SCHWEIZER IN GOLMAUSGABE 01 | APRIL 2024 · ORTSTEILZEITUNG · 14476 Golm14Karte von 1775. Die Ansiedlungen der Schweizer befanden sich in Galien (heute Gallin; Wildpark West), Golm, Vier Häuser (heute Nattwerder) und Neu Teplitz(heute Neu Töplitz). Einige Ortsbezeichnungen sind nicht korrekt und weichen von Bezeichnungen in der älteren Suchodoletzkarte ab. Etwa wird der Reiherberg alsPanneberg bezeichnet. In der älteren Karte von Suchodoletz (Artikel Bleyl) ist er schon korrekt als Reyerberg bezeichnet. Quelle: BLHA Allgemeine Kartensammlung Nr. 376A
14476 Golm · AUSGABE 01 | APRIL 2024 · ORTSTEILZEITUNGSCHWEIZER IN GOLMDIE ERINNERUNGAN DIE SCHWEIZER SIEDLER VON 1685IN GOLM SICHTBAR MACHENIn der jüngeren Golmer Ortsgeschichtegab es einigebedeutende Einschnitte. Amnachhaltigsten waren die nach dem30-jährigen Krieg einsetzenden Meliorationendes Golmer Bruchs (Anmerkung derRedaktion: im heutigen SprachgebrauchGolmer Luch), wofür vom Großen Kurfürsteneine Gruppe Schweizer ins Landgeholt wurde. Die Eingriffe in die Naturzur Trockenlegung endeten erst mit denSicherungsmaßnahmen des Müllabladeplatzesvor etwa 30 Jahren. Die SchweizerSiedler haben so dieser Gegend ihrenStempel aufsetzen können.SIEDLUNGSANFÄNGEEs war am 18. Juni 1685, als 14 Familien mit101 Personen mit Booten an der Wublitzbei Einhaus, etwa wo heute die Wublitz-Brücke steht, anlandeten. Sie begannenmit Unterstützung der brandenburgischenObrigkeit und aus eigenen Mittelnsich im Golmer Bruch einzurichten, dannwegen nicht zu bewältigender technischerSchwierigkeiten bei ihrer Kultivierung desGolmer Bruchs an neue Plätze zu ziehenund Kolonien zu gründen oder bald inGolm das Vorwerk zu bewirtschaften.Neugründungen waren Nattwerder undNeu Töplitz, während Golm nach Bevölkerungsverlustenim 30-jährigen KriegZuwanderungen brauchte, um die Landwirtschafterweitern und verbessern zukönnen.Geistlicher zentraler Ort wurde fürdie Schweizer Familien, die dem evangelisch-reformiertenGlauben anhingen,in den ersten beiden JahrhundertenNattwerder mit der neuerbauten kleinenKirche (1690). Nattwerder, wo sichvier Schweizer Hofstellen befanden, hießdann auch zeitweise Vierhäuser. Hier wurdendie Geburten, Eheschließungen undSterbefälle der Schweizer im Kirchenbuchdokumentiert und auf dem kleinenKirchhof ließen sie sich beisetzen. Nochheute sind dort Grabdenkmale auch vonSchweizer Bauerngutsbesitzern aus Golmund Neu Töplitz zu sehen.Bald nach der Ankunft wurden 1691drei Schweizer Familien auf dem abgebranntenkurfürstlichen Vorwerk aufdem »Töplitzschen Werder« des AmtesLehnin angesetzt, denen dann noch dreiweitere folgten. Ursprünglich standendort offenbar nicht mehr als vier Häuserder Schweizer aus Holz auf Vorwerksgrundmauern.Die Schweizer betriebenAckerbau und Weidewirtschaft sowieeinen Weinberg. Aus dieser kleinenAnsiedlung entstand das KolonistendorfNeu Töplitz. Von hier stammte der königlicheHofgärtner David Garmatter beimSchloss Paretz, der bekannteste Sohn derSchweizer Auswanderergruppe.Das Vorwerk (früheres adeliges oderklösterliches Gut im Besitz des Landesherrn)des Amts Potsdam in Golmernährte ab 1689 sechs Schweizer Familien,die es gepachtet hatten und dafüreinen Pachtzins zahlen mussten. Im Dorfwaren bereits 12 Kossätenhöfe, von denenallerdings drei Stellen wüst waren, undeine Mühle sowie die zwei bereits vorherangesetzten einheimischen VollbauernPeter Heese und Caspar Simstädt (späterKraatz) vorhanden.DIE NAMEN DER NEUEN HOFBESITZERIN GOLM