wieso<br />
die BaFin diese einfache Frage überhaupt<br />
in den Raum stellt, ist nur mit dem<br />
Wort „Verunsicherung“ zu beantworten.<br />
Kritikpunkt 2: Selbstbehalt<br />
und Deckelung der Versicherungsleistung<br />
Die BaFin und die PKV-Versicherer<br />
kritisieren darüber hinaus die Deckelung<br />
der Versicherungsleistung pro Kalenderjahr<br />
auf 2 oder 3 Millionen Euro.<br />
Dies sei ein wichtiger Grund, warum es<br />
zweifelhaft sei, „ob sie den gesetzlichen<br />
Anforderungen an die Versicherungspflicht<br />
genügen“, heißt es hierzu im Ba-<br />
Fin-Journal.<br />
Die Wirkung des § 193 Abs. 3 VVG bestätigt<br />
aber, dass der Selbstbehalt maximal<br />
5.000 Euro p.a. betragen darf, dies<br />
kann man im Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz<br />
4. Auflage 2014<br />
Rn 16-38 nachlesen. Und das gilt folglich<br />
auch für ausländische Krankenversicherer.<br />
Die 5.000 Euro sind das Maximum, was<br />
einem Versicherungsnehmer als Selbstbehalt<br />
verbleibt. So verrückt sich das<br />
anhört, aber alle Regelungen des Vertrages<br />
mit einem EWR-Krankenversicherer<br />
werden durch § 46 c EGBGB in Verbindung<br />
mit Artikel 7 ROM-I-Vertrag ausgehebelt.<br />
Es gelten §§ 192 bis 208 des<br />
Versicherungsvertragsgesetzes.<br />
Vermittler mit falschen<br />
Zielen<br />
Kann ein EWR-Dienstleister aber<br />
vorbehaltlos jedem Kunden empfohlen<br />
werden? Nein. Es ist im Fall der<br />
EWR-Dienstleister so, dass der eine oder<br />
andere Vermittler in die Kritik zu nehmen<br />
ist, der versucht hat, mit diesem Geschäftsmodell<br />
einfach nur Geld zu verdienen<br />
und PKV- oder GKV-Versicherte<br />
in die EWR-Krankenversicherung umgedeckt<br />
hat. Das ist kritisch zu beurteilen,<br />
wenn es als Geschäftsmodell betrieben<br />
und dann noch aggressiv beworben<br />
wird, denn den Versicherungsnehmern<br />
können dadurch Nachteile entstehen.<br />
Wenn man Menschen aus der deutschen<br />
PKV in eine EWR-Krankenversicherung<br />
wechselt, dann verlieren sie alle ihre er-<br />
Seite 17
worbenen Rechte. Von der neuen Gesundheitsprüfung<br />
mit den Risiken des<br />
§§ 19 ff VVG und §§ 123 ff BGB ganz zu<br />
schweigen. Der Wechsel des Risikoträgers<br />
ist regelmäßig nicht zu empfehlen!<br />
Dennoch kann auch der Vertrag bei einem<br />
EWR-Dienstleister für bestimmte<br />
Kunden infrage kommen, wie im Folgenden<br />
zu zeigen sein wird.<br />
Wann ist die EWR-Krankenversicherung<br />
eine Lösung?<br />
Wann aber bietet sich der Abschluss eines<br />
EWR-Tarifes an? Die EWR-Krankenversicherer<br />
sind Lösungen für bestimmte<br />
Fälle und sollten auch nur hier<br />
angewendet werden:<br />
• Rücktritt/Anfechtung<br />
• Nicht-Versicherung und Zuordnung<br />
PKV<br />
• berufliche oder private weltweite<br />
Aufenthalte<br />
• Zusatz bei GKV in anderen Ländern<br />
• Impatriats ohne Zugangsrecht zur<br />
GKV<br />
Hier gilt es zu bedenken: Menschen,<br />
die aktuell keine Krankenversicherung<br />
haben und nicht der GKV zuzuordnen<br />
sind, steht regelmäßig nur der Basistarif<br />
als Alternative offen. Den Basistarif<br />
beurteile ich weiterhin kritisch, weil die<br />
Mitgliedsunternehmen des PKV-Verbandes<br />
und der Verband selber den mit<br />
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung<br />
verhandelten Vertrag anscheinend<br />
nicht durchsetzen können. Die Kunden<br />
bleiben auf den Kosten sitzen oder werden<br />
sogar von den Ärzten als Patienten<br />
abgewiesen.<br />
Beim Thema Rücktritt/Anfechtung geht<br />
es oft um eine temporäre Absicherung,<br />
bis der Rechtsstreit erfolgreich beendet<br />
ist. Bei Nicht-Versicherung geht es oft<br />
um die Finanzierung von Prämienzuschlägen,<br />
die die Menschen nicht leisten<br />
können. In all diesen genannten Fällen<br />
wäre es tatsächlich sinnvoll zu prüfen, ob<br />
die Betroffenen Krankenversicherungsschutz<br />
durch einen EWR-Dienstleister<br />
erhalten können.<br />
VAG-Novelle 01.01.2016<br />
Im neuen § 61 VAG (alte Fassung § 110a)<br />
werden aus der Sicht führender Europarechtler<br />
der Freedom of Service (FOS<br />
Dienstleistungsfreiheit in der EU) und<br />
der „OECD-Code of Liberalisation of<br />
Current Invisible Operations“ von 2013<br />
verletzt.<br />
Wenn wir wenigstens eine konsistente<br />
Zielverfolgung erkennen könnten, wären<br />
diese Maßnahmen über die Argumentation<br />
des Allgemeinwohls vielleicht möglich.<br />
Ein gutes Beispiel war der Versuch<br />
Deutschlands, den Vertrieb bestimmter<br />
Biersorten in Deutschland zu behindern<br />
oder zu verhindern. Auch hier hat Brüssel<br />
dem Gesetzgeber in Bezug auf das<br />
Reinheitsgebot eine klare Absage erteilt.<br />
Denn die kritisierten Zusatzstoffe, die<br />
vom deutschen Reinheitsgebot nicht abgedeckt<br />
waren, wurden in anderen Getränken<br />
bedenkenlos zugelassen.<br />
Die konsistente Zielverfolgung scheitert<br />
an vielen Aushöhlungen der Kalkulation<br />
nach Art der Lebensversicherung bei<br />
Ausbildungstarifen, im Notlagentarif<br />
oder auch an massiven Leistungseinschränkungen<br />
bestimmter Produkte der<br />
deutschen PKV, zum Beispiel in Tarifen<br />
der HUK-Coburg, Concordia, BBKK/<br />
UKV, Notlagentarif, etc.<br />
Fakt ist, dass ab dem 01.01.2016 die<br />
EWR-KV-Verträge auf der Basis des<br />
neuen VAG nicht mehr als Krankenversicherung<br />
im Sinne des § 193 Abs. 3<br />
abgeschlossen werden können, bis europäische<br />
Gerichte den deutschen Markt<br />
für ausländische Anbieter öffnen. Ob<br />
die betroffenen EWR-Versicherer vor<br />
dem EuGH gegen diese Vereinnahmung<br />
durch die deutsche Versicherungsaufsicht<br />
klagen werden und wie dann die<br />
Entscheidung ausgeht, bleibt abzuwarten.<br />
In den Fällen, wo diese Produkte heute<br />
zu Recht Anwendung finden, sind sie<br />
aber dennoch auch in der Zukunft ein<br />
möglicher Lösungsansatz. Wenn jemand<br />
keine Krankenversicherung hat, und das<br />
sind immer noch gut 100.000 Menschen<br />
in Deutschland, dann ist jede Krankenversicherung<br />
besser als keine Krankenversicherung.<br />
Weitere Kritikpunkte der<br />
BaFin<br />
Die BaFin kritisiert weiterhin, dass die<br />
Versicherer ordentliche Kündigungsrechte<br />
vorsehen, Sublimits oder Leistungslücken<br />
beinhalten und keine Alterungsrückstellung<br />
bilden.<br />
Das ordentliche Kündigungsrecht ist<br />
über VVG geregelt, wenn der Vertrag<br />
zum Nachweis der Pflicht zur Versicherung<br />
nach § 193 Abs. 3 eingesetzt wird.<br />
Es gibt kein Verbot von Sublimits von 1,5,<br />
2 oder 3 Millionen Euro, sondern lediglich<br />
eine Maximierung des Selbstbehalts<br />
(siehe § 193 Abs. 3). Darüber hinaus sollen<br />
die deutschen PKV Versicherer bitte<br />
den Fall vorlegen, wo diese Beträge p.a.<br />
überschritten wurden. Ansonsten berufen<br />
wir uns wie oben bereits geschrieben<br />
auf die Rechtskommentare, mit denen<br />
die deutsche PKV Ihre Deckungslücken<br />
und Unterdeckungen begründet.<br />
Leistungslücken sind je nach Vertrag<br />
vorhanden. Da sollte die BaFin dann bitte<br />
auch bestimmte PKV-Versicherer von<br />
der Pflicht zur Versicherung ausschließen,<br />
die solche Regelungen kennen, wie<br />
zum Beispiel die HUK-Coburg bei stationärer<br />
Psychotherapie.<br />
Kalkulation nach Art der Lebensversicherung<br />
(also mit Alterungsrückstellungen),<br />
wird überbewertet. Bei der Kalkulation<br />
nach Art der Schadenversicherung<br />
wird wenigstens verhindert, dass Menschen<br />
Geld verlieren, weil sie z. B. in die<br />
GKV zurückkehren. Ansonsten verlangt<br />
die PKV grundsätzlich ein hohes Maß<br />
an eigener Verantwortung insbesondere<br />
an den Aufbau ausreichender Altersversorgung.<br />
Das gilt für beide Formen der<br />
Kalkulation!<br />
Fazit<br />
Es gibt aktuell eine aktive Behinderung<br />
der Dienstleistungsfreiheit durch die Ba-<br />
Fin und den PKV Verband und seine Mitgliedsunternehmen,<br />
indem EWR-Dienstleister<br />
der Zugang zum deutschen Markt<br />
verwehrt wird. Es wird etwas verteufelt<br />
und schlecht gemacht, was hier und heute<br />
in einzelnen Fällen helfen kann Probleme<br />
zu lösen!<br />
Wir benötigen einen seriösen und unter<br />
dem Gesichtspunkt europarechtlicher<br />
Vorschriften rechtskonformen Umgang<br />
mit EWR-Krankenversicherungen.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Thorulf Müller<br />
Seite 18 02/<strong>2015</strong>
Makler sein wird<br />
Die Kunden-App für Makler<br />
von<br />
demnächst im
Aktuelle forsa-Studie enthüllt<br />
Vorsorge-Lücke<br />
Haben Ihre Kunden für sich und ihre Angehörigen geregelt, was im Falle einer schweren Krankheit<br />
oder nach dem Tod geschehen soll? Dann gehören Sie in Deutschland zur Minderheit. Denn eine neue<br />
Untersuchung des forsa-Instituts zum aktuellen Gesellschaftsthema der „Generationenverantwortung“<br />
enthüllt eine alarmierende Vorsorge-Lücke. Das Interesse an Testament, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung<br />
ist zwar mittlerweile hoch (70 Prozent). Doch nur knapp ein Drittel der Bürger (32 Prozent)<br />
hat wichtige Verfügungen bereits konkret für sich geregelt.<br />
Das Bewusstsein für die Verantwortung<br />
gegenüber der nächsten Generation<br />
wächst bei vielen Deutschen mit<br />
dem demografischen Wandel. Auch<br />
das Engagement füreinander ist hoch.<br />
Laut der von der Monuta Versicherung<br />
in Auftrag gegebenen repräsentativen<br />
forsa-Umfrage sind knapp 93 Prozent<br />
aller Bundesbürger privat oder ehrenamtlich<br />
engagiert. 45 Prozent kümmern<br />
sich um Kinder und Jugendliche. Etwa<br />
ebenso viele haben schon enge Angehörige<br />
gepflegt. Im konkreten Trauerfall<br />
begleiteten sogar 64 Prozent der Studienteilnehmer<br />
(insgesamt 1.001 Befragte)<br />
einen Angehörigen oder Freund in der<br />
Zeit des Abschieds. 12 Prozent waren<br />
oder sind in der Hospizarbeit aktiv.<br />
Höhere Ansprüche an die<br />
Familie als an den Staat<br />
Auch die Sorge, den Alltag nicht mehr<br />
selbstständig bewältigen zu können und<br />
auf fremde Hilfe angewiesen zu sein,<br />
beschäftigt immer mehr Bürger. 46 Prozent<br />
gaben an, sich schon häufig mit<br />
der eigenen Pflegebedürftigkeit befasst<br />
zu haben. Dabei setzen sich auffallend<br />
mehr Frauen (53 Prozent) als Männer<br />
(40 Prozent) mit diesen Gedanken auseinander.<br />
Tritt der Pflegefall ein, sieht<br />
die Mehrheit der Befragten (70 Prozent)<br />
die Familie in der Pflicht – und nicht<br />
etwa den Staat (23 Prozent).<br />
Erfreuliche Trends, die durchaus ein<br />
wachsendes Generationenbewusstsein<br />
Seite 20 02/<strong>2015</strong>
Praxis<br />
untermauern. Doch wenn es darüber<br />
hinaus um konkrete Vorkehrungen für<br />
den Krankheits- oder Todesfall geht,<br />
belegen die forsa-Ergebnisse ein großes<br />
Potenzial für Vermittler und Berater in<br />
allen Fragen der Vorsorge: Zwei Drittel<br />
der Befragten (76 Prozent) thematisierten<br />
im Familienkreis bereits eine Patientenverfügung,<br />
fast ebenso viele (68<br />
Prozent bzw. 64 Prozent) tauschten sich<br />
zu Vorsorgevollmacht, Nachlassregelung<br />
und Testament aus. Doch lediglich<br />
32 Prozent haben diese zentralen Verfügungen<br />
bereits tatsächlich für sich geregelt.<br />
Eine Vorsorge-Lücke klafft ebenso<br />
in Bezug auf die finanzielle Absicherung<br />
für den Trauerfall: Nur 31 Prozent der<br />
Deutschen haben eine private Trauerfall-Vorsorge<br />
abgeschlossen – und<br />
erst erschreckende 8 Prozent haben die<br />
Gestaltung der eigenen Trauerfeier frühzeitig<br />
und selbstbestimmt für sich geregelt.<br />
Beratung darf<br />
Vorsorge nicht aussparen<br />
Die forsa-Ergebnisse zeigen einmal<br />
mehr, dass es vielen Menschen schwerfällt,<br />
sich frühzeitig mit wichtigen Vorsorgeaspekten<br />
zu beschäftigen. Dabei<br />
kann die Auseinandersetzung mit dem<br />
Ernstfall Angehörige und Familienmitglieder<br />
finanziell, organisatorisch und<br />
auch seelisch massiv entlasten. Eine<br />
Beratung unter Berücksichtigung der<br />
Generationenverantwortung ist daher<br />
heute mehr denn je gefragt und auch<br />
gefordert.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Meike Fick<br />
Seite 21
Interview mit Walter Capellmann<br />
„Generationenverantwortung<br />
ist keine Frage des Alters“<br />
Demografischer Wandel, veränderte gesellschaftliche und familiäre Strukturen – Makler und<br />
Vermittler, die in diesem Umfeld Kundenbindungen festigen und sich neues Vertriebspotenzial<br />
erschließen möchten, sollten generationsübergreifend beraten können, erklärt Walter<br />
Capellmann, Hauptbevollmächtigter der Monuta N.V. Niederlassung Deutschland.<br />
Walter Capellmann<br />
ist Hauptbevollmächtigter der<br />
Monuta N.V. in Deutschland.<br />
2005 hat er die Capellmann<br />
Consulting mit Sitz in Düsseldorf<br />
gegründet, ein Dienstleistungs-<br />
und Beratungsunternehmen,<br />
das sich auf den Aufbau<br />
und die Optimierung der<br />
vertrieblichen Wertschöpfung<br />
von Finanzdienstleistern spezialisiert<br />
hat. Sein Know-how<br />
hat Walter Capellmann unter<br />
anderem auf Führungs- und<br />
Vorstandsebene bei Verlagen,<br />
Versicherungsunternehmen<br />
und Finanzdienstleistungsgesellschaften<br />
erworben.<br />
Welchen Einfluss hat der demografische<br />
Wandel auf die Vorsorgeberatung?<br />
Walter Capellmann: Themen wie eine<br />
schwere Krankheit oder gar der Todesfall<br />
müssen heute Bestandteil eines<br />
jeden Beratungsgespräches sein. Wer<br />
als Makler und Vermittler über Vorsorgeverfügungen,<br />
Nachlassregelung und<br />
Trauerfall-Vorsorge berät, empfiehlt sich<br />
bei seinen Kunden als umfassender Vorsorgeexperte.<br />
Die aktuelle forsa-Umfrage<br />
unterstreicht das Beratungspotenzial in<br />
diesem Bereich: Nur ein Drittel der Bundesbürger<br />
hat für den Krankheits- oder<br />
Todesfall vorgesorgt. Generationenberater<br />
können hier anknüpfen und ihre Kunden<br />
unterstützen, wichtige, generationenübergreifende<br />
Fragen rechtzeitig für sich<br />
und ihre Angehörigen zu klären.<br />
Die Deutsche Makler Akademie und<br />
einige Industrie- und Handelskammern<br />
bieten seit einiger Zeit eine zertifizierte<br />
Weiterbildung zum Generationenberater<br />
an. Welche Vorteile bietet dieser<br />
Abschluss?<br />
Wer sich zum zertifizierten Generationenberater<br />
weiterbilden lässt, erhält das<br />
notwendige Wissen rund um zentrale<br />
Vorsorgethemen wie Patientenverfügung,<br />
Vorsorgevollmacht, Nachlassregelung<br />
und Trauerfall-Vorsorge. Ziel ist<br />
es, den Kunden umfassend zu Vorsorgethemen<br />
beraten zu können und dafür<br />
zu sensibilisieren, worauf sie etwa beim<br />
Ausfüllen von Vorsorgeverfügungen oder<br />
Verfassen eines Testamentes achten müssen<br />
– ohne dabei eine Rechtsberatung<br />
durchzuführen.<br />
Welche Fähigkeiten müssen „Generationenberater“<br />
darüber hinaus mitbringen?<br />
Neben der fachlichen Kompetenz ist<br />
eine einfühlsame Kommunikation notwendig.<br />
Wer es als Berater schafft, seine<br />
Kunden fachlich und auch menschlich<br />
zu beraten, festigt nicht nur bestehende<br />
Kundenbindungen, sondern erschließt<br />
sich über die Generationenberatung auch<br />
neues Vertriebspotenzial. Eine ganzheitliche<br />
Beratung richtet sich dabei sowohl<br />
an jüngere als auch an ältere Familienmitglieder.<br />
Generationenverantwortung<br />
zu zeigen, ist keine Frage des Alters.<br />
Inwieweit unterstützt die Monuta Makler<br />
und Vermittler dabei, sich dieses Beratungsfeld<br />
zu erschließen?<br />
Für uns als Vorsorge-Spezialist ist der<br />
generationsübergreifende Beratungsansatz<br />
bereits fester Bestandteil der Vertriebsunterstützung.<br />
In regelmäßigen<br />
Online-Seminaren vermitteln unsere<br />
Fachreferenten grundlegendes Wissen<br />
zur Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht<br />
sowie zur Trauerfall-Vorsorge und<br />
Nachlassregelung. Auch das Coaching<br />
für eine angemessene Kommunikation<br />
im Trauerfall gehört dazu. Als zusätzliche<br />
Services unterstützen Online-Checklisten<br />
sowie juristisch geprüfte Formulare<br />
für Vorsorge-Dokumente den Berater<br />
dabei, im Sinne der Generationenverantwortung<br />
wichtige Themen anzusprechen<br />
und gemeinsam mit dem Kunden vor Ort<br />
zu klären.<br />
vielen Dank für das Interview!<br />
Die Fragen stellte Mirko Wenig<br />
Seite 22 02/<strong>2015</strong>
Die leistungsstarke<br />
KV-Voll-Tarifl inie:<br />
einsA<br />
Die private Krankenvollversicherung der Barmenia<br />
Für ein einsA Leben! Fünf Kranken-Vollversicherungs tarife,<br />
