09.04.2024 Aufrufe

Verband Deutscher Antiquare e.V. / Handbuch 2023/2024

Mitgliederverzeichnis des Verbands Deutscher Antiquare e.V. mit Informationen zu Mitgliedern, Firmenverzeichnis nach Orten sowie einem Verzeichnis der Spezialgebiete der Mitglieder. Ergänzt mit redaktionellen Beiträgen und einer Messe-Chronik zur Antiquariatsmesse Stuttgart.

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verwirklichte Hinwendung zur Begegnung mit der Kultur des Buches. Das hat diese lange<br />

Zeit (60 Jahre! das bedeutet in unserer schnelllebigen Welt ungeheuer viel) hindurch<br />

die Stuttgarter Messe getragen und zu einer Institution gemacht, die stellvertretend zu<br />

stehen scheint für das Antiquariatswesen in Deutschland und darüber hinaus.<br />

Wir alle – <strong>Antiquare</strong> wie Sammler – wissen sehr wohl, dass wir nur eine winzige Minderheit<br />

darstellen, und dies allein auch nur in der kulturell interessierten Öffentlichkeit.<br />

Was für ein Erlebnis also, sich unter ähnlich Gesinnten zu befinden. Die Messe- Räume<br />

stellen so etwas wie einen „geschützten Raum“ dar, gegenüber dem Draußen, in dem<br />

ganz andere Bedürfnisse und Maßstäbe gelten. Dazu kommt aber noch eine wunderbare<br />

Erfahrung: die Begegnung mit der Zeit, mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die<br />

sich in unzähligen Objekten – eben den Büchern – manifestiert. Jedes Buch, das da sich<br />

anbietet, hat seine Geschichte, und wenn ich eines erwerbe, dann verbindet sich diese<br />

Geschichte mit meiner eigenen, eröffnet also einen neuen Zeitraum. Sammeln ist immer<br />

auch in die Zukunft gerichtet, der Erwerb eines Buches holt dieses Objekt aus einer vergangenen<br />

Gebundenheit und setzt es in eine neue: meine Sammlung. Und meine eigene<br />

Existenz verbindet sich mit diesem Ding, das wie eine „Ausweitung“ meiner Lebensmöglichkeiten<br />

nun „zu mir“ gehört, in dem aber seine Geschichte, die seiner Entstehung<br />

und die seiner Vorbesitzer weiter wirken mögen auf geheimnisvolle Weise.<br />

Im Lauf meines Lebens hat sich der Schwerpunkt meines Sammelns gewandelt. Waren<br />

es früher künstlerisch anspruchsvolle Kinderbilderbücher der Zeit zwischen dem<br />

ausgehenden 19. und der Mitte des 20. Jahrhunderts, so sammle ich nun schon seit Jahren<br />

zeitgenössische Bilderbuchkunst. Das ändert vielleicht meine Erwartungen an die<br />

Messe. (Aber auch sie hat ja in den sechs Jahrzehnten einen Wandel der Angebote durchgemacht,<br />

und die zeitgenössische Kunst hat immer mehr Eingang gefunden, weil ja erkannt<br />

wird, wie ungeheuer rasch gegenwärtige Kunst eine bemerkenswerte Geschichtlichkeit<br />

erlangt, also „antiquarisch“ wirkt.) Und lebendig, ganz gegenwärtig, mit der Zeit<br />

gehend, treibt mich die neugierige Freude auf die Begegnungen mit den Antiquarinnen<br />

und <strong>Antiquare</strong>n, denen ich mich verbunden fühle. Durch Jahre hindurch habe ich<br />

ihnen zu danken, dass sie mein Sammeln ernst nahmen und nehmen – und so gehören<br />

sie zu jenen Menschen, die mein Leben und seine Besonderheiten mitgeprägt haben.<br />

Ich nenne hier – stellvertretend für andere, die vielleicht nicht in Stuttgart auftreten<br />

(aber das ist ja auch die Bedeutung der Stuttgarter Messe: stellvertretend zu stehen für<br />

viele andere Menschen, die in der Buchkultur wirken), ich nenne hier dankbar Sabine<br />

Keune, Winfried Geisenheyner (und die unvergessene Renate Geisenheyner), und Hans<br />

Lindner. Das Gespräch mit ihnen, das Bewusstsein, als Sammler hier „erkannt“ zu sein,<br />

das gibt der Messe ihre wiederkehrende Bedeutung, die eben über einen Handelsplatz<br />

mit antiquarischen Büchern hinauswirkt: als ein Ort vielseitiger, nicht nur vertrauter,<br />

sondern auch oft unerwarteter Begegnungen, in denen sich das Gefühl einer kulturellen<br />

Solidarität entfaltet. Vielleicht sollte ich mir – in Abwandlung der Vorstellung von Jorge<br />

Luis Borges – das Paradies als Antiquariatsmesse vorstellen?<br />

Down to earth: Was möchte ich der Stuttgarter Antiquariatsmesse für ihre weitere<br />

Existenz wünschen? Ganz allgemein: dass sie sich ihrer Bedeutung nach außen bewusst<br />

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