BOLD CAR No.12
SMART IN NEW: NEUAUSRICHTUNG EINER MARKE | EINE IKONE WIRD 60: PORSCHE 911 | GIGANTIC ON THE CÔTE D’AZUR | IM GESPRÄCH: GENESIS CHEFDESIGNER IL-HUN YOON | EPIC DRIVE ICELAND | HYUNDAI'S LEISTUNGSSPORTLER FÜR ALLTAG UND RENNSTRECKE
SMART IN NEW: NEUAUSRICHTUNG EINER MARKE | EINE IKONE WIRD 60: PORSCHE 911 | GIGANTIC ON THE CÔTE D’AZUR | IM GESPRÄCH: GENESIS CHEFDESIGNER IL-HUN YOON | EPIC DRIVE ICELAND | HYUNDAI'S LEISTUNGSSPORTLER FÜR ALLTAG UND RENNSTRECKE
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WWW.<strong>BOLD</strong>-MAGAZINE.EU<br />
LIFESTYLE // FASHION // DESIGN // MOTION // TRAVEL // ART D 12.00 D EUR 8.00 // EUR AT 14.00 // AT EUR 10.00 // EUR CH 18.00 // CH CHF 12.00 CHF No. 74<br />
02<br />
<strong>BOLD</strong> THE MAGAZINE // SPECIAL EDITION<br />
<strong>CAR</strong> SPECIAL<br />
THE MAGAZINE<br />
SPECIAL<br />
THE JOHN<br />
NEW<br />
SMART<br />
MALKOVICH<br />
NEUAUSRICHTUNG<br />
EXKLUSIV<br />
EINER IM INTERVIEW<br />
MARKE<br />
EINE IKONE WIRD „TRÜBSAL 60: PORSCHE IST MEIN 911 DING“: // GIGANTIC JAMES BLUNT ON THE IM CÔTE GESPRÄCH<br />
D’AZUR<br />
IM GESPRÄCH: PORSCHE GENESIS 911: CHEFDESIGNER EINE IKONE WIRD IL-HUN 60 YOON // BEST // PLACES: EPIC DRIVE BARCELONA<br />
ICELAND<br />
HYUNDAI‘S REALITÄT LEISTUNGSSPORTLER UND FIKTION: GOTTFRIED FÜR ALLTAG HELNWEIN UND RENNSTRECKE<br />
EXHIBITION
AMG DNA.<br />
Das neue Mercedes-AMG GT Coupé.<br />
SO EINZIGARTIG. SO AMG. Leistung, Nervenkitzel und Ingenieurskunst.<br />
Der neue Mercedes-AMG GT verkörpert die Marke AMG wie kein anderes Fahrzeug.<br />
Mercedes-AMG GT 63 4MATIC+ | WLTP: Kraftstoffverbrauch kombiniert: 14,1 l/100 km,<br />
CO₂-Emissionen kombiniert: 319 g/km.1<br />
1Die angegebenen Werte sind die ermittelten WLTP-CO₂-Werte i. S. v. Art. 2 Nr. 3 Durchführungsverordnung (EU) 2017/1153.<br />
Die Kraftstoffverbrauchswerte wurden auf Basis dieser Werte errechnet.
6 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> IMPRINT<br />
CONTENTS<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
UND THEMEN<br />
Im Interview:<br />
Leiter smart Exterior Design Mohammad Hossein Aminiyekta ............................... 8<br />
Cool Stuff:<br />
Für hohe Ansprüche (next125 Küchen) ............................................................................. 18<br />
Gutes Design ist Familiensache (Smeg) ............................................................................. 56<br />
Die Manero Central Counter (Carl F. Bucherer) ............................................................... 74<br />
Gigantic on the Côte d’Azur:<br />
KIA EV9 .............................................................................................................................................. 22<br />
Geschichten erzählen:<br />
Fotograf David Yarrow ................................................................................................................ 26<br />
Revival of an Icon:<br />
The New Gucci Bamboo 1947 ................................................................................................. 36<br />
With heart and S(e)oul:<br />
Genesis Chefdesigner Il-Hun Yoon gibt Einblick in seine Arbeit .......................... 44<br />
Eine Ikone wird 60:<br />
Porsche 911 ..................................................................................................................................... 60<br />
Emotional und kraftvoll:<br />
Für Alltag und Rennstrecke, der neue Hyundai IONIQ 5 N ........................................ 68<br />
Epic Drive Iceland:<br />
Mit Mazda nördlich von Reykjavik durch die isländische Wildnis ........................... 78<br />
Die letzte Seite:<br />
Impressum ....................................................................................................................................... 88
Kraftstoffverbrauch Aston Martin DBX707 (in l/100km nach § 2 Nrn. 5,6, 6a Pkw-EnVKV in der jeweils geltenden<br />
Fassung) nach WLTP: 22,0 innerstädtisch (langsam), 14,0 Stadtrand (mittel), 12,1 Landstraße (schnell), 13,3 Autobahn<br />
(sehr schnell), 14,2 (kombiniert); CO 2<br />
-Emissionen: 323 g/km (kombiniert). Weitere Informationen zum offiziellen<br />
Kraftstoffverbrauch und den offiziellen spezifischen CO 2<br />
-Emissionen neuer Personenkraftwagen können dem<br />
‚Leitfaden über den Kraftstoffverbrauch, die CO 2<br />
-Emissionen und den Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen‘<br />
entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und auf www.astonmartin.com unentgeltlich erhältlich ist.
DESIGN / INTERVIEW<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 9<br />
THE NEW<br />
PHILOSOPHY<br />
LEITER SMART EXTERIOR DESIGN<br />
MOHAMMAD HOSSEIN AMINIYEKTA<br />
ÜBER DIE NEUAUSRICHTUNG<br />
DER MARKE UND<br />
DAS ERSTE NEUE MODELL<br />
AUTOR & INTERVIEW: R. LÖWISCH
10 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> DESIGN / INTERVIEW<br />
Der einstige Kleinstwagenhersteller smart definiert sich völlig neu: Er spielt jetzt in<br />
der Liga der Premium-SUVs mit. Wir sprechen mit Mohammad Hossein Aminiyekta,<br />
Leiter Exterior Design, über die neue Firmenphilosophie und das erste Modell<br />
namens smart #1.<br />
Wie sich die Zeiten ändern: Noch gestern<br />
war ein smart ein uriger Zweikommafünfmeter-Zweisitzer<br />
mit nervigem Getriebe,<br />
den man auf Längsstreifen quer<br />
parken durfte. Abgesehen von leichtem<br />
Wachstum und diversen Ablegern wie<br />
einer völlig dachlosen Variante, einem<br />
Cabrio, einem Viersitzer und einem<br />
winzigen Roadster sowie Roadster Coupé,<br />
ist seit 2022 alles anders: smart ist nun<br />
keine Tochter von Mercedes-Benz mehr,<br />
sondern ein Joint-Venture von Mercedes<br />
und dem chinesischen Hersteller Geely.<br />
Das erste Modell der Gemeinschaftsproduktion<br />
ist ein Premium-SUV und heißt<br />
smart #1 (das kann man als „Hashtag One“<br />
lesen oder als „Nummer eins“). Es wird in<br />
China gebaut. Statt eines Stadtflitzers ist<br />
der #1 also ein veritabler, vollelektrischer<br />
Fünfsitzer mit 272 PS bis 428 PS. In Arbeit<br />
ist inzwischen auch schon ein sportliches<br />
Crossover-Coupé namens #3. Es ist mit<br />
4,4 Metern Länge 13 Zentimeter größer<br />
als der #1 und soll bis zu 455 Kilometer<br />
Reichweite bieten.<br />
Die Ausstattungslinien beim #1 heißen<br />
Pro+, Premium und BRABUS, die Reichweite<br />
soll 440 Kilometer betragen,<br />
die Ladung von 10 auf 80 Prozent in<br />
30 Minuten klappen. Als intelligenter<br />
Begleiter fungiert ein KI-basierter Sprachsteuerungs-Avatar<br />
in Form eines Fuchses,<br />
zahlreiche Fahrassistenzsysteme sind für<br />
Sicherheit zuständig. Software-Updates<br />
gelangen „Over-the-Air“ zum Adressaten.<br />
Zielgruppe ist laut smart ein „vorwiegend<br />
avantgardistisches, urbanes Publikum,<br />
das auf der Suche nach neuen Trends<br />
und einem Premium-Fahrerlebnis ist.<br />
Das sind Junggebliebene, aber natürlich<br />
auch die Generation X und Y sowie junge<br />
Familien.“<br />
Das Designteam um Gorden Wagener,<br />
Chief Design Officer bei Mercedes-Benz,<br />
wollte die Bedürfnisse aller Insassen in<br />
den Mittelpunkt stellen und deren Anforderungen<br />
erfüllen. Versenkte Türgriffe,<br />
rahmenlose Türen sowie durchgehende<br />
Scheinwerfer und Rückleuchten sollen<br />
für einen einzigartigen Look sorgen. Zum<br />
Styling-Team gehört auch Mohammad<br />
Hossein Aminiyekta als einer der Leiter<br />
des Exterior Design Teams bei der<br />
Mercedes-Benz AG. Aminiyekta begann<br />
seine akademische Laufbahn in der Angewandten<br />
Mathematik, erfüllte sich dann<br />
aber den langehegten Wunsch, Autodesigner<br />
zu werden. Seinen ersten Master-<br />
Abschluss in Automobildesign machte er<br />
in Mailand, gefolgt von seinem zweiten<br />
Master-Abschluss an der renommierten<br />
Hochschule Pforzheim, wo er sich auf<br />
Transportation Design spezialisierte. Er<br />
begann seine berufliche Laufbahn bei
DESIGN / INTERVIEW<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 13<br />
Mercedes-Benz als Exterieur-Designer<br />
direkt nach dem Abschluss seiner Ausbildung<br />
im Jahr 2014. Seitdem leitete er<br />
verschiedene Projekte als Lead Exterior<br />
Designer für Mercedes-Benz und smart,<br />
beginnend mit dem Mercedes-Benz<br />
Vision VAN, Urban E-Truck, smart Vision<br />
EQ fortwo, smart forease(+) und zuletzt<br />
dem smart #1. Im Jahr 2023 übernahm<br />
Mohammad Hossein Aminiyekta eine<br />
neue Aufgabe als Manager im Bereich<br />
Design Brands bei der Mercedes-Benz AG,<br />
wo er gemeinsam mit seinem Team die<br />
Zukunft von smart und Mercedes-Benz<br />
Vans gestaltet.<br />
<strong>BOLD</strong> wollte von ihm unter anderem<br />
wissen, wie smart sich heute selbst definiert<br />
und was den #1 in einer Welt voller<br />
Premium-SUV einzigartig macht.<br />
Herr Aminiyekta, ein smart war einst<br />
ein 2,5 Meter kurzes Querparkgenie<br />
mit kleinem Verbrennermotor – heute<br />
ist es ein 4,27 Meter langes Premium-<br />
Kompakt-SUV mit Elektroantrieb. Ist<br />
smart damit noch smart?<br />
Auf jeden Fall, smart ist immer noch<br />
smart. Vor 25 Jahren brachte smart den<br />
ersten fortwo auf den Markt, der bewusst<br />
als einzigartige Lösung für ein urbanes<br />
Problem konzipiert wurde: „maximale<br />
Raumnutzung“. Bei smart waren wir schon<br />
