Stadtbuch Schwaz 2024

12.05.2024 Aufrufe

ter befanden sich das Fragment eines Griffangelmessers und einer weiteren Vasenkopfnadel. Zeitlich datieren die Funde in die späte Bronzezeit ans Ende der Stufe Hallstatt A2 bzw. an den Übergang zu Hallstatt B1 um 1050 v. Chr. Das Gräberfeld am Pirchanger 1908 wurde beim Villenbau ein weiteres Gräberfeld im Westen der Stadt Schwaz auf dem „Hoffeld“ am Pirchanger entdeckt. Auch hierzu liegt ein Bericht von Franz von Wieser vor: „Als ich dank dem liebenswürdigen Entgegenkommen des Herrn Bürgermeisters und des Bauherrn, Magistrat-Sekretär Wettstein, in die Lage kam, diese Funde an Ort und Stelle in Augenschein zu nehmen, waren leider schon die meisten Gefäße von den Arbeitern zertrümmert und die Scherben verstreut. Doch konnte ich noch mehrere Grabstellen untersuchen und zwei Gräber selbst öffnen. Nach dem Typus der Aschenurnen und der Beigaben, sowie nach der Art der Beisetzung (regelrechter Steinsatz, bestehend aus einer Bodenplatte, seitlich um die Urne gestellten Koppen und einer größeren Deckplatte) unterliegt es keinem Zweifel, dass wir es auch hier mit einem Urnenfriedhof aus der Bronzezeit zu tun haben, gleichartig und gleichalterig mit dem 1904 bei St. Martin auf der Ostseite von Schwaz aufgedeckten prähistorischen Begräbnisplatze. Ich konnte an der neuen Fundstelle auf dem Pirchanger mit Sicherheit 8 Gräber konstatieren, nach der Angabe des bauleitenden Architekten sind aber mindestens 12 Urnen gefunden worden.“ 15 Unter den Funden befanden sich angeschmolzene Bruchstücke eines Dreiwulstschwerts. Bronzefunde im Bereich eines Gräberfelds weisen oft Brandspuren auf, weil sie zusammen mit der Leiche auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Drei fragmentierte Bronzenadeln, die westlich der Franziskanerkirche im Bereich der Burggasse 16 in etwa 0,3 bis 0,5 m Tiefe geborgen wurden, könnten auf ein drittes, vielleicht durch Vermurung zerstörtes, spätbronzezeitliches Gräberfeld auf dem Gemeindegebiet von Schwaz hindeuten. 16 Fundstellen von der Bronzezeit bis ins Mittelalter Bronze- bis Eisenzeit Mit dem Ende der Bronzezeit lässt sich ein allmählicher Bevölkerungsrückgang feststellen. Das Abbrechen der Belegung der urnenfelderzeitlichen Brandgräber signalisiert wohl das Abwandern großer Teile der Bevölkerung, bedingt durch die abflauende Rentabilität des Kupferbergbaus und das nun aufkommende Eisen als Rohstoff für Werkzeuge. Auf die Urnenfelder- folgt nun in der älteren Eisenzeit die Hallstattkultur (ca. 800–450 v. Chr.), die sich im tirolischen Raum stark an das bayrische Alpenvorland anlehnt. Erst gegen Ende der älteren Eisenzeit beginnt sich Tirol vom bayrischen Einfluss zu befreien und eine eigene Kultur zu entwickeln. Zu Beginn des 5. Jahrhunderts vor Christus entsteht die nach den Fundorten Fritzens im Unterinntal und Sanzeno im Nonsberg (Trentino) benannte Fritzens-Sanzeno-Kultur (ca. 480–15 v. Chr.). Diese Kultur entwickelt ganz eigene Keramik- und Schmuckformen ebenso wie dem steilen Tiroler Gelände angepasste Hausformen mit eingetieftem, oft in Stein gemauertem Untergeschoss mit verwinkeltem Zugang und einem Obergeschoss in Block- oder Ständerbauweise (eine sog. casa retica). Zudem entwickelte sich auch eine eigene Schrift, die im kultischen Bereich Verwendung fand. Die bislang längste Inschrift findet sich in einer Felsspalte am Schneidjoch im Rofan. Leider sind auf dem Gemeindegebiet von Schwaz keine archäologisch erforschten Fundstellen aus der Eisenzeit bekannt. Das bedeutet jedoch nicht, dass es in diesen Zeiten dort keine Besiedlung gab, sondern nur, dass bislang keine Spuren derselben gefunden wurden. Vermutlich wurde alles in späteren Zeiten überbaut und liegt nun irgendwo tief unter der heutigen Stadt. Sieht man sich jedoch ein wenig in der näheren Umgebung um, finden sich doch einige Hinweise auf frühere Besiedlungen. Zu nennen sind hier zunächst für die Bronzezeit die große Nekropole von Vomp in der Fiechter Au 17 und der bronzezeitliche Brandopferplatz beim Stadlerhof in Weer 18 . In der Eisenzeit befand sich auf der „Burg“ bei Stans eine kleine Siedlung der Fritzens-Sanzeno-Kul- Bronzenadel von der Burggasse. Foto: Beatrix Nutz. 16