die starke Leistungen in allen Gesundheitsfragen bieten:<br />
Mit den Barmenia einsA-Tarifen und einem umfassenden<br />
Leistungs spektrum von A wie ambulant bis Z wie Zahnbehandlung.<br />
Das heißt: Egal, für welchen sich Ihre Kunden<br />
entscheiden – die einsA-Tarife sind immer ein Gewinn! Und<br />
weil sich Ansprüche im Laufe der Zeit ändern, enthalten die<br />
einsA-Tarife die Option, zu bestim mten Zeit punkten ohne<br />
Gesundheits prüfung in einen leistungs stärkeren Vollversicherungstarif<br />
der Barmenia zu wechseln. Natürlich sind nicht nur<br />
Ihre Kunden bei der Barmenia gut aufgehoben. Auch für Sie<br />
sind wir 100 % da! Und zwar verlässlicher, schneller und echt<br />
freundlich.<br />
Informieren Sie sich jetzt:<br />
www.maklerservice.de oder Telefon 0202 438-3734
Deutschland wird alt<br />
Ist Ihr Unternehmen darauf vorbereitet?<br />
Die Alterung der Gesellschaft bedeutet für Arbeitgeber potentielle Mehrkosten. Sie müssen Fachkräfte<br />
an ihr Unternehmen binden und dafür sorgen, dass diese lange am Berufsleben partizipieren können.<br />
Die Pflegereform der Bundesregierung bedeutet jedoch, dass Beschäftigte zukünftig mehr Möglichkeiten<br />
haben werden, sich für die Pflege von Angehörigen freistellen zu lassen. Vermittler können von den verschärften<br />
Regelungen profitieren - wenn sie die Pflegestärkungsgesetze der Bundesregierung kennen.<br />
Ein Gastbeitrag von Karsten Junghans, Geschäftsführer der CareConcept24 GmbH.<br />
Karsten Junghans<br />
Geschäftsführer<br />
CareConcept24 GmbH<br />
Mitglied im Bundesverband<br />
mittelständische Wirtschaft<br />
Mitglied im Netzwerk<br />
Erfolgsfaktor Familie<br />
Der demographische Wandel hat zwei<br />
Konsequenzen, auf die sich die betriebliche<br />
Personalpolitik einstellen muss:<br />
Eine zunehmend alternde Belegschaft<br />
stellt die Unternehmen vor die Frage, wie<br />
sie dennoch ihre Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit<br />
aufrechterhalten können.<br />
Voraussetzung hierfür ist der Erhalt<br />
der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten bis<br />
ins fortgeschrittene Alter. Dies erfordert<br />
Investitionen in das Personal, besonders<br />
in Hinblick auf Gesundheit, Motivation<br />
und berufliche Kompetenz.<br />
Eine Verknappung des Arbeitskräfteangebots<br />
als Ergebnis einer sinkenden Zahl<br />
von Berufsanfängern und des allmähli-<br />
chen Ausscheidens der geburtenstarken<br />
Jahrgänge aus dem Arbeitsleben (z. B.<br />
Rente mit 63, Pflegefall in der Familie).<br />
Der sich abzeichnende Arbeitskräftemangel<br />
wird einen verstärkten Wettbewerb<br />
um Nachwuchs- und Fachkräfte<br />
zur Folge haben und zu einem steigenden<br />
Lohnniveau führen.<br />
Es ist zu erwarten, dass diese Entwicklungen<br />
insbesondere mittelständische<br />
Unternehmen vor Probleme stellen werden.<br />
Auch der Gesetzgeber verlagert immer<br />
mehr Verantwortung für die Vereinbarkeit<br />
von Familie, Pflege und Beruf in die<br />
deutschen Unternehmen. Ganz aktuell:<br />
Mit dem Pflegestärkungsgesetz <strong>2015</strong><br />
wurden Freistellungsmöglichkeiten bei<br />
Pflegefällen im Angehörigenkreis mit<br />
Rechtsanspruch, Kündigungsschutz und<br />
Lohnersatzleistungen versehen. Neben<br />
dem Risiko, einen Ausfall eines Arbeitnehmers<br />
zum unpassenden Zeitpunkt<br />
kompensieren zu müssen, ein nicht unerheblicher<br />
zusätzlicher administrativer<br />
und finanzieller Aufwand.<br />
Ein enormer Schaden<br />
für Arbeitgeber<br />
In einem kleinen oder mittelständischen<br />
Unternehmen kann durch das Fehlen<br />
weniger Mitarbeiter schon ein großer<br />
Schaden entstehen. Selbst (oder gerade)<br />
wenn der Arbeitnehmer Auszeiten nicht<br />
in Anspruch nimmt, entstehen dem<br />
Unternehmen hohe Kosten. Statistiken<br />
belegen, dass die Folgekosten durch<br />
Krankschreibung, sonstige Fehlzeiten<br />
und insbesondere eine reduzierte Leistungsfähigkeit<br />
heute schon bei über EUR<br />
14.000,00 pro pflegenden Mitarbeiter *<br />
und Jahr liegen.<br />
Die Neuregelungen betreffen im Wesentlichen<br />
drei Bereiche:<br />
Rechtsanspruch mit Kündigungsschutz für<br />
1. eine bis zu 10-tägige Arbeitsverhinderung<br />
bei einer akut auftretenden<br />
Pflegesituation (unabhängig von der<br />
Unternehmensgröße)<br />
2. Freistellung für eine bis zu 6-monatige<br />
Pflegezeit (Unternehmen mit<br />
mind. 15 Mitarbeitern)<br />
3. für eine bis zu 24-monatige Familienpflegezeit<br />
(Unternehmen mit<br />
mind. 25 Mitarbeitern)<br />
Während der (unbezahlten) Freistellung<br />
können über Pflegeunterstützungsgeld<br />
und zinslose Darlehen Lohnersatzleistungen<br />
beantragt werden. Außerdem<br />
wurde die Definition „nahe Angehörige“<br />
auf „Stiefeltern“, „Partner in einer<br />
lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft“<br />
und „Schwäger“ erweitert.<br />
Besonders bei der Familienpflegezeit geht<br />
der Gesetzgeber davon aus, dass nach<br />
Wegfall der Altersteilzeitförderung in<br />
den Unternehmen Zeitwertkonten eingeführt<br />
wurden. Bei dieser Teilzeitregelung<br />
erfolgt eine Entgeltaufstockung durch<br />
den Arbeitgeber. Um die finanzielle<br />
Belastung zu mildern, kann der Arbeitgeber<br />
ein zinsloses Darlehen beantragen.<br />
Dieses muss wiederum durch den Arbeitnehmer<br />
gegen Berufsunfähigkeit oder<br />
Tod durch eine Versicherung abgesichert<br />
werden. Bei vorhandenen Wertguthaben<br />
entfällt dieser zusätzliche finanzielle und<br />
administrative Aufwand.<br />
Auf einem Zeitwertkonto kann der Mitarbeiter<br />
auf verschiedene Arten Zeit oder<br />
Bruttoentgelt (inklusive Arbeitgeberleistungen<br />
zu den Sozialversicherungen)<br />
für die Zukunft ansparen. Das Zeitwert-<br />
Seite 24 02/<strong>2015</strong>
Praxis<br />
konto wird in Geld geführt und mit dem<br />
angesparten Wertguthaben kann sich<br />
der Arbeitnehmer später eine vollständige<br />
oder teilweise bezahlte Freistellung<br />
von der Arbeitsleistung finanzieren.<br />
Das Arbeitsverhältnis bleibt während<br />
dieser Freistellung erhalten. Gesetzliche<br />
Freistellungszwecke sind zum Beispiel<br />
die Elternzeit sowie die Pflegezeit nach<br />
§3 des Gesetzes über die Pflegezeit. Weitere<br />
Freistellungen können für berufliche<br />
Qualifikationen und Weiterbildungen<br />
oder den vorzeitigen Ruhestand genutzt<br />
werden. Zeitwertkonten sind dabei flexibel<br />
und vor allem sicher.<br />
So müssen Zeitwertkonten per Gesetz<br />
gegen Insolvenz abgesichert sein, sind<br />
vererbbar, übertragbar und werden auf<br />
Arbeitslosengeld I und II nicht angerechnet.<br />
Werden Sie nicht genutzt, kann eine<br />
Auszahlung zu Rentenbeginn mit steuerlicher<br />
Fünftelung analog einer Abfindung<br />
ausbezahlt werden. Außerplanmäßige<br />
Auszahlungen können bei Tod oder existenzbedrohender<br />
Notlage erfolgen.<br />
In vielen großen Konzernen bestehen<br />
solche Zeitwertkontenvereinbarungen.<br />
Leider sieht die Situation im Mittelstand<br />
völlig anders aus. Aufgrund fehlender<br />
Beratung kennen die wenigsten kleinund<br />
mittelständischen Unternehmen die<br />
Vorteile eines Zeitwertkontos oder haben<br />
dies bereits eingeführt. Hier besteht ein<br />
dringender Bedarf an qualifizierter Beratung.<br />
Eine hervorragende<br />
Chance für jeden<br />
Finanzdienstleister!<br />
Mit dem Gesprächsansatz „Pflegestärkungsgesetz<br />
<strong>2015</strong> und dessen Auswirkung<br />
auf die Unternehmen“ öffnen sich<br />
viele Türen bei Personalverantwortlichen<br />
und Arbeitnehmervertretern<br />
in den Unternehmen. Ein Termin für<br />
ein Erstgespräch ist fast immer sicher.<br />
Dabei können dann neben den Themen<br />
der Vereinbarkeit von Familie, Pflege<br />
und Beruf auch die weiteren Dienstleistungsangebote<br />
präsentiert werden. Bei<br />
der Umsetzung entstehen automatisch<br />
Cross Selling Ansätze zu betrieblichem<br />
Gesundheitsmanagement und betrieblicher<br />
Krankenversicherung. Über Mitarbeiterinformationen<br />
können darüber<br />
hinaus auch Informationen zur Absicherung<br />
des privaten Berufsunfähigkeitsoder<br />
Pflegerisikos transportiert werden.<br />
Gerade bei den aktuellen Veränderungen<br />
im Markt der Versicherungen ein<br />
hochprofitabler Weg zu neuen Kundenund<br />
Einkommensquellen.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Kasten Junghans<br />
* Sabine Böttcher, Christina Buchwald<br />
Leitfaden für Unternehmen zur Förderung<br />
der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit<br />
und Pflege<br />
Forschungsberichte aus dem zsh 11-1<br />
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Seite 25
Seite 26
Karriere<br />
Interview mit Andrea Nicola Mayr<br />
„Ich kann alles so gestalten,<br />
wie ich möchte“<br />
Nur 13 Prozent der ungebundenen Versicherungsvermittler sind weiblichen Geschlechts. Eine junge<br />
Maklerin, die bereits erfolgreich auf sich aufmerksam machen konnte, ist die 28-jährige Anna Nicola<br />
Mayr aus Erlangen, die bei den letztjährigen Jungmakler Awards 2014 den dritten Platz in der Kategorie<br />
„beste Neugründung“ errang. Als selbstständige Maklerin, Finanzberaterin und Karrierecoach<br />
arbeitet sie in der Bürogemeinschaft „Andrea & Thomas“ in Erlangen. Ein Gespräch darüber, welche<br />
Vor- und Nachteile der Versicherungsvertrieb für junge Frauen bietet, was getan werden muss, um<br />
den Beruf für Nachwuchskräfte attraktiver zu machen und warum sie trotz aller Widerstände sagt:<br />
„Ich mache meine Arbeit unglaublich gern und mit Leidenschaft.“<br />
Wann haben Sie sich entschieden Versicherungsmaklerin<br />
zu werden? Gab es<br />
eine Art Schlüsselerlebnis?<br />
Mayr: Das nicht direkt. Es war eher eine<br />
Ansammlung an Unzufriedenheit aufgrund<br />
mangelnder Perspektiven sowie<br />
sehr geringem Einkommen in meinem<br />
vorherigen Beruf. Ich wollte so nicht<br />
mehr weitermachen, also änderte ich<br />
mein Leben von Grund auf – und kam<br />
bei meiner Suche nach einer Arbeit, die<br />
mich mehr fordert und erfüllt, irgendwann<br />
auf die Branche...<br />
…und welche Ausbildung haben Sie<br />
durchlaufen? Makler ist bekanntlich<br />
kein Ausbildungsberuf mit fester<br />
Berufslaufbahn.<br />
Das ist richtig. Man kann Arzt werden,<br />
Ingenieur oder Lehrer. Aber kein normaler<br />
Mensch kommt freiwillig auf die<br />
Idee, den Beruf eines Versicherungsmaklers<br />
zu erlernen. (lacht) Aber um<br />
auf Ihre Frage zu antworten. Ich habe<br />
damals eine Ausbildung zur „Kauffrau<br />
für Bürokommunikation“ bei einer namhaften<br />
Versicherung absolviert, holte per<br />
Fernstudium mein Abitur nach, arbeitete<br />
eine kurze Zeit im Außendienst und<br />
kam schließlich an ein Maklerunternehmen,<br />
welches mich dual ausbildete. Ich<br />
erlangte den Abschluss „Versicherungsmaklerin“<br />
über die IHK und habe vor<br />
2 Jahren noch einmal den „geprüften<br />
Finanzanlagenvermittler“ absolviert.<br />
Versicherungsvermittler haben ein eher<br />
negatives Image. Laut einer Umfrage<br />
des Deutschen Beamtenbundes sprechen<br />
nur 12 Prozent der Bevölkerung<br />
dem Berufsstand ein hohes Ansehen<br />
zu. Wurden Sie selbst schon einmal<br />
mit Vorurteilen gegen Versicherungsvermittler<br />
konfrontiert, etwa im Freundes-<br />
und Bekanntenkreis? Wie gehen<br />
Sie damit um?<br />
Inzwischen mit einem Grinsen. Klar<br />
kommt es noch vor, dass man von jüngeren<br />
Kunden ab und zu hört, dass ihnen<br />
vom Elternhaus gesagt wurde, sie sollen<br />
bloß nichts unterschreiben, wenn<br />
sie hier bei mir im Termin sind. Aber<br />
die Kunden selbst grinsen dann meistens<br />
auch. Vor allem im Freundes- und<br />
Bekanntenkreis gibt es durchweg positives<br />
Feedback. Die Menschen kennen<br />
mich ja, bringen mir Vertrauen entgegen<br />
und kommen meistens auf mich zu, um<br />
nach Rat zu fragen.<br />
…und wie gewinnen Sie das Vertrauen<br />
Ihrer Kunden – trotz aller Vorurteile?<br />
Vorurteile oder Bedenken sind wirklich<br />
sehr selten. Und meistens lösen sich diese<br />
in Luft auf, sobald man im Gespräch aufgetaut<br />
ist, feststellt, dass man auch nur<br />
ein Mensch und kein „böser Versicherungsheini“<br />
ist, den Menschen mit absoluter<br />
Ehrlichkeit und Offenheit begegnet<br />
Seite 27
und – was wichtig ist – auch feststellt,<br />
dass fachkundige Aussagen kommen,<br />
die Google einem nicht gleich beim ersten<br />
Klick beantworten hätte können.<br />
Des Weiteren gibt es bei mir eine weitere<br />
Regel: Nimm nur Kunden auf, bei<br />
denen du dir vorstellen kannst, dass eine<br />
Freundschaft daraus entsteht und man<br />
genau weiß, dass man sich freut, wenn<br />
der Kunde anruft, eine E-Mail schreibt<br />
oder vorbeikommt. Wenn man auch<br />
ehrliches Interesse am anderen hat und<br />
sich aufrichtig für das Leben des anderen<br />
interessiert: dann passt es.<br />
Was schätzen Sie am Beruf der Versicherungsmaklerin<br />
besonders? Und was<br />
sind Dinge, die Sie ärgern?<br />
Besonders ist die komplette Freiheit und<br />
Unabhängigkeit. Ich kann alles so gestalten,<br />
wie ich es möchte. Ich kann Dinge so<br />
erklären, dass der Kunde damit glücklich<br />
ist und nicht irgendein Vorgesetzter, der<br />
einen Leitfaden für irgendein Gespräch<br />
wünscht, das nicht authentisch ist. Ich<br />
kann Nachts um 4 Uhr arbeiten – wenn<br />
der Kunde das wünscht – und mir einen<br />
Freizeitausgleich zurückholen, wenn ich<br />
es will. Das genieße ich jeden Tag und<br />
gehe deshalb so sehr in diesem Beruf auf.<br />
Dinge die mich ärgern…kein Kommentar.<br />
Ich hätte den Beruf schon tausendmal<br />
an den Nagel gehängt, wenn ich<br />
nicht gelernt hätte, mich lieber auf die<br />
positiven Dinge, anstatt auf die negativen<br />
Dinge zu konzentrieren.<br />
Sie haben sich auf eine junge Zielgruppe<br />
spezialisiert, beraten Studenten<br />
und Universitätsabgänger, speziell<br />
Betriebswirte und Ingenieure. Welche<br />
Vorteile sehen Sie in dieser (weitestgehenden)<br />
Zielgruppenspezialisierung?<br />
Inzwischen hat sich der Kreis sogar<br />
erweitert, was mich sehr freut. Klarer<br />
Vorteil ist der, dass man sich bereits in<br />
jungen Jahren kennenlernt, gemeinsam<br />
die Bewerbung entwirft, gemeinsam<br />
überlegt, wie man in die Gehaltsverhandlungen<br />
geht und dann natürlich<br />
auch gemeinsam die ersten Verträge<br />
schließt, die zum Berufsstart oder auch<br />
teilweise davor zwingend nötig sind. So<br />
verbringt man viel, viel, definitiv viel<br />
mehr Zeit zusammen und kann sich erst<br />
einmal kennenlernen. Manchmal vergehen<br />
vor einem Vertragsabschluss auch<br />
einige Jahre. So ist aber auch gewährleistet,<br />
dass sich niemand überrumpelt fühlt<br />
und man trägt zu einer Imageverbesserung<br />
der Branche bei.<br />
im Gegensatz dazu bieten sie thematisch<br />
ein Rundumpaket. Sie beraten<br />
nicht nur zu Versicherungen, sondern<br />
ganzheitlich zu Finanzen, bieten<br />
zusätzlich Existenzcoaching und Bewerbungstraining<br />
für Uni-Absolventen.<br />
Worin sehen Sie die Vorteile einer breiten<br />
und umfassenden Beratung?<br />
Man hat einfach viel mehr Zeit und<br />
es entsteht kein Druck. Der nächste<br />
Punkt ist auch eine Win-win-Situation<br />
für beide. Wenn ich in meiner Arbeit<br />
wirklich gut bin, freut sich der Kunde,<br />
der mit meiner Hilfe vielleicht seinen<br />
Traumjob ergattern konnte. Oder der<br />
mehrere Tausend Euro mehr Gehalt verhandelt<br />
hat. Oder oder oder... Die Leute<br />
sind meistens sehr froh und auch in<br />
ihrer Arbeit glücklicher und empfehlen<br />
mich so natürlich auch weiter, wofür ich<br />
ebenfalls unendlich dankbar bin.<br />
„Die Familiengründung<br />
ist ein<br />
zweischneidiges<br />
Schwert“<br />
Laut Ihrem Xing-Profil streben Sie eine<br />
lebenslange Zusammenarbeit mit den<br />
Kunden an. Setzen Sie eher auf Kundenbindung<br />
und Bestandsaufbau statt<br />
auf schnelles Neugeschäft?<br />
Ja! Definitiv! Der Kunde muss, ehe er<br />
etwas umsetzt, auch wirklich lange sehr<br />
gut beraten werden, ihm sollen alle Fragen<br />
beantwortet werden, er soll sich frei<br />
für oder gegen etwas entscheiden. Und<br />
dann habe auch ich ein gutes Gefühl,<br />
weil ich weiß, dass der Kunde frei entschieden<br />
hat und auch selbst gegenüber<br />
kritischen Eltern oder Freunden erklären<br />
kann, warum er sich für dies oder<br />
jenes oder gegen dies oder jenes entschieden<br />
hat. Ganz einfach, oder ;-)?<br />
Der Versicherungsvertrieb gilt als männlich<br />
dominierte Branche. In der Maklerschaft<br />
liegt die Frauenquote bei mageren<br />
13 Prozent, berichtet Prof. Dr. Gabrielle<br />
