Versicherungsbote 1-2020
- Leitfaden: Zukauf von Maklerbeständen und Firmen - Krankenkasse: Die hohen Überschüsse führten zu Begehrlichkeiten - Wie man sich gegen das Wetter versichert
- Leitfaden: Zukauf von Maklerbeständen und Firmen
- Krankenkasse: Die hohen Überschüsse führten zu Begehrlichkeiten
- Wie man sich gegen das Wetter versichert
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die Versicherungsprämien deutlich unter den Beiträgen in<br />
der SPV. Es besteht somit ein erheblicher finanzieller<br />
Anreiz, in die PPV zu wechseln. So können sich<br />
bestimmte Personenkreise systematisch dem<br />
Solidarsystem in der Pflegepflichtversicherung entziehen<br />
– und für die SPV führt dies zum Verlust der stärkeren<br />
Beitragszahler.<br />
Die schon angesprochenen steigenden Eigenanteile – besonders<br />
für die stationäre Pflege – werden zunehmend als individuelles<br />
Armutsrisiko wahrgenommen. Dass dies zukünftig<br />
auf immer mehr Menschen zutreffen wird, ist aufgrund eines<br />
zunehmenden Pflegebedarfs zu erwarten. So erreicht<br />
die Anzahl der Pflegebedürftigen zum Beispiel laut Vorausberechnung<br />
erst im Jahr 2053 einen Maximalwert: Die<br />
Anzahl der Pflegebedürftigen in der Sozialen Pflegeversicherung<br />
steigt bis dahin um 48 Prozent, die Anzahl der<br />
Pflegebedürftigen in der Privaten Pflichtversicherung sogar<br />
um 125 Prozent. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf<br />
die Eigenanteile aus, falls keine Reformen stattfinden?<br />
Sollten keinerlei Reformen der Vergütung der stationären<br />
Versorgungen stattfinden, werden wir einen enormen<br />
Anstieg der einrichtungseinheitlichen Eigenanteile (EEE)<br />
erleben. In Berechnungen für die DAK Gesundheit haben<br />
wir herausgefunden, dass der EEE allein bereits im Jahr<br />
2045 bei fast 2000 Euro pro Monat läge, sofern die Kosten<br />
für die stationäre Pflege durch Erhöhung des Personaleinsatzes<br />
und bessere Vergütung – wie zu erwarten ist – in<br />
den nächsten Jahren um 35 Prozent steigen. Und dabei ist<br />
bereits ein deutlicher Anstieg des allgemeinen<br />
Beitragssatzes zu Pflegeversicherung inbegriffen. In<br />
Anbetracht der derzeitigen Ausgangslage erscheint eine<br />
solche Annahme auch keineswegs überhöht.<br />
Und welche Auswirkung auf Beitragssätze für PPV- und<br />
SPV-Versicherte haben eine alternde Gesellschaft und<br />
eine zunehmende Zahl an Pflegebedürftigen, falls Reformen<br />
ausbleiben?<br />
Auch die Beitragssätze in der SPV werden unter der<br />
jetzigen Logik ansteigen – da sind sich alle einig. Eine<br />
steigende Anzahl an Leistungsempfangenden muss von<br />
einer geringer werden Anzahl an Erwerbstätigen getragen<br />
werden. Bis zum Jahr 2060 ist daher ein demographisch<br />
bedingter Anstieg um 2,2 Beitragssatzpunkte zu erwarten,<br />
also ein Anstieg, der auch dann passiert, wenn nichts<br />
weiter im System verändert wird.<br />
Sie plädieren für ein Zusammenführen der privaten<br />
und der gesetzlichen Versicherung in eine Pflegebürgervollversicherung.<br />
Welche Schritte sind für eine<br />
solche Reform notwendig?<br />
In Bezug auf eine Bürgerversicherung in der<br />
Krankenversicherung herrscht Uneinigkeit darüber, wie<br />
eine solche Zusammenlegung von privater und<br />
gesetzlicher Krankenversicherung genau gestaltet werden<br />
könnte. Dies liegt zum einen an unterschiedlichen<br />
Leistungsansprüchen in den beiden Versicherungszweigen.<br />
Hierdurch ist eine einfache Fusion der<br />
Versicherungsverhältnisse nicht möglich. Zusätzlich sind<br />
der Umgang mit dem Bestand in der privaten<br />
Versicherung und den vorhandenen Rücklagen besondere<br />
Streitpunkte. In der Pflegepflichtversicherung ist das<br />
deutlich einfacher: Da die Leistungsansprüche in SPV und<br />
PPV identisch sind, würden für die Leistungserbringenden<br />
keine Einbußen durch einen möglichen<br />
Wegfall der PPV einhergehen.<br />
Welche Vorteile für Pflegebedürftige hätte eine Pflegebürgervollversicherung<br />
gegenüber dem derzeitigen<br />
Status Quo? Und welche Nachteile drohen?<br />
Für die Pflegebedürftige in stationärer Versorgung ergibt<br />
sich bei Einführung einer Vollversicherung unmittelbar<br />
eine große finanzielle Entlastung durch den Wegfall des<br />
EEE. Profitieren können auch Pflegebedürftige im<br />
ambulanten Sektor, bei denen derzeit die Sachleistungen<br />
zur Sicherstellung der Pflege nicht ausreichen. Bei<br />
welchem Anteil von Personen und in welchem Umfang<br />
dies zutrifft, ist jedoch umstritten. Wir gehen hier von<br />
durchschnittlich 150 Euro bei den Personen aus, die<br />
ausschließlich und vollständig Pflegesachleistungen<br />
erhalten. Diese machen jedoch weniger als zehn Prozent<br />
aller ambulant versorgten Pflegebedürftigen aus. Die<br />
vollständige Abschaffung der Eigenanteile ist auch einer<br />
der Diskussionspunkte einer Vollversicherung. Es besteht<br />
die Befürchtung, dass hierdurch Leistungen häufiger in<br />
Anspruch genommen würden als dies bedarfsgerecht wäre<br />
und somit ungerechtfertigte Kosten entstünden. Dem<br />
könnte allerdings mit einer individuellen Leistungszumessung<br />
und einem anschließenden Case Management<br />
vorgebeugt werden.<br />
… und was ist die Idee hinter einem Sockel-Spitze-<br />
Tausch?<br />
Der Sockel-Spitze-Tausch zielt auf eine Weiterentwicklung<br />
der Pflegeversicherung zu einem bedarfsorientierten<br />
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