immer eine optimistische Marke, was die<br />
Zukunft angeht. Wir zeigen auch, dass<br />
wir den Wandel verkörpern und ihn aktiv<br />
mitgestalten. Unsere neuen Produkte sind<br />
im Verhältnis zu ihrer Grundfläche immer<br />
noch geräumig, sie sind nur erwachsener<br />
geworden. Es ist wichtig, dass wir den<br />
Wandel zu mehr Nachhaltigkeit und unsere<br />
Verbundenheit mit dem digitalen Zeitalter<br />
erkennen und leben. Wir bei smart machen<br />
uns unsere digitale Welt zu eigen und<br />
suchen aktiv nach einzigartigen Lösungen,<br />
um in dieser sich wandelnden Landschaft<br />
sozusagen „die Nase vorn zu haben“. Wir<br />
waren daher auch die erste Automarke,<br />
die sich komplett vom Verbrennungsmotor<br />
verabschiedet und auf E-Mobilität<br />
umgestellt hat. Mit dem #1 haben wir nun<br />
erneut die Möglichkeit genutzt, den Raum<br />
zwischen den Rädern für ein Maximum an<br />
Innenraum und Komfort zu nutzen - und<br />
das auf einer völlig neuen, rein elektrischen<br />
Plattform. Klüger kann es nicht werden.<br />
Ist es einfacher, Premium zu designen<br />
als basic stuff?<br />
Für einen Designer hat jede Herausforderung<br />
ihren eigenen Reiz. Wirklich Einfaches<br />
gibt es im Design nicht. Wenn es um die<br />
Gestaltung eines Premium-Produkts geht,<br />
muss man immer auch einen Schritt weiter<br />
gehen. Wir streben immer nach der besten<br />
Lösung. Je hochwertiger die Marke, desto<br />
höher sind die Erwartungen ans Design.<br />
Es war eine große Herausforderung, unsere<br />
Identität zu bewahren und gleichzeitig mit<br />
dem neuen smart in das Premium-Segment<br />
vorzudringen. Die Qualität eines Premium-<br />
Fahrzeugs wird aus meiner Sicht dadurch<br />
definiert, wie gut die einzelnen Teile des<br />
Fahrzeugs hinsichtlich Design, Konzept<br />
und technischen Anforderungen aufeinander<br />
abgestimmt sind. Dies erfordert
14 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> DESIGN / INTERVIEW<br />
Harmonie, Kohärenz und Liebe zum Detail<br />
im gesamten Entwicklungs- und Produktionsprozess.<br />
Jedes einzelne Detail des smart<br />
#1 wurde sorgfältig durchdacht, auch wenn<br />
der Kunde es nicht auf den ersten Blick sieht.<br />
Ein gutes Beispiel hierfür ist die längliche<br />
Form, das sogenannte ‚Langloch-Design‘,<br />
die überall im Fahrzeug zu finden ist –<br />
vom Armaturenbrett über den Kühlergrill<br />
bis hin zu den kleinsten Mustern auf den<br />
Scheiben. Das zeigt, wieviel Sorgfalt und<br />
Aufmerksamkeit wir den Details gewidmet<br />
haben und wie sehr uns die Harmonie und<br />
Qualität unseres Designs am Herzen liegt.<br />
Das nennen wir Premium-Design.<br />
Bitte beschreiben Sie aus Ihrer Sicht,<br />
was den smart #1 in Sachen Design<br />
einzigartig macht. Oder anders<br />
gefragt: Was bietet der smart #1,<br />
was Modelle anderer Hersteller nicht<br />
haben?<br />
Ich würde sagen: der ganzheitliche Designansatz.<br />
Was den smart #1 hinsichtlich<br />
seiner Ästhetik einzigartig macht, ist die<br />
Art und Weise, wie gut sich Außen- und<br />
Innenbereich ergänzen und widerspiegeln.<br />
Das war von Anfang an unser Ziel, und ich<br />
glaube, wir haben einen ziemlich guten Job<br />
gemacht. Und natürlich ist das kompakte<br />
Äußere im Verhältnis zum großen Innenraum<br />
einzigartig. Der smart #1 bietet<br />
auf so geringer Stellfläche einen Innenraum,<br />
der mit der Mercedes-Benz E-Klasse<br />
vergleichbar ist.<br />
Welche Seite und/oder welches Detail<br />
am smart #1 ist aus Ihrer Sicht in<br />
Sachen Design ganz außergewöhnlich<br />
gut gelungen oder überhaupt einzigartig?<br />
Und warum?<br />
Was den smart #1 auszeichnet, ist seine<br />
Leichtigkeit und die Symmetrie zwischen<br />
der Vorder- und Rückseite des Autos. Das<br />
gefällt mir am meisten an ihm. Wenn<br />
man die Form des Scheinwerfers und des<br />
Rücklichts vergleicht, sehen sie fast identisch<br />
aus. Dies ist wirklich einzigartig.<br />
Es entsteht der Eindruck, dass die Frontpartie<br />
auf die Heckpartie projiziert wird,<br />
wodurch letztendlich ein sehr ausgewogenes<br />
und stimmiges Gesamtdesign des<br />
Exterieurs entsteht.<br />
Das neue Auto soll sich durch „Technik,<br />
Sinnlichkeit des Produkts, Emotionen<br />
und durchdachte Features“ definieren.<br />
Würden Sie das bitte erklären?<br />
Wenn es um Design geht, ist es unser Ziel, die<br />
Funktion und die modernste, futuristischste<br />
Technologie in der klarsten und attraktivsten<br />
Form zu integrieren. Unsere Designphilosophie<br />
heißt ´Sensual Producty´ und<br />
wird durch „Love, pure, unexpected“ definiert.<br />
Liebe steht für die schönen sinnlichen<br />
Formen und Oberflächen rund um<br />
das Fahrzeug. Nicht nur unser Design ist<br />
emotional, sondern wir versuchen auch<br />
immer, die beste technische oder aerodynamische<br />
Lösung auf die reinste Art und<br />
Weise zu finden. Der Kontrast zwischen der<br />
sinnlichen und reinen Form mit den präzisen<br />
Grafiken und beispielsweise unserem<br />
unverwechselbaren Halo-Dach sorgt für<br />
diesen unerwarteten Moment.
DESIGN / INTERVIEW<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 17<br />
Ein weiteres Beispiel, das Sie außen finden,<br />
ist das Rücklicht im Inneren. Der Lichtbalken<br />
beginnt in der Mitte des Autos und<br />
löst sich schließlich zu den Seiten auf, was<br />
wir ein ‚inneres Feuerwerk‘ nennen.<br />
Wo bei der Entwicklung des Autos<br />
standen sich erwünschte Funktionalität<br />
und bestes Design unversöhnlich<br />
gegenüber? Und wie wurde so ein<br />
Konflikt gelöst?<br />
Genau darin besteht unsere Aufgabe als<br />
Designer, die bestmögliche Passform und<br />
innovative Lösungen für unser Produkt<br />
zu finden, ohne Kompromisse bei der<br />
Ästhetik oder Funktion einzugehen. Das<br />
ist es auch, was ich an meinem Job liebe.<br />
Ich sehe jede einzelne dieser Herausforderungen<br />
als Chance, ein einzigartiges<br />
Design zu schaffen. Meiner Erfahrung<br />
nach besteht der einzige Weg, dieses Ziel<br />
zu erreichen, darin, eng mit den Ingenieuren<br />
zusammenzuarbeiten, das Problem<br />
zu verstehen, kreative Lösungen vorzuschlagen<br />
und nicht aufzugeben, bis Sie die<br />
eine Lösung gefunden haben, nach der Sie<br />
gesucht haben.<br />
Da den Chinesen ein Teil von smart<br />
gehört, wird der Wagen in China<br />
gebaut und auch dort verkauft. Wie<br />
chinesisch ist der smart #1?<br />
Mercedes-Benz für das Fahrzeugdesign<br />
verantwortlich ist. Unsere ganzheitliche<br />
Designphilosophie und insbesondere das<br />
smarte #1-Design wurden von unserem<br />
Designteam am Hauptsitz in Sindelfingen,<br />
Deutschland, entworfen und geprägt. Als<br />
internationale Marke mit einem großen<br />
globalen Publikum suchen wir natürlich<br />
immer nach Inspiration und laden<br />
unsere internationalen Designbüros ein,<br />
an unseren internen Designwettbewerben<br />
teilzunehmen, um bei unseren Kunden<br />
aus verschiedenen Kulturen besser anzukommen.<br />
Ein sehr gutes Beispiel ist, dass in<br />
Asien einem hellen Innenraum der Vorzug<br />
gegeben wird. In Deutschland und Europa<br />
bevorzugen wir tendenziell dunkle Innenkleidung.<br />
Verewigen sich Designer auf ihren<br />
Fahrzeugen? Und wenn ja – wie haben<br />
Sie das gemacht?<br />
Das Design des Fahrzeugs selbst kann<br />
Vision, Vorstellungskraft und Erfahrungen<br />
der Designer widerspiegeln. Gelegentlich<br />
gehen wir noch einen Schritt weiter<br />
und fügen subtile persönliche Details und<br />
versteckte Hinweise hinzu, die auf den<br />
ersten Blick vielleicht unbemerkt bleiben.<br />
Schauen Sie sich doch einmal die unteren<br />
Ecken der Fenster genauer an, wenn Sie das<br />
nächste Mal einen smart #1 sehen.<br />
smart ist eine eigenständige Marke, bestehend<br />
aus Mercedes-Benz und Geely. Und<br />
das als 50/50-Joint Venture. Die Produktentwicklung<br />
wird von smart geleitet,<br />
während das globale Designteam von<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.smart.de
18 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> COOL STUFF / BEGEHRENSWERT<br />
FÜR HOHE<br />
ANSPRÜCHE<br />
SAMTMATTE LACKFRONT<br />
IM NEUEN<br />
COLOUR CONCEPT<br />
AUTOR: J. M. BRAIN<br />
next125 Küchen sind ein Erlebnis aus<br />
Farbe, Formen und Funktionalität. Mit<br />
der außergewöhnlichen Farbkombination<br />
aus Indischrot, Kobaltgrün und<br />
Olivgelb setzen die neuen Designs ein<br />
visuelles Statement. Doch die Farbgebung<br />
hat auch System: Jeder Ton steht<br />
für einen anderen Funktionsbereich.<br />
und durch die kubisch-reduzierten<br />
Formen können die Farben besonders<br />
gut wirken. Für einen schwebeleichten<br />
Look sorgt das filigrane Alu-Systemgestell<br />
in Onyxschwarz, das nur als zarter<br />
Rahmen wahrnehmbar ist.<br />
Auch in Sachen Funktionalität lassen<br />
next125 Küchen keine Wünsche offen:<br />
In einem speziell dafür vorbereiteten<br />
Unterschrank finden Wasseraufbereitungssysteme<br />
einen passenden Platz, das<br />
Regal mit Schiebetür schafft Stauraum<br />
der dezenten Art und in den Flex-Boxen<br />
in haptisch interessantem Formvlies ist<br />
das gute Besteck bestens verstaut.<br />
Für einen guten „Griff “ im schnellen<br />
Küchenalltag sorgen minimalistische<br />
Griffschalen, die angenehm in der Hand<br />
liegen.
