Stadtbuch Schwaz 2024
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digkeitsgebiete auszuführen. Innerhalb dieses Stands<br />
gehörten die Freundsberger im ausgehenden Mittelalter<br />
einer schmalen Oberschicht von „herrenmäßigen“ Familien<br />
an, welche die Geschichte von <strong>Schwaz</strong> im Mittelalter<br />
prägen sollte. 5<br />
Die Ortschaft <strong>Schwaz</strong> liegt auf der Südseite des Inn,<br />
was das Anbauen von Feldfrüchten erschwert. Dies und<br />
die prähistorischen Funde aus dem Bergbau lassen darauf<br />
schließen, dass die Besiedelung im Gegensatz zu<br />
Vomp oder Stans bereits als Bergwerksort stattfand.<br />
Somit war <strong>Schwaz</strong> anfänglich eher unbedeutend und<br />
zählte ursprünglich zur Pfarre Vomp. Zu Beginn des 12.<br />
Jahrhunderts übergab Bischof Reginbert dem Benediktinerkonvent<br />
von St. Georgenberg die Pfarre Vomp und<br />
die Betreuung der Seelsorge der Orte <strong>Schwaz</strong>, Terfens,<br />
Vomperbach, Vomp, Fiecht, Stans, St. Margarethen und<br />
Buch. 6 Interessanterweise wird in der Chronik von St.<br />
Georgenberg mehrmals als Ortsbezeichnung ausdrücklich<br />
die Pfarre Vomp-<strong>Schwaz</strong> genannt. Dies lässt darauf<br />
schließen, dass <strong>Schwaz</strong> zu dieser Zeit zumindest ein<br />
nicht mehr gänzlich unbedeutender Ort war, was eventuell<br />
auch mit der Präsenz der Herren von Freundsberg<br />
zu tun haben könnte. Allerdings wurde diese Chronik<br />
durch einen Brand vernichtet und teilweise aus dem Gedächtnis<br />
wieder aufgeschrieben, weshalb man Details sicherlich<br />
hinterfragen sollte. 7 <strong>Schwaz</strong> als Gemeinde, wie<br />
wir sie heute kennen, existierte damals noch nicht. In<br />
den Urkunden wurde stets zwischen Markt <strong>Schwaz</strong> und<br />
Dorf <strong>Schwaz</strong> unterschieden. Laut Inntaler Steuerbuch<br />
aus dem Jahr 1312 zählte man „in dem Dorfe“ und „in<br />
dem Riede“ insgesamt 40 Steuerträger. Im Vergleich dazu<br />
zählte Vomp 57 Haushalte. 8 Die größte Errungenschaft<br />
der Herren von Freundsberg war sicherlich die im Jahr<br />
1326 erfolgte Verleihung eines Wochenmarkts durch den<br />
Landesfürst Heinrich VI. Die wenigen Bauern vor Ort<br />
konnten die Einwohner von <strong>Schwaz</strong> nur schwer ernähren.<br />
Deshalb gibt es Vermutungen, dass <strong>Schwaz</strong> einen<br />
Markt benötigte, da die Haupteinnahmequelle im Bergbau<br />
begründet lag, wenngleich das Ausmaß damals noch<br />
keine größere Rolle spielte. Eine Urkunde aus dem Jahr<br />
1273 bezeichnet ein Gut Heinrichs von Rottenburg als<br />
„auf dem Arzberge beim Schwaighofe“. 9 Das Vorkommen<br />
von „Erz“ war, wie dem Namen zu entnehmen ist,<br />
zumindest bekannt, und man schließt auch daraus, dass<br />
die Mehrheit der Einwohner einer nicht agrarischen Gesellschaft<br />
angehörte, weshalb deren Versorgung durch<br />
den Markt sichergestellt wurde. So wurde auf der linken<br />
Seite des Lahnbachs entlang der Landstraße eine eigene<br />
„Marktstraße“ geschaffen und später in den südlichen<br />
Teil des Kirchangers unterhalb des Kreuzes verlegt. 10 So<br />
bildete sich im Gegensatz zum Dorf <strong>Schwaz</strong> auch der<br />
Markt als eigenständiger Ort heraus. Damit gewann die<br />
kleine Siedlung <strong>Schwaz</strong> im Gegensatz zu Vomp immer<br />
mehr an wirtschaftlicher Bedeutung, da Märkte im Mittelalter<br />
eine sehr wichtige Rolle spielten. Auf der einen<br />
Wappen der Herren von Freundsberg auf einem Schild<br />
anlässlich einer Geldsammlung im Jahr 1916. Foto: Egon Spiss<br />
Seite konnten dort Waren gekauft werden, die im Alltag<br />
schwer herzustellen und vor Ort kaum zu kaufen waren;<br />
auf der anderen Seite war es auch ein wichtiges Medium<br />
für die neuesten Nachrichten. Weil das Bildungsniveau<br />
niedrig und der Analphabetismus vorherrschend war,<br />
erfuhr man die wichtigsten Neuigkeiten von den fahrenden<br />
Händlern. Diverse Abläufe am Markt wurden<br />
rechtlich geregelt und bei Nichteinhaltung bestraft. Die<br />
Abhaltung des Marktes war für den gesamten Ort ein<br />
gesellschaftliches Ereignis. Ursprünglich stand dort auch<br />
der Pranger. Dieser wurde aber aufgrund der Nähe zur<br />
Kirche 1568 abgebaut und in den Spitalhof verlegt. 11<br />
Die erste urkundliche Erwähnung der Liebfrauenkirche<br />
an der Stelle der heutigen Pfarrkirche stammt aus dem<br />
Jahr 1337. Das Gotteshaus gehörte – wie bereits erwähnt<br />
– als „Filiale“ zur Pfarre Vomp; es brannte laut Chronik<br />
1429 nach einem Blitzschlag ab und wurde danach gleich<br />
wieder neu errichtet. Spätestens seit 1434 setzte der Bischof<br />
von Brixen einen Pfarrer und einen Kooperator<br />
für <strong>Schwaz</strong> ein. Allerdings waren die Geistlichen nicht<br />
ständig anwesend, denn erst zehn Jahre später erfolgten<br />
im Zuge des Konzils von Basel die Bestellung des<br />
ersten dauerhaft anwesenden Priesters vor Ort und die<br />
Errichtung einer täglichen Frühmesse, damit die Bergarbeiter,<br />
die ständig großen Gefahren ausgesetzt waren,<br />
die Möglichkeit zum Besuch des Gottesdiensts erhielten<br />
und nicht ständig den Weg nach Vomp auf sich nehmen<br />
mussten. 12 Aufgrund der großen Zuwanderung im<br />
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