Gut Aiderbichl Magazin: Leben lieben Frühling/Sommer 2024
Lesen Sie herzerwärmende Tierrettungsgeschichten und erfahren Sie allerlei Wissenswertes rund um Gut Aiderbichl.
Lesen Sie herzerwärmende Tierrettungsgeschichten und erfahren Sie allerlei Wissenswertes rund um Gut Aiderbichl.
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1/<strong>2024</strong><br />
DAS<br />
MAGAZIN<br />
FÜR UNSERE<br />
FÖRDERER<br />
UND<br />
FREUNDE<br />
Weil Tiere eine Seele haben<br />
Hufkrebs bei Pferden<br />
Wie Heilung<br />
gelingt<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Osnabrück<br />
Gemeinsam<br />
haben wir das<br />
Unmögliche<br />
geschafft!<br />
Wettrennen gegen die Zeit<br />
Der grausame<br />
Überlebenskampf<br />
der Galgos<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> feiert<br />
das Jahr der<br />
KATZE<br />
Warum die Samtpfoten unsere Seele so tief berühren
Kindergeburtstag.<br />
Für kleine Tierliebhaber.<br />
Abenteuer pur mit tierischen Freunden!<br />
Infos & Anmeldung:<br />
tourismus@gut-aiderbichl.com<br />
0800 / 56 76 373<br />
Liebe <strong>Aiderbichl</strong>erinnen,<br />
liebe <strong>Aiderbichl</strong>er,<br />
Die Künstlerin Yoko Ono sagte einmal:<br />
„Ein Traum, den man allein träumt, ist<br />
nur ein Traum. Doch ein Traum, den<br />
man zusammen träumt, wird Wirklichkeit.“<br />
Diese Worte, so finde ich, lassen<br />
sich auf wunderbare Weise auf <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> übertragen, denn das vergangene Jahr hat<br />
wieder einmal gezeigt: Gemeinsam erreichen wir das<br />
Unmögliche! Wir stehen nicht nur Schulter an Schulter<br />
gegen das Tierleid, sondern erschaffen Refugien für Lebewesen,<br />
in denen das Wirklichkeit wird, was in der Tat<br />
vor über 20 Jahren als der Traum eines einzelnen Mannes<br />
begann. Heute träumen wir gemeinsam von einer Welt,<br />
deren Leitbild eine umfassende Humanität ist; einer Welt,<br />
in der die Schwachen geschützt sind und das <strong>Leben</strong> an<br />
sich gewürdigt und wertgeschätzt wird.<br />
In den vergangenen Monaten haben wir, liebe <strong>Aiderbichl</strong>er<br />
und <strong>Aiderbichl</strong>erinnen, diesen gemeinsamen Traum<br />
wieder ein Stück mehr Wirklichkeit werden lassen. Mit Ihrer<br />
immensen Unterstützung gelang es, die finanziellen<br />
Mittel für die Anlage der Osnabrücker Tiervermittlungsstation<br />
aufzubringen. Dank Ihnen kann unser Team vor<br />
Ort jetzt ein großes Kastra tionsprojekt starten, das in<br />
rund drei Jahren das Leid der allermeisten Streuner-Katzen<br />
dort beenden wird. Ebenfalls dank Ihrer Hilfe kann<br />
der große Rinderstall auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffeldorf saniert<br />
werden, ein Projekt, das es uns ermöglichen wird, die <strong>Leben</strong>sbedingungen<br />
der Tiere auf diesem Hof noch einmal<br />
zu verbessern. Auch unsere fünf bengalischen Tiger, die<br />
ihr ganzes <strong>Leben</strong> im Zirkus verbringen mussten, können<br />
dieses Jahr ihr Für- Immer-Zuhause beziehen dank der<br />
großzügigen Hilfe eines <strong>Aiderbichl</strong>ers, der uns in Rumänien<br />
ein passendes Grundstück zur Verfügung stellte.<br />
Während ich hier sitze und diese Zeilen schreibe, suche<br />
ich nach Worten, um auszudrücken, was das vergangene<br />
Jahr für uns bedeutet hat. Es war eine Achterbahnfahrt<br />
zwischen Hoffen und Bangen; ein Kraftakt und zugleich<br />
eine Lektion in Demut und Vertrauen. So bleiben mir am<br />
Ende nur drei Worte, in denen zugleich alles liegt: Ich danke<br />
Ihnen. Ich danke Ihnen und freue mich darauf, gemeinsam<br />
mit Ihnen weiter zu träumen, immer weiter. Für eine<br />
Wirklichkeit, die wir nur gemeinsam erschaffen können.<br />
3 www.gut-aiderbichl.com<br />
4
Inhalt<br />
Geschichte einer<br />
Affenliebe<br />
Die Schimpansen in Gänserndorf<br />
sind Stars eines neuen<br />
Buches. S. 60<br />
Deggendorf –<br />
eine Vision<br />
Der Arzt Dr. Hatto<br />
Egerer schuf einen<br />
lebenswerten Ort für<br />
Tiere. S. 50<br />
Gans im Glück<br />
Das muntere Federvieh ist aus der Welt<br />
unserer Begegnungs- und Heimathöfe<br />
kaum mehr wegzudenken.<br />
S. 72<br />
Galgos – geboren,<br />
um zu sterben<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> rettet viele der<br />
spanischen Jagdhunde. S. 34<br />
Das große<br />
Flattern<br />
Die Artenvielfalt<br />
der Schmetterlinge.<br />
S. 44<br />
Maunzende<br />
Mirakel<br />
Was Mensch und Mieze<br />
schon seit Urzeiten<br />
verbindet. S. 12<br />
Schafe und Ziegen<br />
in akuter Not!<br />
Weiteren 200, teils kranken, Schafen<br />
und Ziegen droht die Obdachlosigkeit -<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> muss helfen. S. 92<br />
Endstation<br />
Hoffnung<br />
1000 Hunde aus rumänischer<br />
Tierrettung fanden ein<br />
neues Zuhause. S. 110<br />
3 Editorial<br />
6 Der Leitsatz von<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Das Motto unseres Gründers<br />
Michael Aufhauser<br />
8 „Was wir beginnen, führen<br />
wir auch zu Ende!“<br />
Ein Gespräch mit Stiftungs -<br />
vorstand Dieter Ehrengruber<br />
12 Mysteriöse Herzensbrecher<br />
Was uns Menschen an Katzen<br />
so fasziniert und berührt<br />
24 Fohlenrettung<br />
Sechs Pferdchen fanden auf<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> ein Zuhause<br />
28 Tiersprechstunde<br />
Fragen an unsere Experten von<br />
der <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Akademie<br />
34 Hoffnung für die Galgos<br />
Auf <strong>Leben</strong> und Tod: das Schicksal<br />
der spanischen Jagdhunde<br />
44 Schillernde Wesen<br />
Vom Zauber der Schmetterlinge<br />
50 Ein Traum wurde wahr<br />
Die visionäre Geschichte von<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf<br />
56 Willkommen auf<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>!<br />
Fünf unserer Neuankömmlinge<br />
60 Die Kraft der Vergebung<br />
Wie Affen verzeihen lernen<br />
62 „Wir sind Tieren verpflichtet“<br />
Ein Gespräch mit dem Tierethiker<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm<br />
66 Kuh und Kalb in Sicherheit<br />
Hermina und Glücka fanden ein<br />
neues Zuhause<br />
68 <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Tiervorsorge<br />
Wie für ältere Menschen gut für<br />
ihren Liebling vorsorgen<br />
72 Gans im Glück<br />
Eine Ode an das feine Federvieh<br />
78 <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> liebt …<br />
Die schönsten Angebote auf<br />
unseren Höfen<br />
84 Schwein gehabt<br />
Ferkel Alfred im Glück<br />
86 Wo die Liebe Heimat findet<br />
Sondervermittlung Osnabrück<br />
90 Ein letzter Wunsch wird wahr<br />
Die schwer kranke Regina und ihr<br />
Wiedersehen mit Katze Lisa<br />
92 Hilfe für Schafe und Ziegen<br />
200 Tiere könnten obdachlos<br />
werden – Zeit zum Handeln!<br />
96 Wir suchen Paten<br />
Unterstützen Sie Fridolin, Daisy,<br />
Ivanhoe und viele andere!<br />
102 Mit Herz schenken<br />
Der <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Online-Shop<br />
104 <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Forschung<br />
Diagnose Hufkrebs: Heilung<br />
dank moderner Medizin<br />
110 Fellnase sucht …<br />
Die Hunde vom <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Shelter in Rumänien<br />
114 Kurz & bündig<br />
Neuigkeiten von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
118 Nachruf für Carmen und Fifi<br />
Zwei besondere Schimpansen<br />
haben uns verlassen<br />
120 Die <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Höfe<br />
Unsere Heimathöfe in 6 Ländern<br />
Europas<br />
122 Impressum<br />
4 5
Leitsatz<br />
„Auch wenn es<br />
gelänge, die Tiere vor<br />
uns zu schützen,wir hätten<br />
nichts erreicht.<br />
Erst wenn es gelingt,<br />
die Tiere nicht mehr<br />
schützen zu müssen, sind<br />
wir am Ziel.<br />
Dann haben wir etwas<br />
verändert: uns!“<br />
Michael Aufhauser, Gründer von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
6 7
Interview<br />
IMMER IM EINSATZ<br />
Seit mehr als 20 Jahren setzt sich<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Stiftungsvorstand<br />
Dieter Ehrengruber für aktiven<br />
und gelebten Tierschutz ein.<br />
Er sagt: „Es geht nicht darum, ein<br />
Tier oder 100 Tiere zu retten –<br />
sondern auch darum, unseren<br />
Umgang mit Tieren nachhaltig<br />
zu verändern.“<br />
„Was wir beginnen,<br />
führen wir auch<br />
zu Ende!“<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> ist kein Ort der leeren Worte –<br />
sondern ein Ort, an dem Taten zählen und<br />
Tierschutz gelebt wird<br />
Gleich drei Mammut-Projekte<br />
hat <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> im vergangenen<br />
Jahr gestemmt –<br />
ein unvorstellbarer Kraftakt,<br />
der auch immensen persönlichen<br />
Einsatz erforderte. Hier spricht<br />
Geschäftsführer und Stiftungsvorstand<br />
Dieter Ehrengruber über ein Jahr voller<br />
Hoffnungen und Wunder …<br />
Das vergangene Jahr war ein Kraftakt …<br />
Dieter Ehrengruber: In der Tat! Wir<br />
haben vieles angeschoben, haben Pläne<br />
geschmiedet, Projekte begonnen, deren<br />
Ende damals nicht absehbar war oder<br />
besser: nicht absehbar sein konnte. Denn<br />
gerade im Tierschutz entwickeln die Dinge<br />
oftmals ihre eigene, unkalkulierbare<br />
Dynamik. Eine scheinbar simple Tierrettung<br />
etwa kann sich schnell als Massen-<br />
Notfall entpuppen, der Hunderte von<br />
Tieren umfasst, die alle untergebracht<br />
und zum Teil intensiv tierärztlich betreut<br />
werden wollen. Das haben wir gerade bei<br />
der Rettung von über 300 Schafen und<br />
Ziegen im Allgäu erlebt. Aber eben dafür<br />
steht <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>: Wir knicken nicht<br />
ein, und wir fallen nicht um, wenn es hart<br />
auf hart kommt. Wir stehen zu unserem<br />
Wort. Immer. Was wir beginnen, bringen<br />
wir auch zu Ende.<br />
Etwa die Unterbringung von<br />
fünf ehemaligen Zirkus-Tigern?<br />
Dieter Ehrengruber: Absolut! Keine andere<br />
Institution wollte sich damals der<br />
Tiere annehmen – ihre Unterbringung ist<br />
aufwendig und erfordert sehr spezielle<br />
Sicherheitsmaßnahmen. Aber darf man<br />
deswegen wegsehen? Wir auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
waren uns einig: auf gar keinen Fall!<br />
Bengal-Tiger sind wie alle anderen Tigerarten<br />
auch vom Aussterben bedroht.<br />
Wenn wir als Menschen jetzt nicht eingreifen,<br />
werden die Kinder unserer Kinder<br />
aufwachsen in dem Wissen, dass wir<br />
nichts getan haben, um diese wahrhaft<br />
majes tätischen Geschöpfe zu bewahren,<br />
als es noch eine Chance für ihr Überleben<br />
gab. So etwas kann und will ich nicht mit<br />
meinem Gewissen vereinbaren – nur, weil<br />
die Rettung dieser Tiere ein wenig aufwendiger<br />
ist. Denn am Ende geht es um<br />
das große Ganze – um die Welt, die wir<br />
hinterlassen. <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> hat sich seit<br />
jeher auch für den Schutz bedrohter und<br />
seltener Arten eingesetzt. Auf unseren<br />
Höfen leben weiße Barockesel, Zackelschafe<br />
– und auf einer Außenstelle in Rumänien<br />
demnächst auch fünf Bengal-Tiger.<br />
Ihr aller <strong>Leben</strong> ist in demselben Maße<br />
schützenswert.<br />
Die Tiger haben also ihr<br />
Für-Immer-Zuhause gefunden?<br />
Dieter Ehrengruber: Ja. Dank der großzügigen<br />
Unterstützung eines langjährigen<br />
<strong>Aiderbichl</strong>ers haben wir die Möglichkeit erhielten<br />
wir die Möglichkeit, die Tiere auf<br />
einem großen Gelände in Rumänien unterbringen<br />
zu können. Die Pläne sind abgesegnet,<br />
alle Bewilligungen liegen vor und der<br />
Bau kann nun starten. Die Fläche umfasst<br />
mehrere Hektar Land, es gibt natürliche Kletter-<br />
und Versteckmöglichkeiten, um den Tigern<br />
sowohl Ruhe als auch genügend Anregung<br />
zu bieten. Damit konnten wir eines<br />
der ungewöhnlichsten Tierschutzprojekte<br />
8 9
der vergangenen Jahre im allerbesten Sinne<br />
abschließen. Und es ist nicht das einzige …<br />
Sie spielen an auf die Sanierung<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffeldorf …<br />
Dieter Ehrengruber: Genau! Der große<br />
Rinderstall und die Ausläufe mussten dringend<br />
instand gesetzt werden, das Dach<br />
war undicht, die Abtrennungen der Stallbereiche<br />
teilweise kaputt. Dank der finanziellen<br />
Hilfe vieler <strong>Aiderbichl</strong>er:innen kann<br />
jetzt mit den Baumaßnahmen begonnen<br />
werden. Das ist eine gigantische Erleichterung<br />
– zu wissen, dass wir diese Hürde gemeinsam<br />
genommen haben. Der neue<br />
Stall wird nicht nur die <strong>Leben</strong>s- und Haltungsbedingungen<br />
der Rinder auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Iffeldorf noch einmal verbessern<br />
– er bietet auch mehr Platz. So haben wir<br />
die Möglichkeit, weitere Tiere aufzunehmen,<br />
insbesondere Rinder mit Beeinträchtigungen<br />
etwa. Unser Team in Iffeldorf betreut<br />
seit Jahren unter anderem eine Herde<br />
mit blinden Rindern; diese Tiere haben<br />
besondere Bedürfnisse, auf die wir uns<br />
dort eingestellt haben. Von diesem Wissen<br />
und dieser Betreuung können in Zukunft<br />
noch mehr Tiere profitieren – Tiere, die<br />
ansonsten einfach keine Chance haben.<br />
„Wir stehen zu unserem Wort –<br />
und fallen nicht um, wenn es<br />
hart auf hart kommt!“<br />
Dieter Ehrengruber<br />
Dringender Handlungsbedarf bestand<br />
auch bei der <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-<br />
Tiervermittlungsstation in Osnabrück …<br />
Dieter Ehrengruber: In der Tat! Noch Ende<br />
2023 haben wir hier auf ein Wunder gehofft:<br />
Der Pachtvertrag läuft dieses Jahr aus,<br />