tur. 19 Im Jahr 2008 wurde auf der Südseite der „Burg“ etwas unterhalb der Plateaukante im Hang ein Depot von Eisengegenständen entdeckt, das wohl im Zusammenhang mit dieser Siedlung steht. 20 Die Römer in Tirol Unter Kaiser Augustus eroberten die Römer in den Jahren von 25 bis 14 v. Chr. in mehreren Feldzügen den Alpenraum. 15 v. Chr. stieß Drusus, ein Stiefsohn des Augustus, durch das Etschtal nach Norden über den Brenner zum Inntal vor. Mit der Eroberung durch die Römer erlosch die eisenzeitliche Fritzens-Sanzeno-Kultur in Nordtirol, das nun zum größten Teil zur Provinz Raetien und östlich des Zillertals und südlich des Inn zur Provinz Noricum gehörte. In der Inschrift des 7/6 v. Chr. für Augustus errichteten Siegesdenkmals in La Turbie in Südostfrankreich werden unter anderen die Stämme der Breuni (Breuner) und die Genaunes (Genaunen) genannt, deren Siedlungsgebiete zwischen Mötz und dem Zillertal bzw. zwischen Wettersteingebiet und Achensee verortet werden. Im Raum Schwaz datiert die Hauptnutzung des Opferplatzes am Köchler Köpfl westlich von Stift Fiecht etwa an die Zeitenwende bis in die römische Kaiserzeit. Der größte Teil der Funde kann entweder der Fritzens-Sanzeno-Kultur zugeordnet werden oder datiert um Christi Geburt bis ins 3. Jahrhundert nach Christus. Unter den Funden fand sich auch ein komplex gestaltetes Küchengerät mit Bratspieß oder Handhabe und Topfuntersätzen. 21 Aus der Römerzeit stammen auch eine Bronzeglocke 22 sowie Mauerreste und Keramik unter der Pfarrkirche von Vomp 23 sowie die Reste einer Straße unter der Laurentiuskirche in Stans 24 . In Schwaz selbst zeugt eine Münze, ein As des Kaisers Hadrian 25 (gest. 138 n. Chr.), von der Anwesenheit der Römer. Das Mittelalter Bei der heutigen Pfarrkirche von Vomp folgte auf die römische Besiedlung der Bau einer karolingischen Kirche 26 , und unter der Pfarrkirche in Weer 27 finden sich ebenfalls noch die Mauerreste der ersten, frühmittelalterlichen Bauphase. Archäologisches Zeugnis für die mittelalterliche Besiedlung und Bautätigkeit geben zudem romanische und spätgotische Mauerreste in der Laurentiuskirche in Stans. 28 In Schwaz erhebt sich heute noch die 1150 gegründete Burg Freundsberg. Silberbergbau, Silberverarbeitung und Wohnen in der Neuzeit Die Johann Krame im Revier Falkenstein In den Jahren 1993 und 1994 wurden im nordöstlich von Schwaz gelegenen Revier Falkenstein die Überreste der Johann Krame archäologisch untersucht. 29 Bereits für das Jahr 1530 wird in einer Aufzählung der damals in Förderung stehenden Falkensteiner Baue das Grubengebäude „Sand Joannes“ als landesfürstlicher Betrieb Falkensteiner Hauptkarte 1823. Pfeil = Johann Stollen mit Gebäude. 17

