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DVS_Bericht_392LP

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2 Gesetze und Verordnungen<br />

Für industrielle Rohrleitungssysteme gelten je nach Aufstellungsort unterschiedliche gesetzliche Vorgaben. In<br />

der Europäischen Union muss die Druckgeräterichtlinie [3], im Vereinigten Königreich muss die Pressure<br />

Equipment (Safety) Regulation 2016 UK (PESR) [4] und in den USA sowie Kanada müssen jeweils die Kesselgesetze<br />

der einzelnen Staaten, Provinzen oder großen Städte [5] berücksichtigt werden. Dementsprechend<br />

sind die anzuwendenden Regelwerke und allfälligen Zusatzforderungen von Ort zu Ort nicht einheitlich, aber<br />

verbindlich zu beachten.<br />

Im US Bundesstaat Oregon beispielsweise [5] ist im Kesselgesetz vorschrieben, dass die ASME B31.3 verbindlich<br />

für Rohrleitungen eingehalten werden muss. An anderen Orten kann der Betreiber, seine Planungsfirma<br />

oder auch der Hersteller selbst entscheiden, welches Regelwerk für ein Projekt angewandt werden soll,<br />

etwa im Bundesstaat Texas [5]. Hier kann der Betreiber auch B31.12 oder EN 13480 vorgeben, das liegt in<br />

seinem Verantwortungsbereich.<br />

Weder die Druckgeräterichtlinie noch die PESR schreiben die Anwendung der EN 13480 vor. Diese harmonisierte<br />

Norm enthält in ihrem Teil 7 die Anleitung für die Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens,<br />

das schlussendlich zur CE-Kennzeichnung des Rohrleitungssystems führt. Die Verwendung der ASME Normen<br />

unter der Druckgeräterichtlinie ist entgegen anderslautender Gerüchte nicht verboten, sondern durchaus<br />

gängige Praxis. Die verantwortliche Marktteilnehmer müssen dann freilich die Erfüllung der Wesentlichen Sicherheitsanforderungen<br />

aus der Richtlinie nachweisen und das Konformitätsbewertungsverfahren durchführen.<br />

Das soll aber in dieser Darstellung nicht weiter ausgeführt werden.<br />

3 Geltungsbereiche und Zulassungen<br />

Wir betrachten einige ausgewählte Aspekte der aktuellen ASME B31.3-2022, ASME B31.12-2019 und der<br />

EN13480-2017. Der Zeit entsprechend wenden wir diese Aspekte an einer hypothetischen Wasserstoffrohrleitung<br />

an. Die betrachtete Rohrleitung hat einen Außendurchmesser von 168,3 mm (NPS 6 bzw. DN 150) und<br />

soll für 8 MPa Auslegungsdruck gemäß der jeweiligen Normen dimensioniert werden.<br />

Der Geltungsbereich der ASME B31.3 umfasst Prozess-Rohrleitungen mit über 15 psi oder 105 kPa Auslegungsdruck<br />

und/oder gefährlichen, heißen oder kalten Medien, während die EN 13480 bereits bei mehr als<br />

0,5 bar Druck gilt.<br />

ASME B31.12 dagegen wurde konkret für das Medium Wasserstoff geschrieben. Es gibt keine Untergrenze<br />

hinsichtlich Druck oder Temperatur. Allerdings gibt es Obergrenzen beim Druck. Der Auslegungsdruck darf<br />

15000 psi, etwa 103 MPa, für einige Werkstoffe sogar nur 6000 psi oder 4500 psi, nicht überschreiten.<br />

[6, Fußnoten (a), (2) und (5) der Tabelle GR-2.1.1-1] Für Temperaturen über 1000 °F (538 °C) wird in B31.12<br />

auf die Regeln für „Elevated Temperature Service“ in der ASME B31.3 verwiesen, der Betrieb im Zeitstandbereich<br />

wird in B31.12 pauschal über die Festigkeitskennwerte behandelt [6]. ASME B31.12 beschreibt neben<br />

Industrierohrleitungen auch Überlandleitungen und Flüssiggasrohrleitungen. (Wasserstoff hat bei atmosphärischem<br />

Druck eine Siedetemperatur von -253 °C oder 20K). Überlandleitungen werden in diesem Vergleich<br />

allerdings ausgeklammert, der Leser wird auf den Part „PL“ in der B31.12 verwiesen.<br />

In unserem Beispiel ist die Leitung bei 8 MPa und -40 bis 100 °C bzw. 20 bis 400 °C in den Geltungsbereichen<br />

aller drei Normen enthalten. Bezüglich der Klassifizierung treffen wir jedoch auf völlig verschiedene Ansätze,<br />

Bild 1. Wasserstoffgas ist entzündlich und daher Fluidgruppe 1 (EN) aber „Normal Fluid“ in B31.3. Insofern<br />

wird das Medium Wasserstoff als Gas in der EN 13480 in zweifacher Hinsicht anders behandelt als etwa<br />

flüssiges Pflanzenöl. In der B31.3 gibt es keine Unterscheidung des Aggregatszustandes. Darüber hinaus gilt<br />

Wasserstoff als brennbares, aber nicht toxisches Fluid, als „Normal Fluid Service“. Hinsichtlich der Prüfumfänge<br />

und der Modulauswahl wird das noch eine Rolle spielen.<br />

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<strong>DVS</strong> 392

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