gleichzeitig steigt die Anzahl der Tiernotfälle<br />
buchstäblich ins Unermessliche. In Krevinghausen<br />
waren alle Plätze belegt, selbst<br />
im Umland oder bei privaten Pflegestellen<br />
gab es keine Möglichkeit mehr, Tiere unterzubringen.<br />
Das Problem waren – und sind<br />
– insbesondere die Katzen. Seit die Gebührenordnung<br />
der Tierärzte 2022 erhöht wurde,<br />
sind die Tierarztkosten teilweise um bis<br />
zu 30 Prozent gestiegen – die Menschen<br />
sparen, wo sie können. Und das vielfach<br />
ausgerechnet an der Kastration freilaufender<br />
Katzen. Mit fatalen Folgen: Unser Team<br />
in Osnabrück bekommt nahezu täglich Anfragen,<br />
ob noch Platz frei sei für eine weitere<br />
trächtige Katze, für einen weiteren Wurf<br />
unterversorgter, kranker Kätzchen. Doch<br />
mit einem auslaufenden Pachtvertrag waren<br />
uns die Hände gebunden, wir konnten<br />
weder vor noch zurück. Und dann geschah<br />
tatsächlich das Wunder: Dank der immensen<br />
Unterstützung einiger <strong>Aiderbichl</strong>er:innen<br />
kamen genug Spenden zusammen, die uns<br />
jetzt den Kauf der Vermittlungsstation ermöglichen.<br />
Und nicht nur das: Der Ausbau<br />
des vorhandenen Rohbaus kann in die<br />
Planungsphase gehen. Das bedeutet: Wir<br />
haben Platz für Katzen, die ohne unsere Hilfe<br />
zugrunde gehen würden. In Osnabrück<br />
dürfen sie nun heilen an Körper und Seele,<br />
sie dürfen ihre Kätzchen in einer sicheren<br />
Umgebung zur Welt bringen, und die wiederum<br />
dürfen wir sicher begleiten, bis sie alt<br />
genug sind, um in ihr eigenes Für-Immer-<br />
Zuhause vermittelt zu werden.<br />
Drei Mammut-Projekte hat<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> gerade abgeschlossen –<br />
was empfinden Sie dabei?<br />
Dieter Ehrengruber: Ich habe in den über<br />
20 Jahren seit der Gründung von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
mehrere Tausend Tierrettungen<br />
begleitet und erlebt. Bis heute berührt<br />
mich jedes einzelne dieser Schicksale auf<br />
seine ganz eigene Weise. Sie fragen, was<br />
ich empfinde? Ich empfinde Dankbarkeit –<br />
eine unendliche, tiefe Dankbarkeit für die<br />
Hilfe aller <strong>Aiderbichl</strong>er:innen, die so unverbrüchlich<br />
an unserer Seite stehen und<br />
kämpfen, wirklich kämpfen, um jedes Tier,<br />
um jedes <strong>Leben</strong>, das wir retten können;<br />
die unsere Vision teilen von einer Welt, in<br />
der Menschen nicht wegsehen, sondern<br />
eingreifen und handeln zum Wohle der<br />
Schwächeren. Und ich empfinde Demut –<br />
vor dem, was wir gemeinsam geleistet<br />
haben. Und vor dem, was noch kommen<br />
wird. Drei große Projekte haben wir gerade<br />
zum Abschluss gebracht – wir haben zu<br />
Ende geführt, was wir begonnen haben.<br />
Und jetzt geht es weiter: In Osnabrück und<br />
Salzburg starten wir ein umfassendes Kastrationsprojekt,<br />
um das Leid der Katzen<br />
endgültig zu beenden. In Spanien unterstützen<br />
wir die Rettung der Galgos und<br />
Podencos, deren Schicksal so fürchterlich<br />
ist, dass die Bilder mir persönlich Albträume<br />
bereiteten. In Zusammenarbeit mit der<br />
Sandgrueb-Stiftung in Egg gelang uns gerade<br />
die Heilung von Hufkrebs bei Pferden,<br />
einer Erkrankung, die noch immer oft einem<br />
Todesurteil gleichkommt. Also – ja,<br />
wir haben viel bewegt. Aber am Ziel sind<br />
wir erst, wenn Tiere unseren Schutz gar<br />
nicht mehr bedürfen. Dann haben wir die<br />
Welt für immer verändert. Und die Kinder<br />
unserer Kinder werden aufwachsen in dem<br />
Wissen, dass wir aufgestanden sind und<br />
gekämpft haben – für all das, was schützenswert<br />
und kostbar ist.<br />
EIN MANN DER<br />
STARKEN TATEN<br />
Kann Tierschutz die Welt<br />
verändern? „Ja“, sagt<br />
Stiftungsvorstand Dieter<br />
Ehrengruber. „Denn jedes Mal,<br />
wenn wir ein Tier retten, retten<br />
wir die Welt – indem wir die<br />
Herzen der Menschen daran<br />
erinnern, was Liebe ist und<br />
was Mitgefühl bedeutet.<br />
Das ist die Grundlage, auf<br />
der alles andere erwachsen<br />
kann und muss.“<br />
10 11
Dossier<br />
Mysteriöse<br />
Herzensbrecher<br />
Katzen sind die beliebtesten Haustiere – rund 17 Millionen Stubentiger leben allein<br />
in Deutschland und Österreich. Grund genug für <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>, <strong>2024</strong> das Jahr der<br />
Katze zu feiern. Denn in der Tat vermag kaum ein Wesen unsere Seele so tief zu<br />
berühren. Eine Liebeserklärung an alle Samtpfoten …<br />
12 13
KATZENSPRACHE<br />
Eine Samtpfote kann nicht nur<br />
schnurren, sondern auch gurren oder<br />
miauen. Forscher unterscheiden<br />
sogar mehr als 200 Laute.<br />
Vor 20 Jahren fanden Archäologen<br />
in Zypern ein<br />
rund 9500 Jahre altes<br />
Grab. Eingebettet in Muscheln,<br />
blank polierten<br />
Steinen und anderen Artefakten,<br />
lag darin ein Mensch mit seiner<br />
Katze. Dieser bisher älteste Fund einer Katze<br />
als Haustier beweist: In den verwinkelten<br />
Gassen der Menschheitsgeschichte hat<br />
die Katze seit Tausenden von Jahren einen<br />
festen Platz gefunden – und zwar einen,<br />
der weit über die Rolle eines Haustiers<br />
hinausreicht. Schon in der ägyptischen<br />
Mythologie, jener Quelle faszinierender<br />
Erzählungen und göttlicher Erscheinungen,<br />
begegnen wir Bastet – der kätzischen<br />
Göttin, die Anmut, Schutz, Liebe und<br />
Fruchtbarkeit verkörpert. Sie fungierte als<br />
Beschützerin der Schwangeren und wurde<br />
zudem als Göttin der Freude, des Tanzes,<br />
der Musik und der Feste bezeichnet. Ein<br />
Hauch von Magie umgibt diese Figur, und<br />
es ist nicht verwunderlich, dass sich<br />
Bastets Glanz bis in unsere heutige Beziehung<br />
zu Katzen erstreckt.<br />
Die Kulturgeschichte der vierbeinigen<br />
Räuber hat sehr viele Facetten, aber eine<br />
Konstante bleibt bis heute: die tiefe Verbindung<br />
zu den Menschen. Bastet mag als<br />
göttliche Manifestation verehrt worden<br />
sein – doch die Wertschätzung für Katzen<br />
hat sich durch die Jahrtausende zu einer<br />
innigen Beziehung entwickelt. Es ist, als ob<br />
die mystische Aura dieser faszinierenden<br />
Geschöpfe über die Zeiten hinweg geschwebt<br />
wäre, um sich dauerhaft in den<br />
Menschenherzen niederzulassen.<br />
Die wissenschaftliche Neugier, die uns antreibt,<br />
hat diese Verbindung in zahlreichen<br />
Studien untersucht. Eine Forschungsarbeit<br />
der Washington State University beispielsweise<br />
hat herausgefunden, dass das Streicheln<br />
einer Katze nicht nur die Stimmung<br />
hebt, sondern auch das Risiko von Herzinfarkten<br />
und Schlaganfällen signifikant<br />
reduziert. Die sanften Vibrationen des<br />
Schnurrens wirken dabei wie ein heilender<br />
Balsam auf die Seele – ein innewohnendes<br />
Beruhigungsmittel inmitten unserer oft<br />
hektischen Existenz.<br />
Doch nicht nur die physischen Vorteile tragen<br />
zur tiefen Verbundenheit bei. Die Psychologie<br />
hinter unserer Beziehung zur<br />
Katze ist ebenso faszinierend wie komplex.<br />
Studien der University of Lincoln haben<br />
gezeigt, dass Katzen die Fähigkeit besitzen,<br />
menschliche Emotionen zu erkennen<br />
und darauf zu reagieren. Diese scheinbar<br />
untrügliche Kenntnis unserer Gefühlswelt<br />
schafft eine Verbindung, die über die Barrieren<br />
der Sprache und des Rationalen<br />
SEELENGEFÄHRTEN<br />
Da Katzen täglich bis zu 16 Stunden mit Tagträumereien<br />
und Schlaf verbringen, sollte<br />
ihnen mindestens ein ruhiger und gemütlicher<br />
Rückzugsort zur Verfügung stehen<br />
– besser noch sind mehrere Optionen, die je<br />
nach Stimmungslage und in verschiedenen<br />
„Klimazonen“ eingerichtet sind.<br />
14 15
SCHLAUMIEZEN<br />
Katzen können problemlos<br />
bis vier zählen. Das wies der<br />
Verhaltensbiologe Dr. Immanuel<br />
Birmelin in Experimenten nach.<br />
„Das ist eine kognitive Leistung,<br />
die Katzen sogar Hunden<br />
voraushaben“, sagt er.<br />
FREUND UND HELFER<br />
Im 19. Jahrhundert avancierten Katzen zum Statussymbol:<br />
Der nützliche Mäuse- und Rattenfänger<br />
von einst war im Schoß der Familie angekommen,<br />
die gezielte Zucht war die Folge. Im Jahr 1871<br />
fand schließlich die erste Katzenausstellung der<br />
Welt im Londoner Crystal Palace statt.<br />
NAMEN SIND SCHALL UND RAUCH?<br />
Von wegen! Auch wenn unsere Katze die Bedeutung von Worten sicherlich<br />
nicht verstehen kann, kennt sie doch ihren eigenen Namen. Das hat die japanische<br />
Psychologin und Katzenexpertin Atsuko Saito mit einer Studie herausgefunden.<br />
Sie beobachtete dafür insgesamt 78 Hauskatzen, die in japanischen<br />
Katzencafés leben. Saito und ihr Team konnten mit unterschiedlichen Experimenten<br />
belegen, dass die Tiere deutlich auf ihren Namen reagierten, etwa<br />
durch Ohr- oder Kopfbewegungen (Foto: Tierpflegerin Dominika Kreilinger<br />
mit zwei Bewohnerinnen der Katzenvilla auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf).<br />
hinausgeht. Selbst harte Menschenherzen<br />
werden in Gegenwart einer Katze weich,<br />
spüren sie ihr liebevoll stupsendes Köpfchen<br />
oder ihre nach Aufmerksamkeit heischenden,<br />
sanften Pfoten. Dass diese zuweilen<br />
auch ihre Krallen ausfahren und uns<br />
den einen oder anderen kleinen Kratzer<br />
bescheren, vergessen wir darüber ganz<br />
schnell …<br />
Die Einzigartigkeit der Persönlichkeit von<br />
Katzen spielt demnach eine zentrale Rolle<br />
in ihrer Fähigkeit, eine so tiefe emotionale<br />
Bindung aufzubauen. Die feine Balance<br />
zwischen Unabhängigkeit und Anhänglichkeit<br />
macht sie zu idealen Gefährten.<br />
Ihre Eigenschaft, auf subtile Weise zu<br />
kommunizieren, sei es durch liebevolle Blicke,<br />
zarte Berührungen oder das vertraute<br />
Schnurren, schafft eine Sprache der Liebe,<br />
die unmittelbar verstanden wird.<br />
Die sozialen Medien haben diese Verbindung<br />
in den letzten Jahren weiter verstärkt.<br />
Bilder und Videos von Katzen, die in lustigen<br />
oder rührenden Momenten eingefangen<br />
sind, werden viral geteilt. Digitale<br />
Gemeinschaften von Katzenliebhabern entstehen<br />
und schaffen eine Plattform für den<br />
Austausch von Geschichten und Erlebnissen<br />
rund um die faszinierenden Tiere. Hier<br />
wird die universelle Faszination für Katzen<br />
zu einem globalen Phänomen, das die Menschen<br />
auf der ganzen Welt vereint.<br />
In einer Welt, die oft von Einsamkeit und<br />
Stress geprägt ist, bieten Katzen mehr als<br />
nur Gesellschaft. Sie sind Partner im <strong>Leben</strong>,<br />
stets bereit, ihre Zuneigung bedingungslos<br />
zu schenken. Ihre ruhige, unerschütterliche<br />
Präsenz wird zum Anker in stürmischen Zeiten:<br />
Sie spendet uns unermüdlich Trost in<br />
Momenten von Traurigkeit und Trauer, sie<br />
bietet uns einen Ort der Zuflucht, wenn wir<br />
mal nicht wissen, wohin mit uns.<br />
Es sind häufig die kleinen, unscheinbaren<br />
Momente, die die Verbundenheit mit den<br />
Fellnasen so kostbar machen. Der Blick einer<br />
Katze, der tief in unsere Seele zu schauen<br />
scheint, die sanften Pfoten, die auf dem<br />
Schoß ruhen, und das zärtliche Schnurren,<br />
Katzen schaffen<br />
eine Sprache<br />
der Liebe, die<br />
unmittelbar<br />
verstanden wird<br />
das wie eine Melodie der Liebe klingt. In<br />
diesen Momenten werden sie deutlich<br />
spürbar: die unsichtbaren, aber starken<br />
Bande, die die Herzen von Mensch und<br />
Katze für immer miteinander verweben.<br />
So schließt sich der Kreis der Jahrhunderte,<br />
und unsere Leidenschaft zur Mieze bleibt<br />
eine zeitlose Liebesgeschichte. Mögen sich<br />
die Götter zurückgezogen haben, doch<br />
ihre geflüsterten Legenden leben weiter in<br />
unseren Katzen. In den sanften Augen dieser<br />
faszinierenden Geschöpfe spiegelt sich<br />
die Schönheit der Vergangenheit, die Freude<br />
der Gegenwart – und die Hoffnung auf<br />
eine Zukunft, in der die Liebe zwischen uns<br />
und der Katze niemals verblasst.<br />
16 17
Dossier<br />
Gesundwunder<br />
Katze<br />
Katzen sind erstaunliche Wesen. Sie sind nicht nur eigensinnig und verschmust, sondern<br />
tun auch unserer Gesundheit gut. Studien beweisen: Katzen entspannen uns bei Stress und<br />
heilen unsere Schmerzen. Fünf Fakten über das Gesundwunder auf vier Pfoten<br />
SIND KATZEN-<br />
VIDEOS EIGENTLICH<br />
AUCH GUT FÜR UNS?<br />
Wenn wir zur Unterhaltung lustige<br />
Katzenvideos im Internet anschauen, fördert<br />
dies tatsächlich unsere Motivation und<br />
Konzentration. Wir fühlen uns dadurch glücklicher<br />
und energiegeladener, beweist eine Untersuchung<br />
der Indiana-Universität Bloomington. „Der emotionale<br />
Gewinn durch die Videos hilft uns dabei,<br />
Aufgaben im Anschluss effektiver zu bewältigen“,<br />
berichtet Studienleiterin Jessica Gall Myrick<br />
im Wissenschaftsmagazin Computers<br />
in Human Behavior.<br />
HILFT EINE KATZE IM BETT<br />
BEIM EINSCHLAFEN?<br />
Das vibrierende Katzenschnurren wirkt außerdem besser<br />
als jedes <strong>Gut</strong>e-Nacht-Lied. Es beruhigt uns, denn unser<br />
Gehirn produziert Serotonin, aus dem sich das Schlafhormon<br />
Melatonin entwickelt. Aus diesem Grund hat das<br />
Schnurren eine schlaffördernde Wirkung. Inzwischen<br />
existieren sogar Apps und Webseiten (z.B. der Cat Purr<br />
Noise Generator), die das Schnurr-Geräusch zum<br />
Einschlafen und Entspannen imitieren.<br />
KÖNNEN DIE TIERE<br />
UNSERE SCHMERZEN HEILEN?<br />
Stubentiger sind empathischer, als wir denken. Mit ihren feinen<br />
Antennen spüren sie sofort, wenn es uns nicht gut geht. Liegen<br />
wir krank im Bett, dauert es nicht lange und ein schmusendes<br />