GIGANTIC ON<br />
THE CÔTE D’AZUR<br />
KIA EV9<br />
AUTOR: J. M. BRAIN / FOTOGRAF: D. SCHAPER
24 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> DESIGN / REPORTAGE<br />
Kia denkt groß: Mit dem neuen EV9 kommt ein echtes XXL-SUV auf den Markt. Die<br />
neue Formensprache wird mit dem Begriff „Opposites United“ (vereinte Gegensätze)<br />
zusammengefasst und soll, laut Designer, die Beziehung zwischen Natur und<br />
Maschine verstärken. Geradezu gigantisch ist vor allem der Auftritt des EV9.<br />
Groß, kantig, die Front steil ansteigend,<br />
das Heck steil abfallend. Wenn man sich<br />
das neueste Flaggschiff von Kia anschaut,<br />
fällt nicht nur das kastige Design auf,<br />
sondern vor allem seine schiere Größe:<br />
Fünf Meter Länge, 3,10 Meter Radstand<br />
und eine Höhe von 1,78 Meter sind eine<br />
klare Ansage.<br />
große Bildschirme für die Instrumente<br />
hinterm Lenkrad und das Infotainment,<br />
verbunden durch ein 5,3-Zoll-Display für<br />
die Klimasteuerung. Auch hinter Fahrer<br />
und Beifahrer gibt es für große Personen<br />
jede Menge Platz. Sogar in der dritten<br />
Sitzreihe können große Mitfahrer sehr<br />
bequem reisen.<br />
Eingerahmt wird das gelungene Exterieur<br />
von den neuen Scheinwerfern mit<br />
Star-Map-LED-Tagfahrlichtern. Einzelne<br />
Punkte werden hier mit schmalen<br />
Leuchtstreifen verbunden – ähnlich<br />
wie auf einer Sternbildkarte, erklärt Kia.<br />
Apropos eingerahmt: Schaut man von<br />
schräg vorn, wirken Front- und Seitenfenster<br />
wie aus einem Guss; sie strecken<br />
das Fahrzeug optisch nicht nur, sondern<br />
lassen den EV9 auch etwas niedriger<br />
wirken. Trotz seiner mächtigen Anmutung<br />
liegt der CW-Wert bei nur 0,28 –<br />
nicht zuletzt dank 3D-Unterbodenverkleidung<br />
und lang gezogenem Heck mit<br />
großem Spoiler.<br />
Wie das Außen vermuten lässt, geht es<br />
im Innenraum sehr geräumig zu. Und<br />
vor allem vegan: Der EV9 kommt gänzlich<br />
ohne Tierhäute aus, wie zukünftig<br />
alle neuen Kia-Modelle. In der vorderen<br />
Reihe sitzt man auf großen, bequemen<br />
Sesseln und blickt auf zwei 12,3 Zoll<br />
Der Kia EV9 ist in zwei unterschiedlichen<br />
Varianten erhältlich. Die RWD genannte<br />
Heckmotor-Version bildet den Einstieg<br />
und kommt auf 150 kW (204 PS) und<br />
maximal 350 Nm Drehmoment. Der EV9<br />
AWD (Allradversion) kommt mit 283<br />
kW (385 PS) und maximal 600 Newtonmetern<br />
aus, und die sportliche GT-Line<br />
mit gleichem Antrieb und Boost-Funktion<br />
bietet 700 Nm Drehmoment. Wem<br />
das immer noch nicht reicht: Für Anfang<br />
2025 planen die Koreaner eine noch stärkere<br />
GT-Version des EV9. An der Ladesäule<br />
sorgt die 800-Volt-Ladetechnik für<br />
kurzen Aufenthalt: Eine mindestens 210<br />
kW starke Säule vorausgesetzt, befüllt<br />
der EV9 seinen Stromspeicher in 24<br />
Minuten von 10 auf 80 Prozent.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.kia.de
Foto (Ausschnitt): D. Yarrow „Wall Street Manhattan“, New York, USA (2023)
ART / SEHENSWERT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 27<br />
GESCHICHTEN<br />
ERZÄHLEN<br />
FOTOGRAF<br />
DAVID YARROW<br />
AUTOR: H. G. TEINER<br />
Die Galerie Camera Work in Berlin hat<br />
neue Fotoarbeiten des Fotokünstlers<br />
David Yarrow in ihr Programm aufgenommen.<br />
Die darauf aufbauende Ausstellung<br />
trägt den Titel: „Storytelling“ und<br />
zeigt ca. 25 schwarzweiße und farbige<br />
Fotoarbeiten aus der neuen, aktuellen<br />
Produktion.<br />
David Yarrow, 1966 in Glasgow geboren,<br />
begann bereits in frühen Jahren mit der<br />
Fotografie. Im Alter von 20 Jahren war er<br />
für The London Times tätig und machte<br />
nach dem Finale der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft<br />
in Mexiko das weltbekannte<br />
Porträt von Diego Maradona.<br />
Anschließend bereiste er als Fotojournalist<br />
zahlreiche Sportereignisse auf der<br />
ganzen Welt, bis er sich endgültig als<br />
Fotokünstler durchsetzen konnte. Sein<br />
Fokus lag von Beginn an auf der Darstellung<br />
der Welt und der Natur mit einer<br />
künstlerisch neuartigen Bildsprache.<br />
Diese Ästhetik kennzeichnet bis heute<br />
Yarrows Schaffen.<br />
Seine atmosphärische und eindringliche<br />
Darstellungsweise des Lebens ist
Foto (Ausschnitt): D. Yarrow „The New Testament“, South Sudan (2022)
Foto (Ausschnitt): D. Yarrow „Marshlands II Dinokeng“, South Africa (2023)
Foto (Ausschnitt): D. Yarrow „Breaking Bad“, Joshua Tree, California, USA (2023)
34 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> ART / SEHENSWERT<br />
einzigartig. Mit diesem Alleinstellungsmerkmal<br />
auf dem weltweiten Kunstmarkt<br />
zählt er unter Kunstsammelnden<br />
zu den meistgefragten Künstlern im<br />
Bereich der zeitgenössischen Fotokunst.<br />
Die großformatigen Fotos werden in Los<br />
Angeles hergestellt und in führenden<br />
Museen in Europa und Nordamerika<br />
ausgestellt. David Yarrow zählt zu den<br />
renommiertesten Fotokünstlern weltweit.<br />
Seine exklusiven Editionswerke<br />
erzielen bei Auktionen Rekordergebnisse.<br />
Im Jahr 2019 hat der Rizzoli-Buchverlag<br />
die zweite umfassende Monografie<br />
von David Yarrow veröffentlicht.<br />
Das Vorwort verfasste NFL-Superstar Tom<br />
Brady, das Nachwort Cindy Crawford.<br />
Sämtliche Einnahmen aus dem Verkauf<br />
des Buches gehen an die Wohltätigkeitsorganisationen<br />
Tusk und WildAid.<br />
Seit vielen Jahren engagiert sich Yarrow<br />
als Berater und Botschafter für viele<br />
Umweltstiftungen und Charities, die sich<br />
für Nachhaltigkeit und Umweltschutz<br />
einsetzen. Darüber hinaus ist er der<br />
Europa-Botschafter des Kamera-Brands<br />
Nikon. Im Jahr 2017 fotografierte Yarrow<br />
die LVMH-Kampagne „Don’t Crack Under<br />
Pressure“ mit Cara Delevingne, die weltweit<br />
zu sehen ist. Seit 2019 ist er zudem<br />
weltweiter Botschafter für UBS und seit<br />
2020 für Best Buddies. Zu Beginn des<br />
Jahres 2020 dokumentierte Yarrow die<br />
verheerenden Waldbrände in Australien,<br />
die große Landteile zerstört haben.<br />
Mit den bedrückenden Bildern startete<br />
er die #KoalaComeback-Kampagne, um<br />
den Wiederaufbau zu unterstützen. Nach<br />
wenigen Monaten konnten bereits mehr<br />
als £1.4 Millionen gesammelt werden.<br />
Im April 2020 – während der Corona-<br />
Pandemie – beteiligte sich Yarrow an<br />
der „Art for Heroes“-Kampagne, um für<br />
den National Health Service Finanzhilfen<br />
zu generieren – das Ziel von £1 Million<br />
wurde nach kurzer Zeit sogar übertroffen.<br />
Allein in den Jahren 2018 und 2019<br />
konnte Yarrow mehr als $4.5 Millionen<br />
für wohltätige Zwecke einnehmen. Auf<br />
der Kunstmesse Art Miami wurde im Jahr<br />
2019 das Werk „The Wolves of Wall Street“<br />
– signiert von Leonardo DiCaprio und<br />
Martin Scorsese – für einen Rekordpreis<br />
von $200.000 verkauft. Der Erlös ging an<br />
eine von Leonardo DiCaprio unterstützte<br />
Wohltätigkeitsorganisation. Im Herbst<br />
2022 wurde die zweite umfangreiche<br />
Monografie von David Yarrow im Rizzoli-<br />
Verlag veröffentlicht: „Storytelling“.<br />
David Yarrow – Storytelling<br />
25. November 2023 bis 6. Januar 2024<br />
Camera Work Gallery<br />
www.camerawork.de
Der Kia EV9.<br />
Entdecke eine Welt voller Möglichkeiten.<br />
Abbildung zeigt kostenpflichtige Sonderausstattung.<br />
Der Kia EV9 markiert den Beginn einer neuen Ära. Mit dem ersten vollelektrischen Premium-SUV von Kia genießt du E-Mobilität auf höchstem Niveau.<br />
Er beeindruckt durch innovatives Design, zukunftsweisende Features und unglaublich viel Freiraum ‒ mit Lounge-Gefühl in allen drei Sitzreihen.<br />
Die bahnbrechende 800-Volt-Schnellladetechnik bringt dich schnell wieder in Bewegung und an alle deine Ziele. Bist du bereit, die Welt neu zu entdecken?<br />
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Kia EV9 GT-line Launch Edition, 99,8 kWh, AWD (Strom/Reduktionsgetriebe), 283 kW (385 PS): Stromverbrauch kombiniert 22,8 kWh/100 km;<br />
CO 2 -Emission kombiniert 0 g/km. Effizienzklasse: A+++.
