Stadtbuch Schwaz 2024
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angeführt. Ob es sich dabei um einen Vorgängerbau der<br />
ergrabenen Johann Krame handelt, lässt sich nicht belegen.<br />
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Eine Krame zählt zur Grundausstattung eines Bergwerkbetriebs.<br />
In ihr wurden unterschiedliche Arbeiten<br />
verrichtet, wie Erze gepocht, Werkzeug instandgehalten,<br />
Material und Arbeitsgeräte gelagert oder gekocht. In der<br />
Regel diente sie aber nicht als Schlafstätte für die Knappen,<br />
da sie meist zu klein war, um mehrere Bergleute zu<br />
beherbergen.<br />
Die Johann Krame weist drei Haupträume auf, von denen<br />
einer den Knappen als Wohnraum und Küche diente.<br />
An der Westmauer des Wohnraums, dessen Mauern<br />
stellenweise noch bis in 1,80 m Höhe erhalten waren,<br />
befand sich, wie Funde von Butzenscheibenfragmenten<br />
nachweisen, ein Glasfenster. Die Türöffnung zum anschließenden<br />
Raum mit der Schlämmanlage ist unter der<br />
Schwelle mit einem durchgehenden Hohlraum versehen,<br />
der vermutlich der Luftzirkulation bei geschlossener Tür<br />
diente.<br />
In der Nordwestecke des Wohnraums gab es einen offenen<br />
Kochherd mit freiem Rauchabzug und anschließendem<br />
Steinpflaster zur Lagerung von Brennholz. Die<br />
Herdplatte aus gebrannten Ziegeln weist in der Mitte<br />
eine leichte Vertiefung auf. Ein solcher Herd ist auch im<br />
<strong>Schwaz</strong>er Bergbuch zu sehen. Der Herd war gleichzeitig<br />
für vier bis fünf Personen zugänglich. Vermutlich gab<br />
es für die Knappen noch einen kleinen Tisch, Sitzbänke<br />
und einige wenige Schlafstellen an der Ostwand.<br />
In der Nähe des Herds lagen verstreut vier Münzen, die<br />
ins späte 18./beginnende 19. Jahrhundert datieren und<br />
einen Hinweis auf die Benützungsdauer der gesamten<br />
Anlage bieten. Eine größere Anzahl an Flintensteinen<br />
belegt das Feuerschlagen vor der Einführung der Schwefelhölzchen.<br />
Einzelne Keramikfragmente aus dem Kröning<br />
importierter und lokal hergestellter Töpfe, Schüsseln<br />
und Tabakspfeifen sowie Devotionalien befanden<br />
sich zwischen den teilweise vermorschten Bodenbrettern<br />
und in den Ecken des Raums. Als Kröninger Hafnerkeramik<br />
werden die Produkte von Handwerkern in der<br />
an Tonerde reichen Hügellandschaft Kröning im westlichen<br />
Niederbayern zwischen Isar und Bina bezeichnet.<br />
Die qualitätsvollen Produkte, vor allem das berühmte<br />
Kröninger Blau-Geschirr, waren begehrt und wurden<br />
weit über die Produktionszentren hinaus gehandelt. Die<br />
Ware wurde auf Schiffen innaufwärts bis Rattenberg,<br />
Hall oder bis zum Umschlagplatz der lnnschifffahrt in<br />
das in der Nähe von Wörgl liegende Kastengstatt getreidelt.<br />
31 Mit einem eigens konzipierten Kreinzenwagen<br />
(Geschirrtransportwagen) 32 befuhren die Kröninger<br />
Hafner auch den direkten Brennerweg nach Südtirol. Im<br />
„Taxbüchl“ des Hafners Berghofer aus Spielberg, Gemeinde<br />
Gangkofen, findet sich auf einer Liste seiner<br />
Geschirrabnehmer aus dem Zeitraum 1889–1897 auch<br />
ein Joseph Eller, Geschirrhändler zu <strong>Schwaz</strong> in Tirol. 33<br />
´Geschirr aus der Johann Krame. Hinten komplett ergänzter<br />
und restaurierter Kröninger Nachttopf (Höhe 15,8 cm).<br />
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Foto: Beatrix Nutz.<br />
Im zweiten, direkt an den Wohnbereich anschließenden<br />
Raum befand sich ein Gerinne aus Brettern und Pfosten.<br />
Einstemmschlitze an den außen liegenden Hölzern dienten<br />
zur Befestigung von Stehern, die vermutlich einen<br />
Wasch- oder Stoßherd trugen. Eine weitere Möglichkeit<br />
wäre der Aufbau einer Erzwäsche mit Schwenksieb,<br />
das zur Klassierung des zerkleinerten Erzes verwendet<br />
wurde. Dr. Kurt Nicolussi, Institut für Hochgebirgsforschung<br />
der Universität lnnsbruck, untersuchte ein Bodenbrett<br />
des Schlämmbeckens mit gut erhaltenen Jahresringen<br />
und datierte es auf den Zeitraum von 1638 bis<br />
1689. In der 1678 von Johannes Zyler erarbeiteten Belegschafts-Spezifikation<br />
für den <strong>Schwaz</strong>er Bergbau wird<br />
unter den insgesamt fünf am Falkenstein betriebenen<br />
Poch- und Waschwerken auch eines bei der Grube „St.<br />
Johann u. Vrony u. puchr“ aufgelistet. Von der dortigen<br />
Belegschaft von zusammen 152 Köpfen werden acht als<br />
Poch- und Waschknechte ausgewiesen. 34<br />
In der Südostecke des Raums ließ sich durch eine Sondierung<br />
eine weitere, ältere Schlämmablage aus dem späten<br />
16. oder frühen 17. Jahrhundert nachweisen. Auch<br />
dort fanden sich inner- und außerhalb der noch stehenden<br />
Bretter des Waschgrabens Feinsedimente des Pochgangs,<br />
die auf Erzscheidematerial und tauben Bergen<br />
auflagen.<br />
Die Schlämmanlage setzte sich im größten Raum der<br />
Krame fort, wurde aber einplaniert, als die Erzaufbereitung<br />
an andere Standorte verlagert wurde. Danach wurde<br />
dieser Raum durch hölzerne, auf Steinsockeln aufliegende<br />
Zwischenwände unterteilt und als Arbeits- und<br />
Lagerraum genutzt.<br />
Spärliches Fundmaterial indiziert, dass es sich um die<br />
letzte Phase der Belegung gehandelt haben muss und<br />
das Berghaus kaum noch genützt wurde. Um den noch<br />
erhaltenen Unterbau eines 1,50 x 1,30 m großen Kachelofens<br />
lagen zum Teil fragmentierte gelbrote, unglasierte<br />
Ofenkacheln. Im Bergbaubuch „De re metallica“ von<br />
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