Kätzchen legt sich auf unseren Schoß. Durch ihre Anwesenheit<br />
schütten wir Endorphine aus, welche nicht nur unser Stresslevel,<br />
sondern auch unser Schmerzempfinden reduzieren. So lässt sich<br />
eine Erkältung gleich viel besser auskurieren.<br />
RUHEPAUSE MIT<br />
SAMTPFOTE<br />
Auf dem Begegnungshof<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf<br />
lässt es sich in und um<br />
die Katzenvilla herrlich<br />
erholen. <strong>Gut</strong>sleiter Benedikt<br />
Gruber und Kater Werner<br />
machen‘s vor.<br />
WELCHE WIRKUNG<br />
HAT DAS SCHNURREN AUF UNS?<br />
Katzen sind wahre Wunderheiler: Mit ihrem Schnurren<br />
regen sie ihr Knochenwachstum an und stimulieren<br />
ihre Muskulatur, weshalb sie sich schneller von<br />
Verletzungen erholen als andere Tiere. Das Miauen<br />
erzeugt unsichtbare Infraschall-Wellen, die wir<br />
ebenfalls als wohltuende Vibrationen wahrnehmen.<br />
Österreichische Forscher machten sich diesen Effekt<br />
zunutze und entwickelten 2010 ein Katzenschnurr-<br />
Therapiegerät, eine Art Vibrationskissen. Damit behandelten<br />
sie erfolgreich viele Patienten mit Gelenkund<br />
Muskelschmerzen. Die Vibrationen helfen zudem<br />
bei Durchblutungsstörungen sowie bei der Schleimlösung<br />
von Atemwegserkrankungen.<br />
MACHEN KATZEN UNS<br />
GLÜCKLICH?<br />
Wer nur zehn Minuten lang eine Katze streichelt, ist<br />
danach entspannter und glücklicher. Forscher an der<br />
Washington-State-Universität stellten fest, dass gestresste<br />
Studenten nach dem Tierkontakt deutlich niedrigere<br />
Cortisolwerte aufwiesen. Statt des Stresshormons schüttet<br />
das Gehirn vermehrt Glückshormone wie Serotonin und<br />
Oxytocin aus, welche einen beruhigenden Effekt auf uns<br />
haben. Schnurrt eine Katze, wird diese Wirkung<br />
noch verstärkt.<br />
18 19
Dossier<br />
Wie wir Katzen<br />
besser verstehen lernen<br />
Mysteriös, unnahbar, einzelgängerisch? Mitnichten: Katzen sind verblüffend<br />
soziale Tiere – fähig, enge Bindungen zu Menschen einzugehen.<br />
Der renommierte Katzenforscher Dennis C. Turner über die wahre Psyche<br />
der Stubentiger – und wie wir ihre Sprache verstehen können …<br />
GEFÜHL FÜR<br />
STUBENTIGER<br />
Der Katzenexperte<br />
Dennis C. Turner<br />
erforscht seit Jahrzehnten<br />
das Verhalten<br />
von Katzen. Der<br />
schweizerisch-amerikanische<br />
Biologe hat<br />
unter anderem an der<br />
Universität Zürich und<br />
der Azabu-Universität<br />
in Japan gelehrt und<br />
gilt international als<br />
einer der führenden<br />
Experten für Katzen-<br />
Mensch-Beziehungen.<br />
HOCHSENSIBEL<br />
Die Schnurrhaare der Katze<br />
sind tief in einen Bereich aus<br />
Nerven implantiert. Dies<br />
erklärt, warum eine Katze<br />
selbst auf kleine Veränderungen<br />
ihrer Umwelt reagiert.<br />
Sie beschäftigen sich seit vier Jahrzehnten<br />
mit dem Verhalten und der<br />
Psychologie von Katzen. Was fasziniert<br />
Sie so an diesen Tieren?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Ihre Unabhängigkeit,<br />
ihre Natürlichkeit. Katzen sind im<br />
Grunde wilde Wesen, die mehr oder weniger<br />
freiwillig mit uns zusammenleben.<br />
Gewiss: Wir füttern die Tiere, kümmern uns<br />
um sie – und dennoch würden Katzen im<br />
Freiland ganz ohne uns überleben können.<br />
Der Volksmund sagt: Hunde haben<br />
Herrchen oder Frauchen, Katzen haben<br />
Personal. Was halten Sie davon?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Der Spruch ist lustig,<br />
aber die Aussage stimmt so nicht. Klar:<br />
Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen<br />
Hunden und Katzen. Hunde sind obligatorisch<br />
soziale Tiere, die immer eine Bindung<br />
aufbauen, sie können qua ihrer Natur nicht<br />
anders. Die meisten Katzen aber sind fakultativ<br />
sozial: Sie müssen sich nicht zwangsläufig<br />
binden, aber – und das ist entscheidend:<br />
Sie können es. Ja, Katzen können<br />
enge Beziehungen untereinander und<br />
auch zu uns Menschen eingehen.<br />
Oft heißt es, Katzen seien von Natur aus<br />
Einzelgänger. Das stimmt dann offenbar<br />
nicht …<br />
Prof. Dennis C. Turner: Nein. Das mag<br />
zwar für Wild- oder Falbkatzen zutreffen,<br />
von denen unsere Hauskatzen abstammen.<br />
Aber denken Sie doch zum Beispiel<br />
an traditionelle Bauernhöfe. Auf den<br />
wenigsten Höfen schleicht nur eine Katze<br />
umher. Meist sind es ganze Kolonien von<br />
Tieren, die in einer sozialen Struktur<br />
miteinander leben.<br />
Wovon hängt es ab, ob eine Katze bereit<br />
ist, eine intensive Beziehung zu einem<br />
Menschen zu knüpfen?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Im <strong>Leben</strong> einer<br />
jeden Katze gibt es eine höchst sensible<br />
Phase, und die Erfahrungen, die das Tier in<br />
jener Zeit sammelt, sind wesentlich dafür,<br />
wie schnell Katzen Vertrauen zu Menschen<br />
fassen. Und infolgedessen auch, wie schnell<br />
sie eine Bindung zu einem noch unbekannten<br />
Menschen entwickeln. Ich spreche von<br />
der zweiten bis siebten <strong>Leben</strong>swoche: Haben<br />
Jungkatzen in dieser Zeit häufigen und<br />
guten Kontakt zu Menschen, vermögen sie<br />
sich auch später im <strong>Leben</strong> durchaus stark an<br />
Menschen zu binden. Sie sind dann gleichsam<br />
mit Menschen sozialisiert und damit<br />
fähig, uns in ihr Beziehungsnetz einzubauen.<br />
Sind Katzen also in der Lage, ähnlich<br />
enge Bindungen zu Menschen einzugehen<br />
wie Hunde?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Nein, nicht ganz.<br />
Hunde verfügen generell über eine inten-<br />
„Katzen sind<br />
von Natur<br />
aus keine<br />
Einzelgänger –<br />
sie leben in<br />
sozialen<br />
Strukturen.“<br />
sivere Bindungsfähigkeit. Dennoch zeigen<br />
Katzen, sobald sie sich an einen Menschen<br />
gebunden haben, klare Zeichen, die auf das<br />
emotionale Band schließen lassen. Da gibt<br />
es zum Beispiel Freude beim Wiedersehen,<br />
die Aufforderung zum Spiel oder etwa<br />
das Aufsuchen von Nähe, Geborgenheit,<br />
Körperlichkeit. Aber auch Trauer oder<br />
Trennungsangst.<br />
Wie äußert sich Trennungsangst bei<br />
Katzen?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Sie suchen zum Beispiel<br />
nach ihrem Menschen, rufen nach ihm<br />
oder ihr. Sie wirken verstört, markieren<br />
übermäßig mit Harn. Mitunter bricht sich<br />
die Angst auch Bahn in zerstörerischem Verhalten<br />
– etwa indem die Tiere Möbel zerkratzen.<br />
Und auch extremes Grooming, also<br />
das Putzen des Felles, kann Zeichen für<br />
Trennungsangst sein.<br />
Nicht wenige Katzenliebhaber:innen<br />
kennen folgende Situation: Wenn sie<br />
aus einem Urlaub nach Hause kommen,<br />
zeigt ihnen die Katze die kalte Schulter.<br />
Wiedersehensfreude schaut anders aus.<br />
Prof. Dennis C. Turner: (Lacht.) Auch das<br />
ist ein schönes Beispiel für emotionale<br />
Bindung – und ziemlich menschlich obendrein.<br />
Zunächst spielt man beleidigte Leberwurst.<br />
Aber meist dauert diese Phase<br />
nur eine begrenzte Zeit, da würden mir die<br />
meisten Katzenhalter:innen zustimmen.<br />
Nach einer Stunde ist alles wieder gut. Und<br />
dann wird ausgiebig gekuschelt.<br />
Manche Menschen, die mit Katzen<br />
nichts anfangen können, sich vielleicht<br />
gar vor ihnen ängstigen, erleben etwas<br />
Paradoxes: Sie haben das Gefühl, dass<br />
20 21
„Die Beziehung zur Katze ist<br />
ein Geben und Nehmen.“<br />
DENNIS C. TURNER<br />
Untersuchungen zeigten: Je eher wir auf die Bedürfnisse<br />
der Stubentiger eingehen, desto eher ist die Katze bereit,<br />
auch auf unsere Wünsche einzugehen …<br />
FEINFÜHLIG<br />
Dass Katzen ein sehr feines<br />
Gespür für den menschlichen<br />
Körper besitzen, zeige sich laut<br />
Turner deutlich in deren Reaktionen:<br />
„Sie spüren, wenn sich<br />
beispielsweise die Atmung<br />
eines Menschen verändert,<br />
und suchen dann oft die Nähe<br />
zu dieser Person.“<br />
Katzen ausgerechnet ihre Nähe suchen.<br />
Ist das bloße Einbildung?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Keineswegs. Das<br />
Phänomen lässt sich gut erklären: Wir<br />
Menschen strahlen ständig Signale aus,<br />
und Katzen orientieren sich anhand dieser<br />
Zeichen. Angenommen, eine Katze kommt<br />
in einen Raum mit Personen, die Katzen<br />
mögen. Diese Menschen zeigen ihr Interesse,<br />
senden zahlreiche Signale des Zuspruchs,<br />
sie sprechen mit der Katze, schauen<br />
sie an, streicheln sie. Die Katze weiß also<br />
schnell, woran sie ist. Menschen, die Katzen<br />
fürchten oder einfach nicht mögen,<br />
frieren dagegen oftmals förmlich ein, senden<br />
also vergleichsweise wenige Signale,<br />
schauen zum Beispiel weg. Und unwillkürlich<br />
versucht die Katze, diese Menschen zu<br />
provozieren, nähert sich ihnen, streicht um<br />
ihre Beine. Letztlich möchte das Tier sichergehen:<br />
Will er oder sie wirklich nichts mit<br />
mir zu tun haben? Das kann dann natürlich<br />
den Anschein erwecken, als würde die<br />
Katze just jene Menschen besonders<br />
mögen, die sie ablehnen.<br />
Sind Katzen so intelligent wie Hunde?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Da Hunde auffälliger<br />
und aufgrund ihrer Natur in höherer<br />
Frequenz mit uns kommunizieren, mag<br />
sich uns ihre Intelligenz vielleicht eher offenbaren.<br />
Doch je mehr wir über Katzen<br />
wissen, desto mehr zeigt sich auch ihr Verstand<br />
– und der braucht sich vor dem von<br />
Hunden nicht zu verstecken. Auch Katzen<br />
können zum Beispiel einer Geste folgen,<br />
etwa, wenn wir mit dem Zeigefinger auf<br />
ein verborgenes Leckerchen hindeuten.<br />
Sie sind, wie Studien belegen, in der Lage,<br />
Laute und Mimik einer Person in Verbindung<br />
zu bringen und zuzuordnen. Können<br />
also verstehen, dass ein aggressiver Ton<br />
und ein aggressives Gesicht zusammengehören.<br />
Und sie vermögen ganz klar die<br />
Stimmen ihnen bekannter Menschen zu<br />
erkennen.<br />
Wie erforscht man das?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Man zeigt den Tieren<br />
zum Beispiel die Gesichter und spielt<br />
ihnen Tonbandaufnahmen bekannter<br />
und fremder Menschen vor. Je nachdem,<br />
welche Stimme die Katze hört und welches<br />
Gesicht sie sieht, ändert sich ihr Verhalten.<br />
Teils auf subtile Art. So kann man<br />
etwa anhand kleiner Änderungen an der<br />
Stellung der Ohren sehen, dass die Katze<br />
den eigenen Halter erkennt. Die Ohren<br />
sind ohnehin wichtige Stimmungsindikatoren<br />
von Katzen.<br />
Was sagen die Ohren aus?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Die Stellung der<br />
Ohren lässt auf die Stimmung schließen<br />
und darauf, was die Katze in Zukunft plant.<br />
Ganz grob kann man sagen: Zeigen die<br />
Ohrmuscheln nach vorn, sind sowohl die<br />
Laune als auch die Absichten meist positiv.<br />
Je weiter die Ohren nach hinten gerichtet<br />
sind, desto negativer ist in der Regel die<br />
Stimmung des Tieres. Auch der Schwanz<br />
ist ein Stimmungsbarometer – und vielen<br />
Katzenbesitzern sehr vertraut: Kommt<br />
man nach Hause, läuft die Katze mit hoch<br />
erhobenem Schwanz auf einen zu. Das<br />
heißt so viel wie: „Hallo, ich freue mich, dich<br />
zu sehen!“ Dieses Verhalten zeigen Katzen<br />
nur Menschen gegenüber, die sie kennen<br />
oder denen sie vertrauen. Es ist also auch<br />
ein Zeichen für Bindung. Und ein Verhalten,<br />
das ausschließlich domestizierte Katzen<br />
zeigen, Wildformen dagegen nicht.<br />
Welche Ausdrucksmittel der Kommunikation<br />
sind bei Katzen noch wichtig?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Das wichtigste<br />
Kommunikationsmittel bleibt uns leider<br />
verschlossen: Es handelt sich um die olfaktorische<br />
Verständigung durch Drüsen und<br />
Harn. Katzen beschnuppern einander und<br />
hinterlassen überall subtile Duftbotschaften.<br />
Reiben ihren Kopf an bestimmten Stellen,<br />
setzen Zeichen mit Harn. Für andere<br />
Katzen enthalten diese unsichtbaren Markierungen<br />
wichtige Informationen, die wir<br />
Menschen nicht erschnüffeln können. Wir<br />
sind daher auf die Körpersprache der Tiere<br />
und ihr akustisches Mitteilungsbedürfnis<br />
angewiesen.<br />
Wie differenziert ist die Verständigung<br />
mithilfe von Lauten?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Man kann rund 20<br />
verschiedene Laute unterscheiden, mit<br />
denen sich Katzen mitteilen – sei es durch<br />
Schnurren oder Miauen, durch Knurren,<br />
Fauchen, Gurren oder Keckern. Und diese<br />
Laute können die Tiere wiederum verschieden<br />
intonieren, wodurch sie unterschiedliche<br />
Emotionen äußern.<br />
Welche Emotionen stehen dabei im<br />
Vordergrund?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Vier Bedürfnisse<br />
beziehungsweise Gefühle sind besonders<br />
stark: Der Wunsch nach Aufmerksamkeit,<br />
Stress, Zufriedenheit sowie Unzufriedenheit.<br />
Die meisten Menschen, die mit einer<br />
Katze oder mehreren Katzen zusammenleben,<br />
haben gelernt, teils feine klangliche<br />
Variationen der Tierstimmen herauszuhören<br />
und intuitiv die entsprechenden Emotionen<br />
zu verstehen. Jede Katze hat ihre<br />
ganz eigene Art, sich verständlich zu machen.<br />
Katzen sind eben große Individualisten.<br />
Daher sage ich auch immer: Katzenhalter<br />
sind Experten ihrer eigenen Katzen.<br />
Viele wissen etwa, dass Schnurren nicht<br />
gleich Schnurren ist. Es kann beim Streicheln<br />
Ausdruck von Wohligkeit sein oder<br />
aber – wenn sich beispielsweise ein hellerer<br />
Ton ins Schnurren hineinmischt – eine<br />
Aufforderung: Gib mir Futter! Und es kann<br />
auch in ein Gurren übergehen, das viele<br />
Katzen dann äußern, wenn sie einen Menschen<br />
