Melange No30

ICH GEBE IMMER 110%
Über Jahrhunderte hinweg haben Trachten
Mode und Identität geprägt. Sie verbinden
Menschen, schaffen Zugehörigkeit und erinnern
an vergangene Zeiten.
Als lebendiges Erbe bieten sie Kontinuität und
Stabilität in einer sich wandelnden Welt.
Ihre Eleganz und Tiefe machen Trachten zu
einem faszinierenden Teil unserer Geschichte
und Gegenwart.
Angelina Kees, Geschäftsführerin
der Inntaler Trachtenwelt, lebt für ihr Unternehmen
und die vielseitige Welt der Trachtenmode. Ihr
Werdegang verdeutlicht eindrucksvoll, wie sich Engagement und
Leidenschaft auszahlen können. Nach ihrem Realschulabschluss
möchte die damals 16-jährige Angelina Modedesignerin werden.
„Eigentlich wollte ich für die Ausbildung nach München gehen, dort war dies
jedoch erst mit 18 Jahren möglich, deswegen musste ich allein nach Stuttgart
ziehen. Ich wollte oft abbrechen, weil es wirklich schwierig war, so weit weg
von zu Hause zu sein, aber heute bin ich froh, dass ich es nicht getan habe.“
Aufräummädchen
Nach ihrer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zieht Angelina
mit ihrem Freund nach München und kommt über viele Zufälle
2015 zur Inntaler Trachtenwelt. „Ich wurde als so genanntes ‚Aufräummädchen‘
eingestellt. Das heißt, ich war mit den anderen Mädchen dafür
zuständig, die Ware nach dem Probieren zuzuknöpfen, sauber zusammenzurichten
und wieder aufzuräumen. Als das Thema Digitalisierung für das
Unternehmen relevant wurde, hat mich der Bruder des Inhabers als Unterstützung
ins Büro geholt. Wir haben ein Warenwirtschaftssystem entwickelt
und iPad-Kassen in den Filialen eingeführt. Ich war anfangs zwei Tage die
Woche im Büro und zwei Tage im Verkauf. Eines Tages habe ich gefragt, ob
ich als gelernte Modedesignerin nicht auch beim Einkauf helfen könnte – und
durfte dann mit auf Messen.“
Marketing und eigenes Label
Aufgrund weiterer Zufälle übernimmt Angelina Kees 2019 das
Marketing für die Inntaler Trachtenwelt. „Ich war zuvor noch nie im
Bereich Marketing tätig und war plötzlich für unsere Anzeigen, das Fotomaterial
und die Veröffentlichung der kompletten Werbung verantwortlich.
Also habe ich mich eingearbeitet.“ Die Geschäftsführerin verfolgt noch
weitere ambitionierte Ziele: „Mein Traum war es immer, eines Tages
meine eigene Marke im Handel zu sehen. Ich hatte das große Glück, dies über
die Firma umsetzen zu können.
2019 habe ich das Label ‚AngeLinA‘ gegründet. Als im März 2020 die erste
Lieferung während Corona kam und alle Events abgesagt wurden, hatte ich
stark daran zu knabbern.
Ich habe mich dann auf meine Hauptarbeit konzentriert und das Label im
Hintergrund aufgebaut. Zu dieser Zeit war es wichtig, die Geschäfte wieder
ins Laufen zu bringen und die Filialen am Leben zu halten, was sehr schwer
war. Besonders die Absage des Oktoberfests – ohne Veranstaltungen benötigt
man natürlich auch keine neue Festtagskleidung.“
Ja, ich will
Als die Inhaber überlegen, die Firma zu verkaufen, stellt sich Angelina
quer. „Ich habe gesagt, ein Verkauf kommt nicht infrage, weil ich das
Unternehmen einmal selbst weiterführen möchte. Natürlich wurde ich für meine
Aussage belächelt – ich war zu diesem Zeitpunkt gerade mal 22 Jahre – und
mir selbst war eigentlich gar nicht klar, was damit auf mich zukommen würde.
Es hieß: ‚Wenn du das wirklich machen möchtest, dann zeig uns, was du kannst
und dass du das wirklich willst.‘ Seitdem habe ich so viel selbst gemacht, auch
Filialen und Pop-up-Stores eröffnet.
Ich probierte vieles aus und gebe stets 110 % – damals wie heute. Wenn man
immer mehr gibt, als man muss, ist die Chance auf Erfolg größer. Die Inhaber
haben meinen Fleiß zum Glück gesehen und sehr geschätzt, dass ich immer mehr
zu geben bereit war.“
Mittlerweile ist die Inntaler Trachtenwelt für die Modedesignerin
zur absoluten Priorität geworden. „Mein Label ist zwar mein Baby, aber
die Firma ist das, was ich großziehen möchte. Dafür stehe ich jeden Tag auf.
Sie ist mein Herzensprojekt, welches ich an der Spitze sehen will.“
Zukunft Unternehmerin
Am 1. Januar 2022 erreicht Angelina Kees einen Meilenstein – sie
wird Geschäftsführerin – mit nur 26 Jahren. Ein Weg, der keinesfalls
einfach war und bei welchem man auch gegen einige Vorurteile
zu kämpfen hat.
„Ich wurde oft gefragt, warum ich mir als Frau das antue und nicht lieber
einen einfacheren Weg gehen möchte. Eine junge Mutter werde und meine
komplette Aufmerksamkeit meiner Familie schenken will. Mein Mann leitet
ebenso in dritter Generation zusammen mit seinem Vater ein Bauunternehmen,
sodass man seinen Alltag optimal organisieren muss. Bei mir war die Entschei-
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