Zimmermann von der Fachhochschule<br />
Köln im Versicherungsmagazin. Warum<br />
ist der Beruf Ihrer Meinung nach für<br />
Frauen eher unattraktiv?<br />
Was? Als ich finde den Beruf ganz und<br />
gar nicht unattraktiv. Man ist Inhaberin<br />
des eigenen Unternehmens, kann all<br />
seine genialen Ideen umsetzen (und die<br />
nicht genialen zumindest einmal ausprobieren)<br />
und kann – wenn auch nur in<br />
kleinem Rahmen – die Welt zum Besseren<br />
verändern.<br />
Wenn ich zurückdenke, fällt mir aber<br />
tatsächlich etwas ein, das vielleicht eher<br />
Frauen als Männer abschreckt. Die<br />
ersten 3 Jahre in der Selbstständigkeit<br />
waren natürlich extrem hart. Ich hatte<br />
keine Zeit mehr für meine Freunde,<br />
Hobbys oder sonstige Aktivitäten. Ich<br />
arbeitete, lernte und schlief. Und auch<br />
die Angst, einfach pleitezugehen, ist am<br />
Anfang nicht unbegründet. Wenn man<br />
aber diese harte Zeit bereit ist zu überstehen,<br />
dann bieten sich in dem Job tolle<br />
Möglichkeiten. Möglicherweise schrecken<br />
hier eher die Damen bei diesen<br />
Gedanken zurück als die Herren?<br />
Ein weiterer Punkt ist das Thema Familiengründung:<br />
Ein zweischneidiges<br />
Schwert. Zum einen erhält man in der<br />
Position des Selbstständigen als Frau<br />
keinerlei finanzielle Unterstützung und<br />
kann seinen Laden dicht machen, wenn<br />
man mal 1 Jahr in „Mutterschutz“ geht,<br />
den man sich selbst genehmigt hat.<br />
Zum anderen könnte man sich seinen<br />
Betrieb ggf. so einrichten, dass man auf<br />
Home-Office umstellt und seine Kunden<br />
dann im Café trifft oder viel via Skype<br />
macht. Ich denke, das ist Einstellungssache,<br />
ob es nun ein Vor- oder Nachteil ist.<br />
...und was kann oder muss getan werden,<br />
um die Attraktivität des Berufs<br />
„Versicherungsvermittlerin“ zu erhöhen?<br />
Zunächst wären da einmal die Provisionen...(lacht).<br />
Nein, das soll ja nicht der<br />
einzige Anreiz sein, diesen Job auszuüben.<br />
Vorstellbar wäre eine Art „Hilfsprogramm“<br />
für den Start in die Selbstständigkeit,<br />
zum Beispiel, indem man<br />
von erfahrenen Maklern beraten wird?<br />
Makler-Franchise?<br />
Aber warum ist das überhaupt wichtig?<br />
Seite 28 02/<strong>2015</strong>
Karriere<br />
Es ist doch völlig egal ob ein Mann oder<br />
eine Frau den Job ausübt – Hauptsache<br />
dieser Mensch hat Charakter und handelt<br />
aus ehrlicher und guter Motivation<br />
heraus...<br />
Die Versicherungsbranche hat grundsätzlich<br />
ein Nachwuchsproblem. Das<br />
Durchschnittsalter der Vermittler liegt<br />
-abhängig von der Studie- bei ca. 50<br />
Jahren. Machen die Versicherer aus<br />
Ihrer Sicht genug, um junge Nachwuchskräfte<br />
für den Vermittlerberuf zu<br />
gewinnen?<br />
Die Einzigen, die ein Interesse haben<br />
junge Leute aufzubauen, sind wohl eher<br />
die Strukturvertriebe. Und deren Interesse<br />
ist es ja nicht, die Leute dann in die<br />
Selbstständigkeit zu entlassen, sondern<br />
die Strukturvertriebe möchten diese<br />
gerne selbst halten. Ich bin mir nicht<br />
sicher, ob die Versicherer selbst hier<br />
so viel machen können. Ich würde den<br />
Beruf als richtiges Studium etablieren,<br />
sodass vielleicht hier mehr Sog entsteht.<br />
Wie wäre das?<br />
„Ich würde den<br />
Maklerberuf als<br />
richtiges Studium<br />
etablieren“<br />
Seit 2009 (über die Formaxx, seit 2013<br />
im eigenen Büro) sind Sie selbstständig.<br />
Oft wird argumentiert, die Senkung<br />
der Abschlussprovisionen belaste junge<br />
MaklerInnen besonders, da sie sich<br />
noch keinen so großen Kundenstamm<br />
aufbauen konnten wie ältere Vermittler.<br />
Kann man sich die Arbeit als Versicherungsmaklerin<br />
unter den jetzigen<br />
Bedingungen überhaupt noch leisten?<br />
Eine gute Frage. Um ehrlich zu sein,<br />
belastet das natürlich sehr. Aktuell<br />
befinde ich mich in einer selbst deklarierten<br />
Testphase. Ich gebe dem Ganzen<br />
2 Jahre, um für mich selbst zu prüfen,<br />
ob man sich den Job noch „leisten“<br />
kann. Die Zeit wird es zeigen. Aber für<br />
uns junge Vermittler ist es sicherlich<br />
schwieriger als für die, die ihre gesamten<br />
Kosten mit der B-Prov bereits abgelten<br />
können.<br />
Was kann Ihrer Meinung nach getan<br />
werden, um den Beruf für junge Menschen<br />
attraktiver zu machen?<br />
Mein Hauptargument wäre immer noch<br />
an die Unis und Hochschulen zu gehen,<br />
den Beruf des Versicherungsmaklers als<br />
richtigen, echten Studiengang zu etablieren,<br />
um dann genauso anerkannt zu<br />
sein, wie ein Jurist, Betriebswirt oder<br />
Ingenieur.<br />
Die Branche gilt als „spießig“. In den<br />
Fachmagazinen sind viele graue Maßanzüge<br />
zu sehen. Sie hingegen sind<br />
bei der Preisverleihung zum Jungmakler-Awards<br />
mit einem Shirt des Heavy-Metal-Festivals<br />
Wacken auf die<br />
Bühne gegangen. Muss sich die Versicherungsbranche<br />
bunter, vielseitiger<br />
und individualistischer präsentieren,<br />
um junge Fachkräfte zu gewinnen?<br />
Ich sehe schon, Sie haben erkannt,<br />
warum ich ausgerechnet ein so freches<br />
Shirt für die Preisverleihung gewählt<br />
habe. Mir war wichtig die Botschaft zu<br />
übermitteln, dass man mit „anders sein“<br />
auch erfolgreich sein kann (lacht).<br />
Dennoch halte ich es natürlich für blödsinnig,<br />
wenn sich jemand verkleidet,<br />
obwohl es gar nicht zu einem selbst<br />
passt. Und wenn etwas gekünstelt wirkt,<br />
dann wird das auch keine neuen Fachkräfte<br />
anlocken. So kitschig es auch klingen<br />
mag – das muss jeder für sich selbst<br />
entscheiden.<br />
Ich habe gelesen, Sie beraten auch<br />
viel in der Metal- und Gothic-Szene.<br />
Wie gewinnt man denn einen Fan von<br />
Slayer oder Metallica für den Abschluss<br />
einer Lebensversicherung?<br />
Von meinen gesamten Kunden sind<br />
vielleicht maximal 3% in der Metalund<br />
Gothic-Szene. Mehr sind jederzeit<br />
herzlich willkommen! Da würde ich<br />
mich riesig freuen. Nun, um die letzte<br />
Frage noch zu beantworten: Vermutlich<br />
genauso, wie man einen Schlager-Fan<br />
dazu bringt, eine Lebensversicherung<br />
abzuschließen, unter der Voraussetzung<br />
er möchte von sich aus eine haben.<br />
Wir bedanken uns für das Interview!<br />
Die Fragen stellte Mirko Wenig.<br />
Andrea Nicola Mayr<br />
wurde 1987 in Sindelfingen<br />
geboren. Seit 2009 ist sie<br />
selbstständig, zunächst als<br />
Finanzberaterin und Vertriebspartnerin<br />
der Formaxx-AG in<br />
Erlangen und Nürnberg.<br />
Ab April 2013 schließlich als<br />
unabhängige Maklerin, Finanzberaterin<br />
und Karrierecoach in<br />
der Bürogemeinschaft „Andrea<br />
& Thomas“ Erlangen.<br />
Ihre Berufsausbildung zur<br />
Kauffrau für Bürokommunikation<br />
machte sie bei der Allianz<br />
Versicherungs-AG in Stuttgart,<br />
wo sie bis 2008 als Sachbearbeiterin<br />
und Vertriebsassistentin<br />
tätig war. Parallel zu ihrer<br />
Selbstständigkeit erwarb sie die<br />
Fachhochschulreife Wirtschaft/<br />
Verwaltung. Sie ist geprüfte<br />
Versicherungsfachfrau nach §34<br />
d und §34 c sowie Finanzanlagenvermittlerin<br />
nach §34 f.<br />
Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit<br />
ist die Beratung von Akademikern<br />
und Universitätsabgängern,<br />
die sie direkt an der<br />
Universität anspricht und mit<br />
einem selbst entwickelten<br />
Finanzanalyse-Werkzeug berät.<br />
Bei den Jungmakler Awards<br />
2014 belegte Mayr den dritten<br />
Platz in der Kategorie „beste<br />
Neugründung“.<br />
Die geschmackvoll gestaltete<br />
Internetseite ihrer Bürogemeinschaft<br />
ist unter der Adresse<br />
http://www.andrea-thomas.de/<br />
erreichbar.<br />
Seite 29
Interview mit Prof. Dr. Gabriele Zimmermann<br />
Frauen im Vertrieb<br />
„Sicherlich fehlen Frauen die<br />
weiblichen Vorbilder“<br />
Eine Wissenschaftlerin, die sich in ihrer Forschung intensiv mit Frauen im Versicherungsvertrieb auseinandersetzt<br />
und mehrere Studien zu dem Thema vorgestellt hat, ist Prof. Dr. Gabriele Zimmermann<br />
vom Institut für Versicherungswesen an der Technischen Hochschule Köln. <strong>Versicherungsbote</strong> hat nachgefragt,<br />
warum der Maklerberuf für Frauen so unattraktiv ist – und was getan werden muss, um mehr<br />
Frauen für die Vermittlertätigkeit zu gewinnen.<br />
Prof. Dr. Gabriele Zimmermann<br />
ist am Institut für Versicherungswesen<br />
der Technischen<br />
Hochschule Köln Professorin<br />
für Personalführung, Organisationsentwicklung<br />
und<br />
Versicherungsvertrieb. Ihre Forschungsschwerpunkte<br />
sind die<br />
Themen Change Management<br />
in Versicherungsunternehmen,<br />
Frauen in Führung und Frauen<br />
im Versicherungsvertrieb.<br />
Sie arbeitete acht Jahre in zwei<br />
DAX Unternehmen in leitenden<br />
Funktionen der Führungskräfteentwicklung<br />
und des Change<br />
Managements. Seit 16 Jahren<br />
ist sie Executive Coach und<br />
berät Führungskräfte in Fragen<br />
der Führung und des Change<br />
Managements.<br />
Frau Prof. Dr. Zimmermann, Sie forschen<br />
zu Frauen im Versicherungsvertrieb.<br />
Im Maklervertrieb liegt die Frauenquote<br />
bei gerade einmal 13 Prozent,<br />
in der Ausschließlichkeit sieht es kaum<br />
besser aus. Was sind die Gründe dafür,<br />
dass sich Frauen so selten für eine<br />
Tätigkeit als Versicherungsvermittlerin<br />
entscheiden?<br />
Gabriele Zimmermann: Es gibt eine<br />
Vielzahl von Gründen, warum sich<br />
Frauen selten für die Tätigkeit als Versicherungsvermittlerin<br />
entscheiden.<br />
Die beiden wichtigsten Gründe sind<br />
das erfolgsabhängige Gehalt und die<br />
schlechte Vereinbarkeit von Familie mit<br />
dieser Tätigkeit.<br />
Das beides gehört zudem zusammen;<br />
denn gerade junge Frauen stellen sich<br />
die Frage: „Wer bezahlt meine Miete,<br />
wenn ich einmal Kinder bekomme und<br />
eine Zeit lang nicht arbeiten kann?“ Es<br />
ist also weniger das fehlende Selbstbewusstsein,<br />
die erforderlichen Ziele nicht<br />
zu erreichen, sondern die Schwierigkeit<br />
der Vereinbarkeit von Familie und dem<br />
Vertriebsjob.<br />
Ein weiterer Grund, weshalb sich Frauen<br />
gegen eine Tätigkeit als Vermittlerin entscheiden<br />
ist der vorherrschende Konkurrenzkampf<br />
zwischen den jeweiligen<br />
Vermittlern; Frauen bevorzugen ein harmonisches<br />
Arbeitsklima. Und last but<br />
not least ist auch die männerdominierte<br />
Kultur eine Barriere.<br />
Im Versicherungsvertrieb herrscht ein<br />
hoher Erfolgsdruck. Lange und unregelmäßige<br />
Arbeitszeiten, weite Fahrten zu<br />
den Kunden und der Zwang, oft auch<br />
am Abend Mails und Anrufe zu beantworten,<br />
sind für Vermittler und Vermittlerinnen<br />
an der Tagesordnung. Das<br />
dürfte auch die Familienplanung deutlich<br />
erschweren?<br />
Diese Aspekte erschweren eben nicht die<br />
Familienplanung, sondern verhindern<br />
oftmals, dass sich Frauen, die eigentlich<br />
für eine Tätigkeit als Vermittlerin geeignet<br />
sind, gegen diesen Beruf entscheiden.<br />
Was die Arbeitszeiten und –orte der Vermittlertätigkeit<br />
anbetrifft, wird sich in<br />
den nächsten Jahren aber einiges ändern.<br />
Das Kundenverhalten ist durch die verstärkte<br />
Nutzung von digitalen Medien<br />
im Wandel und die Kunden sind bereit<br />
frauenfreundlichere Beratungszeiten<br />
und -orte zu akzeptieren. Die Vereinbarkeit<br />
der Vermittlertätigkeit mit Familie<br />
wird also einfacher werden, insbesondere<br />
dann, wenn man sich schon einen<br />
Kundenstamm aufgebaut hat.<br />
Speziell für Versicherungsmaklerinnen<br />
sehe ich ein weiteres Problem: Wenn<br />
sie ihre Tätigkeit für die Kindererziehung<br />
unterbrechen, können sie wichtige<br />
Aufgaben als Sachverwalterinnen<br />
ihrer Kunden-Bestandspflege, die<br />
regelmäßige Überprüfung des Versicherungsschutzes<br />
etc.- nur eingeschränkt<br />
wahrnehmen bzw. müssen diese an<br />
Seite 30 02/<strong>2015</strong>
Karriere<br />
eine Vertretung delegieren. Wie meistern<br />
Vermittlerinnen die Elternzeit und<br />
andere Unterbrechungen der Erwerbsbiographie?<br />
Das ist sicherlich eine Herausforderung.<br />
Aber die durchgängige Berufstätigkeit<br />
von Frauen, auch in Führungspositionen,<br />
nimmt in Deutschland immer mehr<br />
zu. Frauen sind ausgezeichnete „Multitasker“<br />
und organisieren es immer besser,<br />
eine anspruchsvolle berufliche Tätigkeit<br />
mit Familie zu kombinieren. Positiv ist,<br />
dass die Gesellschaft in Deutschland die<br />
Berufstätigkeit von Frauen immer mehr<br />
unterstützt. Die staatlichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten<br />
sind auch in<br />
Westdeutschland ausgebaut worden, die<br />
Unternehmen bieten vielfältige Möglichkeiten,<br />
Familie und Beruf zu vereinen.<br />
Und wie eben bereits beschrieben werden<br />
sich die Arbeitsbedingungen für die<br />
Vermittlertätigkeit ändern; die virtuellere<br />
Beratung wird es einfacher machen,<br />
die Maklertätigkeit auch als Mutter<br />
erfolgreich auszuüben.<br />
Inwiefern trägt das schlechte Image der<br />
Versicherungsbranche dazu bei, dass<br />
der Vermittlerberuf für Frauen eher<br />
unattraktiv ist?<br />
Sicherlich ist auch das ein Grund, warum<br />
sich Frauen gegen eine Tätigkeit als Versicherungsvermittlerin<br />
entscheiden. Für<br />
viele Kunden ist dieser Beruf immer<br />
noch stark mit Vorurteilen belastet. Die<br />
Ablehnung bzw. Zurückweisung und<br />
Überzeugungsarbeit, die oft als Vertriebsmitarbeiter<br />
geleistet werden muss,<br />
schreckt viele Frauen ab. Schließlich<br />
möchte frau mit ihren guten bis sehr<br />
guten Qualifikationen eine Tätigkeit mit<br />
hohem Ansehen durchführen.<br />
Viele Frauen entscheiden sich für eine<br />
Tätigkeit im Innendienst von Versicherungen.<br />
2012 betrug der Frauenanteil<br />
hier 55 Prozent. Warum übt gerade der<br />
Innendienst so eine hohe Anziehungskraft<br />
auf Frauen aus?<br />
Da sind wir wieder bei dem Thema des<br />
variablen Gehalts und der damit schwierigen<br />
Vereinbarkeit von Familie und<br />
Beruf – und eben bei den weiteren Barrieren,<br />
die wir eingangs besprochen haben.<br />
In den Medien wird die Versicherungsbranche<br />
stark von Männern repräsentiert.<br />
Wenn wir uns um Interviews mit<br />
Vorständen oder Entscheidern bemühen,<br />
werden uns mehrheitlich männliche<br />
Gesprächspartner vermittelt. Trägt<br />
die Außendarstellung der Versicherungsbranche<br />
dazu bei, dass sie eher<br />
als Tätigkeitsfeld für Männer wahrgenommen<br />
wird?<br />
Sicherlich fehlen den Frauen die weiblichen<br />
Vorbilder, insbesondere im Vertrieb.<br />
Und Studien zeigen, dass Frauen<br />
gerne Vorbilder haben, wenn es um ihre<br />
berufliche Karriere geht. Positiv ist, dass<br />
der Anteil von Frauen in Führungspositionen<br />
in der Versicherungsbranche insgesamt<br />
seit Jahren steigt. Im Jahr 2014<br />
lag der Anteil der Frauen in Führung bei<br />
25% im Innendienst, bei allerdings nur 4<br />
% im Außendienst im Jahr 2013. (Flexible<br />
Personalstatistik des AGV).<br />
Der Anteil der Frauen in Vorstandspositionen<br />
ist in der Versicherungsbranche<br />
mittlerweile sogar höher als in anderen<br />
Branchen – aber eben nicht bei den Vertriebsvorständen.<br />
Das wird aber auch<br />
noch kommen!<br />
„Es braucht mehr<br />
Aufklärung zu<br />
den Chancen des<br />
Vertriebs“<br />
Bemühen sich die Versicherungsunternehmen<br />
genug, um den Vertrieb für<br />
Frauen attraktiver zu machen? Angesichts<br />
des Nachwuchsmangels wäre<br />
dies dringend geboten – der durchschnittliche<br />
Vermittler ist ca. 50 Jahre<br />
alt.<br />
Also zunächst einmal gilt es festzuhalten,<br />
dass Frauen für die Tätigkeit in der Vermittlung<br />
eine Bereicherung sind. Frauen<br />
haben die für den Vertrieb erforderlichen<br />
Fähigkeiten; sie gelten als äußerst<br />
kommunikativ, loyal und besitzen die<br />
Fähigkeit, (aktiv) zuzuhören. Im Vergleich<br />
zu Männern verfügen Frauen<br />
über eine stärker ausgeprägte emotionale<br />
Intelligenz. Dadurch fällt es ihnen<br />
besonders leicht, eine Beziehungsebene<br />
zum Kunden aufzubauen. Das bestätigt<br />
auch meine Studie, bei der ich 2000 Versicherungskunden<br />
befragt habe. Frauen<br />
werden von den Kunden als einfühlsamer,<br />
vertrauenswürdiger, zuverlässiger<br />
und ehrlicher wahrgenommen als ihre<br />
männlichen Kollegen.<br />
Vor diesem Hintergrund bemühen<br />
sich die Versicherungsunternehmen,<br />
die Tätigkeit für Frauen attraktiver zu<br />
machen. In vielen Unternehmen steht<br />
dieses Thema auf der Agenda des Vertriebsvorstandes,<br />
die Personalleiter der<br />