sehen, den sie mögen. Dann ist es<br />
Ausdruck einer freundlichen Begrüßung.<br />
Äußern Katzen ihr Vertrauen auch<br />
mittels ihrer Augen?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Wenn Mensch und<br />
Katze einander bestens kennen, kann sich<br />
dieses gegenseitige Vertrauensverhältnis<br />
tatsächlich in einem regelrechten Spiel des<br />
Blicks zeigen, das im Englischen „slow<br />
blink“ heißt: langsames Blinzeln. Die Katze<br />
fängt an, ganz ruhig ihre Augen zu schließen<br />
und dann wieder zu öffnen. Im Gegenzug<br />
kann man selbst die Augen langsam<br />
schließen. Und so geht es hin und her. Es ist<br />
Ausdruck einer tief empfundenen Ruhe:<br />
Wir beide sind zufrieden, es ist alles in Ordnung<br />
zwischen uns.<br />
KLEINE SEISMOGRAFEN<br />
Katzen besitzen nicht nur an der Schnauze Schnurrhaare,<br />
sondern auch an Kinn, Wangen, über den<br />
Augen und an der Rückseite der Vorderbeine.<br />
„Je mehr wir<br />
über Katzen<br />
wissen,<br />
desto mehr<br />
zeigt sich ihr<br />
Verstand.“<br />
Wie lässt sich die Beziehung zu einer<br />
Katze generell intensivieren?<br />
Prof. Dennis C. Turner: Wir haben in Studien<br />
festgestellt: Je besser ein Mensch auf<br />
die Wünsche einer Katze eingeht, je eher<br />
er die Signale des Tieres versteht und bereit<br />
ist, dessen Bedürfnisse zu erfüllen –<br />
zum Beispiel die Aufforderung zu spielen<br />
oder nach draußen gelassen zu werden,<br />
desto eher ist auch die Katze bereit, auf<br />
Wünsche des Menschen einzugehen. Auf<br />
ihn zuzukommen, Nähe und Geborgenheit<br />
zu spenden, Kuscheln zuzulassen. Eigentlich<br />
ist es wie in allen Beziehungen: ein<br />
Geben und ein Nehmen. Umgekehrt bedeutet<br />
das natürlich auch: Geht der<br />
Mensch nicht so häufig auf die Katze ein,<br />
ist das Tier in der Regel auch nicht bereit,<br />
sich den Wünschen des Menschen entsprechend<br />
oft zu fügen.<br />
Die Beziehung ist also weniger intensiv.<br />
Prof. Dennis C. Turner: Genau. Die Beziehung<br />
zwischen Mensch und Katze kann<br />
äußerst vielgestaltig sein. Sie kann auf<br />
einem sehr hohen Niveau erfolgen –<br />
sehr eng sein, mit sehr vielen Interaktionen<br />
versehen. Oder aber auf eher niedrigem<br />
Level. Eine Beziehung, in der man<br />
sich zwar trifft, ab und an miteinander<br />
schmust, in der der Mensch die Katze<br />
füttert, sie kurz streichelt. Aber die ein<br />
wenig – man könnte sagen – oberflächlicher<br />
verläuft. Wie gesagt: Die Katze ist<br />
fakultativ sozial, sie kann sozial sein,<br />
muss es aber nicht. Und daraus ergibt<br />
sich eine enorme Flexibilität in der Ausgestaltung<br />
der Beziehung zwischen<br />
Katzenhalter und dem Tier. Aber genau<br />
diese Variationsbreite der Bindungsfähigkeit<br />
erklärt in meinen Augen auch<br />
die hohe Popularität, die Katzen als<br />
Heimtiere genießen. Nicht zufällig sind<br />
Stubentiger die beliebtesten Haustiere<br />
der Deutschen.<br />
Dennis C. Turner erforscht insbesondere<br />
die Beziehung des Menschen<br />
zur Hauskatze und gilt als Experte<br />
auf dem Gebiet der tiergestützten<br />
Therapie. 1991 gründete er das<br />
Institut für angewandte Ethologie<br />
und Tierpsychologie in Hirzel in der<br />
Schweiz, das u. a. tierpsychologische<br />
Beratung anbietet. 2000 verlieh die<br />
Universitätsleitung Zürich Turner die<br />
Venia Legendi (Dr. habil.) auf dem<br />
Gebiet der Verhaltenskunde der<br />
Kleintiere.<br />
Interview: Rainer Harf (GEO)<br />
22 23
Tierretter vor Ort<br />
Der erste<br />
GEBURTSTAG<br />
PERFEKTES PFERDEGLÜCK<br />
Grasen glücklich auf den Wiesen von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Henndorf: (von links) Herzog, Mella, Zafar, Alfred,<br />
Pia (verdeckt) und Nuria. In diesem Frühjahr werden<br />
sie ein Jahr alt. Ohne <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> hätten sie diesen<br />
Geburtstag wohl nicht feiern können.<br />
… findet für diese sechs fröhlichen Fohlen auf den Wiesen von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> statt.<br />
Weil sich für sie auf dem Fohlenmarkt keine Bieter fanden, war ihre Zukunft ungewiss.<br />
Ein Fall für die Tierretter von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>…<br />
Tierkinder werden zum<br />
Schlachter geschickt, weil<br />
sie nicht schön genug sind,<br />
weil sie nicht gut genug<br />
sind.“ <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Tierretterin<br />
Bianca Pöckl macht<br />
der Gedanke immer noch fassungslos.<br />
Sie hat noch den hektischen Lärm, die<br />
Rufe der Bieter und Händler in der Auktionsarena<br />
in den Ohren, die unruhige<br />
Menschenmenge und mittendrin die<br />
nervösen, ängstlichen Pferde, die ungeduldig<br />
über die Fläche geführt, ja gezerrt<br />
werden, deren unsichere Schritte sogar<br />
mit der Peitsche korrigiert werden. Und<br />
dazwischen, kaum zu erkennen: Fohlen,<br />
wenige Monate alt, die den Trubel um<br />
sie herum mit schreckensweiten Augen<br />
registrieren und nicht wissen, wie ihnen<br />
geschieht. Es ist kalt an diesem Tag, alle<br />
Pferde schwitzen, stehen massiv unter<br />
Druck. Doch sie müssen laufen, sich von<br />
ihrer besten Seite zeigen – nur so erzielen<br />
sie einen guten Preis. Der Fohlenmarkt<br />
in Maishofen ist einer von vielen<br />
Treffpunkten für Hunderte Züchter und<br />
Händler aus dem Salzburger Land. Die<br />
Dramaturgie dieser Veranstaltungen ist<br />
eigentlich immer gleich: Die Pferde werden<br />
präsentiert, sie müssen sämtliche<br />
Gangarten absolvieren, damit sich potenzielle<br />
Käufer einen Eindruck vom Tier<br />
machen können. Es geht um Körperbau,<br />
um Beweglichkeit, um mögliche Zuchteigenschaften.<br />
All diese Attribute werden<br />
von den Inte ressenten genau überprüft,<br />
deren Blick zwischen dem Katalog<br />
mit den Daten des Tieres und dem Tier<br />
selbst immer hin- und hergeht. Das Pferd<br />
ist in dem Augenblick nicht mehr als die<br />
Nummer, die seitlich auf seinen Rücken<br />
geschrieben wurde. Dann geht es in die<br />
Bieter-Arena, in der die Besucher von<br />
stufenförmig angeordneten Sitzen aus<br />
auf das Geschehen im „Ring“ unter sich<br />
blicken. Das atemlose Bieten beginnt,<br />
die aufgerufenen Preise klettern im Sekundentakt:<br />
„Alles geht unglaublich<br />
schnell und ist unglaublich stressig – vor<br />
allem für die Tiere, die, geführt von ihren<br />
Züchtern, im Kreis rennen müssen“, sagt<br />
Bianca. Die Tierretter von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
sitzen inmitten der Menge. Wann immer<br />
die Versteigerung für ein Fohlen zu zö-<br />
24 25
WILLKOMMEN ZU HAUSE!<br />
Fohlen Zafar bei seiner Ankunft auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Henndorf. Er stand bereits auf dem Anhänger<br />
zum Schlachthof. Zur Begrüßung gibt ihm Cheftierpflegerin<br />
Lisa Schnaitmann einen liebevollen<br />
Kuss. Alle Tierretter sind überglücklich, dass sie<br />
diese lebensfrohen Tiere vor einem Schicksal<br />
als Schlachtvieh haben retten können. Auf den<br />
Wiesen von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> verleben sie nun ihren<br />
ersten, unbeschwerten <strong>Frühling</strong>. Besuchen Sie<br />
sie doch einmal dort!<br />
Die Fohlenrettung<br />
im Video<br />
PFERDE-BESCHAU<br />
Der Fohlenmarkt in Maishofen (Foto) ist<br />
der größte in Österreich. Fohlenmärkte<br />
sind in Süddeutschland und Österreich<br />
sehr beliebt und haben nicht selten<br />
Volksfestcharakter. Die Märkte finden oft<br />
im Herbst statt, wenn die meisten Fohlen<br />
etwa ein halbes Jahr alt sind. Nach einer<br />
unbeschwerten Kindheit an der Seite<br />
ihrer Mütter beginnt für sie von hier aus<br />
eine ungewisse Zukunft ….<br />
gern scheint, werden sie aktiv und bieten<br />
mit. Denn gibt es für ein Tier kein<br />
Käuferinteresse, schalten sich meist<br />
Viehhändler beim Bieten ein. „Es kann<br />
sein, dass sie das Fohlen an Halter weiterverkaufen.<br />
Die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass der Transport zur Schlachtung geht,<br />
ist aber hoch“, sagt Bianca. Italien, aber<br />
auch Länder in Osteuropa bis hin nach<br />
Russland sind oft die Ziele dieser Tiertransporte<br />
ohne Wiederkehr. Es geht also<br />
immer darum, genau diesen Bietern zuvorzukommen.<br />
Als Bianca sieht, dass das<br />
Fohlen Nuria lahmt, bietet sie hektisch<br />
für das Tier, das in diesem Zustand wahrscheinlich<br />
keine lange Zukunft bei einem<br />
Züchter gehabt hätte. Schnelligkeit ist<br />
beim Bieten überlebenswichtig. Und tatsächlich<br />
erhält <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> – zum Ersten,<br />
zum Zweiten, zum Dritten – den Zuschlag<br />
für Nuria. Auch Herzog wird von<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> ersteigert. Eine Laune der<br />
Natur hätte ihm zum Verhängnis werden<br />
können. Da sein Vater ein Tigerhengst,<br />
also ein weißer Noriker mit schwarzen<br />
Flecken, ist und seine Mutter eine braune<br />
Tigerstute mit Punkten in Braun, hätte<br />
Herzog eigentlich auch ein gepunktetes<br />
Fell haben müssen. Er aber ist ein rotbrauner<br />
Fuchs-Hengst ganz ohne Punkte<br />
geworden. Etwas, das von Züchtern so<br />
nicht beabsichtigt und daher oft aussortiert<br />
wird.<br />
Am Ende dieses Tages werden es vier<br />
Fohlen sein, die die Tierretter von <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> ersteigern: Herzog, Mella,<br />
Pia und Nuria. Cheftierpflegerin Lisa<br />
Schnaitmann bekommt noch einen Hinweis<br />
zu zwei weiteren Fohlen, die bereits im<br />
Transporter eines Viehhändlers stehen, der<br />
mit den Tieren zum Schlachthof fahren will.<br />
Zafar und Alfred sind bereits angebunden,<br />
doch Lisa gelingt es in letzter Minute, die<br />
beiden zu kaufen, und holt sie wieder vom<br />
Hänger herunter. „Wir konnten diese Tiere<br />
einfach nicht zurücklassen. Dafür steht <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong>!“ Schon <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Gründer<br />
Michael Aufhauser ging immer wieder auf<br />
Fohlenmärkte, um zumindest einige der<br />
Jungtiere zu retten. Als „Fohlen 53“ rettete<br />
er bereits im Jahr 2004 die Noriker-Stute<br />
Kathi, die noch heute auf <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Henndorf lebt. „Wir treten damit<br />
in Michael Aufhausers Fußstapfen, um die<br />
Zukunft dieser Tiere zu retten“, betont<br />
Bianca Pöckl, „damit setzen wir auch ein<br />
Zeichen gegen die Tiertransporte, die in<br />
ganz Europa umherfahren und die<br />
Schlachtmärkte bis hin nach Afrika beliefern.“<br />
„Wir möchten diese Fohlenrettung<br />
als Symbolakt verstehen. Wir leben in einer<br />
Welt, in der Tiere immer noch als bloße<br />
Ware gehandelt werden. So kann es nicht<br />
weitergehen“, erklärt Dieter Ehrengruber,<br />
Geschäftsführer und Stiftungsvorstand<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>.<br />
Rettung braucht<br />
Unterstützer<br />
Wir von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
haben es<br />
uns zur Aufgabe<br />
gemacht, unseren<br />
geretteten Tieren<br />
ein sicheres und<br />
behütetes <strong>Leben</strong> in exzellenter Haltung und<br />
liebevoller Betreuung zu bieten. Es geht um<br />
eine umfassende Humanität, die auch Tiere<br />
und Natur einschließt. Man kann es weder<br />
übersehen noch verdrängen: Tiere, egal ob<br />
wir sie als sogenannte „Nutztiere“ bezeichnen,<br />
ob sie im Haus leben oder wild und frei,<br />
sind vor Unmenschlichkeit und Unvernunft<br />
nicht sicher. Uns geht es darum, den Menschen<br />
immer wieder in Erinnerung zu bringen,<br />
dass es sich bei Tieren nicht um Sachen,<br />
sondern um fühlende Mitgeschöpfe handelt.<br />
Wenn sich diese Erkenntnis einprägt, können<br />
in der Folge auch Gesetze geändert werden<br />
und wird das Leid der Tiere reduziert.<br />
Etliche Tierrettungen und Aufklärungsmaßnahmen<br />
könnten von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> nicht<br />
geleistet werden, gäbe es nicht viele Tierfreunde,<br />
die unsere Arbeit und unsere Tiere<br />
in ihrem letzten Willen bedenken. Ganz unabhängig<br />
davon, ob sie selbst Tierhalter sind.<br />
Sie verstehen die Lage und fördern den weitreichenden<br />
Einsatz von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>,<br />
dessen wertebewusstes Handeln sie schätzen.<br />
Ins <strong>Leben</strong> gerufen wurden die drei<br />
gemeinnützigen Stiftungen in Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz von Michael<br />
Aufhauser. Dieter Ehrengruber leitet seit 2002<br />
die gesamte Verwaltung von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
und ist Vorstand in allen drei Stiftungen. Ihm<br />
steht ein Führungsteam zur Seite, das dazu<br />
beiträgt, dass <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> zu dem geworden<br />
ist, was Sie heute vorfinden. Wir geben<br />
jederzeit Einblick, wie wir Tiere halten, und<br />
arbeiten mit großem Erfolg, auch zur Garantie<br />
der Nachhaltigkeit, an der Zukunft unserer<br />
Institution. Unsere Gemeinnützigkeit<br />
garantiert, dass jedes Erbe erbschaftssteuerfrei<br />
bleibt und zweckgebunden verwendet<br />
wird. Denn am Beispiel der Tiere geht es um<br />
Achtung vor dem <strong>Leben</strong> überhaupt, also<br />
auch um uns selbst. Und wir legen auf<br />
<strong>Aiderbichl</strong> großen Wert darauf, dass es nicht<br />
nur um große Beträge oder Erbschaften geht,<br />
jeder Euro wird gebraucht und geschätzt.<br />
Ein Mann, schon seit Jahren <strong>Aiderbichl</strong>er,<br />
spendet uns regelmäßig etwa 50 Cent.<br />
Auch das empfinden wir nicht etwa als<br />
rührende Geste, sondern als Auftrag. Das<br />
gilt für alle Spenden, Testamente und<br />
