procontra | Ausgabe 02/2024
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April-Mai 2<strong>02</strong>4 | <strong>Ausgabe</strong> 101 | Jahrgang 18<br />
Das freie Finanzmagazin<br />
Benchmark-Battle beenden<br />
Wie der Erfolg aktiver Fonds sinnvoller<br />
als an einer Benchmark<br />
gemessen werden kann<br />
Indexpolicen in der Kritik<br />
Warum die Produkte im Boomjahr<br />
enttäuschten und welche Probleme<br />
in ihrer DNA zu beachten sind<br />
Fugenschutz gekittet<br />
Wie Versicherer ihre Wohngebäudepolicen<br />
nach dem „Fugenurteil“<br />
nachgebessert haben<br />
Pflege<br />
als Pflegefall<br />
Warum die private<br />
Vorsorge ein<br />
Dauerpatient ist
Ohne<br />
sie<br />
ist die Herzlichkeit a. D.<br />
Wertvolle<br />
Absicherung<br />
für junge<br />
Beamtinnen und<br />
Beamte!<br />
Im Fall der Fälle: Die Allianz ermöglicht Beamtinnen und<br />
Beamten mit der Berufs- und Dienstunfähigkeitsversicherung<br />
finanzielle Sicherheit für die gesamte Berufslaufbahn.<br />
→ Mehr bei Ihrer Maklerbetreuung<br />
oder unter makler.allianz.de/beamte
EDITORIAL | 3<br />
»Private Pflegevorsorge<br />
kommt in Schwung«<br />
Die Kostenbelastung in der sozialen Pflegeversicherung<br />
wird größer. Um das umlagefinanzierte System stabilisieren<br />
zu können, führt kein Weg an der kapitalgedeckten<br />
und damit privaten Pflegevorsorge vorbei. Experten<br />
betonen, dass nur diese Kapitaldeckung die Solidarität mit<br />
den Pflegebedürftigen von heute und den kommenden<br />
Generationen sichere. Das werden Politik, Anbieter und<br />
Vermittler erkennen und das Thema in die Lande tragen.<br />
Dort ist es auch kein so unbekanntes, wie man immer tut.<br />
Seit Corona ist das Bewusstsein für die eigene Gesundheitsversorgung<br />
spürbar gestiegen. Das kann und sollte in<br />
der Beratung stärker genutzt werden – um über die Lücken<br />
der gesetzlichen Pflege weiter aufzuklären und sich einer<br />
Produktpalette zu bedienen, innerhalb derer Versicherer<br />
hoffentlich weiter an den Stellschrauben drehen, um die<br />
Vorsorge noch flexibler und attraktiver zu machen.<br />
Die Politik weitet mit jeder Reform die Leistungen in<br />
der gesetzlichen Pflegeversicherung aus. Damit erhöht sie<br />
nicht nur das Finanzierungsproblem – was der privaten<br />
Vorsorge eigentlich entgegenkommen müsste. Sie sendet<br />
aber vor allem die falschen Signale an die Bevölkerung.<br />
Diese wähnt sich in einer fatalen Versorgungssicherheit<br />
für den eigenen Pflegefall, die die Notwendigkeit der privaten<br />
Vorsorge verkennen lässt. Noch immer sehen zu viele<br />
Menschen in der gesetzlichen Pflegeversicherung eine Art<br />
Vollversicherung.<br />
Zudem mag der Vertrieb das Thema nicht. Zu sensibel, zu<br />
weit weg und stark konkurrierend mit dem lukrativeren<br />
Einkommensschutz und der Altersvorsorge, wo die Argumentation<br />
schon schwierig genug ist. Da auch die Versicherer<br />
das Thema nicht offensiver angehen, wird man bei<br />
der eigenen Pflegevorsorge weiterhin hoffen statt handeln.<br />
Liebe Makler, liebe Leser,<br />
die <strong>procontra</strong>-Redaktion wünscht Ihnen<br />
eine aufschlussreiche <strong>Ausgabe</strong>.<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />
@<strong>procontra</strong>online<br />
facebook.com/<strong>procontra</strong><br />
Matthias Hundt<br />
Chefredakteur<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Inhalt April<br />
bis Mai 2<strong>02</strong>4<br />
28 46<br />
10 Starke Thesen Experten,<br />
Interviewpartner und Leser<br />
mit klaren Statements<br />
22 Booster für die Beratung<br />
Gesprächsaufhänger und<br />
Neues für Ihre Produktpalette<br />
Investmentfonds<br />
28 Goldpreisanstieg: »Warum<br />
nicht auch auf 3.000 US-<br />
Dollar?« DJE-Vorstand Ulrich<br />
Kaffarnik im Investmenttalk<br />
32 Benchmark-Battle war<br />
gestern Ist der Erfolg aktiver<br />
Fonds sinnvoller messbar?<br />
36 Stabilisator fürs Depot<br />
Dividenden und ihr Beitrag zur<br />
Gesamtperformance<br />
38 Wohin mit den grünen<br />
Kosten? Wie ESG-Daten die<br />
Fondskosten beeinflussen<br />
Titel<br />
»Die gesetzliche Pflege<br />
wird häufig für eine<br />
Vollversicherung<br />
gehalten.«<br />
Miriam Michelsen<br />
MLP<br />
14<br />
Pflege als Pflegefall<br />
Obwohl ihre Notwendigkeit seit Jahren<br />
betont wird, kommt die private<br />
Pflegevorsorge nicht vom Fleck.<br />
Dabei sendet die Politik mit jeder<br />
Reform die falschen Signale, und<br />
Produktgebern und Beratern fehlt<br />
das Rüstzeug, um den Pflegebock<br />
endlich umzustoßen.<br />
Versicherungen<br />
44 »Die Riester-Beitragsgarantie<br />
abzusenken wäre falsch«<br />
Walter Riester über ein Riester-Comeback<br />
46 Per Run-off aus der Kostenfalle<br />
IT-Kosten belasten<br />
Lebensversicherer immer<br />
stärker<br />
48 Gefangen im Index Kaum<br />
Rendite trotz Boomjahr 2<strong>02</strong>3.<br />
Woran Indexpolicen scheitern<br />
52 Schutz für Laubenpieper<br />
Welchen Schutz Kleingärtner<br />
brauchen<br />
54 Fugenschutz endlich<br />
gekittet? Wie Wohngebäudeversicherungen<br />
nach dem „Fugenurteil“<br />
angepasst wurden<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Impressum<br />
Verlag und Redaktion<br />
Alsterspree Verlag GmbH<br />
Firmensitz: Großer Burstah 50–52, 20457 Hamburg<br />
Postanschrift:<br />
Kurfürstendamm 173/174, 10707 Berlin<br />
Telefon: +49 (0 30) 232 56 27 00<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />
Herausgeber Philipp B. Siebert<br />
Chefredakteur Matthias Hundt<br />
Art Directoren Niels Flender, Sabine Müller<br />
64 88<br />
Layout und Infografik Sabine Müller<br />
Bildredaktion Roman Kulon, Eleonora Mavromati<br />
Berater<br />
64 »Schon ein Verdacht<br />
muss gemeldet werden«<br />
Handlungszwang für Makler<br />
durch das Geldwäschegesetz<br />
66 So ist’s Recht Urteile, die<br />
Makler kennen sollten<br />
70 Mehr Zeit fürs Lernen?!<br />
In der EU-Kleinanlegerstrategie<br />
wird über höhere Weiterbildungspflicht<br />
nachgedacht<br />
72 Nachfolge selbst bauen Wie<br />
der Nachwuchs fürs Maklerunternehmen<br />
inhouse selbst<br />
herangeführt werden kann<br />
76 Heilpraktikerpolice im<br />
Check Der „Ambulant Plus“<br />
der Signal Iduna unter der Lupe<br />
78 pro & contra Rentenpaket II<br />
Chancen und Risiken der<br />
neuen Rentenreform<br />
Sachwerte<br />
82 »Förderungen von Land und<br />
Bund sind kombinierbar«<br />
Welche Zuschüsse energieeffizientes<br />
Bauen ermöglicht<br />
84 Jetzt oder nie?! Experten<br />
über Gelegenheiten am<br />
Immobilienmarkt<br />
88 Renditetreiber gesucht?<br />
Positive Entwicklungen am<br />
Rohstoffmarkt nutzen<br />
Rubriken<br />
3 Editorial<br />
5 Impressum<br />
6 Personen- und<br />
Firmenverzeichnis<br />
90 Privat gefragt Ruven Simon<br />
(WWK) mit privaten Einblicken<br />
Lektorat TextSchleiferei.de<br />
Textbeiträge Mailin Bartknecht, Florian Burghardt,<br />
Jörg Droste, Carla Fritz, Heike Gorres, Matthias Hundt,<br />
Mandy Lange, Oliver Mest, Dr. Hans-Jörg Naumer,<br />
Erika Neufeld, Stefan Terliesner, Jan Wagner, Nadine<br />
Wiesenthal,<br />
Coverillustration Roman Kulon<br />
Anzeigenberatung Nadin Korte<br />
n.korte@alsterspree.de, +49 (0)40 6 07 71 29 24<br />
Anzeigendisposition<br />
Sabine Müller, s.mueller@alsterspree.de<br />
Verlagsgeschäftsführer<br />
Philipp B. Siebert, Tilman J. Freyenhagen<br />
Verantwortlich für diese <strong>Ausgabe</strong><br />
i. S. d. P. Matthias Hundt<br />
Druckerei MÖLLER PRO MEDIA® GmbH<br />
Zeppelinstraße 6, 16356 Ahrensfelde,<br />
www.moellerdruck.de<br />
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© 2<strong>02</strong>4 für alle Beiträge bei Alsterspree Verlag<br />
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Hinweis Den Artikeln, Empfehlungen, Charts, Tabellen<br />
und Diagrammen liegen Informationen zugrunde,<br />
die die Redaktion für verlässlich hält. Trotz sorgfältiger<br />
Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit<br />
des Inhalts keine Haftung übernommen werden. Die<br />
in <strong>procontra</strong> gemachten Angaben dienen der Unterrichtung<br />
und sind keine Aufforderung zum Kauf oder<br />
Verkauf von Wertpapieren.<br />
Für Mitglieder der nachfolgend aufgeführten Verbände<br />
ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten:<br />
AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V.<br />
Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen<br />
in Europa e. V.<br />
Unser Druck ist zu 100 % klimaneutral. Der Innenteil<br />
wird auf 100 % Recyclingpapier gedruckt.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
6 | PANORAMA Unternehmens- und Personenverzeichnis<br />
Index<br />
Unternehmens- und Personenverzeichnis<br />
UNTERNEHMEN<br />
Adesso____________________ 46<br />
Admiral-Direkt_____________ 23<br />
Aeiforia_________________ 11, 43<br />
AEW_______________________ 23<br />
Afida____________________ 46 f.<br />
Agencio___________________ 23<br />
Airbus_____________________ 28<br />
Alcoa______________________88<br />
Allianz_11, 16 f., 23, 36, 38 f., 49<br />
Alte Leipziger______________ 55<br />
Arag______________ 16, 20, 46 f.<br />
Assekurata_____________15, 50<br />
Axa_______________20, 46 f., 55<br />
Baloise________________ 46, 53<br />
Barmenia__________________ 49<br />
Bayerische________________ 47<br />
BCA________________ 20, 23, 74<br />
blau direkt_______________ 20 f.<br />
BTC________________________40<br />
Canada Life_______________ 23<br />
Charta_____________________ 73<br />
Check24___________________ 24<br />
Commerzbank_____________ 89<br />
con4b___________________ 54 f.<br />
Condor____________________ 22<br />
Continentale______________ 16<br />
DBV Winterthur___________ 46<br />
Debeka____________________ 16<br />
Deka______________________ 39<br />
Dialog_____________________ 52<br />
Diva_______________________ 27<br />
DJE________________________ 28<br />
DKV_______________________ 20<br />
Domcura________________ 55 f.<br />
Dr. Klein___________________ 86<br />
DWS_____________________ 38 f.<br />
Ergo____________________47, 55<br />
ExxonMobil______________ 88 f.<br />
Feuersozietät______________ 53<br />
finsparent_________________ 38<br />
flightright_________________ 23<br />
Frankfurter Leben_________ 47<br />
Generali___________________ 46<br />
Going Public!______________ 73<br />
Gothaer________________ 16, 23<br />
Hallesche_______________16, 20<br />
Hannoversche_____________ 22<br />
HDI________________________ 55<br />
Helaba____________________ 89<br />
Heraeus___________________ 89<br />
Hiscox_____________________ 53<br />
Holcim____________________88<br />
Honorarfinanz_____________ 39<br />
Infineon___________________ 28<br />
Interhyp________________ 84 ff.<br />
Invios______________________88<br />
iShares____________________ 39<br />
ISS________________________ 39<br />
Itzehoer___________________ 23<br />
IVFP____________________ 48 ff.<br />
Jung, DMS & Cie.__________ 75<br />
KPMG___________________ 46 f.<br />
LSEG Lipper_____________ 33 f.<br />
LV 1871____________________ 22<br />
MLP____________________16, 20<br />
Morgen & Morgen______ 17, 24<br />
MSCI______________________ 39<br />
Münchener Verein_________ 23<br />
Nomura___________________ 34<br />
Öko-Zentrum NRW________ 82<br />
Opimas____________________40<br />
PerFinEx__________________ 68<br />
Pioneer Resources_________ 89<br />
Plansecur__________________ 75<br />
pma_______________________ 73<br />
PVS________________________ 50<br />
Rio Tinto__________________88<br />
Santander_________________ 87<br />
SAP________________________ 28<br />
Shell_______________________88<br />
Siemens___________________ 28<br />
Signal Iduna_______ 17, 47, 76 f.<br />
Standard Life______________ 74<br />
Stoxx______________________ 28<br />
Sustainalytics______________ 39<br />
Total______________________88<br />
Union Investment_________ 39<br />
Versicherungskammer Bayern________________________<br />
16<br />
VHV_______________________ 23<br />
Viridium___________________ 47<br />
Volkswohl Bund ___________ 53<br />
WWK______________________90<br />
Zurich__________________47, 53<br />
PERSONEN<br />
Bahr, Daniel _______________ 17<br />
Bardt, Hubertus___________88<br />
Bartz, Jochen______________ 87<br />
Becker, Dennis___________ 52 f.<br />
Beenken, Matthias_12, 16, 21, 70<br />
Bentele, Verena____________ 18<br />
Birnbaum, Jens____________ 55<br />
Böhm, Johannes_________ 39 f.<br />
Böhm, Stephan____________ 20<br />
Braun, Nikolaus____________ 69<br />
Brückner, Axel_____________ 68<br />
Dresig, Tilo________________ 46<br />
Fetzer, Stefan______________ 19<br />
Finke, Achim____________ 54 ff.<br />
Fritsch, Carsten____________ 89<br />
Gattung, Martin____________ 11<br />
Gladis, Robert_____________ 20<br />
Glow, Detlef_____________ 33 f.<br />
Grabmaier, Sebastian______ 75<br />
Hagist, Christian___________ 19<br />
Hanowski, Mario___________ 20<br />
Hauer, Michael__________ 48 f.<br />
Heermann, Lars____________ 50<br />
Heinz, Michael H.__________ 71<br />
Hoffmann, Bernd__________ 47<br />
Irmscher, Andrea__________ 86<br />
Kaffarnik, Ulrich________ 28 ff.<br />
Karwatzki, Jan___________ 82 f.<br />
Kern, Christian__________ 46 f.<br />
Klein, Martin____________ 64 f.<br />
Kober, Dirk________________ 20<br />
Kostolany, André___________ 69<br />
Kraus, Alexander_______ 15, 17<br />
Kreutz, Carsten____________ 56<br />
Kreuz, Nikolas___________ 88 f.<br />
Kronauer, Kevin__________ 38 f.<br />
Lambrecht, Barbara_______ 89<br />
Leibenzeder, Falk______ 10, 50<br />
Lindner, Christian__________ 12<br />
Lüschen, Hans-Hermann___ 55<br />
Macri, Mauricio____________ 30<br />
Marx, Hendrik_____________ 89<br />
Mayer, Brigitte_____________ 53<br />
Mayer, Carmen____________ 69<br />
Mest, Oliver_____________ 76 f.<br />
Michelsen, Miriam______16, 20<br />
Milei, Javier_______________ 30<br />
Mohr, Mirjam___________ 84 ff.<br />
Müller, Sebastian__________ 74<br />
Naumer, Hans-Jörg___ 11, 38 f.<br />
Neumann, Michael_______ 85 f.<br />
Oberle, Marcel____________ 75<br />
Petersen, Oliver_________ 73 f.<br />
Popp, Michael_____________ 79<br />
Pötzsch, Thorsten__________ 39<br />
Pradetto, Oliver__________ 20 f.<br />
Reuther, Florian___________ 19<br />
Riester, Walter___________ 44 f.<br />
Romstöck, Michael________ 75<br />
Sagner, Pekka_____________ 85<br />
Schulz, Anja_______________ 78<br />
Schumacher, Uwe_______ 55 f.<br />
Siebel, Rudolf______________40<br />
Simon, Ruven______________90<br />
Stolz, Wolfgang____________ 75<br />
Suchoweew, Thomas_______ 73<br />
Suttrup, Jennifer__________ 22<br />
Thu Lan Nguyen___________ 89<br />
Tolckmitt, Jens____________ 85<br />
Voigtländer, Michael_______ 85<br />
Wasem, Jürgen____________ 19<br />
Weidner, Jens_____________ 69<br />
Wittholt, Frank__________ 46 f.<br />
Wolf, Thomas______________ 47<br />
Wolfgang, Kuckertz________ 73<br />
Zekert, Florian_____________ 39<br />
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<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Robert Raeder<br />
HanseMerkur Leiter Mathematik<br />
Mit<br />
höchstem<br />
Budget am<br />
Markt<br />
Jetzt neu: HanseMerkur<br />
Company Fit<br />
Top bKV für Firmenkunden<br />
Die bKV-Budgettarife der HanseMerkur überzeugen<br />
durch ein umfangreiches Leistungsangebot zu besonders<br />
günstigen Beiträgen. Die große Tarif-Flexibilität<br />
ermöglicht Unternehmen, ihren Mitarbeitenden<br />
individuelle Gesundheitsleistungen anzubieten. Von<br />
Sehhilfe und Zahnersatz bis zu Naturheilkunde und<br />
Vorsorgeuntersuchungen – und das mit dem höchsten<br />
Budget-Umfang am Markt. Gute Vertriebsaussichten<br />
für Sie, denn Hand in Hand ist HanseMerkur.
»ENDLICH HAT’S EINER DURCH-<br />
SCHAUT: VOLLER HAFTPFLICHT-<br />
SCHUTZ BEI GLASBRUCH.«
TOP-LEISTUNGEN NOCH MAL GETOPPT:<br />
DIE PRIVATHAFTPFLICHT, DIE AUCH GLASSCHÄDEN<br />
IN MIETWOHNUNGEN VERSICHERT<br />
Für noch zufriedenere Kunden: Die Privathaftpflicht KLASSIK-GARANT<br />
der VHV bietet jetzt 13 weitere Top-Leistungen – zu gewohnt günstigen<br />
Beiträgen. Damit ist und bleibt sie eine der herausragenden und<br />
mehrfach ausgezeichneten Privat-Haftpflichtversicherungen auf dem<br />
Markt. Und das Beste: Sie sichert endlich auch Glasschäden in gemieteten<br />
Wohnungen oder Häusern ab. Mehr Infos unter 0511.907 3000 oder<br />
unter vhv-partner.de
10 | PANORAMA Meinungsmacher<br />
Starke Thesen<br />
Experten, Interviewpartner und <strong>procontra</strong>-Leser mit klaren Meinungen<br />
»Es gibt wenig<br />
Anreiz zur<br />
privaten<br />
Pflegevorsorge.«<br />
Prof. Matthias Beenken hält die Pflegeversicherung<br />
von Beginn an für falsch konstruiert.<br />
Mehr dazu im Titel ab Seite 14<br />
»Vermittler riskieren, wegen<br />
mangelnder Zuverlässigkeit<br />
ihre Zulassung zu verlieren.«<br />
»Die Nutzung von Finanzmarktdaten<br />
ist für die<br />
Fondsgesellschaften seit<br />
Jahren mit regelmäßigen,<br />
teilweise massiven Preiserhöhungen<br />
verbunden.«<br />
Rudolf Siebel, Geschäftsführer des Fondsverbands<br />
BVI, über die Kostenbelastung durch ESG-Ratingdaten<br />
Mehr dazu auf Seite 38<br />
Martin Klein vom Votum-Verband über die Konsequenzen<br />
für Vermittler, wenn die neuen Vorgaben des<br />
Geldwäschegesetzes nicht umgesetzt werden.<br />
Das komplette Interview dazu auf Seite 64<br />
»Gemanagte Fonds schlagen alles«<br />
Langfristig, was ja in der Regel der Fall ist, schlägt jeder gut gemanagte<br />
Fonds einen gleichwertigen ETF oder eine Indexpolice, und<br />
das wohlgemerkt nach Kosten! Da wird manche Geiz-ist-geil-Denke<br />
sich noch umschauen. (Anm. d. Red.: Versicherungsmakler Falk Leibenzeder<br />
hält Indexpolicen für ein „Geldvernichtungsmodell“. Damit<br />
ist er offenbar nicht allein.)<br />
Wolfgang Schröck, via Facebook<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Meinungsmacher PANORAMA | 11<br />
»Transparenz«<br />
Gerne können Sie mit unserem Unternehmen<br />
einen Termin vereinbaren. Schicken Sie mir einfach<br />
Ihre Kontaktdaten, per PN. Wir zeigen Ihnen<br />
die Daten der Umfragen per Teams. (Anm. d.<br />
Red.: Unter unserem Artikel über eine Umfrage,<br />
wonach bislang 22 Prozent der Deutschen die<br />
digitale Rentenübersicht genutzt haben, hatten<br />
zwei Nutzer an der Richtigkeit der Daten gezweifelt.<br />
Martin Gattung, Chef der Firma Aeiforia, die<br />
die Umfrage beauftragt hatte, bot den Skeptikern<br />
direkt unter dem <strong>procontra</strong>-Artikel einen tieferen<br />
Einblick an.)<br />
Martin Gattung, via LinkedIn<br />
»Die Kritik am Generationenkapital<br />
beruht fast<br />
ausschließlich auf<br />
Unwissenheit.«<br />
Anja Schulz von der FDP sieht entgegen der<br />
Kritik im Generationenkapital einen Paradigmenwechsel<br />
in der gesetzlichen Rente.<br />
Das pro & contra dazu auf Seite 78<br />
»Personalabbau«<br />
Weil immer mehr Tätigkeiten kostenfrei auf<br />
die Agenturen verteilt werden! (Anm. d. Red.:<br />
Insgesamt ist die Anzahl der Angestellten in der<br />
Versicherungsbranche 2<strong>02</strong>3 um 1,3 Prozent gestiegen,<br />
speziell im Außendienst ist sie aber um<br />
2,4 Prozent gesunken.)<br />
Dirk Schole, via Facebook<br />
Kolumne<br />
Dr. Hans-Jörg Naumer<br />
leitet Global Capital Markets &<br />
Thematic Research von Allianz<br />
Global Investors<br />
»Das Comeback von<br />
Multi-Asset«<br />
„Niemals alle Eier in einen Korb legen“ – diese Volksweisheit<br />
hat eine tiefe Verankerung in der Kapitalanlage. Dabei<br />
hatte es die von ihr abgeleitete Anlagephilosophie während<br />
der Zeit der Niedrig- und Negativrenditen schwer. Dazu<br />
kam das nicht minder schwierige Jahr 2<strong>02</strong>2, in dem viele<br />
Anlagemöglichkeiten eine negative Performance auswiesen<br />
und das Aktien- gleichermaßen wie das Anleihesegment<br />
verlor. Was sich auswirkte, war die Geldpolitik, die fast<br />
rund um den Globus in Anbetracht der fast schon sprunghaft<br />
gestiegenen Inflation von expansiv auf restriktiv<br />
umschaltete. Das bekam Aktien und Anleihen nicht gut. Die<br />
Korrelation erreichte im Betrachtungszeitraum einen<br />
derart hohen positiven Wert, wie er in der Vergangenheit<br />
kaum erreicht wurde. Der Diversifikationseffekt war perdu.<br />
In der jüngeren Zeit hat sich die Korrelation wieder der Null<br />
angenähert. Zwar kann daraus kein zuverlässiger, längerfristiger<br />
Trend abgeleitet werden, aber der Treiber einer<br />
restriktiven bzw. restriktiver werdenden Geldpolitik,<br />
welche durch Liquiditätsentzug die Märkte gleichermaßen<br />
durchschüttelt, ist nicht absehbar. Insgesamt lässt dies<br />
eine wieder niedrigere, vielleicht sogar schon bald negative<br />
Korrelation erwarten. Einem Comeback von Multi-Asset<br />
steht damit nichts im Wege, und gerade in disruptiven<br />
Zeiten ist die „Niemals alle Eier in einen Korb legen“-Regel<br />
so aktuell wie nie. Wenn mit höheren Inflationsraten und<br />
steigenden Unsicherheiten zu rechnen ist, reicht die Anlage<br />
in Anleihen nicht mehr aus. Es gilt, was immer gilt: Wer<br />
mehr Rendite will, muss bereit sein, mehr Risiken einzugehen.<br />
Es geht somit darum, die Anlage nach dem eigenen<br />
Risiko-Ertrags-Profil zu steuern. Und: Multi-Asset hilft,<br />
verhaltensökonomisch betrachtet, bei der Selbstbindung<br />
an eine längerfristige Strategie.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
12 | PANORAMA Meinungsmacher<br />
Leserumfrage<br />
Wie fit fühlen Sie sich in der ESG-Beratung?<br />
»Gold hatte lange ein<br />
charttechnisches<br />
Problem.«<br />
Ulrich Kaffarnik, Vorstand bei DJE Kapital,<br />
sieht den „Durchbruch“ für Gold und hält<br />
einen Unzenpreis von 3.000 US-Dollar für<br />
durchaus denkbar.<br />
Der komplette Investmenttalk auf Seite 28<br />
Sowohl Kunden als auch Berater<br />
haben, trotz Abfragepflicht,<br />
wenig Lust auf nachhaltige<br />
Finanzprodukte. Bei vielen<br />
Vermittlern hapert es sogar an<br />
einigen Grundbegriffen, besagt<br />
eine Umfrage des AfW, und das<br />
trotz der gesetzlichen Pflicht.<br />
Deshalb haben wir uns einmal<br />
auf <strong>procontra</strong>-online umgehört,<br />
wie unsere Leser ihr ESG-Wissen<br />
einschätzen.<br />
30<br />
Ich fühle<br />
mich topfit.<br />
8<br />
62<br />
Ich habe noch<br />
Schulungsbedarf.<br />
Quelle: <strong>procontra</strong><br />
»IDD-Nachweise«<br />
Es wäre zudem zu begrüßen, dass Nachweise für IDD nicht<br />
hinterhergeworfen werden, sondern man sich diese auch erarbeiten<br />
muss. Bei diversen Plattformen und Dienstleistern ist<br />
es nämlich Alltag, sich einmal digital einzuschalten und dann<br />
etwas anderes zu tun. Effekt = 0. Da helfen auch 50 Stunden<br />
pro Jahr nicht. (Anm. d. Red.: Prof. Matthias Beenken hält eine<br />
Anhebung der Bildungszeiten auf 30 Stunden für vertretbar.)<br />
Pascal Schultis, via LinkedIn<br />
»Aktive Fonds müssen erlebbaren<br />
Mehrwert liefern.«<br />
Detlef Glow von LSEG Lipper würde Fonds stärker an ihrer<br />
absoluten Performance messen als nur an der Benchmark.<br />
Mehr dazu auf Seite 32<br />
»Nachhaltige<br />
Panzer?«<br />
Lässt sich super mit dem<br />
Thema Nachhaltigkeit verknüpfen<br />
... NICHT! (Anm. d. Red.:<br />
Auf der Münchener Sicherheitskonferenz<br />
hatte Bundesfinanzminister<br />
Christian Lindner, FDP,<br />
unter anderem die Versicherer<br />
dazu aufgefordert, ihre Scheu<br />
vor Investitionen in die Rüstungsindustrie<br />
abzulegen.)<br />
Markus Riedel, via LinkedIn<br />
»Ich wünsche mir eine obligatorische<br />
Riester-Rente, die für alle<br />
Menschen direkt gilt.«<br />
Walter Riester im Gespräch mit <strong>procontra</strong> zur „Wiederbelebung“ der<br />
Riester-Rente und darüber, was man dabei auf gar keinen Fall tun sollte.<br />
Das komplette Interview auf Seite 44<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Meinungsmacher PANORAMA | 13<br />
»Die Trennung<br />
zwischen privater<br />
und gesetzlicher<br />
Pflegeversicherung<br />
muss aufgehoben<br />
werden.«<br />
Verena Bentele vom Sozialverband<br />
Deutschland (VdK) plädiert für die<br />
Abschaffung der privaten<br />
Pflegeversicherung.<br />
Mehr dazu im Titel ab Seite 14<br />
»Überflüssig«<br />
Und wenn es dann 10 Leser sind, klopft<br />
sich die EU auf die Schulter, sie habe die<br />
Leserschaft um 11 Prozent gesteigert.<br />
Bürokratie und überflüssige Berichte<br />
abschaffen wäre die richtige Lösung.<br />
(Anm. d. Red.: Eine Auswertung des<br />
GDV hatte ergeben, dass die verpflichtenden<br />
Solvenzberichte der Versicherer<br />
im Durchschnitt nur neun Aufrufe pro<br />
Monat erhalten. Jährlich muss jedes<br />
Unternehmen einen etwa 100 Seiten<br />
starken SFCR-Bericht erstellen, der viele<br />
Ressourcen bindet. In Zukunft soll es<br />
neben diesen, laut EU, auch noch eine<br />
leichter verständlichere und weniger<br />
umfangreiche Verbraucherversion<br />
davon geben.)<br />
Jens Klingenberg, via Facebook<br />
»Qualifikationszeiten<br />
für das Thema<br />
Nachhaltigkeit<br />
sind zu bürokratisch<br />
und aktuell<br />
verfrüht.«<br />
Michael H. Heinz vom BVK zur<br />
möglichen Anhebung der Weiterbildungszeiten,<br />
mit festem Anteil für<br />
Nachhaltigkeitskompetenzen.<br />
Mehr dazu auf Seite 70<br />
Was sie jetzt noch nicht weiß:<br />
Sie wird später einmal Artistin.<br />
Die NÜRNBERGER Kindervorsorge: Mit der<br />
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<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4<br />
Personen- und Funktionsbezeichnungen<br />
stehen für alle Geschlechter gleichermaßen.