Vertriebe haben das Thema schon seit<br />
Jahren auf Ihrer Prioritätenliste ganz<br />
oben. Maßnahmen, die dazu beitragen,<br />
dass der Vertrieb für Frauen attraktiver<br />
wird, sind die verstärkte Rekruitierung<br />
von Frauen und die besondere Berücksichtigung<br />
bei Beförderungen, um mehr<br />
weibliche Rollenmodelle zu etablieren.<br />
Mentoringprogramme und Netzwerke<br />
werden flankierend eingesetzt. Und<br />
Modelle der Teilzeitbeschäftigung werden<br />
angeboten, um die Vereinbarkeit mit<br />
Familie zu unterstützen. Meine Erfahrung<br />
mit den Studentinnen des Studiengangs<br />
„Versicherungswesen“ zeigt aber<br />
noch etwas anderes: es braucht viel mehr<br />
Aufklärung zu den Arbeitsbedingungen<br />
und Chancen, die der Versicherungsvertrieb<br />
bietet.<br />
Bitte nennen Sie uns abschließend<br />
Gründe, warum die Vermittlertätigkeit<br />
trotz aller Widerstände auch für Frauen<br />
attraktiv sein kann.<br />
Eine Position im Vertrieb bringt viele<br />
abwechslungsreiche Aufgaben mit sich.<br />
Ein Vertriebsmitarbeiter ist nicht nur<br />
Verkäufer, sondern auch Berater. Er steht<br />
in vielseitigem Kontakt mit Kunden und<br />
soll eine umfassende Beratung auf Basis<br />
der Kundenbedürfnisse durchführen.<br />
Diese beiden Aspekte sind für Frauen<br />
sehr attraktiv.<br />
Darüber hinaus sind die Aufstiegschancen<br />
bei guten Leistungen für Frauen derzeit<br />
besonders gut; das gilt insbesondere<br />
für den Vertrieb, da der Frauenanteil dort<br />
derzeit gering ist. Und Weiterbildung<br />
wird im Vertrieb groß geschrieben, was<br />
den lernbegierigen Frauen gefällt. Soweit<br />
entspricht die Tätigkeit im Vertrieb auch<br />
einigen Wünschen der Frauen, wenn es<br />
um ihre Berufstätigkeit geht.<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
Die Fragen stellte Mirko Wenig.<br />
Seite 31
Interview mit Stefan Liebig<br />
„Wechselwillige Vertreter wollen<br />
echte Unternehmer sein“<br />
Fünf Firmen sind unter dem Dach der vfm-Gruppe mit Sitz in Pegnitz und Frankfurt am Main organisiert,<br />
darunter ein eigenes Maklerunternehmen, ein Maklerpool und ein Softwarehaus. Unser besonderes<br />
Interesse erregte jedoch die „vfm Versicherungs- & Finanzmanagement GmbH“, die Ausschließlichkeitsvertreter<br />
dabei begleitet, den Schritt zum Versicherungsmakler zu wagen. <strong>Versicherungsbote</strong> hat mit<br />
Geschäftsführer Stefan Liebig gesprochen, wie hoch die Zahl der wechselwilligen Vertreter ist, warum<br />
sich Vertreter für die Selbstständigkeit entscheiden und wie er die Zukunft des Versicherungsvertriebs<br />
allgemein einschätzt.<br />
Sie bezeichnen sich u. a. als „Dienstleister<br />
für Umsteiger aus der Ausschließlichkeit<br />
zum Makler“. Wie hoch ist die<br />
Zahl der wechselwilligen Ausschließlichkeitsvertreter,<br />
die Sie pro Jahr betreuen?<br />
Stefan Liebig: Wir führen jährlich hundertfach<br />
Gespräche mit wechselwilligen<br />
Ausschließlichkeitsvermittlern. Dabei<br />
analysieren wir die persönliche Situation<br />
und erarbeiten gemeinsam eine Entscheidungsgrundlage,<br />
ob der Wechsel in<br />
die Unabhängigkeit wirklich Sinn macht.<br />
In nicht wenigen Fällen raten wir auch<br />
etwa aufgrund fehlender wirtschaftlicher<br />
Leistungsfähigkeit von einem Wechsel<br />
ab.<br />
Stefan Liebig<br />
Geschäftsführer<br />
vfm Versicherungs- & Finanzmanagement GmbH<br />
Wenn jedoch die erforderlichen Parameter<br />
passen, begleiten wir schlussendlich<br />
max. 20 Partner pro Jahr beim Umstieg<br />
in die Unabhängigkeit und leisten dabei<br />
personelle Unterstützung, indem beispielsweise<br />
Mitarbeiter aus der Zentrale<br />
vorübergehend im Betrieb des neuen<br />
Partners vor Ort mit anpacken. Unsere<br />
Philosophie ist auf Langfristigkeit ausgelegt.<br />
Deshalb mache ich auch keinen<br />
Hehl daraus, dass wir großen Wert darauf<br />
legen, ob die viel zitierte Chemie zwischen<br />
den handelnden Personen stimmt.<br />
Das ist die Grundlage für Vertrauen und<br />
eine langfristige Partnerschaft!<br />
Haben Sie in den letzten Jahren einen<br />
Trend beobachten können, zum Beispiel,<br />
dass mehr oder weniger Vertreter<br />
in die Selbständigkeit wechseln wollen?<br />
Seite 32 02/<strong>2015</strong>
Karriere<br />
Unter anderem der Bundesverband<br />
Deutscher Versicherungskaufleute<br />
(BVK) verfolgt diese Fragestellung<br />
bereits seit längerem und seine<br />
Erkenntnisse decken sich mit unseren<br />
Erfahrungen, die zeigen, dass sich die<br />
Wechselbereitschaft der Ausschließlichkeitsvermittler<br />
seit Jahren auf konstant<br />
hohem Niveau hält. Natürlich spüren<br />
wir es, wenn einige Erstversicherer ihre<br />
jeweilige Ausschließlichkeitsorganisation<br />
zum Beispiel mit neuen Kooperationsverträgen<br />
konfrontieren oder mit<br />
Schließung ausgewählter Sparten diese<br />
damit unter Druck setzen. Unsere Kontaktfrequenz<br />
mit Kollegen der betroffenen<br />
Gesellschaft steigt in dem Moment<br />
sprunghaft an.<br />
Ich möchte hier aber auch klar zum Ausdruck<br />
bringen, dass wir niemals aktiv auf<br />
Vertreter dieser Gesellschaften zugehen,<br />
um eventuelle Missstände zu unserem<br />
Vorteil zu nutzen. Wir arbeiten womöglich<br />
mit dem gleichen Erstversicherer<br />
über den unabhängigen Vertriebsweg<br />
zusammen und würden mit einer derartigen<br />
Strategie die Partnerschaft mit<br />
Füßen treten.<br />
Die vfm-Gruppe begleitet seit über 20<br />
Jahren Umsteiger aus der Ausschließlichkeit.<br />
Es hat sich bewährt, den ersten<br />
Schritt voll und ganz dem ratsuchenden<br />
Vermittler zu überlassen. Erst wenn dieser<br />
anfragt und eventuellen Handlungsbedarf<br />
sieht, signalisieren wir von unserer<br />
Seite aus Gesprächsbereitschaft.<br />
Können Sie einen Einblick geben, welche<br />
Gründe Vertreter für ihre Wechselabsicht<br />
nennen?<br />
Die Bandbreite möglicher Beweggründe<br />
ist breit gefächert und ergibt in der<br />
Summe ein vielschichtiges Bild. Allerdings,<br />
sehr vereinfacht ausgedrückt:<br />
wechselbereite Vermittler wollen endlich<br />
„echte Unternehmer“ sein und freie Entscheidungen<br />
treffen. Zudem erkennen<br />
viele die außerordentliche Bedeutung<br />
und hervorgehobene Wertstellung, die<br />
ein selbst aufgebauter Kundenstamm mit<br />
sich bringt. Um sein damit verbundenes<br />
Kapital ohne Einschränkung disponibel<br />
halten zu können, ist zum Beispiel der<br />
Mantel einer GmbH oder GmbH & Co<br />
KG unerlässlich. Beide Rechtsformen<br />
sind für Makler und Mehrfachagenten<br />
selbstverständlich, in der Ausschließlichkeit<br />
aber aus nachvollziehbarem<br />
Grund unerwünscht.<br />
„Einzelkämpfer<br />
werden es<br />
schwer haben“<br />
Welche Probleme können bei einem<br />
Wechsel von der Ausschließlichkeit<br />
zum ungebundenen Vermittler entstehen<br />
– und welche Lösungen bieten Sie<br />
hierfür an?<br />
Die alles entscheidende Grundvoraussetzung<br />
für einen erfolgversprechenden<br />
Umstieg liegt in einem großen Kundenbestand,<br />
der zudem mit einer möglichst<br />
engen Kundenbindung einhergeht.<br />
Idealerweise kennt ein wechselwilliger<br />
Vermittler seine Kunden mindestens<br />
fünf, besser noch zehn Jahre und länger.<br />
Sofern diese Voraussetzung nicht gegeben<br />
ist, steigt die Wahrscheinlichkeit des<br />
Scheiterns extrem. Wir raten in solchen<br />
Fällen von einem Wechsel ab.<br />
Gerade in den ersten zwei Jahren nach<br />
dem Vertriebswegewechsel gestaltet sich<br />
im Besonderen die Kompositbestandsumdeckung<br />
als äußerst arbeitsintensiv,<br />
wofür wir ein Bestandsumdeckungskonzept<br />
entwickelt haben. In vielen<br />
Fällen ist ein Wechsel zudem mit einer<br />
Finanzierung verbunden. Wir assistieren<br />
bereits im Vorfeld mit einer Rentabilitätsberechnung<br />
für eine nachhaltige<br />
Unternehmensplanung. Zu guter Letzt<br />
ist ein gewisser Einsatz an Eigenkapital<br />
ebenfalls einzukalkulieren. Sollte darüber<br />
hinaus eine Finanzierungslücke<br />
bestehen, füllen wir diese mit unserer<br />
Starthilfe auf.<br />
Die Zahl der Versicherungsvermittler ist<br />
in den letzten Jahren stark zurückgegangen,<br />
auch im ersten Halbjahr <strong>2015</strong><br />
verlor die Branche laut Vermittlerregister<br />
4820 Fachkräfte. Ist ein „Vermittlersterben“<br />
zu befürchten, wie manche<br />
Experten warnen? Oder schrumpft sich<br />
die Branche gesund?<br />
Foto: dima_sidelnikov / istockphoto.com<br />
Seite 33
Sowohl als auch. Die Anzahl der Vermittler<br />
verringert sich derzeit nachhaltig,<br />
was allerdings im Gegenzug<br />
gleichzeitig zu einer Gesundung der<br />
Beraterlandschaft beiträgt. Es werden<br />
die Unternehmer im Markt verbleiben,<br />
die einen hohen Qualitätsanspruch an<br />
sich selbst und im Umgang mit ihren<br />
Kunden haben. Diese Entwicklung wird<br />
dazu führen, dass sich das derzeit – zu<br />
Recht oder Unrecht – etwas angeschlagene<br />
Image unserer Branche richtungsweisend<br />
verbessert.<br />
Sie kooperieren sowohl mit gebundenen<br />
als auch ungebundenen Vermittlern.<br />
Während die Zahl der Vertreter<br />
sehr stark eingebrochen ist, zeigt sich<br />
die Zahl der Makler hingegen stabil.<br />
Haben Sie eine Vermutung, was die<br />
Gründe hierfür sind?<br />
Der qualitätsbewusste Vermittler weiß,<br />
dass er für eine kompetente Beratung<br />
eine erstklassige und dabei möglichst<br />
breit aufgestellte Produktpalette benötigt,<br />
zumal sich der Verbraucher, dank<br />
Internet & Co., heute weit aufgeklärter<br />
zeigt als noch vor wenigen Jahren. Der<br />
hierdurch verursachte Druck erhöht<br />
den Handlungsbedarf, sich betriebswirtschaftlich<br />
möglichst selbstbestimmt<br />
wie zukunftssicher aufzustellen. Dies<br />
bedeutet im Umkehrschluss allerdings<br />
nicht automatisch, dass die Ausschließlichkeit<br />
aussterben wird. Deren vorhandene<br />
Bestände bedürfen ja ebenfalls weiterhin<br />
Betreuung. Will man allerdings<br />
als „echter“ Unternehmer agieren, wird<br />
dies mittel- und langfristig gesehen nur<br />
über die Makler- oder Mehrfachagentenschiene<br />
machbar sein.<br />
Die Hälfte der Versicherungsmakler<br />
erlöst weniger als 50.000 Euro im Jahr,<br />
so eine gemeinsame Studie von Towers<br />
Watson und Versicherungsjournal.<br />
Was können nach Ihrer Einschätzung<br />
umsatzschwache Makler machen, um<br />
das Geschäft anzukurbeln?<br />
Zunächst: Die Frequenz des Kundenkontakts<br />
erhöhen, Administration verschlanken<br />
und das Tätigkeitsfeld erweitern.<br />
Hierzu benötigen Vermittler dem<br />
Grunde nach besser heute als morgen<br />
umfassende Unterstützung in beinahe<br />
allen Produkt- und Servicebereichen.<br />
Einzelkämpfer werden es in Zukunft<br />
noch schwerer haben, überleben zu können.<br />
Die große Chance liegt demzufolge<br />
eindeutig in der Kooperation mit einem<br />
Partner. Ein Dienstleister, der operativ<br />
schlanke Prozesse zur Verfügung stellt,<br />
ist praktisch unerlässlich. Allen voran<br />
ist hier ein funktionierendes CRM-System<br />
zu nennen. Ebenso gilt es, die vertriebliche<br />
Aktivitäten zu intensivieren:<br />
Netzwerke schaffen, unternehmerische<br />
Ausrichtung erweitern und zusätzliche<br />
Vertriebskraft, beispielsweise in Form<br />
von Untervermittlern an sich zu binden,<br />
ist eine Herausforderung, die es anzugehen<br />
gilt.<br />
Bei der Erschließung neuer Umsatzquellen<br />
ist häufig die Rede davon, dass sich<br />
Vermittler lieber noch heute als morgen<br />
dem gewerblichen Kompositgeschäft<br />
zuwenden und sich dafür weiterbilden<br />
wollen. Das ist ein guter Ansatz aber<br />
ohne entsprechende Kontakte brotlose<br />
Kunst. Der Vertrieb hat sich im Vergleich<br />
zu früher nicht wesentlich verändert. Es<br />
wird immer zuallererst darum gehen,<br />
aktiv zu sein und Kunden im eigenen<br />
Bestand und natürlich auch außerhalb<br />
anzusprechen.<br />
„Voraussetzung<br />
für einen Umstieg<br />
ist ein großer<br />
Kundenbestand“<br />
Die Vermittlerbranche hat ein Nachwuchsproblem,<br />
der Altersschnitt liegt<br />
bei ca. 50 Jahren. Die Kürzung der<br />
Abschlussvergütung im Zuge des LVRG<br />
könnte dazu führen, dass gerade junge<br />
Selbstständige unter Druck geraten, da<br />
sie noch keinen großen Bestand aufgebaut<br />
haben. Wird das LVRG das Nachwuchsproblem<br />
verschärfen – und was<br />
kann dagegen getan werden?<br />
Das LVRG wird vermutlich auch dahingehend<br />
eine Auswirkung haben. Aber<br />
nachdem es auch nach LVRG noch diskontierte<br />
Abschlussprovisionen geben<br />
wird, steht unsere Branche noch vergleichsweise<br />
gut da. In allen anderen<br />
Branchen benötigen Existenzgründer<br />
für den Start einen Kredit und/oder<br />
Eigenkapital. Wir müssen uns daran<br />
gewöhnen, dass dies auch in der Finanzdienstleistung<br />
künftig notwendig sein<br />
wird, wenngleich aufgrund nach wie<br />
vor vorhandener Abschlussprovisionen<br />
in geringerem Umfang. Das ist doch ein<br />
positiver Umstand. Trotz aller Herausforderungen,<br />
die wir meistern müssen,<br />
dürfen wir den Blick für die positiven<br />
Dinge nicht verlieren.<br />
Die gesamte Versicherungswirtschaft<br />
darf auch nicht müde werden, ihre systemrelevante<br />
Daseinsberechtigung weiterhin<br />
offensiv nach außen zu tragen.<br />
In Verbindung mit gezielter Ansprache<br />
junger Menschen und intelligenten<br />
Finanzierungskonzepten, die nicht auf<br />
dem Rücken des Versicherten basieren,<br />
kann man Einsteiger sehr gut in bestehende<br />
Konstrukte integrieren - und<br />
ihnen damit den Start in unserer attraktiven<br />
Branche erleichtern.<br />
Sie betonen auf Ihrer Webseite, dass<br />
die vfm-Gruppe von keinen externen<br />
Geldgebern unterstützt wird und folglich<br />
unabhängig ist. Sollte dann auch<br />
die Maklerweiterbildung unabhängig<br />
sein? Und wie bewerten Sie die vom<br />
GDV initiierte Initiative „Gut beraten“,<br />
bei der Weiterbildung eng an Versicherer<br />
und Produktgeber gebunden ist?<br />
Als akkreditierter Bildungsdienstleister<br />
steht die vfm-Gruppe der Initiative<br />
bekanntermaßen positiv gegenüber. Wir<br />
begrüßen es daher, wenn die Umsetzung<br />
der Weiterbildungsverpflichtung<br />
in nationales Recht über „Gut beraten“<br />
erfolgen sollte. Dies allerdings verknüpfen<br />
wir mit der Maßgabe, die derzeitige<br />
Kostenstruktur moderater zu gestalten.<br />
Weiterhin muss es unserer Meinung<br />
nach bei der Vergabe von Punkten künftig<br />
eine Unterscheidung dahingehend<br />
geben, ob allgemeines, neutrales Fachwissen<br />
oder produktgeberlastige Inhalte<br />
geschult wird. Beides ist vom Grundsatz<br />
her wichtig, nichtsdestoweniger sollte<br />
es eine Mindestanforderung für Weiterbildungsthemen<br />
geben, die nicht im<br />
Zusammenhang mit einem Produktgeber<br />
stehen.<br />
Herr Liebig,<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
Die Fragen stellte Mirko Wenig<br />
Seite 34 02/<strong>2015</strong>
Karriere<br />
Legales Doping:<br />
„Runter mit dem KV-Beitrag!“<br />
Einer der größten Fehler war und ist es<br />
heute noch, eine PKV rein über den Beitrag<br />
zu verkaufen. Da wurde und wird<br />
aus monetären Gründen - meist auf dem<br />
Rücken und zum Nachteil des Kunden<br />
- von einer Gesellschaft zur anderen<br />
umgedeckt, was das Zeug hält.<br />
Doch es geht auch anders: Mit dem BEG<br />
lassen sich die nicht passenden oder<br />
nicht mehr zeitgemäßen Policen modernisieren.<br />
In der Erstberatung lassen sich<br />
direkt hochwertigere und auf Sicht nachhaltige<br />
Tarife anbieten (das entspricht<br />
dem, was dem Grunde nach eine PKV<br />
im Vergleich zur GKV auch ist).<br />
Doch der Reihe nach<br />
Das legale Beitragsdoping nennt sich<br />
BEG, Bürgerentlastungsgesetz:<br />
Wie es funktioniert<br />
siehe: Videos auf YouTube<br />
(Suchbegriff: „KVpro BEG“)<br />
Eine GKV ist vom Beitrag her voll steuerlich<br />
absetzbar. Eine PKV war es in dieser<br />
Form bisher nicht. Das BEG macht es<br />
nun möglich, den PKV- Beitrag analog<br />
den Leistungen einer GKV steuerlich<br />
abzusetzen. Damit das funktionieren<br />
kann, müssen aus einer PKV die Leistungen,<br />
die nicht einer GKV entsprechen,<br />
herausgerechnet werden, z.B.:<br />
• Heilpraktiker<br />
• stationär Chefarzt<br />
• Ein- / Zweibettzimmer<br />
• Zahnersatz<br />
• implantologische Leistungen<br />
• Kieferorthopädie<br />
Der Beitragsanteil, der nach Abzug der<br />
Mehrleistungen übrig bleibt, ist steuerlich<br />
absetzbar.<br />
Im Klartext<br />
In Tarifen, in denen nichts drin ist<br />
(kaum Leistung), kann auch nichts herausgerechnet<br />
und abgesetzt werden.<br />