Vermächtnisse, die uns bei unserer Arbeit für<br />
das Wohl der Tiere unterstützen.<br />
Bitte kontaktieren Sie uns,<br />
wenn Sie Fragen haben.<br />
Sollten Sie eine unserer<br />
gemeinnützigen Stiftungen<br />
testamentarisch bedenken<br />
wollen, beraten wir<br />
Sie gern.<br />
KONTAKTIEREN SIE<br />
FRAU HOLDE SUDENN<br />
UND IHR TEAM:<br />
Hotline:<br />
0800 / 56 76 373<br />
(kostenlos aus Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz<br />
ohne zusätzliche<br />
Ländervorwahl erreichbar)<br />
E-Mail:<br />
stiftung@gut-aiderbichl.com<br />
26
Wissen<br />
TIER-<br />
SPRECHSTUNDE<br />
Expertenwissen aus der <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Akademie<br />
für Fragen rund ums Tier<br />
UNSER<br />
EXPERTEN-<br />
TEAM<br />
Wenn es um Fragen zum<br />
Wohlbefinden und zur<br />
Gesundheit von Tieren aller<br />
Art geht: Unsere erfahrenen<br />
Expertinnen verfügen über<br />
jede Menge Fachwissen.<br />
Ihre Antworten schöpfen sie<br />
direkt aus ihrer täglichen<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Praxis!<br />
WAS IST EIGENTLICH DER UNTERSCHIED<br />
ZWISCHEN ESEL, MAULESEL UND MAULTIER?<br />
Wie wir die Grautier-<br />
Arten gut auseinanderhalten<br />
können, weiß<br />
die <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Pferde-Expertin<br />
Lisa<br />
Schnaitmann.<br />
Als Esel werden stets Tiere bezeichnet,<br />
bei denen beide Eltern ebenfalls Esel<br />
sind. Maulesel und Maultier hingegen<br />
sind Kreuzungen aus Pferd und Esel – sie<br />
werden allgemein als Mulis benannt.<br />
Streng genommen sind es jedoch zwei<br />
verschiedene Kreuzungen: das Maultier<br />
– eine Kreuzung aus Eselhengst und<br />
Pferdestute – und der Maulesel – eine<br />
Kreuzung aus Pferdehengst und Eselstute.<br />
Maulesel sind äußerlich schwer von<br />
Maultieren zu unterscheiden. Ein Maulesel<br />
ähnelt jedoch mehr der Esel-Mutter:<br />
Er ist klein, mit dünnem, aber auf der<br />
ganzen Länge mit Langhaar bedecktem<br />
Schwanz.<br />
Wie helfe ich jetzt kraftlosen Hummeln?<br />
Was die sympathischen<br />
Brummer jetzt brauchen,<br />
weiß Dr. Marianne<br />
Wondrak. Sie gehören<br />
zu den richtigen<br />
<strong>Frühling</strong>sboten und sind daher immer<br />
gern gesehen: dicke Hummelköniginnen,<br />
die von den ersten<br />
Sonnenstrahlen aus der Winterstarre<br />
geweckt werden. Die beste Hilfe für<br />
die zauberhaften „Blaublüter“ ist ein<br />
naturnaher Garten mit früh blühenden<br />
Gehölzen wie etwa der Kornelkirsche<br />
oder der Felsenbirne, aber auch andere<br />
frühe Blüten wie Lungenkraut und<br />
Taubnessel und natürlich Löwenzahn<br />
sind richtig gute Starthilfen. Sollte<br />
trotz allem eine geschwächte Hummel<br />
auf dem Boden auffallen, diese<br />
bitte ganz vorsichtig und behutsam,<br />
zum Beispiel mit einem Streifen Papier,<br />
aufheben und an eine sonnige Stelle<br />
setzen. Mit einem Teelöffel kann man<br />
dem Insekt etwas Zuckerwasser<br />
anbieten: Diese Extra-Energie wird ihm<br />
helfen – und damit kann ein ganzes<br />
Hummelvolk entstehen.<br />
Dr. Marianne Wondrak<br />
ist Tierärztin auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
und erforscht das Verhalten<br />
sowie die Intelligenz von<br />
Schweinen.<br />
Lisa Schnaitmann<br />
Auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Henndorf<br />
ist sie die Cheftierpflegerin und<br />
Expertin für Pferde und Esel.<br />
Gisela Pschenitschnig<br />
Seit 17 Jahren führt die Pädagogin<br />
Besucher über <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Henndorf und schreibt<br />
Texte zu unseren Tieren.<br />
Im Frühjahr<br />
beginnt die<br />
Gartensaison.<br />
Was ist<br />
dabei zu<br />
beachten?<br />
Heckenschnitt, Fällruhe,<br />
Einbringen von Kompost,<br />
Wegräumen von Totholz<br />
und Laub: Was für die<br />
Biotope der Tiere wichtig<br />
ist, erklärt <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Tierärztin<br />
Marianne Wondrak. Wer es im Frühjahr<br />
bedächtig angehen lässt, hilft vielen<br />
Tieren. Verblühte Pflanzenstängel,<br />
Laubhaufen und Totholz sind im Winter<br />
wichtige Rückzugsorte für Igel, Schmetterlinge,<br />
Hummeln und andere Kleintiere,<br />
um sich vor Kälte zu schützen. Es hat<br />
leicht Zeit bis März oder bis nach der langen<br />
Frostperiode, bevor man bestimmte<br />
Arbeiten angeht. Was in den ersten Monaten<br />
des Jahres ansteht, sind vor allem<br />
der Obstbaumschnitt oder auch die Vermehrung<br />
von Gehölzen. Auch besteht<br />
noch eine letzte Gelegenheit, Frühblüher<br />
wie Krokusse auszupflanzen. Die Bienen<br />
und Hummeln werden es Ihnen danken!<br />
Wer möchte, bastelt Insektenhotels und<br />
Hummelnester, die ab Mitte Februar<br />
aufgestellt werden können. Der Heckenschnitt<br />
sollte bis Ende Februar geschafft<br />
sein, später ist lediglich noch ein vorsichtiger<br />
Formschnitt in Ordnung. Große<br />
Arbeiten oder ganze Hecken „auf Stock“<br />
zu setzen, ist von März bis Ende September<br />
in Deutschland sogar verboten!<br />
Hecken sind wichtige <strong>Leben</strong>sräume für<br />
Vögel, die hier gern ihre Nester bauen.<br />
Am besten die Hecke genau kontrollieren,<br />
bevor man schneidet. Und wenn man<br />
ein Nest findet, lieber noch ein paar<br />
Wochen warten. Das Gartenjahr im Naturgarten<br />
beginnt dann ab Anfang bis<br />
Mitte März so richtig. Jetzt können Beete<br />
umgegraben und Kompost ausgebracht<br />
werden. Im Naturgarten ist ein Verzicht<br />
auf Pestizide selbstverständlich.<br />
Heimische Stauden und Gehölze bieten<br />
wichtige Nahrungsquellen für Insekten<br />
und Vögel.<br />
28 29
WIE KANN ICH MEINE ANGST VOR<br />
TIEREN ÜBERWINDEN?<br />
Gisela Pschenitschnig ist<br />
auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Henndorf<br />
u. a. für die Besucherführungen<br />
zuständig:<br />
Angst vor Tieren entspringt<br />
häufig einer grundsätzlichen Unwissenheit<br />
über den Umgang mit ihnen. Dazu<br />
kommen schlechte Erfahrungen, die man<br />
vielleicht selbst einmal mit einem Tier gemacht<br />
hat, oder auch nur solche, von denen<br />
man nur gehört hat. Auf meinen Führungen<br />
beobachte ich immer wieder mit<br />
Freude, wie arglos und un bedarft Kinder<br />
auf ein Tier zugehen. Sie schauen es sich<br />
zwar erst einmal aus sicherer Entfernung<br />
LANGSAME ANNÄHERUNG<br />
Kuscheln mit einem Kune Kune-Schwein?<br />
Was viele Teilnehmer unseres Akademie-<br />
Kurses vielleicht erst einmal Überwindung<br />
kostet, wird nach einiger Zeit der Beobachtung<br />
zur wunderbaren Selbstverständlichkeit.<br />
Probieren Sie es doch einmal aus!<br />
an, aber es dauert nicht lange, und selbst<br />
sehr kleine Kinder überwinden ihre Scheu,<br />
zum ersten Mal etwa ein Rind zu streicheln.<br />
Viele Ängste werden durch Eltern<br />
auf Kinder übertragen, die vielleicht mal<br />
von einem Hund gebissen worden sind<br />
und die dann auch dem Kind zu verstehen<br />
geben: „Da gehen wir ganz schnell weg.“<br />
Selbst wenn dem Kind nie etwas passiert,<br />
wird es immer Angst vor Hunden haben.<br />
Ich sage dann immer: „Man weiß oft nicht,<br />
warum mir der Hund gerade etwas getan<br />
hat. Es passiert oft, dass Kinder unbedacht<br />
mit den Fingern zu nah an Augen oder<br />
Ohren kommen – das mag niemand gern.<br />
Der Hund bekommt Angst, reagiert – und<br />
es bleibt die Angst vor dem bösen Hund.“<br />
Ich fordere dann auch die Eltern auf, sich<br />
zu den Hunden ins Hundewohnzimmer zu<br />
setzen und einfach zu beobachten – ich<br />
achte darauf, dass ganz brave Tiere wie<br />
unser Hirtenhund-Mix Sandy dabei sind.<br />
Mit der Zeit fassen auch die Erwachsenen<br />
Vertrauen und merken, dass das Tier gar<br />
nicht gefährlich ist, streicheln es sogar.<br />
Und wenn ein Hund auf der Straße auf Sie<br />
zukommt und Sie wollen das nicht und<br />
bekommen Angst, dann drehen Sie sich<br />
einfach weg vom Hund und gehen langsam<br />
weg.<br />
Wenn ich Nistkästen einrichten will,<br />
worauf sollte ich dabei achten?<br />
Wie der ideale Wohnraum<br />
aussieht, weiß Tierärztin<br />
Dr. Marianne Wondrak.<br />
Bereits Anfang März beginnt<br />
die Brutzeit vieler<br />
Gartenvögel. Wer für die gefiederten Mitbewohner<br />
noch rechtzeitig zusätzlichen<br />
Wohnraum schaffen will, sollte neue Nistkästen<br />
möglichst bis Mitte März anbringen.<br />
Sie können aber selbst noch im April<br />
Nistkästen aufhängen, einige Vogelarten<br />
kehren sogar erst Anfang Mai aus ihren<br />
Winterquartieren zurück. Der Nistkasten<br />
sollte in einer Höhe von zwei bis drei<br />
Metern aufgehängt werden. In niedriger<br />
aufgehängten Kästen fühlen sich unsere<br />
Gartenvögel nicht wohl – und sie sind<br />
dann auch nicht vor Räubern wie Mardern<br />
oder Katzen sicher. Wichtig ist, dass<br />
das Einflugloch nicht zur Wetterseite ausgerichtet<br />
ist. Auch ein Platz in der prallen<br />
Sonne ist ungünstig: Es wird den Küken<br />
dann schnell zu heiß. Ein hoher, gesunder<br />
Baum ist ideal, dabei bitte darauf<br />
achten, dass dieser mit Nägeln oder<br />
Drahtschlingen nicht geschädigt wird.<br />
Um gleich mehreren Vogelarten eine<br />
Nistmöglichkeit zu bieten, empfiehlt<br />
es sich, verschiedene Bauweisen<br />
und vor allem verschieden<br />
große Einfluglöcher<br />
anzubieten. Baugleiche<br />
Nistkästen sollten deshalb mit<br />
einigem Abstand, mindestens<br />
zehn Meter, voneinander entfernt<br />
aufgehängt werden.<br />
KLEINE NISTHILFE ANBIETEN<br />
Viele unserer heimischen Vogelarten<br />
nutzen nicht nur trockene Blätter, Wurzeln<br />
und Gras, um ihre Nester auszukleiden:<br />
Auch Moos ist sehr wertvoll dafür – daher<br />
den Rasen im Frühjahr am besten nicht<br />
vertikutieren.<br />
WELCHE PFLANZEN SIND GIFTIG FÜR MEIN TIER?<br />
Infos und Anmeldung zum<br />
Kune Kune-Seminar<br />
GEFÄHRLICHER GIGANT<br />
Vorsicht ist auch beim Riesen-Bärenklau<br />
geboten: Die Pflanze ist sehr toxisch –<br />
schon minimaler Kontakt mit allen Pflanzenteilen<br />
kann ernste gesundheitliche<br />
Folgen für Menschen und Tiere haben.<br />
Worauf Menschen mit<br />
Hunden und Katzen achtgeben<br />
müssen, um ihre<br />
Tiere zu schützen, weiß<br />
Dr. Marianne Wondrak.<br />
Nicht nur wir genießen die schöne Jahreszeit.<br />
Auch Katzen und Hunde lockt die<br />
Natur – mit interessanten Gerüchen und<br />
bunten Blüten. Doch Tierfreunde müssen<br />
aufpassen: Manche Pflanzen in der Natur,<br />
im Garten, auf dem Balkon und sogar in<br />
der Wohnung sind für Tiere giftig – Erbrechen,<br />
Durchfall, Krämpfe oder weitere gesundheitliche<br />
Beeinträchtigungen können<br />
die Folge sein. Beispiele für Giftpflanzen:<br />
Hyazinthe (sogar der Blütenstaub und das<br />
GEFÄHRLICHER GIGANT<br />
Vorsicht ist auch beim Riesen-Bärenklau<br />
geboten: Die Pflanze ist sehr toxisch –<br />
schon minimaler Kontakt mit allen Pflanzenteilen<br />
kann ernste gesundheitliche<br />
Folgen für Menschen und Tiere haben.<br />
Wasser im Untersetzer), Amaryllis, Maiglöckchen<br />
(ganze Pflanze – vor allem die Beeren<br />
sind gefährlich), Thujen, Eibe (besonders die<br />
süß schmeckenden Beeren), Kirschlorbeer,<br />
Flieder, Engelstrompete, Hortensie, Rhododendron,<br />
Buchsbaum, Herbstzeitlose (auch<br />
die Blätter, die im Frühsommer zu sehen<br />
sind – Blüten erscheinen erst im Herbst).<br />
Hat man sein Haustier dabei beobachtet,<br />
wie es eine giftige Pflanze aufgenommen<br />
hat, geht es besser schleunigst zum Tierarzt<br />
oder in die nächste Tierklinik. Im besten Fall<br />
nimmt man die angeknabberte Pflanze mit.<br />
Ganz wichtig ist es abzuschätzen, wie viel<br />
das Tier aufgenommen hat, also wie viele<br />
Blätter oder Beeren. Oftmals wird das Tier<br />
nicht direkt beobachtet, zeigt aber Symptome<br />
wie plötzliche Unruhe oder Bewusstseinstrübung<br />
und Orientierungslosigkeit,<br />
Krämpfe, Erbrechen oder Ohnmacht.<br />
Dann ist Eile geboten, und das Tier muss so<br />
schnell es geht in die Notaufnahme der<br />
nächsten Tierklinik.<br />
30 31
Warum muss ich meinen Hund beim<br />
Waldspaziergang an die Leine nehmen?<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Tierärztin<br />
Dr. Marianne Wondrak:<br />
Im <strong>Frühling</strong> und Frühsommer<br />
werden viele Wildtiere<br />
geboren, und bodenbrütende<br />
Vogelarten bauen ihre Nester.<br />
In dieser Zeit sollten Hunde nicht frei<br />
über Wiesen und Felder toben und herumstöbern.<br />
Auch Hunde ohne ausgeprägten<br />
Jagdtrieb stören hochtragende Muttertiere,<br />
neugeborene Hasen oder brütende<br />
Vögel. Durch eine Flucht vor einem Hund<br />
können hochtragende Häsinnen oder<br />
Rehe ernsthaft gefährdet werden. Bodenbrüter<br />
sind zumeist ohnehin schon sehr<br />
selten geworden und sollten ihre Nester<br />
ungestört bauen können. Der verantwortungsvolle<br />
Hundehalter nimmt Rücksicht<br />
auf seine Umwelt und die Mitgeschöpfe<br />
und lässt seinen Hund in der Brut und<br />
Setzzeit an der Leine. Eine Schleppleine<br />
ROT- UND<br />
DAMMWILD<br />
FELDHASEN<br />
WILD-<br />
SCHWEINE<br />
FUCHS<br />
DACHS<br />
WILDVOGEL-<br />
ARTEN<br />
ENTE<br />
bietet genug Bewegungsfreiheit, und ein<br />
Spaziergang kann zum Beispiel durch<br />
Kopfarbeit und Training spannend gestaltet<br />
werden. Freies Toben und Spielen<br />
bitte nur in eingezäuntem Gelände. Vorsicht,<br />
es gibt in einigen Bundesländern<br />
eine gesetzliche Leinenpflicht während<br />
der Brut- und Setzzeit, diese variiert je<br />
nach Bundesland zwischen Anfang März<br />
und Ende Juli.<br />
KALENDER: WANN BEKOMMEN WALDTIERE IHRE JUNGEN?<br />
Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.<br />
Kurz gefasst:<br />
•<br />
