«Ich möchte frei sein in dem, was ich tue.» FOTO: ZVG 14 SEESICHT 2/24 www.seesichtmagazin.ch
Julia Heart FOTO: CHRISTIAN BECHTIGER Die Schweizer Musikszene ist vielfältig, jedenfalls vielfältiger, als manch einer oder eine wohl denkt. Dennoch, von der Musik zu leben ist nicht einfach, betonen Stars und Newcomer gleichermassen. Zu kleiner Markt, kaum Auftrittsmöglichkeiten, hohe Hürden für Plattenverträge sowie hohe Grundkosten und einiges mehr. Die junge Sängerin Julia Herzog, alias Julia Heart, sieht das auch so, geht das Ganze aber pragmatisch an. Deswegen sich unter Druck setzen lassen möchte sie nicht, «ich möchte frei sein mit und in dem, was ich tue.» Übersetzt: Sie geht ihren eigenen Weg, unabhängig von Verkaufszahlen, Mainstreamanforderungen, Klicks und studiert deshalb in Olten Psychologie, um unabhängiger zu sein. «Natürlich freut es mich, wenn meine Musik Menschen erreicht, wobei ich das tun muss, was für mich stimmt.» Ein Rezept, welches offenbar gut funktioniert. Mit ihren jungen 31 Jahren hat sie dies von Anfang an getan, erfolgreich, muss man dabei ergänzen. Nach ihrem Auftritt am «Autumn of Music» – organisiert von der Montreux Jazz Artists Foundation – gewann sie dessen Nachwuchspreis. Zusammen mit dem Titel erhielt sie dabei die Mittel für eine Studioproduktion. EINE LANGE REISE Aufgewachsen ist die Sängerin im luzernischen Grosswangen, entgegen irgendwelcher Klischees nicht in einer musikalischen Familie mit berühmten Eltern. Singen aber, das habe ihr einfach gutgetan, erzählt Heart, was sie jedoch eher spät festgestellt habe und so fand sie ihren Weg mit unterschiedlichen Bands auf die Bühne, wo sich zeigt, dass da jemand singt, der Talent hat. Vor allem aber eine erkennbare und wandelbare Stimme, gute Voraussetzungen also. Von nichts kommt nichts galt auch bei ihr, sie nahm Gesangsstunden, arbeitete an Texten und Songs. 2014 gründete sie schliesslich mit Freunden die Blues Rock-Band The Konincks. Im selben Jahr veröffentlichte sie die Debüt-EP Electric Brew, welche national wie international Aufmerksamkeit erlangte. 2015 tourte das Quartett erstmals zusammen mit dem amerikanischen Gitarristen und Sänger Richie Kotzen für mehrere Wochen durch Europa. Zusammen mit «The Konincks» veröffentlichte Julia Heart insgesamt ein Album und zwei EPs, spielte zwei Europatourneen und eine Tournee in Osteuropa. Sie verzeichnete Auftritte am Heitere Open Air und am Blue Balls Festival in Luzern. 2018 kam es, wie es so oft kommt. Die Band löste sich auf, wegen musikalischer Differenzen, wie es offiziell hiess. Im selben Jahr gab schliesslich Julia Heart ihr Soloprojekt bekannt. Im Mai 2019 folgte ihre gleichnamige Debüt-EP. 2020 veröffentlichte sie die LP The Nashville Session. Die Livesession entstand während eines mehrmonatigen Aufenthalts in Nashville, Tennessee, «eine faszinierende Zeit in einer Musikhochburg», wie sie betont. «Die Stadt ist voller Musiker und alle sind so selbstbewusst», erzählt die Sängerin. «Für mich eine wichtige Erfahrung, bin ich doch eher schüchtern und zurückhaltend.» Ihr Soloweg fand aber Anklang, es folgten Auftritte am Gurtenfestival, Open Air St. Gallen, Zermatt Unplugged, wie bereits erwähnt in Montreux und schliesslich sogar mit der Montreux Franchise nach China. Dennoch ist die Studentin auf dem Boden geblieben, Allüren würden nicht zu ihrer sympathischen und bescheidenen Art passen. <strong>Das</strong> ist wohl etwas, was das Publikum spürt, diese Echtheit. Heart ist keine Kunstfigur, sondern eine junge Sängerin, die überzeugt, obwohl sie der Meinung ist, dass etwas mehr Show ihr guttun würde, «das habe ich in Nashville gelernt.» SEESICHT 2/24 www.seesichtmagazin.ch 15