Hochwertige Tarife und Tarife mit geringerem<br />
SB, werden im Vergleich zu den<br />
einfachen („leeren“) Tarifen durch das<br />
BEG günstiger. Das führt zu mehr MB,<br />
die Maßeinheit im Vertrieb<br />
siehe Videos auf YouTube<br />
(Suchbegriff: „KVpro BEG“)<br />
Beispielberechnung aus der KV-Vergleichssoftware<br />
LUX: Wirkung des BEG<br />
Hochrechnung von Eintrittsalter 36 auf<br />
Alter 66 = 30 Jahre<br />
Steuersatz: 40% (im LUX einstellbar)<br />
148 x 12 x 30 = 53.280 € für höherwertiges<br />
Produkt schrumpft auf 56 x 12 x<br />
30 = 20.160 €, d.h., der Versicherungsnehmer<br />
spart 33.120 € durch das BEG.<br />
Die KV-Vergleichssoftware LUX kann das BEG<br />
(einmalig am Markt!) und bringt Ihnen<br />
damit stabilen Umsatz und zufriedene Kunden.<br />
Lizenz online kaufen und sofort<br />
anwenden:<br />
www.KVpro.de<br />
Seite 35
Gesetzliche Krankenkassen<br />
als Türöffner<br />
Die gesetzliche Krankenversicherung ist auch für Versicherungsvermittler mittlerweile ein dankbares<br />
Thema. Je mehr die Kassen in einen Wettbewerb miteinander treten und sich der Leistungskatalog unterscheidet,<br />
desto mehr besteht Beratungsbedarf beim Kunden. Wie Vermittler die GKV als Türöffner nutzen<br />
können, erklärt Thomas Adolph, Geschäftsführer bei der Kassensuche GmbH, in seinem Gastbeitrag.<br />
Früher einmal galten die Gesetzlichen<br />
Krankenkassen (GKV) als der „natürliche<br />
Feind des Versicherungsvertriebs“, da<br />
sie mit ihm im Wettbewerb um die möglichen<br />
Privatversicherten standen. Heute ist<br />
das ganz anders – immer mehr Vermittler<br />
entdecken die immensen Möglichkeiten,<br />
die eine Nutzung der GKV im Kundengespräch<br />
bietet. Warum ist das so?<br />
124 Kassen<br />
und kaum einer kennt sie<br />
Zwar sind rund 90 Prozent der Bundesbürger,<br />
also etwa 70 Mio. Menschen in<br />
einer der aktuell 124 Krankenkassen versichert<br />
- doch nur die Wenigsten haben<br />
sich bislang mit ihr intensiver auseinandergesetzt.<br />
Warum auch – die meisten<br />
Leistungen und Behandlungen bekommt<br />
man ja einfach auf Versichertenkarte.<br />
Doch die Leistungen der Gesetzlichen<br />
Krankenkassen sind keinesfalls alle<br />
gleich! Natürlich, es gibt die in Deutschland<br />
sehr umfangreichen Pflichtleistungen,<br />
die jede Krankenkasse bieten muss.<br />
Das sind die normalen Arzt- und Krankenhausbehandlungen,<br />
verschriebene<br />
Medikamente aus der Apotheke usw.<br />
Freiwillige Leistungen als<br />
Unterscheidungsmerkmal<br />
Doch neben diesen Pflichtleistungen,<br />
die etwa 95% der Gesamtleistungen ausmachen,<br />
gibt es auch noch eine schier<br />
unüberschaubare Zahl an freiwilligen<br />
Leistungen. Diese kann eine Kasse nach<br />
eigener Entscheidung und in der von ihr<br />
gewählten Tiefe anbieten - oder eben<br />
auch nicht.<br />
Diese freiwilligen Leistungen können<br />
enorm umfangreich ausfallen und reichen<br />
von eher überflüssig bis zu extrem<br />
wichtigen Dingen. So kann man sicherlich<br />
diskutieren, ob eine Übernahme<br />
von Feldenkrais durch die Krankenkasse<br />
wirklich notwendig ist. Auch die Übernahme<br />
einer Professionellen Zahnreinigung<br />
pro Jahr ist sicherlich nett, hat aber<br />
einen überschaubaren finanziellen Vorteil.<br />
Dagegen sind z.B. die Übernahme<br />
der häuslichen Krankenpflege auch ohne<br />
Kind im Haushalt oder die erweiterte<br />
Zahlung von Haushaltshilfen Leistungen,<br />
die man sich sonst meist gar nicht<br />
leisten könnte oder über eine Zusatzversicherung<br />
absichern müsste! Und wer<br />
sein Kind ins Krankenhaus begleiten<br />
möchte (Rooming-In), ist natürlich für<br />
eine entsprechende Leistung seiner Kasse<br />
ebenfalls extrem dankbar.<br />
Das sind nur einige wenige Beispiele.<br />
Bis zu 3.884 Leistungsdetails weist unser<br />
Informationsdienst gesetzlichekrankenkassen.de<br />
derzeit aus. Anders als für<br />
Seite 36 02/<strong>2015</strong>
Vertrieb<br />
die Privatassekuranz existiert hier kein<br />
geschriebenes Bedingungswerk, das man<br />
einfach analysieren kann. Es gibt zwar<br />
eine Satzung aber dort steht nur ein verschwindend<br />
kleiner Teil der tatsächlich<br />
angebotenen freiwilligen Leistungen.<br />
Somit bleibt nur, die Krankenkassen in<br />
standardisierter Form und sehr ausgeklügelter<br />
Formulierung zu befragen, um<br />
wirklich realistische und vergleichbare<br />
Informationen zu erhalten. Wichtige<br />
Leistungsbausteine hierbei sind zum<br />
Beispiel:<br />
• Bonusprogramme (bei denen es<br />
attraktive Geldprämien von bis zu<br />
mehreren hundert Euro pro Jahr<br />
gibt)<br />
• Wahltarife (z. B. die aus der PKV<br />
bekannte Beitragsrückerstattung bei<br />
Leistungsfreiheit)<br />
• Naturheilverfahren (populär sind<br />
u.a. Homöopathie und Osteopathie)<br />
• Zahnbereich (u. a. Übernahme oder<br />
zumindest Zuschuss für Professionelle<br />
Zahnreinigung)<br />
• Zusätzliche Leistungen über das<br />
gesetzliche Mindestmaß hinaus<br />
(z. B. zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen,<br />
freie Krankenhauswahl,<br />
zusätzliche häusliche Pflege, etc.)<br />
• Serviceleistungen (wie 24-Stunden-Hotline<br />
oder die Vermittlung<br />
von Arztterminen)<br />
Einsparmöglichkeiten beim<br />
Beitrag – gerade ab 2016<br />
Doch nicht nur in den Leistungen unterscheiden<br />
sich die Kassen, sondern auch<br />
beim Preis. Seit diesem Jahr dürfen die<br />
Kassen über ihren Beitragssatz wieder<br />
weitgehend selbst entscheiden. Die<br />
günstigsten Kassen haben aktuell den<br />
geringstmöglichen Beitragssatz von<br />
14,6% (des monatlichen Bruttoeinkommens),<br />
die teuersten Kassen von 15,9%.<br />
Die Differenz von 1,3 Prozentpunkten ist<br />
vom Mitglied selbst zu tragen. Bei einem<br />
Einkommen von EUR 4.000 pro Monat<br />
sprechen wir also über EUR 624,- Unterschied<br />
pro Jahr. Zumindest theoretisch<br />
– denn nicht jede Kasse ist in jedem Bundesland<br />
verfügbar. Und bei geringerem<br />
Gehalt fällt natürlich auch der absolute<br />
Beitrag niedriger aus.<br />
Zum Jahreswechsel 2016 ist aufgrund<br />
der Finanzlage bei den meisten Kassen<br />
eine Beitragserhöhung zu erwarten.<br />
Im Schnitt rechnet man mit 0,2 bis 0,3<br />
Prozentpunkten. Einige Kassen werden<br />
damit aber sicherlich nicht auskommen,<br />
womit eine weitere Spreizung der verlangten<br />
Beiträge voraussehbar ist.<br />
Vertriebschance<br />
beim Kunden<br />
Die Bekanntgabe der neuen Beiträge wird<br />
ab spätestens Mitte Dezember erfolgen –<br />
und bekanntlich führt jede Beitragserhöhung<br />
eines Versicherers zum Unmut der<br />
Verbraucher. Somit ist der Zeitraum von<br />
Mitte Dezember <strong>2015</strong> bis Februar 2016<br />
ideal, das Beitragsthema der GKV als<br />
Aufhänger für einen Kundentermin zu<br />
nutzen!<br />
Die Mitgliedschaft kann übrigens mit<br />
einer Frist von 2 vollen Monaten gekündigt<br />
werden. Ist man kürzer als 18 Monate<br />
in der bisherigen Kasse Mitglied, gibt es<br />
bei einer Beitragserhöhung ein Sonderkündigungsrecht<br />
mit der gleichen Frist.<br />
Als Service kann man den Kunden somit<br />
bei der Suche nach einer anderen Kasse<br />
aktiv unterstützen. Dabei sollten einerseits<br />
die möglichen Mehrleistungen<br />
berücksichtigt werden und andererseits<br />
der Einsparungseffekt – der dann weitere<br />
sinnvolle private Absicherungen finanzieren<br />
kann.<br />
Wobei sich der so gewonnene Kundenkontakt<br />
keinesfalls auf die GKV alleine<br />
beschränken sollte! Über die individuellen<br />
Wünsche des Kunden an seine<br />
Krankenkasse kann auf ganz einfache<br />
Weise die komplette Palette der biometrischen<br />
Risiken von Familienabsicherung<br />
(Risiko-LV) über Krankentagegeld,<br />
Berufsunfähigkeitsschutz und Pflegeversicherung<br />
angesprochen werden – plus<br />
natürlich der Zusatz-Krankenversicherung<br />
in all ihren Spielarten.<br />
Wer sich all dies vergegenwärtigt, kommt<br />
um die GKV als Türöffner beim Kunden<br />
gar nicht mehr herum. Und Ende diesen<br />
Jahres beginnt die beste Zeit dafür,<br />
die auch den Grundstein für das erfolgreiche<br />
Vermittlungsgeschäft 2016 legen<br />
kann!<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Thomas Adolph<br />
Thomas Adolph<br />
Fachwirt für Finanzberatung<br />
(IHK), Financial Advisor<br />
(EFICERT) sowie TÜV-SÜD<br />
zertifizierter Fonds-Spezialist.<br />
Seit 1993 ist er in der Finanzbranche<br />
tätig und hat 1996 die<br />
AFW Adolph Finanzplanung und<br />
Wirtschaftsberatung Dienstleistungs<br />
GmbH in Frankfurt am<br />
Main gegründet.<br />
Adolph ist Geschäftsführer der<br />
Kassensuche GmbH, die auf<br />
die Analyse der Leistungen der<br />
Gesetzlichen Krankenkassen<br />
spezialisiert ist. Mit dem Vergleichsportal<br />
www.gesetzlichekrankenkassen.de<br />
will er „die<br />
Beiträge und Leistungen der<br />
gesetzlichen Krankenkassen<br />
transparent“ machen.<br />
Das Portal kooperierte mit<br />
namhaften Medien wie der<br />
Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung<br />
(FAS), Euro am<br />
Sonntag und Stern Online.<br />
An Vermittler, die zur GKV beraten,<br />
wendet sich das Vermittlerportal<br />
„makleraktiv.de“.<br />
Foto: ALXR / istockphoto.com<br />
Seite 37
Interview mit Hagen Engelhard<br />
Krankenversicherung -<br />
„Ganzheitliche Beratung aus<br />
einer Hand ist eine Illusion“<br />
Versicherungsvermittler sollten zu PKV und GKV gleichermaßen beraten können, weil sie damit dem<br />
Kunden mehr Wahlmöglichkeiten einräumen. Diese These vertritt Hagen Engelhard, Gesundheitsexperte<br />
und Gründer des Versorgungsnetzwerkes Medi-Kost-Net, im <strong>Versicherungsbote</strong>-Interview. Denn auch<br />
gesetzlich Versicherte können sich wie Privatpatienten behandeln lassen, wenn sie die Vorteile einer<br />
Zusatzversicherung und des Kostenerstattungsprinzips kennen. Doch in der Beratung zur gesetzlichen<br />
Krankenversicherung sieht Engelhard Defizite – auch, weil die Vermittler nicht bereit seien, ihr Fachwissen<br />
zu vertiefen.<br />
Unser Thema ist Beratung zur Krankenversicherung,<br />
speziell unter Berücksichtigung<br />
der gesetzlichen Vorsorge. Wo<br />
sehen Sie hier Defizite auf Seiten der<br />
Vermittler?<br />
Engelhard: Ich sehe Defizite vor allem<br />
bei Pflege und bei der Kostenerstattung<br />
in der GKV. Deren Chancen und Vorteile<br />
sollten Vermittler aktiv ansprechen,<br />
aber sie tun es einfach nicht. Pflege findet<br />
auf Initiative des Endverbrauchers,<br />
also eines potentiellen Kunden statt,<br />
während Kostenerstattung überhaupt<br />
nicht angesprochen wird. Weil das auch<br />
von den Gesellschaften nicht gewollt<br />
wird. Es ist erklärungsbedürftig und<br />
damit kein einfaches Produkt, sondern<br />
eins, womit man sich mal als kompetenter<br />
Vermittler profilieren könnte. Mein<br />
Eindruck: die Pflegeversicherung ist bei<br />
den Kunden mehr zugegen als bei den<br />
Vermittlern.<br />
Das Kostenerstattungsprinzip läuft<br />
darauf hinaus, dass die Verbraucher<br />
in den Krankenkassen verbleiben und<br />
Mehrkosten einer Behandlung aus eigener<br />
Tasche zahlen. Provokativ gefragt:<br />
schneidet sich der auf PKV spezialisierte<br />
Vermittler damit nicht ins eigene<br />
Fleisch? Das könnte ein Grund für die<br />
fehlende Beratungsbereitschaft in diesem<br />
Bereich sein.<br />
Ja, das sind Kannibalisierungseffekte, die<br />
tatsächlich vorkommen können. Diese<br />
Kannibalisierungseffekte sind aber nach<br />
meinem Dafürhalten zu vernachlässigen,<br />
denn der Endverbraucher, der für solche<br />
Kostenerstattungsprinzipien geeignet ist,<br />
muss etwas mehr Geld verfügbar haben.<br />
Er muss sehr ordentlich verdienend sein.<br />
Der liegt dann irgendwo beim Höchstbeitrag<br />
innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
plus Zusatz ambulant,<br />
plus Zusatz stationär, plus Pflege. Der<br />
kommt von ganz allein auf die Idee, dass<br />
er das gleiche Phänomen mit einer privaten<br />
Vollversicherung lösen kann und<br />
dann auch noch im Vergleich zu dem<br />
finanziellen Aufwand von 900-1.000<br />
Euro mit einer Vollversicherung eventuell<br />
besser dasteht.<br />
„Der Privatverbraucher<br />
kommt<br />
häufig mit<br />
Vorurteilen“<br />
Da stellt sich doch die Frage - Wäre es<br />
nicht für die Makler/Vermittler lukrativer,<br />
den Kunden gleich in einen PKV-Tarif<br />
zu lotsen?<br />
Selbstverständlich wäre es schlauer.<br />
Aber manchmal sei im Vertrieb die<br />
Frage gestattet, ob ich mit der Tür ins<br />
Haus falle oder auf mögliche Ressentiments<br />
der Kunden Rücksicht nehme.<br />
Der Privatverbraucher kommt häufig<br />
mit Vorurteilen gegenüber der Vollversicherung.<br />
Bevor ich ihn da verschrecke,<br />
kann man den Ansatz wählen: „Mein<br />
lieber Endverbraucher, du hättest die<br />
Möglichkeit dich privatversichern zu<br />
lassen. Aber wenn dir das unangenehm<br />
ist, dann denk doch mal drüber nach in<br />
der Gesetzlichen zu bleiben und trotzdem<br />
einen Privatpatienten-Status zu<br />
erreichen.“ Mit einer solchen Strategie<br />
macht man zunächst neugierig auf das<br />
Thema. Wenn ich dann den Kunden das<br />
Prinzip der Kostenerstattung erkläre,<br />
denn das haben die meisten Menschen<br />
in Deutschland noch nie gehört, dann<br />
identifiziert der Endverbraucher den<br />
Vermittler, der vor ihm sitzt, als Fachmann<br />
und nicht als „Verkäufer“. Und<br />
dann kommt der Kunde von allein und<br />
fragt „Was ist denn nun eigentlich, wenn<br />
man das komplett mit einer Privatversicherung<br />
lösen könnte?“. So kann ich den<br />
sehr vorsichtig und nett lotsen. Ich hab<br />
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Vertrieb<br />
dieses „Lotsen“ in meiner Zeit als Vermittler<br />
häufig benutzt.<br />
Es hat ja tatsächlich einen Vorteil für<br />
den Kunden, in der GKV zu bleiben und<br />
entweder mit Kostenerstattung oder<br />
Zusatzversicherung aufzustocken. Nämlich,<br />
dass die Beiträge abhängig sind<br />
vom Lohn. In der PKV hingegen kann es<br />
dem Kunden passieren, dass er plötzlich<br />
wenig Geld verdient aber trotzdem<br />
hohe Beiträge zahlen muss.<br />
Das würde ich gerne differenzierter<br />
betrachten. Wenn ich eine private Vollversicherung<br />
mit Sinn und Verstand<br />
beginne, dann kann ich sehr wohl mit<br />
geringem Risiko in die PKV wechseln.<br />
Das bedeutet: Ich bin mir darüber<br />
in Klaren, dass ich ein ordentliches<br />
Einkommen haben werde und nicht<br />
Berufseinsteiger bin, der vielleicht nur<br />
die unsichere Aussicht auf einen hohen<br />
Lohn hat. Wenn ich mir dann mit meiner<br />
Familienplanung im Klaren bin,<br />
beide Partner im Beruf stehen und eine<br />
genügende Restlaufzeit bis zur Rente von<br />
-sagen wir mal- 20 bis 25 Jahren besteht,<br />
dann ist die PKV eine gute Lösung.<br />
Wenn ich hingegen all die Dinge noch<br />
nicht geklärt habe, ist der Verbleib in der<br />
Krankenkasse plus Zusatzversicherung<br />
eine bessere Wahl.<br />
Einspruch! Was ist mit jenen Fällen, in<br />
denen Selbstständige lange Jahre gut<br />
verdient haben, aber 4-5 Jahre vor Renteneintritt<br />
in die Arbeitslosigkeit rutschen?<br />
Dann kann die hohe Versicherungsprämie<br />
zum Problem werden.<br />
Bezüglich der Frage „Was macht der<br />
Endverbraucher, wenn es auf einmal<br />
nicht mehr geht?“, hat der Gesetzgeber<br />
bereits potenzielle Hilfsnetze gezogen.<br />
Diese sind den meisten Versicherten nur<br />
nicht bekannt. Es kann immer passieren,<br />
dass ich betriebswirtschaftlich nicht<br />
mehr klar komme. Mit einer hinreichenden<br />
Laufzeit des Vertrages von 20 bis 25<br />
Jahren bis zum Rentenalter kann man<br />
aber für diesen Fall vorbeugen. Hierfür<br />
hat der Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten<br />
innerhalb der PKV geschaffen:<br />
ich reduziere beispielweise meinen<br />
Versicherungsschutz auf ein kassenähnliches<br />
Niveau und was ich bis dato an<br />
Altersrückständen gesammelt habe,<br />
wird aufgelöst, für mich individualisiert<br />
und in Form eines zukünftig zu zahlenden<br />
Beitrages rabattiert. Wenn jemand<br />
einen vernünftigen Tarif mit hohen<br />
Altersrückständen gekauft hat, landen<br />
wir in einer Größenordnung von 250<br />
bis 350 Euro als Monatsbeitrag. Das hat<br />
ein normal versicherter GKV-Rentner<br />
auch zu zahlen, zumal man dann auch<br />
Zuschüsse vom Rentenversicherungsträger<br />
erhält. Wer nicht ausreichend für das<br />
Alter vorgesorgt hat und lieber in Autos<br />
und viele Urlaube investierte, wird sehr<br />
wahrscheinlich auch mit gesetzlichem<br />
Schutz in die Altersarmut rutschen.<br />