Das Pferd benötigt große<br />
Mengen an Nährstoffen, um das<br />
neue Fell zu bilden und gut durch<br />
den Fellwechsel zu kommen.<br />
•<br />
Frühzeitig gefütterte essenzielle<br />
Aminosäuren, Omega-3-Fettsäuren,<br />
Kräuter und Spurenelemente helfen<br />
dem Pferd im Fellwechsel.<br />
•<br />
Ein hochwertiges Mash, in der<br />
Regel eine Mischung aus Leinsamen<br />
und beispielsweise Weizen- oder<br />
Haferkleie sowie anderen verdauungsfördernden<br />
Rohstoffen, und<br />
eine Kur mit Spurenelementen tun<br />
den Pferden in dieser Zeit gut.<br />
Hat mein Pferd<br />
<strong>Frühling</strong>sgefühle?<br />
Nach dem dunklen Winter<br />
bringen Sonne und laue<br />
Luft den Pferdekörper in<br />
Schwung. Wie wir am<br />
besten damit umgehen,<br />
erklärt unsere Pferde-Expertin Lisa<br />
Schnaitmann.<br />
Kaum wird es etwas wärmer, bietet sich<br />
nach der Winterzeit auf Paddocks und<br />
Weiden ein neues Bild. Pferde haben<br />
tatsächlich ähnliche <strong>Frühling</strong>sgefühle wie<br />
wir Menschen: Stoffwechsel, Kreislauf<br />
und Durchblutung werden jetzt angeregt.<br />
Dazu ändert sich die körpereigene Hormonproduktion:<br />
Es wird weniger Melatonin<br />
produziert, dafür steigt der Serotonin-<br />
Spiegel an. Weniger Schlafhormone, mehr<br />
Glückshormone – das sorgt dafür, dass die<br />
Pferde plötzlich voller Energie sind und die<br />
natürlich auch zeigen wollen. Man merkt<br />
ihnen deutlich an, dass sie nun mehr Zeit<br />
draußen verweilen: Sie sind insgesamt<br />
ganz gelassen und entspannt, auch wenn<br />
sie einfach nur die Sonne genießen und<br />
dabei vor sich hin dösen. Apropos Veränderung:<br />
Zweimal im Jahr wechselt das<br />
Pferd sein Fell. Im Frühjahr fällt das dicke<br />
Winterhaar aus und macht der kürzeren<br />
und leichteren <strong>Sommer</strong>behaarung Platz.<br />
Im Herbst wiederum folgt die Umstellung<br />
von kurzem, feinem <strong>Sommer</strong>fell auf dichtes<br />
Winterfell, um sich vor der Kälte und<br />
Nässe zu schützen. Im Winter werden die<br />
Tage ab dem 21.12. länger – das Pferd<br />
beginnt jetzt schon mit dem Wechsel zum<br />
<strong>Sommer</strong>fell hin. Kurz darauf, etwa von Januar<br />
bis März, fallen dann die alten Haare<br />
aus, und die neuen schieben sich hervor.<br />
Zur <strong>Sommer</strong>sonnenwende am 21.6.<br />
werden die Tage wieder kürzer, bzw. die<br />
Tageslichtlänge verringert sich. Der<br />
Wechsel auf das Winterfell findet etwa<br />
von September bis November statt.<br />
Eine Fellumstellung dauert unterschiedlich<br />
lange, je nach Rasse, Haltungsbedingungen,<br />
Wetter und Alter. Kommt das<br />
Pferd schlecht durch den Wechsel, ist es<br />
hilfreich, die Ursache zu ergründen, um<br />
es optimal unterstützen zu können. Um<br />
Haut, Haare und Stoffwechsel zu fördern,<br />
werden hochwertige Nährstoffe benötigt.<br />
Die Haut und auch die Leber brauchen<br />
beispielsweise ausreichend Zink, um ihre<br />
Aufgaben im Fellwechsel zu erfüllen:<br />
So verhindert das Mineral brüchiges Fell,<br />
fördert die Wundheilung und ist für das<br />
Immunsystem von Bedeutung.<br />
Pferde im Fellwechsel profitieren zudem<br />
sehr von den Wirkstoffen der Kräuter. Diese<br />
lassen sich gezielt einsetzen, um das<br />
Pferd optimal zu begleiten. Kräuter für die<br />
Haut, für die Leber oder eine Kräuterkur<br />
speziell für die Behaarung: Ein unterstützter<br />
Stoffwechsel ist die halbe Miete.<br />
Als Stoffwechsel werden alle Vorgänge im<br />
Körper bezeichnet, die der Umwandlung<br />
von Stoffen wie Futter oder Sauerstoff in<br />
Endprodukte wie Körpersubstanz (Haare)<br />
oder Bewegung dienen. Wesentlicher<br />
Bestandteil dieses komplexen Zusammenspiels<br />
ist die Leber mit ihrer Aufgabe als<br />
zentrales Entgiftungsorgan.<br />
108 33
Tierschutz<br />
Geboren,<br />
um zu sterben<br />
Jedes Jahr werden in Spanien rund 50 000 Galgos auf bestialische Art<br />
getötet. Für die meisten beginnt das Sterben am 1. Februar – wenn die<br />
Jagdsaison endet und die Hunde keinen Nutzen mehr haben …<br />
WIR HABEN<br />
ÜBERLEBT …<br />
Auf der <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-<br />
Freilaufwiese in Henndorf<br />
wird Tierpflegerin<br />
Bianca Pöckl freudig<br />
von Arce begrüßt – der<br />
Rüde ist einer von zwei<br />
Galgos, die hier derzeit<br />
auf ein Für-Immer-Zuhause<br />
hoffen (l.). Auch<br />
diese Galgos stammen<br />
aus einer Rettung – wie<br />
so viele der sensiblen<br />
Windhunde sind auch<br />
sie trotz des erfahrenen<br />
Leids überaus liebevoll<br />
und freundlich dem<br />
Menschen gegenüber.<br />
34 35
DER VORHOF<br />
ZUR HÖLLE<br />
In den Rehalas, den<br />
sogenannten „Zuchtstätten“,<br />
werden oft<br />
Hunderte von Hunden<br />
zusammengepfercht.<br />
Sie fristen ein <strong>Leben</strong> in<br />
dunklen Verschlägen,<br />
vielfach bleiben sie<br />
wochenlang sich selbst<br />
überlassen ohne Wasser<br />
oder Futter.<br />
DER TOD DARF NICHTS KOSTEN:<br />
Wie durch ein Wunder überlebten diese<br />
Windhunde – sie wurden mit Säure<br />
übergossen. Eine billige Tötungsmethode,<br />
die sich zunehmender Beliebtheit erfreut.<br />
GEFANGENE SEELEN<br />
Weil Galgos und andere Jagdhunde<br />
als „Nutztiere“ gelten, sind sie faktisch<br />
vom spanischen Tierschutzgesetz<br />
ausgeschlossen – und damit gänzlich<br />
schutzlos den Grausamkeiten des<br />
Menschen ausgeliefert.<br />
EIN STARKES<br />
TEAM<br />
Seit 2023 arbeitet<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> eng<br />
mit dem Windhund-Netzwerk<br />
e.V.,<br />
dem Tierschutzverein<br />
Silencio e.V. sowie<br />
dem Tierschutz<br />
Spanien e.V. zusammen,<br />
um für die<br />
Galgos zu kämpfen.<br />
Das gemeinsame<br />
Ziel: so viele Hunde<br />
vor Ort retten wie<br />
möglich und in ein<br />
Für-Immer-Zuhause<br />
vermitteln – und<br />
das unvorstellbare<br />
Leid der Tiere öffentlich<br />
machen!<br />
36
Sie nennen es „Klavierspielen“. In<br />
Wirklichkeit ist es die Klaviatur<br />
eines langsamen, grauenvollen<br />
Todes. Knapp über dem<br />
Boden werden die Hunde an<br />
Bäumen aufgehängt, und während<br />
sie verzweifelt versuchen, mit tänzelnden<br />
Hinterpfoten einen rettenden Halt zu<br />
finden, irgendwie, irgendwo, erdrosseln sie<br />
sich selbst. Ihr Todeskampf dauert Stunden,<br />
manchmal Tage. Und er hat Tradition.<br />
In Spanien gilt das „Klavierspielen“ als die<br />
billigste Möglichkeit, einen Galgo zu entsorgen.<br />
Und billig soll es sein, denn das<br />
<strong>Leben</strong> der Tiere hat keinerlei Wert – jedes<br />
Jahr werden hier rund 50 000 der spanischen<br />
Windhunde getötet. Sie werden aufgehängt,<br />
bei lebendigem Leib angezündet,<br />
mit Säure übergossen, ausgesetzt, zu Tode<br />
geprügelt, weggeworfen. Denn Galgos<br />
sind explizit vom spanischen Tierschutzgesetz<br />
ausgenommen – und so kennt die<br />
Brutalität gegen diese Hunde oft keine<br />
Grenzen …<br />
Seit Jahrhunderten wird der Galgo Español<br />
in Spanien zur Hasenjagd eingesetzt. Die<br />
Saison beginnt Anfang Oktober und endet<br />
mit dem 1. Februar – doch was einst allein<br />
dem Adel vorbehalten war, ist heute zu einem<br />
mörderischen Volkssport verkommen,<br />
der unvorstellbares Leid nach sich zieht.<br />
Warum? Weil mittlerweile nicht nur jedermann<br />
die nötige Jagdlizenz problemlos<br />
erwerben kann – sondern weil die „Zucht“<br />
der Galgos vollkommen unkontrolliert<br />
stattfindet unter widrigsten Bedingungen.<br />
Die Hunde werden wahllos verpaart, vermehrt,<br />
aussortiert – die Nachfrage nach<br />
jagdtauglichen Galgos ist während der Saison<br />
so groß, dass keinerlei Kontrollmechanismen<br />
mehr greifen. Das Ergebnis sind<br />
Abertausende Hunde, die jedes Jahr einen<br />
brutalen Selektionsprozess durchlaufen,<br />
bei dem es keine Gewinner geben kann:<br />
„Die stärksten, talentiertesten Hunde<br />
werden zur Jagd eingesetzt“, sagt die<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Tierpflegerin Sabine<br />
Mosboeckhofer, die seit acht Jahren zuständig<br />
ist für die Betreuung der Hunde<br />
und Katzen in Henndorf. „Doch zunächst<br />
durchlaufen sie ein brutales Training. Sie<br />
werden an fahrende Autos oder Motorräder<br />
gebunden, damit sie noch schneller<br />
werden, oder stundenlang auf Laufbändern<br />
angekettet.“ Galgos, die diese Vorauswahl<br />
gar nicht erst schaffen, bleiben sich<br />
selbst überlassen – in dunklen, verdreckten<br />
Verschlägen sollen sie sich wahllos vermehren,<br />
oftmals ohne ausreichendes Futter<br />
oder Wasser. Am Ende der Saison dann,<br />
wenn die Hasenjagd vorüber ist, ereilt die<br />
allermeisten Galgos das gleiche Schicksal:<br />
Sie werden entsorgt wie Müll. Neun<br />
Monate später beginnt das Grauen dann<br />
von vorne …<br />
Gemeinsam mit weiteren Organisationen<br />
– dem Windhund-Netzwerk e.V., dem Tierschutzverein<br />
Silencio e.V. sowie dem Tierschutz<br />
Spanien e.V. – setzt sich <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
massiv für den Überlebenskampf der<br />
Galgos und ihrer Leidensgenossen, der<br />
Podencos, ein. „Wir müssen auf das Leid<br />
dieser Hunde aufmerksam machen“, sagt<br />
Sabine Mosboeckhofer. „Denn es geschieht<br />
Jahr für Jahr mitten in Europa und noch<br />
SCHNELLER STERBEN<br />
…Angekettet an ein Laufband<br />
werden diese beiden Galgos auf<br />
Geschwindigkeit und Ausdauer<br />
„trainiert“. Nur die schnellsten<br />
Hunde werden zur Jagd eingesetzt.<br />
Alle anderen – brutal aussortiert.<br />
Die Misshandlung<br />
der Galgos hat<br />
keine rechtlichen<br />
Konsequenzen –<br />
die Hunde sind<br />
vollkommen<br />
schutzlos<br />
immer wissen viel zu wenige Menschen<br />
davon.“ <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> leistet derzeit nicht<br />
nur direkt vor Ort in Spanien Aufklärungsarbeit,<br />
sondern möchte das Schicksal der<br />
spanischen Windhunde über Landesgrenzen<br />
hinweg in den Fokus der Öffentlichkeit<br />
rücken. Denn: Aktuell ist Spanien das einzige<br />
EU-Land, in dem die Jagd mit Galgos<br />
noch legal ist. Dahinter stehen die Interessen<br />
einer extrem starken Jagdlobby: Obwohl<br />
der spanische Kongress erst im März<br />
vergangenen Jahres ein neues Tierschutzgesetz<br />
verabschiedete, das auf nationaler<br />
Ebene greift und damit über sämtlichen<br />
regionalen Tierschutzgesetzen steht, sind<br />
Galgos von diesem Gesetz durch ein rechtliches<br />
Schlupfloch ausgenommen. Weil sie<br />
per Gesetz als „Jagd- und Gebrauchshunde“<br />
gelten, zählen sie zu den Nutztieren –<br />
und bleiben de facto jeglicher Brutalität<br />
schutzlos ausgeliefert, denn ihre Misshandlung<br />
hat keinerlei rechtliche Konsequenzen.<br />
Hinzu kommt: In Spanien ist zwar eine<br />
Genehmigung erforderlich, sollten mehr<br />
als fünf Hunde gehalten werden – sobald<br />
diese jedoch erfolgt ist, ist die Haltung einer<br />
unbegrenzten Anzahl von Hunden<br />
möglich. Der Amtstierarzt kontrolliert lediglich<br />
die äußeren Gegebenheiten der<br />
Anlage – nicht aber das Wohl der Tiere<br />
selbst. So entstehen regelrechte Massenlager,<br />
in denen die Galgos unter bestialischen<br />
Bedingungen gehalten werden.<br />
„Wir nehmen auf unseren Höfen momentan<br />
so viele Galgos aus Spanien auf, wie wir<br />
retten können“, sagt die Tierpflegerin. „Bei<br />
WARUM?<br />
Viele „Züchter“ setzen auf<br />
Kannibalismus – die Hunde<br />
bekommen zu wenig Futter, fallen<br />
in ihrer Not übereinan der her.<br />
So überleben nur die Stärksten.<br />
Unten: getötete Galgos,<br />
irgendwo am Straßenrand in<br />
Mülltüten entsorgt. Ganz unten:<br />
Wie viele gerettete Galgos trägt<br />
auch dieser massive Wunden am<br />
Leib, verursacht unter ande rem<br />
durch die horrenden Haltungsbedingungen.<br />
Denn: Galgos<br />
haben kaum Körperfett, sie liegen<br />
direkt auf den Knochen, brauchen<br />
daher weiche Liegeflächen …<br />
uns werden sie aufgepäppelt, dürfen sich<br />
erholen, Vertrauen fassen. Und finden<br />
dann hoffentlich irgendwann ein Für-Immer-Zuhause,<br />
in dem sie für das geliebt<br />
werden, was sie sind – nämlich wundervolle,<br />
anschmiegsame, sanfte Gefährten.“<br />
Derzeit leben auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> insgesamt<br />
sieben Galgos und Podencos. Auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Henndorf etwa teilen sich die Galgos<br />
Arce und Macarena ein Hundezimmer.<br />
Und wer sie besucht, merkt schnell: Windhunde<br />
sind anders als andere Hunde. Tatsächlich<br />
werden sie oft als die am wenigsten<br />
„hündischen“ Hunde bezeichnet<br />
– Windhundeliebhaber vergleichen ihr Verhalten<br />
zuweilen eher mit dem einer Katze.<br />
Und an dieser Aussage ist durchaus etwas<br />
dran: „Wie alle Windhunde wurden die Gal-<br />
38 39
RETTEN, WAS ZU RETTEN IST<br />
Die Tierklinik im spanischen Córdoba ist<br />
spezialisiert auf Galgo-Verletzungen durch<br />
die Jagd – hier wird ein Knochenbruch<br />
begutachtet und später gerichtet. Vielfach<br />
werden die Hunde nach der Jagd einfach<br />
zurückgelassen, wenn sie sich verletzen –<br />
sie haben keinen Nutzen mehr.<br />
gos einst gezüchtet, um eigenständig zu<br />
agieren bei der Jagd“, erklärt Sabine<br />
Mosboeckhofer. „Sie sind keine Befehlsausführer<br />
und kennen keinen Kadavergehorsam.“<br />
Ein Windhund entscheidet genau, wem<br />
er sein Herz schenkt – dann aber bindet er<br />
sich mit ganzer Seele und für alle Zeiten an<br />
diesen Menschen. Arce und Macarena sind<br />
da keine Ausnahme: Sie begrüßen uns behutsam<br />
und liebevoll. Arce legt vorsichtig<br />
beide Pfoten auf Sabines Schultern und<br />
schmiegt sich an sie, während Macarena sich<br />
