05 / 2024
Die Fachzeitschrift ORTHOPÄDIE TECHNIK ist die maßgebliche Publikation für das OT-Handwerk und ein wichtiger Kompass für die gesamte Hilfsmittelbranche.
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Kompression<br />
Studienlage<br />
a. b. c.<br />
Abb. 1 a–d Patientin 1 mit ReadyWrap®-Unterschenkel<br />
segment (Lohmann & Rauscher [a]), mit Compression-Wrap-Unterschenkelsegment<br />
(Juzo [b]), mit<br />
Circaid®-juxtafit®-essentials-Unterschenkelsegment<br />
(Medi [c]), mit Circaid®-Juxtafit®-Fuß-, -Unterschenkelund<br />
-Oberschenkelsegment mit Knie (Medi [d]).<br />
Ein erster Nachweis zur Überlegenheit<br />
der medizinisch adaptiven Kompressionssysteme<br />
konnte von Blecken<br />
et al. bereits 20<strong>05</strong> geführt werden [1].<br />
In einer randomisiert kontrollierten<br />
Studie wurde bei 12 Probanden mit<br />
beidseitigen venösen Unterschenkelulcera,<br />
die eine Seite konventionell<br />
mit 4-lagigen elastischen Wickeln<br />
versorgt, während die Gegenseite mit<br />
einem MAK-System (Circaid) versehen<br />
wurde. Untersucht wurde neben<br />
der Reduktion der Ulcusgröße über<br />
einen Beobachtungszeitraum von<br />
12 Wochen auch die Umfangsreduktion<br />
und die Patientenzufriedenheit.<br />
Signifikante Unterschiede zugunsten<br />
der MAK zeigten sich in der Reduktion<br />
der Ulcusgröße. In der Umfangreduktion<br />
und Patientenzufriedenheit<br />
konnten keine signifikanten Unterschiede<br />
festgestellt werden.<br />
Einen signifikanten Unterschied in<br />
der Volumenreduktion konnten 2013<br />
Damstra und Partsch beim Vergleich<br />
von MAK zu einem Mehrkomponentenverband<br />
zur Volumenreduktion<br />
bei lymphatischem Beinödem nachweisen<br />
[2]. Untersucht wurde die Volumenreduktion<br />
bei je 15 Patienten jeweils<br />
2 Stunden und 24 Stunden nach<br />
Anlage des Kompressionsmittels. Bereits<br />
nach 2 Stunden konnte eine stärkere<br />
Volumenreduktion bei Verwendung<br />
der MAK beobachtet werden,<br />
eine signifikante Überlegenheit stellte<br />
sich nach 24 Stunden dar.<br />
Für venöse Ödeme führten Mosti et<br />
al. 2015 den Nachweis der Überlegenheit<br />
der MAK. In der initialen Entstauungsphase<br />
wurden 20 Beine mit venösem<br />
Ödem mit MAK und 20 Beine mit<br />
unelastischen Bandagen therapiert.<br />
Die Volumenreduktion wurde nach<br />
einem Tag und nach 7 Tagen gemessen.<br />
Auch hier zeigte sich nach einem<br />
Tag die Tendenz einer größeren Volumenreduktion<br />
und nach 7 Tagen eine<br />
signifikant größere Reduktion. Ebenfalls<br />
bemerkenswert war das Ergebnis,<br />
dass der Druck der unelastischen<br />
Bandagierung über die Tragezeit stark<br />
abnahm, während er bei den MAK<br />
durch die Nachstellmöglichkeit konstant<br />
gehalten werden konnte.<br />
Diese Nachstellmöglichkeit bietet<br />
aber nicht nur Chancen, sondern auch<br />
die Gefahr, dass die Patienten den erwünschten<br />
Druck nicht eigenständig<br />
reproduzieren können. Mit dieser Fragestellung<br />
haben sich auch Mosti und<br />
Partsch 2017 befasst [4]. Allen 31 Patienten<br />