14 | TITELTHEMA Pflegevorsorge<br />
Pflege als Pflegefall<br />
Trotz hoher Notwendigkeit lahmt die private Pflegevorsorge. Ein Grund liegt in der Politik,<br />
die an einer weiteren Reform bastelt und die private Vorsorge seit Jahren torpediert.<br />
Wie Produktgeber und Vertriebe den Pflegebock dennoch umstoßen können<br />
ST STEFAN TERLIESNER MH MATTHIAS HUNDT<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Pflegevorsorge TITELTHEMA | 15<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Warum das Geschäft mit<br />
Pflegezusatzpolicen so<br />
zäh verläuft<br />
Welchen Produkten die<br />
Zukunft gehören könnte<br />
Welchen Tatsachen Kunden<br />
ins Auge sehen müssen<br />
Menschenwürdige Pflege bleibt ein<br />
dominierendes Thema. Aktuell sind<br />
mehr als fünf Millionen Menschen in<br />
Deutschland pflegebedürftig; im Jahr<br />
2040 werden es sechs Millionen sein,<br />
erwartet der PKV-Verband. Statistisch<br />
wird mehr als jede zweite Person im<br />
Laufe ihres Lebens einmal pflegebedürftig.<br />
Die Wahrscheinlichkeit steigt<br />
mit dem Alter.<br />
Mit der Einführung der Pflegeversicherung<br />
im Jahr 1995 hat der<br />
Gesetzgeber auf die absehbare<br />
demografische Entwicklung reagiert.<br />
Kassenpatienten müssen in die<br />
soziale Pflegepflichtversicherung und<br />
Privatpatienten in die private Pflegepflichtversicherung.<br />
Von Beginn an<br />
sollte der Staat das Pflegerisiko nur<br />
teilweise abdecken; denn eine Vollversicherung<br />
ist im Umlageverfahren<br />
– das ja selbst ein Demografieproblem<br />
hat – nicht finanzierbar. Durch den<br />
Abschluss von Pflegezusatzpolicen<br />
kann dann ein höheres Leistungsniveau<br />
erreicht werden.<br />
Eine solche Absicherung erscheint<br />
nicht nur sinnvoll, sondern dringender<br />
denn je. Denn allein der Eigenanteil,<br />
den Pflegebedürftige im ersten<br />
Jahr ihres Heimaufenthalts selbst<br />
aufbringen müssen, steigt stetig und<br />
beträgt aktuell im Durchschnitt 2.700<br />
Euro pro Monat. Kann die betroffene<br />
Person den Betrag nicht bezahlen,<br />
müssen ab einer bestimmten Grenze<br />
die Angehörigen ran – oder eben kaum Absicherungen. Woran liegt<br />
sofort eine private Pflegezusatzversicherunggegangen.<br />
Fasst man die Antworten<br />
das? <strong>procontra</strong> ist dieser Frage nach-<br />
Trotz der lückenhaften Absicherung der Analysten, Vermittler, Versicherer<br />
durch die gesetzliche Pflegeversicherung,<br />
der immer größeren Kosten-<br />
schält sich ein Kernproblem heraus:<br />
und Wissenschaftler zusammen,<br />
belastung für Pflegebedürftige und das bei Politikern vorhandene Misstrauen<br />
gegenüber einem auch nur<br />
deren Angehörige sowie des mit dem<br />
Alter steigenden Risikos der eigenen teilweise eigenverantwortlichen Umgang<br />
mit dem Pflegefallrisiko. Trotz<br />
Pflegebedürftigkeit – die private Pflegevorsorge<br />
ist bis heute nicht richtig knapper Finanzen und der Grundidee,<br />
dass der Staat ebendeshalb nur<br />
in der Bevölkerung angekommen.<br />
Wie Alexander Kraus, Fachkoordinator<br />
für den Bereich Krankenverte<br />
der Gesetzgeber die Leistungen der<br />
eine Teilabsicherung bieten solle, weisicherung<br />
bei Assekurata, gegenüber sozialen Pflegepflichtversicherung<br />
<strong>procontra</strong> erläutert, „hatten Ende ständig aus. Das schüre Illusionen.<br />
2<strong>02</strong>2 nur 4,4 Millionen Deutsche eine Seit 2017 habe der Gesetzgeber alle<br />
zusätzliche Absicherung für den Pflegefall<br />
abgeschlossen“. Auf die Gesamt-<br />
sozialen Pflegepflichtversicherung<br />
zwei Jahre die Leistungen in der<br />
bevölkerung bezogen seien das maue ausgeweitet und damit auch deren<br />
5 Prozent. Die Corona-Pandemie habe Finanzierungsproblem vergrößert.<br />
kurzfristig zu mehr Abschlüssen Während die Mehrleistungen in Medien<br />
breit dargestellt würden, finde<br />
geführt. Zuletzt aber sei das Marktwachstum<br />
schon wieder abgeflacht eine Debatte über ihre Bezahlbarkeit<br />
und stagniere mittlerweile, berichtet nur in Fachkreisen statt, ist in der<br />
Kraus.<br />
Branche zu hören. Zurück bleibe eine<br />
ruhiggestellte Bevölkerung, die wenig<br />
Fatales Paradoxon<br />
Interesse an Eigenverantwortung<br />
In der Branche spricht man vom habe. „Die regelmäßigen Leistungsausweitungen<br />
vermitteln Pflegeparadoxon: hoher Bedarf, aber<br />
den<br />
Private Vorsorge wächst kaum<br />
Personen mit einer Pflegezusatzversicherung<br />
5,0<br />
4,5<br />
4,16 4,17<br />
4,0<br />
3,77<br />
3,78<br />
3,66<br />
3,5<br />
3,0<br />
3,45<br />
3,57<br />
2016 2017 2018 2019 2<strong>02</strong>0 2<strong>02</strong>1 2<strong>02</strong>2<br />
Angaben in Mio.<br />
Quelle: PKV-Verband<br />
Illustration: Roman Kulon
16 | TITELTHEMA Pflegevorsorge<br />
Menschen ein Gefühl der vermeintlichen<br />
Sicherheit“, kritisiert auch Miriam<br />
Michelsen, Leiterin Krankenversicherung<br />
beim Maklerunternehmen<br />
MLP, die Entwicklung. Abschlüsse<br />
einer zusätzlichen privaten Absicherung<br />
unterblieben, weil die Pflegeversicherung<br />
fälschlicherweise häufig<br />
für eine Vollversicherung gehalten<br />
werde; wie es beispielsweise bei der<br />
Krankenversicherung der Fall sei.<br />
Matthias Beenken, Professor für<br />
Versicherungswirtschaft an der<br />
Fachhochschule Dortmund, hält die<br />
Pflegeversicherung für von Beginn<br />
Risiko jetzt auf wenige, sehr gut<br />
verdienende Kinder“, so Beenken. Die<br />
Vorgabe sieht eine Unterhaltspflicht<br />
erst ab einem Jahresbruttoeinkommen<br />
von 100.000 Euro vor; darunter<br />
zahlt das Sozialamt. Das Einkommen<br />
des Ehepartners wird hierbei nicht<br />
angerechnet.<br />
Fehler im Vertrieb<br />
Lange Zeit hätten die Versicherer an<br />
eine Erfolgsgeschichte geglaubt, zuletzt<br />
2013 mit Einführung des staatlichen<br />
Zuschusses in Höhe von fünf<br />
Euro pro Monat bei Abschluss einer<br />
Produkt nicht bedarfsgerecht verkauft.<br />
Ein weiterer Grund für die geringe<br />
Verbreitung von Pflegezusatzpolicen<br />
sei das „Alles-oder-nichts-Prinzip“,<br />
das Kunden nicht gefalle: Sie zahlten<br />
jahrzehntelang Beiträge ein, um möglichst<br />
nie eine Leistung zu erhalten.<br />
Ohnehin gebe es eine Verwendungskonkurrenz<br />
der knappen Geldmittel<br />
der Kunden mit der Altersvorsorge,<br />
die als vorrangig angesehen werde.<br />
„Vielleicht wäre es sinnvoller, mehr<br />
Kombiprodukte zu entwickeln, die<br />
verschiedenen Bedürfnissen wie<br />
Berufsunfähigkeits-, Alters- und Pflegevorsorge<br />
gerecht werden und den<br />
Kunden das gute Gefühl geben, in<br />
jedem Fall eine Leistung zu erhalten“,<br />
schlägt der Professor vor.<br />
»Die Pflegeversicherung wird häufig<br />
für eine Vollversicherung gehalten.«<br />
Miriam Michelsen<br />
Leiterin Krankenversicherung beim Maklerunternehmen MLP<br />
an falsch konstruiert: „Es gibt wenig<br />
Anreiz zur privaten Vorsorge. Wer<br />
nicht selbst vorsorgt, kann auf die<br />
Grundsicherung vertrauen und wird<br />
davon vergleichbar gut gepflegt.“ Jede<br />
Leistungsausweitung in der sozialen<br />
Pflichtversicherung verschärfe die<br />
Fehlsteuerung. Zum Beispiel hätten<br />
bis 2<strong>02</strong>0 ältere Kunden mit erwachsenen<br />
Kindern oft den Wunsch gehabt,<br />
ihr Erbe zu schützen und ihren Kindern<br />
einen Rückgriff der Sozialämter<br />
zu ersparen. „Dank Angehörigen-Entlastungsgesetz<br />
beschränkt sich dieses<br />
Pflegetagegeldversicherung mit Eigenbeitrag<br />
von mindestens zehn Euro<br />
(„Pflege-Bahr“). Dann folgte sukzessiv<br />
die Ernüchterung – eben aufgrund<br />
des skizzierten Konstruktionsfehlers<br />
und der Leistungsausweitungen in<br />
der sozialen Pflegepflichtversicherung.<br />
Beenken zufolge haben aber<br />
auch Versicherer und Vertriebe Fehler<br />
gemacht. So habe es „Stornowellen<br />
an druckvoll per Aktionen verkauften<br />
Verträgen“ gegeben. Demnach haben<br />
einige Anbieter ihre Tarife nicht nachhaltig<br />
kalkuliert und Vermittler das<br />
Versicherer eher zurückhaltend<br />
Mittlerweile scheinen einige Versicherer<br />
das Geschäft mit Pflegezusatzpolicen<br />
nur noch halbherzig zu betreiben.<br />
Auf eine Umfrage von <strong>procontra</strong><br />
unter 15 Anbietern, ob sie die Intensität<br />
ihrer Pflegevorsorgeaktivitäten zukünftig<br />
verstärken, beibehalten oder<br />
reduzieren wollen, bekannten sich<br />
nur fünf Gesellschaften eindeutig zu<br />
ihren Wachstumsabsichten: Allianz,<br />
Arag, Hallesche, Debeka und Versicherungskammer<br />
Bayern (VKB). Continentale<br />
und Gothaer wollten an der<br />
Umfrage nicht teilnehmen; andere<br />
nicht genannt werden. Bezeichnend<br />
für die schwierige Situation bei den<br />
Produktgebern ist die Aussage eines<br />
Sprechers der VKB: „Wir sind bereit,<br />
einen noch stärkeren Beitrag zu leisten,<br />
sehen zunächst aber die Politik<br />
in der Pflicht, wichtige gesetzliche<br />
Grundlagen für die Gestaltung und<br />
Finanzierung der Pflege zu schaffen.“<br />
Demgegenüber geht die Allianz jetzt<br />
in die Offensive. Seit März läuft eine<br />
Pflegekampagne, die kurzweilig und<br />
im Jugendsprech darauf aufmerksam<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Pflegevorsorge TITELTHEMA | 17<br />
<br />
machen will, wie wichtig es ist, früh<br />
privat und kapitalgedeckt vorzusorgen.<br />
Darüber hinaus könnten Makler<br />
diverse Werbematerialien erhalten,<br />
um damit Kunden von der Notwendigkeit<br />
einer Absicherung zu überzeugen.<br />
Die Aktion ziele insbesondere auf<br />
die Generation Y, also die zwischen<br />
1980 und 1995 Geborenen. „Wir möchten<br />
zum Nachdenken anregen“, sagt<br />
Vertriebsvorstand Daniel Bahr gegenüber<br />
<strong>procontra</strong>. Bahr war von 2011 bis<br />
2013 Bundesminister für Gesundheit<br />
und hat den nach ihm benannten<br />
„Pflege-Bahr“ initiiert.<br />
Voller Schutz für wenig Geld<br />
Möglicher Monatsbeitrag in Euro einer privaten Pflegezusatzpolice<br />
… mit Alter 25 ab 37 €<br />
… mit Alter 35 ab 56 €<br />
… mit Alter 45 ab 84 €<br />
… mit Alter 55 ab 132 €<br />
Rhetorik in der Beratung<br />
Den Ausführungen Bahrs zufolge<br />
sollten Vermittler ihren Kunden<br />
offene Fragen stellen: „Wie haben Sie<br />
das Thema gelöst? Wie stellen Sie sich<br />
das vor?“ Und dann gemeinsam die<br />
besten Lösungen für die jeweiligen<br />
Bedürfnisse finden. „Wichtig ist bei<br />
der Pflegeversicherung, nicht mit<br />
Angstszenarien aufzuklären“, so der<br />
Vertriebsvorstand. Wie die Kampagne<br />
im Markt ankommt, bleibt abzuwarten.<br />
Bahr zufolge hat die Allianz im<br />
vergangenen Jahr das Neugeschäft<br />
mit Pflegezusatzpolicen nach Beiträgen<br />
um 12 Prozent gesteigert. Während<br />
andere Versicherer schwächeln,<br />
Quelle: Assekurata<br />
»Wichtig ist bei der<br />
Pflegeversicherung,<br />
nicht mit<br />
Angstszenarien<br />
aufzuklären.«<br />
Daniel Bahr<br />
Vertriebsvorstand, Allianz Kranken<br />
gibt die Allianz-Konzern-Tochter Gas.<br />
Die ständigen Eingriffe der Politik in<br />
das System verursachen auch Aufwand<br />
und Kosten bei den Versicherern.<br />
Ein Sprecher von Signal Iduna<br />
schätzt das eigentlich auf Langfristigkeit<br />
ausgerichtete Geschäft dennoch<br />
als rentabel ein. Es sei jedoch wichtig,<br />
die Produkte regelmäßig auf Kompatibilität<br />
mit veränderten gesetzlichen<br />
Vorgaben abzugleichen. Dass Staatseingriffe<br />
Folgen für die Gestaltung<br />
und Kalkulation von Pflegezusatzpolicen<br />
haben, darauf weisen auch die<br />
Analysten von Morgen & Morgen hin.<br />
Der Markt entwickle sich in Richtung<br />
Pflegetagegeld. Die Pflegerente sei ins<br />
Hintertreffen geraten. Zuletzt hätten<br />
etliche Versicherer die Tarife und Be-<br />
dingungsstände ihrer Pflegetagegeld-<br />
Angebote angepasst – auch weil die<br />
Politik in der sozialen Pflegepflichtversicherung<br />
höhere Leistungen<br />
beschlossen hat.<br />
Tarifqualität nimmt ab<br />
Nicht immer könne das Analysehaus<br />
dabei eine positive Veränderung feststellen.<br />
Im vergangenen Jahr hätten<br />
nur 58 Tarife die Bestnote fünf Sterne<br />
erhalten; nach 65 im Jahr 2<strong>02</strong>2 und 69<br />
davor. Auch die Anzahl der Tarife mit<br />
vier und drei Sternen sei gesunken.<br />
Dagegen seien die Zwei-Sterne-Einstufungen<br />
um 30 auf 71 gestiegen.<br />
Als Grund nennt Morgen & Morgen<br />
„Einschränkungen der Leistungsbedingungen,<br />
was nicht im Interesse<br />
der Versicherungsnehmer ist.“ Trotz<br />
des Leistungsabfalls erweise sich der<br />
Markt aber noch als leistungsstark.<br />
Auch nach Auffassung von Kraus „ist<br />
die aktuelle Produktwelt insgesamt<br />
gut“. Vermittler hätten immer noch<br />
eine breite Auswahl. Dennoch könne<br />
das Produktdesign überdacht werden.<br />
Denn das ausbleibende Wachstum<br />
müsse nicht ausschließlich auf<br />
Kundenseite begründet sein. „Es ist<br />
möglich, dass auch auf Angebotsseite<br />
Optimierungspotenzial besteht“, gibt<br />
Kraus zu bedenken. Er gesteht den<br />
Versicherern zu, dass das ständige<br />
Herumbasteln der Politik am System<br />
es ihnen erschwere, die Bedürfnisse<br />
der Kunden langfristig angemessen<br />
abzudecken. Ein weiteres Beispiel<br />
seien die jüngsten Zuschüsse im stationären<br />
Bereich, die zu einer Verringerung<br />
der Pflegelücke bei längeren<br />
Aufenthalten in Heimen geführt hätten.<br />
„Trotzdem gibt es derzeit keine<br />
Produkte, die sich an einen potenziell<br />
sinkenden Bedarf anpassen können.“<br />
Noch etwas betont der Fachmann:<br />
Ebenso wichtig wie ein leistungsstarkes<br />
Produkt sei die Qualität eines<br />
Unternehmens. Nur bei einer<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
18 | TITELTHEMA Pflegevorsorge<br />
Sollte die private Pflegeversicherung<br />
abgeschafft werden?<br />
Um die Pflegeversicherung zukunftssicher zu machen und das Versorgungsniveau der<br />
Menschen zu verbessern, steht auch die private Pflegeversicherung auf dem Prüfstand.<br />
Doch kann ihre Abschaffung wirklich den erhofften Durchbruch bringen?<br />
pro<br />
Eine Pflegeversicherung für alle ist<br />
eine echte Investition in die Zukunft.<br />
Es ist an der Zeit, endlich die Pflegeversicherung<br />
zukunftssicher zu machen<br />
– und zwar jetzt! Wer sich gegen<br />
eine Pflegeversicherung, die alle<br />
Menschen miteinbezieht, ausspricht,<br />
verkennt die prekäre Situation, in<br />
der wir uns jetzt schon befinden. Das<br />
System ist am Limit. Pflegebedürftige<br />
verzweifeln, weil sie keinen bezahlbaren<br />
Pflegeplatz finden. Pflegende<br />
Angehörige sind mit ihren Kräften<br />
am Ende, weil sie niemanden haben,<br />
der ihnen unter die Arme greift. Pflegekräfte<br />
drohen unter der Arbeitslast<br />
zusammenzubrechen.<br />
Um dem entgegenzuwirken, müssen<br />
wir die gesetzliche Pflegeversicherung<br />
ausfinanzieren, hin zu<br />
einer Pflegevollversicherung, die alle<br />
pflegebedingten Kosten deckt. Und<br />
das könnte so einfach sein: Würden<br />
alle Menschen in Deutschland in<br />
einen gemeinsamen Topf einzahlen,<br />
wäre das Problem so gut wie gelöst.<br />
Doch leider gibt es zu viele, vor allem<br />
Wohlhabende, die sich nicht an der<br />
Bewältigung der großen Aufgabe für<br />
die Gesellschaft beteiligen.<br />
»Die strukturelle<br />
Trennung zwischen<br />
privater und gesetzlicher<br />
Pflegeversicherung<br />
muss aufgehoben<br />
werden.«<br />
Verena Bentele,<br />
Präsidentin, Sozialverband VdK<br />
Das muss sich ändern. Die strukturelle<br />
Trennung zwischen privater und<br />
gesetzlicher Pflegeversicherung muss<br />
aufgehoben werden.<br />
Das heißt natürlich nicht, dass sich<br />
niemand mehr zusätzlich privat versichern<br />
sollte, der sich das leisten kann.<br />
Aber die Grundversorgung sollte über<br />
eine einheitliche Pflegeversicherung<br />
laufen, die von allen Erwerbstätigen<br />
finanziert wird. Diese einzuführen<br />
wäre kein Problem: Anders als in<br />
der Krankenversicherung sind die<br />
Leistungen der Pflegeversicherung<br />
für privat und gesetzlich Versicherte<br />
schon heute bereits identisch. Es ist<br />
daher an der Zeit, eine einheitliche<br />
Pflegeversicherung auch auf der Finanzierungsseite<br />
umzusetzen.<br />
Ein Gutachten des Zentrums für Sozialpolitik<br />
der Universität Bremen zeigt<br />
eindeutig, dass die Einführung einer<br />
einheitlichen Versicherung einen<br />
positiven Effekt auf die Einnahmen<br />
hat. Neben dem Vorteil, dass durch<br />
Hinzunahme der jetzt Privatversicherten<br />
mehr – zumeist junge und<br />
gesunde – Menschen in die Pflegeversicherung<br />
einzahlen würden, hätte<br />
zusätzlich vor allem auch noch die<br />
Einbeziehung aller Einkunftsarten<br />
wie Vermögenseinkommen, Gewinne<br />
und Mieteinkünfte einen großen Effekt<br />
auf die unverzichtbaren Einnahmen<br />
der Pflegeversicherung.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Pflegevorsorge TITELTHEMA | 19<br />
Soziale Gerechtigkeit heißt in Zeiten<br />
steigender Kosten und knapper<br />
Ressourcen, dass die Grundversorgung<br />
für alle kein individuelles Risiko<br />
sein darf. Jetzt gilt es dafür zu sorgen,<br />
dass alle Menschen im Bedarfsfall<br />
eine gute Pflege bekommen. Das ist<br />
eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe,<br />
der sich niemand entziehen sollte.<br />
Die Zusammenlegung der privaten<br />
an Alterungsrückstellungen zurückund<br />
gesetzlichen Pflegeversicherung<br />
ist ein wichtiger Schritt, um die Pflege<br />
grundsätzlich zu reformieren. Es ist<br />
höchste Zeit, neu zu denken und<br />
anders zu handeln.<br />
contra<br />
Die Sozialversicherungen in Deutschland<br />
steuern auf einen Kollaps zu.<br />
Ein entsprechendes Gutachten der<br />
Ökonomen Stefan Fetzer und Christian<br />
Hagist im Februar 2<strong>02</strong>4 zeigt<br />
deutlich, dass die umlagefinanzierte<br />
soziale Pflegeversicherung (SPV) nicht<br />
auf die Folgen unserer alternden<br />
Bevölkerung vorbereitet ist. Dass die<br />
SPV zu 100 Prozent umlagefinanziert<br />
eingeführt wurde, bezeichnen die<br />
Autoren als zentralen Konstruktionsfehler.<br />
Warum die Befürworter einer<br />
Pflege-Bürgerversicherung dieses demografieanfällige<br />
Umlageverfahren<br />
dennoch weiter ausbauen wollen, ist<br />
nicht nachvollziehbar. Zumal aus der<br />
Wissenschaft völlig entgegengesetzte<br />
Empfehlungen kommen.<br />
Zur nachhaltigen Stabilisierung der<br />
SPV empfehlen eine ganze Reihe wissenschaftlicher<br />
Analysen den Ausbau<br />
der kapitalgedeckten Finanzierung.<br />
Sowohl der Wissenschaftliche Beirat<br />
des Bundeswirtschaftsministeriums<br />
(BMWK) als auch der Expertenrat<br />
Pflegefinanzen unter Leitung des Gesundheitsökonomen<br />
Jürgen Wasem<br />
plädieren für eine kapitalgedeckte<br />
Vorsorge zur Absicherung der stark<br />
steigenden Pflegekosten. Die Vorteile<br />
zeigen sich schon heute in der privaten<br />
Pflegepflichtversicherung (PPV).<br />
Dort sorgt jede Altersgruppe selbst<br />
für ihr mit dem Alter wachsendes<br />
»Die private Pflegeversicherung<br />
sichert<br />
mit ihrer kapitalgedeckten<br />
Vorsorge die<br />
Solidarität mit den<br />
Pflegebedürftigen<br />
und mit den<br />
kommenden<br />
Generationen.«<br />
Florian Reuther,<br />
PKV-Verbandsdirektor<br />
Pflegebedürftigkeitsrisiko vor. Dafür<br />
finanziert ein Teil der Beiträge den<br />
Aufbau einer verzinslichen Nachhaltigkeitsreserve.<br />
Bis heute wurden so<br />
bereits mehr als 50 Milliarden Euro<br />
gelegt. Damit ist die PPV gut auf den<br />
demografischen Wandel vorbereitet,<br />
obwohl das Durchschnittsalter der<br />
Versicherten und die Kosten je Pflegebedürftigen<br />
schon jetzt höher sind<br />
als in der SPV. Dort gehen die Kosten<br />
im Umlageverfahren der SPV massiv<br />
zulasten der Erwerbstätigen, deren<br />
Beiträge sehr stark steigen werden. In<br />
der PPV hingegen sichern die Versicherten<br />
mit ihrer kapitalgedeckten<br />
Vorsorge die Solidarität mit den<br />
Pflegebedürftigen und den kommenden<br />
Generationen. So schützen sie die<br />
Jüngeren vor Überlastung und den<br />
Staat vor ungedeckten Versorgungslasten.<br />
Wir müssen der umlagefinanzierten<br />
Sozialversicherung ein demografiefestes<br />
Element an die Seite stellen,<br />
das den Zusammenhalt zwischen<br />
Alten und Jungen nicht gefährdet.<br />
Das gelingt nur mit Kapitaldeckung.<br />
Dafür könnte die Politik private und<br />
betriebliche Zusatzversicherungen<br />
mit steuerlicher Abzugsfähigkeit sehr<br />
einfach fördern. Oder das PKV-Konzept<br />
eines „neuen Generationenvertrags<br />
für die Pflege“, das den Jüngeren<br />
mehr Spielraum für individuelle<br />
Vorsorge bringen würde. Der Expertenrat<br />
Pflegefinanzen hat eine<br />
obligatorische Pflegezusatzversicherung<br />
vorgeschlagen: kapitalgedeckt<br />
und geschützt vor staatlichem Zugriff.<br />
Es liegen mehrere Lösungen auf dem<br />
Tisch. Eine Pflege-Bürgerversicherung,<br />
die stur die Fehler der Vergangenheit<br />
wiederholt, gehört ganz<br />
sicher nicht dazu.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
20 | TITELTHEMA Pflegevorsorge<br />
hohen Qualität – womit wohl primär<br />
die Kapitalstärke gemeint sein<br />
dürfte – könne ein Versicherer langfristig<br />
stabile Beiträge gewährleisten.<br />
Hintergrund: Zuletzt gab es teilweise<br />
kräftige Beitragserhöhungen bei Pflegezusatzpolicen.<br />
In diesem Umfeld aus kurzfristig agierenden<br />
Politikern, verunsicherten<br />
Verbrauchern und zum Teil frustrierten<br />
Produktgebern versuchen viele<br />
Versicherungsmakler nach besten<br />
Kräften auch die Vorsorgelücken im<br />
Bereich der Pflege bei ihren Kunden<br />
zu schließen. Wie das funktionieren<br />
könnte, schildert Oliver Pradetto,<br />
Beiratsvorsitzender des Maklerpools<br />
blau direkt (siehe „Maklers Meinung“<br />
rechts). Auch der Vertriebsprofi betont:<br />
Statt Ängste zu schüren, sollten<br />
Berater an die Liebe appellieren.<br />
Wunsch nach Flexibilität<br />
Dass der Vertrieb von Pflegezusatzpolicen<br />
generell schwierig ist, räumt<br />
auch Dirk Kober, Leiter Versicherungen<br />
bei BCA, ein. Das liege auch an<br />
der Komplexität der Produkte. „Es<br />
gibt Pflegetagegeld-, Pflegekosten-<br />
und Pflegerentenversicherungen, die<br />
alle eine Vielzahl von Leistungen und<br />
Optionen bieten, die für die meisten<br />
Verbraucher schwer zu durchschauen<br />
sind.“<br />
Umso wichtiger sei eine umfassende<br />
Beratung. „Die Tarifwelt ist so vielfältig<br />
wie der Bedarf“, betont Kober.<br />
Auch er rät Maklern, Kunden nicht zu<br />
verängstigen, sondern aufzuklären.<br />
Neben der finanziellen Absicherung<br />
seien Assistance-Leistungen ein starkes<br />
Argument.<br />
Gegen einen Mythos wendet sich<br />
Michelsen von MLP: „Anders als viele<br />
Menschen annehmen, ist private<br />
Vorsorge weder sehr teuer noch unflexibel<br />
– für jeden Kunden gibt<br />
es passende Optionen, sowohl aus<br />
der Welt der Kranken- als auch der<br />
4,4 Mio.<br />
Bundesbürger oder 5 Prozent der Bevölkerung<br />
haben eine Pflegezusatzversicherung.<br />
Top-Pflegezusatzpolicen<br />
Vorgaben: 30 Jahre, 5 Sterne,<br />
keine Risikotarife, Leistung in allen<br />
Pflegegraden ambulant und stationär<br />
Anbieter<br />
Allianz<br />
Tarif(gruppe)<br />
Pflegetagegeld Best<br />
Arag PIN-Tarife 1 bis 5<br />
Axa<br />
Barmenia<br />
BBKK<br />
Concordia<br />
DFV<br />
Akut-U, Vario-Tarife<br />
1U bis 5U<br />
MPA, MPS<br />
PflegePrivat<br />
Premium<br />
PG1<br />
Deutschland Pflege<br />
Flex 1-5<br />
Gothaer MediPG-Tarife 1 bis 4<br />
Hallesche<br />
Huk-Coburg<br />
Münchener Verein<br />
Nürnberger<br />
R+V<br />
UKV<br />
vigo<br />
vrk<br />
Württembergische<br />
OlgaFlex.AR<br />
PMv a1 bis a5 und<br />
PMy s1 bis s5<br />
DPP Premium a=s<br />
PAS<br />
PM2<br />
Pflege Privat<br />
Premium<br />
Düsseldorfer<br />
Pflegegeld 1500<br />
PF a1 bis a5 und<br />
PF s1 bis s5<br />
PZ (fixe Konfiguration)<br />
Quelle: Morgen & Morgen; Stand: 12.03.2<strong>02</strong>4<br />
Lebensversicherung sowie immer<br />
stärker aus dem Bereich der betrieblichen<br />
Krankenversicherung.“<br />
Was die Flexibilität betrifft, nennt<br />
Robert Gladis, Leiter Produktentwicklung<br />
bei Hallesche, auf Anfrage<br />
beispielhaft das Ergänzungsprodukt<br />
OlgaFlex. Es biete eine „flexible Beitragszahlung,<br />
wobei die Prämie bis<br />
zum 60. Lebensjahr der Lebenssituation<br />
angepasst werden kann – bei vollem<br />
Leistungsumfang“. Und Mario Hanowski,<br />
Produktverantwortlicher bei<br />
Axa, weist generell auf die „maximale<br />
Flexibilität“ des eigenen Angebots hin<br />
– zum Beispiel die Möglichkeit der<br />
anlassabhängigen Nachversicherung.<br />
Leistungsausweitungen seien ohne<br />
erneute Gesundheitsprüfung machbar;<br />
freilich steige dann auch der<br />
Beitrag entsprechend.<br />
Und schließlich sind auch betriebliche<br />
Pflegezusatzpolicen eine interessante<br />
Entwicklung, wie von Expertin<br />
Michelsen bereits erwähnt. Dieses<br />
Geschäft forcieren immer mehr Versicherer<br />
– wohl auch, weil hier der<br />
politische Widerstand geringer ist<br />
und sich Gewerkschaften mehr Einflussmöglichkeiten<br />
erhoffen. Beispiele<br />
sind die betrieblichen Pflegeergänzungsversicherungen<br />
FeelCare des<br />
Anbieters Hallesche und BonusMed<br />
Pflege Plus von DKV.<br />
Arbeitgeber mit einbinden<br />
Arag wiederum bietet seit 2<strong>02</strong>3 eine<br />
betriebliche Pflegeabsicherung speziell<br />
für tarifgebundene ambulante<br />
Pflegedienste an. Für Stephan Böhm,<br />
Hauptabteilungsleiter Produkte und<br />
Partner, hat das Produkt „Modellcharakter<br />
über die derzeitige Zielgruppe<br />
hinaus“. Neben den Versicherten und<br />
staatlichen Stellen müssten Arbeitgeber<br />
an der Finanzierung der privaten<br />
Eigenvorsorge beteiligt werden.<br />
Vielleicht tragen betriebliche Pflegezusatzpolicen<br />
eines Tages tatsächlich<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Pflegevorsorge TITELTHEMA | 21<br />
Maklers Meinung<br />
Beim Thema Pflege sollten Berater<br />
Statistiken mal außen vor lassen.<br />
Klar lassen sich aus den Zahlen über<br />
immer mehr Pflegefälle, immer mehr<br />
Demenzerkrankungen und eine steigende<br />
Lebenserwartung wunderbar<br />
die enormen finanziellen Belastungen<br />
eines Pflegefalls ableiten, aber<br />
am Ende kaufen die Menschen eine<br />
Pflegezusatzversicherung aufgrund<br />
von Gefühlen.<br />
„Willst du, dass deine Kinder ihr<br />
eigenes Familienleben, ihre Karriere,<br />
ihre Zukunft aus Liebe zu dir aufge-<br />
»Wer seine Familie liebt,<br />
sorgt vor«<br />
Oliver Pradetto,<br />
Beiratsvorsitzender des Maklerpools blau direkt<br />
ben müssen? Dass sie nur noch dafür<br />
leben, dich zu versorgen?“ Berater<br />
sollten ihren Kunden verdeutlichen,<br />
dass Pflegeversicherungen nicht nur<br />
finanzielle Belastungen zahlen. Sie<br />
bewahren Würde. Sie sind Ausdruck<br />
von Verantwortung gegenüber den<br />
Menschen, die wir am meisten lieben.<br />
Die zur Absicherung zur Verfügung<br />
stehenden Tarife sind hervorragend.<br />
Das Angebot an Absicherungsmöglichkeiten<br />
ist breit. Es gibt eine Fülle<br />
an Tarifen mit jeweils unterschiedlichen<br />
Leistungsbausteinen. Insofern<br />
ist die Beratung komplex – aber auch<br />
lohnend. Ein qualifizierter Berater<br />
wählt ein Produkt aus, dass die Kundensituation<br />
optimal berücksichtigt.<br />
Beim Thema Pflege leisten Vermittler<br />
und Versicherer viel Aufklärungsarbeit.<br />
Das kann man von der Politik<br />
nicht behaupten. Allein durch den<br />
Mangel an Pflegeplätzen und steigende<br />
Pflegekosten ist eine furchtbare<br />
Situation für betroffene Familien entstanden.<br />
Die Politik tut so, als ob sie<br />
alles gelöst hätte, tut aber de facto<br />
zu wenig. Fairerweise müsste man<br />
sagen: Nicht jedes private Problem<br />
kann auf die Gemeinschaft verlagert<br />
werden. Menschen müssen bereit<br />
sein, Verantwortung für ihre eigenen<br />
Risiken zu übernehmen.<br />
Wir werden alt. Wir werden gebrechlich.<br />
Wer seine Familie liebt, sorgt für<br />
sich selbst vor. So ehrlich und einfach<br />
ist das.<br />
zur Verbreitung dieser wichtigen Absicherung<br />
bei. Alle Beteiligten sollten<br />
aber den Bedarf der nicht abhängig<br />
Beschäftigten nicht vernachlässigen.<br />
Vor allem Maklern kommt hier eine<br />
wichtige gesellschaftliche Funktion<br />
zu. Auch in Zukunft zählt vor allem<br />
eines: Aufklärung! Das kam ebenfalls<br />
in der Marktumfrage von <strong>procontra</strong><br />
deutlich zum Ausdruck – ebenso, dass<br />
das Thema Pflege zu einer ganzheitlichen<br />
Beratung einfach dazugehöre.<br />
Versicherungsexperte Beenken hat<br />
noch einen Tipp: „Makler sollten<br />
die Pflegezusatzpolice nicht solitär<br />
ansprechen, sondern im Zusammenhang<br />
mit dem Bedarfsfeld Einkommenssicherung<br />
während und nach<br />
dem Berufsleben. Dann gehört das<br />
Pflegerisiko unbedingt ins Beratungsspektrum.“<br />
Neuer Reformversuch<br />
Wie es mit der Pflegeversicherung<br />
weitergeht, bleibt abzuwarten. Klar<br />
scheint, dass das immer krassere<br />
Missverhältnis zwischen Leistungsempfängern<br />
und -zahlern und damit<br />
die wegbrechende Finanzbasis der<br />
sozialen Pflegepflichtversicherung<br />
massive Beitragssteigerungen herbeiführen<br />
wird. Laut PKV-Verband steigt<br />
der Bundeszuschuss ohne Gegenmaßnahmen<br />
bis 2030 auf 32 Milliarden<br />
Euro pro Jahr. Es ist höchste Zeit<br />
für eine nachhaltige Finanzierung.<br />
Seit August 2<strong>02</strong>3 macht dafür auch<br />
ein Bündnis, unter anderem aus<br />
Paritätischem Gesamtverband, ver.di<br />
und Biva-Pflegeschutzbund, Druck<br />
auf die Politik. Das Bündnis fordert<br />
eine „solidarische“ Pflegevollversicherung.<br />
Welche Pläne die Bundesregierung<br />
für die Pflegeversicherung hat,<br />
offenbart sie voraussichtlich am<br />
31. Mai. Dann will sie die Eckpunkte<br />