ganz klein auf ihrem Schoß einrollt und mit<br />
einer Pfote Sabines Oberschenkel umfasst.<br />
„Die meisten Menschen haben leider Vorurteile<br />
gegen Windhunde“, sagt die Tierpflegerin.<br />
„Sie glauben, Galgos seien nervös<br />
oder ständig in Bewegung, bräuchten<br />
jeden Tag stundenlange Spaziergänge.<br />
Aber das Gegenteil ist der Fall. Im Haus<br />
ZU VIEL ELEND<br />
Der Galgo auf dem unteren Bild ist<br />
buchstäblich bis auf Haut und<br />
Knochen abgemagert, zu schwach,<br />
um überhaupt noch aus seinem<br />
Napf fressen zu können. Das Perfide<br />
dabei ist: Ausgerechnet Windhunde<br />
binden sich sehr eng an den<br />
Menschen – sie reagieren selten<br />
aggressiv und verzeihen fast alles.<br />
strahlen diese Hunde eine beinahe übernatürliche<br />
Ruhe aus. Sie kuscheln sich stundenlang<br />
aufs Sofa, <strong>lieben</strong> Körperkontakt<br />
und sind am glücklichsten, wenn sie einfach<br />
nur bei ihrem Menschen sein können.“<br />
Aus diesem Grund eignen sich Galgos sogar<br />
gut für die Wohnungshaltung. Immer vorausgesetzt,<br />
dass sie idealerweise einmal am<br />
Tag aus vollem Herzen laufen können. Immerhin<br />
erreichen die spanischen Windhunde<br />
Geschwindigkeiten von rund 65 km/h –<br />
sie zählen nach dem Gepard zu den<br />
schnellsten Landsäugetieren der Erde. Ihr<br />
hochbeiniger, schlanker Körperbau und die<br />
lange, flexible Wirbelsäule verleihen ihnen<br />
dabei eine Wendigkeit, die die Grenzen der<br />
Physik nahezu außer Kraft zu setzen scheint:<br />
Wie alle Windhunderassen verfügt der Galgo<br />
über eine gesteigerte Atemfrequenz,<br />
eine vergrößerte Herz- und Lungenkapazi-<br />
HOFFNUNG AUF<br />
LEBEN<br />
Oben: <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Tierpflegerin<br />
Sabine Mosboeckhofer<br />
mit den beiden Galgos<br />
Arce (vorne) und Macarena.<br />
Beide Hunde freuen sich<br />
über Besuch und sind auf<br />
der Suche nach einem<br />
Für-Immer-Zuhause. Re.:<br />
Ein gebrochenes Bein<br />
bewahrte diesen Galgo vor<br />
einem schlimmeren Schicksal<br />
– er wurde von Tierschützern<br />
gefunden und gerettet.<br />
tät und eine höhere Dichte an roten Blutkörperchen,<br />
die den Sauerstofftransport zu den<br />
Muskeln optimieren. Das Ergebnis ist ein<br />
Hund, der nicht nur Höchstgeschwindigkeiten<br />
erreichen kann, sondern auch in vollem<br />
Lauf engste Wendungen vollführt und gleichzeitig<br />
mühelos in der Lage ist, aus dem Stand<br />
1,8 Meter hohe Hindernisse zu überwinden.<br />
„Dieses Bewegungsrepertoire liegt Galgos in<br />
den Genen – und sie brauchen die Möglichkeit,<br />
es regelmäßig auszuleben, zum Beispiel<br />
auf eingezäunten Freilaufflächen“, so die Tierpflegerin.<br />
Wer einmal einen Galgo im vollen<br />
Lauf erlebt hat, der versteht genau, was gemeint<br />
ist: Der Anblick macht buchstäblich<br />
sprachlos. Die Freude und die Schönheit dieser<br />
Hunde, ihre Grazie, ihr Anmut, ihre Ausdauer<br />
– es gibt wahrlich nichts, was diesen<br />
Moment wirklich beschreiben könnte.<br />
Im Hundezimmer von Arce und Macarena in<br />
Henndorf schmiegen sich die beiden Galgos<br />
an Sabine. Sie rollen sich zusammen<br />
und genießen sichtlich die Kuschelzeit mit<br />
ihrer Betreuerin. Arce seufzt leise, und eine<br />
eigentümliche Ruhe legt sich über den<br />
Raum. Dann, ganz langsam, hebt der Rüde<br />
den Kopf und betrachtet Sabine eingehend<br />
aus seinen großen, dunklen Augen. Er wendet<br />
den Blick nicht ab, und in den Tiefen<br />
dieses Ausdrucks liegt etwas, was nicht in<br />
Worte zu fassen ist. Es ist die Hingabe eines<br />
Galgo, der zu viel Leid erfahren hat in seinem<br />
<strong>Leben</strong> – und der<br />
dennoch, all diesem<br />
Leid zu Trotz, sein<br />
Herz verschenkt. Mit<br />
ganzer Seele und für<br />
alle Zeiten. So, wie es<br />
nur ein Windhund<br />
vermag.<br />
Infos zum<br />
Galgo-Projekt<br />
GUT AIDERBICHL<br />
WISSEN<br />
Was braucht ein<br />
Windhund?<br />
➤ Galgos und ihre Bedürfnisse – ein<br />
spannendes Thema! Diese faszinierenden<br />
Fellnasen haben Eigenheiten, die<br />
man als Hundebesitzer kennen sollte.<br />
Galgos sind wahre Formel-1-Athleten<br />
und genießen rasanten Auslauf – da<br />
reicht ein gemütlicher Spaziergang<br />
einfach nicht aus. Bei täglichen Ausflügen<br />
in sicheren, eingezäunten Gebieten<br />
können die Windhunde richtig<br />
Gas geben.<br />
Aber nicht nur körperliche, sondern<br />
auch geistige Fitness ist gefragt. Die<br />
Flitzepfoten sind nicht nur beim Rennen<br />
superschlau, sondern <strong>lieben</strong> auch<br />
knifflige Denksportaufgaben und Intelligenzspielzeug.<br />
Unterordnung und<br />
absoluten Gehorsam hingegen sollte<br />
man nicht erwarten – die Erziehung<br />
eines Galgo sollte immer durch positive<br />
Bestärkung erfolgen.<br />
Zur Kleiderordnung: Die schlanke, unterwollarme<br />
Figur der Galgos macht<br />
sie leicht zu Frostbeulen. Also, liebe<br />
Besitzer: Warm einpacken ist angesagt.<br />
Im Winter wollen Galgos fein bemantelt<br />
werden und immer Zugang<br />
zu einem gemütlichen Schlafplatz haben.<br />
Sozial geht’s auch zur Sache: Kuscheln,<br />
Spielen, Interaktion mit Menschen<br />
und Hundefreunden – das sind<br />
die Glücksthemen für zufriedene Galgos.<br />
Sie sind meist sehr freundlich und<br />
unaggressiv – doch Vorsicht bei kleineren<br />
Hunden, diese können eventuell<br />
als Jagdbeute angesehen werden.<br />
Und last, but not least: Essen! Hochwertige<br />
Proteine und Nährstoffe halten<br />
Muskeln und Gelenke in Topform.<br />
Tierarztbesuche gehören genauso<br />
zum Pflichtprogramm, wobei ein<br />
windhundeerfahrener Tierarzt von<br />
Vorteil ist: Galgos haben oft ein rassetypisch<br />
größeres Herz und eine<br />
schnellere Atmung. Zusammengefasst<br />
brauchen unsere schnellen<br />
Freunde eine Mischung aus Action,<br />
Denksport und sehr viel Kuschelzeit.<br />
Also, ab auf die Rennbahn des <strong>Leben</strong>s<br />
mit unseren flotten Vierbeinern!<br />
40 41
RASSEPORTRÄT:<br />
Sanfte Wesen mit<br />
Anmut und Kraft<br />
Hinter dem grazilen, athletischen Äußeren der<br />
majestätischen Windhunde verbirgt sich ein<br />
sanftes Herz, das in der Verbindung zu Menschen<br />
eine zutiefst berührende Harmonie findet.<br />
In den weiten, sonnigen Ebenen<br />
Spaniens erstreckt sich das Gefilde,<br />
aus dem der Galgo Español<br />
stammt – ein Vorfahre des<br />
englischen Greyhounds. Historische<br />
Aufzeichnungen belegen:<br />
Bereits im 6. Jahrhundert v. Chr.<br />
exportierten die Kelten ihre Jagdhunde<br />
in die damalige römische Provinz Hispania.<br />
Dort erhielt die Rasse den Namen<br />
„Canis Gallicus“ – keltischer Hund. Vermutlich<br />
entstand daraus schließlich die<br />
spanische Bezeichnung „Galgo“.<br />
Seine Erscheinung ist eine Symphonie<br />
aus Eleganz und Stärke. Mit seinem<br />
schmalen, länglichen Kopf, kleinen Ohren<br />
und einem wachen Blick verkörpert<br />
der Galgo eine natürliche Grazie. Seine<br />
Brust ist tief, die Hinterläufe kraftvoll –<br />
stets bereit, sich mit atemberaubendem<br />
Tempo über das Gelände zu bewegen.<br />
Doch es sind nicht nur seine äußeren<br />
Merkmale, die den Galgo auszeichnen.<br />
Die Paradoxien dieser Rasse sind es, die<br />
uns Menschen zugleich faszinieren und<br />
berühren. In der Ruhe des Hauslebens<br />
wird der Galgo zum gelassenen Genossen,<br />
der sich gerne verwöhnen lässt.<br />
Doch in seiner DNA lebt auch der passionierte<br />
Sprinter: viel Leidenschaft für<br />
rasante Läufe über Feld und Flur – mit<br />
einem Tempo von bis zu 65 km/h. Es<br />
sind diese Gegensätze, die den Galgo zu<br />
einem einzigartigen Begleiter machen:<br />
ein Wesen von Gelassenheit und energiegeladener<br />
Aktion, von Unabhängigkeit<br />
und liebevoller Partnerschaft, von<br />
Freiheitssuche und freiwilliger Rückkehr.<br />
Schneller, weiter, weicher …<br />
In Regionen mit reicher Wildpopulation<br />
kann der Jagdinstinkt des Galgo stark<br />
STECKBRIEF DES GALGO<br />
<strong>Leben</strong>serwartung: 9–15 Jahre<br />
Farben: falbfarben,<br />
schwarz, gelb, rot, weiß<br />
Widerristhöhe (Rüde): 62–70 cm<br />
Widerristhöhe (Hündin): 60–68 cm<br />
Gewicht (Rüde): 20–30 kg<br />
Gewicht (Hündin): 20–30 kg<br />
ausgeprägt sein. Es ist daher ratsam, ihm<br />
auf umzäunten Freiflächen eine alternative<br />
Bewegungsmöglichkeit zu bieten.<br />
Selbst Menschen ohne eigenen Hund<br />
werden dann von seiner Schnelligkeit<br />
und Anmut in den Bann gezogen.<br />
Neue „Galgo-Eltern“ sind oft überrascht,<br />
wie schnell eine innige und vertraute<br />
Beziehung zu ihrem Schützling entsteht.<br />
Der Galgo ist ein Meister der Unaufdringlichkeit:<br />
Er mag es, dabei zu sein,<br />
ohne im Mittelpunkt zu stehen. Sein<br />
Platz ist oft in der Stille – von dort aus<br />
beobachtet er das Geschehen um sich<br />
herum. Aufgrund seines freundlichen,<br />
geduldigen Wesens ist der Galgo auch<br />
ein sehr angenehmer Begleiter für Kinder:<br />
Feinfühlig und auf leise Töne reagierend,<br />
passt er sich dem Rhythmus seiner<br />
Menschen-Familie an.<br />
Fazit: Galgos sind Seelengefährten, die<br />
unsere Herzen berühren. Hinter ihrer<br />
langen Rennbahn- und Jagd-Geschichte<br />
liegt eine Seele, die sich nach Liebe und<br />
Geborgenheit sehnt. Galgos sind stille<br />
Therapeuten, die mit sanften Augen<br />
Trost schenken, Wunden heilen und<br />
Herzen öffnen. Sie sind Überlebende,<br />
die dennoch mit Leichtigkeit <strong>lieben</strong>. Sie<br />
lehren uns, dass Vertrauen auch nach<br />
Misshandlung möglich ist.<br />
GALGO-MÄRSCHE <strong>2024</strong><br />
INFO<br />
Das Tierleid sichtbar machen!<br />
Tausende Menschen gingen am letzten<br />
Samstag im Januar für die Galgos auf die<br />
Straße. In zahlreichen deutschen Städten<br />
und auch in Österreich und in der Schweiz<br />
werden alljährlich für diesen Tag von engagierten<br />
Tierfreunden Protestmärsche organisiert<br />
– zumeist in Eigenregie und ohne<br />
jegliche Spenden. Hintergrund: Der 1. Februar,<br />
auch bekannt als „Día del Galgo“,<br />
markiert in Spanien das Ende der Jagdsaison.<br />
Jedes Jahr werden im liebsten Urlaubsland<br />
der Deutschen Hunderttausende<br />
Galgos, Podencos und andere Jagdhunde<br />
wahllos vermehrt, um sie für die<br />
STARKER<br />
AUFTRITT …<br />
… für Galgos und<br />
zahlreiche ihrer<br />
Leidensgefährten:<br />
Unter anderem in Köln<br />
(l.) und in Hamburg<br />
(u.) gingen Hunderte<br />
Menschen auf die<br />
Straße in Begleitung<br />
ihrer wundervollen<br />
Windhunde. Die meisten<br />
stammen aus einer<br />
spanischen Tierrettung<br />
– und tragen ihre<br />
eigene Geschichte am<br />
Leib. <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
hat die Märsche begleitet.<br />
Hetzjagd auf Hasen und Kaninchen und<br />
für Hunderennen zu missbrauchen. Ein<br />
recht kurzer „Spaß“ zugunsten von Ruhm<br />
und Ehre ihrer Besitzer, den sogenannten<br />
Galgueros. Denn wenn die Hunde nicht<br />
mehr schnell genug und damit nutzlos<br />
geworden sind, ereilt sie ein noch schlimmeres<br />
Schicksal als das vorherige grausame<br />
<strong>Leben</strong>: in kleinen Betonbunkern mit<br />
gerade genug Futter, um nicht zu verhungern.<br />
Oft werden gleich mehrere Galgos<br />
an Autos oder Motorräder angebunden,<br />
um sie auf maximales Tempo zu trainieren.<br />
Schon dabei bleiben viele von ihnen buchstäblich<br />
auf der Strecke. Ist die Jagdsaison<br />
vorbei, werden die Hunde brutal getötet:<br />
aufgehängt, ertränkt, zu Tode geprügelt –<br />
oder angebunden, ausgesetzt und sich<br />
selbst überlassen! Pro Jahr werden allein in<br />
Spanien mindestens 50 000 dieser zauberhaften<br />
Windhunde kurzerhand „entsorgt“.<br />
Denn auch nach einer dreifachen Reform<br />
des spanischen Tierschutzgesetzes sind<br />
die Jagd- und Gebrauchshunde ihren Besitzern<br />
immer noch hilflos ausgeliefert. Die<br />
Initiatoren der Galgomärsche möchten auf<br />
diese Missstände aufmerksam machen,<br />
aufklären und betroffenen Tieren helfen.<br />
42 43
Wildtierschutz<br />
Das große<br />
FLATTERN<br />
Mehr als 4000 Arten ziehen in Deutschland, Österreich und der<br />
Schweiz ihre schwerelos schillernden Bahnen – hinweg über Wiesen<br />
und Gärten. Dabei hat jede Art ihr eigenes Zeitfenster …<br />
FLEISSIGER<br />
NEKTARARBEITER<br />
Ein Schwalbenschwanz (kl.<br />
Foto: seine Raupenform)<br />
entfaltet seine prächtigen<br />
Flügel beim Nektartanken.<br />
Wer in seinem Garten auf<br />
Wildpflanzen wie Doldenblütler<br />
setzt und speziell<br />
Wilder Möhre (gr. Foto), Dill<br />
und Giersch einen Raum<br />
gibt, sorgt für ein reiches<br />
Nahrungsangebot und<br />
kann sich speziell auch über<br />
diesen hübschen Flattermann<br />
als Gast freuen.<br />
S<br />
ie sind das Sinnbild von<br />
Leichtigkeit, schweben<br />
durch die Lüfte, tänzeln von<br />
Blume zu Blume und schillern<br />
dabei in den buntesten<br />
Farben. Aber die schwerelosen<br />
Falter können noch viel mehr, sie<br />
sind wahre Verwandlungskünstler. Denn<br />
aus Häuslich wird Frei, aus einem Kriecher<br />
ein Flieger: Zunächst verwandelt<br />
sich die Raupe, die gerade mal ein paar<br />
Wochen zuvor aus ihren Eiern geschlüpft<br />
ist, in eine Puppe. Der Zustand wirkt von<br />
außen fast leblos, aber innen drin steigt<br />
die Verkleidungsparty, quasi eine glänzende<br />
Modeshow. Die Organe der Raupe<br />
transformieren sich in die künftigen<br />
Flügel. Langsam reckt und streckt der<br />
Schmetterling seine noch weichen Flügel<br />
in die Luft, wo sie sich dann härten<br />
und ihre prachtvolle Eleganz entfalten –<br />
44 45
WANN FLIEGT WER?<br />