FASHION / ACCESSOIRE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 37<br />
R EVIVAL<br />
OF AN ICON<br />
THE NEW<br />
GUCCI BAMBOO 1947<br />
AUTORIN: Z. KHAWARY<br />
Supermodel Liu Wen spielt die Hauptrolle in der neuesten Kampagne des Hauses,<br />
die dem Bamboo 1947 gewidmet ist und sich durch den gebogenen Bambusgriff auszeichnet,<br />
dessen handgefertigte Beschaffenheit jede Tasche zu einem Unikat macht.<br />
Die aktuelle Gucci Bamboo zeichnet sich durch austauschbare Leder- und Webriemen aus,<br />
die die Funktionalität erhöhen und sie zu einem äußerst vielseitigen Accessoire machen.<br />
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DESIGN / REPORTAGE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 45<br />
WITH HEART AND<br />
S(E)OUL<br />
WIR TREFFEN GENESIS<br />
CHEFDESIGNER IL-HUN YOON<br />
UND BEKOMMEN EINEN<br />
EINBLICK IN DAS LEBEN UND<br />
DIE ARBEIT SEINES TEAMS<br />
AUTOR: N. DEXTER / FOTOGRAF: D. FRASER
46 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> DESIGN / REPORTAGE<br />
Südkorea ist bekannt für seine grüne, hügelige Landschaft mit Kirschbäumen und<br />
buddhistischen Tempeln, die Fischerdörfer an der Küste, subtropische Inseln und<br />
hochmoderne Städte wie die Hauptstadt Seoul, die wir uns etwas genauer ansehen<br />
werden. Vor uns liegen ein paar anregende Tage, gefüllt mit asiatischer Kultur,<br />
kulinarischen Erlebnissen und interessanten Gesprächen über Design und Luxus.<br />
Wir treffen Genesis Chefdesigner Il-Hun Yoon und bekommen einen Einblick in das<br />
Leben und die Arbeit seines Teams.<br />
„Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
willkommen auf dem Flughafen von<br />
Incheon. Bitte bleiben Sie so lange angeschnallt<br />
sitzen, bis wir die endgültige<br />
Parkposition erreicht haben. Das Wetter<br />
ist sonnig, bei angenehmen 20 Grad<br />
Celsius.“ Geschafft! Hinter uns liegen 12<br />
Stunden Flug. Gespannt erwarten wir<br />
das Öffnen der Flugzeugtür und das Go<br />
vom freundlichen Boardpersonal, um<br />
die Boing vom Typ 777-300 verlassen zu<br />
dürfen. Reisepass? Check! K-ETA? Check!<br />
Ein letzter, prüfender Blick der Grenzbeamtin<br />
– Willkommen in Südkorea! Vor<br />
uns liegen ein paar anregende Tage,<br />
gefüllt mit asiatischer Kultur, kulinarischen<br />
Erlebnissen und interessanten<br />
Gesprächen über Design und Luxus.<br />
Am Ausgang des Flughafens werden wir<br />
bereits von unserem Chauffeur erwartet,<br />
der die Tür der tiefschwarzen Limousine<br />
weit offenhält. „Der Herbst ist die perfekte<br />
Jahreszeit für einen Besuch in Korea!“,<br />
gibt er uns zu verstehen und weist uns<br />
noch eben auf die Vielzahl an Snacks und<br />
Drinks im großzügigen Fond unseres<br />
eleganten Shuttles hin. Erster Halt ist das<br />
Signiel Seoul. Lust auf ein paar Superlative?<br />
Das Luxus-Hotel ist das einzige<br />
6-Sterne-Hotel des Landes, befindet<br />
sich zwischen den Etagen 76 und 101<br />
des Lotte World Towers, der aktuell das<br />
sechsthöchste Gebäude der Welt ist<br />
und auf dem sich die derzeit höchste<br />
Glasboden-Aussichtsplattform der Welt<br />
befindet (Guinness-Buch Weltrekord!).<br />
Und offen gesagt, würde unser Navi auf<br />
der circa einstündigen Autofahrt von<br />
Incheon in die südkoreanische Hauptstadt<br />
versagen und wir müssten auf<br />
Sicht weiterfahren – kein Problem: Der<br />
555 Meter hohe Wolkenkratzer steht hier<br />
sprichwörtlich über allem und ist einfach<br />
unübersehbar.<br />
Der Fahrstuhl katapultiert uns mit<br />
einer Geschwindigkeit von 600 Metern<br />
pro Minute in luftige Höhen, und kurz<br />
nachdem die Ohren den Druckausgleich<br />
wieder in den Griff bekommen<br />
haben, kommt einem der Schlagerklassiker<br />
„Über den Wolken muss die Freiheit<br />
wohl grenzenlos sein“ von Reinhard<br />
Mey in den Sinn, denn dieser Ausblick<br />
ist einfach phänomenal! Bis zum Horizont<br />
schaut man über eine nicht enden<br />
wollende Aneinanderreihung moderner<br />
Hochhäuser, verbunden durch Straßenschluchten,<br />
die, voller Autos, schnur-
DESIGN / REPORTAGE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 51<br />
gerade wie Karos aneinandergereiht,<br />
eine Art urbane Miniaturlandschaft<br />
bilden. Angekommen in der Suite im<br />
97. Stock, zeigt das Smartphone-Höhenmeter<br />
390 Meter über dem Meeresspiegel<br />
an, und etwas unter uns fliegt ein<br />
Helikopter vorbei. Ja, Sie haben richtig<br />
gelesen: unter uns!<br />
Erfrischt und umgezogen steigen wir<br />
von unserem höchst edlen Turm herab,<br />
machen es uns erneut im Fond der luxuriösen<br />
Genesis-Limousine gemütlich,<br />
und auf geht’s zum Gwangjang Market,<br />
einem der ältesten und größten traditionellen<br />
Märkte des Landes. Die über 5.000<br />
Geschäfte bieten den Besuchern alles<br />
Erdenkliche, von Süßigkeiten, einer wirklich<br />
unwahrscheinlich üppigen Auswahl<br />
an Socken, über Spielzeug bis hin zu<br />
Kaffee und klassisch koreanischem Streetfood.<br />
Was es gibt, gibt es hier! Schnell<br />
finden wir uns an einem der zahlreichen<br />
Essensstände wieder und machen<br />
es uns auf den Plastikhockern bequem.<br />
Stäbchen, Reis, Oktopus und Glasnudeln,<br />
dazu irrescharfes und zum Teil unidentifizierbares<br />
Gemüse, eine Rolle Toilettenpapier<br />
für die Tisch-Hygiene und um uns<br />
herum gefühlt 20.000 Menschen.<br />
Als Nachspeise gibt es noch ein paar<br />
gebackene Leckereien für den Weg und<br />
es folgt ein nächtlicher Verdauungs-<br />
Spaziergang entlang der pulsierenden<br />
Straßen und Gassen, kleinen Flussläufen<br />
(die laut unserem Tour-Guide noch bis in<br />
die späten 1960er Jahre zum Waschen<br />
von Kleidung genutzt wurden) bis zur<br />
Dongdaemun Design Plaza, einem der<br />
letzten Werke von Star-Architektin Zaha<br />
Hadid. Wer jetzt noch behauptet: „New<br />
York ist die Stadt, die niemals schläft“, der<br />
sollte mal hierherkommen!<br />
Am nächsten Morgen geht es erst einmal<br />
ab in den Pool im 85. Stock. Allein? Nicht<br />
ganz. Etwa 30 hellwache, meist asiatische<br />
Hotelgäste hatten wohl ebenfalls die Idee<br />
eines sportlichen Morgenbades, und so<br />
sieht das langgestreckte Schwimmbecken<br />
aus wie ein Werbespot für weiße<br />
Badekappen und blaue Schwimmbrillen.<br />
Noch bevor man sich wundert, ob alle im<br />
gleichen Sportgeschäft einkaufen, reicht<br />
einem der Bademeister bereits die vom<br />
Haus gewünschte Schwimmbad-Grundausstattung.<br />
Wenig später genießen<br />
wir beim filmreifen Sonnenaufgang das<br />