für eine weitere Reform vorstellen.<br />
Ein weiterer Versuch, die Pflege auf<br />
gesunde Beine zu stellen. Hoffentlich<br />
mit den richtigen Signalen für<br />
Vermittler und Verbraucher.<br />
Long Story short<br />
Jede 2. Person wird ein<br />
Pflegefall; jede 20. ist<br />
zusatzversichert.<br />
Ständig höhere staatliche<br />
Leistungen führen zu einer<br />
Vorsorgeillusion.<br />
Makler sollten ihre Kunden<br />
aufklären und bei Bedarf<br />
frühzeitig absichern.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
22 | PANORAMA Vertriebsunterstützung<br />
Booster für die Beratung<br />
Gesprächsaufhänger und Neues für Ihre Produktpalette<br />
MB MAILIN BARTKNECHT<br />
Condor<br />
Erweitertes nachhaltiges<br />
Fondsangebot<br />
LV 1871<br />
Neue Zielgruppenlösungen<br />
beim BU-Schutz<br />
Die Condor Lebensversicherungs-AG baut ihr Angebot an nachhaltigen<br />
Fonds weiter aus. Der Maklerversicherer bietet ab sofort<br />
vier weitere Fonds und damit nun insgesamt 87 nachhaltige<br />
Fonds an. Neu dabei ist der ETF SPDR S&P 500 ESG Leaders. Es<br />
ist ein Best-in-Class-Index, der die Performance von Wertpapieren<br />
aus dem S&P-500-Universum mit überdurchschnittlichen<br />
ESG-Merkmalen messen soll – wobei kontroverse Geschäftsaktivitäten<br />
mit negativen sozialen oder ökologischen Auswirkungen<br />
ausgeschlossen werden. Die laufenden Kosten des ETF SPDR<br />
S&P 500 ESG Leaders betragen 0,03 Prozent. Der World Sustainability<br />
Equity Fund, der Emerging Markets Sustainability Core<br />
Equity Fund und der Global Sustainability Targeted Value Fund<br />
ergänzen die Dimensional-Palette von Condor.<br />
Hannoversche<br />
Neue Sterbegeldversicherung<br />
Die Hannoversche Lebensversicherung<br />
AG hat eine neue<br />
Sterbegeldversicherung auf<br />
den Markt gebracht, die in<br />
Basis-, Plus- und Exklusiv-<br />
Tarif gegliedert ist. Mit dem<br />
Basis-Tarif finden Kunden<br />
einen günstigen Einstieg in<br />
die Bestattungsvorsorge. Der<br />
Plus-Tarif baut auf dem Basis-<br />
Tarif auf und bietet unter anderem<br />
Mitversicherung von<br />
Kindern sowie die zusätzliche Erstattung der Rückholungskosten<br />
bei Tod im Ausland. Der Exklusiv-Tarif kombiniert zusätzlich<br />
zum Plus-Tarif eine vorgezogene Todesfallleistung bei schwerer<br />
Erkrankung und Leistungen bei Pflegebedürftigkeit.<br />
Die LV 1871 stellt ihren Geschäftspartnern maßgeschneiderte<br />
Lösungen für die Absicherung bestimmter<br />
Zielgruppen wie Schüler, MINT-Berufe oder Handwerker<br />
zur Verfügung. „Der Wandel in der Berufswelt erfordert<br />
zunehmend flexiblere Berufsunfähigkeitsversicherungen.<br />
Daher öffnen wir mit unseren neuen Policen für<br />
spezielle Berufe und Zielgruppen bewusst den Zutritt<br />
zu Nischen. So schneiden wir Berufsunfähigkeitsversicherungen<br />
passgenau auf die jeweilige Zielgruppe zu.<br />
Durch die detaillierte Betrachtung können wir vollumfassenden<br />
Berufsunfähigkeitsschutz auch für Berufe<br />
bieten, die am Markt eher mal durchs Raster fallen“, sagt<br />
Jennifer Suttrup, Biometrie-Expertin der LV 1871. „Unsere<br />
auf Zielgruppen fokussierten Lösungen passen sich<br />
den heute üblichen Karrierewegen an, für die verschiedene<br />
Phasen mit unterschiedlichem Einkommen und<br />
Anforderungen typisch sind.“ So passt sich die Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
für MINT-Berufe etwa durch<br />
die Karrieregarantie flexibel an Gehaltssprünge an und<br />
sichert so den Lebensstandard bei Berufsunfähigkeit.<br />
Fotos: Philippe Tuprin, Morsa Images
Vertriebsunterstützung PANORAMA | 23<br />
APKV<br />
Neue Vollversicherungstarife<br />
Die Allianz Private<br />
Krankenversicherung<br />
(APKV) startet mit<br />
einer neuen Tarifserie<br />
in der privaten Krankenvollversicherung:<br />
Ab dem 1. Mai lösen<br />
die neuen Krankenvolltarife<br />
mit dem Namen<br />
„MeinGesundheitsschutz“<br />
die bisherigen<br />
„Aktimed“-Tarife ab.<br />
Die neuen Tarife funktionieren<br />
nach dem Baukastenprinzip: Kundinnen und Kunden wählen zunächst<br />
ihr Tarifniveau und legen dann die gewünschte Selbstbeteiligung sowie ihre<br />
Absicherung bei zahnärztlichen Behandlungen fest. Eine Wechseloption sorgt<br />
für zusätzliche Flexibilität. Bei ihrem Zahnversicherungs-Schutz stehen Kundinnen<br />
und Kunden drei Bausteine zur Auswahl, die sich vor allem hinsichtlich der<br />
Erstattung von Zahnersatzleistungen unterscheiden.<br />
VHV<br />
Neuer Privathaftpflichtschutz<br />
Die VHV Allgemeine bietet mit dem<br />
Klassik-Garant und den optionalen Zusatzbausteinen<br />
Exklusiv und Best-Leistungs-Garantie<br />
einen neuen zielgruppengerechten<br />
Privathaftpflichtschutz<br />
für Familien, Singles, Singles mit Kind,<br />
Paare ohne Kind oder die Familie über<br />
55 Jahre. Das Produktupdate beinhaltet<br />
13 neue Leistungen, darunter die pauschale<br />
Versicherungssumme für Personen-,<br />
Sach- und Vermögensschäden bis<br />
30 Millionen Euro. Darüber hinaus sind<br />
nun zum Beispiel auch Persönlichkeitsrechts-<br />
und Namensrechtsverletzungen<br />
mitversichert. Glasschäden in Verbindung<br />
mit Mietsachschäden sind ab<br />
sofort im Baustein Exklusiv abgesichert.<br />
BCA: Bestandsübertragungsservice<br />
Die BCA AG hat ihre Serviceplattform<br />
Diva erweitert und<br />
ihren Bestandsübertragungsservice<br />
optimiert. Das System<br />
bietet einen Überblick über<br />
diejenigen Fremdverträge,<br />
die der Makler in den eigenen<br />
Bestand übernehmen kann.<br />
Auf Wunsch kann der Makler<br />
die Bestandsübertragung mit<br />
wenigen Klicks auslösen.<br />
Canada Life:<br />
Erhöhung Garantiewert<br />
Der Lebensversicherer Canada<br />
Life hebt den geglätteten<br />
Wertzuwachs zum zweiten<br />
Mal in Folge an. Dieser wächst<br />
von 1,7 auf 2,0 Prozent und ist<br />
Bestandteil aller fondsgebundenen<br />
Rentenversicherungen<br />
mit UWP-Garantien. Er gilt ab<br />
dem 1. April 2<strong>02</strong>4 für ein Jahr.<br />
Itzehoher: Kooperation<br />
mit flightright<br />
Die Itzehoher Versicherungen<br />
und ihre Direktversicherungs-<br />
Tochtergesellschaft Admiral-<br />
Direkt haben eine Kooperation<br />
mit flightright geschlossen. Dadurch<br />
können Rechtsschutzversicherte<br />
beider Gesellschaften<br />
kostenlos einen erweiterten<br />
Service zur Durchsetzung<br />
von Fluggastrechten nutzen.<br />
Gothaer: Digitale<br />
Datendrehscheibe<br />
Die Gothaer stellt ihren<br />
Vertriebspartnern ab sofort Bi-<br />
PRO-Services über den BiPRO-<br />
Hub bereit. Erster produktiver<br />
Partner ist Smart InsurTech<br />
mit ihrer Versicherungsplattform<br />
– mit ihr tauscht die<br />
Gothaer exklusiv über den<br />
BiPRO-Hub tagesaktuelle<br />
BiPRO-Daten und -Dokumente<br />
in allen Sparten aus.<br />
AEW: Immobilienkauf<br />
für Core Fonds<br />
Der global tätige Immobilien-<br />
Investment- und Asset-Manager<br />
AEW hat für seinen<br />
offenen, paneuropäischen<br />
Core Fonds, Eurocore2, eine<br />
Logistikimmobilie in Hannover-Sehnde<br />
erworben. Die<br />
Gesamtfläche umfasst circa<br />
50.200 Quadratmeter.<br />
Münchener Verein:<br />
Neue bKV<br />
Der Münchener Verein bietet<br />
ab sofort neben der arbeitgeberfinanzierten<br />
betrieblichen<br />
Krankenversicherung<br />
(bKV) GemeinsamGesund den<br />
Abschluss der arbeitnehmerfinanzierten<br />
Variante an. Mit<br />
dieser ist es Mitarbeitern möglich,<br />
den eigenen Gesundheitsschutz<br />
zu erweitern sowie<br />
Familie und Partner abzusichern.<br />
Agencio: All-Risk für<br />
Dauercamper<br />
Der Assekuradeur Agencio<br />
führt mit natura Camping<br />
Plus eine All-Risk-Deckung für<br />
Dauercamper ein, mit der sich<br />
unter anderem bewegliche<br />
Sachen und Grundstücksteile<br />
versichern lassen.<br />
Fotos: Luis Alvarez, Coroimage, Johner Images
24 | PANORAMA Vertriebsunterstützung<br />
Fakten für Vertrieb und Stammtisch<br />
Vorsicht, Marder!<br />
Zwischen April und Juni<br />
beißen Marder im Durchschnitt<br />
pro Tag die<br />
Kabel und Schläuche<br />
von bis zu 1.000 kaskoversicherten<br />
Pkw<br />
kaputt, warnt der<br />
GDV. Dies sei<br />
mit Abstand die<br />
Hochphase des<br />
Jahres. 2<strong>02</strong>2<br />
gab es 214.000<br />
versicherte Marderschäden.<br />
Teure Krankenrücktransporte<br />
Ein Kranken-Intensivtransport von Australien<br />
oder Neuseeland zurück nach Deutschland kostet<br />
350.000 Euro,<br />
sagt der ADAC.<br />
Per Flugzeug kommen<br />
generell<br />
schnell sechsstellige<br />
Summen<br />
zusammen.<br />
Ausweg:<br />
Auslandsreisekranken-<br />
und<br />
teils auch Unfallversicherungen.<br />
0 0<br />
0.0 5 3<br />
€<br />
Schutz vor Impfschäden<br />
Manche privaten Unfallversicherungen<br />
leisten<br />
auch bei Impfschäden.<br />
Zwar ist die Zahl der<br />
Leistungsfälle, laut einer<br />
<strong>procontra</strong>-Recherche,<br />
sehr gering. Jedoch<br />
bieten, so Morgen &<br />
Morgen, immer mehr<br />
Tarife auch Schutz für<br />
Covid-Impfungen.<br />
Elementarschutz<br />
Die Diskussion um eine verpflichtende<br />
Elementarschadenversicherung<br />
hält sich fest<br />
in Politik und Medien. Das<br />
nährt auch das Interesse der<br />
Verbraucher an dem Thema.<br />
Vielleicht sind viele längst<br />
dazu bereit, ihre Wohngebäudepolice<br />
freiwillig um<br />
Elementar zu ergänzen?<br />
Keine Haftpflicht<br />
Etwa eine von fünf Familien in Deutschland hat keine Privathaftpflichtversicherung.<br />
Das geht aus einer Umfrage von Check24 unter 2.073 Personen hervor. Von<br />
den 520 befragten Haushalten mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren haben<br />
19 Prozent keine PHV-Police.<br />
Aktualisierte Cyberbedingungen<br />
Erstmals seit 2017 hat der GDV<br />
seine Musterbedingungen für<br />
die Cyberversicherung aktualisiert.<br />
Mit dabei auch Schutz<br />
beim mobilen Arbeiten (Remote).<br />
Vielleicht ein Aufhänger für<br />
das nächste Gespräch bei den<br />
Gewerbekunden.<br />
Quelle der Illustrationen: Flexire, Kilroy79
Condor-BU: Wir streichen<br />
die Umorganisation für<br />
Selbstständige.<br />
Umorganisationsklausel<br />
Statt an Leistungen<br />
sparen wir an Klauseln.<br />
Klarheit schaffen, Sicherheit bieten. Condor geht in der BU<br />
für Selbstständige neue Wege – ganz im Sinne Ihrer Kunden,<br />
versteht sich. Wir verzichten ab sofort vollständig auf die<br />
Umorganisationsklausel, einen der wichtigsten Punkte in<br />
der BU-Leistungsfallprüfung für Selbstständige.<br />
Mehr Informationen finden Sie unter<br />
www.makler-leuchttuerme.de/BU
INVESTMENTFONDS<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Interesse an<br />
grünen Anlagen<br />
lässt nach<br />
Mehrheit sieht in ESG-Anlagen<br />
eine Modeerscheinung.<br />
Einer aktuellen Umfrage des Deutschen Instituts<br />
für Vermögensbildung und Alterssicherung<br />
(DIVA) zufolge lässt das Interesse deutscher Privatanleger<br />
an nachhaltigen Geldanlagen wieder<br />
nach. Demnach war es unter den rund 2.000 befragten<br />
Verbrauchern nur noch 37,5 Prozent wichtig,<br />
ökologisch und sozial ausgerichtet zu investieren.<br />
Im Sommer 2<strong>02</strong>2 lag der Wert noch bei 40,6<br />
Prozent. Über die Hälfte (50,9 Prozent) bezeichnet<br />
ESG-Anlagen mittlerweile als Modeerscheinung.<br />
Vor drei Jahren äußerten das nur 46,8 Prozent.<br />
Kriterien wie Sicherheit (44 Prozent), Rendite (30)<br />
und Liquidität (17) sind Anlegern deutlich wichtiger<br />
als Nachhaltigkeit (10).<br />
Weitere Themen<br />
DJE-Vorstand Ulrich Kaffarnik im Interview28<br />
Fondsperformance neu bewerten 32<br />
Dividenden für höhere Gesamtrendite 36<br />
Folgen der ESG-Zusatzkosten 38<br />
Foto: Martin Barraud
28 | INVESTMENTFONDS Investmenttalk<br />
Goldpreisanstieg: »Warum nicht<br />
auch auf 3.000 US-Dollar?«<br />
Ob Zins, Inflation oder Weltkonjunktur: Vieles beginnt sich zu „normalisieren“.<br />
Ulrich Kaffarnik, Vorstand bei DJE Kapital, über aktuelle Anlagechancen –<br />
und die Folgen der neuen DAX-Regeln<br />
HG HEIKE GORRES<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Einschätzung zur Neuerung in den wichtigsten DAX-Indizes<br />
Welche Anlagen derzeit zu empfehlen sind<br />
Warum Gold jetzt durch starten könnte<br />
<strong>procontra</strong>: Der Indexanbieter Stoxx hat den Anteil,<br />
den Unternehmen im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX<br />
haben dürfen, von jeweils 10 auf 15 Prozent erhöht.<br />
Wie bewerten Sie die Entscheidung?<br />
Ulrich Kaffarnik: Wir bekommen eine stärkere<br />
Fokussierung in den Indizes, weil diejenigen Werte,<br />
»Mit dem real positiven Zins sollte<br />
man wieder einen höheren Anteil<br />
festverzinslicher Wertpapiere im<br />
Portfolio haben.«<br />
die bereits ein hohes Gewicht haben, noch einmal<br />
ein höheres Gewicht bekommen können. Beim DAX<br />
ist die Anhebung vermutlich auch darin begründet,<br />
SAP ein höheres Gewicht zu verschaffen. Das Unternehmen<br />
geht derzeit in Richtung 14 Prozent Anteil.<br />
Infineon gibt es zwar auch im Technologiebereich.<br />
Im Wesentlichen ist aber SAP die deutsche Technologieaktie.<br />
Die Konzentration wird damit größer, was<br />
unter Risikogesichtspunkten negativ ist. Hinsichtlich<br />
der Indexperformance kann sich die Anhebung<br />
andererseits positiv auswirken. Die Entscheidung<br />
dürfte ein Stück weit auch der Börsenentwicklung<br />
in den vergangenen Monaten geschuldet sein, was<br />
ich gut nachvollziehen kann. Die Werte, die in dieser<br />
Zeit die Börse angetrieben haben, waren nicht allein<br />
in den USA auf einige Schwergewichte konzentriert,<br />
sondern zum Teil auch bei uns. Gerade die Unternehmen,<br />
die bereits ein hohes Gewicht hatten,<br />
haben besonders gut performt.<br />
<strong>procontra</strong>: In den USA sind dies zum Beispiel die<br />
viel zitierten „Magnificent Seven“.<br />
Kaffarnik: In Deutschland ist SAP das Paradebeispiel.<br />
Siemens wäre hier auch zu nennen, Airbus<br />
zählt ebenfalls dazu. Es ist allerdings unklar, wie<br />
sich die Performance weiterentwickelt, ob sie das<br />
Risiko ausgleichen kann oder nicht. Wie sich die Umstellung<br />
insgesamt auswirkt, kann man daher noch<br />
nicht sagen. Es hängt davon ab, wie stark die dann<br />
noch höher gewichteten Werte performen oder<br />
nicht performen.<br />
<strong>procontra</strong>: Als Anleger würden Sie derzeit mindestens<br />
50 Prozent in Anleihen investieren, etwas<br />
weniger in Aktien, 5 bis 10 Prozent in Gold und<br />
etwas Kasse halten, um bei Rücksetzern zukaufen<br />
zu können. Was sind die Gründe für diese Einschätzung,<br />
die Sie kürzlich äußerten?<br />
Kaffarnik: Zum Ende 2<strong>02</strong>2 und weit in den Herbst<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Investmenttalk INVESTMENTFONDS | 29<br />
Ulrich Kaffarnik ist seit mehr als 30 Jahren im Bereich Investmentfonds<br />
tätig. Bei DJE Kapital verantwortet er den Bereich Fondsmanagement<br />
und -handel. Grundlage seiner Berufskarriere ist ein Studium der<br />
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.<br />
2<strong>02</strong>3 hinein ist der Zins am langen Ende gestiegen,<br />
also die Zinsen für lang laufende Wertpapiere. Ich<br />
rede jetzt nicht von den Zinsanhebungen der Zentralbanken<br />
in dieser Zeit – dem Zins am kurzen Ende.<br />
Durch den starken Renditeanstieg haben wir im Vergleich<br />
zur Niedrig- und Negativzinsphase wieder ein<br />
akzeptables Zinsniveau erreicht, auch unter realen<br />
Gesichtspunkten, also nach Abzug der aktuellen Inflationsrate.<br />
Das sehen wir in der Eurozone, ebenso<br />
in den USA. Dazu kommt, dass die mittelfristigen<br />
Inflationserwartungen weiter rückläufig sind. Sie<br />
liegen in den USA und in der Eurozone mehr oder<br />
minder deutlich unter der aktuellen Inflationsrate.<br />
Der Zins ist also zurück und für ein Portfolio wieder<br />
attraktiv.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie wirkt sich das in einem Mischportfolio<br />
konkret aus? Ist der Zins als stabilisierender<br />
Faktor wieder zurück?<br />
Kaffarnik: Man kann sagen, dass das Risiko von<br />
Renten, was die Schwankungsbreite anbelangt, ungefähr<br />
einem Drittel von dem von Aktien entspricht.<br />
Aus diesem Grund liegt es nahe, dass man mit dem<br />
real positiven Zins wieder einen höheren Anteil festverzinslicher<br />
Wertpapiere im Portfolio als Stabilitätsfaktor<br />
haben sollte. Beim Aktienmarkt sehen<br />
wir, dass sich die konjunkturelle Lage stabilisiert hat.<br />
Das Risiko einer Weltrezession 2<strong>02</strong>4 zum jetzigen<br />
Stand, sofern es keine größeren Störungen gibt,<br />
sehe ich bei null. Mit der verbesserten Lage haben<br />
sich auch die Möglichkeiten für steigende Unternehmensgewinne<br />
erhöht. In Europa rechnet man mit<br />
einem Gewinnzuwachs von 6 bis 7 Prozent. In den<br />
USA könnten es eher 10 Prozent werden und in China<br />
noch etwas darüber, da dort die Ausgangsbasis<br />
niedriger ist. Insofern würde ich den Aktienbereich<br />
in einem Portfolio im Verhältnis zu Renten derzeit<br />
nur leicht untergewichten.<br />
<strong>procontra</strong>: Einen gewissen Anteil in Gold zu halten,<br />
zählt ebenfalls zu den klassischen Empfehlungen<br />
bei der Kapitalanlage. Was ist Ihre aktuelle Überlegung?<br />
Kaffarnik: Gold ist generell eine Art Absicherung<br />
gegen die Unwägbarkeiten der Weltereignisse. Es<br />
Foto: Hendrik Steffen
30 | INVESTMENTFONDS Investmenttalk<br />
sollte tendenziell vom Zinssenkungszyklus in den<br />
USA profitieren, wann auch immer er beginnt. Ich<br />
glaube, dass er in diesem Jahr kommt. Im Zuge dessen<br />
könnte zudem der US-Dollar etwas nachgeben.<br />
Beide Faktoren sind positiv für Gold. Die Inflation<br />
ist es interessanterweise nicht. Wenn Inflationszahlen<br />
etwas höher ausfallen als erwartet, springt<br />
Gold nicht unbedingt an. Manchmal gibt es Phasen,<br />
in denen dies passiert, manchmal aber nicht. Gold<br />
kann in einem Portfolio natürlich nicht alles ausgleichen,<br />
falls es negative Ereignisse gibt und die<br />
Aktienmärkte unter Druck geraten. Aber es sorgt<br />
für ein gutes Gewissen, wenn dann ein gewisser Teil<br />
stabil bleibt.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie ist Ihre Einschätzung zur Entwicklung<br />
des Goldpreises? Mittelfristig könnte er 3.000<br />
Dollar erreichen, meinten Sie ebenfalls vor Kurzem.<br />
Ist die Überlegung noch aktuell?<br />
Kaffarnik: Daran hat sich nichts geändert. Einige<br />
Fundamentals habe ich eben beschrieben. Gold<br />
hatte lange ein charttechnisches Problem. Rund vier<br />
Jahre hat der Goldpreis versucht, über die Marke<br />
von gerundet 2.070 Dollar zu kommen. Das war<br />
eine charttechnische Hürde par excellence! Das<br />
»Wenn Inflationszahlen etwas<br />
höher ausfallen als erwartet,<br />
springt Gold nicht unbedingt an.«<br />
hat jeder im Markt gesehen, der sich mit Asset-Allokation<br />
beschäftigt. Nun sind wir über diese Marke<br />
gekommen, was ich als Kaufsignal bezeichnen<br />
würde. Charttechnisch gesehen hört ein Wert nach<br />
einer Hürde, die so lange bestanden hat und dann<br />
überwunden ist, normalerweise nicht bei einem<br />
kleinen Zuwachs auf. Daher würde ich einen Anstieg<br />
auf 2.300, 2.400, 2.500 und warum nicht auch auf<br />
3.000 Dollar schätzen. Die Überwindung der Hürde<br />
könnte schnell zusätzliche Nachfrage nachziehen<br />
und den Goldpreis in neuen Höhen etablieren.<br />
Es gibt auch strategische Unterstützung von den<br />
Zentralbanken als Goldkäufer. Aus den Emerging<br />
Markets könnte die Nachfrage ebenfalls wieder<br />
2.070 US$<br />
steigen, insbesondere aus China und Indien.<br />
<strong>procontra</strong>: Der neu gewählte Präsident Argentiniens,<br />
Javier Milei, will Land und Wirtschaft sehr<br />
konsequent in Richtung mehr Markt und weniger<br />
Staat umbauen, um der tiefen Wirtschaftskrise entgegenzusteuern.<br />
Hierzu plant er auch, die Landeswährung<br />
Peso mit dem US-Dollar zu ersetzen. Wie<br />
ist Ihre Einschätzung zu Mileis Umbaumaßnahmen<br />
und Vorhaben?<br />
Kaffarnik: Was die Reformfähigkeit und die<br />
Umsetzungsmöglichkeit der Maßnahmen anbelangt,<br />
habe ich große Zweifel. In Argentinien herrscht seit<br />
vielen Jahren eine Politik des Muddling-Through,<br />
des Sich-Durchwurstelns im Quadrat. Vorvorgänger<br />
Mauricio Macri hatte ebenfalls versucht, mehr<br />
Markt und weniger Staat durchzusetzen, und ist an<br />
der Situation gescheitert. Sie haben dann immer<br />
den Kampf mit den alten Eliten, die ihre Vorteile<br />
halten wollen, den Gewerkschaftern, der Judikative,<br />
die zum Teil extrem politisiert ist. Der Anspruch,<br />
etwas zu verbessern, ist zwar da. Aber ich glaube<br />
nicht, dass es funktionieren wird.<br />
Es gibt zu viele widerstreitende Bestrebungen<br />
verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, und der<br />
Anpassungsprozess ist extrem schmerzhaft. Alles,<br />
was nun kommt, dürfte daher sehr verwässert<br />
werden. Es könnte schnell zu Unruhen kommen,<br />
weil die Menschen nicht bereit sind, die Anpassungslasten<br />
zu tragen, die eben nicht nur drei Monate<br />
dauern, sondern vielleicht vier Jahre. Gerade<br />
nach der Erfahrung unter Macri wäre ich sehr<br />
verwundert, wenn es diesmal anders kommen<br />
würde.<br />
Nach fast vier Jahren hat der Goldpreis<br />
die charttechnische Hürde von rund<br />
2.070 US-Dollar übersprungen.<br />
Weiter im Thema<br />
Lesen Sie das vollständige<br />
Interview unter <strong>procontra</strong>online.de:<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Policierung im Nullkommanix.<br />
Läuft einfach.
32 | INVESTMENTFONDS Performance-Bewertung<br />
Benchmark-Battle war gestern<br />
Aktiv gemanagte Aktienfonds sollten sich stärker an der absoluten Performance<br />
statt einem Vergleichsindex orientieren. Das könnte helfen,<br />
Verluste zu verringern und Anleger zu halten.<br />
HG HEIKE GORRES<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Gründe für stärkere Orientierung<br />
an absoluter Performance<br />
Was Anleger an aktiv gemanagten<br />
Aktienfonds kritisieren<br />
Welche Rolle das<br />
Risikomanagement spielt<br />
Wie sich die Leistung von Fondsmanagern<br />
bewerten lässt, ist<br />
einer der Dauerbrenner unter<br />
den Investmentthemen. Die derzeit<br />
verbreitetste Methode ist, die<br />
Wertentwicklung eines Fonds<br />
mit der eines Referenzmaßstabs<br />
zu vergleichen. Häufig ist diese<br />
Benchmark ein Kapitalmarktindex<br />
des Bereichs, in dem das Portfolio im<br />
Schwerpunkt investiert ist, oder ein<br />
ähnlicher Vergleichsmaßstab, der den<br />
jeweiligen Anlagebereich am besten<br />
repräsentiert. Hat ein Fondsmanager<br />
in einem Betrachtungszeitraum<br />
besser abgeschnitten als die Bench-<br />
Illustration: Eleonora Mavromati
Performance-Bewertung INVESTMENTFONDS | 33<br />
200.00<br />
150.00<br />
100.00<br />
50.00<br />
0<br />
-50.00<br />
-100.00<br />
150.00<br />
telbewegungen nicht genau sagen<br />
könne, ob es dasselbe Geld ist, das von<br />
A nach B fließt. Aber die Vermutung<br />
liege nahe, wenn die Ab- und Zuflüsse<br />
einigermaßen übereinstimmen.<br />
ETFs schlagen aktive Aktienfonds<br />
Anleihen<br />
2<strong>02</strong>3 hätten aktive Vermögensverwalter<br />
die Chance gehabt, im Vergleich<br />
zu passiven Strategien einen hohen<br />
Mehrwert zu erzielen, indem sie in<br />
Zeiten von Marktturbulenzen Barmittel<br />
als Risikopuffer einsetzten und<br />
»Wenn ich einen<br />
Fonds aktiv manage,<br />
dann muss der<br />
Mehrwert für den<br />
Kunden auch<br />
erlebbar sein.«<br />
Detlef Glow<br />
LSEG Lipper<br />
Geschätzter Nettoumsatz in Europa 2<strong>02</strong>3<br />
Aktien<br />
Investmentfonds<br />
Angaben in Mrd. Euro Quelle: LSEG Lipper, Zeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2<strong>02</strong>3<br />
mark, hat er nach diesem Ansatz gute<br />
Arbeit geleistet. Liegt er darunter,<br />
gelang es ihm nicht, einen Mehrwert<br />
zu erzielen.<br />
Dass viele Vermögensverwalter die<br />
Wertentwicklung eines Fonds im<br />
Verhältnis zu seiner Benchmark bewerten,<br />
führe dazu, dass eine negative<br />
Wertentwicklung des Portfolios als Erfolg<br />
gewertet wird, solange die negativen<br />
Renditen besser sind als die des<br />
jeweiligen Index oder der Benchmark,<br />
meint Detlef Glow, Leiter Research<br />
Europa, Naher Osten und Afrika<br />
beim Analysehaus LSEG Lipper. „Umgekehrt<br />
sehen die meisten Anleger<br />
negative Renditen im Allgemeinen als<br />
schlechte Ergebnisse an“, sagt Glow<br />
(siehe Interview). Der Marktbeobachter<br />
plädiert daher dafür, im Segment<br />
der Aktienfonds bei der Kapitalverwaltung<br />
stärker die absolute Wertentwicklung<br />
einzubeziehen und nicht<br />
nur auf die relative Performance<br />
abzustellen. „Wenn ich aktiv manage<br />
und sage, ich kann Mehrwerte erzielen,<br />
dann muss der Mehrwert für<br />
den Kunden auch erlebbar sein“, betont<br />
Glow. Die Berücksichtigung der<br />
absoluten Performance könne dazu<br />
beitragen, die Widerstandsfähigkeit<br />
eines Portfolios zu erhöhen, da der<br />
Fondsmanager Barmittel als Risikopuffer<br />
einsetzen könnte.<br />
Aktive Aktienfonds enttäuschen<br />
Zahlreiche Privatanleger würden<br />
sagen, wenn ein aktiv gemanagtes<br />
Portfolio nahezu das Gleiche verliert<br />
wie ein börsennotierter Indexfonds<br />
(ETF) und der ETF nach oben mit<br />
dem Markt mitzieht, was viele aktive<br />
Manager leider nur bedingt schaffen,<br />
dann seien sie mit ETFs besser aufgestellt.<br />
„Das erklärt vielleicht auch,<br />
warum wir im Moment eine Wechselbewegung<br />
aus aktiven Aktienfonds<br />
in Aktien-ETFs sehen“, meint Glow.<br />
Wobei man auf Basis der Nettomitin<br />
Zeiten eines Marktaufschwungs<br />
in Aktien mit hohem Beta investierten,<br />
argumentiert der Researcher<br />
in einer aktuellen Studie. Das Beta<br />
gibt die Schwankungshöhe einer<br />
Anlage im Vergleich zum Markt an.<br />
Eine Aktie mit hohem Beta kann bei<br />
einer Aufwärtsbewegung überdurchschnittlich<br />
steigen wie auch bei einer<br />
Abwärtsbewegung stärker fallen. Die<br />
meisten aktiven Manager haben der<br />
Studie zufolge jedoch keinen solchen<br />
Mehrwert geliefert. Zahlreiche<br />
Fondsmanager inklusive der Kapitalverwaltungsgesellschaften<br />
sähen sich<br />
für die Kassenhaltung im Portfolio<br />
des Anlegers nicht zuständig, ergänzt<br />
Glow.<br />
ETFs<br />
Gemischte<br />
Anlagewerte<br />
Einige Fondsanbieter stellen bei<br />
einigen Produkten ausdrücklich<br />
darauf ab, eine Strategie jenseits einer<br />
Benchmark zu verfolgen, auch wenn<br />
sie womöglich eine Benchmark als<br />
Vergleichsgröße angeben. Viele<br />
Anleger würden sich für einen<br />
„passiven“ Ansatz entscheiden, da nur<br />
wenige Fondsmanager die Aktienindizes<br />
dauerhaft übertreffen<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
34 | INVESTMENTFONDS Performance-Bewertung<br />
»Indexvergleich nutzt<br />
nicht wirklich etwas«<br />
Detlef Glow, Leiter Research Europa, Naher Osten und Afrika bei<br />
LSEG Lipper, über die Tücken einer Benchmark-Ausrichtung<br />
<strong>procontra</strong>: Um die Leistung aktiv<br />
gemanagter Aktienfonds zu bemessen,<br />
schlagen Sie vor, die absolute<br />
Wertentwicklung heranzuziehen und<br />
weniger die relative Performance<br />
zu einer Vergleichsmarke. Weshalb<br />
halten Sie dies für passender?<br />
Detlef Glow: Wenn der Markt um<br />
50 Prozent fällt und der Fondsmanager<br />
48 Prozent verliert, hat er in der<br />
relativen Betrachtung outperformt.<br />
Dem Kunden nutzt das aber nicht<br />
wirklich etwas, weil er immer noch<br />
48 Prozent verloren hat. Da wäre es<br />
besser zu schauen, wie ich als Fondsmanager<br />
Verluste vermeiden kann.<br />
Zum Beispiel indem ich eine Cashquote<br />
aufbaue. Das hilft mir zwar<br />
nicht bei der Gesamtvermeidung von<br />
Verlusten. Aber es würde die Sache<br />
zumindest abfedern.<br />
<strong>procontra</strong>: Bei dem Fokus auf die absolute<br />
Performance wäre es aus Ihrer<br />
Sicht sinnvoll, wenn Fondsanbieter<br />
einige Risikomaßnahmen in Bezug<br />
auf die absolute Performance ihrer<br />
Fonds einführen würden. Welche<br />
Maßnahmen neben einer Cashquote<br />
wären dies?<br />
Glow: Risiko wird nicht bei allen, aber<br />
doch bei vielen Kapitalanlagegesellschaften<br />
relativ zum Markt betrachtet.<br />
Zahlreiche Fonds haben daher ein<br />
relatives Risikomanagement zu einer<br />
Benchmark. Nun erwarten wir alle<br />
von den Portfoliomanagern, dass sie<br />
Alpha verdienen, eine Überrendite<br />
zum Markt. Das kann ich nur dann<br />
erwirtschaften, wenn ich von meiner<br />
Benchmark innerhalb der Benchmark<br />
abweichen darf. Bei einem internationalen<br />
Referenzmaßstab zum Beispiel<br />
müssen zahlreiche Fonds länderneutral<br />
bleiben; sie dürfen Länder nur in<br />
einem gewissen Maß zur Benchmark<br />
unter- oder übergewichten.<br />
Das Gleiche gilt für Sektoren und<br />
Branchen. Schon da fängt es an, haarig<br />
zu werden, da die Möglichkeiten,<br />
Alpha zu verdienen, eingeschränkt<br />
sind. Ein Fondsmanager sollte daher<br />
die Möglichkeit haben, sich zum<br />
Beispiel von der Sektorgewichtung<br />
zu lösen und ganze Werte nicht<br />
zu investieren, von denen er nicht<br />
überzeugt ist und umgekehrt. Einige<br />
dieser Regeln müssten etwas weiter<br />
gefasst werden, um den Managern<br />
die Freiheit zu geben, Alpha zu erwirtschaften.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie würden Sie die absolute<br />
Performance messen? Anhand<br />
der BVI-Methode zum Beispiel?<br />
Glow: Absolut heißt ganz einfach,<br />
darauf zu schauen, wie die real<br />
erzielten Werte im Fonds im Zeitablauf<br />
sind. Da wäre ein Minus von<br />
48 Prozent in einem Portfolio genau<br />
minus 48 Prozent. Bei LSEG Lipper ist<br />
es als Gesamtertrag oder Total Return<br />
eines Fonds dargestellt. Ob Sie es<br />
nach der BVI-Methode berechnen<br />
