Stadtbuch Schwaz 2024
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1.2. Das mittelalterliche <strong>Schwaz</strong><br />
und die Herren von Freundsberg<br />
Ursula Kirchner<br />
Der heutige Siedlungsraum von <strong>Schwaz</strong> wurde durch<br />
die Jahrhunderte hindurch von vielen Völkern besiedelt.<br />
Über die meisten von ihnen können wir heute nur Mutmaßungen<br />
anstellen. Bereits bei der Besetzung durch die<br />
Römer um 15 n. Chr. wird namentlich der Stamm der<br />
Breoni oder Breonen für das Inntal erwähnt. Diese werden<br />
gegen Ende des 6. Jahrhunderts von den Bajuwaren<br />
in deren Herzogtum eingegliedert. 930 n. Chr. scheint<br />
erstmals „Suates“ als Ortsbezeichnung von Besitzungen<br />
der Frau Himiltrud an den Erzbischof Odalberti von<br />
Salzburg in einer Schenkungsurkunde auf. Der Name,<br />
den die Bajuwaren während ihrer Herrschaft über das<br />
Inntal übernahmen, dürfte aus vorgermanischer sowie<br />
vorrömischer Zeit stammen und in der ostalpenindogermanischen<br />
Sprachfamilie zu suchen sein. 1 Zu dem Zeitpunkt,<br />
als das Fränkische Reich nach dem Tod Karl des<br />
Großen aufgeteilt wurde, lag das „Land im Gebirge“,<br />
wie Tirol auch oft genannt wird, im Herrschaftsgebiet<br />
des Ostfränkischen Reichs. Um die Durchreise über den<br />
Brenner weiterhin gefahrlos gewährleisten zu können,<br />
belehnte Kaiser Konrad II. im Jahr 1027 die Bischöfe<br />
von Brixen mit der Grafschaft Norital, die sich von Bozen<br />
bis ins Inntal erstreckte. Die geistlichen Herren galten<br />
als verlässliche und treue Vasallen, da sie durch das<br />
Ottonische Reichskirchensystem direkt vom Herrscher<br />
selbst eingesetzt wurden und die Besitzungen nicht vererbt<br />
werden konnten. Die Bischöfe übten aufgrund ihrer<br />
geistlichen Stellung die weltliche Gewalt nicht selbst aus,<br />
weil auch die Halsgerichtsbarkeit (all jene Delikte, die<br />
mit Körper- oder Todesstrafen zusammenhingen) betroffen<br />
hätte. Dafür setzten sie Vögte ein, die für die<br />
Verwaltung der Gebiete verantwortlich waren. Bischof<br />
Otto von Brixen aus dem Haus Andechs verlieh um das<br />
Jahr 1165 seinem Bruder Berthold II. das Gebiet zwischen<br />
Zirl und dem Ziller, das Eisack- sowie das Pustertal.<br />
2 Zu diesem Zeitpunkt tauchten erstmals auch die<br />
Herren von Freundsberg als Ministerialen der Grafen<br />
von Andechs urkundlich auf. Zur Verwaltung der Gebiete<br />
brauchte man eine breite Dienstmannenschaft.<br />
Ursprünglich waren sie, wie im Wort schon erkennbar,<br />
Diener im Haushalt ihrer Herren und unterschieden<br />
sich aufgrund bestimmter Qualitäten, wie beispielsweise<br />
Treue oder Vertrauenswürdigkeit vom restlichen Personal,<br />
wodurch sie mit der Zeit in Sonderpositionen erhoben<br />
wurden. 3 Wahrscheinlich kamen die Herren von<br />
Freundsberg auch als Gefolgsmänner der Andechser aus<br />
Bayern und errichteten auf dem Hügel über <strong>Schwaz</strong> die<br />
Burg als strategischen Standpunkt. Dass sie immer schon<br />
diesen Namen trugen, ist unwahrscheinlich, spätestens<br />
aber seit der Zeit um 1170 sind Familien- und Burgname<br />
identisch. 4 Die Verbindung zwischen den Freundsbergern<br />
und den Andechsern blieb bis zur Ächtung der<br />
Letzteren im Jahr 1209 bestehen. Danach wandten sie<br />
ihre Aufmerksamkeit den bayrischen Herzögen zu, was<br />
im Wesentlichen bis in das späte 13. Jahrhundert so<br />
blieb. Im 13. Jahrhundert näherten sich die Ministerialen<br />
immer mehr den Adeligen an, und im späten Mittelalter<br />
waren sie fast zur Gänze mit dem Tiroler Adel identisch.<br />
In dieser Zeit bildete sich auch das Gewohnheitsrecht,<br />
das ihnen erlaubte, Rechtshandlungen für ihre Zustän-<br />
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