köstliche Frühstück im Hotel-Restaurant,<br />
welches selbstredend von Köchen mit<br />
Michelin-Auszeichnung bekocht wird.<br />
Erster Programmpunkt des Tages: ein<br />
Treffen mit dem Genesis Chefdesigner<br />
Il-Hun Yoon in Suji, etwas außerhalb<br />
von Seoul. Der gut gelaunte Koreaner<br />
begrüßt uns am Eingang des 2020 eröffneten,<br />
hochmodernen und mit über<br />
4.991 m² weltweit größten Showrooms<br />
der bekannten Luxus-Marke und gibt<br />
uns einen Einblick in die Arbeit seines<br />
Teams. Genesis-Fahrzeuge sollen kühn,<br />
progressiv und deutlich erkennbar koreanisch<br />
aussehen. Die Design-Identität ist<br />
im Grunde genommen einfach zusammenzufassen:<br />
athletische Eleganz und<br />
zeitlose Schönheit. Und, wie für die<br />
Luxus-Branche üblich: Weniger ist mehr.<br />
„Wenn ein Auto gute Proportionen hat,<br />
braucht es nur ein reduktives Design“,<br />
sagt Herr Yoon, der im Vorfeld seiner<br />
jetzigen Position reichlich Designerfahrung<br />
an Oberklasse-Modellen deutscher<br />
und britischer Luxus-Marken sammeln<br />
konnte. Sein Team kreiert nach den<br />
vier Säulen: Schönheit durch Freiräume,<br />
Obsession fürs Detail, Statement durch<br />
Proportion und dem bereits erwähnten<br />
reduktiven Design. „In 2016 hatte unser<br />
Team noch 20 Mitarbeitende, heute sind<br />
es bereits 80“, führt Herr Yoon weiter aus.<br />
Wie alles andere in Süd-Korea, wächst<br />
auch Genesis, was so viel wie Ursprung<br />
oder Anfang bedeutet, rasant. Die<br />
erst 8 Jahre junge Marke der Hyundai<br />
Motor Group konnte bis heute bereits<br />
den Verkauf von über 1 Million Fahrzeugen<br />
verzeichnen. Zählt man Genesis<br />
im zentraleuropäischen Straßenbild<br />
heute noch zu den eher seltenen Oberklasse-Automarken,<br />
so ist in der Südkoreanischen<br />
Hauptstadt Seoul die<br />
Marktdominanz unübersehbar.<br />
Es folgt eine exklusive Tour durch die<br />
minimalistisch designten Verkaufsräume,<br />
und nur wenig später zieht es uns zum<br />
nächsten, für Koreaner höchst wichtigen<br />
Programmpunkt – it’s Tea Time!<br />
Tee spielt nebst Kaffee (den es hier wirklich<br />
überall frisch gebrüht zu kaufen<br />
gibt) eine zentrale Rolle im Alltag der<br />
Koreaner. Bereits seit dem 7. Jahrhundert,<br />
nachdem studierende Mönche das<br />
Heißgetränk aus China mitbrachten,
54 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> DESIGN / REPORTAGE<br />
wird diese Tradition gehegt und<br />
gepflegt, oder, wie in unserem Fall –<br />
genüsslich geschlürft! Tipp der Redaktion:<br />
Sollten Sie hier nach einem guten,<br />
regionalen Tee suchen, können wir Ihnen<br />
die Tee Collective empfehlen.<br />
Nach dieser aufbauenden und belebenden<br />
Erfahrung stürzen wir uns<br />
mitten ins Getümmel des hippen Stadtteils<br />
Seongsu-dong, was auch als das<br />
Brooklyn von Seoul bekannt ist. Auf übergroßen<br />
Plakaten wird hier für die nächste<br />
große K-Pop-Sause geworben, wofür<br />
gleichmal ein ganzer Straßenzug im trendigen<br />
Kiez gesperrt wird. Die Pop-Musik-<br />
Welle aus Korea hat längst die Welt<br />
erobert, genießt im eigenen Land aber<br />
dennoch einen Status, der junge Damen<br />
und Herren zu Hysterie-Ausbrüchen<br />
bringt, die unsereins noch aus Zeiten<br />
von Boy Bands wie N-Sync oder den<br />
Backstreet Boys kennt. Erwähnenswert<br />
ist das Thema im Grunde nur, da es in<br />
der koreanischen Kultur alles andere als<br />
gängig ist, laut zu schreien, zu kreischen<br />
oder zu quietschen – oder wie man die<br />
interessanten Geräusche der Teenager-<br />
Fans sonst noch bezeichnen könnte.<br />
Der Bezirk ist im Übrigen dafür bekannt,<br />
dass die diversen Marken hier maximal<br />
einen Monat in Pop-Up-Stores präsent<br />
sind und sich dadurch das Straßenbild<br />
alle 30 Tage stark verändert. Derzeit hat<br />
sich hier die traditionsreiche, im Jahr<br />
1856 gegründete britische Luxus-Mode-<br />
Marke Burberry breitgemacht und gleich<br />
mit einer ganzen Reihe von Shop-Installationen<br />
das Interesse der einkommensstarken<br />
und modebewussten Einheimischen<br />
auf sich gezogen.<br />
Modisch angeregt, zieht es uns zurück<br />
ins Hotel für ein Outfitwechsel, denn am<br />
Abend steht ein exquisites Dinner in der<br />
Genesis-Lounge auf dem Programm. In<br />
der fünften Etage des Shilla Hotels, das in<br />
Seoul zu den allerbesten Adressen zählt,<br />
wurde Anfang 2023, exklusiv für die<br />
Eigentümer von Genesis G90 LWB<br />
Modellen (LWB steht für „long wheelbase“),<br />
ein kleines, äußerst feines Club-<br />
Restaurant und Get-Away eröffnet,<br />
um sich dort mit Geschäftspartnern,<br />
Freunden oder der Familie von Sterneköchen<br />
bekochen und von handverlesenen<br />
Sommeliers mit den edelsten<br />
Tropfen verwöhnen zu lassen. Und in der<br />
Tat ist das Essen so gut, dass man sich<br />
allein dafür schon mal eine passende<br />
Limousine für 125.000 Euro kaufen sollte.<br />
Some truly fine dining!<br />
Kulinarisch inspiriert und mit bester<br />
Laune zieht es uns dann aber noch<br />
einmal raus auf die Straße und rein ins<br />
Getümmel dieser so lebendigen Stadt,<br />
und wir finden uns in einem typisch koreanischen<br />
Straßenrestaurant mit reichlich<br />
Reiswein, Bier, jeder Menge Fingerfood<br />
und neu gewonnenen Freunden wieder.<br />
Also dann, Geonbae!<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.genesis.com
56 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> COOL STUFF / BEGEHRENSWERT
COOL STUFF / BEGEHRENSWERT <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 57<br />
GUTES DESIGN<br />
IST FAMILIENSACHE<br />
BEGEHRENSWERT<br />
COOL STUFF<br />
AUTORIN: Z. KHAWARY<br />
Das 1948 gegründete Familienunternehmen<br />
aus Norditalien beschäftigt<br />
heute über 2.200 Mitarbeiter. Smeg<br />
(www.smeg.de) wird in dritter Generation<br />
von der Familie Bertazzoni geführt<br />
und ist weltweit mit über 18 Niederlassungen<br />
vertreten.<br />
Alle Produkte werden im unternehmenseigenen<br />
Entwicklungscenter kreiert<br />
und an fünf Standorten in Italien<br />
gefertigt.<br />
Wie der neue Personal Blender von<br />
Smeg. Der kompakte Mixer mit zwei<br />
leichten To-Go-Flaschen bereitet im<br />
Handumdrehen leckere Shakes und<br />
Smoothies – aus frischem Obst und<br />
Gemüse, Kräutern und mehr. Zur<br />
Auswahl stehen Modelle in Creme,<br />
Pastellblau, Pastellgrün, Cadillac Pink,<br />
Rot, Weiß und Schwarz, perfekt für jede<br />
Küche – und natürlich passend zu den<br />
Smeg Wasserkochern, Toastern und<br />
anderen Kleingeräten im Stil der 50er.
