Taxi Times DACH - 1. Quartal 2024
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KRANKENFAHRTEN<br />
<strong>Taxi</strong>s und Krankenwagen im Kostenvergleich<br />
1,5<br />
40<br />
5,5<br />
10<br />
Milliarden<br />
Euro<br />
Mio.<br />
Fahrten<br />
Milliarden<br />
Euro<br />
Mio.<br />
Fahrten<br />
regelte, dass die Krankenkassen die vom Arzt verordneten Fahrten<br />
zu übernehmen hatten. Selbst als 1983 dann eine Eigenbeteiligung<br />
von 5 D-Mark eingeführt wurde, die aber von den Krankenkassen<br />
in unterschiedlicher Höhe begrenzt wurde, tat dies der Anzahl der<br />
Fahrten keinen Abbruch. Die jährlichen Ausgaben der Krankenkassen<br />
lagen 1988 bei 291 Mio. Euro (rund 570 Mio. DM). Die<br />
Politik sah Handlungsbedarf und beschloss in der letzten Woche<br />
des Jahres 1988, dass die Fahrten nur noch zu stationären Behandlungen<br />
gezahlt werden sollten – mit einer Eigenbeteiligung von<br />
20 DM je Fahrt. Das dadurch geschaffene Chaos sorgte jedoch<br />
dafür, dass nach wenigen Wochen ein Passus eingeführt wurde,<br />
Fahrtkosten auch dann zu übernehmen, wenn der Versicherte<br />
unzumutbar belastet würde.<br />
In den folgenden Jahren stiegen die Ausgaben der Krankenkassen<br />
stetig weiter. Dies lag aber nur wenig daran, dass die Vergütungen<br />
hierfür anstiegen, sondern an der steigenden Anzahl der Fahrten<br />
durch bessere, frühere medizinische Versorgung, durch die zuverlässige<br />
und pünktliche „Zulieferung“, bessere Auslastung der Praxen<br />
und Krankenhäuser und auch den Wandel der Gesellschaft.<br />
TODESOPFER DURCH SPARMASSNAHME<br />
Die Ausgaben für Krankenfahrten im Jahr 2003 betrugen 670 Mio. Euro<br />
und hatten sich trotz Gesundheitsreform mehr als verdoppelt. Die<br />
Preise der Unternehmer wurden in dieser Zeit je nach Bundesland<br />
um insgesamt 7 bis 15 Prozent erhöht, während die Preise<br />
für KTW/RTW um 23 bis 76 Prozent stiegen. Die Krankenkassen<br />
und Politiker sahen erneut Handlungsbedarf und „modernisierten“<br />
die Voraussetzungen dahin gehend, dass nur noch in ganz wenigen<br />
genehmigten Ausnahmefällen gezahlt werden sollte. Da 2004<br />
nach der Änderung jedoch schon in der ersten Woche aufgrund<br />
der neuen Regelungen ein Todesopfer zu beklagen war, wurden<br />
die Ausnahmeregelungen dann doch noch erweitert. Gleichzeitig<br />
wurden die Verhandlungen über die Vergütungsverträge immer<br />
härter. Da eine Abrechnung der Fahrten inzwischen nicht nur<br />
sehr viel bürokratischer, sondern auch daran gebunden ist, dass<br />
nach Paragraf 133 ein Vertrag vorliegen muss, ist der Druck,<br />
Vergütungen teilweise erheblich unter dem <strong>Taxi</strong>tarif abzuschließen,<br />
enorm.<br />
Trotz all dieser Maßnahmen ist der Bedarf an der Dienstleistung<br />
Krankenfahrt stetig gewachsen. Die Ausgaben für Krankenfahrten<br />
erreichten im Jahr 2022 die Höhe von 1,571 Milliarden Euro für<br />
mehr als 40 Millionen Fahrten, die für KTW/RWT jedoch schon<br />
5,511 Milliarden Euro für 10 Millionen Fahrten. Nach wie vor<br />
erwarten die Krankenkassen bei den Vergütungen teilweise sogar<br />
erhebliche Nachlässe auf die <strong>Taxi</strong>tarife. Dabei liegt die Kostensteigerung<br />
der letzten Jahre für das Gewerbe inzwischen bei mehr als<br />
45 Prozent. Dazu kommen die Veränderungen der Gesellschaft, in<br />
vielen Bereichen stark zurückgegangenes Fahrtenaufkommen, z. B.<br />
totes Nachtgeschäft usw., die eine Mischkalkulation, die zu Ermäßigungen<br />
führen könnte, unmöglich machen. Unlautere Konkurrenz,<br />
langatmige, behördliche Bearbeitung von <strong>Taxi</strong>tariferhöhungen und<br />
das zaghafte Einführen des Mindesttarifes bei Mietwagen führen<br />
zum Teil dazu, dass örtliche <strong>Taxi</strong>tarife nicht wirtschaftlich sind.<br />
Darauf auch noch Nachlass zu geben, heißt, sich entweder zu ruinieren<br />
oder Sozialdumping zu betreiben.<br />
RETTUNGSDIENSTE SIND ÜBERLASTET<br />
Dabei trägt gerade das <strong>Taxi</strong>- und Mietwagengewerbe erheblich zu<br />
unserer Gesundheitsversorgung bei. Die rettungsdienstlichen Leitstellen<br />
sind heute weit über ihre Grenzen belastet und erbitten<br />
überall bereits Hilfe vom Gewerbe. Die kann aber auf Dauer nur<br />
erbracht werden, wenn die gesamte Dienstleistung Krankenfahrt<br />
fair vergütet wird. Eine Krankenfahrt reicht eben nicht nur von<br />
Bordstein zu Bordstein, sondern beinhaltet sehr viel mehr. Die<br />
bestehende Bürokratie, um die vereinbarte Vergütung dann auch<br />
wirklich zu erhalten, erfordert nicht nur Manpower, sondern<br />
zudem erhebliche Investitionen in Hard- und Software sowie Fahrpersonal,<br />
das leistungsgerecht entlohnt wird.<br />
Daher wären dringend nötig: weniger Bürokratie, keine Verantwortung<br />
für Fehler der Aussteller der Verordnung und eine<br />
wirtschaftliche Vergütung, die nicht nur aus der Bezahlung der<br />
reinen Fahrtstrecke besteht. <br />
gs<br />
GISELA SPITZLEI<br />
Gisela Spitzlei war von 1974 bis<br />
2005 <strong>Taxi</strong>unternehmerin und<br />
steht seit 1980 dem Abrechnungszentrum<br />
Spitzlei vor. Gewerbepolitisch<br />
engagiert sie sich seit 1974<br />
und ist seit den 1990er-Jahren im<br />
Fachausschuss Krankenfahrten<br />
des Bundesverbands BVTM, seit<br />
1999 als dessen Vorsitzende.<br />
BILD: freepik.com, BVTM<br />
18 <strong>1.</strong> QUARTAL <strong>2024</strong> TAXI