AM WEG NACH BORNIM(nach Rudi Garmatter, Flein, dem ich für seinewertvollen Beiträge vielmals danke)HOF NAME DES BESITZERS HERKUNFT1 Peter Heese einheimisch2 Bendicht Zech Schweizer3 Crispinus Garmatter Schweizer4 Niclaus Schweingruber Schweizer5 SCHULE6 Niclaus Zech Schweizer7 Zacharias Kiener Schweizer8 Christian Schneider SchweizerNach drei Generationen waren hierdie Schweizer fest etabliert und siebegannen, mit Einheimischen ehelicheVerbindungen einzugehen. Ihre Höfe bliebenaber infolge einer Vererbungsregel inSchweizer Hand, wenn auch nicht immerin der gleichen Familie. So kam es, dassdie Namen der ersten Hofbesitzer sichvon denen bis zum Umbruch nach demzweiten Weltkrieg und bis zum Beginn derKollektivierung unterschieden.SPURENSICHERUNGDie Geschichte der Schweizer Besiedlungwird in Archiven bewahrt. Siewird auch immer wieder in Abhandlungen,Berichten, Artikeln undErzählungen weitergetragen. Dazugehört auch diese Ortsteilzeitung fürGolm, die die Geschichte lebendig hält.Über die Jahre finden sich stets auch einpaar Geschichtsforscher, die diese spezielleGeschichte neu aufarbeiten undfortschreiben. Und die meisten Alteingesessenenhaben Kenntnisse von derGolmer Siedlungsgeschichte, weil sie sieaus Erzählungen ihrer Väter und Müttererfahren haben. Gelegentlich kommengeschichtsinteressierte Besucher, um anOrt und Stelle den Spuren der Schweizerzu folgen und einen Eindruck vomheutigen Zustand zu bekommen. Zuletztwar im Oktober 2023 eine SchweizerDelegation des Geschichtsvereins inThierachern im Kanton Bern zu einemmehrtätigen Aufenthalt hier. Junge Leuteaus Golm lernten sie kennen, weil sie sichfür ihre Geschichte interessiert hatten.Es zeigte sich bei der Vorbereitung aufdiese Schweizer Besucher, dass dieserAbschnitt der Ortsgeschichte neu erfasstwerden und dazu die realen Plätze vorheraufgesucht werden mussten. Es fehlteeine schriftliche Anleitung, wie diesebesondere Geschichte anschaulich vorgeführtwerden kann. Die dann entwickeltekonkrete Ausformung fand schließlich imProgramm ihren Niederschlag.TAG EINS09:00 Uhr Treffpunkt an der Kaiser-Friedrich Kirche,Begrüßung durch Vertreter desOrtsbeirates Golm09:15 Uhr Fahrt zum Ausgangspunkt und Führungzum Aussichtspunkt Reiherberg, Blickauf Golmer Luch und über die Havelnach Werder, Umtrunk, Abstieg undRückfahrt zur Kirche Golm10:15 Uhr Besuch der alten Schweizer HofstellenGeiselbergstraße 2–6 (Höfe Garmatter,Kiener, Zech und Schweingruber)11:00 Uhr Weiterfahrt zum Parkplatz Max-Planck-Campus11:45 Uhr Gemeinsamer kleiner Imbiss im Gästehausdes Max-Planck-Campus12:30 Uhr Fahrt zum Aussichtspunkt «Pflaumenweg»13:00 Uhr Fahrt über Grube nach Nattwerder,Besuch von Nattwerder, anschließendWeiterfahrt bis zur Wublitz-Brücke,kurzer Fußweg zum NSG Wolfsbruchund zurück zum Mühlendamm bei Einhaus15:15 Uhr Fahrt nach Golm über Mühlendamm16:00 Uhr Empfang, gegeben vom OrtsbeiratGolm17:00 Uhr Rückfahrt ins HotelTAG ZWEI08:30 Uhr Abfahrt nach Neu Töplitz09:00 Uhr Treffpunkt bei der Bushaltestelle Weinbergstraße,anschließend Führung,Begehung und Orientierung über dieSiedlung «Vorwerk» und den Hof Garmatter10:00 Uhr Weiterfahrt, Kurzbesuch des Friedhofs(Grabstelle Ida und Wilhelm Garmatter)10:30 Uhr Weiterfahrt nach Göttin. Blick überGöttin See nach Paretz11:00 Uhr Rückfahrt nach Neu Töplitz, Kurzbesuchdes Weingutes Klosterhof Töplitz,anschließend Weiterfahrt nach Paretz11:30 Uhr Mittagsimbiss im «Gotischen Haus»13:00 Uhr Führung durch Schloss und Park15