MOTION / REPORTAGE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 61<br />
EINE IKONE<br />
WIRD 60<br />
50 RUNDEN NORDSCHLEIFE<br />
MIT EINER AERODYNAMIK,<br />
DIE DIE PHYSIK<br />
AUSZUHEBELN SCHEINT<br />
AUTOR: R. LÖWISCH
62 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> MOTION / REPORTAGE<br />
Der Porsche 911 ist noch heute der führende Straßensportwagen trotz uraltem<br />
Technik-Konzept. Wir schnappten uns mit dem 911 GT3 RS die heißeste aktuelle<br />
Version, um auf dem Nürburgring zu erleben, was sie kann.<br />
Natürlich kam die Rechnung. Wenn auch<br />
erst einen Tag später: Der Kopf wollte sich<br />
partout nicht mehr schmerzfrei drehen<br />
lassen. In beide Richtungen. Kein Wunder:<br />
Etwa 50 Runden Nordschleife in einem<br />
Auto, das umso sicherer liegt, je schneller<br />
man durch die Kurven fährt, übersteht<br />
kein ungeübter Nacken ungestraft. By the<br />
way: Die längste und schwierigste permanente<br />
Rundkursrennstrecke der Welt, 20,8<br />
Kilometer lang, beinhaltet nicht weniger<br />
als 73 Kurven. Und der neue Porsche 911<br />
GT3 RS besitzt eine Aerodynamik, die die<br />
Physik auszuhebeln scheint.<br />
Aber eine Einladung, dieses Auto auf Grip<br />
und Luftführung zu prüfen, kann man ja<br />
nicht ablehnen. Der 911 GT3 RS ist die<br />
aktuell extremste Form des Porsche 911,<br />
der vor genau 60 Jahren geboren wurde<br />
und nach wie vor in den Grundzügen<br />
der modernen 911-Generation wiederzuentdecken<br />
ist. Die Antriebsauslegung –<br />
Motor und angetriebene Achse hinten –<br />
ist sogar noch älter, denn sie stammt nach<br />
wie vor vom VW Käfer. Aber dank Elektronik<br />
und Aerodynamik baut Porsche bis<br />
heute mit dem 911 einen auf der Straße<br />
und auf der Rennstrecke überaus erfolgreichen<br />
Sportwagen.<br />
Wo der GT3 RS einzuordnen ist, wird nur<br />
klar, wenn man die Modellpolitik der<br />
Stuttgarter kennt: Basis ist der Porsche<br />
911, jetzt aktuell die Baureihe 992. Top-<br />
Modelle sind die GT3-Varianten. Sie<br />
besitzen grundsätzlich einen Saugmotor,<br />
kommen also ohne Turbolader<br />
aus. Dabei werden stets die Hinterräder<br />
angetrieben, Allrad bekommt man zum<br />
Beispiel beim 911 Turbo. Der neue GT3<br />
hat 510 PS und rennt 318 km/h, der neue<br />
GT3 RS als perfektes Rennstreckenspielzeug<br />
(RS = RennSport) besitzt 525 PS<br />
und schafft „nur“ 296 km/h. Top-Speed<br />
ist deshalb nicht wichtig, weil der GT3 RS<br />
als perfekter Kurvenräuber ausgelegt ist –<br />
unter anderem deshalb hat er auch einen<br />
Gang weniger als der GT3 mit Achtgang-<br />
Doppelkupplung und ist kürzer übersetzt.<br />
Und der Leichtbau-Porsche (beispielsweise<br />
und erstmals in einem Serienauto<br />
bestehen die Türen aus CfK, ebenso die<br />
vorderen Kotflügel, das Dach sowie der<br />
Frontdeckel – insgesamt wiegt der GT3<br />
RS nur 1450 Kilo nach DIN) besitzt diese<br />
gigantische Aerodynamik.<br />
Dazu muss man sich beim RS nur mal<br />
den Heckflügel anschauen: Der ist erstmals<br />
bei Porsche höher als der Rest des<br />
Autos und sorgt für Druck auf die Hinterachse.<br />
Nicht zu sehen sind die beiden<br />
Flügelelemente an der Vorderachse, die<br />
Platz haben, weil nicht drei Kühler wie<br />
beim Vorgänger für passende Motortemperaturen<br />
sorgen, sondern nur einer. Die<br />
beiden stufenlos einstellbaren Aerody-
MOTION / REPORTAGE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 65<br />
namikhilfen ersetzten den Bugspoiler. Sie<br />
arbeiten mit einem Verstelltempo von bis<br />
zu 0,3 Sekunden und sind – in Abstimmung<br />
mit dem Heckflügel – verantwortlich<br />
für Abtrieb an der Vorderachse.<br />
Zusammen (der mächtige zweiteilige<br />
Heckflügel ist ein auf Schwanenhälsen<br />
basierender, feststehender Hauptflügel<br />
mit oberem, hydraulisch in bis zu 0,35<br />
Sekunden einstellbaren Flügel-Element)<br />
plus der Diffusor erzeugen einen Gesamtabtrieb<br />
von 408 Kilo bei 200 km/h. Bei 285<br />
km/h saugt sich das Auto mit 860 Kilo<br />
an den Asphalt – Porsche vergleicht das<br />
gerne mit dem zusätzlichen Gewicht von<br />
zwei Araber-Pferden auf dem Dach. Der<br />
neue 911 GT3 RS generiert damit doppelt<br />
so viel Abtrieb wie sein Vorgänger der<br />
Baureihe 991 II und liegt auf dem Niveau<br />
von Le Mans-Rennern der GTE-Klasse.<br />
Und die Reifen halten dreimal länger<br />
als beim „normalen“ 911 GT3, weil der<br />
GT3 RS dank des enormen Druckes auf<br />
den Asphalt nicht rutscht und somit das<br />
Gummi schont.<br />
Der Heckflügel kann aber noch mehr.<br />
Zum Beispiel das Auto schneller machen.<br />
Dank der DRS-Funktion wie bei der<br />
Formel 1 kann man auf Geraden per<br />
Knopfdruck den zweiteiligen Flügel<br />
„öffnen“. Man verliert Downforce, erhält<br />
aber mehr Tempo. Andrerseits hilft die<br />
massive Theke am Heck beim Bremsen:<br />
Der Heckflügel stellt sich bei harter<br />
Bremsung als „Luftbremse“ automatisch<br />
auf, was den Bremsweg immerhin um<br />
2,5 Metern verkürzen kann. Die Hauptarbeit<br />
aber leisten die riesigen Scheiben<br />
in den Rädern: An der Vorderachse<br />
kommen Aluminium-Monobloc-Festsattelbremsen<br />
mit je sechs Kolben sowie<br />
Bremsscheiben mit einem Durchmesser<br />
von 408 Millimetern zum Einsatz. An<br />
der Hinterachse sitzen 380 Millimeter<br />
große Bremsscheiben und Vierkolben-<br />
Festsattelbremsen. Noch größer dimensioniert<br />
sind die optional erhältlichen<br />
Keramikbremsen (Preis: gut 9.000 Euro).<br />
Damit steht der GT3 RS aus 200 km/h<br />
nach 101 bis 102 Metern. Ein Fachblatt<br />
hat sogar nur 96,7 Meter gemessen<br />
– Weltrekord. Und ebenfalls schwer<br />
Nackenmuskel quälend.<br />
Für ganz sensible Hintern gibts im GT3<br />
RS noch ein paar Goodies: Die Fahrmoduswahl<br />
zwischen Normal, Sport und<br />
Track haben auch andere, ein von innen<br />
einstellbares Fahrwerk und Differenzial<br />
nicht. Einfach erklärt: Die Dämpfer sind in<br />
Zug- und Druckstufe rundum verstellbar,<br />
so dass man ein eher softes oder eher<br />
hartes Setting in Sachen Fahrwerk<br />
einstellen kann – je nach persönlicher<br />
Vorliebe. Über die Differenzialeinstellung<br />
sorgt man für mehr Unter- oder Übersteuern,<br />
erkauft sich das jedoch durch<br />
mehr oder weniger Unruhe im Heck.<br />
Man kann sich auch mehr oder weniger<br />
Schlupf an der Hinterachse einstellen.<br />
Zudem kann man über einen weiteren<br />
Schalter die Einflussstärke von ESP und<br />
Traktionskontrolle verändern. Da der<br />
Wagen werksseitig auf der Nordschleife<br />
abgestimmt wurde, ist die jeweilige<br />
Nullstellung für den erfahrenen Piloten,<br />
der kein Rennfahrer ist, die optimale.
66 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> MOTION / REPORTAGE<br />
Das beruhigt, und wir belassen es erstmal<br />
dabei. Wie nähert man sich nun einem<br />
Auto, das sich umso sicherer gibt, je<br />
schneller man es um die Ecken wirft?<br />
Mit Geduld, Mut und Anleitung! Viele<br />
Runden folgen wir Timo Kluck, seines<br />
Zeichens Ex-Rennfahrer und Nordschleifen-Urgestein.<br />
Er fährt die optimale<br />
Linie, erst langsam, dann immer<br />
schneller. Wir folgen mal in der Gruppe,<br />
mal allein. Wir könnten die Siebengang-<br />
Doppelkupplung automatisch arbeiten<br />
lassen, greifen aber lieber mit den Schaltwippen<br />
ein – Automatik kann ja jeder.<br />
Außerdem gibt es nur im Manuell-Modus<br />
die beiden wunderbaren Schaltblitze<br />
links und rechts vom immer noch herrlich<br />
analogen Drehzahlmesserzeiger, die<br />
zuerst gelb, dann dringlich blau anzeigen,<br />
dass es bei 8.500 Umdrehungen höchste<br />
Zeit ist zum Hochschalten.<br />
Und erst langsam, dann immer schneller,<br />
fassen wir Vertrauen in das Auto und<br />
die Aerodynamik. Gut gehalten von den<br />
Schalensitzen erhöhen wir das Tempo,<br />
und dieses Auto hat so viel Grip, dass wir<br />
kaum in den Regelbereich des Lebensretters<br />
ESP kommen. Bis die Strecke freigegeben<br />
wird zur Königsdisziplin, dem<br />
„Freien Fahren“. Keine Sicherheit mehr<br />
durch einen vorausfahrenden Profi, volle<br />
Verantwortung für einen im Grunde<br />
