Stadtbuch Schwaz 2024
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gang zum Schloss. Das bedeutet, dass einerseits die<br />
Festungen ihre Funktion aufgrund der Weiterentwicklung<br />
der Waffentechnik als Schutzanlage verloren, und<br />
andererseits entstand das Bedürfnis nach mehr Komfort.<br />
Nachdem dieses Merkmal der Bequemlichkeit auf<br />
Burg Freundsberg aber nicht vorhanden war, kann auch<br />
nicht von einem Schloss die Rede sein. In der ersten<br />
Bauphase wurde nur ein einzelner Turm errichtet. In der<br />
zweiten Bauphase um 1230 wurde sie weiter ausgebaut.<br />
Das Anwesen rund um die Burg dürfte damals noch um<br />
einiges größer gewesen sein. 16 Zu dieser Zeit wurde auch<br />
ein zweiter Turm gebaut, der zuerst als Wohnraum des<br />
Geschlechts diente, 1634 aber zu einer Pestkapelle umgewandelt<br />
wurde.<br />
Die Erweiterung der Anlage und die Erhöhung des<br />
bereits vorhandenen Burgturms auf vier Fünftel der<br />
heutigen Turmhöhe dürfte auch ein Zeichen des zunehmenden<br />
Einflusses ihrer Eigentümer gewesen sein. Die<br />
Herren von Freundsberg verfügten in der 2. Hälfte des<br />
13. Jahrhunderts bereits über eine eigene Ritterschaft,<br />
und auch deren Besitzungen vermehrten sich. Sie legten<br />
den Grundstein zu einer Vielzahl an Burgen in Tirol.<br />
Das Gericht <strong>Schwaz</strong>-Freundsberg, das sich wahrscheinlich<br />
auf Betreiben der Freundsberger langsam herausbildete,<br />
spielte zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert keine<br />
herausragende Rolle. Vorerst lag die Gerichtsbarkeit bei<br />
den Herren von Rottenburg, die sich von der Zillermündung<br />
bis Volders erstreckte. Alle schweren Verbrechen,<br />
die „mit Leib oder Leben, mit Stock oder Galgen“ bestraft<br />
wurden, konnten nur vom Gericht Rottenburg<br />
verhängt werden. Erst im 13. Jahrhundert erlangten die<br />
Herren von Freundsberg nach und nach die niedergerichtliche<br />
Gewalt, die sich nicht nur auf <strong>Schwaz</strong>, sondern<br />
auch auf die Orte Stans, Fiecht, Vomp, Pill sowie<br />
auch teilweise bis hin nach Weer ausdehnte. Damit<br />
sind jene Straftaten gemeint, die sich unter den Begriffen<br />
„Unzucht und Frevel“ zusammenfassen lassen. Im<br />
Jahr 1342 wurde Berchtold von Freundsberg erstmals<br />
von Kaiser Ludwig dem Bayern zusätzlich zur Feste<br />
Freundsberg auch mit dem Gericht zu <strong>Schwaz</strong> belehnt.<br />
Die Herren von Freundsberg selbst saßen dem Gericht<br />
nicht vor, sondern setzten Pfleger und Richter ein. Ob<br />
sich die Rottenburger über die allmähliche Einmischung<br />
der Freundsberger in ihrer Zuständigkeit eingeschränkt<br />
fühlten, ist aufgrund der mangelnden Quellenlage nicht<br />
bekannt. Erst 1408, nachdem Heinrich der Rottenburger<br />
im Zuge der Tiroler Adelsopposition gegen Friedrich<br />
IV. in Ungnade gefallen war, wurden sie schließlich mit<br />
dem Halsgericht in Vomp belehnt. 17 Seit wann genau es<br />
in <strong>Schwaz</strong> einen Galgen gab, ist unbekannt. Sehr häufig<br />
dürfte dieser aber nicht in Gebrauch gewesen sein,<br />
da sich der Haller Scharfrichter 1524 beschwerte, dass<br />
der Galgen völlig zerfallen sei und ein neuer errichtet<br />
werden soll. Dieser Bitte wurde nachgekommen, 1528<br />
fanden Hans Schlaffer sowie weitere Wiedertäufer dort<br />
ihr Ende. Die älteste bildliche Darstellung in einer Karte<br />
von Paul Dax aus dem Jahr 1553 von der ungefähre<br />
Stelle auf der nördlichen Seite des Inn. Einen weiteren<br />
Hinweis auf den genauen Ort zeugt die Überlieferung<br />
eines Bildstocks namens „Galgenmarterl“. Etwa 30 Jahre<br />
später war dieser Galgen wieder morsch, weshalb man<br />
sich für einen gemauerten entschied. 18<br />
Der Einfluss der Freundsberger war aber nicht nur<br />
positiv. <strong>Schwaz</strong> verfügte schon im Mittelalter über eine<br />
Innbrücke. Sie war, weil zu dieser Zeit nur wenige Brücken<br />
über den Inn führten, ein entscheidener Verkehrsknotenpunkt,<br />
den die Freundsberger kontrollierten. Sie<br />
diente nicht nur als Einrichtung zur Innüberquerung,<br />
sondern verursachte wie jedes Bauwerk vor allem Instandhaltungskosten.<br />
Auf Betreiben des Geschlechts<br />
oberhalb von <strong>Schwaz</strong> wurde im Jahr 1333 Konrad III.,<br />
der vorher als Kaplan in der Burg Freundsberg tätig gewesen<br />
war, als Abt von St. Georgenberg eingesetzt. Das<br />
Dienstmannengeschlecht versprach sich dadurch mehr<br />
Einfluss auf das Kloster, zumal ohne dessen Beistand<br />
der Kaplan wahrscheinlich niemals Abt geworden wäre.<br />
Auch in die Prälatur Konrad III. fiel eine Renovierung<br />
der Innbrücke. Der ehemalige Kaplan der Freundsberger<br />
zeigte sich sehr großzügig und stellte Bauholz,<br />
Ochsenfuhrwerke und auch Bauarbeiter zur Verfügung,<br />
um die Brücke wieder sicherer zu machen. Auch nachfolgende<br />
Äbte sagten ihre Unterstützung zu, sodass die<br />
Instandhaltungsarbeiten zu übernehmen oder die Brücke<br />
sogar komplett zu erneuern zu einer Gewohnheitspflicht<br />
des Klosters ausartete. Im Lauf der Zeit kam es<br />
in dieser Frage zwischen dem Kloster und den Burgherren<br />
immer mehr zu Spannungen. Regelmäßig wurden<br />
Beschwerden zum Landesfürsten und zum Bischof getragen.<br />
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts verschärfte sich<br />
der Streit, als Hans von Freundsberg Abt Konrad IV. um<br />
eben diese Gefälligkeit der Innbrückenrestaurierung bat<br />
und der Georgenberger die Hilfestellung ablehnte. Dabei<br />
entstand auch angeblich die viel zitierte Einschüchte-<br />
Detail aus der Karte Paul Dax mit Galgen von <strong>Schwaz</strong>. 1553.<br />
Quelle: TLA KP 2669_02.<br />
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