„Wir betrachten<br />
nicht die selektive<br />
Wahrnehmung<br />
des Kunden“<br />
Zurück zum Thema Zusatzversicherung.<br />
Vermittler empfehlen gerne Zahnzusatzversicherungen.<br />
Es ist gut gegenüber<br />
dem Kunden kommunizierbar, dass<br />
man irgendwann Zahnersatz braucht<br />
und hier Kosten drohen. Welche Zusatzversicherungen<br />
werden Ihrer Meinung<br />
nach zu selten angeboten, vielleicht<br />
weil der Kunde gar nicht weiß, dass er<br />
sie abschließen kann?<br />
Ich glaube, dass wir in Deutschland,<br />
was das Thema Zusatzversicherung<br />
angeht, einem Irrglauben unterliegen<br />
und zwar, dass wir das psychologische<br />
Phänomen „selektive Wahrnehmung“<br />
nicht betrachten. In den Augen eines<br />
normalen Endverbrauchers zeigt sich<br />
das Medizinische zunächst gar nicht,<br />
wenn er gesund ist. Da, wo es sich zeigt,<br />
ist es zunächst bei Störungen, die auch<br />
auf dem gesetzlichen Niveau ordentlich<br />
abgearbeitet werden: Schnupfen, Husten,<br />
Heiserkeit. Das erste, was viele Verbraucher<br />
mit hohen Kosten verbinden,<br />
ist die zahnmedizinische Versorgung.<br />
Opa hat ja schon ein Gebiss und braucht<br />
jetzt ein neues, das ist teuer.<br />
Folglich macht den Verbraucher eine<br />
Bedrohungsanalyse und sagt: “Nach<br />
meinen Erfahrungsschatz ist genau hier<br />
das größte Problem“ und ruft deswegen<br />
Hagen Engelhard<br />
ist Mitbegründer des Versorgungsnetzwerkes<br />
Medi-Kost-<br />
Net. Er gibt Seminare und hält<br />
Vorträge vor Ärzten, in Krankenhäusern<br />
und in der Pharmaindustrie.<br />
Der Großteil seiner<br />
Schulungen bietet er in der<br />
Versicherungsbranche an, u.a.<br />
referiert er bei Gesellschaften<br />
und Pools über das Gesundheitswesen<br />
und Krankenversicherungen.<br />
Engelhard berät<br />
auch Unternehmen in der<br />
Tarifentwicklung und vermittelt<br />
selbst über Medi-Kost Pflegeund<br />
Krankenversicherungen.<br />
nach einer Zahnversicherung. Das spiegelt<br />
dann auch das Verhalten des Vermittlers<br />
wieder, die sagen: “Warum soll<br />
ich diese selektive Wahrnehmung des<br />
Endverbrauchers mit Gewalt ändern,<br />
wenn sie sogar dafür sorgt, dass er ein<br />
Produkt abfordert?“ Also befriedige ich<br />
vordergründig den Wunsch des Kunden<br />
und stelle ihn freundlich zufrieden und<br />
mich auch, ich hab Geld verdient. Kunde<br />
ist zufrieden, alles gut.<br />
Was wir hingegen sehr häufig nicht<br />
machen: an die tatsächlichen Risiken<br />
herantreten, die uns alle im Zweifel mit<br />
fürchterlicher Verzögerung treffen. Und<br />
wenn sie uns treffen, ist es meist schon<br />
zu spät. Das beginnt mit Pflegevorsorge.<br />
Pflege kommt nicht sofort, Pflege ist<br />
nicht sofort für alle sichtbar und wenn<br />
überhaupt medial. Hinzu tritt das Phänomen,<br />
dass ein halbwegs Gesunder sich<br />
sehr ungern mit seinem eignem Ableben<br />
beschäftigt, und die Absicherung<br />
hierfür nach hinten schiebt.<br />
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Die wesentliche Frage aber ist auch:<br />
„Wer operiert mich?“ Operiert mich der<br />
Arzt, der gerade zufällig Dienst hat und<br />
es am besten können will, weil in 10 Jahren<br />
irgendwann mal Leitender Oberarzt<br />
werden möchte? Oder operiert mich der<br />
Arzt, der es jetzt schon am besten kann<br />
und den anderen es bereits beibringt?<br />
Das ist die wahlärztliche Behandlung<br />
und diese Leistung tritt in Deutschland<br />
extrem weit in den Hintergrund,<br />
weil die meisten Kunden und Vermittler<br />
kein Wissen über die Unterschiede<br />
haben. Wer ist denn für Privatpatienten<br />
Op-technisch zuständig? Was muss er<br />
da anbieten, was er dem Kassenpatient<br />
nicht anbietet? Wenn ich dass nicht weiß<br />
und nicht artikulieren kann, dann spreche<br />
ich diese Dinge nicht an.<br />
Das Gleiche gilt für die Kostenerstattung.<br />
Ist hierbei wirklich nur der einzige<br />
Vorteil, dass ich sofort einen Termin<br />
bekommen kann? Oder hängt da mehr<br />
dran? Etwa die Frage: Ambulante Operation,<br />
macht es der beste Arzt oder<br />
jener, der noch am meisten übt? Schiebt<br />
man mich ab ins Krankenhaus, weil es<br />
dort billiger ist für den Operateur? Welche<br />
Materialien bekomme ich bei künstlichen<br />
Gelenken „eingepflanzt“? Welche<br />
Medikamentenversorgung steckt hinter<br />
der Thematik? Deswegen glaube ich,<br />
dass Kunden durch diese selektiven<br />
Wahrnehmungen häufig falsche Schwerpunkte<br />
setzen.<br />
Sie würden also Vermittlern raten, eher<br />
die Chefarztbehandlung bei Zusatzversicherungen<br />
anzusprechen?<br />
Ganz deutlich ja. Ich würde es aber nicht<br />
Chefarztbehandlung nennen, weil es<br />
eigentlich ein falscher Begriff ist. Sondern<br />
es ist eine wahlärztliche Behandlung,<br />
die per Gesetz nach den Regeln<br />
der ärztlichen Kunst stattzufinden hat.<br />
Während für Kassenpatienten hingegen<br />
die Allgemeinen Krankenhausleistungen<br />
gelten. Hier orientiert sich die<br />
Behandlung an der Leistungsfähigkeit<br />
des Krankenhauses, also was technisch<br />
gerade möglich ist. Die Wahlmöglichkeiten<br />
des Kassenpatienten sind folglich<br />
nicht gegeben oder eingeschränkt.<br />
Müssen dann Vermittler auch Experten<br />
für das Gesundheitssystem sein? Also<br />
nicht nur die Tarife kennen, sondern<br />
sich auch mit den Abläufen in Krankenhäusern<br />
vertraut machen? Das ist ja ein<br />
gewaltiger Themenkomplex, mit dem<br />
oft schon die Gesundheitsdienstleister<br />
vor Ort überfordert sind.<br />
So unangenehm das für den ein- oder<br />
anderen sein mag, ich glaube, dass die<br />
Kenntnis allein der Tarife nichts bringt.<br />
Wenn man sich mit der Thematik Krankenversicherung<br />
auseinandersetzt, muss<br />
man tatsächlich ein weiteres Spektrum<br />
abdecken. Ich könnte mich mit Ihren<br />
Begriff „Experten im Gesundheitssystem“<br />
durchaus anfreunden. Ich glaube,<br />
dass diejenigen Vermittler innerhalb der<br />
Krankenversicherung, egal ob Zusatzoder<br />
Vollversicherung, die sich mit den<br />
Themen auskennen und weiterbilden,<br />
in Zukunft einen Vorteil haben werden.<br />
Der Verbraucher wird dann irgendwann<br />
merken, wer sich auskennt und wer nur<br />
weiterverkaufen will.<br />
Das heißt aber auch, von den Vermittlern<br />
wird eine fachliche Spezialisierung<br />
verlangt!<br />
Auch das ist wieder eine These, die im<br />
Versicherungsvertrieb nicht so gerne<br />
gehört wird, das weiß ich. Aber ich bin<br />
Anhänger von Spezialisierungen. Ich<br />
glaube, dass ein Vermittler, der mir<br />
gegenübertritt und sagt: „Ich kann die<br />
Krankenversicherung, ich kann alle<br />
anderen biometrischen Produkte, ich<br />
kann Sach- und ich kann Altersvorsorge<br />
und auch noch Geldanlage“, irgendwo<br />
Defizite hat. Da sag ich: „Stopp, das<br />
glaub ich einfach nicht! Du kratzt nur an<br />
der Oberfläche!“<br />
Auch unser Magazin empfiehlt oft eine<br />
ganzheitliche Beratung, von Anlageberatung<br />
bis hin zu Sach- und Krankenversicherung.<br />
Aber Sie meinen, dass<br />
Kostenerstattungsprinzip<br />
Beim Kostenerstattungsprinzip wird die Behandlung des<br />
GKV-Patienten wie bei einem Privatpatienten (Selbstzahler)<br />
nach der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)<br />
oder bei Zahnärzten (GOZ) abgerechnet. Der Patient bezahlt<br />
seine Rechnung direkt an den Arzt und lässt sich den erstattungsfähigen<br />
Anteil durch seine Krankenkasse erstatten. Das<br />
erlaubt es auch GKV-Versicherten, von einer Behandlung zu<br />
profitieren, die er als „normaler Kassenpatient“ wahrscheinlich<br />
nicht erhalten hätte. GKV-Versicherte haben seit 2004 die<br />
Wahl, am Kostenerstattungsprinzip zu partizipieren. Doch<br />
vielen Versicherten ist diese Option gar nicht bekannt.<br />
die ganzheitliche Beratung aus einer<br />
Hand eine Illusion ist weil eine Vertiefung<br />
der einzelnen Themen oft nicht<br />
stattgefunden hat?<br />
Ich glaube, das ist eine Illusion, zumal<br />
ich viele Vermittler, die sich mit Krankenversicherungen<br />
beschäftigt haben,<br />
auf den Markt schon gesehen habe. Also<br />
ich sage mal: 30.000 bis 40.000 Vermittler<br />
habe ich schon gesehen. Da hat eine<br />
hinreichende Zahl gesagt, wir verfolgen<br />
den ganzheitlichen Beratungsansatz und<br />
hatten aber speziell in der Krankenversicherung<br />
Wissensdefizite. Wenn ich dann<br />
hochrechne, was sie in anderen Bereichen,<br />
zu denen sie beraten, vermutlich<br />
auch nicht alles wissen! Dann fühle ich<br />
mich bei diesen Generalisten nicht mehr<br />
so gut aufgehoben. Es ist auch ungerecht<br />
zu fordern, dass die „Kollegen und Kolleginnen“<br />
alles können! Was ich sehr<br />
wohl nachvollziehen kann, ist, wenn<br />
Vermittlerbüros sagen: wir machen eine<br />
ganzheitliche Beratung und haben unter<br />
unserem Dach mehrere Spezialisten für<br />
die einzelnen Themen. Ich kann mir<br />
auch vorstellen, dass man z. B. die Biometrie-Risiken<br />
unter einem Dach vereint.<br />
Eine Notwendigkeit zur Vertiefung<br />
sehe ich auf jeden Fall.<br />
Ich möchte aber die Kollegen, die mit<br />
einem guten Ansatz und gutem Gewissen<br />
diesen ganzheitlichen Beratungsvorsatz<br />
ausprobieren, nicht beleidigen und<br />
sagen: „Ihr habt alle keine Ahnung, hört<br />
auf damit“. Ich glaube aber, viele dieser<br />
Kollegen sollten sich fragen, ob sie bei all<br />
diesen Themen wirklich gut sind und im<br />
Zweifel auch mal die Entscheidung treffen:<br />
“Ich ziehe einen Kollegen zu Rate,<br />
der vielleicht mit den Thema mehr verwachsen<br />
ist als ich.“
Das muss sich dann auch in der Beratungsdokumentation<br />
des Vermittlers<br />
widerspiegeln. Sollte der Vermittler sich<br />
vom Kunden bescheinigen lassen, dass<br />
er nur zu bestimmten Themen beraten<br />
will? Weil eventuell ein Haftungsrisiko<br />
lauert, wenn Risiken nicht angesprochen<br />
werden?<br />
Da gehe ich zu 100 Prozent mit. Ich bin<br />
ein sehr großer Freund von Makleraufträgen,<br />
weil man die Beratung damit<br />
inhaltlich abgrenzen kann. Ich rate auch<br />
den Kollegen, Aufträge zu machen und<br />
vorher mit den Endverbraucher ganz<br />
offen zu klären: „Thema ist heute nur<br />
erstens, zweitens, drittens“.<br />
Das Krankenvollgeschäft schwächelt<br />
aktuell. Können Vermittler diese Schwäche<br />
mit dem boomenden Zusatzversicherungen<br />
auffangen? Die Vergütungen<br />
sind hier niedriger.<br />
Ich bin davon überzeugt, dass man<br />
allein mit Zusatzversicherungen das<br />
bei einigen verlorengegangene Vollgeschäft<br />
nicht kompensieren kann. Weil<br />
man die Anzahl der Abschlüsse doch<br />
bei den kleineren MB-Sätzen und Beitragssätzen,<br />
die da zustande kommen,<br />
sehr weit nach oben fahren müsste. Ich<br />
glaube aber, dass der schwächelnde Vollversicherungsumsatz<br />
nicht so schwächeln<br />
müsste, wie er jetzt schwächelt.<br />
Die Branche hat in den letzten Jahren<br />
den Fehler gemacht, auf das Pferd zu<br />
setzen: „Vollversicherung ist billiger<br />
als die GKV. Und je billiger, desto besser!“.<br />
Sowohl auf Vermittler- als auch<br />
Kundenseite haben sich die Versicherer<br />
damit „schwarze Schafe“ in den Vertrieb<br />
und in die Bestände geholt.<br />
Nachdem das Dumping-Geschäft der<br />
letzten Jahr nicht mehr funktioniert, gibt<br />
man aber auf und sucht nicht nach Alternativen.<br />
Dabei haben wir in Deutschland<br />
4 Millionen freiwillig Versicherte.<br />
Wir haben die nie angefasst, diese Leute.<br />
Diese Kunden dümpeln in irgendwelchen<br />
Firmen umher und sind nie angesprochen<br />
worden. Es gibt eine lustige<br />
Statistik, die ist nun schon ein paar Jahre<br />
alt und heute nicht mehr ganz passend.<br />
Als wir im Zuge der Hartz-Reformen<br />
die „Ego AG Gründungswelle“ hatten,<br />
waren 70 Prozent aller Ego AGs Privatpatienten,<br />
während die Vorstandsvorsitzenden<br />
der DAX-Unternehmen zu 70<br />
Prozent Kassenpatienten waren...<br />
Wie gewinnt man denn die neuen Kunden<br />
und wo findet man sie?<br />
Die Branche hat verlernt, sich und ihre<br />
Produkte zu verkaufen. Durch das Internet<br />
ist der Kunde seit einiger Zeit immer<br />
auf uns zugekommen. Ich suche auf<br />
„versicherungbilliger.de“. Aber der Vermittler<br />
muss zum Kunden hingehen und<br />
sagen: „Ich hab eine gute Idee, du machst<br />
grade was falsch. Du bist gesetzlich versichert<br />
und das ist nicht dein Standing.“.<br />
Also muss ich als Vermittler dorthin, wo<br />
sich potentielle Neukunden aufhalten.<br />
Das beginnt zum Beispiel bei der Frage:<br />
wenn ich als Versicherungsvermittler in<br />
ein Fußballstadion gehe, geh ich dann<br />
in die Kurve zu den Fans, die für eine<br />
Eintrittskarte 10 Euro bezahlt haben,<br />
oder geh ich in die VIP-Lounge? Wenn<br />
ich Freizeitaktivitäten mache, lerne ich<br />
als einsamer Wanderer keinen kennen.<br />
Aber geht man auf eine Oldtimer-Ausstellung,<br />
laufen dort Leute rum mit<br />
hohen Einkommen. Die sind zwar oft<br />
schon betagter aber schleppen auf ihren<br />
Veranstaltungen ihre frisch studierten<br />
Kinder mit. Bin ich als junger Vermittler<br />
bei den Wirtschaftsjunioren tätig? Es<br />
gibt der Möglichkeiten viele. Wenn ich<br />
aus einer kleineren Stadt komme, organisiere<br />
ich eine Afterwork-Party mit<br />
Honoratioren des Dorfes. Ich lade den<br />
Schlachter, den Notar, den Tankstellenwächter<br />
ein und dann unternimmt man<br />
gemeinsam etwas.<br />
„Vermittler sind<br />
nicht ohnmächtig“<br />
Es gibt auch Vermittler, die 80 Prozent<br />
ihres Umsatzes im Netz abholen!<br />
Das ist nicht übertragbar auf die Mehrzahl<br />
der Vermittler, die trotz Facebook<br />
und Xing nur wenig Geschäft im Netz<br />
machen. Die sollten sich vielleicht tatsächlich<br />
sagen: Ich geh einfach mal wieder<br />
dorthin, wo Menschen sind. Ja, ich<br />
glaube noch an „Handmade“. Gut, das<br />
kann man jetzt auf mein Alter schieben<br />
und sagen, „der Engelhard geht ja bald<br />
in Rente“. Aber ich glaube, dass „draußen<br />
auf der Straße“ noch ungehobene<br />
Schätze liegen.<br />
Sie betonen die Notwendigkeit von Spezialwissen,<br />
um zu PKV und GKV zu beraten.<br />
Viele Vermittler stehen aber bereits<br />
im Berufsleben. Wo und wie können sie<br />
dieses Spezialwissen erwerben, da es<br />
bei den Weiterbildungen oft eher um<br />
Tarife geht?<br />
Mit der Initiative „Gut Beraten“ finden<br />
wir die ersten vernünftigen Ansätze.<br />
Auch die Krankenversicherer haben das<br />
Thema Weiterbildung aufgegriffen. Ich<br />
glaube, da bin ich als Vermittler auch in<br />
der Verpflichtung, nicht nur Punkte zu<br />
sammeln. Sondern zu schauen, was wird<br />
da angeboten? Sind die Themen für mich<br />
und meinen Bereich sinnvoll? Und natürlich<br />
sollten die Vermittler aktiv auf Bildungsdienstleister<br />
oder Maklerbetreuer<br />
zugehen, um Beratungen zu den notwendigen<br />
Themen einzufordern. Da muss<br />
ein gewisser Druck von den Vermittlern<br />
in Richtung der Gesellschaften ausgeübt<br />
werden. Ansprechpartner wären, wenn<br />
es um die gesetzliche Krankenversicherung<br />
geht, auch die Krankenkassen.<br />
Und wenn die Anbieter sagen: Wir sind<br />
für Weiterbildungen zu bestimmten Themen,<br />
etwa wenn es um Abläufe in Kliniken<br />
geht, nicht zuständig?<br />
Auch da sind Vermittler nicht ohnmächtig.<br />
Wenn ich zum Beispiel einen Maklerbetreuer<br />
lange genug nerve, dann<br />
nervt der seinen Chef. Und wenn der<br />
Chef lange genug genervt ist, dann löst<br />
er das Problem irgendwann. Wir konnten<br />
dieses Thema bei der „Qualitätssteigerung<br />
PKV“ sehr wohl erkennen. Da<br />
gab es mehrere auf dem Markt, die den<br />
Vermittlern immer gesagt haben: „ Wenn<br />
ihr Krankenversicherung verkauft, dann<br />
muss das und das in den AVB´s geregelt<br />
sein.“. Das hat dazu geführt, dass immer<br />
mehr Vermittler zu ihren Maklerbetreuern<br />
gegangen sind und gesagt haben:<br />
„Wenn das nicht geändert wird, dann<br />
kann ich den Käse nicht verkaufen, dann<br />
geh ich zu einem anderen Anbieter“. Das<br />
wiederum hat dazu geführt, dass der<br />
Maklerbetreuer zu seinem Chef geht und<br />
sagt: „Hier, wir machen keinen Umsatz<br />
mehr, weil...“ . Das hat wiederum dazu<br />
geführt, dass Unternehmen ihre AVB´s<br />
verbessert haben. Der Druck zur Verbesserung<br />
kommt von unten, Revolutionen<br />
fangen immer unten an.<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
Die Fragen stellte Mirko Wenig
Vorsorgevollmacht und<br />
Patientenverfügung<br />
Wie Makler sich als Experten empfehlen<br />