230.000 Euro teuren Rennwagen, der<br />
nur durch Anerkennung als „Kleinserie“<br />
eine Straßenzulassung erhalten hat. In<br />
unserem Falle pilotieren wir sogar locker<br />
280.000 Euro, unter anderem wegen<br />
des 36.000 Euro teuren Weissach-Pakets<br />
(Frontdeckel, Dach, Teile des Heckflügels<br />
sowie die Oberschale der Außenspiegel<br />
in Sichtcarbon, Carbon-Überrollbügel,<br />
PDK-Schaltpaddles mit Magnet-Technologie).<br />
Ab in die „Grüne Hölle“, der Wagen<br />
macht das schon.<br />
Er hat uns ja auch schon auf Achse<br />
sicher von Hamburg zum Nürburgring<br />
gebracht. Er bringt uns auch ebenso<br />
sicher zurück – den Michelin Pilot Sport<br />
Cup 2-Reifen sind nach genau 2.000 Kilometern<br />
Fahrstrecke inklusive knapp 1.000<br />
Kilometer härtestem Einsatz auf der Nordschleife<br />
die Strapazen nicht anzusehen.<br />
Das Auto kann am nächsten Morgen<br />
übrigens problemlos zum Brötchenholen<br />
genutzt werden. Da kassiert es zudem<br />
auch noch ein paar „Daumen hoch“ und<br />
lautstarke Zustimmung junger Damen.<br />
Dass wir uns dabei nicht umdrehen, um<br />
die Quelle der Zustimmung zu betrachten,<br />
liegt einzig und allein am Nacken. Muss<br />
aber nicht jeder wissen ...<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.porsche.de<br />
TECHNISCHES:<br />
Motor: Sechszylinder-Boxer<br />
Hubraum: 3.996 ccm<br />
Leistung: 386 kW (525 PS)<br />
Sprint 0-100 km/h: 3,2 Sek.<br />
Top-Speed: 296 km/h<br />
Getriebe: Siebengang-PDK<br />
Antrieb: Hinterräder
MOTION / RACETRACK<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 69<br />
EMOTIONAL<br />
UND KRAFTVOLL<br />
EIN LEISTUNGSSPORTLER<br />
FÜR ALLTAG UND<br />
RENNSTRECKE:<br />
HYUNDAI IONIQ 5 N<br />
AUTOR: J. M. BRAIN / FOTOGRAF: D. SCHAPER
70 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> MOTION / RACETRACK<br />
Mit den N Modellen bietet Hyundai ein von Fahrspaß geprägtes Erlebnis – das gilt<br />
insbesondere für die elektrifizierten Fahrzeuge, die wegweisende Standards für<br />
nachhaltige Hochleistung setzen.<br />
Das Hyundai ‚N‘ steht für Namyang, das<br />
globale Forschungs- und Entwicklungszentrum<br />
von Hyundai Motor in Korea, wo die<br />
Idee für die N-Reihe geboren wurde, sowie<br />
für den Nürburgring, Heimat des europäischen<br />
Testzentrums von Hyundai Motor.<br />
Das neueste Modell der Reihe ist der IONIQ<br />
5 N, der in 3,5 Sekunden von null auf 100<br />
km/h beschleunigt (mit N-Grin Boost geht<br />
es sogar noch einmal eine Zehntelsekunde<br />
schneller) und eine Höchstgeschwindigkeit<br />
von 260 km/h bietet. Die Reichweite<br />
beträgt bis zu 448 Kilometer (WLTP).<br />
Das vom Motorsport inspirierte regenerative<br />
Bremssystem N-Brake Regen gewährleistet<br />
eine konstante Bremsleistung<br />
und ein hervorragendes Wärmemanagement,<br />
ohne dass Carbon-Keramik-Bremsscheiben<br />
erforderlich sind. Es bietet eine<br />
in der Branche führende maximale Verzögerungskraft<br />
von 0,6 G und fungiert als<br />
primäres Bremssystem, was den Einsatz der<br />
mechanischen Bremsen auf ein Minimum<br />
reduziert und das Fading-Risiko aufgrund<br />
der relativen Schwere des Elektrofahrzeugs<br />
verringert. Bei Bedarf stellen die hydraulischen<br />
Bremsen zusätzliche Bremskraft<br />
bereit und sorgen so für mehr Ausdauer<br />
auf der Rennstrecke. Der nahtlose Übergang<br />
zwischen dem regenerativen Bremssystem<br />
und den hydraulischen Bremsen ist<br />
für den Fahrer nicht wahrnehmbar. Innen<br />
bieten spezielle N-Sportschalensitze auch<br />
bei sportlicher Fahrweise hervorragenden<br />
Halt, während die feststehende Mittelkonsole<br />
dem Fahrer ein Gefühl von Stabilität<br />
und Kontrolle vermittelt. Besonders hervorheben<br />
möchten wir den N-Drift Optimizer,<br />
der beim Beibehalten des Driftwinkels hilft<br />
(siehe Foto rechts). Hier werden mehrere<br />
Fahrzeugsteuerungssysteme, die auf Echtzeit-Eingaben<br />
reagieren, in ein Gleichgewicht<br />
gebracht, damit der Fahrer den<br />
sogenannten Kupplungskick heckgetriebener<br />
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor<br />
simulieren kann, um so Drift für Drift Fahrzeug<br />
und Reifen bis an ihre Grenzen zu<br />
beanspruchen. Letztere mußten wir bei<br />
unserem kleinen Testdrive (-drift), in der<br />
Nähe von Barcelona, dann auch mehrfach<br />
wechseln.<br />
Als wenn das nicht schon genug wäre<br />
verfügt das Fahrzeug auch über einen<br />
Geräuschgenerator, um ein Verbrennergefühl<br />
aufkommen zu lassen. Der Ignition-<br />
Sound erzeugt z. B. verbrennerähnliche<br />
Motor- und Auspuffgeräusche. Einen futuristischen<br />
Elektrosound bietet dagegen<br />
das Evolution-Profil und der Supersonic-<br />
Sound erinnert laut Hyundai an einen startenden<br />
Düsenjet.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.hyundai.de
74 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> COOL STUFF / BEGEHRENSWERT
COOL STUFF / BEGEHRENSWERT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 75<br />
DIE MANERO<br />
CENTRAL COUNTER<br />
DIE UHR FÜR EINE PERFEKTE<br />
WORK-LIFE-BALANCE<br />
AUTOR: J. M. BRAIN<br />
Das moderne Leben ist tempo- und<br />
facettenreich, vor allem im Grossstadtdschungel<br />
unserer Metropolen. Es<br />
ist geprägt von nahtlosen Übergängen<br />
zwischen Arbeit, gesellschaftlichen und<br />
kulturellen Verpflichtungen, zwischen<br />
sportlichen Aktivitäten und formellen<br />
Anlässen, zwischen dem bunten Treiben<br />
in den Straßen und Begegnungen in<br />
gehobener Gesellschaft. Die Manero<br />
Central Counter von Carl F. Bucherer<br />
wurde für all diese Momente geschaffen,<br />
ob am Tag oder in der Nacht. Mit<br />
ihrer robusten Designsprache und den<br />
dezenten, natürlichen Farben gleicht sie<br />
einem Chamäleon, das sich jederzeit<br />
der aktuellen Umgebung und Situation<br />
anpasst.<br />
Auf den ersten Blick wirkt die Manero<br />
Central Counter wie eine Sportuhr:<br />
Ihre kohlenstoffbeschichtete Lünette,<br />
schwarzen Hilfszifferblätter für die<br />
Chronographenfunktionen und das
76 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> COOL STUFF / BEGEHRENSWERT<br />
schwarze Hybridkautschuk-Armband<br />
bilden einen starken Kontrast zum<br />
Gehäuse aus Edelstahl. Diese Ästhetik<br />
passt wunderbar zu den aktiveren<br />
Momenten des Lebens in der Stadt –<br />
ob man nun gerade im Fitnessstudio<br />
ist oder auf dem Weg zum nächsten<br />
Meeting. Und diesem Zweck wird sie<br />
auch vollends gerecht, mit einer weißauf-schwarzen<br />
Tachymeterskala und<br />
Indizes mit Super-LumiNova-Füllung,<br />
die auch bei schlechten Lichtverhältnissen<br />
für gute Ablesbarkeit sorgen.<br />
Bei näherem Hinsehen ist die Manero<br />
Central Counter jedoch weit mehr als<br />
eine Uhr für sportliche Einsätze. Die<br />
Details der Veredelungen, die Farben<br />
und das unaufdringliche Design sind<br />
wohldurchdacht und verleihen dem<br />
Zeitmesser ein markant raffiniertes<br />
Flair. Das Zifferblatt ist in vier natürlichen<br />
Farbtönen (Blau, Lachsrosa, Braun<br />
und Grün) erhältlich und mit einem<br />
Sonnenschliff versehen, der das einfallende<br />
Licht strahlenförmig reflektiert.<br />
Dank dieser Details eignet sich die Uhr<br />
nicht nur als lässiger Freizeitbegleiter,<br />
sondern passt sich auch hervorragend<br />
an kreative, formelle oder elegante<br />
Anlässe an. Ob im Meeting, zum Dinner<br />
oder beim Kinobesuch – die Manero<br />
Central Counter ist die ideale Begleitung<br />
in allen Lebenslagen.<br />
Auch ihre Größe ist genau richtig – mit<br />
41 mm Durchmesser ist sie groß genug<br />
für den Einsatz beim Sport, aber dezent<br />
genug, um als schönes Accessoire jedem<br />
Outfit den letzten Schliff zu verleihen.<br />
Die gebürstete Optik des Kautschukarmbands<br />
ist ein weiteres subtiles Detail,<br />
das den Qualitätsanspruch des Zeitmessers<br />
unterstreicht.<br />
Unter der Oberfläche aller Modelle<br />
arbeitet ein Kaliber CFB 1967 mit 47<br />
Steinen und bis zu 44 Stunden Gangreserve,<br />
das sich durch seine Präzision und<br />
Langlebigkeit auszeichnet. Das Uhrwerk<br />
kann durch einen Gehäuseboden<br />
aus Saphirglas bewundert werden.