oder auf einem anderen Weg, ist am<br />
Ende des Tages zweitrangig. Da gibt es<br />
die unterschiedlichsten Methoden.<br />
könnten, schreibt zum Beispiel Nomura Asset<br />
Management zu seinem Global High Conviction<br />
Fund mit einem „uneingeschränkten Ansatz“.<br />
Inwieweit sich vergleichsweise freie Ansätze in<br />
für Anleger erfreuliche Ergebnisse ummünzen,<br />
bleibt im Einzelnen zu prüfen.<br />
Long Story short<br />
Aktiv gemanagte Fonds sind aus Anlegersicht inaktiv.<br />
Benchmark-Vorgaben können Verdienst deutlich einschränken.<br />
Bezug auf absolute Performance könnte Abhilfe schaffen.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
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36 | INVESTMENTFONDS Dividendenstrategie<br />
Stabilisator fürs Depot<br />
Die Ausschüttungssaison steht bevor, und jährlich werden neue Rekorde vermeldet.<br />
Warum eine Dividendenstrategie dennoch kein Selbstläufer und was zu beachten ist<br />
EN ERIKA NEUFELD<br />
Bereits 2<strong>02</strong>3 war ein starkes Dividendenjahr:<br />
Rund 407 Milliarden Euro<br />
schütteten Unternehmen des Aktienindex<br />
MSCI Europe aus, wie eine<br />
aktuelle Studie von Allianz Global<br />
Investors zeigt. 2<strong>02</strong>4 soll dies Experten<br />
zufolge noch mal getoppt werden.<br />
Mit 433 Milliarden Euro rechnen die<br />
Experten als Ausschüttung.<br />
Ist die Dividendenstrategie unter<br />
Rendite-Gesichtspunkten daher<br />
ein Selbstläufer? Kevin Kronauer,<br />
Finanzberater und Geschäftsführer<br />
von finsparent, zeigt sich kritisch:<br />
Im Vergleich mit einer marktbreiten<br />
Aktienanlage führe eine Dividendenstrategie<br />
langfristig nicht zu einer<br />
höheren Rendite oder einem geringeren<br />
Risiko. Dafür gebe es zumindest<br />
keine eindeutigen wissenschaftlichen<br />
Belege. Insbesondere für kleine und<br />
finanzschwache Unternehmen sei<br />
es riskant, wenn kontinuierlich ein<br />
größerer Teil des Gewinns an Aktionäre<br />
fließt. Denn dann bleibt weniger<br />
übrig für zukunftsweisende Reinves-<br />
titionen. Dies könne die zukünftige<br />
Kurssteigerung negativ beeinflussen,<br />
warnt der Experte. Für ihn ist klar:<br />
„Eine hohe Dividendenausschüttung<br />
ist kein Indikator für eine zukünftig<br />
hohe Gesamtperformance des Aktieninvestments.“<br />
Ein positives Bild zeichnet dagegen<br />
die Dividendenstudie von Allianz<br />
Global Investors. Das zentrale Ergeb-<br />
nis: Aktien, die Dividenden auszahlen,<br />
sind weniger volatil als Aktien,<br />
die keine ausschütten. Studienautor<br />
Hans-Jörg Naumer erklärt: „Wiederholt<br />
ausschüttende Unternehmen<br />
bleiben ihrer Dividendenpolitik oft<br />
treu. Sie neigen also dazu, kontinuierlich<br />
Dividenden zu zahlen und diese<br />
eher zu erhöhen als zu senken. Genau<br />
das hat einen starken und positiven<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Erwartete Ausschüttungen<br />
im Jahr 2<strong>02</strong>4<br />
Performancebeitrag<br />
von Dividenden<br />
Risiken einer<br />
Dividendenstrategie<br />
Illustration: Roman Kulon
Dividendenstrategie INVESTMENTFONDS | 37<br />
Signaleffekt.“ Anleger bleiben diesen<br />
Aktien eher treu, was hilft, den Kurs<br />
zu stabilisieren – ein Argument, das<br />
Berater im Hinterkopf haben sollten.<br />
Darüber hinaus können Dividenden<br />
selbst Stabilität liefern – auch in Zeiten<br />
politischer, wirtschaftlicher oder<br />
technologischer Veränderungen, wie<br />
Naumer deutlich macht. Zwischen<br />
2019 und 2<strong>02</strong>3 steuerten Dividenden<br />
im MSCI Europe insgesamt 2,51 Prozent<br />
der Performance bei. Damit<br />
lagen sie fast auf Augenhöhe mit den<br />
Kursgewinnen, die ein Renditeplus<br />
von 2,62 Prozent erzielten. In den<br />
Zeiträumen mit negativer Kursentwicklung,<br />
wie etwa zwischen 1999<br />
bis 2008, schafften es Dividenden<br />
sogar, die Gesamtperformance in den<br />
positiven Bereich zu heben. Dennoch<br />
sollten Berater ihre Kundschaft<br />
darauf hinweisen, dass sie neben der<br />
Dividendenrendite auch auf zukünftig<br />
zu erwartende Gewinne achten<br />
sollte. Diese sollten im besten Falle<br />
wachsen, „ohne die Substanz des<br />
Unternehmens aufzuzehren“, betont<br />
Naumer.<br />
Geringere Diversifizierung<br />
„Unternehmen, die langfristig eine<br />
regelmäßige Dividende zahlen, haben<br />
oft solide Geschäftsmodelle und<br />
verlässliche Einnahmen“, hat Florian<br />
Zekert, Finanzberater und Geschäftsführer<br />
von Honorarfinanz aus Markkleeburg<br />
bei Leipzig, beobachtet.<br />
Genau deshalb werden deren Aktien<br />
häufig den defensiven Aktien zugeordnet,<br />
da sie weniger konjunkturabhängig<br />
sind. Die Dividendenstrategie<br />
eigne sich daher besonders für konservative<br />
Anlegertypen, die das Risiko<br />
in Krisenphasen besser kontrollieren<br />
möchten, meint Zekert.<br />
Dennoch würde er seinen Klienten<br />
nicht empfehlen, auf die Dividendenstrategie<br />
zu setzen. „Die Annahme,<br />
dass Dividendenaktien langfristig<br />
auch eine überdurchschnittliche<br />
Marktleistung erzielen, ist spekulativ.<br />
Darüber hinaus ist die Dividendenstrategie<br />
wegen der geringeren Diversifizierung<br />
sogar riskant“, behauptet<br />
Zekert. Im Vergleich zu einer weltweit<br />
diversifizierten Aktienstrategie könne<br />
sie eine geringere Rendite bringen.<br />
Ähnlich sieht das Finanzberater<br />
Wichtiger Performance-Baustein<br />
Renditebeitrag von Dividenden und Kursgewinnen der letzten 40 Jahre<br />
3,2<br />
5,71<br />
MSCI Europe<br />
35,86<br />
Kursgewinne/-verluste<br />
Angaben in % p. a. Quelle: Datastream, Allianz GI Capital Markets & Thematic Research. Stand: Dezember 2<strong>02</strong>3<br />
»Faustregel:<br />
Konzerngewinne<br />
schwanken weniger<br />
als Aktienkurse,<br />
Dividenden schwanken<br />
weniger als<br />
Konzerngewinne.«<br />
Hans-Jörg Naumer<br />
Kronauer: Zwar könnten Anleger bei<br />
einer Dividendenstrategie bestimmte<br />
Faktorprämien, etwa Value, überge-<br />
2,44<br />
8,53<br />
22,26<br />
MSCI North America<br />
Performancebeitrag Dividenden<br />
wichten. Das könne die Rendite<br />
beflügeln. Aber auch er hält sich mit<br />
einer Empfehlung zurück: „Ein<br />
diversifiziertes Multifaktor-Portfolio<br />
ist die bessere Wahl“, meint Kronauer.<br />
Während Faktorstrategien in der<br />
Kapitalmarktforschung umstritten<br />
seien, sei hingegen unstrittig, dass es<br />
der Dividendenstrategie an Diversifizierung<br />
fehle. „Wer maximal breit<br />
gestreut innerhalb des globalen<br />
Aktienmarktes investiert, eliminiert<br />
langfristig branchen- und länderspezifische<br />
Risiken“, hebt Kronauer<br />
hervor. Übrig bleibe nur noch das<br />
allgemeine Marktrisiko.<br />
1,99<br />
2,84<br />
MSCI Asia ex. Japan<br />
Long Story short<br />
Wichtiger Anteil der<br />
Gesamtperformance<br />
41,20<br />
Dividendenstrategie als<br />
defensiver Investmentansatz<br />
für konservative Anleger<br />
Risiko liegt in der<br />
geringeren Diversifizierung.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
38 | INVESTMENTFONDS ESG-Ratings<br />
Wohin mit den<br />
grünen Kosten?<br />
ESG-Fonds gehören längst zum Inventar vieler Asset-Manager. Doch mit den Kosten<br />
und der Qualität der Ratings für ihre Fonds sind viele unzufrieden. Warum?<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Wie ESG-Ratings integriert<br />
werden<br />
Welche Kritik Fondsmanager<br />
äußern<br />
Kosteneffekte durch ESG-Rating<br />
JW JAN F. WAGNER<br />
Um zu beurteilen, welche Titel in<br />
ESG-Fonds aufgenommen werden<br />
sollen, müssen Asset-Manager einschätzen<br />
können, wie nachhaltig<br />
die Unternehmen sind. Dafür geben<br />
ESG-Kriterien darüber Aufschluss,<br />
inwieweit die Unternehmen die<br />
definierten umwelttechnischen (E),<br />
sozialen (S) und unternehmensspezifischen<br />
(G) Standards erfüllen. Weil<br />
aber selbst größere Fondshäuser wie<br />
DWS oder Allianz Global Investors<br />
Illustration: Roman Kulon
ESG-Ratings INVESTMENTFONDS | 39<br />
(AGI) nicht die internen Kapazitäten<br />
haben, die Einhaltung dieser Kriterien<br />
bei zahlreichen Unternehmen zu<br />
überwachen, müssen sie diese Dienstleistung<br />
einkaufen. Hier können<br />
Ratingagenturen wie MSCI, ISS und<br />
Sustainalytics den Fondsmanagern<br />
sehr dienlich sein. Sie sind aufgrund<br />
ihrer internationalen Ausrichtung in<br />
der Lage, Tausende börsennotierte<br />
Unternehmen zu bewerten.<br />
ESG-Kosten »unangemessen«<br />
Doch zufrieden mit ihrem Angebot<br />
scheinen die meisten Fondsmanager<br />
nicht zu sein. Eine BaFin-Befragung<br />
von 30 Managern hat ergeben, dass<br />
81 Prozent die Kosten für die Ratings<br />
als „unangemessen“ betrachteten.<br />
Außerdem: Trotz der Kosten waren<br />
lediglich 36 Prozent der Ansicht, die<br />
ESG-Daten und -Ratings seien „qualitativ<br />
hoch“. Eine deutliche Mehrheit<br />
von 62 Prozent war nicht dieser<br />
Meinung. Die Begründung der BaFin:<br />
„Neben der zum Teil schlechten<br />
Datenabdeckung wurde auch die zum<br />
Teil unzureichende Aktualität der<br />
Daten genannt; der Zeitraum würde<br />
zwischen tages- und jahresaktuell<br />
variieren.“<br />
Inwieweit die Kritik zutrifft, lässt sich<br />
schwer sagen. MSCI, ISS und Sustainalytics<br />
ließen <strong>procontra</strong>-Anfragen<br />
unbeantwortet. Ein Brancheninsider,<br />
der anonym bleiben wollte, hält aber<br />
die Kritik für überzogen: „Wir beziehen<br />
ESG-Daten und sind zufrieden<br />
mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis.<br />
Ich kann es mir gut vorstellen, dass<br />
eher kleinere Fondshäuser unzufrieden<br />
über die Mehrkosten für ESG-<br />
Fonds waren. Anders als größeren<br />
Häusern fällt es ihnen viel schwerer,<br />
die Mehrkosten zu absorbieren.“ Von<br />
der Deka, dem Fondsanbieter der<br />
Sparkassen, heißt es, dass sie durchaus<br />
die Kosten für die Ratings auf die<br />
Managementgebühr umlegt. Aber:<br />
»Wir werden<br />
abwägen müssen, ob<br />
wir für ESG-Ratings<br />
einen Mindeststandard<br />
brauchen.«<br />
Thorsten Pötzsch<br />
BaFin<br />
„Diese bewegen sich im unteren Bereich<br />
der zweiten Nachkommastelle“,<br />
versichert eine Sprecherin.<br />
ESG-Fonds sind nicht teurer<br />
Insgesamt sind ESG-Fonds von größeren<br />
Häusern in Deutschland nicht<br />
teurer als konventionelle Fonds. Ein<br />
Blick auf die Aktienfonds, die <strong>procontra</strong><br />
in der <strong>Ausgabe</strong> 06/2<strong>02</strong>3 porträtierte,<br />
verrät beispielsweise, dass die<br />
Managementgebühren der ESG-Vari-<br />
Anstieg der Kosten erwartet<br />
Globale <strong>Ausgabe</strong>n für ESG-Daten könnten bis 2<strong>02</strong>5 auf 5 Milliarden US$ steigen.<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
23 %<br />
2015 2<strong>02</strong>0 2<strong>02</strong>5 *<br />
Käufer Portfoliomanager Andere<br />
*<br />
Prognose, Angaben in US-Dollar Quellen: Opimas Consulting, BVI<br />
anten der DWS und der Union Investment<br />
nur ein wenig höher liegen. Bei<br />
den Fonds der Deka und der AGI dagegen<br />
sind die Managementgebühren<br />
für die Aktienfonds ohne ESG sogar<br />
etwas höher. Auch sind die Kosten für<br />
MSCI World ETFs mit und ohne ESG<br />
von iShares mit 0,20 Prozent pro Jahr<br />
identisch.<br />
Im Rahmen der Erhebung hat der<br />
zuständige BaFin-Exekutivdirektor<br />
Thorsten Pötzsch noch die Unzufriedenheit<br />
mit der Qualität der Ratings<br />
angesprochen. Er sagte: „Wir werden<br />
auf europäischer Ebene abwägen<br />
müssen, ob wir für die Erhebung und<br />
den Umgang mit ESG-Ratings einen<br />
Mindeststandard brauchen.“ Das ist<br />
schwierig, weil Nachhaltigkeit ein<br />
subjektives Thema ist. Johannes<br />
Böhm, Senior ESG Analyst bei der<br />
Union Investment, meint aber, dass<br />
die Ratingagenturen in Sachen<br />
Standards einen wichtigen Beitrag<br />
leisten könnten, indem sie für mehr<br />
Einigkeit hinsichtlich Identifikation<br />
und Gewichtung wesentlicher<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
40 | INVESTMENTFONDS ESG-Ratings<br />
»Höhere Qualität<br />
wäre angebracht«<br />
Rudolf Siebel, Geschäftsführer des Fondsverbands BVI<br />
<strong>procontra</strong>: Sind die Kosten von Ratings<br />
ein Problem?<br />
Rudolf Siebel: Ja. Das bestätigt die<br />
jüngste BaFin-Studie. Auch Experten<br />
von BTC und Opimas Consulting<br />
erwarten für ESG-Daten jährliche<br />
Preissteigerungsraten von 25 Prozent.<br />
Darüber hinaus sieht die englische<br />
Finanzaufsicht FCA eine Marktmacht<br />
der Datenanbieter, die höhere Preise<br />
als bei einem funktionierenden Wettbewerb<br />
ermöglicht.<br />
<strong>procontra</strong>: Warum funktioniert der<br />
Wettbewerb im Datensegment nicht?<br />
Siebel: Daten sind das neue Öl. Auch<br />
im Vertrieb oder im Reporting ist<br />
die Verfügbarkeit von hochwertigen<br />
Finanzmarktdaten zwingend, insbesondere<br />
auch im Bereich ESG. Diese<br />
Daten werden von Unternehmen mit<br />
marktbeherrschender Stellung, wie<br />
große Ratinganbieter, zur Verfügung<br />
gestellt. Da die Asset-Manager aufgrund<br />
der gesetzlichen Vorgaben die<br />
Daten kaufen müssen, können die<br />
Anbieter einseitig Konditionen festsetzen.<br />
Die Nutzung von Finanzmarktdaten<br />
ist für die Fondsgesellschaften<br />
seit Jahren mit regelmäßigen,<br />
teilweise massiven Preiserhöhungen<br />
verbunden. Deshalb unterstützen wir<br />
Dataland, eine auf ESG-Daten fokussierte<br />
nicht-kommerzielle Datenaustauschplattform,<br />
die von den Nutzern<br />
– zum Beispiel Asset-Manager,<br />
Banken, Versicherungsgesellschaften<br />
– kontrolliert und betrieben wird.<br />
<strong>procontra</strong>: Die EU-Verordnung adressiert<br />
das Thema Kosten nicht. Ändert<br />
sich also nichts für die Branche?<br />
Siebel: Doch. Die politische Einigung<br />
zur ESG-Ratingverordnung ist aus<br />
unserer Sicht ein großer Fortschritt in<br />
Richtung bessere Transparenz und<br />
Qualität von ESG-Ratings. Wir<br />
erwarten beispielsweise einen<br />
verbesserten Umgang mit Interessenkonflikten.<br />
Darüber hinaus müssen<br />
die Beschwerdeprozesse bei Problemen<br />
mit ESG-Ratings transparenter<br />
werden. Nehmen wir als Beispiel die<br />
Vergabe der sogenannten „Red Flags“<br />
für börsennotierte Unternehmen bei<br />
Verstößen gegen ESG-Vorgaben.<br />
Fondsgesellschaften, die das Setzen<br />
der roten Flagge nicht nachvollziehen<br />
können, erhalten meist keine nachvollziehbaren<br />
Belege für diese<br />
Einstufung oder monatelang keine<br />
Antwort. Dann ist der Portfoliomanager<br />
gezwungen, die Aktie des<br />
Unternehmens zu verkaufen. Angesichts<br />
der hohen Kosten für die Daten<br />
wären eine höhere Qualität und ein<br />
besserer Service für die Kunden<br />
angebracht.<br />
ESG-Kriterien je Sektor sorgten. „Für den<br />
Pharma- oder Technologiesektor könnte das die<br />
Mitarbeiterzufriedenheit, für die Versorger und<br />
Industrie die Klimarisiken sein“, sagt Böhm.<br />
Allerdings: Es wird sich wohl kurzfristig nichts<br />
ändern, was die Themen Kosten und Standards<br />
der Ratings angeht. Die EU hat jüngst ein neues<br />
Regelwerk für die ESG-Agenturen beschlossen,<br />
das keinen der Kritikpunkte aus der BaFin-Studie<br />
adressiert.<br />
Was taugen ESG-Ratings?<br />
Für die Überwachung zahlreicher<br />
Firmen unerlässlich<br />
Mehrkosten bei Fonds von<br />
größeren Häusern minimal<br />
Erste Regulierungsmaßnahmen<br />
durch die EU<br />
Preis-Leistungs-Verhältnis<br />
scheint unangemessen.<br />
Bedenken hinsichtlich der<br />
Qualität der Ratings<br />
EU-Regulierung adressiert<br />
nicht die Kritikpunkte.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
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Potenzial durch<br />
digitale Rentenübersicht<br />
Junge Zielgruppe interessiert an DRÜ.<br />
Seit ein paar Monaten ist die digitale Rentenübersicht<br />
(DRÜ) im Regelbetrieb – so richtig bekannt<br />
ist das bislang aber noch nicht. Einer Aeiforia-<br />
Umfrage zufolge haben nur 22 Prozent der Bürger<br />
die Plattform bereits genutzt.<br />
Dabei kann die Übersicht über zu erwartende<br />
Renteneinkünfte eine ideale Beratungsgrundlage<br />
sein, um Versorgungslücken transparenter zu<br />
machen und entsprechende Lösungen zu vermitteln.<br />
Daran interessiert sind vor allem junge Menschen.<br />
62 Prozent der 18- bis 24-Jährigen und<br />
66 Prozent der 25- bis 34-Jährigen halten eine zusätzliche<br />
Beratung für wichtig oder sehr wichtig.<br />
Weitere Themen<br />
Walter Riester im Interview 44<br />
Zwingen hohe IT-Kosten zum Run-off? 46<br />
Indexpolicen zwischen Gut und Böse 48<br />
Laubenpieper richtig versichern 52<br />
Fugenschutz in WGV-Tarifen 54<br />
Foto: Oscar Wong
44 | VERSICHERUNGEN Geförderte Altersvorsorge<br />
»Die Riester-Beitragsgarantie<br />
abzusenken wäre falsch«<br />
Im <strong>procontra</strong>-Interview kritisiert Walter Riester die Reformvorschläge der Versicherer und<br />
spricht über ein mögliches Neugeschäfts-Comeback der Riester-Rente.<br />
FB FLORIAN BURGHARDT<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
<strong>procontra</strong>: Braucht Deutschland weiterhin<br />
eine staatlich geförderte private<br />
Altersvorsorge?<br />
Walter Riester: Ja, die braucht es, weil<br />
viele Menschen mit dem ergänzenden<br />
Sparen überfordert sind und dabei<br />
Hilfe brauchen. Ich spreche speziell von<br />
den vielen Menschen hierzulande, die<br />
nur wenig Geld zurücklegen können<br />
und deshalb eben mehr Unterstützung<br />
benötigen, zum Beispiel in Form von<br />
Zulagen.<br />
Chancen für Riester-Neugeschäft<br />
Einschätzung der GDV-Reformvorschläge<br />
Was sich Walter Riester von der Politik wünscht<br />
<strong>procontra</strong>: Da die Riester-Rente bislang<br />
weder reformiert noch durch ein neues<br />
Produkt ersetzt wurde, könnte man<br />
auch den Eindruck erlangen, dass die<br />
Politik das anders sieht …<br />
Riester: Dass die Rücklagenbildung<br />
für eine Lebensstandardsicherung im<br />
Alter für viele Menschen nicht ausreichend<br />
ist, wird in der Politik sehr wohl<br />
gesehen. Es besteht kein Erkenntnis-,<br />
sondern ein Handlungsdefizit. Hinzu<br />
kommt, dass immer mehr Menschen,<br />
auch rentenversichert, keine ausreichende<br />
Rente bilden können. Zur<br />
»Der Höchstrechnungszins<br />
ist weder<br />
ein Messpunkt für<br />
die Profitabilität der<br />
Riester-Rente, noch<br />
bestimmt er die<br />
Vertriebskosten.«<br />
Zeit der Rentenreform im Jahr 1957<br />
waren 95 Prozent der Erwerbstätigen<br />
in Vollzeit beschäftigt. Heute sind das<br />
noch etwa 50 Prozent, und die andere<br />
Hälfte ist in Teilzeit beschäftigt mit in<br />
der Regel auch nur Teilzeiteinkommen.<br />
Dadurch bilden sie geringere Rücklagen<br />
in der sozialen Rentenversicherung und<br />
leisten nebenbei auch weniger Beiträge<br />
für das Umlageverfahren der gesetzlichen<br />
Rente. Aber auch die Teilzeitbeschäftigten<br />
möchten, wenn sie aus dem<br />
Erwerbsleben ausscheiden, eine Rente<br />
bekommen, die ihnen ihren Lebensstandard<br />
möglichst weitgehend absichert.<br />
Diese Situation ist also eine deutliche<br />
Veränderung. Vor diesem Hintergrund<br />
muss die Antwort ganz klar lauten: Ja,<br />
wir brauchen dringend weiterhin eine<br />
staatlich geförderte private Altersvorsorge.<br />
<strong>procontra</strong>: Wahrscheinlich wird der<br />
Höchstrechnungszins zu Beginn 2<strong>02</strong>5<br />
auf 1 Prozent angehoben. Damit würde<br />
die Riester-Rente wieder profitabel für<br />
den Vertrieb der Lebensversicherer, weil<br />
dann nach Abzug der Kosten wieder<br />
mindestens die eingezahlten Beiträge<br />
garantiert werden könnten. Erlebt die<br />
Riester-Rente also bald ein Comeback<br />
im Neugeschäft?<br />
Riester: Aus diesem Grund sicherlich<br />
nicht. Der Höchstrechnungszins gibt<br />
dem Versicherer den Höchstzinssatz<br />
für die Abzinsung der Deckungsrückstellung<br />
vor. Er ist weder ein Messpunkt<br />
für die Profitabilität der Riester-Rente,<br />
noch bestimmt er die Vertriebskosten.<br />
Die Riester-Rente hat bereits in ihrer<br />
parlamentarischen Entstehungsphase<br />
viel medialen Gegenwind erhalten, vor<br />
allem durch die „Bild“-Zeitung. Ursprünglich<br />
sollte sie ja obligatorisch<br />
für alle Menschen eingeführt werden,<br />
wofür ich am Ende aber leider keine<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Geförderte Altersvorsorge VERSICHERUNGEN | 45<br />
Mehrheit mehr bekommen habe. Bevor<br />
jetzt in 2<strong>02</strong>1 und 2<strong>02</strong>2 viele Anbieter<br />
das Neugeschäft eingestellt haben, hat<br />
die Riester-Rente eineinhalb Jahrzehnte<br />
lang ein Trommelfeuer der Kritik erfahren.<br />
Die Einstellung des Neugeschäfts<br />
war aus meiner Sicht ein solcher Tiefpunkt<br />
für das Image der Riester-Rente,<br />
von dem aus man jetzt nicht einfach<br />
wieder den Schalter umlegen und das<br />
Produkt wieder verkaufen kann.<br />
<strong>procontra</strong>: Heißt das, die Riester-Rente<br />
ist damit ein für alle Mal beerdigt<br />
worden?<br />
Riester: Nein. Aber um sie für das Neugeschäft<br />
wieder attraktiv zu machen,<br />
braucht es schon mehr, als nun einfach<br />
nur wieder mit dem Verkauf zu beginnen.<br />
<strong>procontra</strong>: Sollte man beispielsweise<br />
die 100-prozentige Beitragsgarantie<br />
lockern?<br />
Riester: Eine Absenkung der Beitragsgarantie,<br />
um dann mehr in Aktien<br />
investieren zu können, halte ich für<br />
komplett falsch. Das ist sogar total<br />
absurd. Denn es gibt ja bereits Riester-<br />
Fondssparpläne. Bei diesen wird das<br />
Geld in Aktien angelegt, und trotzdem<br />
müssen die eingezahlten Beiträge zu<br />
Beginn des Rentenbezugs laut Gesetz<br />
vollständig zur Verfügung stehen. Die<br />
eingezahlten Beiträge 100-prozentig zu<br />
garantieren, zu denen ja auch die Zulagen<br />
aus Steuermitteln zählen, ist das<br />
absolut Mindeste, was man von einem<br />
Anbieter erwarten kann. Die Riester-<br />
Fondssparpläne zeigen ja bereits, dass<br />
das möglich ist. Daran müssen sich auch<br />
die Lebensversicherer messen lassen.<br />
<strong>procontra</strong>: Sollte auch die lebenslange<br />
Rentenleistung erhalten bleiben oder<br />
könnte man daran drehen?<br />
Riester: Daran könnte man schon<br />
drehen, zum Beispiel indem man einen<br />
Riester-Fondssparplan macht und dann<br />
zum Ende der Einzahlungsphase einen<br />
individuellen Auszahlungsplan bis zum<br />
Alter von 75 oder auch 85 festlegt. Die<br />
lebenslange Rentenleistung bei Riester<br />
ist ein Argument für die Ergänzung zur<br />
Sozialversicherungsrente, muss aber<br />
nicht zwingend so bleiben.<br />
<strong>procontra</strong>: Was wünschen Sie sich für<br />
die Zukunft der Riester-Rente von der<br />
Politik?<br />
Riester: Dass sie, wie gesagt, obligatorisch<br />
ist und für alle Menschen direkt<br />
gilt. Also dass nicht unterschieden wird<br />
zwischen Förderfähigen, ihren Ehepartnern<br />
und so weiter. In Schweden<br />
gilt dieses Prinzip erfolgreich seit 25<br />
Jahren. So auch meine Forderung 1999.<br />
Hätte es dafür eine Mehrheit gegeben,<br />
bestünden heute deutlich über 50 Millionen<br />
geförderte Sparverträge.<br />
<strong>procontra</strong>: Sehen Sie in der aktuellen<br />
politischen Lage die Chance, dass die<br />
Riester-Rente in Zukunft obligatorisch<br />
wird?<br />
Riester: Nein. 25 Jahre des An-die-<br />
Wand-Klatschens und öffentlicher Streit<br />
über zu hohe Vertriebskosten haben<br />
hier leider nicht zum Umdenken<br />
beigetragen.<br />
Neugeschäfts-Comeback für Riester?<br />
HRZ von 1 % würde Vertrieb<br />
wieder profitabel machen.<br />
Großer Bedarf an geförderter<br />
Altersvorsorge<br />
Mehr Nachfrage durch<br />
gelockerte Beitragsgarantie<br />
Image hat zu sehr gelitten.<br />
Gelockerte Garantie wirkt<br />
wie Notlösung neben<br />
Fondssparplänen.<br />
Reform oder neues Standardprodukt<br />
stehen noch aus.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
46 | VERSICHERUNGEN Run-off<br />
Per Run-off aus der Kostenfalle<br />
Niedrigzinsen sind als Treiber für Run-offs vorerst verschwunden. Doch mit den immer<br />
dringenderen Investitionen in die IT türmt sich ein neuer bei den Lebensversicherern auf.<br />
JD JÖRG DROSTE<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Warum die Digitalisierung<br />
Treiber für Run-offs ist<br />
Wie sich Unternehmen aus<br />
der IT-Kostenfalle befreien<br />
Wie Run-offs auch in der<br />
Sachsparte eine Rolle spielen<br />
Wer zwischen 2012 und 2<strong>02</strong>2 über<br />
Run-off-Auslöser bei den Lebensversicherern<br />
sprach, war unweigerlich mit<br />
Niedrigzinsen, dem von der BaFin geforderten<br />
Aufbau stiller Reserven und<br />
hoch verzinsten Altbeständen konfrontiert.<br />
Die Arag, die Axa-Tochter<br />
DBV Winterthur, die Generali oder die<br />
Basler sind prominente Beispiele, die<br />
sich teils nur von ihren „Klassikern“<br />
trennten, teils aber auch komplett<br />
aus dem Leben-Geschäft verabschiedeten.<br />
Nach Angaben von Christian<br />
Kern, Aktuar und Director Insurance<br />
Advisory bei der Unternehmensberatung<br />
KPMG, gab es zwischen 2012 und<br />
2<strong>02</strong>3 insgesamt 14 externe Run-offs.<br />
Seit die Europäische Zentralbank zwischen<br />
Juli 2<strong>02</strong>2 und September 2<strong>02</strong>3<br />
die Zinsen in einer rasanten Rallye<br />
von 0 auf 4,5 Prozent anhob, gehören<br />
zumindest Niedrigzinsen als Auslöser<br />
für Run-offs der Vergangenheit an.<br />
IT: Alt gegen Neu<br />
Was dem Geschäftsmodell nun<br />
aber neues Leben einhaucht, sind<br />
die vielfältigen Herausforderungen<br />
im Schlepptau der Digitalisierung.<br />
Es geht um künstliche Intelligenz,<br />
veränderte Anforderungen junger,<br />
online-affiner Kundengruppen und<br />
insbesondere um millionenschwere<br />
Investitionen, um eine in die Jahre<br />
gekommene Alt-IT auf die Ansprüche<br />
der nächsten Generation einzustellen.<br />
„Es ist kein Geheimnis mehr, dass<br />
bei vielen Versicherern die IT-Systeme<br />
ganz oder zumindest teilweise<br />
nicht ausreichend zukunftsfähig sind.<br />
Sie werden mit hohem Aufwand am<br />
Leben gehalten, was keine nachhaltige<br />
Lösungsoption ist“, meint Frank<br />
Wittholt, Geschäftsführer der adesso<br />
Tochter Afida. „Die Erneuerung oder<br />
der Austausch von Bestandsführungssystemen<br />
beinhaltet auch eine<br />
komplexe Migration, die erhebliche<br />
Illustration: Eleonora Mavromati
Run-off VERSICHERUNGEN | 47<br />
finanzielle und personelle Ressourcen<br />
bindet, besonders im Bereich der<br />
Lebensversicherung“, so Wittholt.<br />
Hohe Investitionen notwendig<br />
So investierte etwa die Run-off-Plattform<br />
Viridium nach Aussage ihres<br />
CEO Tilo Dresig im Gespräch mit <strong>procontra</strong><br />
zwischen 2019 und 2<strong>02</strong>3 rund<br />
250 Millionen Euro in den Systemumbau.<br />
Bei der Signal Iduna Gruppe sind<br />
es jährlich 50 bis 100 Millionen Euro<br />
und bei der Arag immerhin noch<br />
30 Millionen. Geld, das nicht jeder<br />
Versicherer haben dürfte. Angesichts<br />
dieser notwendigen Lebenserhaltungs-<br />
bzw. Erneuerungsmaßnahmen<br />
für die eigene IT könnte der Run-off<br />
für Versicherer künftig eine Option<br />
bleiben. Auch weil viele Gesellschaften<br />
kaum Rückstellungen für kommende<br />
Investitionen in die Modernisierung<br />
ihrer IT-Systeme gebildet<br />
haben. Afida-Geschäftsführer Wittholt<br />
kritisierte im Februar auf einer<br />
Veranstaltung zum Thema Run-off in<br />
Hamburg, dass die meisten IT-Investitionen<br />
die Schnittstellen hin zum Vertrieb<br />
und Kunden beträfen. Das sei<br />
schick und neugeschäftsgetriggert,<br />
trage aber wenig dem strategischen<br />
Gedanken Rechnung, so Wittholt.<br />
Bernd Hoffmann, Finanzchef der<br />
Run-off-Plattform Frankfurter Leben,<br />
bestätigt: „Die Anschaffung neuer<br />
Bestandsführungssysteme und die<br />
Überführung des Bestandes auf die<br />
neue Infrastruktur verursacht sehr<br />
hohe Investitionen, die in einigen<br />
Fällen aus betriebswirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten und im Hinblick auf<br />
das Geschäftsvolumen nicht sinnvoll<br />
erscheinen.“<br />
Weitere Run-off-Deals erwartet<br />
Laut Ergo ist der Großteil des Lebensversicherungsgeschäfts<br />
im Run-off<br />
– also in Tarifen, in die kein Neugeschäft<br />
mehr fließt. Die Frage, was mit<br />
diesen geschlossenen Beständen mittelfristig<br />
passiere, müsse viele Unternehmen<br />
umtreiben, so ein Ergo-Sprecher<br />
gegenüber <strong>procontra</strong>. Hoffmann<br />
rechnet damit, dass es bis Ende 2<strong>02</strong>5<br />
zu weiteren Run-offs kommen dürfte.<br />
Auch Afida spricht aktuell mit Versicherern<br />
und Pensionskassen über die<br />
Migration von Beständen.<br />
Fragt man bei Versicherern nach, halten<br />
die sich bis auf wenige Ausnahmen<br />
bei dem Thema eher bedeckt.<br />
„Einen Run-off könnten wir uns im<br />
Bereich Komposit vorstellen, aber das<br />
ist kein Thema, das wir im Moment<br />
aktiv verfolgen. Aber sicherlich etwas,<br />
wo wir für die Zukunft eine Notwendigkeit<br />
sehen“, sagt beispielsweise<br />
Thomas Wolf, Geschäftsführer der<br />
Bayerische IT GmbH, der Digitaltochter<br />
der Bayerischen, gegenüber<br />
<strong>procontra</strong>. Im Bereich Leben hingegen<br />
sei ein Run-off allein wegen<br />
der langen Vertragslaufzeiten kein<br />
Thema.<br />
Run-offs seit 2012<br />
Versicherer, die in den Run-off gegangen sind, und ihre Käufer<br />
Versicherer Käufer Jahr<br />
Rheinisch-Westfälische Sterbekassen Ideal Lebensversicherung 2012/2013<br />
Heidelberger Leben Frankfurter Leben 2013/2014<br />
Skandia Leben (Deutschland und Österreich) Viridium 2014<br />
Delta Lloyd Deutschland Athene Holding, heute Athora 2015<br />
Basler Leben Deutschland (Klassik-Policen) Frankfurter Leben 2015/2017<br />
