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Versicherungsbote 1-2020

- Leitfaden: Zukauf von Maklerbeständen und Firmen - Krankenkasse: Die hohen Überschüsse führten zu Begehrlichkeiten - Wie man sich gegen das Wetter versichert

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<strong>Versicherungsbote</strong>: In 1995 wurde die Pflegeversicherung<br />

als zusätzliche Säule der gesetzlichen Sozialversicherung<br />

eingeführt. Laut Ihrer Studie für die gewerkschaftsnahe<br />

Hans-Böckler-Stiftung aber gewährleistet aktuell die<br />

Pflegeversicherung nicht mehr das damalige Ziel: Pflegebedürftigkeit<br />

als soziales Risiko abzusichern. Welche<br />

Gründe sehen Sie für diese negative Einschätzung?<br />

Dominik Domhoff<br />

Pflegewissenschaftler Universität Bremen<br />

Pflegeversicherung:<br />

Ohne Reform werden<br />

die Eigenanteile<br />

enorm steigen<br />

Eine Studie der Universität Bremen machte<br />

zuletzt Furore: Im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung<br />

plädierten der renommierte<br />

Volkswirt Heinz Rothgang sowie der Pflegewissenschaftler<br />

Dominik Domhoff für<br />

das Konzept einer so genannten „Bürgervollversicherung“<br />

in der gesetzlichen Pflegeversicherung:<br />

Alle Bürger sollen in eine<br />

solche einzahlen, zudem sollen alle Leistungen<br />

zur Pflege abgedeckt sein. In der Folge<br />

berief sich sowohl Deutschlands größter<br />

Sozialverband VdK als auch der Parteivorstand<br />

der SPD auf die Studie, um die Einführung<br />

einer Bürgerversicherung in der<br />

Pflege zu fordern. Der <strong>Versicherungsbote</strong><br />

wollte mehr erfahren – und fragte nach bei<br />

Dominik Domhoff.<br />

Dominik Domhoff: Primär zeigt sich dieses wohl bei den<br />

Entgelten für die stationäre Versorgung: Unmittelbar<br />

nach Einführung der Pflegeversicherung lagen die<br />

Eigenanteile zu den pflegebedingten Aufwendungen noch<br />

bei umgerechnet unter 100 Euro pro Monat. Durch eine<br />

vollständig ausgebliebene Leistungsanpassung in der<br />

Pflegeversicherung zwischen 1995 und 2008 und einer<br />

seitdem fortgetragenen Deckungslücke zwischen<br />

Pflegesätzen und Leistungen stieg der durchschnittliche<br />

Eigenanteil nur für die pflegebedingten Aufwendungen<br />

schon auf 662 Euro pro Monat im Jahr 2019. In Summe mit<br />

den ebenfalls privat zu tragenden Kosten für Unterkunft<br />

und Verpflegung sowie für Investitionskosten ergeben<br />

sich dann durchschnittlich knapp unter 2000 Euro pro<br />

Monat Gesamt-Zuzahlung. Dass diese Belastung für viele<br />

Personen – insbesondere bei längerer Pflege – zu einem<br />

Vermögensverzehr und danach sogar zu Armut führen<br />

kann, liegt nahe.<br />

In ihrer Studie beziehen Sie sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />

vom 3. April 2001 (Az. 1 BvR<br />

2014/95). In diesem Urteil wurde eine „ausgewogene Lastenverteilung“<br />

als normativer Maßstab für das duale<br />

Versicherungssystem in der Pflegeversicherung vorgegeben.<br />

Sie aber kritisieren: Dieser Lastenausgleich<br />

zwischen der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) und der<br />

Privaten Pflegepflichtversicherung (PPV) werde „nicht<br />

realisiert“. Stattdessen trage die SPV eine größere Last<br />

als die PPV. Können Sie uns auch diesen Vorwurf mit<br />

Argumenten untermauern?<br />

Starke Selektionseffekte zu Gunsten der privaten<br />

Kranken- und Pflegeversicherung sind keine neue<br />

Erkenntnis. In unserer Studie beobachteten wir etwa, dass<br />

die Versicherten in der PPV nahezu durchgängig ein<br />

doppelt so hohes Einkommen aufweisen wie diejenigen,<br />

die in der SPV versichert sind. Zugleich weisen die<br />

Versicherten in der PPV aber auch deutlich günstigere<br />

pflegebezogene Risiken auf. Bei gleichen Leistungsansprüchen<br />

ergeben sich hierdurch in der PPV<br />

Leistungsausgaben zwischen 50 Prozent und 60 Prozent<br />

im Vergleich zur SPV. Dementsprechend liegen dann auch

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