Sehnsucht - SüdwestdeutschesKammerorchesterPforzheim

10 11
Alexander Zemlinsky
Drei Gesänge nach Texten von Maurice Maeterlinck op 13
Zwischen 1910 und 1913 entstand Zemlinskys Maeterlinck-
Zyklus op.13. In sechs Liedern werden verschiedene
Szenerien rund um den Tod beschrieben – im dritten
Lied tröstet die Jungfrau Maria die todgeweihten
Liebenden, im vierten wird die verratene Liebe und
die Todesnähe eines jungen Mannes, der aus dem
Krieg heimkehrt, besungen und im fünften rätselt die
Schwester, wie sie dem heimkehrenden Schwager den
Tod seiner Frau vermitteln kann. Die Zauberwelt Maeterlinckscher
Worte faszinierte Zemlinsky ungemein und
er schuf feine Gebilde, die gekonnt zwischen reinster
Schlichtheit und betörendem Klangzauber changieren.
Zemlinsky selbst hat diese Lieder sehr geschätzt und sie
1924 noch einmal vorgenommen, um sie in der Tradition
der großen Mahlerschen Orchesterlieder zu instrumentieren.
Und in unserem Konzert erklingen sie – ganz in
der Tradition der Bearbeitungen für Schönbergs „Privatverein“
– in einer neuen Transkription von Andreas
Tarkmann, welcher heute zu den herausragendsten
Könnern der Bearbeitung zählt und sich seinerseits
auf die damalige Bearbeitung des Schönberg-Schülers
Erwin Stein bezieht.
Maurice Maeterlinck 1862-1949
Lied der Jungfrau
Allen weinenden Seelen,
Aller nahenden Schuld
Öffn’ ich im Sternenkranze
Meine Hände voll Huld.
Alle Schuld wird zunichte
Vor der Liebe Gebet,
Keine Seele kann sterben,
Die weinend gefleht.
Verirrt sich die Liebe
Auf irdischer Flur,
So weisen die Tränen
Zu mir ihre Spur.
Maurice Maeterlinck
Als ihr Geliebter schied,
(Ich hörte die Türe gehn),
Als ihr Geliebter schied,
Da hab ich sie weinen gesehn.
Doch als er wieder kam,
(Ich hörte des Lichtes Schein),
Doch als er wieder kam,
War ein anderer daheim.
Und ich sah den Tod,
(Mich streifte sein Hauch),
Und ich sah den Tod,
Der erwartet ihn auch.
Maurice Maeterlinck
Und kehrt er einst heim,
Was sag ich ihm dann?
Sag, ich hätte geharrt,
Bis das Leben verrann.
Wenn er weiter fragt,
Und erkennt mich nicht gleich?
Sprich als Schwester zu ihm;
Er leidet vielleicht.
Wenn er fragt, wo du seist,
Was geb ich ihm an?
Mein’ Goldring gib,
Und sieh ihn stumm an...
Will er wissen,
Warum so verlassen das Haus?
Zeig die offne Tür,
Sag, das Licht ging aus.
Wenn er weiter fragt,
Nach der letzten Stund’...
Sag, aus Furcht, dass er weint,
Lächelte mein Mund.