„Wenn ich das nicht mehr kann, dann soll meine Familie für mich entscheiden.“<br />
Was sich viele Bürger wünschen, braucht bürokratische Vorarbeit.<br />
Der erfahrende Makler kann hier helfen.<br />
Wer entscheidet, was mit mir passiert,<br />
wenn ich darüber nicht mehr selbst<br />
entscheiden kann? „Meine Familie entscheidet“,<br />
antwortet da fast jeder. Diesem<br />
Wunsch kann ohne die entsprechende<br />
Grundlage aber in den meisten Fällen<br />
nicht entsprochen werden. Wer seine<br />
eigenständige Entscheidungsunfähigkeit<br />
verliert und keine Vorkehrungen<br />
getroffen hat, bekommt vom Betreuungsgericht<br />
einen Betreuer (BGB § 1896)<br />
zugewiesen, einen Fremden. Wem diese<br />
Vorstellung nicht behagt, der sollte sich<br />
früh genug mit Vorsorgevollmachten<br />
auseinandersetzen, die eine Wunschperson-/en<br />
bevollmächtigen, und nicht<br />
einen Unbekannten. Denn in diese Situation<br />
kann man schnell und auch in jungen<br />
Jahren geraten, es ist kein Thema nur<br />
für Alte und schwer Kranke. Aber darüber<br />
zu sprechen ist schwer.<br />
Verlust der Entscheidungsfähigkeit:<br />
Makler kann<br />
Sensibilität für das Thema<br />
entwickeln<br />
Steffen Dörre hat sich in diesem Metier<br />
professionalisiert und kann einige Empfehlungen<br />
geben, wie man als Makler<br />
das Gespräch behutsam auf das sensible<br />
Thema lenken kann und welche Besonderheiten<br />
zu beachten sind. Im Interview<br />
sagt Dörre: „Der Makler kann ein Kundengespräch<br />
führen, ohne ‹Versicherung›<br />
ansprechen zu müssen. Er kann ein<br />
ganz anderes Vertrauensverhältnis aufbauen.“<br />
Eine zentrale Grundlage ist das<br />
profunde Wissen darüber, was eigentlich<br />
passiert, wenn jemand seine eigenständige<br />
Entscheidungsunfähigkeit verliert<br />
und welche Schritte daraufhin einzuleiten<br />
sind. Dörre empfiehlt hier ganz präzise<br />
Vorbereitungen sowie das Führen<br />
von „Übungsgesprächen“ mit Freunden,<br />
Familienmitgliedern und Bekannten,<br />
um ein Sensorium zu entwickeln für die<br />
Stimmungen in dieser so sensiblen und<br />
sehr privaten Angelegenheit.<br />
Zudem seien Schulungen wichtig, um<br />
Faktensicherheit, auch zu rechtlichen<br />
Fragen, zu erlangen. Auch gelänge das<br />
Ausfüllen der Formulare erst nach einiger<br />
Übung und sollte darum spätestens<br />
beim Kundenkontakt sitzen. Denn Dörre<br />
hat es ausprobiert und herausgefunden,<br />
schriftlich bringt es fast überhaupt<br />
nichts, das heikle Thema anzusprechen.<br />
Zweihundert Kunden hat er angeschrieben.<br />
Gerade einmal acht kamen danach<br />
auf ihn zu.<br />
Direktes Gespräch als<br />
Option der<br />
Geschäftsoptimierung<br />
Von Angesicht zu Angesicht sind die<br />
Chancen, den Kunden für das Thema zu<br />
gewinnen, nach der Erfahrung Dörres<br />
um ein Vielfaches höher. Dabei empfiehlt<br />
er, nach gewissenhafter Vorbereitung,<br />
ganz direkt und dennoch emphatisch<br />
nachzufragen: „Wenn Sie morgen nicht<br />
mehr schreiben und sprechen können<br />
– durch Unfall, Krankheit oder sonstige<br />
Probleme, wer soll für Sie entscheiden?<br />
Fremde oder Ihre Familie?“ – da kommt<br />
vom Gegenüber immer Familie. Dann<br />
sage ich: „Haben Sie es aufgeschrieben?<br />
Wenn nicht, dann träumen Sie weiter.<br />
Oder wollen wir uns einmal eine Stunde<br />
hinsetzen, und dann machen wir das<br />
zusammen?“<br />
Auch mit der stets sehr wirkungsvollen<br />
Frage: „Möchten Sie, dass fremde Menschen<br />
über Sie entscheiden?“, hat Dörre<br />
sehr gute Ergebnisse erzielen können.<br />
Und auch wenn dieses Thema keine<br />
enormen Umsätze verspricht, so bringt<br />
diese Nebendienstleistung doch Vertrauen<br />
und unterstreicht die Kompetenz<br />
des Maklers. Auf dieser von Kompetenz<br />
und Vertrauen geprägten Basis ist dann<br />
der Vertrieb von weiteren Versicherungsaspekten<br />
wie die der Hinterbliebenenvorsorge,<br />
Pflege, Lebensversicherung<br />
oder Krankenversicherung ein guter<br />
Boden bereitet. Und in diesem Folgegeschäft<br />
sind hohe Gewinne möglich.<br />
Als Vorstand der Tutus AG, einem sich<br />
auf Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen<br />
spezialisierten Anbieter, hat<br />
Steffen Dörre eine fundierte Basis. Denn<br />
der Anbieter aus Leipzig arbeitet mit<br />
Fragebögen, die neben Ankreuzmöglichkeiten<br />
auch Textbausteine enthalten,<br />
zwischen denen der Kunde wählen kann.<br />
Im Anschluss an die Antragsaufnahme<br />
wird dann über eine Anwaltskanzlei die<br />
eigentliche Rechtsdienstleistung vorgenommen,<br />
das heißt die Erstellung der<br />
Vorsorgeverfügung und Patientenvollmacht<br />
auf der Basis des Fragebogens.<br />
Seite 42 02/<strong>2015</strong>
Vertrieb<br />
Nun ist es wichtig, dass diese Dokumente<br />
im Ernstfall nachher auch auffindbar<br />
sind.<br />
Um dies sicherzustellen, bietet die Tutus<br />
AG ihre Vortiva-Datenbank an. Auf<br />
dieser offline-Datenbank werden alle<br />
Dokumente digitalisiert hinterlegt und<br />
sind im Zweifelsfall sofort greifbar. Über<br />
eine 24-Stunden-Hotline können die<br />
Dokumente vom behandelnden Arzt in<br />
der Notfallsituation jederzeit angefragt<br />
werden. So kann ein fremdbestimmtes<br />
Betreuungsverfahren abgewendet werden<br />
und dem Arzt ist es möglich, ohne<br />
langes Prozedere sofort zu handeln.<br />
Die Bundesnotarkammer<br />
und die rechtliche Betreuung<br />
durch „Fremde“<br />
Was genau geschieht also, wenn jemand<br />
in die Situation des Verlusts der eigenen<br />
Entscheidungsfähigkeit gerät? Als erstes<br />
prüft das Betreuungsgericht, ob der<br />
Betroffene eine Vorsorgevollmacht ausgestellt<br />
hat und auf wen. Diese Anfrage<br />
richtet das Gericht an das Zentrale Vorsorgeregister<br />
(ZVR) der Bundesnotarkammer.<br />
Um sich ein Bild davon zu<br />
machen, wie häufig ein solcher Fall eintritt,<br />
seien im Folgenden die Zahlen der<br />
Anfragen genannt, die in den letzten Jahren<br />
bei der ZVR eingegangen sind: Im<br />
Jahr 2013 erreichten das Register 117.518<br />
Anfragen mit Bitte um Auskunft, 2012<br />
waren es 232.065 Anfragen gewesen. Im<br />
Jahr davor kam es zu 234.949 Anfragen<br />
und im Jahr 2010 sind es 231.227 gewesen.<br />
Damit steht die Frage nach der Vollmacht<br />
also viel häufiger im Raum, als die<br />
meisten wahrscheinlich vermutet hätten.<br />
Hinzu kommt der Fakt, dass von allen<br />
Anfragen jeweils weniger als zehn Prozent<br />
positiv beschieden werden können.<br />
Das heißt, dass in über neunzig Prozent<br />
der Fälle keine Vollmachten vorliegen<br />
und somit eine fremde Person, der rechtliche<br />
Betreuer, die Befugnis einer Entscheidung<br />
zugesprochen wird. Im Jahr<br />
2013 gab es 1,3 Millionen solcher rechtlichen<br />
Betreuungen 1 . Von wegen „meine<br />
Familie soll entscheiden.“ Die Zahlen<br />
sprechen eine andere Sprache.<br />
Die jungen Leute<br />
verdrängen die Frage nach<br />
dem Ernstfall<br />
Die wenigen Bundesbürger, die sich<br />
Gedanken über das Eintreten des Ernstfalls<br />
machen, sind in der Regel im Rentenalter.<br />
So beziffert die Bundesnotarkammer<br />
das Durchschnittsalter der<br />
Vollmachtgeber und Vollmachtgeberinnen<br />
zum Zeitpunkt ihrer Registrierung<br />
auf über 65 Jahre. Das ist reichlich spät,<br />
denn auch jüngere Menschen sollten<br />
die Bedeutung einer Vorsorgevollmacht<br />
früh genug durchdenken, um bei möglichen<br />
Verlusts der Geschäfts- und/<br />
oder Einwilligungsfähigkeit jemanden<br />
zu haben, dem sie vertrauen, und der<br />
an ihrer Stelle handelt und entscheidet.<br />
Auf den Ernstfall<br />
gut vorbereitet sein.<br />
Was nützt eine Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung,<br />
wenn keiner von ihr erfährt?<br />
Auch wenn wir es gerne verdrängen: Jeder kann durch Unfall, Krankheit oder Alter plötzlich<br />
nicht mehr in der Lage sein, die eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln. Wenn dann keine<br />
Vorsorgevollmacht besteht oder diese nicht gefunden wird, wird im Sinne des Gesetzes eine<br />
Betreuung angeordnet. (§ 1896 BGB)<br />
Wir helfen Ihnen mit unseren Anwälten bei der rechtssicheren Erstellung Ihrer Vorsorgedokumente<br />
und sorgen mit unserer VORTIVA Vorsorgedatenbank dafür, dass Ihre Dokumente<br />
Krankenhäusern und Betreuungsgerichten 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr zugänglich<br />
sind. Nutzen Sie unsere Datenbank auch zur Hinterlegung Ihrer eigenen Dokumente.<br />
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Seite 43
nun muss er im Zweifelsfall aber auch<br />
durchgesetzt werden. Dies stellt man<br />
sicher mit einer Vorsorgevollmacht. Mit<br />
der Vorsorgevollmacht überträgt man<br />
einer Person der eigenen Wahl unter<br />
anderem die Aufgabe, dem in der Patientenverfügung<br />
formulierten Willen<br />
Geltung zu verschaffen. Damit wird der<br />
Bevollmächtigte zum Stellvertreter des<br />
Vollmachtgebers und soll für diesen handeln,<br />
entscheiden, Verträge schließen<br />
und so fort. Dabei obliegt es dem Vollmachtgeber<br />
eine umfassende Vollmacht<br />
zu erteilen, die begrenzt wirksam ist.<br />
Zudem kann der Vollmachtgeber seine<br />
Vollmacht zu jedem Zeitpunkt abändern<br />
oder zurückziehen.<br />
Betreuungsverfügung<br />
Doch gerade Unternehmer, Gesellschafter<br />
oder Geschäftsführer sollten mit einer<br />
Versorgungsvollmacht einem möglichen<br />
Stillstand des Geschäfts vorkommen, für<br />
den Fall, dass es einmal überraschend<br />
ernst wird – das Treffen von Regelungen<br />
und das Leisten von Unterschriften kann<br />
nicht automatisch von Familienangehörigen<br />
geleistet werden, dies gilt es zu<br />
bedenken. Wenn durch das Fehlen einer<br />
Versorgungsvollmacht nicht reagiert<br />
werden kann, droht im schlimmsten Fall<br />
eine Insolvenz. Weiterhin sehr ratsam ist<br />
eine Trennung der Vollmachten für den<br />
Geschäftsbereich einerseits und den privaten<br />
Bereich andererseits. Hinsichtlich<br />
der gebotenen Errichtung einer „Brandmauer“<br />
zwischen privatem Vermögen<br />
und betrieblichem Vermögen ist auch<br />
die Umwandlung des Betriebs in eine<br />
haftungsbeschränkte GmbH zu erwägen.<br />
So ist es interessant, dass sich angesichts<br />
der möglichen Folgen nur wenige mittelständische<br />
Unternehmen mit unternehmensbezogenen<br />
betrieblichen Vollmachten<br />
auseinandersetzen. Bei diesen<br />
Vollmachten steht nicht so sehr die Aufrechterhaltung<br />
der Selbstbestimmung<br />
der Betroffenen im Vordergrund – es geht<br />
um die im Betrieb involvierten Personen,<br />
um investiertes Kapital, kurzum: hier<br />
geht es um die Unternehmenssicherung.<br />
Zwar kann die als Generalvollmacht ausgestellte<br />
Versorgungsvollmacht auch den<br />
beruflichen beziehungsweise unternehmerischen<br />
Bereich mit abdecken. Aber<br />
bei Berufs-, Handels und Gesellschaftsrecht<br />
sind besondere Spielregeln zu<br />
berücksichtigen. So muss die „normale“<br />
Vollmacht unbedingt erweitert werden<br />
durch klare Angaben und Handlungsanweisungen<br />
des Unternehmers, wie er<br />
sein Unternehmen fortgesetzt wissen<br />
will, wenn er selbst einmal wegen eines<br />
Unfalls oder wegen längerer Krankheit<br />
die Fäden aus der Hand geben muss.<br />
Soll der Betrieb fortgeführt, liquidiert,<br />
übertragen oder verkauft werden, wenn<br />
man selbst nicht mehr entscheiden kann?<br />
Mit diesen Fragen sollte sich der Unternehmer<br />
früh genug beschäftigt haben<br />
und nicht seine Bevollmächtigten damit<br />
überfordern.<br />
Patientenverfügung<br />
Wer also beginnt, sich mit dem Thema<br />
zu beschäftigen, dem begegnet eine<br />
zunächst verwirrend scheinende Vielfalt<br />
an Möglichkeiten. Aber schließlich<br />
ist es doch alles ganz einfach und gut<br />
strukturiert. Wünsche zur medizinischen<br />
Behandlung für den Fall, dass ein<br />
Zustand der Entscheidungsunfähigkeit<br />
(z. B. Bewusstlosigkeit) eintritt, fixiert<br />
man am besten mit einer Patientenverfügung.<br />
In diesem Dokument legt man fest,<br />
ob man etwa künstlich beatmet werden<br />
möchte oder andere lebenserhaltende<br />
Maßnahmen wünscht. Diese Verfügung<br />
greift dann, wenn man selbst nicht mehr<br />
in der Lage ist, dies zu entscheiden.<br />
Vorsorgevollmacht<br />
Nun hat man seinen Willen in der Patientenverfügung<br />
schriftlich festgehalten,<br />
Als Alternative zur Vorsorgevollmacht<br />
besteht die Option der Ausstellung einer<br />
Betreuungsverfügung. Das Betreuungsgericht<br />
wird dabei informiert, wer im<br />
Ernstfall die Betreuung übernehmen soll<br />
und wer auf keinen Fall. Diesem Wunsch<br />
kommt das Gericht daraufhin, soweit<br />
realisierbar, nach. Dieses Modell macht<br />
dann Sinn, wenn man sich vorstellen<br />
kann, dass beispielsweise der Nachbar<br />
als Betreuer aktiv wird, dabei aber stets<br />
der Kontrolle des Gerichts unterliegt.<br />
Diese Kontrolle erstreckt sich für gesetzliche<br />
Betreuer bis auf den Cent-genauen<br />
Nachweis über die Verwendung des Vermögens<br />
dessen, der betreut wird. Nun<br />
ist es vor allem diese penible Nachweispflicht,<br />
die für Familienangehörige, die<br />
als gesetzliche Betreuer eingesetzt wurden,<br />
zur zusätzlichen und anstrengenden<br />
Detailarbeit wird.<br />
Der Makler sollte also alle diese Optionen<br />
sowie deren Für und Wider genau<br />
kennen. Darüber hinaus sollte er durch<br />
gezielte Fragen herausarbeiten, was<br />
genau der Kunde sich im „Ernstfall“<br />
wünscht und braucht. Vor allem aber,<br />
und das steht ganz am Anfang, sollte<br />
der Makler Selbstsicherheit im Umgang<br />
mit dem Thema finden und die richtigen<br />
Worte wählen, um damit dem Kunden<br />
die Scheu zu nehmen, das Tabuthema<br />
des Verfalls oder der Hilflosigkeit offen<br />
und pragmatisch zu besprechen.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Kristin Vardi<br />
Seite 44 1<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt_Erfüllungsaufwand im Bereich Pflege_03/2013)<br />
Foto: ©svetikd / 22185447 / istockphoto.com 02/<strong>2015</strong>
Ich bestelle den Wegweiser für Versicherungs- und Finanzvermittler<br />
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Interview mit Fred Wagner<br />
Startups:<br />
Bedrohung oder geniale Partner?<br />
FinTechs und innovative Unternehmen sorgen für gehörig Wirbel in der Branche. Die neuen Akteure<br />
wissen nicht nur Schwächen der etablierten Versicherer und Vertriebe zu nutzen, sondern sorgen mit<br />
ihren oft ungewöhnlichen Geschäftsideen auch für Konflikte. Passend, dass die V.E.R.S. Leipzig GmbH<br />
mit InnoVario nun eine Versicherungsmesse für Startups veranstaltet, die am 12. und 13. November<br />
in Bonn stattfinden wird. <strong>Versicherungsbote</strong> hat mit Schirmherr Prof. Dr. Fred Wagner vom Institut für<br />
Versicherungslehre an der Universität Leipzig gesprochen.<br />
Professor Dr. Fred Wagner<br />
(geboren 1960) ist Vorstand im<br />
Institut für Versicherungswissenschaften<br />
an der Universität<br />
Leipzig. Mitglied im Verwaltungsrat<br />
der Bundesanstalt für<br />
Finanzdienstleistungsaufsicht<br />
(BaFin).<br />
Mitglied im Deutschen Rechnungslegungs-Standards-Committee,<br />
AG Versicherungen.<br />
Seine Forschungsschwerpunkte:<br />
Versicherungsmarkt, Versicherungsvertrieb,<br />
Lebensversicherung,<br />
betriebliche Altersversorgung,<br />
Asset Management,<br />
Rechnungswesen im Versicherungsunternehmen,<br />
Solvency II,<br />
Risk Management und Wertorientierte<br />
Steuerung.<br />
Sie veranstalten mit der InnoVario<br />
eine Messe, die sich dem Thema Startups<br />
in der Versicherungsbranche widmet.<br />
Warum haben Sie jetzt eine Startup-Messe<br />
im Programm?<br />
Wagner: Unser Eindruck ist, dass die Versicherungswirtschaft,<br />
die Versicherungsunternehmen<br />
und die Versicherungsvertriebe<br />
inzwischen sehr aufmerksam<br />
sind, was links und rechts an Innovationen<br />
aufkommt. Da entstehen neue<br />
Geschäftsmodelle, die FinTechs erscheinen<br />
mit neuen Ideen, es gibt inzwischen<br />
viele Neugründungen von Startups im<br />
Versicherungsumfeld.<br />
Die Startups entwickeln Geschäftsmodelle,<br />
die sie zwischen den Versicherungsunternehmen<br />
und den Kunden<br />
oder zwischen den Vertrieben und den<br />
Kunden etablieren. Sie greifen sich Teile<br />
der Wertschöpfungskette heraus, digitalisieren<br />
und optimieren diese, organisieren<br />
sie neu und positionieren sich<br />
darin gleich selbst mit ihren eigenen<br />
Geschäftsmodellen. Die Frage, die sich<br />
für die Versicherer und Vertriebe stellt,<br />
ist: Was bedeutet das eigentlich? Entsteht<br />
da Substitutionskonkurrenz, nehmen<br />