COOL STUFF / BEGEHRENSWERT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 77
MOTION / REPORTAGE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 79<br />
EPIC DRIVE<br />
ICELAND<br />
NÖRDLICH VON REYKJAVIK<br />
DURCH DIE ISLÄNDISCHE WILDNIS<br />
DURCH LAVA<br />
UND VULKANGESTEINT<br />
AUTOR: R. LÖWISCH
80 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> MOTION / REPORTAGE<br />
Wenn man karge Landschaften, schroffe Felsen und schwarzes Vulkangestein mag,<br />
kommt man um Island nicht herum. Wir fahren mit dem Kreiskolben-Mazda MX-30<br />
R-EV in den wilden Norden der Insel.<br />
Die Blaulichter sagen unmissverständlich:<br />
Hier gibt´s kein Durchkommen. Die<br />
Landstraße 43 ist gesperrt, ebenso die<br />
427. Beide führen nach Grindavik, und<br />
unter dem kleinen Küstenort brodelt es<br />
gewaltig. Magma ist in Wallung, aber<br />
das regt bis auf die Grindaviker keinen<br />
Isländer auf. Schließlich lebt man hier<br />
seit der ersten namhaften Besiedelung<br />
im 9. Jahrhundert durch die Wikinger mit<br />
heißen Quellen, Erdspalten und -beben<br />
sowie Massen von Lava.<br />
Da das Geschehen lokal sehr begrenzt<br />
ist, können wir den Ort auf dem Weg<br />
vom Flughafen in Kevlavik zum Hotel in<br />
Reykjavik problemlos in gebührendem<br />
Abstand passieren. Denn wir sind unterwegs<br />
im Rahmen des Mazda Epic Drive.<br />
Als Vehikel steht uns ein Mazda MX-30<br />
e-Skyactiv R-EV zur Verfügung, den die<br />
Japaner mit einem E-Motor samt Wankelmotor<br />
als Notstromaggregat ausgestattet<br />
haben. Die WLTP-Reichweite soll<br />
85 Kilometer betragen, die Gesamtreichweite<br />
dank des ständig den Akku<br />
ladenden Kreiskolbenmotors bis zu 680<br />
Kilometer.<br />
Wir starten vom Hotel The Reykjavik<br />
Edition in der Nähe der Berliner Mauer<br />
(tatsächlich steht ein Stück davon gar<br />
nicht weit weg). Frühaufsteher laufen<br />
vorher noch ein paar Kilometer den<br />
Sculpture and Shore Walk entlang<br />
mit Skulpturen wie dem berühmten<br />
„Sun Voyager“. Um acht Uhr morgens<br />
geht’s mit den Autos los. Da ist die<br />
140.000-Seelen-Stadt schon ziemlich<br />
wach – der Verkehr ist heftig. Aber wir<br />
stecken wenigstens mit gutem Gewissen<br />
im Stau, weil wir vollelektrisch fahren.<br />
Die Automassen sind kein Wunder, denn<br />
hier leben ein Drittel der rund 400.000<br />
Einwohner des Staates. Der Rest verteilt<br />
sich fast unsichtbar auf einer Landfläche<br />
von mehr als 100.000 Quadratkilometern.<br />
Wir werden den Wankel also kräftig<br />
nutzen müssen auf unserer genau 549<br />
Kilometer langen Tour, die mit sieben<br />
Stunden und 21 Minuten reiner Fahrzeit<br />
ausgewiesen ist.<br />
Trotz herbstlichen sieben Grad Plus ist<br />
der gut 1,8-Tonnen schwere Kompakt-<br />
SUV mit Spikes bestückt, die stets für ein<br />
ganz besonderes Fahrgeräusch sorgen<br />
und den Eigensound des kleinen SUV<br />
übertönen. So hören wir nichts von<br />
der Wankelpower, sondern nageln aus<br />
der Hauptstadt heraus, die sich in den<br />
vergangenen Jahren zum Glaspalastareal<br />
gewandelt hat. Noch gut 20 Kilometer<br />
vom alten Stadtkern entfernt stehen<br />
zur Stadt gehörige Gewerbegebiete.<br />
Das erste Gefühl von Einsamkeit kommt<br />
erst auf, als wir von der 1 abbiegen auf<br />
Nebenstraßen, die zunächst als 47
MOTION / REPORTAGE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> // 83<br />
und dann als 520 nach Reykholt führen.<br />
Zwischendurch überraschen uns immer<br />
mal wieder reine Schotterstraßen – hier<br />
ist maximal 80 km/h erlaubt. Für die<br />
Einheimischen sind solche unbefestigten<br />
Pfade normal: In Island sind nur rund<br />
4.300 Kilometer Straße asphaltiert. Und<br />
sollte mal ein Auto entgegenkommen,<br />
bitte langsam fahren – sonst durchlöchert<br />
man sich gegenseitig die Frontscheiben<br />
durch Steinschlag.<br />
Inzwischen ist die Sonne aufgegangen,<br />
und die Sorge in Sachen Gegenverkehr<br />
hat sich erledigt. Wenn’s hoch kommt,<br />
taucht höchstens alle halbe Stunde ein<br />
Auto auf – kein Wunder bei einer Bevölkerungsdichte<br />
von vier Einwohnern<br />
pro Quadratkilometer. Und sobald das<br />
Licht voll da ist, sieht man, wo man sich<br />
befindet: zwischen alten Lavafeldern, die<br />
karg bewachsen sind von Moosen und<br />
braunorangenem Gras.<br />
Dass die Straßen hier manchmal kaum<br />
nachvollziehbare Richtungen einschlagen,<br />
hat mit einer Besonderheit Islands<br />
zu tun: dem Glauben an Elfen, Feen,<br />
Gnome und Trolle, die hier wohnen<br />
sollen. Es gab sogar einst mit Erla<br />
Stefansdottir eine Elfenbeauftragte, die<br />
das Bauamt beriet, damit neue Straßen<br />
keine magischen Orte durchkreuzen.<br />
Man muss also keine Sorgen haben, bei<br />
einer Autoreise schlafende Über- und<br />
Unterirdische zu wecken.<br />
Und wenn doch, könnte man im Notfall<br />
noch früh genug bremsen: Die mit dem<br />
Mazda möglichen 140 km/h sind hier<br />
nicht zu realisieren, weil man nirgends<br />
schneller als 90 km/h fahren darf. Das<br />
sieht man spätestens ein, wenn nach<br />
einer Kurve irgendwo im Niemandsland<br />
ein Schaf auf der Piste steht und glaubt,<br />
so eine Straße würde nichts anderes<br />
tun als Vor- und Hauptspeise optisch zu<br />
trennen.<br />
Wer Wildnis mag, wird nicht satt vom<br />
Betrachten der vorrangig baumlosen<br />
isländischen Natur. Sie wird immer<br />
schroffer im Norden, auf der Landstraße<br />
68, die zum großen Teil am Fjord Hrutafjördur<br />
entlangführt. Nach jeder Kurve<br />
sieht es hier anders aus. Keine Welle stört<br />
die Ruhe, und nur ein paar Wasservögel<br />
sorgen für Kreise im Wasser. Aber es wird<br />
stetig kälter, und irgendwann gibt‘s Eis<br />
auf der Straße – danke für die Spikes.<br />
Die Luft ist feucht, manchmal fahren wir<br />
wie durch Wolken. Hier kann man übrigens<br />
getrost auf Konnektivitäten, Infotainments<br />
und nervende Fahrassistenten<br />
pfeifen, hier braucht es eher gute alte<br />
Erfindungen wie eine kräftige Scheibenwaschanlage,<br />
einen fixen Heckscheibenwischer,<br />
eine angenehme Heizung – und<br />
eine zuverlässige Bremse.<br />
Kurz vor Hölmavik, kurz bevor die nördlichsten<br />
Islandausläufer wie Finger<br />
aussehen, müssen wir links auf die 61<br />
abbiegen. Sie bringt uns wieder Richtung<br />
Süden auf die Ringstraße 1. Hier<br />
kommen wir durch Bogarnes, das wirtschaftliche<br />
Zentrum Westislands mit seinem<br />
sagenhaften Panoramablick.
86 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> MOTION / REPORTAGE<br />
Das heiße Wasser der Hauptstadt stammt<br />
aus der größten Heißwasserquelle des<br />
Landes, namens Deildartunguhver mit<br />
180 Litern pro Sekunde. Von hier lohnt<br />
sich ein Abstecher über die Landstraße<br />
54 zum 167 Quadratkilometer großen<br />
Nationalpark Snaefellsjökull, beherrscht<br />
von einem 1.446 Meter hohen Vulkankegel.<br />
Tausende Seevögel bevölkern die<br />
Felstürme Londrangar. Besuchenswert<br />
auch die Bucht Dritvik mit den Ruinen<br />
der einzigen Fischfangstation und der<br />
schwarze Lavakieselstrand von Djupalonssandur.<br />
Das aber sehen wir alles<br />
nicht – die Zeit drängt, und außerdem<br />
dämmert es schon wieder. Reisen in<br />
Island braucht seine Zeit.<br />
Wer sich als Isländer fürs Landleben<br />
entschieden hat, scheint sich an der 1<br />
angesiedelt zu haben. Tatsächlich gibt<br />
es hier wesentlich mehr Gehöfte als an<br />
den kleinen Straßen, und vor allem: Hier<br />
stehen sie alle, die sagenhaften Island-<br />
Pferde. Sie trotzen der Kälte und der<br />
Einsamkeit und wissen nicht, dass sie<br />
– wenn sie einmal die Insel verlassen –<br />
nie zurück kommen dürfen aus Angst<br />
der Einheimischen vor eingeschleppten<br />
Krankheiten. Sie können übrigens nicht<br />
nur gehen und traben und galoppieren,<br />
sondern auch noch tölten, was eine<br />
besondere Spaziergangart ist.<br />
Der Rest der Fahrt ist unspektakulär –<br />
eine wirkliche Offroadstrecke innerhalb<br />
der Tour ist nicht vorgesehen, denn es<br />
gibt den MX30 R-EV nur mit Vorderradantrieb.<br />
Man rollt mit dem wieder zunehmenden<br />
Verkehr Richtung Reykjavik mit<br />
ziemlich genau 90 km/h – da verwundert<br />
es schon, dass die Instrumente schließlich<br />
einen Durchschnittsverbrauch von<br />
10,1 Liter pro 100 Kilometern für den<br />
Wankelmotor anzeigen.<br />
Aber wer ihn sich für mindestens 35.990<br />
Euro zulegt, freut sich wahrscheinlich<br />
eher über die außergewöhnliche<br />
Antriebstechnik und die gegenläufig<br />
öffnenden Türen des Mazda MX-30, die<br />
eine B-Säule überflüssig machen, und<br />
nimmt das hohe Gewicht mit in Kauf.<br />
Als uns ein Shuttle von Reykjavik wieder<br />
zum Flughafen bringt, ist Grindavik<br />
immer noch gesperrt. Auch wenn die<br />
Erde ruhig geblieben ist. Aber man weiß<br />
hier nie so genau.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.visiticeland.com<br />
www.mazda.de<br />
TECHNISCHES:<br />
Motor: Synchro-E-Motor,<br />
Einscheiben-Kreiskolbenmotor<br />
Max. Leistung (E): 125 kW (170 PS)<br />
Max. Drehmoment (E): 260 Nm<br />
Wankel-Kammervolumen: 830 ccm<br />
Wankel-Leistung: 55 kW (75 PS)<br />
Max. Drehmoment: 117 Nm<br />
Antrieb: Vorderräder<br />
Sprint 0-100 km/h: 9,3 Sekunden<br />
Top-Speed: 140 km/h
88 // <strong>BOLD</strong> <strong>CAR</strong> IMPRINT<br />
IMPRINT<br />
VERLAGSANSCHRIFT<br />
UND REDAKTION<br />
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EDITOR IN CHIEF<br />
AUTOREN /<br />
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HR NR: 121 118 B<br />
REDAKTION<br />
<strong>BOLD</strong> THE MAGAZINE<br />
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ISSN 2192-9378<br />
M. Kuhlmey<br />
MARKETING /<br />
SALES DIRECTOR<br />
L. Böhlke<br />
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BILDREDAKTION<br />
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TITELBILD<br />
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J. M. Brain, H. G. Teiner, N. Dexter, J. Fink,<br />
C. Paul, Z. Khawary, M. Mai, T. Adler,<br />
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C. Streng, P. Heidmann<br />
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Elektrische Reichweite (EAER): 76–91 km; Elektrische Reichweite Stadt (EAER Stadt): 83–93 km; Stand 11/2023