HANSA 04-2024
Märkte | Versicherungen | Schifffahrt |Karriere | Schiffstechnik | Offshore | Häfen
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JUBILÄUM: 200 JAHRE F. LAEISZ<br />
»Jede Generation muss sich die Reederei verdienen«<br />
Nikolaus H. Schües führt mit F. Laeisz ein Schifffahrtsunternehmen, das sich über 200 Jahre<br />
hinweg mehrfach neu erfinden musste. Im Interview mit der <strong>HANSA</strong> spricht er über seine<br />
persönliche Motivation, die Tradition und über die künftige strategische Ausrichtung<br />
Buckingham und am Instituto de Empresa<br />
in Madrid studiert. Und danach habe<br />
ich erst einmal bei einem Makler in New<br />
York gearbeitet. Letztlich bin ich doch bei<br />
F. Laeisz gelandet – und habe es in mittlerweile<br />
40 Jahren an keinem einzigen<br />
Tag bereut.<br />
Wie kam es denn letztlich dazu?<br />
Schües: Als ich nach New York gegangen<br />
bin, war das auf unbestimmte Zeit. Doch<br />
dann kam Weihnachten 1992 ein möglicher<br />
Kauf der ehemalige DDR-Staatsreederei<br />
DSR als Thema auf. Dieses Großprojekte<br />
wollte mein Vater, damals 57 Jahre alt,<br />
aber nur machen, wenn es eine Perspektive<br />
gäbe, ich die Firma weiterführen würde –<br />
also bin ich zurück nach Hamburg und habe<br />
bei Laeisz angefangen.<br />
© F. Laeisz<br />
Nikolaus H. Schües kam 1993 ins Unternehmen F. Laeisz und ist seit 2008 dessen CEO<br />
Wenige Reedereien sind älter, die Geschichte<br />
von F. Laeisz reicht lange zurück.<br />
Wie wichtig ist Ihnen denn Tradition?<br />
Nikolaus H. Schües: Sehr. Das Unternehmen<br />
ist nicht nur alt, sondern ist auch nie<br />
verkauft worden oder in eine Insolvenz<br />
gegangen. Das kann man gar nicht hoch<br />
genug bewerten. Allerdings sind wir<br />
Schües’ die dritte Eignerfamilie. Für die<br />
Leistungen und die Verdienste in der Vergangenheit<br />
gebührt daher den Vorgängern<br />
Respekt und Anerkennung. Wir<br />
achten und ehren die Tradition, aber wir<br />
wollen sie uns nicht aneignen.<br />
Was ist das Erfolgsgeheimnis bei einer<br />
solch langen Unternehmensgeschichte?<br />
Schües: Schifffahrt war immer und ist<br />
noch heute ein projektbezogenes Geschäft.<br />
Märkte ändern sich, neue Technologien<br />
werden entwickelt, auch das unternehmerische<br />
Handeln unterliegt immer<br />
etlichen Einflüssen. Es ging in der<br />
langen Geschichte immer wieder darum,<br />
das Unternehmen zukunftsfest zu machen,<br />
die Flotte auszutauschen oder auf<br />
völlig neue Schiffssegmente zu setzen.<br />
Das ist immer wieder mit viel Sachkenntnis<br />
und viel persönlichem Einsatz gelungen.<br />
Jede Generation musste sich die<br />
Reederei aufs Neue verdienen.<br />
War denn Ihr persönlicher Weg zur Reederei<br />
familiär vorbestimmt?<br />
Schües: Das denken bestimmt viele.<br />
Freunde haben damals meinen Eltern sogar<br />
vorgeworfen, sie würden mich aus<br />
rein »sentimentalen« Gründen in die<br />
Schifffahrt drängen, statt mich etwas<br />
»Vernünftiges« lernen zu lassen. Das war<br />
aber gar nicht der Fall. Ich habe zwar<br />
1985 eine Schifffahrtslehre beim Frachtkontor<br />
Junge begonnen, aber der Weg<br />
hätte mich auch ganz woanders hinführen<br />
können. Denn nach der Lehre habe<br />
ich noch Wirtschaft an der University of<br />
Was macht für Sie den Reiz an der Schifffahrt<br />
aus?<br />
Schües: Die Schifffahrt ist nicht nur jederzeit<br />
spannend, sondern hat auch etwas<br />
zu bieten, was man in dieser Ausprägung<br />
in ganz wenigen Berufen findet: Sie<br />
ist international, gleichzeitig ein People’s<br />
Business und wie kaum eine Branche<br />
vom Weltgeschehen abhängig. Was<br />
abends in den Nachrichten kommt, hat<br />
oft unmittelbare Auswirkungen auf unser<br />
Geschäft. Diese Kombination hat mich<br />
immer fasziniert.<br />
Aber es gab nicht nur gute Zeiten?<br />
Schües: Nein, natürlich nicht. Es gab<br />
durchaus auch frustrierende Phasen. Es<br />
ist viel angenehmer und schöner, wenn<br />
man etwas planen und gestalten kann, einer<br />
Idee folgen kann. Krisenmanagement<br />
oder der Umgang mit Widrigkeiten jeglicher<br />
Art ist meist nicht weniger herausfordernd,<br />
aber für alle Beteiligten in aller<br />
Regel sehr belastend und stressig. Aber<br />
solche Zeiten sind unvermeidbar.<br />
Manchmal geht man aus solchen Zeiten<br />
sogar gestärkt heraus, das ist dann der<br />
Lohn für die Mühsal.<br />
Können Sie ein Beispiel nennen?<br />
Schües: Wie viele anderen Unternehmen<br />
mussten auch wir nach 2008 Krisen-<br />
<strong>HANSA</strong> – International Maritime Journal <strong>04</strong> | <strong>2024</strong><br />
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