Arag Leben Frankfurter Leben 2016/2017<br />
Entis Leben Viridium 2017<br />
Prudentia Pensionskasse Viridium 2018<br />
Pro bAV Pensionskasse Viridium 2018<br />
Axa Life Europe (fondsgeb. Verträge „Twin Star“) Cinven/Viridium 2018<br />
Generali Leben (Proxalto) Viridium 2019<br />
Axa/DBV Winterthur Leben Athora 2<strong>02</strong>2<br />
Generali Deutschland Pensionskasse Frankfurter Leben 2<strong>02</strong>3<br />
Landeslebenshilfe Frankfurter Leben 2<strong>02</strong>3<br />
Weiter im Thema<br />
Das Interview mit<br />
Viridium-CEO Tilo<br />
Dresig zu Marktpotenzialen<br />
und<br />
dem geplatzten<br />
Zurich-Deal finden<br />
Sie unter:<br />
Quelle: KPMG & eigene Recherchen<br />
Mittlerweile schaut auch die BaFin<br />
genau hin, wie zukunftsfähig die<br />
Versicherer mit ihren IT-Systemen<br />
aufgestellt sind. So hatte sie im Mai<br />
2<strong>02</strong>3 die Axa Krankenversicherung<br />
und im November 2<strong>02</strong>3 die Signal<br />
Iduna wegen nicht näher benannter<br />
Mängel in der IT dazu verdonnert,<br />
ihre Kapitalrücklagen zu erhöhen.<br />
„Das erzeugt neuen Handlungsdruck“,<br />
bestätigt auch KPMG-Mann<br />
Kern. In welche Richtung, bleibt<br />
abzuwarten. Kern jedenfalls erwartet<br />
bis Ende kommenden Jahres bis zu<br />
zehn Run-off-Deals.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
48 | VERSICHERUNGEN Indexpolicen<br />
Gefangen im Index<br />
Indexpolicen enttäuschten im Boomjahr 2<strong>02</strong>3. Experten sehen dennoch den Turnaround<br />
in diesem Jahr. Die grundlegenden Probleme des Produkts sind indes geblieben.<br />
FB FLORIAN BURGHARDT<br />
„Das Börsenjahr 2<strong>02</strong>3 war eigentlich ein sehr<br />
gutes“, findet Michael Hauer, Geschäftsführer des<br />
Instituts für Vorsorge und Finanzplanung GmbH<br />
(IVFP). Da kann man ihm recht geben, blickt<br />
man zum Beispiel auf einige große Aktienindizes<br />
wie DAX, Dow Jones oder Nikkei 225. Alle drei<br />
konnten im vergangenen Kalenderjahr kräftige<br />
Renditen von weit über 10 Prozent erzielen. Auch<br />
viele andere Indizes landeten deutlich im Plus.<br />
Wer hier investiert war, müsste eigentlich glücklich<br />
sein. Doch auf die meisten Inhaber indexgebundener<br />
Rentenversicherungen dürfte das<br />
nicht zutreffen. Laut Hauer gab es, bezogen auf<br />
das Kalenderjahr 2<strong>02</strong>3, nur für etwa 40 Prozent<br />
Illustration: Eleonora Mavromati
Indexpolicen VERSICHERUNGEN | 49<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Warum Indexpolicen zuletzt<br />
nicht performten<br />
Was 2<strong>02</strong>4 an Rendite zu erwarten ist<br />
Warum Makler weiterhin<br />
kritisch sein sollten<br />
von ihnen eine Renditegutschrift. Das hat sein<br />
IVFP anhand einer Analyse herausgefunden,<br />
für die die Produkte aller 16 Lebensversicherer<br />
untersucht wurden, die derzeit eine Indexpolice<br />
anbieten.<br />
Dass so viele Kunden eine Nullrunde verkraften<br />
mussten, hängt zum einen damit zusammen,<br />
dass von den insgesamt 36 untersuchten Produkten<br />
19 keine Rendite erzielen konnten. Ein<br />
weiterer Faktor liegt darin, dass sich unter diesen<br />
19 Produkten, die komplett seitwärts performten,<br />
alle vier Indexpolicen der Allianz befinden. Die<br />
Münchener sind mit großem Abstand Marktführer<br />
bei der Vermittlung von Indexpolicen. Der<br />
Lebensversicherer erklärt die Nullrendite seiner<br />
Produkte; die ist auf den ersten Blick nämlich<br />
kurios, da die zugrunde liegenden Indizes Euro<br />
Stoxx 50 oder S&P 500 2<strong>02</strong>3 ebenfalls kräftig im<br />
Plus landeten. Es liege am Grundkonzept der<br />
Indexpolicen: „Durch die Indexpartizipation<br />
konnten in der Vergangenheit attraktive Wertentwicklungen<br />
erzielt werden, zugleich gleicht<br />
der Mechanismus Schwankungen an den Kapitalmärkten<br />
aus, wie wir sie gerade in den ersten Jahren<br />
dieses Jahrzehnts gesehen haben“, erklärte<br />
ein Allianz-Sprecher auf <strong>procontra</strong>-Nachfrage.<br />
auf den Kapitalmärkten solche Indexmodelle, die<br />
eine Obergrenze (Cap) besitzen. „Positive Monatsrenditen<br />
werden oben abgeschnitten, negative<br />
Ausschläge hingegen voll bei der Berechnung der<br />
Renditegutschrift berücksichtigt“, so der IVFP-<br />
Chef. Beispielsweise haben alle vier Index-Varianten<br />
der Allianz einen solchen Cap.<br />
Zwar haben die Kunden die Sicherheit, dass<br />
ihre Indexpolice auch bei einem katastrophalen<br />
Börsenjahr keinen Verlust macht – dieses<br />
Sicherheitsnetz kaufen sie sich mit dem Verzicht<br />
auf die laufende Verzinsung ihres Vertragsguthabens.<br />
Jedoch braucht es schon lange relativ<br />
ereignisarme Phasen, um wirklich einmal gute<br />
Renditen einzufahren. Das bestätigen auch die<br />
anderen von <strong>procontra</strong> angefragten Indexpolicen-Anbieter.<br />
Die Barmenia beispielsweise (drei<br />
Produkte mit Nullrendite) verweist für das Indexjahr<br />
April 2<strong>02</strong>2 bis März 2<strong>02</strong>3 auf die Folgen der<br />
Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs sowie<br />
globale Lieferengpässe, steigende Energiekosten<br />
und eine allgemein hohe Inflationsrate. Im Indexjahr<br />
April 2<strong>02</strong>3 bis März 2<strong>02</strong>4 kamen im Zuge<br />
multipler Krisen auch noch die Terroranschläge<br />
der Hamas auf Israel und der Krieg in Gaza dazu,<br />
lautet die Analyse. Bei der Barmenia geht man<br />
davon aus, auch im noch laufenden Indexjahr<br />
keine Renditen zu erzielen.<br />
So funktionieren Indexpolicen<br />
Statt sich die Überschüsse gutschreiben zu lassen,<br />
können sich die Kunden damit auch die Option<br />
auf die Index-Wertentwicklung kaufen.<br />
Irgendein Problem gibt’s immer<br />
Ärgerlich für die Kunden, dass es speziell 2<strong>02</strong>3<br />
einige kräftige Schwankungen am Aktienmarkt<br />
gab. Denn bei Indexpolicen werden die Gewinnund<br />
Verlust-Stichtage innerhalb eines Indexjahres<br />
(dieses kann auch über den Jahreswechsel hinausgehen)<br />
zusammengewürfelt und daraus eine<br />
Gesamtrendite gebildet. „Da kann bereits ein<br />
schlechter Monat das ganze Indexjahr zunichtemachen“,<br />
erklärt Hauer. Besonders schwer hatten<br />
es zuletzt aufgrund der großen Schwankungen<br />
300 € für Optionskauf<br />
Vertragsguthaben:<br />
10.000 €<br />
Überschussbeteiligung:<br />
3 %<br />
maßgebliche<br />
Indexrendite:<br />
10 %<br />
Vertragsguthaben:<br />
11.000 €<br />
Quelle: IVFP<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
50 | VERSICHERUNGEN Indexpolicen<br />
Maklers Meinung<br />
»Finger weg von<br />
Indexpolicen«<br />
Falk Leibenzeder,<br />
PVS Assekuranzmakler GmbH,<br />
Versicherungsmakler und<br />
Finanzanlagenvermittler<br />
Machen Indexpolicen Sinn?<br />
Kurz gesagt: Nein! Die Entwicklung<br />
der Policen ist an einen<br />
bestimmten Index gekoppelt.<br />
Mein letzter Beitrag zu dem<br />
Thema ist schon sechs Jahre<br />
her. Geändert hat sich nichts.<br />
Das Problem bei Indexpolicen<br />
ist die überaus magere Rendite.<br />
In Börsenhochzeiten wird sie<br />
durch einen Cap beschnitten<br />
und der Sparer verliert so<br />
wichtige Rendite.<br />
Allerdings bieten sie eine gewisse<br />
Sicherheit, da sie in der Regel<br />
einen Garantiewert haben, der<br />
vor Verlusten schützt. Für konservative<br />
Anleger eventuell ein<br />
Vorteil. Aber selbst für diesen<br />
Anlegertyp gibt es sinnvollere<br />
Alternativen. Die Kosten bei<br />
Indexpolicen sind oftmals höher<br />
als bei anderen Anlageoptionen.<br />
Nicht zu vergessen ist die Inflation.<br />
Was bringt eine Garantie,<br />
wenn das Kapital durch die<br />
Inflation vernichtet wird und die<br />
Policen nicht einmal die statistische<br />
Inflationsrate ausgleichen?<br />
Ich kenne keine Police,<br />
die selbst nach 20 Jahren ein<br />
effektives Plus erwirtschaftet<br />
hat.<br />
Mein Fazit bleibt: Finger weg<br />
von diesem Geldvernichtungsmodell.<br />
Rosige Zukunft oder<br />
Glücksspiel?<br />
Das klingt alles sehr gegenteilig zu<br />
der langfristig guten Wertentwicklung<br />
der meisten Indizes. Aber sind<br />
Indexpolicen wirklich ein reines<br />
Geldvernichtungsmodell, wie es<br />
Makler Falk Leibenzeder (siehe „Maklers<br />
Meinung“) beschreibt? Bei der<br />
Ratingagentur Assekurata nämlich<br />
bricht man gerade eine kleine Lanze<br />
für die Indexpolicen und sieht eine<br />
rosige Zukunft kommen. Das hängt<br />
vor allem damit zusammen, dass<br />
für 2<strong>02</strong>4 fast alle Lebensversicherer<br />
die Überschussbeteiligung für ihre<br />
Kunden erhöht haben. „Mit der Anhebung<br />
stehen wieder mehr Mittel zur<br />
Dotierung von Caps und Quoten zur<br />
Verfügung, wodurch sich die Renditechancen<br />
der Kunden verbessern<br />
dürften“, prognostiziert Lars Heermann,<br />
Bereichsleiter Analyse und<br />
Bewertung bei Assekurata.<br />
Eine höhere Überschussbeteiligung<br />
ermöglicht, vereinfacht gesagt, eine<br />
höhere Indexpartizipation. Wie das<br />
IVFP erklärt, wird nicht das gesamte<br />
Vertragsguthaben in den Index selbst<br />
investiert, sondern nur die Überschussbeteiligung<br />
des jeweiligen<br />
Vertrags dafür verwendet, quasi das<br />
Recht auf Partizipation an der<br />
Indexrendite zu erwerben. Laut dem<br />
IVFP geschieht dies durch spezielle<br />
Lohnen sich Indexpolicen?<br />
Mehr Renditechance durch<br />
gestiegene Überschüsse<br />
Allgemein steigende<br />
Indexwerte<br />
Kein Verlustrisiko<br />
»Die Rendite chancen<br />
der Kunden dürften<br />
sich 2<strong>02</strong>4 verbessern.«<br />
Lars Heermann<br />
Assekurata<br />
Finanzmarktinstrumente wie zum<br />
Beispiel Optionen. Je mehr Geld für<br />
die Optionen zur Verfügung steht,<br />
desto besser fallen deren Konditionen<br />
aus, zum Beispiel in Form einer<br />
höheren Renditeobergrenze (Cap).<br />
Gleichzeitig sichern die Optionen die<br />
möglichen Verluste von Indizes ab,<br />
weshalb Indexpolicen keinen Verlust<br />
einfahren können. Trotz der gestiegenen<br />
Überschüsse warnt Heermann<br />
vor überzogenen Erwartungen. Man<br />
könne die Performance von Indexpolicen<br />
nicht mit dem unterliegenden<br />
Basisindex gleichsetzen. Und<br />
nicht zuletzt braucht es auch ein<br />
wenig Glück, um als Inhaber einer<br />
Indexpolice eine gute Rendite zu<br />
erhalten. Denn die tatsächlich<br />
gutgeschriebenen Renditen sind von<br />
den Indexstichtagen des jeweiligen<br />
Produkts abhängig. Es heißt also<br />
Daumendrücken, dass diese möglichst<br />
auf ein Kurshoch fallen.<br />
Ein schwacher Monat kann<br />
Jahresrendite vernichten.<br />
Gewinne sind bei<br />
Cap-Tarifen gedeckelt.<br />
Renditen müssen langfristigen<br />
Überschuss -<br />
verzicht ausgleichen.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
AXA KONZERN AG<br />
FONDSGEBUNDENE ALTERSVORSORGE AM PULS DER ZEIT.<br />
JUSTINVEST: DAS EINZIGARTIGE GESAMTPAKET VON AXA.<br />
In einer Welt, die sich rasant wandelt, sind fondsgebundene Lösungen das Mittel der Wahl, wenn es um<br />
Altersvorsorge geht. Die passende Antwort hierauf bietet AXA – mit JustInvest. Für eine moderne fondsgebundene<br />
Altersvorsorge am Puls der Zeit.<br />
Die Altersvorsorge- und Investmentberatung von heute stellt an<br />
Makler:innen vielfältige Anforderungen. Da braucht es ein Angebot,<br />
das auf allen Ebenen überzeugt – wie JustInvest. Durch eine hervorragende<br />
Fondsauswahl, einen kostengünstigen Versicherungsmantel<br />
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eine hervorragende Positionierung. Auf die Frage nach den<br />
wichtigsten Vorteilen der neuen Fonds-Rente antwortet AXA mit<br />
diesen drei Argumenten:<br />
1.) Professionell anlegen<br />
2.) Sicher beraten<br />
3.) Einfach gestalten<br />
Darüber hinaus schaffen Wertsicherungsbausteine einen weiteren<br />
Schutz und überzeugen gerade sicherheitsaffine Kund:innen in<br />
der Beratung. Durch eine kostenfreie Shift-Möglichkeit von bis zu<br />
100 % des Fondsvermögens ins Sicherungsvermögen von AXA kann<br />
mit der Garantieoption auch kurzfristig auf Veränderungen am Markt<br />
reagiert werden. Ein großer Vorteil gerade in unsicheren Zeiten.<br />
Ebenso wie eine flexible Gewinnsicherung zur Realisierung von<br />
Kursgewinnen. Eines der wichtigsten Highlights in diesem Bereich<br />
ist außerdem der neue Protect-Baustein: Dieser sorgt für eine<br />
Beitragsbefreiung im Berufs- bzw. Dienstunfähigkeitsfall. Und das<br />
bis 250 Euro Monatsbeitrag – mit 3 Jahren Wartezeit – sogar ohne<br />
Gesundheitsprüfung. Um es in wenigen Worten zusammenzufassen:<br />
Attraktive Leistungen bei gleichzeitiger Risikoabsicherung machen<br />
die Altersvorsorgeberatung mit JustInvest besonders sicher.<br />
Professionell anlegen<br />
Entscheidend für die herausragende Qualität von JustInvest ist das<br />
große Fondsuniversum. AXA setzt dabei auf eine breite, qualitativ<br />
hochwertige Auswahl namhafter Anbieter mit einer großen Palette<br />
an ETFs und exzellent gemanagten eigenen Portfolios. Wer will,<br />
kann durch Rebalancing das Risikoprofil regelmäßig readjustieren<br />
lassen – steuerfrei und kostenlos. JustInvest profitiert zudem von<br />
der Größe und Solvenz des Global Players AXA, einem der größten<br />
Vermögensverwalter weltweit. Die erfahrenen Kapitalanlage-<br />
Expert:innen von AXA sorgen für eine kontinuierliche Qualitätsprüfung<br />
und geben in regelmäßigen Investmentdialogen aktuelle Updates<br />
zu den Entwicklungen am Kapitalmarkt. Unser Fazit:<br />
JustInvest bietet höchste Professionalität durch ein großes Fondsuniversum<br />
mit qualitativ hochwertiger Auswahl, die mit großer<br />
Expertise getroffen und gemanagt wird.<br />
Einfach gestalten<br />
Eine große Fondsauswahl bedeutet immer auch mehr Komplexität.<br />
AXA macht diese ganz einfach beherrschbar – mit dem neuen Fonds-<br />
Navigator. Dieses digitale Tool macht es möglich, ganz einfach<br />
optimierte Portfolios für ganz verschiedene Kundenbedürfnisse<br />
und -ziele zusammenzustellen. Dazu erfasst und bewertet der<br />
FondsNavigator individuelle Präferenzen und Risikotoleranzen. Das<br />
Ergebnis ist eine maßgeschneiderte Portfolio-Empfehlung basierend<br />
auf dem jeweiligen Kundenwunsch. Somit lässt sich JustInvest auf<br />
die unterschiedlichen Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen zuschneiden.<br />
Kund:innen aus der Privatwirtschaft, dem Öffentlichen<br />
Dienst oder solche mit besonderen Wünschen, bspw. nach nachhaltigen<br />
Fonds, werden mit den passenden Investmentlösungen<br />
direkt angesprochen. Eine gute, auf die Kund:innen zugeschnittene<br />
Beratung ist also mit JustInvest ganz einfach.<br />
Sicher beraten<br />
Um Kund:innen heute sicher und bedarfsgerecht zu beraten, ist es<br />
wichtig, ein Angebot zu haben, das in allen Bereichen „state of the<br />
art“ ist. Dazu gehört ein hoher garantierter Rentenfaktor genauso<br />
wie die Möglichkeit einer kapitalmarktorientierten Rentenphase. Da<br />
sich in den nächsten Jahren viel verändern kann und wird, hat AXA<br />
die neue Innovationsklausel in JustInvest integriert. Diese sichert<br />
die Wahlfreiheit für geeignete zukünftige, neue Verrentungsarten.<br />
Die neue Fonds-Rente von AXA bietet ein einzigartiges Gesamtpaket<br />
In einer Welt, die sich ständig verändert, ist es wichtig, moderne<br />
Lösungen anzubieten, die höchsten Ansprüchen gerecht werden.<br />
Genau das schafft JustInvest. AXA bietet Makler:innen damit die<br />
Möglichkeit, sich zu differenzieren und gleichzeitig das Beste für<br />
ihre Kund:innen zu erreichen. Denn JustInvest ist die neue Lösung<br />
für fondsgebundene Altersvorsorge am Puls der Zeit!<br />
Weitere Informationen zu JustInvest finden Sie unter: axa-makler.de
52 | VERSICHERUNGEN Absicherung von Kleingärten<br />
Schutz für Laubenpieper<br />
Seit der Pandemie zieht es (junge) Familien verstärkt in den Kleingarten. Für die Absicherung<br />
kommen Makler ins Spiel, weil Spezialanbieter und Konzepte dünn gesät sind.<br />
CF CARLA FRITZ<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Welche Konzepte für „Laubenpieper“<br />
infrage kommen<br />
Was beim Bundeskleingartengesetz<br />
zu beachten ist<br />
Welche Beratungsansätze<br />
sich für Makler bieten<br />
Berlin ist bundesweit Kleingarten-<br />
Hochburg. „Aber auch in Leipzig,<br />
Hamburg, Dresden, Hannover und<br />
Bremen sind sie weitverbreitet und<br />
generell im Osten Deutschlands“, so<br />
Dennis Becker, der neben seinem<br />
klassischen Maklergeschäft in Ahlen<br />
„Laubenpieper“ bundesweit versichert.<br />
Nicht zuletzt mit dem Ziel,<br />
dass aus „Kleingartenkunden einmal<br />
Vollmandatskunden“ werden. „Mit<br />
Beginn der Gartensaison, um Ostern<br />
herum, bis Juni verzeichnen wir regelmäßig<br />
einen Anstieg der Nachfrage<br />
nach Versicherungen für Kleingärten.<br />
Insbesondere in den Corona-Jahren<br />
2<strong>02</strong>0/2<strong>02</strong>1 war sie noch einmal<br />
höher.“<br />
Der Einschluss des Laubeninhalts in<br />
eine bestehende Hausratversicherung<br />
liegt nahe, „macht in vielen älteren<br />
Verträgen aber meist ein Problem,<br />
weil der Hausrat dauerhaft ausgelagert<br />
und die Außenversicherung von<br />
Zeit und Summe her begrenzt ist“,<br />
erläutert Becker. „Deshalb ist in unserem<br />
Deckungskonzept für die Laube<br />
der Inhalt separat mitversichert – bis<br />
zu 2.000 Euro bei der Mindestprämie<br />
von 35 Euro bei einem Feuerschaden,<br />
die Laube hier bis zu 5.000 Euro,<br />
außerdem Einbruchdiebstahl-/Vandalismusschäden<br />
bis zu 400 Euro.“<br />
Bundeskleingartengesetz<br />
als Knackpunkt<br />
Wahlweise kann man auch Sturm/Hagel<br />
und Leitungswasser dazunehmen<br />
sowie höhere Versicherungssummen.<br />
„Unser Rechner, den auch Kooperationspartner<br />
nutzen, ist auf 25.000<br />
Euro für die Laube und 10.000 Euro<br />
für den Inhaltswert Schluss begrenzt“,<br />
bezieht sich Becker auch da auf das<br />
Angebot der Dialog. Die Höchstprämie<br />
liegt dann bei 348 Euro im Jahr,<br />
wenn der Kunde zudem Material und<br />
Gartenmöbel im Freien versichert,<br />
Illustration: Roman Kulon
Absicherung von Kleingärten VERSICHERUNGEN | 53<br />
Vandalismus bis 1.150 Euro sowie<br />
Aufräumungs- und Abbruchkosten<br />
ebenfalls bis zum Maximum. Dabei<br />
immer vorausgesetzt, der Garten gehört<br />
zu einer Anlage mit mindestens<br />
zehn aneinandergrenzenden Gärten<br />
oder zu einem Kleingartenverein und<br />
man hält sich an die dort geltenden<br />
Spielregeln. „Die Parzellen haben ja<br />
nur eine gewisse Größe und dürfen<br />
auch nur in einem gewissen Maße<br />
bebaut sein“, erläutert Becker.<br />
„Der Knackpunkt dürfte das Bundeskleingartengesetz<br />
sein und gegebenenfalls<br />
Sonderregelungen der Bundesländer“,<br />
sagt Brigitte Mayer von<br />
der Verbraucherzentrale Hessen. Das<br />
heißt: Der Garten dient ausschließlich<br />
privaten Zwecken, ist höchstens 400<br />
Quadratmeter groß, Teil einer Kleingartenanlage<br />
und die Laube nicht<br />
größer als 24 Quadratmeter.<br />
„Wir sind immer wieder auf der Suche<br />
nach weiteren Versicherern, die ein<br />
solches Produkt zeichnen wollen,<br />
und aktuell mit einigen dazu im Gespräch“,<br />
so Becker. Bei den wenigen<br />
anderen Anbietern von Kleingartenversicherungen<br />
wie Zurich und Baloise<br />
könne man Schutz nur über einen<br />
Rahmenvertrag des Vereins mit teils<br />
starren Leistungen beziehen und bei<br />
der Feuersozietät nur begrenzt auf<br />
Brandenburg und Berlin.<br />
Verhältnisfrage<br />
Echter Kleingärtner mit Verein? Oder<br />
einzelnes Pacht- bzw. Erholungsgrundstück<br />
im Eigentum? „Hier sind<br />
wir dann bei einer Wochenendgrundstücksversicherung<br />
mit einer Mindestprämie<br />
von etwa dem Dreifachen,<br />
was eine Laubenversicherung kostet“,<br />
vergleicht Becker. Anbieter unter anderem:<br />
Hiscox und Volkswohl Bund.<br />
Egal welche Variante der Wohngebäudeversicherung:<br />
„Heruntergebrochen<br />
auf den Quadratmeter wird es im Vergleich<br />
zum Einfamilienhaus deutlich<br />
teurer. Auch für den Hausrat. Weil oft<br />
mit viel einfacheren Materialien gebaut<br />
wird und das Gartenhaus nicht<br />
ständig bewohnt ist“, zieht Mayer eine<br />
zweite Parallele. In einem Ballungsraum<br />
wie Frankfurt am Main koste<br />
eine Hausratversicherung über den<br />
Daumen gepeilt einen Euro pro Quadratmeter.<br />
„In einer Laube liegen wir<br />
durchaus bei zehn Euro pro Quadratmeter.“<br />
Bei einem Rundum-sorglos-<br />
Paket für den Kleingarten respektive<br />
das Erholungsgrundstück wäre zu<br />
fragen: Wo ist die Grenze – bezogen<br />
Hauptstadt der Kleingärten<br />
Berlin ist Deutschlands Kleingartenhochburg mit rund 66.000 Kleingärten.<br />
14<br />
13<br />
6<br />
3<br />
5<br />
10 11<br />
8<br />
7<br />
12<br />
15<br />
9<br />
2<br />
Long Story short<br />
1<br />
4<br />
Neuer Run auf Kleingärten seit der Pandemie<br />
Quellen: Landesverbände und BKD<br />
auch darauf, dass „der eine sich einen<br />
‚Palast‘ hinstellt und der andere einen<br />
‚Pappdeckel‘“?<br />
Von Elementarschutz war dabei bisher<br />
noch gar nicht die Rede. „Lauben<br />
stehen ja oft in Überflutungsgebieten.<br />
Auch von daher: Es kapriziert sich auf<br />
Feuer und Sturm, die alles vernichten<br />
können.“<br />
1 Berlin 66.000<br />
2 Leipzig 39.000<br />
3 Hamburg 32.000<br />
4 Dresden 25.000<br />
5 Hannover 20.000<br />
6 Bremen 16.900<br />
7 Frankfurt/M. 16.000<br />
8 Köln 12.000<br />
9 München 8.700<br />
10 Essen 8.500<br />
11 Dortmund 8.200<br />
12 Nürnberg 8.200<br />
13 Düsseldorf 6.600<br />
14 Duisburg 6.300<br />
15 Stuttgart 3.000<br />
Bliebe gegebenenfalls der Schutz für<br />
die PV-Anlage im Kleingarten. Hier<br />
plädieren sowohl Verbraucherberaterin<br />
wie Makler für eine separate<br />
Elek tro nikversicherung.<br />
Echte Kleingartenversicherung für Laube/Inhalt rar am Markt<br />
Wochenendgrundstücksversicherung als teurere Alternative<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
54 | VERSICHERUNGEN Wohngebäudeschutz<br />
Fugenschutz endlich gekittet?<br />
Ob Nässeschäden durch undichte Fugen versichert sind, war bis zum „BGH-Fugenurteil“<br />
oft unklar. Wie die Gesellschaften die Zeit nun genutzt haben, um für klare Verhältnisse im<br />
Schadenfall zu sorgen, und was Makler weiterhin beachten müssen<br />
CF CARLA FRITZ<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Wie WGV-Tarife nach dem Fugenurteil nachgebessert wurden<br />
Deckungsunterschiede bei Nässeschäden durch Silikonfugen<br />
Weshalb Obliegenheiten eine Schlüsselstellung einnehmen<br />
Laut BGH-Urteil von 2<strong>02</strong>1 gehören Silikonfugen<br />
nicht zum Leitungswassersystem. Damit stellte<br />
das Gericht klar: Nässeschäden durch undichte<br />
Fugen sind in der Leitungswasserversicherung<br />
generell nicht mitversichert. „Die Versicherer<br />
wurden in Zugzwang gesetzt. Sie mussten nun<br />
ihrerseits für Klarstellung sorgen und die Bedingungswerke<br />
überarbeiten oder eine schriftliche<br />
Erklärung abgeben“, erklärt Konzept-Versicherungsmakler<br />
Achim Finke von con4b. Heißt:<br />
Illustration: Roman Kulon
Wohngebäudeschutz VERSICHERUNGEN | 55<br />
Sollen solche Schäden doch mitversichert sein,<br />
muss der Begriff Leitungswassersystem dort<br />
entsprechend weit gefasst werden. Das war bis<br />
dahin häufig nicht der Fall, auch wenn in der Regulierungspraxis<br />
in dieser Hinsicht teils Kulanz<br />
waltete.<br />
In guter Gesellschaft<br />
Ende gut, alles gut? Inzwischen sei das Fugenurteil<br />
in der Branche „kein großes Thema mehr“,<br />
sagt Domcura-Vorstandschef Uwe Schumacher.<br />
„Denn gute Produktgeber haben diesen Schutz<br />
nun in ihre Bedingungswerke aufgenommen<br />
oder per geschäftsplanmäßiger Erklärung entsprechende<br />
Regulierung zugesichert.“ Bis zu 80<br />
Prozent der Versicherer dürften nach Schätzung<br />
von Finke inzwischen so verfahren.<br />
„Fündig wird man aber nur in den höherwertigen<br />
Konzepten“, merkt Hans-Hermann Lüschen<br />
von der Sach-Vergleichsplattform Versnavi an.<br />
Und da fängt die Arbeit des Maklers im Grunde ja<br />
auch an und bedeutet oft genug: im Zweifel, auch<br />
schriftlich, nachfragen.<br />
Bei der Absicherung von Silikonfugen ergibt sich<br />
dann ein deutlich differenzierteres Bild – nicht<br />
nur im Hinblick auf Produktgenerationen und<br />
Tariflinien, Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie<br />
Versicherungssummen, sondern insbesondere<br />
auch in Bezug auf Neu- und Altkunden mit<br />
einem Spektrum von Goodwill über Bestandsupdates<br />
bis klare Ansage.<br />
Jahrgang entscheidend<br />
Neukundschaft der Ergo etwa hat in der 2<strong>02</strong>3 eingeführten<br />
Wohngebäudeversicherung erklärtermaßen<br />
auch Schutz infolge undichter Fugen. „In<br />
älteren Produktgenerationen regulieren wir im<br />
Wohngebäude-Privatkundengeschäft vergleichbare<br />
Schäden in der Praxis regelmäßig nach<br />
individueller Prüfung“, erklärt Jens Birnbaum,<br />
Abteilungsleiter Produktmanagement, Produktentwicklung<br />
Sach.<br />
„Fortführung der bestehenden kundenfreundlichen<br />
Regulierungspraxis“ im Bestands- sowie in<br />
Teilen des Neugeschäfts, darauf läuft es bei der<br />
Axa hinaus. Für Makler und deren Kundschaft<br />
rollt die Gesellschaft mit dem ausschließlich für<br />
diesen Markt neu konzipierten Wohngebäudeprodukt<br />
den roten Teppich aus. „Hier sind die<br />
Maklers Meinung<br />
»Haftungspotenzial<br />
für<br />
Hausverwaltungen«<br />
Achim Finke,<br />
Inhaber/Geschäftsführer con4b GmbH, Düsseldorf<br />
Das BGH-Urteil zu Silikonfugen und Nässeschäden hat zunächst<br />
für Unruhe, letztlich aber für Klarheit gesorgt. Viele<br />
Gesellschaften haben nachgebessert oder klargestellt, dass<br />
es dafür nunmehr Deckung gibt. Auch die Vermittlerbranche<br />
hatte dahin gehend Druck aufgebaut. Man sollte dann auch<br />
bei Altverträgen schauen, ob man nachbessern kann, oder<br />
sonst wechseln. Mit Uraltverträgen tut sich auch der Makler<br />
bekanntlich keinen Gefallen. Letztlich, im Schadenfall – wenn<br />
irgendetwas nicht versichert ist – muss er ja nachweisen,<br />
dass er den besten Schutz besorgt hat. Ansonsten darf er<br />
seine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung anbieten.<br />
Neuen Mandanten, die mit alten Policen zu uns kommen,<br />
empfehlen wir, auf das neueste Bedingungswerk bzw. unsere<br />
Spezialkonzepte umzustellen. Für den Differenzzeitraum bis<br />
zur Hauptfälligkeit bieten wir eine Summen- und Konditionendifferenzdeckung<br />
an und übernehmen die Kündigung.<br />
In unseren Gebäudekonzepten waren Fugen schon vor dem<br />
BGH-Urteil gedeckt. Sie machen bei uns etwa 10 Prozent der<br />
Leitungswasserschäden aus. Das dürfte in etwa auch dem<br />
statistischen Durchschnitt entsprechen.<br />
Wir sehen natürlich auch, dass bei bis zu sechsstelligen<br />
Schäden in diesem Bereich Versicherer immer mehr Wert auf<br />
die Einhaltung von Obliegenheiten legen. Es ist im Schadenfall<br />
eine Art Hintertür für die Gesellschaft, aber die Gebäudeversicherung<br />
nun mal auch keine Reparaturkostenversicherung.<br />
Wer beispielsweise Wartungsfugen nicht regelmäßig<br />
kontrolliert oder keinen Nachweis dafür hat, steht dann auch<br />
im Regen. Hier sehe ich auch mehr Haftungspotenzial für<br />
Hausverwaltungen. Insoweit meine Empfehlung an Kunden:<br />
eventuell auf Wiedervorlage legen und einen Wartungsplan<br />
mit dem Handwerker absprechen.<br />
Foto: con4b
56 | VERSICHERUNGEN Wohngebäudeschutz<br />
Wo die Installation versagt<br />
Leitungswasserschäden nach Baugruppen 2003–2<strong>02</strong>2<br />
Verbindungen/Dichtungen<br />
2<br />
Anlagen<br />
26 18<br />
Armaturen<br />
Schläuche<br />
10<br />
19<br />
25<br />
Geräte/Bauteile<br />
Angaben in %<br />
Rohrbruch<br />
Quelle: IFS<br />
Fugenschäden direkt in die Versicherungsbedingungen<br />
der Linien Kompakt und Komfort eingearbeitet.“<br />
Markteinführung war vor einem Jahr.<br />
Mit einer Klarstellung pro Fugenschäden in den<br />
Bedingungen seiner aktuellen Wohngebäudeprodukte<br />
hat der HDI reagiert und gleichzeitig<br />
»Das Fugenurteil ist in der Branche<br />
kein großes Thema mehr.«<br />
Uwe Schumacher<br />
Vorstandsvorsitzender der Domcura<br />
Altkunden mit Verträgen zwischen 2011 bis 2018<br />
zugesichert: Es bleibt „bei der bisherigen Regulierungspraxis“.<br />
Die Möglichkeit, einen Schaden auf<br />
Grundlage des BGH-Urteils abzulehnen, werde<br />
man nicht nutzen.<br />
Moderne Automatik<br />
In der 2<strong>02</strong>1 neu eingeführten Wohngebäudeversicherung<br />
der Alten Leipziger sind Folgeschäden<br />
aus undichten Fugen ab der Tariflinie Classic<br />
gedeckt. Durch eine Innovationsklausel profitieren<br />
auch Bestandskunden davon und wurden ab<br />
Tarifgeneration 2014 über den beitragsneutralen<br />
Einschluss informiert. Für alle anderen Kunden<br />
mit Tarifgenerationen davor heißt es: Vertrag neu<br />
ordnen, so die Gesellschaft.<br />
Auf eine vergleichbare Lösung für den Bestand<br />
stützt sich auch Domcura, die Fugenschäden seit<br />
2018 versichert und zeitgleich eine „Innovationsgarantie“<br />
eingeführt hat. Ab da erhalten Kunden<br />
Bedingungsverbesserungen nunmehr automatisch.<br />
Bei älteren Verträgen – vor 2018 – sei der<br />
Makler, „auch aufgrund seiner Maklerhaftung“,<br />
gefordert, auf eine aktuelle Tarifgeneration umzustellen,<br />
so Schumacher.<br />
Neuordnung des Vertrags – oder eben auch<br />
Wechsel zu einem anderen Anbieter. Das wäre<br />
die andere Option für den Makler respektive<br />
seine Kundschaft. Dabei sei die Wohngebäudeversicherung<br />
natürlich in ihrer Gesamtheit<br />
zu betrachten, verweist Versicherungsmakler<br />
Carsten Kreutz aus Aukrug in Schleswig-Holstein<br />
auf die Krux dabei. „Wir bieten ausschließlich die<br />
besten Bedingungswerke an, die den Bereich Silikonfugen-Leitungswasser<br />
mit mindestens 5.000<br />
bis 10.000 Euro versichert haben und häufig<br />
sogar darüber.“ Kreutz hat im ländlichen Bereich<br />