sich die Startups etwas weg, sind<br />
sie Bedrohungspotential? Oder sind sie<br />
nicht sogar geniale Kooperationspartner,<br />
die der Branche helfen, ihre Geschäftsmodelle<br />
zu modernisieren und zu optimieren?<br />
Wir haben uns gefragt, welchen Beitrag<br />
wir leisten können, um diese gesamte<br />
Gemengelage zu entmystifizieren und<br />
die Akteure auf einer neutralen Plattform<br />
zusammenzubringen, die nun das<br />
Spin-off unseres Instituts, die V.E.R.S.<br />
Leipzig GmbH, stellt. Wir organisieren<br />
eine Veranstaltung, auf der wir die handelnden<br />
Akteure zusammenbringen.<br />
Auch wir beobachten Startups in unserer<br />
Berichterstattung, nehmen dabei<br />
Konflikte mit „etablierten“ Akteuren<br />
auf dem Versicherungsmarkt wahr. Zum<br />
Beispiel will der Bundesverband Deutscher<br />
Versicherungskaufleute (BVK) das<br />
Vergleichsportal Check24 verklagen,<br />
weil der Verband der Meinung ist, dass<br />
Check24 nicht wie vorgeschrieben individuell<br />
berät und vor der Beratung keine<br />
Erstinformation gibt. Verfolgen Sie diese<br />
Konflikte und wie bewerten Sie diese?<br />
Wir verfolgen die Konflikte mit großem<br />
Interesse. Die Digitalisierung hat natürlich<br />
Grenzen, weil sich hier auch viele<br />
juristische Fragen stellen. Ich möchte<br />
jetzt nicht konkret auf den Rechtsstreit<br />
zwischen dem BVK und Check24 eingehen,<br />
den ich natürlich kenne. Grundsätzlich<br />
sind aber immer drei Aspekte<br />
zu bedenken. Erstens: Welche neuen<br />
Techniken stehen den Innovatoren zur<br />
Verfügung? Zweitens: Welche fachlichen<br />
Chancen und Risiken bieten diese neuen<br />
Konzepte? Und Drittens, dies ist bezüglich<br />
Ihrer Frage besonders wichtig: In<br />
welchem Rechtsrahmen findet das Ganze<br />
statt und kann es auch stattfinden?<br />
Wir können jetzt nicht einfach unseren<br />
gesamten Rechtsrahmen über Bord<br />
schmeißen und „Trial and Error“ außer-<br />
Seite 46 02/<strong>2015</strong>
Ein Kodex für die eigene<br />
Überzeugung<br />
Mit dem Kodex „Ehrbarer Versicherungsmakler“<br />
und „Ehrbarer Finanzanlagevermittler“<br />
bekennen sich beide<br />
Vermittlergruppen dazu, im Sinne ihrer<br />
Kunden zu handeln und sich an die im<br />
Kodex formulierten Regeln zu halten.<br />
Mit Hilfe der Registernummer zum<br />
§ 34d bzw. § 34f GewO kann jeder<br />
Kunde online auf <strong>Versicherungsbote</strong>.de<br />
prüfen, ob sich sein Makler zum<br />
Kodex bekennt.<br />
Diese Versicherer akzeptieren den<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> Kodex:<br />
ERGO Versicherungsgruppe AG<br />
Stuttgarter Versicherung AG<br />
Wüstenrot & Württembergische AG<br />
Baden-Badener Versicherung AG<br />
Feuersozietät Berlin Brandenburg<br />
Versicherung AG<br />
Alte Leipziger – Hallesche<br />
Konzern<br />
Zurich Versicherung<br />
DEURAG Deutsche Rechtsschutz-Versicherung<br />
AG<br />
Den genauen Wortlaut der<br />
Kodizes kann man unter<br />
http://kodex.vbote.de nach -<br />
lesen und sich online registrieren<br />
oder Sie nutzen<br />
das nachfolgende Bestell -<br />
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<strong>Versicherungsbote</strong> Verlag UG, Reclamstr. 42, 04315 Leipzig,<br />
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Ich bekenne mich zum<br />
Kodex Ehrbarer Versicherungsmakler<br />
Kodex Ehrbarer Finanzanlagevermittler<br />
Registernr. 34d<br />
Registernr. 34f<br />
Senden Sie mir ein gedrucktes Exemplar:<br />
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ohne Personalisierung für 18,00 Euro*<br />
ohne Personalisierung für 18,00 Euro*<br />
personalisiert für 70,00 Euro*<br />
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*Für beide Kodizes zusammen zahlen Sie 24,00 Euro, für die personalisierte Variante 100,00 Euro. Alle Preise in Netto.<br />
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Unterschrift:
halb der Gesetze und Ordnungen vornehmen.<br />
Die Entwicklungen bedürfen<br />
schlicht einer rechtlichen Begleitung,<br />
die momentan offenbar nicht ganz nachkommt.<br />
Dabei ist meine Vorstellung,<br />
nicht in erster Linie danach zu suchen:<br />
Wie können die Startups und Innovatoren<br />
gestoppt werden, und was muss vorgebracht<br />
werden, um sie auszubremsen?<br />
Sondern gerade umgekehrt: Es sollte<br />
darüber nachgedacht werden, wie neue<br />
Geschäftsmodelle gefördert werden können,<br />
aber rechtlich unbedenklich und<br />
sauber. Es würde sicher den Startups und<br />
Innovatoren hilfreich sein, wenn sie sich<br />
rechtlich absichern – auch im Dialog mit<br />
Juristen.<br />
Es gibt verschiedene Ansätze von Versicherern,<br />
auf die Digitalisierung zu<br />
reagieren. Die Axa plant laut Branchenberichten<br />
eine Kooperation mit Google.<br />
Die Debeka hingegen hält ein Stück weit<br />
an alten Vertriebsmodellen fest, setzt<br />
auf einen großen Außendienst und bildet<br />
viele Vertriebsmitarbeiter aus. Kann<br />
es nicht auch einen Vorteil bedeuten,<br />
sich „klassischer“ Modelle zu besinnen?<br />
Ich werde jetzt nicht die Konzepte und<br />
Ideen einzelner Versicherer kommentieren.<br />
Ich bin aber überzeugt, dass die<br />
gesamte Branche, jedes einzelne Unternehmen,<br />
sich mit den innovativen Ideen<br />
und digitalen Optimierungspotentialen<br />
auseinanderzusetzen hat, und dass dies<br />
auch geschieht. Das schließt gegenläufige<br />
Entwicklungen nicht aus. Ich glaube aber,<br />
dass wir hier im Wesentlichen auf evolutionäre<br />
Entwicklungen zusteuern, denen<br />
sich auch die Vertriebe zu stellen haben.<br />
Wir werden in Zukunft noch erfolgreiche<br />
persönlich beratende Vertriebe sehen, die<br />
sich aber ihrerseits ebenfalls aller digitalen<br />
Möglichkeiten bedienen müssen. Die<br />
nicht mehr jedes Gespräch persönlich<br />
beim Kunden führen, sondern zum Beispiel<br />
über Co-Browsing-Techniken, über<br />
digitale Bewegtbildkonzepte und Prozessoptimierung<br />
ebenfalls modernisieren<br />
müssen. Die Welt ist nicht schwarz-weiß.<br />
Ein Modewort der Branche ist der sogenannte<br />
ROPO-Kunde (Research Online,<br />
Purchase Offline), der auf allen Kanälen<br />
angesprochen werden will. Dahinter<br />
steckt die Idee, dass sich Kunden online<br />
über Versicherungen informieren, aber<br />
dann bei einem Vermittler persönlich<br />
abschließen.<br />
RoPo lässt sich hin- und herübersetzen.<br />
Als „Research Offline, Purchase Online“,<br />
so dass sich Kunden bei einem persönlichen<br />
Berater die erforderlichen Informationen<br />
holen, aber dann doch im Netz<br />
abschließen. Es ist aber auch umgekehrt<br />
zu verstehen: „Research Online, Purchase<br />
Offline“. Sie können das beliebig tauschen,<br />
entscheiden wird der Kunde!<br />
Im Übrigen geht es nicht nur um die Frage,<br />
wo wird die Information gesucht und wo<br />
wird gekauft. Die Verfügbarkeit mehrerer<br />
Kanäle erwartet der Kunde bei all seinen<br />
Aktivitäten: Beratung, Abschluss, Vertragsänderung,<br />
Schadensmeldung oder<br />
Kündigung. Der Kunde wird zukünftig<br />
fallweise entscheiden, je nach Lebenssituation,<br />
Risikobereich, Produktumfeld<br />
oder Phase seiner „Customer Journey“,<br />
was er wie, über welche Wege und mit<br />
welchem Gesprächspartner kommunizieren<br />
möchte. Die beteiligten Akteure,<br />
Versicherer wie Vertriebe, sollten dafür<br />
alle Möglichkeiten schaffen. Dafür steht<br />
der inzwischen modern werdende Begriff<br />
„Omnikanal-Management“.<br />
Bedeutet das für die Versicherer nicht<br />
zunächst einen großen administrativen<br />
Aufwand, weil sie diese Kanäle eben alle<br />
zur Verfügung stellen müssen?<br />
Ja, das ist so. Ich glaube, dafür sind große<br />
Anstrengungen notwendig, technische<br />
und fachliche. Man wird auch über<br />
geteilte Informationen mit den beteiligten<br />
Partnern sprechen müssen, zum<br />
Beispiel hinsichtlich Verwertbarkeit und<br />
Datenschutz. Aber das sehe ich als eine<br />
evolutionäre Entwicklung und das wird<br />
nicht mit einem „Big Bang“ geschehen<br />
können.<br />
Beobachten Sie mit Blick auf die Digitalisierung<br />
bei den Versicherern einen<br />
Aktionismus? Dass die Anbieter nun<br />
glauben, möglichst keine Innovation<br />
verpassen zu dürfen und Angst haben,<br />
den Anschluss zu verlieren?<br />
Ich habe nicht den Eindruck, dass es<br />
blinde Hektik in der Assekuranz gibt. Es<br />
ist schon so, dass es Unternehmen gibt,<br />
die offensiver auf die Thematik zugehen,<br />
und andere verhalten sich defensiver.<br />
Ich habe viele Gespräche in der Versicherungsbranche<br />
geführt, gerade in den<br />
letzten Monaten. Dabei habe ich keinen<br />
Entscheider getroffen, der sich des<br />
Themas nicht bewusst wäre. Dass mit<br />
unterschiedlichen Geschwindigkeiten<br />
gegangen wird, ist zutreffend. Welche<br />
Geschwindigkeit die richtige ist, kann<br />
Ihnen aber keiner vorhersagen. Es ist<br />
nicht gesagt, dass der, der am schnellsten<br />
rennt und eine Pionierrolle einnimmt,<br />
die beste Entwicklung hat, es ist<br />
aber auch nicht gesagt, dass der, der am<br />
Längsten mit ruhiger Hand wartet, der<br />
Erfolgreichste sein wird. Ich bin überzeugt,<br />
dass es am Ende Versicherer und<br />
Vertriebe geben wird, die den Anschluss<br />
verlieren werden. Und ich bin ebenfalls<br />
fest davon überzeugt, dass auch die Digitalisierung<br />
neben anderen Problemen,<br />
die die Branche hat zu einer Konsolidierung<br />
beitragen wird. Wie in jeder dynamischen<br />
Entwicklung wird es aber auch<br />
Gewinner geben.<br />
Auch vor den ungebundenen Vermittlern<br />
machen die Entwicklungen nicht<br />
Halt. Haben Sie Startups beobachten<br />
können, bei denen Sie sagen: Das<br />
könnte die Zukunft des Maklervertriebs<br />
sein? Wie weit ist hier die Entwicklung?<br />
Unterschiedlich. Ich weiß, dass das eine<br />
oder andere Startup mit Maklerpools in<br />
engeren Gesprächen ist, um neue Konzepte<br />
zu erörtern und eine Zusammenarbeit<br />
auszuloten. Das ist zum Teil in ersten<br />
Gesprächsphasen, zum Teil sind Pilotprojekte<br />
angedacht oder werden bereits<br />
umgesetzt. Inwieweit der Einzelmakler<br />
hier schon aktiv ist, wage ich nicht zu<br />
beurteilen. Ich glaube aber nicht, dass das<br />
auch auf breiter Basis schon geschieht.<br />
Also kann man Maklern auch keine konkrete<br />
Empfehlung geben, wie sie mit<br />
Risiken und Chancen der fortschreitenden<br />
Digitalisierung umgehen sollen?<br />
Soweit es allein um die Beziehung zum<br />
Kunden geht, um Online-Unterstützung<br />
bei der Beratung und im Verkauf, gibt<br />
es auch schon sehr erfolgreiche Einzelmakler,<br />
die zum Beispiel in den sozialen<br />
Medien unterwegs sind und dort agieren.<br />
Eine digital unterstützte Prozessoptimierung<br />
sehe ich hingegen noch nicht auf<br />
breiter Front. Es wird für Makler auch<br />
schwierig sein, das alleine zu bewerkstelligen.<br />
Ich kann es mir aber gut vorstellen,<br />
dass die Vermittler über Maklerverbünde,<br />
Maklerverbände, Maklerpools<br />
und großen Vertriebsgesellschaften<br />
ohnehin die Chancen der Digitalisierung<br />
angehen. Das erfordert natürlich ein<br />
gewisses Maß an Standardisierung. Und<br />
Seite 48 02/<strong>2015</strong>
Netzwelt<br />
ich denke, da muss die Ebene des einzelnen<br />
Maklers verlassen werden.<br />
Das würde dann auch bedeuten, dass<br />
die Maklerpools und -verbände gegenüber<br />
„Einzelkämpfern“ an Bedeutung<br />
gewinnen.<br />
Ich will nicht sagen, dass Einzelmakler<br />
keine Zukunft haben. Aber sie werden<br />
sich organisieren müssen. Sie werden sich<br />
standardisierten Lösungen öffnen müssen,<br />
aber das müssen sie heute eigentlich<br />
auch schon. Da hilft natürlich eine wie<br />
auch immer geartete Anbindung an Partnernetzwerke.<br />
Das heißt nicht, dass der<br />
Makler mit seinem Unternehmen nicht<br />
mehr existieren kann. Aber er wird sich<br />
neue, digitale Kompetenzen aufbauen<br />
müssen – allein oder mit Hilfe Dritter.<br />
Ein Trend, der aktuell zu beobachten<br />
ist: Immer mehr Policen lassen sich im<br />
Internet abschließen. Das betrifft auch<br />
solche Verträge, die beratungsintensiv<br />
sind und nicht per Mausklick abgeschlossen<br />
werden sollten, ich denke an<br />
private Krankenvollversicherungen oder<br />
BU-Policen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung<br />
– auch aus Sicht des Kunden?<br />
Verträge, die aktuell als sehr komplex gelten,<br />
werden zukünftig auch im Internet<br />
mehr und mehr eine Rolle spielen werden.<br />
Ich sehe dafür zwei Möglichkeiten.<br />
Möglichkeit Numero Eins: Die Produkte<br />
sind nicht mehr so komplex, sondern sie<br />
werden deutlich vereinfacht, zum Beispiel<br />
mit modularen Ansätzen. Die Individualisierung<br />
entsteht dann durch die<br />
Kombination von Bausteinen, die aber<br />
einfach erklärt werden müssen. Und die<br />
zweite Möglichkeit:<br />
Die Digitalisierung schafft technische<br />
Möglichkeiten, online effizient zu beraten.<br />
Sei es durch spezialisierte Software,<br />
die mit Spracherkennung funktioniert,<br />
einen Avatar zur individualisierten Beratung<br />
hinzuzieht und als lernfähiges System<br />
immer besser aufgestellt wird. Sei<br />
es durch eine Technik wie Co-Browsing<br />
und Videokonzepte, bei denen am anderen<br />
Ende der Leitung der Berater steht,<br />
den es auch heute gibt, der nur dann<br />
eben mit modernen Methoden arbeitet<br />
und nicht mehr standardmäßig fallweise<br />
aber durchaus noch im Wohnzimmer des<br />
Kunden sitzt.<br />
Bedeutet das nicht eine Gefahr für Vertriebsmitarbeiter,<br />
weil viele Arbeitsplätze<br />
durch „intelligente Systeme“<br />
ersetzt werden?<br />
Ich sehe das eher als eine Chance für den<br />
Vertrieb, aber nicht für alle. Wir brauchen<br />
uns überhaupt nicht darüber zu<br />
unterhalten, dass die Zahl der Vertriebspartner<br />
zurückgehen wird. Sie wird auch<br />
merklich zurückgehen. Ich glaube aber<br />
auch, dass es Gewinner unter den Vertriebspartnern<br />
geben wird, bei solchen,<br />
die es schaffen, sich die neuen Welten zu<br />
erschließen, sie als Chance zu begreifen<br />
und sich in ihnen weiterzuentwickeln.<br />
Vielen Dank für das Interview!<br />
Die Fragen stellte Mirko Wenig<br />
Morgen so gut wie heute.<br />
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Seite 49
Termine<br />
Aktuelle Terminhinweise inklusive Anmeldelinks gibt<br />
es auch unter http://termine.vbote.de<br />
November <strong>2015</strong><br />
10. - 11.11.<strong>2015</strong><br />
4. Fachkonferenz „Datenschutz<br />
in der Assekuranz“ - Aktuelle<br />
Anforderungen an die<br />
Versicherungsunternehmen<br />
Versicherungsforen Leipzig GmbH<br />
LEIPZIG<br />
12.11.<br />
Forum Verkaufsförderung <strong>2015</strong><br />
AMC Finanzmarkt GmbH<br />
DORTMUND<br />
12. - 13.11.<br />
InnoVario – Ideen- und<br />
Innovationsmarktplatz für die<br />
Versicherungsbranche<br />
V.E.R.S. Leipzig GmbH<br />
BONN<br />
17. - 18.11.<br />
Innovatives Schadenmanagement<br />
<strong>2015</strong><br />
MCC - Management Center of<br />
Competence<br />
KÖLN<br />
19.11.<br />
@ssekuranzforum <strong>2015</strong> -<br />
Innovationen in der<br />
Versicherungswirtschaft -<br />
Digitalisierung und Big Data<br />
Advancy GmbH<br />
MÜNCHEN<br />
25. - 26.11.<br />
43. AMC-Meeting<br />
AMC Finanzmarkt GmbH<br />
DORTMUND<br />
24. - 26.11.<br />
7. Messekongress „IT für<br />
Versicherungen“<br />
Versicherungsforen Leipzig GmbH<br />
LEIPZIG<br />
Januar 2016<br />
02. - 03.03.<br />
AMC-Auftaktgespräch 2016<br />
AMC Finanzmarkt GmbH<br />
KÖLN<br />
Februar 2016<br />
02. - 03.02.<br />
Fachkonferenz: Dunkelverarbeitung<br />
& Workflowunterstützung in<br />
Versicherungen<br />
Versicherungsforen Leipzig GmbH<br />
LEIPZIG<br />
16. - 17.02.<br />
Fachkonferenz: Online-<br />
Marketing & Social Media in der<br />
Versicherungswirtschaft<br />
Versicherungsforen Leipzig GmbH<br />
LEIPZIG<br />
16. - 17.02.<br />
Zukunftsmarkt Altersvorsorge 2016<br />
MCC - Management Center of<br />
Competence<br />
BERLIN<br />
23. - 24.02.<br />
Fachkonferenz: Mobile IT in<br />
Versicherungen – Lösungen, Trends<br />
und Praxisberichte<br />
Versicherungsforen Leipzig GmbH<br />
LEIPZIG<br />
März 2016<br />
02. - 03.03.<br />
Fachkonferenz:<br />
Vertriebsmanagement<br />
2016 - Umfeldveränderungen,<br />
Auswirkungen, Lösungsansätze<br />
Versicherungsforen Leipzig GmbH<br />
LEIPZIG<br />
15. - 16.03.<br />
Fachkonferenz: Telematik in der<br />
Kraftfahrtversicherung<br />
Versicherungsforen Leipzig GmbH<br />
LEIPZIG<br />
Seite 50 02/<strong>2015</strong>
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