grenzenlos_Sommer_2024
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54 HÖLLENTALKLAMM<br />
1905: Fertigstellung der<br />
Bogenbrücke in der Klamm.<br />
55<br />
EINE REISE<br />
DURCH<br />
DIE ZEIT<br />
Die Sorgen und Probleme des Alltags einfach mal hinter sich lassen<br />
und abschalten: Das gelingt mit einem Besuch in der Höllentalklamm.<br />
Dabei haben sie und das Höllental eine rasante Entwicklung hinter sich,<br />
bis sie zu dem Touristen-Hotspot im Zugspitzdorf Grainau wurden.<br />
In mühevoller Arbeit wurde<br />
die Klamm erschlossen.<br />
Vom Wanderparkplatz vor dem Grainauer Ortsteil<br />
Hammersbach geht es zu Fuß 2,1 Kilometer<br />
durch das saftige Grün des Waldes. Naturliebhaber<br />
überwinden dabei 259 Höhenmeter, aber<br />
jeder Schritt lohnt sich. Schließlich wird das Tosen des<br />
Wassers immer lauter, die massiven Felswände ragen<br />
steil nach oben. Hier hat sich die Natur ihren Platz<br />
erobert. Sie ist wild und unbändig – genau dafür steht<br />
auch die Höllentalklamm, die das Ziel der Wanderung<br />
ist. Auf den verschlungenen Pfaden, über Brücken und<br />
durch beleuchtete Tunnel lassen sich auf einer Strecke<br />
von einem Kilometer zahlreiche Wasserfälle in der<br />
Klamm erkunden. Gut 100 Höhenmeter legen Besucher<br />
in ihr zurück, während wenige Meter unter ihnen der<br />
Hammersbach vorbeirauscht.<br />
Dabei hat der Name des Höllentals, das zwischen<br />
Alpspitze und Waxensteinkamm liegt, gar nichts mit<br />
der Hölle zu tun. Er bezieht sich vielmehr auf die Worte<br />
„höhlen“ beziehungsweise „aushöhlen“. Vor rund<br />
240 Millionen Jahren zur mittleren Triaszeit setzten<br />
sich harte Wettersteinkalkschichten am Meeres boden<br />
ab, die später während der Alpenbildung gefaltet wurden.<br />
Das durchfließende Regen- und Schmelz wasser<br />
des Hammersbachs sorgte im Laufe der Zeit dafür,<br />
dass das Gelände ausgehöhlt wurde – so entstand die<br />
typische Klammform. „Die Höllentalklamm ist eine<br />
Stufen klamm. Einst gab es dort einen riesigen Wasserfall.<br />
Bei einem Felsriegel aus Wettersteinkalk hat sich<br />
der Hammersbach dann immer weiter eingetieft. So<br />
formte er bis zu 150 Meter tiefe Schluchten ins Hochgebirge“,<br />
erklärt Peter Schwarz, Mitglied des Heimatund<br />
Geschichtsvereins „Bär und Lilie“. Dieser hat<br />
sich seit seiner Gründung 1986 darauf spezialisiert,<br />
die Geschichte und Entwicklung des Ortes Grainau zu<br />
erforschen und zu erhalten.<br />
Auf den Spuren der Vergangenheit<br />
1902: Erkundung der Klamm durch<br />
Mitglieder der Alpenvereinssektion<br />
Garmisch-Partenkirchen.<br />
1903: Wegebau im mittleren<br />
Bereich der Klamm.<br />
Wer die Höllentalklamm besucht, bemerkt am Wanderweg<br />
vom Kreuzeck zur Höllentalangerhütte eine alte<br />
Grube und die Reste eines Elektrizitätswerks. „Es handelt<br />
sich hierbei um Teile des ehemaligen Bergwerks, das 1827<br />
entstand“, berichtet Schwarz. „In den heute noch sichtbaren<br />
Knappenhäusern waren die Bergarbeiter untergebracht.<br />
Im Höllental gab es zwei Abbau perioden: Im<br />
19. Jahrhundert wurden Bleierze und ab 1905 Wulfenit,<br />
also Molybdän-Bleierz, abgebaut.“ Ab dem 20. Jahrhundert<br />
erleichterte eine Erztransportbahn den Abtransport<br />
der Rohstoffe. Sie reichte von den Knappenhäusern bis<br />
nach Hammersbach. Auch ein Elektrizitätswerk wurde<br />
hierfür auf dem Berg errichtet. „Das Mineral Wulfenit<br />
war besonders im Ersten Weltkrieg ein wertvoller Rohstoff.<br />
Im Deutschen Reich gab es nur wenige andere<br />
Fundstellen“, ergänzt Schwarz. Es dient – auch heute<br />
noch – der Stahlhärtung und wurde früher beispielsweise<br />
zur Herstellung der Gewehre und Einrichtungen<br />
der Artillerie herangezogen.<br />
Bilder: AV-Sektion Garmisch-Partenkirchen; Archiv P. Schwarz<br />
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