über 90 Prozent Ein- und Zweifamilienhäuser<br />
versichert. Er hatte mit Fugenschäden „aber<br />
bisher kaum Probleme, weil die Eigentümer sich<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Wohngebäudeschutz VERSICHERUNGEN | 57<br />
»Man sollte dann auch<br />
bei Altverträgen schauen,<br />
ob man nachbessern<br />
kann.«<br />
Achim Finke<br />
Konzept-Makler, con4b GmbH, Düsseldorf<br />
regelmäßig um die Fugen im Bad kümmern. Bei<br />
Mehrfamilienhäusern wird das anders aussehen.“<br />
Obliegenheiten prüfen<br />
Damit ist ein Thema angesprochen, das in den<br />
Bedingungen oft nur sehr allgemein gehalten ist<br />
und dann auch in der Beratung eher kurz<br />
abgefrühstückt wird: Obliegenheiten. Was Finke<br />
hier immer wieder feststellt: „Gebäudebesitzer<br />
oder auch Hausverwalter beschäftigen sich nicht<br />
mit ihren Pflichten aus Versicherungsverträgen.<br />
Die wenigsten wissen: Eine Silikonfuge ist eine<br />
Wartungsfuge, hält also nicht ewig. Da gibt es<br />
eine DIN-Norm, die ganz klar sagt: alle zwei Jahre<br />
kontrollieren, alle fünf Jahre austauschen.“ Hier<br />
sei auch der Makler in der Pflicht, dem Kunden<br />
mitzuteilen: Was muss er denn tun, um seinen<br />
Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten? Das<br />
Stichwort dazu heißt Obliegenheitskontrolle.<br />
Long Story short<br />
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GOLDEN BU-SCHUTZ FÜR KIDS?<br />
UNGEWÖHNLICH<br />
ZUKUNFTSSICHER.<br />
Speziell für Kinder entwickelt:<br />
Die flexible Schüler-Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
der LV 1871.<br />
Gros der Gesellschaften versichert<br />
jetzt auch Silikonfugen.<br />
Deckungsschutz aber nur in<br />
höherwertigen Konzepten<br />
Unterschiedliche Regelungen für<br />
Bestandskunden<br />
Wartung/Instandhaltung jetzt<br />
noch mehr im Fokus<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
58 | FOKUS Die Stuttgarter<br />
Vertriebskampagne: Sei kein Paul!<br />
Vieles im Leben haben Ihre<br />
Kunden nicht in der Hand.<br />
Oft spielt das Leben anders, als man denkt! Vor Unfällen oder Krankheiten können Sie Ihre<br />
Kunden zwar nicht bewahren – sie aber zumindest finanziell absichern. Denn die finanzielle<br />
Handlungsfähigkeit ist die wichtigste Voraussetzung für Lebensqualität. Beraten Sie Ihre Kunden,<br />
bevor sie überrascht werden.<br />
Die Stuttgarter unterstützt Ihre Beratung mit einer augenzwinkernden Kampagne -<br />
und überzeugenden Vertriebshilfen.<br />
seikeinpaul.stuttgarter.de<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit der STUTTGARTER LEBENSVERSICHERUNG a. G.<br />
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Die Stuttgarter FOKUS | 59<br />
FOKUS<br />
DIE STUTTGARTER<br />
Sei kein Paul –<br />
so beraten Sie mit Humor!<br />
Einkommensabsicherung mit der Stuttgarter<br />
Statt auf pure Fakten und trockene<br />
Kommunikation setzt Die Stuttgarter<br />
bei ihrer neuen Kampagne zur Absicherung<br />
des Einkommens auf augenzwinkernden<br />
Humor. In der Zielgruppe<br />
junger Menschen bis 35 Jahre kann<br />
Sie ein solcher Ansatz in der Kundenansprache<br />
weit bringen.<br />
Paul ist ein junger Mann mit gutem Job,<br />
der im Hier und Jetzt lebt. Er macht<br />
sich keine Gedanken darüber, was sich<br />
ändern könnte, falls ihm einmal etwas<br />
passieren sollte – ein Unfall beim Skifahren<br />
oder ein Burn-out zum Beispiel.<br />
Sicherlich haben auch Sie Kunden in<br />
Ihrem Bestand, die wie Paul denken<br />
und sich noch niemals ernsthaft mit<br />
der Absicherung ihres Einkommens<br />
beschäftigt haben. Sie können sich das<br />
Risiko einfach nicht vorstellen, dass<br />
statistisch nachgewiesen jeder Vierte<br />
im Laufe des Erwerbslebens tatsächlich<br />
berufsunfähig wird.<br />
Wie wird eine BU für junge<br />
Menschen plakativ?<br />
Versierte Beratungsexperten wissen,<br />
dass junge Kunden, gerade aus der<br />
Generation Z, schwerlich über „Heile<br />
Welt“-Werbung oder gar über Angstkommunikation<br />
für eine Berufsunfähigkeits-<br />
oder Unfallversicherung interessiert<br />
werden können. Viele Vermittelnde<br />
stehen vor der Frage, wie sie die<br />
Zielgruppe erfolgreich abholen können.<br />
Wie spricht man junge Menschen zielführend<br />
für die private Vorsorge an?<br />
Genau hier setzt Die Stuttgarter mit ihrer<br />
neuen Aufklärungskampagne an und<br />
vermittelt die ernste Problematik mit<br />
viel Humor. In einem kurzweiligen Video<br />
wird Paul damit konfrontiert, warum die<br />
Absicherung seines Einkommens essenziell<br />
ist und was dies konkret bedeutet –<br />
nämlich dass er auch bei Unfällen und/<br />
oder Berufsunfähigkeit seine finanzielle<br />
Handlungsfähigkeit und somit seinen<br />
Lebensstandard behält. Dies ist immer<br />
relevant und noch wichtiger, falls Paul<br />
bereits eine Familie gegründet hat.<br />
Unterhaltsam und auf den<br />
Punkt informativ<br />
Die Kampagne der Stuttgarter macht<br />
Kompliziertes einfach und kommt<br />
schnell und unterhaltsam auf den<br />
Punkt. „Wir schaffen auf humorvolle Art<br />
Aufmerksamkeit für das sperrige Thema<br />
private finanzielle Absicherung“, betont<br />
Jens Göhner, Leiter Produktmarketing<br />
bei der Stuttgarter. Nutzen Sie daher<br />
gern die neuen AKS-Materialien der<br />
Stuttgarter für die Ansprache und<br />
Beratung junger Kunden. „Sehen Sie in<br />
unserem Film, wie Paul unter anderem<br />
auf einen feuerspeienden Drachen<br />
trifft, und teilen Sie seine Aha-Erlebnisse<br />
mit Ihren Kunden“, rät Göhner. Sie<br />
finden auf der Kampagnenseite (siehe<br />
QR-Code) alle Infos und Materialien<br />
zum kostenlosen Download. Danach<br />
starten Sie sicher mit einem Lächeln in<br />
die Beratung!<br />
Neue Materialien für Ihre<br />
Akquise und Beratung<br />
Vertriebspakete für junge<br />
Erwachsene/Familien<br />
Beratungspräsentation<br />
Social-Media-Posts<br />
Anschreiben<br />
Film-Spot mit Paul,<br />
lizenzfrei für Ihre<br />
Social Media<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit der STUTTGARTER LEBENSVERSICHERUNG a. G.<br />
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60 | FOKUS Die Stuttgarter<br />
»Unfall- und Einkommensschutz<br />
clever kombinieren«<br />
Jens Göhner, Leiter des Produktmarketings bei der Stuttgarter Lebensversicherung,<br />
über einen verbreiteten Irrglauben beim Einkommens- und Unfallschutz sowie<br />
Beratungsansätze, um die Absicherungsquoten zu erhöhen<br />
Die Notwendigkeit, vor allem biometrische<br />
Risiken abzusichern, wird<br />
immer wieder betont. Dennoch hinkt<br />
die tatsächliche Absicherung oft hinterher.<br />
Oder täuscht dieser Eindruck?<br />
Jens Göhner: Leider täuscht dieser<br />
Eindruck nicht. Zwar wird die Notwendigkeit<br />
von Einkommensschutz oder<br />
Unfallvorsorge von vielen Seiten – auch<br />
vom Verbraucherschutz – seit Jahren<br />
betont. In der Realität hat die Mehrheit<br />
der Bevölkerung in Deutschland die<br />
eigene finanzielle Handlungsfähigkeit<br />
für den Fall eines Unfalls oder einer<br />
schwerwiegenden Erkrankung aber nur<br />
unzureichend abgesichert.<br />
Lässt sich das mit Zahlen belegen?<br />
Göhner: Die Statistik auf der Risikoseite<br />
kennt jeder Vermittler seit Jahren: Jeder<br />
vierte Erwerbsfähige verliert im Laufe<br />
seines Arbeitslebens seine Arbeitskraft.<br />
Die finanziellen Folgen, nämlich das<br />
Wegbrechen des Einkommens und<br />
damit der Stillstand des Motors für den<br />
gesamten Lebensstandard, werden<br />
jedoch oft unterschätzt. Gleiches gilt<br />
für den Unfallbereich. Laut Statistik des<br />
bayerischen Verbraucherministeriums<br />
ereignet sich in Deutschland alle vier<br />
Sekunden ein Unfall. Davon passieren<br />
60 Prozent in der Freizeit.<br />
Wie passt die tatsächliche Absicherung<br />
zu den genannten Wahrscheinlichkeiten?<br />
Göhner: Die Stuttgarter hat dazu<br />
zusammen mit dem YouGov-Institut<br />
Ende 2<strong>02</strong>3 eine Umfrage unter 2.133<br />
Personen ab 18 Jahren in Deutschland<br />
durchgeführt. Das Ergebnis zeigt, wie<br />
weit die Schere zwischen Risiko und<br />
Absicherung klafft: Nur 8 Prozent der<br />
Menschen besitzen sowohl eine Unfall-<br />
als auch eine Einkommensabsicherung.<br />
Die Mehrheit von 53 Prozent verzichtet<br />
hingegen auf beide Vorsorgeformen.<br />
Was sind Gründe für dieses<br />
„Mismatch“?<br />
Göhner: Hintergrund könnte der weitverbreitete<br />
Irrglaube sein, dass im Falle<br />
eines Falles eine ausreichende staatliche<br />
Absicherung greift. 30 Prozent der<br />
Deutschen glauben laut der Studie, dass<br />
sie für den Wegfall des laufenden Einkommens<br />
durch Unfall oder Krankheit<br />
eher gut bis sehr gut durch den Staat<br />
abgesichert sind.<br />
Gibt es hier Unterschiede in den Altersgruppen<br />
zu diesem Irrglauben?<br />
Göhner: Ja. Je jünger, desto verbreiteter<br />
diese Fehlannahme: Bei den 18- bis<br />
24-Jährigen glauben 49 Prozent der<br />
Befragten, ausreichend durch den Staat<br />
geschützt zu sein. Bei der Generation<br />
55+ sind es nur noch 22 Prozent. 26<br />
Prozent meinen, eher gut bis sehr gut<br />
durch den Staat für unvorhersehbare<br />
Kosten, zum Beispiel für Wohnungsumbauten,<br />
abgesichert zu sein.<br />
Einkommens- und Unfallschutz in Deutschland<br />
53 %<br />
Weder BU- noch<br />
Unfallschutz<br />
9 %<br />
Nur BU-Schutz<br />
23 %<br />
Nur<br />
Unfallschutz<br />
8 % 7 %<br />
Sowohl BU- als<br />
auch Unfallschutz<br />
Rest<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit der STUTTGARTER LEBENSVERSICHERUNG a. G.<br />
Anzeige
Die Stuttgarter FOKUS | 61<br />
auf Produktebene?<br />
Göhner: Bei den Tarifen zur Einkommensabsicherung<br />
und Unfallvorsorge<br />
haben wir zu Jahresbeginn nochmals an<br />
drei Stellschrauben gedreht: Mit schlankeren<br />
Prozessen, besseren Bedingungen<br />
und einer attraktiveren Preisgestaltung<br />
wollen wir Vermittlerinnen und Vermittlern<br />
noch stärkere Argumente mit in die<br />
Beratung geben.<br />
Wie sehen diese konkret aus?<br />
Göhner: Beim easilife-Konzept verzichten<br />
wir bei der Nachversicherung nun<br />
auf die Risikoprüfung. Zudem gibt es<br />
eine Wechseloption vom Grundschutz+<br />
in die BU bereits beim Übertritt in die<br />
weiterführende Schule. Der Grundschutz+<br />
ist nun vollständig in das<br />
Risikoprüfungstool vers.diagnose von<br />
Franke und Bornberg integriert. Zudem<br />
wurde für Gymnasiasten sowie für viele<br />
Berufe der Elektrobranche die Preisgestaltung<br />
der Tarife verbessert. Gleiches<br />
gilt für unsere Unfallvorsorge aktiv, die<br />
2<strong>02</strong>3 grundlegend überarbeitet wurde.<br />
So erhalten beispielsweise Personen<br />
bis 50 Jahre nun noch preisgünstigeren<br />
Versicherungsschutz, und der vollständig<br />
unterschriftsfreie Vertragsabschluss<br />
beschleunigt und vereinfacht<br />
den Abschlussprozess für Kunde und<br />
Vermittler.<br />
Wie lautet Ihre Botschaft, um den<br />
Blick auf das Risiko zu schärfen?<br />
Göhner: Erst die Kombination von<br />
Unfall- und Einkommensabsicherung<br />
sichert gegen die kurz- und langfristigen<br />
finanziellen Folgen einer körperlichen<br />
Beeinträchtigung aufgrund von Unfall<br />
oder Krankheit ab. Denn nur dann<br />
können sowohl unerwartete hohe<br />
Zusatzausgaben beispielsweise für notwendige<br />
Wohnungsumbauten oder medizinische<br />
Geräte als auch der Wegfall<br />
des laufenden Einkommens aufgefangen<br />
werden. Unsere Studienergebnisse<br />
zeigen deutlich, dass es einen enormen<br />
Beratungsbedarf zur Sicherung der<br />
finanziellen Handlungsfähigkeit gibt.<br />
Beratung ist ein gutes Stichwort. Hier<br />
benötigen Vermittler ja auch zeitgemäße<br />
Lösungen, um Absicherungsquoten<br />
zu erhöhen. Wie unterstützt<br />
Die Stuttgarter ihre Geschäftspartner<br />
Wie wird der wachsende Wunsch nach<br />
Nachhaltigkeit in diesen Produkten<br />
berücksichtigt?<br />
Göhner: Beim Einkommensschutz<br />
sichern wir bereits seit Juli 2<strong>02</strong>2 zu,<br />
mindestens in Höhe des Deckungskapitals<br />
aller abgeschlossenen BU- und<br />
Grundfähigkeitsversicherungen in<br />
ökologischen und sozialen Projekten<br />
und Kapitalanlagen zu investieren. Bei<br />
unseren Unfalltarifen gibt es einen Bonus<br />
für nachhaltiges Kundenverhalten,<br />
indem wir die Invaliditätsgrundleistung<br />
um 25 Prozent erhöhen. Dies greift beispielsweise<br />
bei einem Unfall während<br />
der Nutzung des ÖPNV, beim Fahren<br />
mit Rad, Tretroller, Skateboard & Co.,<br />
wenn ein Helm getragen wurde, oder<br />
bei ehrenamtlichen Engagements und<br />
Einsätzen als Nothelfer.<br />
Welche Vertriebsunterstützung bieten<br />
Sie, um die Themen (be)greifbarer<br />
beim Kunden platzieren zu können?<br />
Göhner: Ganz aktuell unterstützen wir<br />
mit verschiedensten Materialien, um<br />
über die Sicherung der finanziellen<br />
Handlungsfähigkeit ins Gespräch zu<br />
kommen. Unter dem Motto „Sei kein<br />
Paul!“ werden zwei kostenfreie und<br />
neutrale Themenpakete mit Videocontent,<br />
Beratungspräsentation sowie<br />
Inhalten für die individuelle Social-Media-Kommunikation<br />
zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Informationen und Vertriebsunterstützung unter: https://seikeinpaul.stuttgarter.de/<br />
Anzeige
BERATER<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Haftpflicht für<br />
Vermittler bald<br />
teurer?<br />
Mindestversicherungssummen steigen.<br />
Was die Eiopa (Europäische Aufsichtsbehörde für<br />
das Versicherungswesen) bereits im vergangenen<br />
Jahr empfahl, wurde nun im Amtsblatt der Europäischen<br />
Union (EU) 2<strong>02</strong>4/896 veröffentlicht: Die<br />
gesetzlichen Mindestversicherungssummen der<br />
Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung<br />
von Versicherungsvermittlern und -beratern soll<br />
steigen. Ab 9. Oktober 2<strong>02</strong>4 gelten 1.564.610 Euro<br />
pro Versicherungsfall (bisher 1.300.380 Euro) und<br />
2.315.610 Euro für alle Versicherungsfälle eines<br />
Jahres (bisher 1.924.560 Euro). Während einige<br />
Versicherer die höheren Anforderungen beitragsfrei<br />
übernehmen wollen, werden andere um<br />
einen Prämienaufschlag nicht herumkommen.<br />
Weitere Themen<br />
Wie das Geldwäschegesetz Makler fordert 64<br />
Weiterbildungspflicht bald 30 Stunden? 70<br />
So bauen Makler ihren Nachfolger auf 72<br />
Produkt-Check: Signal Ambulant Plus 76<br />
pro & contra: Rentenpaket II 78<br />
Foto: Claudiad
64 | BERATER Geldwäschegesetz<br />
»Schon ein Verdacht<br />
muss gemeldet werden«<br />
Bußgelder oder gar Entzug der Zulassung – warum Vermittler die Geldwäschevorgaben<br />
ernst nehmen sollten, erklärt Martin Klein, Vorstand des Votum Verbands.<br />
ST STEFAN TERLIESNER<br />
<strong>procontra</strong>: Was haben Finanzanlagenund<br />
Versicherungsvermittler mit dem<br />
Geldwäschegesetz, kurz GwG, zu tun?<br />
Martin Klein: Vermittler kommen mit<br />
dem Geld ihrer Kunden in Kontakt,<br />
wenn auch nur indirekt. Daher unterliegen<br />
sie besonderen Verpflichtungen.<br />
Neu ist die Pflicht, sich als Vermittler im<br />
Meldeportal der Financial Intelligence<br />
Unit zu registrieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Wo ist die Registrierung<br />
vorgesehen?<br />
Klein: Das Meldeportal heißt goAML<br />
Web. Alle bereits tätigen Vermittler<br />
waren verpflichtet, diese Registrierung<br />
bis Ende 2<strong>02</strong>3 vorzunehmen. Wer dies<br />
noch nicht getan hat, sollte es dringend<br />
nachholen. Bedauerlicherweise handelt<br />
es sich hierbei um einen bürokratischen<br />
Anmeldeakt, für den im Internet lange<br />
Erklärvideos angeboten werden. Der<br />
AfW Bundesverband zum Beispiel hat<br />
dazu auf seiner Homepage einen nützlichen<br />
FAQ-Katalog veröffentlicht.<br />
<strong>procontra</strong>: Gelten die Pflichten für alle<br />
Vermittlertypen gleichermaßen?<br />
Klein: Nein. Das Gesetz differenziert.<br />
Zu den Verpflichteten gehören alle<br />
selbstständig registrierten Versicherungsvermittler,<br />
sofern sie Lebensversicherungen<br />
vermitteln. Dies betrifft<br />
nicht nur Kapitalanlageprodukte, sondern<br />
auch Risikolebensversicherungen<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Welche neue Pflicht seit<br />
Januar für fast alle Vermittler<br />
gilt<br />
Wie Vermittler Geldwäsche in<br />
der Praxis erkennen können<br />
Worauf Behörden bei anlasslosen<br />
Prüfungen achten<br />
und Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr.<br />
Ausgenommen sind Ausschließlichkeitsvermittler.<br />
Für Finanzanlagenvermittler<br />
ist die Regelung im GwG<br />
komplizierter. Sie gelten grundsätzlich<br />
als Verpflichtete, es sei denn, sie beschränken<br />
ihre Vermittlungstätigkeit auf<br />
Anlageprodukte, die von Unternehmen<br />
angeboten werden, welche ihrerseits<br />
dem GwG unterliegen. Dies gilt für die<br />
in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen<br />
Investmentfonds und für die<br />
AIF-Anbieter. Wer seine Tätigkeit als Vermittler<br />
nach Paragraf 34f GewO auf das<br />
Angebot dieser Anbieter beschränkt, ist<br />
nicht Verpflichteter nach GwG.<br />
<strong>procontra</strong>: Und was bedeutet all das<br />
jetzt in der Praxis?<br />
Klein: Der Katalog der Anforderungen<br />
beginnt mit der für alle Verpflichteten<br />
zwingend erforderlichen internen<br />
Risikoanalyse, die jährlich aktualisiert<br />
werden muss. Diese Risikoanalyse ist<br />
schriftlich festzuhalten und wird oft<br />
von den Aufsichtsbehörden als erste<br />
Kontrollmaßnahme bei den Verpflichteten<br />
angefragt und muss ausgehändigt<br />
werden. Zentral ist auch die ordnungsgemäße<br />
Identifikation des Kunden,<br />
mit Einblick in dessen Ausweispapiere.<br />
Sollten Firmen bei der Kapitalanlage<br />
beraten werden, muss der wirtschaftlich<br />
Berechtigte ermittelt werden. Es<br />
reicht nicht aus, wenn man sich von<br />
einem Kunden in Onlinesitzungen<br />
dessen Ausweispapiere am Bildschirm<br />
zeigen lässt. Dies ist kein zugelassenes<br />
Video-Ident-Verfahren! Auch ist es nicht<br />
ausreichend, wenn man sich Kopien<br />
von Ausweisunterlagen zusenden lässt.<br />
Umfassende interne Organisationspflichten<br />
bestehen insbesondere dann,<br />
wenn eine Zusammenarbeit mit Angestellten<br />
besteht. Hier müssen interne<br />
Sicherheitsmaßnahmen dokumentiert<br />
werden, die Aushändigung von GwG-Arbeitsanweisungen<br />
sowie eine Zuverlässigkeitsprüfung<br />
und Schulung der<br />
einzelnen Mitarbeiter.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Risiken sind mit<br />
Pflichtverletzungen verbunden?<br />
Klein: Verstöße gegen das GwG lösen<br />
Bußgeldzahlungen aus. Die zuständigen<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Geldwäschegesetz BERATER | 65<br />
»Behörden fordern<br />
anlasslos eine<br />
Risikoanalyse von<br />
Vermittlern an.«<br />
Aufsichtsbehörden versenden anlasslos<br />
Fragebögen an Vermittler und fordern<br />
die Risikoanalyse an. Sollte ein Vermittler<br />
über keine solche verfügen, ist dies<br />
der letzte Moment, eine zu erstellen.<br />
Die Nichtanfertigung kann mit bis zu<br />
100.000 Euro und im Vorsatzfall bis zu<br />
150.000 Euro geahndet werden. Bei<br />
Erstverstößen wird dieser Maximalrahmen<br />
nicht ausgeschöpft, jedoch werden<br />
schnell Strafen von 3.000 bis 5.000<br />
Euro verhängt. Dies bereits bei Verletzungen<br />
formaler Anforderungen. Sollten<br />
aktiv Geldwäschevorgänge unterstützt<br />
werden, gibt es Strafen, die in die Millionen<br />
Euro gehen. Zudem riskieren die<br />
Vermittler wegen mangelnder Zuverlässigkeit<br />
ihre Zulassung.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie können Vermittler mögliche<br />
Geldwäsche erkennen?<br />
Klein: Grundsätzlich muss ein Vermittler<br />
gewarnt sein, wenn ein Kunde mit<br />
dem Wunsch an ihn herantritt, eine größere<br />
Menge Bargeld anzulegen. Auch<br />
bei Transaktionen aus dem Ausland, bei<br />
denen die Einzahlung auf eine Anlage<br />
durch einen Dritten erfolgt, wäre ein<br />
Verdacht begründet. Vorsicht ist auch<br />
bei der Umwandlung von Guthaben<br />
aus Kryptoanlagen in Investmentfonds<br />
geboten. Das Risiko der Geldwäsche bei<br />
Lebensversicherungen ist von Pro-<br />
dukt zu Produkt unterschiedlich. Eine<br />
Basis- oder Riester-Rente, die lediglich<br />
rentenförmige Auszahlungen zulassen,<br />
eignen sich weniger für die Geldwäsche<br />
als Produkte, bei denen jederzeit ein<br />
Rückkaufsswert zur Verfügung steht.<br />
<strong>procontra</strong>: Haben Sie noch ein Beispiel,<br />
und wann sollte die Meldung erfolgen?<br />
Klein: Ein Beispiel für terroristische<br />
Aktivitäten, die ebenfalls mit dem<br />
GwG verhindert werden sollen, ist der<br />
Abschluss einer hohen Risikolebensversicherung<br />
durch einen ungebundenen<br />
jungen Menschen. Dies soll bereits bei<br />
geplanten Terrorakten im Ausland zuvor<br />
erfolgt sein. Insgesamt sollte man bei<br />
höchst ungewöhnlichen Vorgängen<br />
immer stutzig werden. Vermittler sind<br />
verpflichtet, schon den Versuch als<br />
Verdachtsmeldung anzuzeigen. Man<br />
muss keineswegs die Gewissheit haben,<br />
dass es sich um einen Geldwäschefall<br />
handelt, und es muss auch nicht zum<br />
Abschluss des Versicherungsvertrages<br />
oder Anlagegeschäfts gekommen sein.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie unterstützen Sie Vermittler,<br />
sich GwG-konform aufzustellen?<br />
Klein: Votum und AfW haben zusammen<br />
mit einem Spezialisten den<br />
komplexen Pflichtenkatalog des GwG<br />
zum Anlass genommen, einen Leitfaden<br />
zu entwickeln, der auch das Muster<br />
einer Risikoanalyse und aller weiteren<br />
erforderlichen Dokumente enthält.<br />
Dieser bietet für viele Vermittler bereits<br />
heute wertvolle Orientierung.<br />
Long Story short<br />
Auch über Fonds und<br />
Versicherungen lässt sich<br />
Geld „waschen“.<br />
Daher legt das Geldwäschegesetz<br />
Vermittlern einige<br />
Pflichten auf.<br />
Dazu gehören Registrierung,<br />
Risikoanalyse und Meldungen.<br />
Foto: Votum Verband
66 | SO IST , S RECHT <br />
So ist , s Recht<br />
Relevante Urteile für Ihre Beratung<br />
FB FLORIAN BURGHARDT<br />
RLV<br />
Tod inszeniert<br />
Ein Ehepaar hatte das Ertrinken des<br />
Mannes auf der Ostsee inszeniert, um<br />
die Leistungen aus 14 Lebensversicherungen<br />
(rund vier Millionen Euro) zu erhalten.<br />
Doch der angeblich Ertrunkene<br />
wurde von der Polizei putzmunter auf<br />
dem Dachboden seiner Mutter entdeckt.<br />
Das Landgericht Kiel verurteilte<br />
beide zunächst zu Bewährungsstrafen,<br />
doch das hielt der BGH nachträglich<br />
für zu milde. Der Mann erhielt nun eine<br />
Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei<br />
Monaten, seine Ehefrau zwei statt wie<br />
bisher ein Jahr Bewährungsstrafe.<br />
LG Kiel (AZ: 5 KLs 597 Js 18484/20)<br />
Hausrat<br />
Feuer der Leidenschaft<br />
Ein Mann hatte die Kerzen am Adventskranz<br />
angezündet und ging anschließend<br />
ins Schlafzimmer, um seine<br />
Freundin zu wecken. Dort wurde er von<br />
ihr „aufgehalten“, heißt es. So lange,<br />
dass ein Wohnungsbrand entstand. Sein<br />
Hausratversicherer wollte wegen grober<br />
Fahrlässigkeit nicht bezahlen. Doch die<br />
Richter erkannten kein unentschuldbares<br />
Fehlverhalten bei dem Mann. Man<br />
habe Verständnis dafür, dass er aufgrund<br />
der „körperlichen Reize“ seiner<br />
Partnerin den Adventskranz vergessen<br />
hatte. Der Versicherer musste leisten.<br />
OLG Düsseldorf (AZ: 4 U 182/98)<br />
Kfz<br />
Wenn der Kfz-Versicherer falsch quotelt<br />
Als ein Mann rückwärts aus seiner Grundstücksausfahrt ausparkte, stieß er<br />
mit dem Auto einer Frau zusammen, das gerade entgegen der Fahrtrichtung<br />
(Einbahnstraße) rückwärtsfuhr. Die Fahrerin wollte einem anderen Auto<br />
Platz machen, das gerade ausparken wollte. Ihr Kfz-Versicherer wollte den<br />
Schaden am Auto des Mannes nur zu 40 Prozent ersetzen, weil er bei ihm ein<br />
Mitverschulden sah. Über insgesamt drei Instanzen stritt man sich. Letztlich<br />
sah der BGH keinen Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Mannes. Vielmehr<br />
habe sich die Frau grob fahrlässig verhalten. Das Verfahren wurde zur<br />
erneuten Prüfung an das LG Düsseldorf zurückverwiesen.<br />
BGH (AZ: VI ZR 287/22)<br />
Bei 13 der 14 Lebensversicherungen erkannte<br />
das Gericht nur Vorbereitungshandlungen.<br />
Die jeweils verlangte Sterbeurkunde<br />
konnte das Ehepaar nicht organisieren.<br />
LG Kiel<br />
Illustration: Roman Kulon
Tradition trifft<br />
Wenn 500 Jahre Versicherung auf KI trifft<br />
Wenn Traditionshäuser, Insurtechs und Vermittler gemeinsam die Zukunft verändern.<br />
Wenn die Branche zu ihren Wurzeln zurückkehrt.<br />
Dann ist Versicherung zu Hause.<br />
Dann ist Norddeutscher Versicherungstag in der Handelskammer Hamburg.<br />
Hier können Sie sich<br />
Ihr Ticket sichern:
68 | BERATER Weiterbildung<br />
»Meine Zielgruppe hat<br />
eher mich gefunden als ich sie«<br />
Axel Brückner, Geschäftsführer der PerFinEx GmbH, spricht über seine Zielgruppe Expats<br />
und erklärt, worauf man bei ihr achten muss und welche Trends es in der Beratung gibt.<br />
profino: Wer sich als Vermittler nicht<br />
spezialisiert, der verliert. War es bei<br />
Ihnen ähnlich und wie kamen Sie dann<br />
auf die Zielgruppe Expats?<br />
Axel Brückner: So hat es sich am Anfang<br />
angefühlt. Ich habe in der Finanzberatung<br />
angefangen und dann mit<br />
einem Kollegen zusammen nach einer<br />
Zielgruppe gesucht. Wir haben auf<br />
Eltern und Senioren geschaut, aber das<br />
hat alles nicht funktioniert. Irgendwann<br />
bin ich dann zufällig auf eine Frau aus<br />
Frankreich gestoßen, die Hilfe in der<br />
Finanzberatung gesucht hat. Ihr konnte<br />
ich dann auf Englisch helfen, und das<br />
hat sie so begeistert, dass sie es gleich<br />
anderen weitergesagt hat. Meine Zielgruppe<br />
hat also eher mich gefunden als<br />
ich sie.<br />
profino: Sie haben in einem früheren<br />
Interview gesagt, dass Sie Menschen<br />
aus 99 Ländern beraten. Ist die 100er-<br />
»Derzeit beraten<br />
wir Menschen aus<br />
106 Ländern.«<br />
Marke mittlerweile geknackt?<br />
Brückner: Ja, wir haben es geschafft.<br />
Unser 100. Land war Schweden. Derzeit<br />
beraten wir Menschen aus 106 Ländern.<br />
profino: Aus welchen Ländern kommen<br />
die meisten Ihrer Kunden? Gibt es bestimmte<br />
Trends?<br />
Abonnieren Sie den profino-Podcast,<br />
um keine Folgen zu verpassen!<br />
Das Interview ist ein Auszug<br />
aus der 42. Folge des<br />
profino-Podcasts „Ich bin<br />
eher YouTuber als Finanzberater“<br />
mit Axel Brückner. Wie<br />
es weitergeht, können Sie<br />
auf Podcast-Plattformen wie<br />
Spotify, Apple- oder Google-<br />
Podcast hören.<br />
Brückner: Ein Großteil kommt aus<br />
Indien. Unser klassischer Kunden-Avatar<br />
ist ein Softwareentwickler, der aus<br />
Indien kommt und in Deutschland entweder<br />
studiert hat und dann hier einen<br />
Job findet oder der in Indien studiert<br />
hat und dann für den Job herkommt.<br />
profino: Viele Expats wissen ja gar<br />
nicht, wie lange sie in Deutschland<br />
bleiben. Wie wirkt sich so etwas auf<br />
die Beratung aus und welche Produkte<br />
brauchen sie?<br />
Brückner: Also, es ist wirklich jeder<br />
anders. Jeder befindet sich in einer<br />
anderen Lebensphase. Manche fangen<br />
nach dem Studium mit dem ersten Job<br />
an. Andere möchten ihr erstes Eigenheim<br />
kaufen. Andere gehen wieder<br />
zurück. Da muss man darauf achten,<br />
welche Ziele der Kunde verfolgt und<br />
was er vorhat. Die andere große Matrix,<br />
auf die man achten muss, ist das Kulturelle.<br />
Man muss jeden so beraten, wie er<br />
es kennt. Das ist der Weg zum Erfolg.<br />
profino: Kümmern sich Ihre Kunden um<br />
eine passende Absicherung, wenn sie<br />
bereits in Deutschland sind, oder schon<br />
vorher?<br />
Brückner: Sehr viele melden sich, kurz<br />
bevor sie nach Deutschland kommen.<br />
Wir hatten auch schon die Fälle, dass<br />
sich manche gemeldet haben, weil sie<br />
unsere Videos gesehen haben. Und<br />
dann so eine Art Deutschland-Paket<br />
bekamen, das auf deren Bedürfnisse<br />
zugeschnitten ist. Angefangen mit der<br />
Krankenversicherung.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Weiterbildung BERATER | 69<br />
Buchtipps<br />
Lesenswertes für Makler<br />
Mami goes Millionär<br />
Campus Verlag<br />
Wer möchte nicht finanziell<br />
frei sein? An der Börse<br />
reich zu werden und sich<br />
den Traum von finanzieller<br />
Freiheit zu erfüllen, scheint<br />
fast unerreichbar. Was im<br />
ersten Moment utopisch<br />
klingt, ist aber nicht so<br />
abwegig: schließlich<br />
zählen Aktien heute trotz<br />
aller Risiken nachweislich<br />
zu den erfolgreichsten<br />
Anlageformen. Mit ihrem<br />
Buch möchte Carmen Mayer vor allem Frauen ermutigen<br />
und mit konkreten Tipps unterstützen, sich<br />
mit den eigenen Geldangelegenheiten auseinanderzusetzen<br />
und sich ein Vermögen aufzubauen. Sie<br />
ist davon überzeugt, dass mit etwas Zeit und Mühe<br />
jeder Mensch finanziell unabhängig werden kann. Ihr<br />
eigener Werdegang zeigt, dass sich prinzipiell jeder<br />
den Wunsch nach finanzieller Freiheit erfüllen kann<br />
– wenn man es sich nicht nur wünscht, sondern auch<br />
handelt.<br />
Die Peperoni-Strategie<br />
to go<br />
Campus Verlag<br />
Konflikte im Büro, herausfordernde<br />
Kolleginnen und Kollegen oder Chefinnen<br />
und Chefs, die einem richtig auf den Geist<br />
gehen – wer kennt das nicht. Aggressionsexperte<br />
Jens Weidner zeigt Ihnen in seinem<br />
Karriereratgeber, wie Sie mit der Peperoni-<br />
Strategie knifflige Situationen meistern und<br />
im Team, als Führungskraft oder mit Vorgesetzten nicht mehr unter<br />
die Räder kommen. Und das, ohne sich Feinde fürs Leben zu machen.<br />
Selbst eilige Leserinnen und Leser finden schnell Hilfe unter anderem<br />
zu folgenden Themen: Wie akzeptieren Vorgesetzte meine Grenzen?<br />