tur. 19 Im Jahr 2008 wurde auf der Südseite der „Burg“<br />

etwas unterhalb der Plateaukante im Hang ein Depot<br />

von Eisengegenständen entdeckt, das wohl im Zusammenhang<br />

mit dieser Siedlung steht. 20<br />

Die Römer in Tirol<br />

Unter Kaiser Augustus eroberten die Römer in den Jahren<br />

von 25 bis 14 v. Chr. in mehreren Feldzügen den<br />

Alpenraum. 15 v. Chr. stieß Drusus, ein Stiefsohn des<br />

Augustus, durch das Etschtal nach Norden über den<br />

Brenner zum Inntal vor. Mit der Eroberung durch die<br />

Römer erlosch die eisenzeitliche Fritzens-Sanzeno-Kultur<br />

in Nordtirol, das nun zum größten Teil zur Provinz<br />

Raetien und östlich des Zillertals und südlich des Inn<br />

zur Provinz Noricum gehörte. In der Inschrift des 7/6<br />

v. Chr. für Augustus errichteten Siegesdenkmals in La<br />

Turbie in Südostfrankreich werden unter anderen die<br />

Stämme der Breuni (Breuner) und die Genaunes (Genaunen)<br />

genannt, deren Siedlungsgebiete zwischen Mötz<br />

und dem Zillertal bzw. zwischen Wettersteingebiet und<br />

Achensee verortet werden.<br />

Im Raum <strong>Schwaz</strong> datiert die Hauptnutzung des Opferplatzes<br />

am Köchler Köpfl westlich von Stift Fiecht etwa<br />

an die Zeitenwende bis in die römische Kaiserzeit. Der<br />

größte Teil der Funde kann entweder der Fritzens-Sanzeno-Kultur<br />

zugeordnet werden oder datiert um Christi<br />

Geburt bis ins 3. Jahrhundert nach Christus. Unter<br />

den Funden fand sich auch ein komplex gestaltetes<br />

Küchengerät mit Bratspieß oder Handhabe und Topfuntersätzen.<br />

21 Aus der Römerzeit stammen auch eine<br />

Bronzeglocke 22 sowie Mauerreste und Keramik unter<br />

der Pfarrkirche von Vomp 23 sowie die Reste einer Straße<br />

unter der Laurentiuskirche in Stans 24 . In <strong>Schwaz</strong> selbst<br />

zeugt eine Münze, ein As des Kaisers Hadrian 25 (gest.<br />

138 n. Chr.), von der Anwesenheit der Römer.<br />

Das Mittelalter<br />

Bei der heutigen Pfarrkirche von Vomp folgte auf die<br />

römische Besiedlung der Bau einer karolingischen Kirche<br />

26 , und unter der Pfarrkirche in Weer 27 finden sich<br />

ebenfalls noch die Mauerreste der ersten, frühmittelalterlichen<br />

Bauphase. Archäologisches Zeugnis für die<br />

mittelalterliche Besiedlung und Bautätigkeit geben zudem<br />

romanische und spätgotische Mauerreste in der<br />

Laurentiuskirche in Stans. 28 In <strong>Schwaz</strong> erhebt sich heute<br />

noch die 1150 gegründete Burg Freundsberg.<br />

Silberbergbau, Silberverarbeitung<br />

und Wohnen in der Neuzeit<br />

Die Johann Krame im Revier Falkenstein<br />

In den Jahren 1993 und 1994 wurden im nordöstlich von<br />

<strong>Schwaz</strong> gelegenen Revier Falkenstein die Überreste der<br />

Johann Krame archäologisch untersucht. 29 Bereits für<br />

das Jahr 1530 wird in einer Aufzählung der damals in<br />

Förderung stehenden Falkensteiner Baue das Grubengebäude<br />

„Sand Joannes“ als landesfürstlicher Betrieb<br />

Falkensteiner Hauptkarte 1823. Pfeil = Johann Stollen mit Gebäude.<br />

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