Verband Deutscher Antiquare e.V. / Handbuch 2023/2024

O-Ton zur Messe
Der wahre Sammler rennt
O-Ton zur Messe
Wir haben Fragen an besonders treue Besucher und Aussteller gestellt. Die sehr persönlichen
und erhellenden Antworten setzen uns allen, Händlern wie Kunden, ein Denkmal.
Hinter jedem Messeauftritt steckt bei allen eine Menge Arbeit, Zeit und Konzentration.
Die Aussteller gestalten Monate zuvor ihren Katalogbeitrag, versenden, wenn der
Termin näher rückt, Werbung an ihre Klientel, pflücken wochenlang mit Bedacht womöglich
verkäufliche Ware aus den Regalen, die hieb- und stichfest beschrieben, bibliographiert,
gepolstert und sorgsam in Kisten verstaut sein will, bevor sie dann am Messestand
unter vielerlei Verrenkungen, ängstlichen Bedenken und ästhetisch ausgefeilten
Erwägungen für Tage dem gnadenlosen Licht der Strahler ausgesetzt werden wird.
Winter wetter auf überfüllten Autobahnen, staubige Luft der Halle, langes Stehen, laute,
überheizte Hotelzimmer mit ach so fremden Betten – gehören einfach mit dazu. Die Besucher
aber nehmen ihrerseits nicht weniger Müh’ und Plag’ auf sich, um uns jedes Jahr
erneut die Ehre zu erweisen! Wir freuen uns auf sie, wir erwarten sie und wir fragen uns,
was los ist, wenn einer einfach unentschuldigt nicht erscheint, obwohl man schon lange
vorher an ihn gedacht und entsprechend etwas eingepackt hat. Der Händler ist ja selber
auch immer zugleich ein Kunde, „amor librorum nos unit“, deshalb ist es kein Geheimnis:
Sammlerherzen schlagen wild und begehrlich. Vor der Messe wird zunächst
ein Kribbeln in der Magengrube wahrgenommen, das sich über Nacht exponentiell und
ganzheitlich auszubreiten beginnt, bis Körper und Geist vollständig durchdrungen sind
von Fieber und vielerlei nagenden Sorgen: – ist genug Geld da? Sind alle Sammlungslisten
aktuell und hat man im Katalog auch nichts übersehen, oder vielleicht das Falsche
(oder beim Falschen, weil zu teuer…) annotiert. Und das Bangen vor dem Ungewissen:
– worauf werde ich wieder stoßen, plötzlich und lange ersehnt – und muss es folglich unbedingt
sofort erwerben – und was wird das dann erneut für Folgen haben, finanzielle
und familiäre? Und wieder der Zwang, sich entscheiden zu müssen, und wieder dieselben
gierigen Rivalen und immer die schlechte Luft und der Zeitdruck, der stets zu
heiß hastig geschlürfte, vor Aufregung doppelt gezuckerte Espresso und die kaltklammen
Füße auf dem Rückweg zum Bahnhof und zum Parkhaus durch die träge Menge der
ahnungslosen Müßiggänger.
Eine Messe wie die unsere zeigt, wie dringend sich Anbieter und Käufer brauchen,
und zwar Aug’ in Aug’, Hand in Hand. Dass uns das in einer pandemischen Zeit auf besonders
schmerzliche Weise aufgezeigt wird, – darauf hätten wir alle gerne verzichtet!
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