Wie pflege ich einen respektvollen Umgang, ohne dass es als Schwäche<br />
interpretiert wird? Wie wehre ich mich gegen versteckte Machtspiele,<br />
Mobbing oder Hinterhältigkeiten? Wie nutze ich meine eigene<br />
Power, um Projekte auch gegen Widerstände durchzusetzen?<br />
Genau mit dem richtigen Schärfegrad für jede Situation – mal mild,<br />
mal extra hot.<br />
Über Geld nachdenken<br />
Campus Verlag<br />
„Nicht reich muss man sein, sondern unabhängig.“<br />
Das wusste schon André Kostolany.<br />
Wenn auch Sie gut leben wollen, ohne<br />
den Werbeversprechen von Banken und<br />
Finanzmaklern auf den Leim zu gehen, sind<br />
Sie bei Nikolaus Braun genau richtig. Der<br />
unabhängige Honorarberater zeigt Ihnen,<br />
wie Sie Gelassenheit in Ihrem Verhältnis zu<br />
Geld gewinnen und klug darüber nachdenken.<br />
Finden Sie heraus, wofür Geld in Ihrem Leben wichtig ist und<br />
welche Werte Sie dabei beeinflussen. Vermögensaufbau, Kapitalanlage<br />
und eine geeignete Notfallplanung sind gleich viel leichter, wenn<br />
Sie nach Ihren Wünschen erfolgen und nicht nach denen der Bank.<br />
Termine,<br />
Termine<br />
Der Norddeutsche Versicherungstag<br />
lädt wieder<br />
ein, um in der Handelskammer<br />
Hamburg zu<br />
netzwerken und mit<br />
traditionellen Werten<br />
die Zukunft zu gestalten.<br />
Wann Was Wo<br />
25. – 26.4.24 MCC-Fachkongress »Cyber Risks« Düsseldorf<br />
ab 8.5.24 Altersvorsorge-Kongress profino<br />
14. – 15.5.24 VersForen Leipzig: Telematik in der Kraftfahrtversicherung Leipzig<br />
16.5.24 Norddeutscher Versicherungstag Hamburg<br />
ab 5.6.24 Biometrie-Kongress profino<br />
5. – 6.6.24 MCC IT-Optionen für Versicherungen Berlin<br />
7.6.24 <strong>procontra</strong>-<strong>Ausgabe</strong> 03/24 im Briefkasten<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
70 | BERATER Weiterbildung<br />
Mehr Zeit fürs Lernen?!<br />
Bei der EU-Kleinanlegerstrategie geht’s meist um ein befürchtetes Provisionsverbot.<br />
Doch neuerdings will man auch an den Weiterbildungszeiten schrauben.<br />
NW NADINE WIESENTHAL<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Wie sich die Weiterbildungszeiten<br />
verändern sollen<br />
Wie Experten zur möglichen<br />
Anhebung stehen<br />
Wie wahrscheinlich<br />
das Szenario ist<br />
Der Entwurf einer „Retail Investment<br />
Strategy” (Kleinanlegerstrategie) oder<br />
„RIS” vom Mai 2<strong>02</strong>3 treibt vor allem<br />
die Maklerschaft in Deutschland um.<br />
Dabei geht es bisher meist um Fragen<br />
der Vergütung. Aber es gibt laut<br />
Matthias Beenken, Professor an der<br />
Fachhochschule Dortmund, auch bedenkliche<br />
neue Wünsche. Im Bereich<br />
der Weiterbildungszeiten werden ver-<br />
einzelt Forderungen laut, das bislang<br />
verpflichtende 15-Stunden-Pensum<br />
im Jahr zu erhöhen. Die Berichterstatterin<br />
des ECON-Ausschusses (für<br />
Wirtschaft und Währung) begrüßt<br />
eine Anhebung auf 25 Stunden, davon<br />
7 Stunden im Bereich Nachhaltigkeit.<br />
Zum Teil werden sogar bis zu 45 Stunden<br />
diskutiert.<br />
Wie Beenken ausführt, soll im Zuge<br />
der RIS zusätzlich eine regelmäßige<br />
Weiterbildungspflicht von 15 Stunden<br />
in der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie<br />
MiFID II eingeführt werden.<br />
Dabei stellt sich die Frage, ob ein und<br />
dieselbe Weiterbildung über Geldanlagen<br />
sowohl als Versicherungs- als<br />
auch als Finanzanlagenweiterbildung<br />
anrechenbar sein wird. Bisher sieht<br />
die IDD eine Anpassungsmöglichkeit<br />
der Weiterbildungsvorgaben „hinsichtlich<br />
Kenntnissen und Fertigkeiten“<br />
an die spezifische Tätigkeitsart<br />
vor, insbesondere im Fall der produktakzessorischen<br />
Vermittlung. Das wird<br />
in der deutschen Praxis teilweise so<br />
ausgelegt, dass die Weiterbildung weniger<br />
als 15 Stunden betragen dürfe,<br />
vielleicht sogar ganz verzichtbar sei.<br />
Anhebung »unverhältnismäßig«<br />
Prof. Beenken hält es unter bestimmten<br />
Umständen für vertretbar, dass<br />
für Versicherungsmakler, die Versicherungsanlageprodukte<br />
vertreiben<br />
und die Kunden dazu beraten, eine<br />
eigenständige Weiterbildungspflicht<br />
von zusätzlichen 15 Stunden im<br />
Illustration: Roman Kulon
Weiterbildung BERATER | 71<br />
Paar.<br />
»Eine verbindliche Fest legung<br />
der Qualifikationszeiten beim<br />
Thema Nachhaltigkeit ist<br />
zu bürokratisch und zum<br />
jetzigen Zeitpunkt verfrüht.«<br />
Michael H. Heinz<br />
BVK-Präsident<br />
Aktion.<br />
Türöffner.<br />
Risikolebensversicherung pur.<br />
Jetzt bei der Paar-Aktion mitmachen –<br />
eine super Chance für Sie und Ihre Kunden.<br />
Kalenderjahr zu Anlagethemen einschließlich<br />
auch der Nachhaltigkeit festgesetzt wird. Sie wäre<br />
gleichzeitig als Weiterbildung im Finanzanlagenbereich<br />
anzuerkennen.<br />
Für den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute<br />
(BVK) sind eine Anhebung der<br />
Weiterbildungszeiten auf 30 und mehr Stunden<br />
sowie eine verbindliche Festlegung der Anteile<br />
im Hinblick auf eine Nachhaltigkeitskompetenz<br />
unverhältnismäßig. „Eine verbindliche Festlegung<br />
der Qualifikationszeiten im Hinblick auf<br />
das Thema Nachhaltigkeit erachten wir als zu<br />
bürokratisch und zum jetzigen Zeitpunkt<br />
verfrüht“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz.<br />
Derzeit stehe die Gefahr noch nicht unmittelbar<br />
vor der Tür, da der Ministerrat eine Erweiterung<br />
der Stundenzahl derzeit ablehne und der Kommissionsentwurf<br />
eine solche ebenfalls nicht<br />
vorsehe. Aber gerade deshalb will der BVK nun<br />
die Gunst der Stunde nutzen, weiter zu intervenieren:<br />
„Da die Gedanken dazu bereits kursieren,<br />
hat der BVK sich frühzeitig gegen eine Anhebung<br />
der Stundenzahl positioniert, um einen Eingang<br />
dieser Gedanken in die RIS zu vermeiden.“<br />
Weiter im Thema<br />
Den ausführlichen Kommentar<br />
von Prof. Matthias<br />
Beenken finden Sie unter:<br />
So funktioniert’s:<br />
1<br />
2<br />
Vom 01.04.<br />
bis 30.06.24<br />
Ehepartner oder Paare sichern sich<br />
gegenseitig ab.<br />
Für beide Verträge gibt es jeweils<br />
ein Beitragsguthaben von 25 €.<br />
Neu: Gilt auch, wenn ein Partner bereits<br />
eine Risikolebensversicherung der EUROPA<br />
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<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
72 | BERATER Nachfolgeregelung<br />
Nachfolge selbst bauen<br />
Etliche Bestandsverkäufe scheitern, weil Preis oder Sympathie nicht passen. Wer den<br />
„Erben“ selbst heranzieht, hat bessere Chancen und weiß seine Kunden in guten Händen.<br />
ST STEFAN TERLIESNER<br />
Deutschlands Unternehmer suchen dringend<br />
einen Nachfolger – Fachleuten zufolge jedes<br />
Jahr rund 100.000 Mittelständler. Der Grund ist<br />
simpel: Die Babyboomer haben fleißig Firmen<br />
gegründet und gehen jetzt nach und nach in den<br />
Ruhestand.<br />
Es ist kein Geheimnis, dass auch der Berufsstand<br />
der Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Tipps für den Aufbau eines Nachfolgers<br />
Welche Qualifikation Makler dafür<br />
selbst haben müssen<br />
Wer bei dieser Nachfolge-Variante<br />
helfen kann<br />
Illustration: Eleonora Mavromati
Nachfolgeregelung BERATER | 73<br />
ein Nachwuchsproblem hat. Laut aktuellem AfW-<br />
Vermittlerbarometer liegt das Durchschnittsalter<br />
bei 53,7 Jahren. Und: In den nächsten acht<br />
bis neun Jahren wird jeder Zweite Pläne für die<br />
eigene Unternehmensnachfolge konkretisieren.<br />
Der Bestand soll zu einem guten Preis verkauft<br />
werden.<br />
Immerhin profitieren Maklerunternehmer von<br />
der Tatsache, dass ihr Betrieb „passives Einkommen<br />
durch die laufenden Courtage- und Provisionszahlungen<br />
aus der Betreuung eines abgeschlossenen<br />
Geschäfts generiert“, wie es Thomas<br />
Suchoweew, Experte für Nachfolgeplanung, in<br />
einem Interview mit dem „founders Magazin“<br />
formuliert. Gleichwohl scheitern viele Verkäufe,<br />
weil die zwischenmenschliche „Chemie nicht<br />
stimmt“ oder der Inhaber treue Kunden nicht in<br />
„falsche Hände“ geben möchte.<br />
Dieses Risiko reduzieren Maklerunternehmer,<br />
wenn sie ihren Wunschkandidaten für die<br />
Nachfolge selbst aufbauen, quasi als Do-it-yourself-Projekt<br />
(DIY). Dass dieser unbedingt auch<br />
Mut zum Risiko, Leistungsbereitschaft, Verantwortung<br />
für sich und seine Mitarbeiter sowie<br />
strategisches Denken mitbringen muss, kurz:<br />
ein „Unternehmer-Gen“, erklärt Oliver Petersen,<br />
Vorstand des Makler Nachfolger Clubs (siehe<br />
Interview).<br />
Abschluss als Ausbilder<br />
Wie der Weg zum Erfolg aussehen könnte, weiß<br />
auch Wolfgang Kuckertz, Vorstand der Going<br />
Public! Akademie für Finanzberatung, die unter<br />
anderem Schulungen für praktizierende und<br />
angehende Makler anbietet. Zunächst stellt der<br />
Fachmann klar: „Damit Makler selbst ausbilden<br />
dürfen, benötigen sie neben ihrer fachlichen<br />
Eignung einen Abschluss als Ausbilder.“ Dies sei<br />
die Prüfung nach der Ausbildereignungsverordnung.<br />
Außerdem müsse der Bürobetrieb für eine<br />
Ausbildung geeignet sein. Rat zu Auflagen wie<br />
Mindestvergütung, organisatorischen Pflichten<br />
etc. bekämen Makler bei den Berufsbildungsberatern<br />
der zuständigen Industrie- und Handelskammer.<br />
Nach Auffassung von Kuckertz muss ein potenzieller<br />
Nachfolger nicht als Versicherungskaufmann/-kauffrau<br />
in den Betrieb einsteigen. „Es<br />
können auch Quereinsteiger sein, die oft älter<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Angaben in %<br />
und reifer sind, über ein Netzwerk verfügen und<br />
schon wissen, worauf es im Beruf ankommt.“<br />
Damit die ersten Schritte in der Branche möglich<br />
sind, reiche schon die Sachkundeprüfung.<br />
Die Lehrgänge seien online innerhalb von drei<br />
bis fünf Monaten neben dem Job gut zu schaffen.<br />
Danach sei ein berufsbegleitendes Studium<br />
zum Beispiel zum Fachwirt für Finanzberatung<br />
möglich. Dieser lerne zusätzlich die Grundlagen<br />
der Unternehmensorganisation, -steuerung und<br />
-führung.<br />
Eine Ü50-Veranstaltung<br />
Zwei Drittel der Vermittlerschaft sind älter als 50 Jahre.<br />
22 57<br />
84<br />
Quelle: 16. Vermittlerbarometer vom AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen<br />
»Damit Makler ausbilden dürfen,<br />
benötigen sie auch einen Abschluss<br />
als Ausbilder.«<br />
Wolfgang Kuckertz,<br />
Vorstand Going Public! Akademie für Finanzberatung<br />
Ob diese Ausbildung für einen Nachfolger ausreicht,<br />
hänge vom Einzelfall und der Positionierung<br />
des Unternehmens ab. Kuckertz weiß,<br />
dass einige Pools wie Charta und pma sowie<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
74 | BERATER Nachfolgeregelung<br />
Versicherer wie Standard Life spezielle Qualifizierungsprogramme<br />
für Jungunternehmer anbieten.<br />
Auf jeden Fall sei der Aufbau von Nachwuchs<br />
der Königsweg. „Er erlaubt am ehesten, die<br />
entstandenen Werte des Unternehmens in die<br />
Zukunft zu tragen“, ist der Vorstand überzeugt.<br />
Andererseits braucht die Ausbildung von Nachfolgern<br />
Zeit und bindet Kapazitäten. Für schnelle<br />
Lösungen sei so ein Modell nicht geeignet, betont<br />
zum Beispiel Sebastian Müller vom Maklerpool<br />
BCA: „Deshalb forcieren wir den Weg einer Art<br />
Bestands- oder Nachfolgerbörse. Gefiltert nach<br />
»Nachfolger brauchen<br />
Unternehmer-Gen«<br />
Interview mit Oliver Petersen,<br />
Vorstand Makler Nachfolger Club e. V.<br />
<strong>procontra</strong>: Lohnt es sich für Maklerunternehmer,<br />
einen Nachfolger selbst<br />
aufzubauen?<br />
Oliver Petersen: Durchaus, immerhin<br />
geht es um das eigene Lebenswerk.<br />
Wer den Nachfolger selbst aussucht<br />
und aufbaut, weiß sein Unternehmen<br />
in guten Händen. Oft übernimmt ein<br />
eigener Mitarbeiter oder ein Familienmitglied<br />
das Ruder. Der ursprüngliche<br />
Makler bereitet seinen Nachfolger<br />
idealerweise sukzessiv auf zusätzliche<br />
Aufgaben vor. So erfolgt die Übergabe<br />
Schritt für Schritt. Dann wird die<br />
Belegschaft mitgenommen, und auch<br />
die größten und wichtigsten Kunden<br />
können über einen längeren Zeitraum<br />
auf diese Nachfolge vorbereitet<br />
werden.<br />
<strong>procontra</strong>: Worauf müssen Makler<br />
sonst noch achten?<br />
Petersen: Beim Aufbau eines Nachfolgers<br />
ist es wichtig, den Blick auf<br />
alle Aspekte der innerbetrieblichen<br />
bzw. innerfamiliären Unternehmensnachfolge<br />
zu richten – juristisch,<br />
strategisch und emotional. Leider gibt<br />
es kein Patentrezept für den erfolgreichen<br />
Generationswechsel im Maklerunternehmen.<br />
Zu individuell, zu speziell<br />
und häufig auch zu gefühlsbeladen<br />
sind die jeweiligen Merkmale.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie kann man sich den<br />
Aufbau eines Nachfolgers konkret<br />
vorstellen?<br />
Petersen: Zunächst arbeitet ein<br />
potenzieller Nachfolger, der idealerweise<br />
zum Beispiel die Sachkundeprüfung<br />
erfolgreich abgeschlossen<br />
hat, im Unternehmen mit und lernt<br />
Abläufe, Technik, Kunden und auch<br />
die eine oder andere Geschäftsbesonderheit<br />
kennen. Bestehende<br />
Defizite bei der fachlichen, persönlichen<br />
und unternehmerischen Ausund<br />
Weiterbildung gilt es abzubauen.<br />
Dafür gibt es neben den klassischen<br />
Bildungsangeboten inzwischen auch<br />
eine ganze Reihe von Bildungsträgern,<br />
die zielgerichtete Module für<br />
diese Bereiche anbieten. So erhält<br />
ein Nachfolger nach und nach mehr<br />
Führungs-, Budget- und Geschäftsverantwortung.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie erkennt ein Makler,<br />
ob sein potenzieller Nachfolger auch<br />
ein guter Unternehmer ist?<br />
Petersen: Das ist tatsächlich ein<br />
kniffliger Punkt. Zunächst braucht<br />
der Auswahlprozess Zeit, gegenseitiges<br />
Verständnis und Empathie.<br />
Neben den fachlichen, persönlichen<br />
und charakterlichen Fähigkeiten<br />
bedarf es eben jenes gewissen<br />
„Unternehmer-Gens“. Wenn das nicht<br />
vorhanden ist oder nicht entwickelt<br />
werden kann, ist die Nachfolge<br />
gefährdet. Es gab den Fall eines<br />
Maklerunternehmers mit zwei<br />
Kindern. Beide waren langjährige<br />
Mitarbeiter und designierte Nachfolger<br />
als Gesellschafter-Geschäftsführer.<br />
Leider eröffneten beide Kinder<br />
dem Vater auf den letzten Metern,<br />
dass sie lieber Angestellte bleiben<br />
würden. Es musste ein externer<br />
Käufer gesucht werden. Um solche<br />
Situationen zu verhindern, braucht es<br />
eine ehrliche Reflexion – auf beiden<br />
Seiten.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Nachfolgeregelung BERATER | 75<br />
Kennziffern wie der Postleitzahl bringen wir<br />
junge, bestandssuchende Makler mit älteren,<br />
nachfolgesuchenden Maklerunternehmen zusammen.“<br />
Interessant sei auch eine Maklerrente.<br />
Für ein gutes Gefühl<br />
Das sind die üblichen Pfade der Nachfolgeregelung.<br />
Einen Wunschnachfolger gezielt aufzubauen,<br />
ist zwar zeitintensiver, aber am Ende auch<br />
zufriedenstellender, argumentieren die Ausbildungs-Befürworter.<br />
Immer mehr Vertriebe<br />
bieten entsprechende Services bewusst an. Ein<br />
Beispiel ist Plansecur. Die Finanzberatungsgruppe<br />
hilft ihren Partnern beim Aufbau eines<br />
eigenen Nachfolgers. Vertriebsleiter Wolfgang<br />
Stolz beschreibt das Beispiel von Maklerunternehmer<br />
Michael Romstöck und Marcel Oberle,<br />
der noch als Banker über eine Stellenanzeige auf<br />
Romstöck aufmerksam geworden und heute sein<br />
Nachfolger ist. Zwei Jahre habe der Übergabeprozess<br />
gedauert. Romstöck habe Oberle fast jede<br />
Woche auf mehrere Kundentermine mitgenommen.<br />
Dazu Stolz: „Entscheidend ist nicht,<br />
Bestände zu übertragen, sondern Kundenbeziehungen<br />
zu übergeben.“ So funktioniere die<br />
Nachfolge auch langfristig. Das bestätigt auch<br />
Sebastian Grabmaier, Chef von Jung, DMS & Cie.:<br />
„Nachfolger baut man so auf, dass man ihnen<br />
bedenkenlos die eigene Klientel übergeben kann,<br />
ohne Kunden zu verlieren.“<br />
Nachfolger selbst aufbauen?<br />
Bessere Chance auf erfolgreiche<br />
Bestandsübergabe<br />
Lebenswerk und Kunden<br />
bleiben „in guten Händen“.<br />
Nachfolger kennt Qualität<br />
des Bestands, was höheren<br />
Preis ermöglicht.<br />
Hoher Zeitaufwand für<br />
abgebenden Makler<br />
Eine Maklerrente könnte<br />
eine Alternative sein.<br />
Beratungsgespräch samt<br />
Nachfolger könnte Kunden<br />
irritieren.<br />
Ihr starker Partner!<br />
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76 | BERATER Produkt-Check<br />
Heilpraktikerpolice im Check<br />
Mit nur einer Gesundheitsfrage will die Signal Iduna Hürden zu alternativen<br />
Heilmethoden abbauen. Doch ist der Tarif „Ambulant Plus“ auch empfehlenswert?<br />
OL OLIVER MEST<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Wie die einzige<br />
Gesundheitsfrage lautet<br />
Welche Tarifvarianten es gibt<br />
Was an dem Produkt<br />
zu kritisieren ist<br />
Bei vielen Heilpraktikerversicherungen<br />
liegt die Hürde für Kunden sehr<br />
hoch, wenn diese bereits in Behandlung<br />
sind oder waren. Vielen Vermittlern<br />
dürfte daher bei der Suche nach<br />
einer Lösung der Tarif „Ambulant<br />
Plus“ der Signal Iduna auffallen, da<br />
er nur eine Gesundheitsfrage stellt.<br />
Doch was kann der Tarif wirklich?<br />
Was leistet der Tarif?<br />
Der Tarif leistet als Heilpraktikerversicherung<br />
80 Prozent Kostenerstattung<br />
für Naturheilkunde und<br />
Heilpraktikerleistungen sowie alternative<br />
Arzneimittel – begrenzt ist die<br />
Leistung auf 750 Euro im Kalenderjahr.<br />
Ergänzend leistet der Tarif für<br />
Sehhilfen, Lasik-Zuschuss, Restkosten<br />
für Hilfsmittel, Vorsorgemaßnahmen<br />
und Reiseschutzimpfungen, gesetzliche<br />
Zuzahlungen bis 250 Euro pro<br />
Jahr sowie für ambulante und stationäre<br />
Heilbehandlung im Ausland.<br />
Der Tarif wird angeboten als Pluspur<br />
ohne Altersrückstellungen und als<br />
Ambulant Plus mit Altersrückstellungen.<br />
Ein 30-Jähriger zahlt im Tarif<br />
Plus 34,46 Euro monatlich, ohne Altersrückstellungen<br />
sind 19,93 Euro fällig.<br />
Mit 50 Jahren sind die Beiträge in<br />
beiden Varianten mit knapp 42 Euro<br />
fast vergleichbar, ab dem 55. Lebensjahr<br />
gibt es nur noch den Tarif Plus,<br />
der dann bis zu 43 Euro im Monat<br />
kostet. Ein attraktives Preis-Leistungs-<br />
Verhältnis im Marktvergleich.<br />
Was sind die Stärken?<br />
Der Tarif verzichtet auf Wartezeiten.<br />
Außerdem stellt er nur eine Gesundheitsfrage:<br />
Illustration: Roman Kulon
Produkt-Check BERATER | 77<br />
„Erfolgten in den letzten fünf Jahren<br />
Behandlungen oder Untersuchungen<br />
wegen folgender Erkrankungen/<br />
Beschwerden:<br />
Alkohol-/Drogenmissbrauch, Asthma<br />
bronchiale, chronische Darmerkrankung<br />
(Colitis ulcerosa, Morbus Crohn),<br />
Diabetes mellitus, Epilepsie, Herzinfarkt,<br />
Krebserkrankung, Multiple<br />
Sklerose, Neurodermitis, psychische<br />
oder rheumatische Erkrankung, Schlaganfall<br />
oder wurde eine HIV-Infektion<br />
festgestellt?“<br />
Kann diese Frage verneint werden,<br />
steht dem Vertragsabschluss nichts<br />
im Wege. Auffällig auch die umfangreiche<br />
Erstattung alternativer<br />
Behandlungsmethoden. Die Signal<br />
Iduna trägt die Kosten für:<br />
von Heilpraktikern oder Ärzten durchgeführte,<br />
im Hufeland-Leistungsverzeichnis<br />
aufgeführte Therapieformen<br />
der Naturheilkunde<br />
Heilpraktikerleistungen im Rahmen<br />
des geltenden Gebührenverzeichnisses<br />
für Heilpraktiker (GebüH)<br />
naturheilkundliche Leistungen von<br />
Ärzten bis zu den Höchstsätzen der<br />
GOÄ.<br />
Daraus ergibt sich ein recht breiter<br />
Rahmen an Behandlungsoptionen.<br />
Zumal laut Bedingungen auch Kosten<br />
für wissenschaftlich nicht anerkannte<br />
Heilmethoden erstattet werden.<br />
Dazu zählen etwa Schmerzakupunktur,<br />
Homöopathie, Phytotherapie,<br />
Neuraltherapie, Eigenbluttherapie,<br />
anthroposophische Medizin, Atemtherapie,<br />
Chiropraktik, osteopathische<br />
Behandlung, Schröpftherapie<br />
und physikalische Verfahren.<br />
Was ist kritisch zu sehen?<br />
Wird eine sogenannte „brechkraftverändernde<br />
Augenlaserkorrektur“<br />
in Anspruch genommen, werden in<br />
den drei Folgejahren Sehhilfen nicht<br />
erstattet. Das ist gerade bei älteren<br />
Versicherten ärgerlich, wenn der<br />
positive Effekt der Korrektur zum<br />
Beispiel durch Altersfehlsichtigkeit<br />
zunichtegemacht wird. Die Signal<br />
Iduna erklärt auf Nachfrage: „Im Tarif<br />
haben wir die Leistung für brechkraftverändernde<br />
Augenlaserkorrekturen<br />
als substitutive Leistung zur<br />
Sehhilfen-Erstattung eingeführt, um<br />
das Leistungspaket zu einem ansprechenden<br />
Preis anbieten zu können.“<br />
Produkt-Bewertung<br />
»Ein überzeugender<br />
Tarif, der vielen den<br />
Weg zu einer guten<br />
ambulanten Versorgung<br />
ebnet, die bei anderen<br />
Versicherern wegen der<br />
zum Teil sehr umfangreichen<br />
Gesundheitsprüfung<br />
durchfallen<br />
und nicht versicherbar<br />
sind.«<br />
Verständlich, um den attraktiven<br />
Beitrag halten zu können, ärgerlich<br />
gewiss im Einzelfall.<br />
Diskutabel ist die geringe Hürde der<br />
Gesundheitsprüfung, weil sie Beschwerden<br />
des Bewegungsapparats<br />
gar nicht thematisiert. Damit ist der<br />
Tarif zwar attraktiv für alle, die bei<br />
vielen Heilpraktikerversicherungen<br />
wegen Vorerkrankungen oder Beschwerden<br />
keinen Schutz bekommen.<br />
Produkt-Check<br />
Nur: Sind diese Beschwerden denn<br />
mitversichert? Die Signal Iduna<br />
bleibt hier ähnlich indifferent wie<br />
die meisten Orthopäden bei unspezifischen<br />
Rückenschmerzen. „Laufende<br />
Versicherungsfälle sind gemäß § 2,<br />
Abs. 1 Musterbedingungen für die<br />
Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung<br />
(MB/KK) vom<br />
Versicherungsschutz ausgeschlossen.<br />
Dies gilt auch dann, wenn im Vorfeld<br />
eine Gesundheitsprüfung erfolgt ist.<br />
In diesem Zuge nicht erfragte Diagnosen<br />
sind nicht automatisch mitversichert.<br />
Hierüber wird lediglich gesteuert,<br />
welche Risiken ins Kollektiv<br />
aufgenommen werden können. Die<br />
Prüfung, ob ggf. ein laufender (‚gedehnter‘)<br />
Versicherungsfall vorliegt,<br />
erfolgt im Einzelfall“, so das Unternehmen.<br />
Für Kunden und Vermittler<br />
gleichermaßen bedeutet das: Der<br />
Versicherungsschutz sollte nur dann<br />
ins Auge gefasst werden, wenn Behandlungen<br />
am Bewegungsapparat<br />
wirklich abgeschlossen sind.<br />
Tipps für die Vermittlung<br />
Wer eine naturheilkundliche Versorgung<br />
wünscht, ist mit dem Tarif ebenso<br />
gut beraten wie diejenigen, die als<br />
Brillenträger vielleicht noch das<br />
Spektrum der Vorsorgeuntersuchungen<br />
ausweiten wollen. Bei vorhandenen<br />
Vorerkrankungen sollten Vermittler<br />
aus Haftungsgründen<br />
dokumentieren, ob und wann sie<br />
final behandelt wurden.<br />
Makler Oliver Mest prüft<br />
regel mäßig Tarife<br />
für <strong>procontra</strong><br />
Hier geht es zur<br />
Gesamtübersicht:<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
78 | BERATER pro/contra Rentenpaket<br />
Rentenpaket II:<br />
großer Wurf oder großer Fail?<br />
Um das Rentensystem aus der Demografiefalle zu führen und das Niveau langfristig<br />
für die Bürger zu erhöhen, wirft das Rentenpaket II das kapitalgedeckte<br />
Generationenkapital in den Ring. Nicht jeder sieht das Instrument als zielführend.<br />
pro<br />
Mit dem Generationenkapital leiten<br />
wir einen Paradigmenwechsel in der<br />
gesetzlichen Rente ein: Indem wir die<br />
teilweise Kapitaldeckung einführen,<br />
schaffen wir ein dringend benötigtes<br />
zweites Standbein – neben Beitragszahlungen<br />
und Steuermitteln. Unser<br />
umlagefinanziertes Rentensystem<br />
passt nicht zu unserer Bevölkerungsstruktur.<br />
Das wissen wir seit Jahrzehnten.<br />
Trotzdem gab es in dieser<br />
Zeit deutlich mehr Leistungsausweitungen<br />
als nachhaltige Reformen zur<br />
besseren Finanzierbarkeit. Bei der<br />
Einführung des aktuellen umlagefinanzierten<br />
Systems in den 50er-Jahren<br />
haben sechs Beitragszahler eine<br />
Rente finanziert. Heute sind es nicht<br />
einmal mehr zwei. Das bedeutet, dass<br />
die entstandenen Finanzierungslücken<br />
mit Steuergeld gestopft werden.<br />
Also beteiligen sich die heutigen<br />
Arbeitnehmer doppelt am Rentensystem:<br />
zum einen durch ihre Beiträge<br />
und zum anderen mit einem immer<br />
größer werdenden Anteil ihrer Steuern.<br />
Der Generationenvertrag ist zur<br />
Einbahnstraße geworden.<br />
Dieser Entwicklung dürfen wir nicht<br />
weiter zusehen. Wir brauchen Lösun-<br />
»Die Kritik zum<br />
Generationenkapital<br />
beruht fast<br />
ausschließlich auf<br />
Unwissenheit.«<br />
Anja Schulz,<br />
MdB und Berichterstatterin<br />
für Rentenpolitik (FDP)<br />
gen, die in Jahrzehnten gedacht sind.<br />
Viele andere Länder setzen schon<br />
längst auf die Chancen des Kapitalmarkts,<br />
um ihre Sozialversicherung<br />
besserzustellen. Damit lösen sie sich<br />
ein Stück weit von den oben beschriebenen<br />
Faktoren und profitieren<br />
vom Wachstum anderer Volkswirtschaften.<br />
So wird die Prämienrente<br />
in Schweden bis 2030 20 Prozent der<br />
gesamten Rentenzahlung ausmachen,<br />
obwohl hierfür nur ein Zehntel<br />
des Beitragssatzes aufgewandt wird.<br />
Bei einer Rendite von bisher 11 Prozent<br />
pro Jahr ist das sehr realistisch.<br />
In Norwegen stehen pro Einwohner<br />
rund 200.000 Euro zur Verfügung.<br />
Zwar ist die Finanzierung des dortigen<br />
Staatsfonds eine andere, doch die<br />
Performance des Fonds der letzten 20<br />
Jahre verdeutlicht anschaulich, welche<br />
Chancen der Kapitalmarkt bietet.<br />
Deutschland kann es sich nicht mehr<br />
leisten, diese Potenziale ungenutzt zu<br />
lassen. Vor allem dann nicht, wenn<br />
die Kritik zum Generationenkapital<br />
fast ausschließlich auf Unwissenheit<br />
beruht. Ist aktuell also von „Casino-<br />
Rente“ und „Zockerei“ die Rede, kann<br />
die Antwort hierauf nur Finanzbildung<br />
sein. Dass diese Mythen überhaupt<br />
verfangen, erklärt, weshalb die<br />
Deutschen Sparbuch-Weltmeister<br />
sind – und ihrer eigenen Vorsorge<br />
dadurch schaden. Insofern ist es<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
pro/contra Rentenpaket BERATER | 79<br />
sinnvoll, dass der Staat mit gutem<br />
Beispiel vorangeht und für seine<br />
Bürger langfristig und breit gestreut<br />
am Kapitalmarkt investiert. Bis Mitte<br />
der 2030er-Jahre soll der Kapitalstock<br />
sich auf mehr als 200 Milliarden Euro<br />
belaufen. Die Rendite soll der Rentenversicherung<br />
zugutekommen, um<br />
künftige Beitragssatzsteigerungen<br />
abzufedern. Davon profitieren vor<br />
allem junge Arbeitnehmer und<br />
diejenigen, die es bald sein werden.<br />
Auch sie haben das Recht darauf, in<br />
der Rentenpolitik mitgedacht zu<br />
werden. Richtung Generationengerechtigkeit<br />
ist es noch ein weiter Weg,<br />
aber der erste Schritt dorthin ist der<br />
wichtigste.<br />
contra<br />
Mit dem Rentenpaket II beginnt eine<br />
neue Ära. Nicht mehr ein möglichst<br />
niedriger Beitragssatz, sondern eine<br />
angemessene Rente ist zukünftig das<br />
Ziel. Für den Sozialverband VdK und<br />
seine rund 2,2 Millionen Mitglieder<br />
ist die Garantie eines Mindestrentenniveaus<br />
von 48 Prozent bis zum Jahr<br />
2039 ein erster wichtiger Schritt, um<br />
das Vertrauen und die Akzeptanz der<br />
gesetzlichen Rente auch für zukünftige<br />
Generationen zu sichern.<br />
Diesem ersten Schritt müssen<br />
aber weitere folgen. Das Mindestrentenniveau<br />
sollte über das Jahr<br />
2039 hinaus festgeschrieben und<br />
auf 53 Prozent angehoben werden.<br />
Deutschland hinkt im Vergleich mit<br />
Volkswirtschaften wie Österreich<br />
oder den Niederlanden mit Blick auf<br />
die Bruttoersatzrate, also den Anteil<br />
der Renten am Verdienst vor Rentenbeginn,<br />
deutlich hinterher. Weder die<br />
staatlich geförderte private noch die<br />
betriebliche Altersvorsorge kann in<br />
der Breite die Lücke im Versorgungsniveau<br />
schließen.<br />
Dafür müssen wir aber auch langfristig<br />
die Rentenfinanzen in Ordnung<br />
bringen. Die Stiftung Generationenkapital<br />
ist dazu nicht geeignet. Sie<br />
soll schuldenfinanzierte Darlehen<br />
des Bundes auf dem Kapitalmarkt<br />
anlegen. Aus den Renditen sollen<br />
die Zinsen des Bundes bezahlt und<br />
»Der Beitrag des<br />
Generationenkapitals<br />
ist zu gering,<br />
kommt zu spät und<br />
ist nicht verlässlich<br />
prognostizierbar.«<br />
Michael Popp,<br />
Referent für Alterssicherung beim<br />
Sozialverband VdK<br />
Erträge an die Rentenkasse überwiesen<br />
werden. Ab 2<strong>02</strong>4 sind dafür zwölf<br />
Milliarden Euro vom Bund vorgesehen.<br />
Dieser Betrag steigt jährlich<br />
um 3 Prozent an, und 2036 wären<br />
200 Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt<br />
angelegt. Ab dann sollen<br />
daraus jährlich nur zehn Milliarden<br />
Euro Rendite zur Entlastung an die<br />
gesetzliche Rente fließen.<br />
Dieser Beitrag des Generationenkapitals<br />
ist zu gering, kommt zu spät und<br />
ist nicht verlässlich prognostizierbar.<br />
Das haben im Vorfeld der Sachverständigenrat,<br />
die Bundesbank und<br />
der Sozialbeirat vorgerechnet. Kritisch<br />
sehen wir, dass negative ökologische<br />
und soziale Auswirkungen durch<br />
nicht nachhaltige Investitionsstrategien<br />
im Bereich der Daseinsvorsorge<br />
und ökologisch schädliche Investitionen<br />
gesetzlich nicht ausgeschlossen<br />
sind. Aufgrund der hohen Renditeerwartungen<br />
an einen öffentlichen<br />
Fonds sind sie sogar wahrscheinlich.<br />
Um ein in unseren Augen gutes<br />