gelang es nach einer entsprechenden<br />
Einweisung in das Hilfsmittel,<br />
den Druck über die Tragedauer im<br />
vorgegebenen Zielbereich zu halten.<br />
Zu diesem Ergebnis kommt auch<br />
eine Untersuchung von Protz et al.<br />
aus dem Jahre 2017 [5]. Verglichen<br />
wurde hier die Reproduzierbarkeit der<br />
gewünschten Drücke bei unterschiedlichen<br />
Kompressionsverfahren. Im<br />
Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen<br />
wurden von 137 Teilnehmenden<br />
insgesamt 302 Bandagierungen<br />
vorgenommen und anschließend die<br />
Einhaltung des vorgegebenen Druckwertes<br />
überprüft. Die Quote der Einhaltung<br />
des geforderten Druckbereichs<br />
lag bei Bandagierungen mit<br />
Kurzzugbinden bei 11,2 %, bei der<br />
Verwendung von Mehrkomponentensystemen<br />
bei 35,2 % und bei MAK<br />
bei 85,0 %. Auch der Tragekomfort<br />
wurde von den Probanden mit MAK<br />
am höchsten bewertet.<br />
Die Studienlage zu MAK erscheint<br />
also auf den ersten Blick ermutigend.<br />
Ein Review von Williams aus 2016 zeigt<br />
jedoch, dass bislang aber vor allem<br />
Langzeitbeobachtungen fehlen [6].<br />
Einbindung in Leitlinien<br />
Medizinische adaptive Kompressionssysteme<br />
wurden in die aktuellen S2k-<br />
Leitlinien zur medizinischen Kompressionstherapie<br />
aufgenommen [7].<br />
Ebenso werden sie in der S2k-Leitlinie<br />
Diagnostik und Therapie der Varikose<br />
berücksichtigt [8]. Im Folgenden werden<br />
die wichtigsten Empfehlungen<br />
und Aussagen der beiden medizinischen<br />
Leitlinien zur Anwendung von<br />
MAK als Originalzitate zusammengefasst.<br />
„Die medizinische Kompressionstherapie<br />
soll integraler Bestandteil der<br />
Therapie phlebologischer Krankheitsbilder<br />
sein. Sie kann mit MKS (Medizinischer<br />
Kompressionsstrumpf),<br />
PKV (Phlebologischer Kompressionsverband)<br />
oder MAK erfolgen. Voraussetzung<br />
sind spezielle Kenntnisse und<br />
Erfahrungen sowohl hinsichtlich Diagnose,<br />
Differentialdiagnose, Risiken<br />
und Kontraindikationen als auch in<br />
der Verordnung zeitgemäßer Kompressionsmaterialien<br />
und der Technik<br />
des Anlegens.“ (S2k-Leitlinie zur medizinischen<br />
Kompressionstherapie,<br />
Empfehlung 1)<br />
„In der initialen Entstauungsphase<br />
beim Lymphödem und beim ausgeprägten<br />
venösen Ödem sowie beim<br />
Ulcus cruris venosum können MAK<br />
als Alternative zur Bandagierung mit<br />
Binden eingesetzt werden.“ (S2k-Leitlinie<br />
zur medizinischen Kompressionstherapie,<br />
Empfehlung 27 bzw. S2k-<br />
Leitlinie zur Diagnostik und Therapie<br />
der Varikose, Empfehlung 40)<br />
Versorgungsbeispiel 1<br />
d.<br />
Frau R. ist 20<strong>05</strong> im Alter von 34 Jahren<br />
nach einer Unterleibsoperation<br />
an einem einseitigen Lymphödem des<br />
rechten Beines erkrankt. Trotz regelmäßiger<br />
wöchentlicher Lymphdrainage<br />
über mehrere Jahre verschlechterte<br />
sich die Situation kontinuierlich. Erst<br />
ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />
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