Seesicht - Das Zentralschweizer-Seen-Magazin Nr. 2 - 2024
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Julia Heart<br />
FOTO: CHRISTIAN BECHTIGER<br />
Die Schweizer Musikszene<br />
ist vielfältig, jedenfalls<br />
vielfältiger, als<br />
manch einer oder eine<br />
wohl denkt. Dennoch,<br />
von der Musik zu leben<br />
ist nicht einfach, betonen<br />
Stars und Newcomer gleichermassen.<br />
Zu kleiner Markt, kaum Auftrittsmöglichkeiten,<br />
hohe Hürden für Plattenverträge<br />
sowie hohe Grundkosten und einiges<br />
mehr. Die junge Sängerin Julia Herzog,<br />
alias Julia Heart, sieht das auch so, geht<br />
das Ganze aber pragmatisch an. Deswegen<br />
sich unter Druck setzen lassen möchte sie<br />
nicht, «ich möchte frei sein mit und in dem,<br />
was ich tue.» Übersetzt: Sie geht ihren<br />
eigenen Weg, unabhängig von Verkaufszahlen,<br />
Mainstreamanforderungen, Klicks<br />
und studiert deshalb in Olten Psychologie,<br />
um unabhängiger zu sein. «Natürlich<br />
freut es mich, wenn meine Musik Menschen<br />
erreicht, wobei ich das tun muss,<br />
was für mich stimmt.» Ein Rezept, welches<br />
offenbar gut funktioniert. Mit ihren<br />
jungen 31 Jahren hat sie dies von Anfang<br />
an getan, erfolgreich, muss man dabei ergänzen.<br />
Nach ihrem Auftritt am «Autumn<br />
of Music» – organisiert von der Montreux<br />
Jazz Artists Foundation – gewann sie dessen<br />
Nachwuchspreis. Zusammen mit dem<br />
Titel erhielt sie dabei die Mittel für eine<br />
Studioproduktion.<br />
EINE LANGE REISE<br />
Aufgewachsen ist die Sängerin im luzernischen<br />
Grosswangen, entgegen irgendwelcher<br />
Klischees nicht in einer musikalischen<br />
Familie mit berühmten Eltern.<br />
Singen aber, das habe ihr einfach gutgetan,<br />
erzählt Heart, was sie jedoch eher spät<br />
festgestellt habe und so fand sie ihren Weg<br />
mit unterschiedlichen Bands auf die Bühne,<br />
wo sich zeigt, dass da jemand singt, der<br />
Talent hat. Vor allem aber eine erkennbare<br />
und wandelbare Stimme, gute Voraussetzungen<br />
also. Von nichts kommt nichts galt<br />
auch bei ihr, sie nahm Gesangsstunden, arbeitete<br />
an Texten und Songs. 2014 gründete<br />
sie schliesslich mit Freunden die Blues<br />
Rock-Band The Konincks. Im selben Jahr<br />
veröffentlichte sie die Debüt-EP Electric<br />
Brew, welche national wie international<br />
Aufmerksamkeit erlangte. 2015 tourte<br />
das Quartett erstmals zusammen mit dem<br />
amerikanischen Gitarristen und Sänger<br />
Richie Kotzen für mehrere Wochen durch<br />
Europa. Zusammen mit «The Konincks»<br />
veröffentlichte Julia Heart insgesamt ein<br />
Album und zwei EPs, spielte zwei Europatourneen<br />
und eine Tournee in Osteuropa.<br />
Sie verzeichnete Auftritte am Heitere<br />
Open Air und am Blue Balls Festival in Luzern.<br />
2018 kam es, wie es so oft kommt. Die<br />
Band löste sich auf, wegen musikalischer<br />
Differenzen, wie es offiziell hiess. Im selben<br />
Jahr gab schliesslich Julia Heart ihr<br />
Soloprojekt bekannt. Im Mai 2019 folgte<br />
ihre gleichnamige Debüt-EP. 2020 veröffentlichte<br />
sie die LP The Nashville Session.<br />
Die Livesession entstand während eines<br />
mehrmonatigen Aufenthalts in Nashville,<br />
Tennessee, «eine faszinierende Zeit in einer<br />
Musikhochburg», wie sie betont. «Die<br />
Stadt ist voller Musiker und alle sind so<br />
selbstbewusst», erzählt die Sängerin. «Für<br />
mich eine wichtige Erfahrung, bin ich doch<br />
eher schüchtern und zurückhaltend.» Ihr<br />
Soloweg fand aber Anklang, es folgten<br />
Auftritte am Gurtenfestival, Open Air St.<br />
Gallen, Zermatt Unplugged, wie bereits erwähnt<br />
in Montreux und schliesslich sogar<br />
mit der Montreux Franchise nach China.<br />
Dennoch ist die Studentin auf dem Boden<br />
geblieben, Allüren würden nicht zu ihrer<br />
sympathischen und bescheidenen Art<br />
passen. <strong>Das</strong> ist wohl etwas, was das Publikum<br />
spürt, diese Echtheit. Heart ist keine<br />
Kunstfigur, sondern eine junge Sängerin,<br />
die überzeugt, obwohl sie der Meinung ist,<br />
dass etwas mehr Show ihr guttun würde,<br />
«das habe ich in Nashville gelernt.»<br />
SEESICHT 2/24<br />
www.seesichtmagazin.ch 15