Rentenniveau zu finanzieren, braucht<br />
es andere Quellen: Alle Erwerbstätigen<br />
müssen endlich in die gesetzliche<br />
Rentenversicherung einzahlen.<br />
Außerdem sollten hohe Einkommen<br />
stärker an der Finanzierung der Rente<br />
beteiligt werden. Und wir schlagen<br />
eine überproportionale Beteiligung<br />
der Arbeitgeber an den steigenden<br />
Rentenbeiträgen vor, so wie es in<br />
Österreich der Fall ist. Um nicht-beitragsgedeckte<br />
<strong>Ausgabe</strong>n aus der Rentenkasse<br />
zu finanzieren, müssen die<br />
Zuschüsse des Bundes in die gesetzliche<br />
Rentenversicherung dauerhaft<br />
erhöht werden.<br />
Der stärkste Renten-Booster aber<br />
wäre, die Erwerbsbeteiligung von<br />
Frauen, Menschen mit Behinderung<br />
und Geflüchteten zu erhöhen und<br />
gute Löhne zu zahlen. Das würde das<br />
System nachhaltig stabilisieren.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
SACHWERTE<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Immobilienpreise<br />
im<br />
Sinkflug<br />
Stärkster Rückgang seit 2000<br />
Die Preise für Häuser und Wohnungen sind 2<strong>02</strong>3<br />
so stark gefallen wie seit der Jahrtausendwende<br />
nicht mehr. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts<br />
verbilligten sich Wohnimmobilien in<br />
Deutschland im Schnitt um 8,4 Prozent gemessen<br />
am Vorjahr. „Das war der stärkste Rückgang im<br />
Vorjahresvergleich seit 2000 und der erste Rückgang<br />
seit dem Jahr 2007“, so das Amt.<br />
Sowohl in den Städten als auch auf dem Land<br />
bröckelten die Preise. In Metropolen wie Berlin,<br />
Hamburg oder München gingen die Preise für<br />
Ein- und Zweifamilienhäuser um 9,1 Prozent und<br />
für ETW um 5,8 Prozent zurück. Hauptgründe<br />
waren die steigenden Bau- und Finanzierungskosten.<br />
Weitere Themen<br />
Förderungen für Hausbesitzer 82<br />
Kaufchance am Immobilienmarkt?! 84<br />
Vom Rohstoffboom profitieren 88<br />
Foto: Tolgart
82 | SACHWERTE Energieförderungen<br />
»Förderungen von Land und<br />
Bund sind kombinierbar«<br />
Energieeffiziente Sanierungen erfordern viel Kapital. Welche Förderungen hier Entlastung<br />
schaffen, erklärt Jan Karwatzki, Architekt und Prokurist beim Öko-Zentrum NRW.<br />
ST STEFAN TERLIESNER<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Welche Maximalförderung<br />
möglich ist<br />
Welche Bedingungen für die<br />
Förderung erfüllt sein müssen<br />
Wo und wie die Anträge<br />
zu stellen sind<br />
<strong>procontra</strong>: Über zu wenig Arbeit können<br />
sich Ihre Förderberater dieser Tage<br />
sicherlich nicht beklagen, oder?<br />
Jan Karwatzki: Nein. Schon seit dem<br />
Ukrainekrieg ist die Nachfrage nach<br />
Beratungen zum Einbau erneuerbarer<br />
Heizsysteme deutlich gestiegen, insbesondere<br />
zu Wärmepumpen. Dabei geht<br />
es auch um mögliche Förderungen. Hier<br />
gab es leider durch die Haushaltskrise<br />
im letzten Jahr noch einige Verzögerungen,<br />
sodass die neue Förderung erst<br />
seit dem Jahreswechsel feststeht. Seit<br />
Ende Februar können selbst nutzende<br />
Eigentümer von Einfamilienhäusern nun<br />
wieder Anträge auf Zuschüsse für die<br />
Heizungserneuerung bei der Förderbank<br />
KfW stellen. Für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern<br />
soll die Förderung ab<br />
Mai beantragbar sein. Wichtig ist: Jeder<br />
kann bereits jetzt eine erneuerbare Heizungsanlage<br />
einbauen und den Förderantrag<br />
dann bis November nachholen.<br />
<strong>procontra</strong>: Bis zu 70 Prozent Zuschuss<br />
bei Investitionskosten bis zu 30.000<br />
Euro. Das sind maximal 21.000 Euro. Ist<br />
der Staat hier wirklich so großzügig?<br />
Karwatzki: Eine so hohe Förderung<br />
steht nicht in allen Fällen zur Verfügung.<br />
Es gibt eine Grundförderung von<br />
30 Prozent, die jeder nutzen kann. Wer<br />
in seinem selbst bewohnten Haus eine<br />
ineffiziente alte Heizung ersetzt und<br />
komplett auf erneuerbare Energien<br />
umsteigt, kann bis 2<strong>02</strong>8 zusätzlich<br />
»Insgesamt ist die<br />
maximale Förderquote<br />
auf 70 Prozent<br />
gedeckelt.«<br />
einen Klimageschwindigkeits-Bonus von<br />
weiteren 20 Prozent bekommen. Dieser<br />
Bonus wird ab 2<strong>02</strong>9 jedoch sinken.<br />
Zusätzlich gibt es einen weiteren Bonus<br />
von 30 Prozent, wenn das zu versteuernde<br />
Haushaltseinkommen nicht mehr<br />
als 40.000 Euro pro Jahr beträgt. Wird<br />
eine besonders effiziente oder umweltfreundliche<br />
Wärmepumpe eingesetzt,<br />
können noch mal 5 Prozent hinzukommen.<br />
Alle diese Fördersätze können miteinander<br />
kombiniert werden. Insgesamt<br />
ist die maximale Förderquote dann auf<br />
70 Prozent gedeckelt.<br />
<strong>procontra</strong>: Wer profitiert noch von der<br />
Heizungsförderung?<br />
Karwatzki: Die Förderung kann grundsätzlich<br />
von allen Antragsstellern<br />
genutzt werden, egal ob Privatperson,<br />
Vermieter, Unternehmen, Verein etc.<br />
Sie ist also auch für große Mehrfamilienhäuser<br />
oder Nichtwohngebäude<br />
verfügbar. Allerdings kann man den<br />
Klimageschwindigkeits-Bonus und den<br />
Einkommensbonus nur nutzen, wenn<br />
man in seinem eigenen Haus oder<br />
seiner Eigentumswohnung wohnt. Für<br />
Vermieter und Unternehmen, die diese<br />
Boni nicht nutzen können, stehen somit<br />
maximal 35 Prozent Zuschuss zur Verfügung.<br />
<strong>procontra</strong>: Und wie kommen Förderberechtigte<br />
konkret an den Zuschuss ran?<br />
Karwatzki: Der Zuschuss für neue Heizungsanlagen<br />
muss bei der staatlichen<br />
Förderbank KfW online beantragt werden.<br />
Nur wenn mehrere Gebäude aus<br />
einer gemeinsamen Heizung versorgt<br />
werden sollen, muss dies als sogenanntes<br />
Gebäudenetz beim BAFA beantragt<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Energieförderungen SACHWERTE | 83<br />
werden. Für die Beantragung muss<br />
ein Vertrag mit einem ausführenden<br />
Heizungsunternehmen abgeschlossen<br />
sein. Zudem muss das Heizungsunternehmen<br />
oder ein Energieberater eine<br />
Bestätigung zum Antrag erstellen, deren<br />
ID-Nummer man beim Onlineantrag eingeben<br />
muss. Ausführliche Informationen<br />
zur Antragsstellung gibt es über die<br />
KfW-Homepage. Wir empfehlen, vor der<br />
Entscheidung für eine neue Heizungsanlage<br />
eine geförderte Energieberatung<br />
durchführen zu lassen, um die beste<br />
Lösung für das Gebäude zu finden.<br />
Zugelassene Energieberater sind auf<br />
der Energieeffizienz-Expertenliste des<br />
Bundes aufgeführt.<br />
<strong>procontra</strong>: Gibt es weitere Förderprogramme<br />
für Immobilieneigentümer?<br />
Karwatzki: Im Rahmen der Bundesförderung<br />
effiziente Gebäude, BEG, werden<br />
nicht nur erneuerbare Heizungsanlagen<br />
bei der KfW gefördert, sondern<br />
beim BAFA auch weitere Einzelmaßnahmen<br />
wie die Dämmung von Bauteilen,<br />
der Austausch von Fenstern, der Einbau<br />
von Lüftungsanlagen sowie die Optimierung<br />
eines bestehenden Heizsystems<br />
mit 15 Prozent bezuschusst. Wer<br />
vorab eine geförderte Energieberatung<br />
durchführen und einen individuellen<br />
Sanierungsfahrplan, iSFP, ausstellen<br />
lässt, bekommt 20 Prozent Zuschuss.<br />
Für den Eigenanteil, der verbleibt, wenn<br />
eine Einzelmaßnahme beim BAFA oder<br />
der KfW bezuschusst wird, kann seit<br />
Kurzem zusätzlich ein Ergänzungskredit<br />
beantragt werden. Der beinhaltet für<br />
selbst nutzende Wohneigentümer mit<br />
einem zu versteuernden Haushaltseinkommen<br />
von bis zu 90.000 Euro pro<br />
Jahr eine deutliche Zinsverbilligung.<br />
Wenn das gesamte Gebäude auf das<br />
energetische Niveau eines Effizienzhauses<br />
saniert wird, kann man bei der KfW<br />
einen zinsgünstigen Kredit mit Tilgungszuschuss<br />
bekommen. Hier können auch<br />
höhere Kosten pro Wohneinheit gefördert<br />
werden. Daneben gibt es länderabhängige<br />
Förderprogramme, die oftmals<br />
mit der Bundesförderung kombiniert<br />
werden können.<br />
<strong>procontra</strong>: Wo und wie erfolgt hier die<br />
Antragsstellung?<br />
Karwatzki: Die Förderung von Einzelmaßnahmen,<br />
die keine Heizungsanlagen<br />
für einzelne Gebäude betreffen,<br />
wird beim BAFA online beantragt. Hier<br />
muss vorab ein Energieberater involviert<br />
und eine Technische Projektbeschreibung<br />
ausgestellt werden. Zudem kann<br />
auch hier – wie bei der Heizungsförderung<br />
– seit Anfang 2<strong>02</strong>4 nur dann ein<br />
Antrag gestellt werden, wenn bereits<br />
ein Liefer- oder Leistungsvertrag zur<br />
Durchführung der Maßnahmen abgeschlossen<br />
wurde. Dessen Wirksamkeit<br />
muss jedoch durch eine bestimmte<br />
Klausel von Förderung abhängig sein.<br />
Für die umfassende Sanierung zum<br />
Effizienzhaus muss das erreichte<br />
energetische Niveau durch einen<br />
Energieberater nachgewiesen und<br />
bescheinigt werden. Erst dann kann<br />
über die Hausbank ein Förderkredit<br />
beantragt werden. Auch der Ergänzungskredit<br />
zur Finanzierung bereits<br />
bezuschusster Einzelmaßnahmen muss<br />
über die Hausbank bei der KfW beantragt<br />
werden.<br />
Nützliche Förder-Seiten<br />
Informationen der<br />
KfW zur Heizungsförderung:<br />
Energieeffizienz-<br />
Experten in der Nähe<br />
finden:<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
84 | SACHWERTE Immobilienmarkt<br />
Jetzt oder nie?!<br />
Die Prognosen für den Immobilienmarkt sind sehr unterschiedlich. Welche Faktoren eine<br />
Rolle spielen und woran sich Interessenten vor einem Kauf orientieren können<br />
ST STEFAN TERLIESNER<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Welche Indizes bereits<br />
steigende Preise ankündigen<br />
Prognose für Hypothekenzinsen<br />
Stellenwert des energe tischen<br />
Zustands von Objekten<br />
„Für Kaufinteressierte gibt es keinen<br />
Grund zu warten!“ Laut Mirjam Mohr,<br />
Vertriebsvorständin bei Interhyp,<br />
Deutschlands größtem Vermittler von<br />
Baufinanzierungen, wird 2<strong>02</strong>4 ein gutes<br />
Jahr für den Immobilienkauf. „Wir<br />
sehen eine bessere Leistbarkeit als<br />
2<strong>02</strong>3 und deutlich mehr Planbarkeit<br />
als in den letzten Jahren“, führt sie aus<br />
und zählt insbesondere drei Faktoren<br />
auf, die Kaufen wieder attraktiver machen:<br />
niedrigere Bauzinsen als noch<br />
im Oktober, gesunkene Immobilienpreise<br />
und deutlich steigende Mieten.<br />
Sie betont ebenfalls, dass Kaufinteressenten<br />
sich beraten lassen sollten.<br />
Sinkflug hat ein Ende<br />
Tatsächlich ist die Lage am Immobilienmarkt<br />
immer noch von einer<br />
Illustration: Roman Kulon
Immobilienmarkt SACHWERTE | 85<br />
großen Verunsicherung bei allen<br />
Beteiligten geprägt (siehe auch<br />
Kommentar). Wer ein Haus oder eine<br />
Wohnung kaufen möchte, achtet vor<br />
allem auf den Kaufpreis des Objekts<br />
und den Kreditzins, den die Banken<br />
fordern.<br />
Was die Immobilienpreise betrifft,<br />
könnte die Trendwende eingesetzt<br />
haben. Darauf deutet der neue Wohnindex<br />
des Instituts der deutschen<br />
Wirtschaft (IW) hin. Demnach sind<br />
sechs Quartale in Folge die Preise<br />
für Wohneigentum gesunken, jetzt<br />
steigen sie wieder: Im Schlussquartal<br />
2<strong>02</strong>3 waren Häuser 0,6 Prozent und<br />
Eigentumswohnungen 0,8 Prozent<br />
teurer als im Quartal zuvor. „Die Immobilienpreise<br />
dürften damit ihre<br />
Talsohle erreicht haben“, berichten<br />
die Ökonomen Pekka Sagner und<br />
Michael Voigtländer vom IW in Köln.<br />
Der Wohnindex soll fortan vierteljährlich<br />
erscheinen. Für den Index<br />
haben die Forscher eigenen Angaben<br />
zufolge Millionen von Wohninseraten<br />
ausgewertet.<br />
Berliner Mietmarkt vorneweg<br />
Mietsteigerung zum Vorjahresquartal in den zehn größten Städten<br />
5,2<br />
3,9<br />
Essen 3,3<br />
Dortmund<br />
Düsseldorf<br />
5,4<br />
Köln<br />
5,4<br />
Frankfurt<br />
5,1<br />
Stuttgart<br />
4,7<br />
Hamburg<br />
7,3<br />
München<br />
7,8<br />
Leipzig<br />
9,2<br />
Berlin<br />
Angaben in % Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft; Stand: 4. Quartal 2<strong>02</strong>3<br />
»Für Kaufinteressierte<br />
gibt es keinen<br />
Grund zu warten!«<br />
Mirjam Mohr<br />
Vertriebsvorständin bei Interhyp<br />
Unterschiedliche Indizes<br />
Eher abwartend ist Jens Tolckmitt,<br />
Hauptgeschäftsführer des Verbands<br />
der Pfandbriefbanken (vdp). Deren<br />
Wohnimmobilienpreisindex zeigt<br />
einen anderen Verlauf. Nämlich<br />
auch im vierten Quartal 2<strong>02</strong>3 einen<br />
Rückgang der Preise um 1,6 Prozent.<br />
Tolckmitt rechnet mit einer Stabilisierung<br />
der Preise im Sommer. Generell<br />
bleibe das Immobilienjahr 2<strong>02</strong>4<br />
„vorerst schwierig“, meint er. Erwähnt<br />
werden muss, dass der vdp-Index auf<br />
der Auswertung echter Transaktionsdaten<br />
beruht, also anders erhoben<br />
wird als der IW-Wohnindex. Letzterer<br />
setzt früher an und hat eher einen<br />
Prognosecharakter.<br />
Immer wichtiger wird laut Immobilienexperten<br />
auch der energetische Zustand<br />
eines Gebäudes. Hierauf weist<br />
zum Beispiel Michael Neumann,<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
86 | SACHWERTE Immobilienmarkt<br />
Maklers Meinung<br />
„Im Laufe seines Lebens bezahlt<br />
jeder mindestens ein Haus – das<br />
eigene oder das des Vermieters.“<br />
Dieses Sprichwort zeigt: Wohneigentum<br />
ist nach wie vor erstrebenswert<br />
und ein kluger Baustein<br />
der Altersvorsorge. In den Jahren<br />
niedrigster Zinsen konnten sich<br />
deutlich mehr Menschen einen<br />
Immobilienkauf leisten. Doch<br />
diese Zeiten sind vorbei. Die<br />
Zinsen sind spürbar gestiegen, die<br />
Immobilienpreise hoch und das<br />
Eigenkapital vielfach knapp. In<br />
Berlin-Brandenburg sind aufgrund<br />
altersbedingter Aufgabe von<br />
Immobilien eher Bestandsobjekte<br />
auf dem Markt zu finden. Diese<br />
zumeist alten Häuser bringen oft<br />
diverse Modernisierungsnotwendigkeiten<br />
mit sich. Zusätzlich gilt<br />
es aufgrund des neuen Heizungsgesetzes<br />
zu prüfen, ob oder wann<br />
die vorhandene Heizung erneuert<br />
werden muss. All das führt zu<br />
großen Verunsicherungen bei<br />
»Nichts für Feiglinge«<br />
Andrea Irmscher, Immobiliendarlehen-Vermittlerin,<br />
Versicherungsmaklerin und Anlageberaterin mit Büro<br />
im Berliner Umland<br />
Käufern. Es braucht zusätzliche<br />
Fachberatung, die weiteres Geld<br />
kostet. Eine Förderung durch die<br />
KfW ist leider auch nicht zuverlässig<br />
planbar: bereits 2<strong>02</strong>3 sollte ein<br />
Programm für junge Familien zum<br />
Erwerb alter Häuser an den Start<br />
gehen – wir warten immer noch.<br />
Die Möglichkeit, vorhandenes<br />
Kapital in Riester-Verträgen für<br />
energetische Sanierungen zu<br />
nutzen, ist leider nicht zu Ende<br />
gedacht. Ohnehin ist diese<br />
Neuerung kaum bekannt. Nicht<br />
zuletzt sind für Modernisierungen<br />
weder die Kosten noch die<br />
Verfügbarkeit von Handwerkern<br />
zuverlässig kalkulierbar. Kurz: Das<br />
Immobilienfinanzierungsgeschäft<br />
ist eine große Herausforderung für<br />
Kunden und Berater. Ich arbeite<br />
seit 40 Jahren in diesem Segment,<br />
seit 23 Jahren bankenunabhängig<br />
– ich kann Ihnen sagen: Mittlerweile<br />
ist das Geschäft nichts für<br />
„Feig linge“.<br />
Lage bleibe dennoch relevant. Preise<br />
für Objekte in strukturschwächeren<br />
Regionen gäben überdurchschnittlich<br />
nach.<br />
EZB wartet noch ab<br />
Das zweite zentrale Kriterium für<br />
Käufer ist der Zins für Hypothekendarlehen.<br />
Dieser wiederum wird stark<br />
von den Leitzinsentscheidungen der<br />
Europäischen Zentralbank bestimmt.<br />
Seit November 2<strong>02</strong>3 sind die Bauzinsen<br />
gesunken: von 4,2 auf 3,5 Prozent<br />
Ende Februar für zehnjährige Darlehen.<br />
„Für Kaufinteressenten ist das<br />
eine gute Nachricht“, sagt Interhyp-<br />
Vorständin Mohr. Besonders stark<br />
falle der Zinseinspareffekt in den<br />
Großstädten aus, da hier die Kaufpreise<br />
und damit auch die durchschnittliche<br />
Darlehenssumme am höchsten<br />
seien. So sparten Wohnungskäufer in<br />
Berlin über die gesamte Kreditlaufzeit<br />
im Schnitt 50.000 Euro an Zinsen im<br />
Vergleich zum letzten November.<br />
Kaufwillige schauen indes auf die<br />
erwartete Zinsentwicklung. Neumann<br />
erwartet eine „Seitwärtsbewegung<br />
– mit Ausschlägen um rund einen<br />
halben Prozentpunkt nach oben und<br />
unten um die derzeitigen 3,5 Prozent<br />
für eine zehnjährige Zinsbindung.“<br />
Vorerst halte die EZB an ihrem Leitzins<br />
von 4,5 Prozent fest. Im Laufe des<br />
Jahres sei aber mit ersten Zinssenkungen<br />
zu rechnen.<br />
der Chef des Finanzberatungsunternehmens<br />
Dr. Klein, hin: „Bei den<br />
Immobilienpreisen wird es eine große<br />
Ausdifferenzierung geben. Vor allem<br />
energieeffiziente Objekte sind deutlich<br />
wertstabiler. Kam es früher vor allem<br />
darauf an, wo sich die Immobilie<br />
befindet, wird nun ihr energetischer<br />
Zustand immer relevanter.“ Gebäude<br />
aus den Energieeffizienzklassen G<br />
und H verlören überproportional an<br />
Wert, hat Neumann beobachtet. Die<br />
50.000 €<br />
beträgt aktuell die Zinsersparnis<br />
für ein zehnjähriges Darlehen<br />
gegenüber November 2<strong>02</strong>3.<br />
Zeitenwende beim Zins<br />
Natürlich müssten dafür die Parameter<br />
passen, also vor allem die<br />
Inflationsrate stetig sinken. Bis Ende<br />
2<strong>02</strong>4 könnte der Leitzins unter die<br />
4-Prozent-Marke fallen, prognostiziert<br />
Neumann. In der Annahme, dass<br />
Bauzinsen etwa einen Prozentpunkt<br />
unter dem Leitzins liegen, „könnten<br />
sich die zehnjährigen Hypothekenzinsen<br />
in sechs bis zwölf Monaten<br />
voraussichtlich also in einem Bereich<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
Immobilienmarkt SACHWERTE | 87<br />
von 3 bis 3,5 Prozent bewegen“, analysiert<br />
Jochen Bartz, Produktmanager<br />
bei der Santander Consumer Bank.<br />
Bedenken sollten Kaufwillige auch:<br />
Im Markt gibt es etliche Ökonomen,<br />
die eine Null- und Niedrigzinsphase<br />
ohnehin für sehr lange Zeit ausschließen.<br />
Dafür steige die Staatsverschuldung<br />
in Europa zu schnell.<br />
Neben Immobilienpreisen und<br />
Zinsen spricht jetzt nach Ansicht<br />
Mohrs je nach Lage auch die Mietentwicklung<br />
für einen Kauf. Vor allem in<br />
den Großstädten steigen die Preise,<br />
vor allem bei Neuvermietungen<br />
(siehe Grafik auf Seite 85). Fachleuten<br />
zufolge trägt die Misere am Bau<br />
dazu bei. Laut einer Studie fehlen in<br />
Deutschland 700.000 Wohnungen.<br />
Das politische Ziel, jährlich 400.000<br />
neue Einheiten fertigzustellen, werde<br />
auch 2<strong>02</strong>4 deutlich verfehlt.<br />
Gute Beratung ist das A und O<br />
Fazit: Dieses Jahr scheint ein gutes für<br />
den Kauf einer Immobilie zu sein. In<br />
beliebten Regionen steigen die<br />
Objektpreise bereits wieder. Gleichzeitig<br />
schwanken die Zinsen für zehnjährige<br />
Darlehen voraussichtlich um das<br />
Niveau von 3,5 Prozent. Berater<br />
Jetzt Immobilienkauf forcieren?<br />
Gelegenheit scheint günstig<br />
wie lange nicht.<br />
Warten auf Null- und Niedrigzinsphasen<br />
unrealistisch<br />
Immobilienbesitz als Altersvorsorge<br />
immer empfehlenswert<br />
sollten darauf achten, dass ihre<br />
Kunden nicht nur gute Finanzierungskonditionen<br />
erhalten, sondern<br />
auch den energetischen Zustand des<br />
Wunschobjekts bei der Kaufentscheidung<br />
berücksichtigen. Auch Förderprogramme<br />
sind einen Blick wert.<br />
Beraten ja, zu einer<br />
Entscheidung drängen nein<br />
Große Investitionen stets mit<br />
kühlem Kopf entscheiden<br />
Nach den ersten EZB-Zinssenkungen<br />
ist das Bild klarer.<br />
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Ihr Beihilfe-Geschäft<br />
Gerade erst im Markt und schon die Nummer eins:<br />
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Deutschen Versicherungs-Award auf Anhieb den ersten Platz!<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
88 | SACHWERTE Rohstoffe<br />
Renditetreiber gesucht?!<br />
Energieträger, Industrie- oder Edelmetalle – Rohstoffe boomen und<br />
treten immer stärker aus ihrer reinen »Beimischungsrolle« hervor.<br />
ST STEFAN TERLIESNER<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Warum viele Rohstoffpreise<br />
schon bald steigen<br />
Welche Anlageprodukte<br />
aussichtsreich sind<br />
Welchen Anteil Rohstoffe<br />
im Depot haben sollten<br />
Für viele Anleger sind Rohstoffe<br />
exotisch. Zu Unrecht, findet Nikolas<br />
Kreuz, Geschäftsführer des Invios<br />
Instituts für Vermögenssicherung &<br />
Asset Management: Rohstoffe würden<br />
oft „wegen ihres Potenzials zur Verbesserung<br />
der Risikostreuung in Betracht<br />
gezogen“. Anleger sollten aber<br />
analysieren (lassen), wie Rohstoffe<br />
mit anderen Assets korrelieren.<br />
Mythos Gold<br />
Rohstoffe, das sind Energieträger<br />
wie Öl und Gas, Industriemetalle wie<br />
Eisen, Kupfer und Aluminium, Nahrungsmittel<br />
wie Getreide, Kaffee und<br />
Kakao, aber auch Edelmetalle – allen<br />
voran Gold, dem Menschen seit mehreren<br />
Tausend Jahren eine fast schon<br />
mythische Bedeutung beimessen. Für<br />
Anleger gibt es mehrere Möglichkeiten,<br />
in Rohstoffe zu investieren – am<br />
einfachsten geht dies mit Rohstoffaktienfonds.<br />
Top-Positionen in vielen<br />
Fonds sind oft der Bergbaukonzern<br />
Rio Tinto, die Ölriesen ExxonMobil,<br />
Shell und Total, die Aluminiumhütte<br />
Alcoa und der Zementhersteller Holcim.<br />
Auch Goldminenaktien zählen in<br />
einigen Fonds zu den Top-Holdings.<br />
Preise steigen<br />
Analysten zufolge dürften die Rohstoffpreise<br />
schon bald auf breiter<br />
Front steigen. So hat Hubertus Bardt,<br />
Geschäftsführer des Instituts der<br />
deutschen Wirtschaft (IW), eine „Metallpreisrallye“<br />
identifiziert. Der vom<br />
Institut ermittelte Industriemetallpreisindex<br />
habe Ende 2<strong>02</strong>3 deutlich<br />
angezogen. Ohne die Schwäche des<br />
Dollar bzw. die Aufwertung des Euro<br />
wäre das Preisbarometer noch stärker<br />
gestiegen. Vor allem Eisenerz sei viel<br />
teurer geworden, aber auch Silber,<br />
Gold, Zink und Aluminium.<br />
Analysten zufolge treibt die Aussicht<br />
auf eine globale Konjunkturbelebung<br />
die Preise in die Höhe. Die Wirtschaft<br />
Illustration: Eleonora Mavromati
Rohstoffe SACHWERTE | 89<br />
Metalle – langfristig immer teurer<br />
Industriemetallpreisindex; Januar 1999 = 100<br />
70 0<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
Januar 1999<br />
Januar 2<strong>02</strong>4<br />
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft<br />
in den USA und der Eurozone dürfte tien zurückkaufen, als in die Erschließung<br />
neuer Ölquellen zu investieren.<br />
von den ab Juni erwarteten Zinssenkungen<br />
der Notenbanken profitieren. Auch aus diesem Grund hat die<br />
Wenn Geld billiger zu haben ist, fragen<br />
Unternehmen und Verbraucher Prognose für die diesjährige Ölpro-<br />
Energieinformationsbehörde EIA ihre<br />
mehr Kredite nach und investieren duktion in den USA auf 13 Millionen<br />
bzw. konsumieren mehr. Ökonomen Barrel pro Tag gesenkt. Damit wird<br />
zufolge könnte auch die chinesische die Förderpolitik der ölexportierenden<br />
Länder (OPEC) noch entschei-<br />
Konjunktur dank staatlicher <strong>Ausgabe</strong>nprogramme<br />
positiv überraschen. dender für den globalen Ölmarkt. Die<br />
„Bereits der Start ins Jahr des Drachen OPEC hat zum Jahreswechsel bereits<br />
war in vieler Hinsicht etwas besser als angekündigt, 2<strong>02</strong>4 weniger Rohöl zu<br />
die gedrückte Stimmung“, heißt es fördern. So sollen die Preise weiter in<br />
zum Beispiel im Helaba-Länderfokus die Höhe klettern.<br />
China.<br />
Trend Elektrifizierung<br />
Weniger Wettbewerb<br />
Dass es mit etlichen Rohstoffpreisen<br />
Beim Rohstoff Öl kommt ein weiterer bald aufwärts geht, erwarten auch<br />
tendenziell preistreibender Faktor Thu Lan Nguyen, Leiterin Rohstoffanalyse<br />
bei der Commerzbank, sowie<br />
hinzu: In den USA rollt eine Übernahmewelle<br />
über die Branche hinweg. ihre Kollegen Carsten Fritsch und<br />
Zum Beispiel hat ExxonMobil den Barbara Lambrecht. Zum Beispiel<br />
Förderer Pioneer Resources übernommen.<br />
Weitere Akquisitionen und wichtigste Industriemetall – bis Ende<br />
werde der Preis für Kupfer – das wohl<br />
Fusionen kommen hinzu. Fachleuten 2<strong>02</strong>4 um 8 Prozent auf 9.200 Dollar<br />
zufolge werden die nun größeren pro Tonne steigen. Langfristig sei<br />
Konzerne die Ölproduktion drosseln, Kupfer der große Gewinner des anbrechenden<br />
E-Mobilitäts-Zeitalters.<br />
um höhere Preise erzielen zu können;<br />
aber auch, weil sie lieber eigene Ak- Ähnliches gilt für Aluminium, das<br />
sich bis zum Jahresultimo um ein<br />
Fünftel auf 2.800 Dollar verteuern<br />
werde, heißt es in einem Fachartikel<br />
der Analysten.<br />
Auch bei Gold erwarten die Branchenkenner<br />
einen weiteren Preisanstieg,<br />
nachdem das gelbe Metall im März<br />
bei 2.193 Dollar für rund 31 Gramm<br />
ein Allzeithoch markierte (siehe auch<br />
Interview Seite 28). Andere Fachleute<br />
teilen diese Meinung. So schreibt<br />
Hendrik Marx, Leiter des Edelmetallhandels<br />
bei Heraeus, in einem Beitrag<br />
für die „Börsen-Zeitung“: „Wir werden<br />
bei Gold ein neues Rekordniveau sehen.“<br />
Mit den bald sinkenden Zinsen<br />
beginne erst eine Phase, in der das<br />
Edelmetall traditionell eine positive<br />
Entwicklung zeige.<br />
Kurzum: Eine Zeit steigender Rohstoffpreise<br />
steht bevor. Mit Anteilen<br />
an entsprechenden Fonds partizipieren<br />
Anleger von diesem Trend. Das<br />
Investment sollte nur eine Beimischung<br />
sein. Vermögensverwalter<br />
Kreuz rät zu einem Anteil von 5 bis<br />
10 Prozent des Portfolios.<br />
Rohstoffaktienfonds<br />
empfehlen?<br />
Für optimale Risikostreuung<br />
sinnvoll<br />
Trends wie E-Mobilität<br />
sprechen dafür.<br />
Preise steigen mit<br />
Konjunkturerholung.<br />
Rohstoffaktien schwanken<br />
wie andere Aktien.<br />
Preise stark von Politik<br />
(z. B. OPEC) beeinflusst<br />
Berater bräuchte zusätzliches<br />
Branchenwissen.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
90 | PRIVAT GEFRAGT <br />
»Mein erstes Geld habe ich mit Toilettenputzen<br />
in einer Baufirma verdient«<br />
Ruven Simon,<br />
Leiter bAV-Vertrieb, Prokurist, WWK Lebensversicherung, 2004 als Azubi angefangen<br />
Zum Frühstück gibt es bei mir<br />
Kaffee und Zigarette.<br />
Meine aktuelle Leseempfehlung:<br />
das Booklet der letzten <strong>procontra</strong>. ;)<br />
Meine Lieblingsserie/Lieblingsfilm:<br />
Sonntag, 20.15, Tatort – richtig<br />
deutsch. :)<br />
Das Radio drehe ich lauter bei<br />
Schlager und 90er.<br />
Die Homeoffice-Kultur empfinde<br />
ich als<br />
Ich weiß gar nicht ganz genau, was<br />
Homeoffice-Kultur ist. An sich ist das<br />
Vertriebsleben schon immer remote<br />
und mit den Ansprüchen an Arbeit und<br />
Privatleben vereinbar.<br />
Mein erstes Geld habe ich verdient mit<br />
Toilettenputzen in einer Baufirma.<br />
Wenn Geld keine Rolle spielen würde,<br />
wäre ich am liebsten<br />
ach – keine Ahnung. Vielleicht bAV-Chef<br />
bei der WWK. :)<br />
Am meisten Überwindung kostet mich<br />
Fehler/Missstände/Ungerechtigkeiten<br />
nicht anzusprechen.<br />
Bezogen auf mein Job-Know-how<br />
wollen Familie und Freunde am<br />
häufigsten von mir wissen<br />
ja, grausam – kannst du dir mal meinen<br />
Riester anschauen.<br />
Ich würde gern mal einen Tag lang<br />
tauschen mit …, um dann Folgendes<br />
zu tun:<br />
mit meiner Frau, um dann zu wissen,<br />
ob es wirklich so schlimm ist, wenn ich<br />
ein T-Shirt im Bad liegen lasse.<br />
Wahrer Luxus ist für mich<br />
klingt sicher komisch: Aber so ’ne ganze<br />
Woche nur „draußen“ rumfahren und<br />
Vermittler- und AG-Termine wahrnehmen<br />
ist für mich das Beste.<br />
Jahrgang 1987,<br />
verheiratet,<br />
keine Kinder<br />
Ihre Meinung bitte<br />
Das Thema Altersvorsorge<br />
sollte bereits in der Schule<br />
forciert werden.<br />
Beim Thema Altersvorsorge<br />
hat die deutsche Politik<br />
versagt.<br />
Arbeitnehmer sind durchschnittlich<br />
gut über die<br />
bAV informiert.<br />
Dieses Reiseziel würde ich gerne<br />
mal besuchen:<br />
Wellington, Florida, während des Winter<br />
Equestrian Festivals.<br />
Meine erste Tat zu Beginn eines<br />
Arbeitstages:<br />
kurz E-Mails am Handy checken und<br />
dann Mitarbeiter und Kollegen (Maklerbetreuer,<br />
Bezirksdirektoren, Vertriebsdirektoren<br />
usw.) anrufen.<br />
Als bAV-Vertriebsleiter lege ich<br />
besonderen Wert auf<br />
eine erlebenswerte Customer Experience<br />
in der bAV für Vermittler, Arbeitgeber<br />
und Arbeitnehmer.<br />
So würden mich meine Kollegen<br />
beschreiben:<br />
nervig. ;)<br />
Deshalb ist die bAV mein berufliches<br />
Steckenpferd:<br />
weil die bAV eine Win-win-win-Lösung<br />
ist: für Vermittler, Arbeitnehmer und<br />
Arbeitgeber.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>4
ALLIANZ COMMERCIAL<br />
Risiken managen.<br />
Chancen ergreifen.<br />
Gerade unter den aktuellen Bedingungen ist es nicht immer leicht, die eigenen<br />
Ziele zu erreichen. Jedes Unternehmen muss individuelle Herausforderungen<br />
meistern – von Cybervorfällen über Betriebsunterbrechungen bis zu Naturgefahren.<br />
Die Allianz erkennt Risiken und minimiert sie durch den Einsatz von<br />
professionellen Underwritern, Risikoingenieuren und kompetentem Schadenmanagement<br />
im Fall der Fälle. Unser regionales Know-how, das internationale<br />
Netzwerk und unsere Finanzkraft sorgen dafür, dass wir Geschäftsrisiken<br />
maßgeschneidert absichern und bei Bedarf auch weltweit managen.<br />
Allianz Commercial – Ihr Partner für proaktives Risikomanagement in einer<br />
vernetzten Welt.<br />
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