Je nach Jahreszeit können wir ganz unterschiedliche Schmetterlinge beobachten. Der BUND-<br />
Schmetterlingskalender gibt einen Überblick über die Flugzeiten unserer heimischen Tagfalter<br />
und damit die Hülle der Puppe öffnet.<br />
Doch diese Schönheit in der Natur hat<br />
seinen Preis: Nur wenige Schmetterlinge<br />
können überwintern und, wie der Zitronenfalter,<br />
bis zu neun Monate alt werden.<br />
Möglich macht das seine Fähigkeit,<br />
auch bei minus 20 Grad Celsius zu überleben.<br />
Damit gehört der <strong>Sommer</strong>bote zu<br />
den langlebigsten Schmetterlingen<br />
Europas. So lange aktiv sind jedoch die<br />
wenigsten der heimischen Tagfalter. Die<br />
meisten leben noch nicht einmal einen<br />
<strong>Sommer</strong> lang, manche sogar nur wenige<br />
Wochen. Aber die Dauer ihres <strong>Leben</strong>s<br />
beschränkt sich nicht nur auf ihre<br />
„schönste“ Zeit als Falter. Das <strong>Leben</strong> eines<br />
Schmetterlings kann sich über Jahre<br />
hinweg ziehen – die meisten Arten verbringen<br />
den Hauptteil ihres <strong>Leben</strong>s in<br />
den Entwicklungsstadien Ei, Raupe oder<br />
Puppe. Ihr <strong>Leben</strong> als prachtvoller Falter<br />
ist damit am kürzesten, hat aber den<br />
wichtigsten Job: die Verbreitung und<br />
Vermehrung von Schmetterlingen.<br />
Damit auch im nächsten <strong>Sommer</strong> wieder<br />
frisch geschlüpfte Falter die Lüfte erobern<br />
können. Denn zwischen Juni und August<br />
findet das große Flattern statt: Hier sind<br />
die meisten Schmetterlinge unterwegs<br />
und fliegen Hunderte Blüten an, sammeln<br />
ganz nebenbei ihren Nektar und tragen<br />
die Pollen von Blüte zu Blüte weiter. Wie<br />
auch der Große Schillerfalter mit einem<br />
besonderen Merkmal: Hervorgerufen<br />
durch einen Lichtbrechungseffekt schillern<br />
die sonst dunklen Flügel in bestimmten<br />
Betrachtungswinkeln in einem kräftigen<br />
Königsblau – daher auch der Name. In<br />
der gleichen Schwebezeit, Juni bis August,<br />
ist auch unser größter heimischer Perlmutterfalter<br />
unterwegs: der Kaisermantel. Unschwer<br />
zu erkennen an den orange leuchtenden<br />
Flügeloberseiten und dem Muster<br />
aus schwarz-braunen Punkten. Spannend<br />
ist das Balzverhalten dieser Edelfalter: Das<br />
übliche Balzritual von Schmetterlingen<br />
sind Tänze während des Fluges, wobei sie<br />
sich mit den Flügeln und Fühlern zaghaft<br />
berühren. Bei den Kaisermantel-Faltern<br />
Österreich bietet Schmetterlingen<br />
besonders viel Auswahl an<br />
<strong>Leben</strong>sräumen: Dort leben etwa<br />
4 070 Schmetterlingsarten,<br />
davon 208 Tagfalterarten.<br />
Diese Diversität übertrifft selbst<br />
größere Länder<br />
wie Deutschland.<br />
46 47
jedoch lockt das Männchen das Weibchen<br />
mit einem Duftstoff, während sie aneinander<br />
vorbeifliegen. Wenn das Weibchen mit<br />
seinem Duftstoff reagiert, landen die beiden<br />
Falter gemeinsam auf einer Blüte.<br />
Wer in diesem Jahr den schönen Flatterinsekten<br />
mal genauer auf die Spur gehen<br />
will: Der BUND hat einen Kalender mit den<br />
Flugzeiten der häufigsten Tagfalter zusammengestellt<br />
(Grafik vorherige Seite). Kleiner<br />
Tipp: Bei Sonnenschein und Windstille<br />
lassen sich besonders viele der <strong>Sommer</strong>boten<br />
beobachten. Da sich die meisten<br />
Arten auf bestimmte <strong>Leben</strong>sräume spezialisiert<br />
haben, lohnt es sich, auf feuchten<br />
Wiesen, in Mooren, Wäldern oder Gebirgen<br />
Ausschau zu halten, um seltene Arten<br />
aus der Nähe bestaunen zu können.<br />
JA, WO SITZEN SIE DENN?<br />
Schmetterlinge sind flüchtige Wesen. Gar nicht so einfach, einen längere Zeit von Nahem zu betrachten –<br />
wir zeigen, welche Art auf welchen Pflanzen besonders häufig Rast macht.<br />
Großer Fuchs<br />
Er erreicht eine Flügelspannweite<br />
von 50–55 mm, bevorzugt<br />
Baumsäfte und ist vornehmlich<br />
an blühenden Weiden<br />
anzutreffen.<br />
Distelfalter<br />
Dieser Wanderfalter hält es in<br />
Höhen von bis zu 3000 Meter aus<br />
und ist – der Name verrät es –<br />
fast ausschließlich an Distelblüten<br />
zu finden.<br />
Admiral<br />
Häufig kann man ihn auf Schmetterlingsflieder<br />
oder Wasserdost<br />
beobachten. Im Herbst saugt der<br />
Falter auch gern an Fallobst und<br />
Efeublüten.<br />
DAS BLAUE WUNDER<br />
Erst wenn der Bläuling seine Flügel<br />
öffnet, entfaltet sich seine ganze<br />
Schönheit: Auf der Unterseite nur<br />
dunkel gemustert, schimmert die<br />
Oberfläche bläulich und violett.<br />
Weltweit gibt es 6000 Unterarten.<br />
Ihre Flugzeit: Juni bis August.<br />
Tagpfauenauge<br />
Er ist bekannt für wilde Kämpfe um<br />
die Eiablageplätze und wirbelt<br />
dabei besonders häufig um<br />
Schmetterlingsflieder und Acker-<br />
Kratzdistel herum.<br />
Schwalbenschwanz<br />
Mit 50 bis 75 mm Flügelspannweite<br />
einer der größten heimischen<br />
Falter. Im Garten zeigt er all seine<br />
Pracht besonders bei Möhren, Dill<br />
und Fenchel.<br />
Mauerfuchs<br />
Auf rot- bis blau-violetten Blüten<br />
sieht man den Falter mit der<br />
ziegelsteinähnlichen Musterung<br />
besonders häufig.<br />
Trauermantel<br />
Er sitzt häufig an Baumstämmen<br />
oder auf Fallobst, einzig im Frühjahr<br />
macht sich der Schmetterling auch<br />
mal über Weidenblüten her.<br />
Mittel-Wegerichfalter<br />
Wenn er nicht gerade Spitzwegerich<br />
oder Wiesen-Flockenblume<br />
anfliegt, sitzt der Falter am liebsten<br />
auf dem Boden und sonnt sich.<br />
Schwarzfleck-Bläuling<br />
Thymianblüten sind die Lieblings-Anflugstationen<br />
dieses seltenen Falters –<br />
die Familie der Bläulinge umfasst<br />
allerdings mehr als 5000 Arten!<br />
DER RESISTENTE METHUSALEM<br />
Zitronenfalter werden bis zu einem Jahr alt und<br />
gehören damit zu den langlebigsten Schmetterlingen<br />
Europas. Möglich macht das ihre Fähigkeit,<br />
auch bei minus 20 Grad Celsius zu überleben. In<br />
unseren Gefilden fliegen sie meist im Juni und Juli.<br />
Kohlweißling<br />
Als Kinder haben wir gelernt: Die<br />
Weibchen haben zwei schwarze<br />
Flecken auf den Flügeln. Der Falter<br />
flattert häufig um Kohl und<br />
Kapuzinerkresse herum.<br />
Hauhechel-Bläuling<br />
Er liebt besonders blütenreiche<br />
Wiesen und Böschungen und<br />
steuert dort Kleepflanzen an, auf<br />
denen er seine Eier ablegt.<br />
Zitronenfalter (männl. und weibl.)<br />
Der mit einem Jahr langlebigste<br />
heimische Falter bevorzugt rot und<br />
violett blühende Pflanzen wie<br />
<strong>Sommer</strong>flieder. Die leuchtend gelben<br />
sind die Männchen.<br />
48 49
Deggendorf<br />
KOMPETENZ FÜR<br />
TIERSCHUTZ<br />
Benedikt Gruber ist seit<br />
2019 <strong>Gut</strong>sleiter von <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf.<br />
Die Geschichte von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf<br />
Alles begann<br />
mit einem Traum<br />
von Tierliebe …<br />
Der Begegnungshof <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf ist seit fast 20 Jahren<br />
ein großer Besuchermagnet. Genau an diesem Ort verwirklichte der Arzt<br />
Dr. Hatto Egerer seine Vision für einen lebenswerten Ort für Tiere,<br />
lange bevor es <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> gab. Bernd Funda, Vorsitzender der<br />
Dr.-Hatto-Egerer-Stiftung, und seine Frau Margarete erinnern sich<br />
an ihren Freund …<br />
Vom Städtchen Deggendorf<br />
aus, das sich an die Ufer der<br />
Donau schmiegt, geht es stetig<br />
bergauf, erst durch hübsche<br />
Wohngegenden, dann<br />
an weiten Wiesen und Feldern vorbei. In<br />
der Nähe des Örtchens Eichberg sieht man<br />
sie dann schon vom Weitem: die roten Fahnen<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>. Selbst dann, wenn<br />
es besonders lebhaft ist, viele Besucher die<br />
Wege entlang spazieren, Esel schreien oder<br />
Hunde bellen, ist dieser Ort erfüllt von<br />
einer ganz besonderen Atmosphäre. Einer<br />
Mischung aus Ruhe, Harmonie – und einem<br />
ganz besonderen Gefühl davon, dass genau<br />
hier nichts anderes hat entstehen können<br />
als ein Ort, an dem Tiere Schutz finden<br />
und sich wohlfühlen können. Viele Besucher<br />
kommen regelmäßig, manche sogar<br />
täglich. Zu letzteren gehört ein Ehepaar,<br />
das ganz besonders eng mit der Geschichte<br />
dieses einzigartigen Ortes verbunden ist:<br />
Bernd und Margarete Funda. Im Gespräch<br />
erinnern sie sich an die Anfänge des Anwesens,<br />
das ohne die immense Tierliebe<br />
eines ganz besonderen Mannes nicht<br />
möglich gewesen wäre.<br />
Frau und Herr Funda, Dr. Hatto Egerer hat<br />
diesen Ort lange vor <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> dem<br />
Schutz von Tieren gewidmet und dieses<br />
<strong>Gut</strong> errichtet. Wie kam es dazu?<br />
Bernd Funda: Dr. Hatto Egerer war der<br />
erste Orthopäde in Deggendorf, hat hier<br />
ab den 1950er-Jahren gewohnt. Zu Beginn<br />
der 1960er-Jahre hat er das Grundstück<br />
hier oben gekauft, zu der Zeit wurde auch<br />
das heutige Haupthaus des <strong>Gut</strong>es gebaut.<br />
Das war das Wohnhaus von Dr. Egerer und<br />
seiner Frau, das er mit viel Liebe eingerichtet<br />
hat. Parallel erwarb er das jetzige<br />
Katzenhaus, das war damals noch die<br />
Ruine eines Altbestandes, das er wieder<br />
errichten hat lassen. Und ohne die ca.<br />
22 Hektar Weidefläche wäre die Tierhaltung<br />
in dem Umfang nicht möglich.<br />
Dr. Egerer wollte ein Heim nicht nur für<br />
sich und seine Frau schaffen.<br />
Bernd Funda: Dr. Egerer und seine Frau<br />
liebten Araberpferde und besaßen drei,<br />
die sehr wertvoll und sündhaft teuer waren.<br />
Die Eichberger erzählen sich noch<br />
heute, dass einmal ein Scheich mit dem<br />
Hubschrauber hier gelandet sei, um diese<br />
Pferde anzusehen. Dr. Egerer betonte aber<br />
stets: „Ich will auch den armen Pferden helfen.“<br />
Er wollte eine Heimstätte schaffen „für<br />
arme alte Kreaturen“, wie er immer sagte.<br />
Das mussten nicht nur Pferde sein – er<br />
hatte auch immer Hunde und Katzen.<br />
Wie kam Dr. Egerers große Tierliebe<br />
zum Ausdruck?<br />
Bernd Funda: Er hatte einmal eine verletzte<br />
Taube in seinem Schlafzimmer gesund<br />
gepflegt. Die Taube hat nachts immer auf<br />
einer seiner Schultern geschlafen, je nachdem,<br />
wie er gerade lag. Er sagte dann: „Das<br />
Problem ist, immer wenn ich mich umdrehe,<br />
wie ich die Taube dann auf die andere<br />
50<br />
51
Schulter bringe.“ Er war ein überzeugter<br />
Tierfreund. Kein Spinner, wohlgemerkt:<br />
Ihm haben die Tiere wirklich am Herzen<br />
gelegen.<br />
Margarete Funda: Er hat sehr darunter<br />
gelitten, wenn er sah, dass es Tieren<br />
schlecht ging. Wir sind einmal mit ihm zu<br />
einem Tierheim gefahren, weil er sich einen<br />
Hund holen wollte. Er war ganz fertig,<br />
Es war<br />
Dr. Egerers<br />
Traum, dass es<br />
den Tieren gut<br />
geht und dass er<br />
vielen Tieren<br />
helfen kann.“<br />
als er da wieder raus war: Alle Tiere wurden<br />
in sehr beengten, nicht besonders sauberen<br />
Käfigen gehalten.<br />
Bernd Funda: Er hat jedes Lebewesen<br />
geschätzt: Wir waren einmal auf einem<br />
Gnadenhof für Pferde in der Nähe von<br />
HERZSTÜCK DES GUTES<br />
Das alte <strong>Gut</strong>sgebäude mit dem neu<br />
hergerichteten Innenhof bildet den Kern<br />
des Begegnungshofes. Dort, wo Hatto<br />
Egerer gewohnt hat, befinden sich heute<br />
die Gastronomie und die Verwaltung.<br />
Heilbronn, der von zwei Damen – Mutter<br />
und Tochter – so gut, wie sie eben konnten,<br />
betrieben wurde. Dort hatte Dr. Egerer<br />
einen Regenwurm vom Weg aufgehoben<br />
und in Sicherheit gebracht, um nicht etwa<br />
darauf zu treten.<br />
Margarete Funda: Es war immer sein<br />
Traum, dass es den Tieren gut geht, dass er<br />
vielen Tieren helfen kann. Und dass er mit<br />
ihnen leben darf<br />
Wie haben Sie Dr. Egerer<br />
kennengelernt?<br />
Bernd Funda: Das war Ende der 1980er-,<br />
Anfang der 1990er-Jahre. Ich war damals<br />
als Steuerberater tätig, und Dr. Egerer ist<br />
als Mandant zu mir gekommen. Er hatte<br />
die Idee, auf seinem Anwesen langfristig<br />
eine Einrichtung für Tiere in Not zu schaffen.<br />
Zum Bestand gehörten damals das<br />
Wohnhaus und der „Steinstall“, wie wir ihn<br />
EIN TV-BERICHT ÄNDERT ALLES<br />
Ein TV-Bericht machte Margarete Funda auf die<br />
Arbeit von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> aufmerksam – die<br />
Rettung für den Hof von Dr. Egerer und seine<br />
Tiere: 2006 entstand <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf.<br />
nennen – also der Anbau, der im rechten<br />
Winkel zum Haus steht. Der Holzstall wurde<br />
erst Ende der 1990er-Jahre gebaut. Dr.<br />
Egerer hatte keine feste Vorstellung, wie<br />
diese Heimstätte für Tiere realisiert werden<br />
sollte. Er hat dann festgestellt, dass meine<br />
Frau und ich auch große Tierfreunde sind.<br />
Welche Tiere haben Sie?<br />
Margarete Funda: Wir haben zurzeit zwei<br />
Hunde, früher hatten wir auch immer bis<br />
zu sieben Katzen. Unser Katzenhaus<br />
spielt auch eine wichtige Rolle für <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong>.<br />
Sie haben ein Katzenhaus?<br />
Margarete Funda: Ja, mit Zugang zum<br />
Wohnhaus. Als Michael Aufhauser das zum<br />
ersten Mal gesehen hat, sagte er: „Das<br />
baue ich nach.“ Das hat er dann erst bei<br />
sich zu Hause in Salzburg gemacht. Die<br />
anderen Katzenhäuser von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
sind natürlich größer geworden.<br />
Bernd Funda: Bei uns ist das ähnlich wie<br />
eine große Voliere im Garten, die über einen<br />
unterirdischen Tunnel mit dem Haus<br />
verbunden ist.<br />
Margarete Funda: Das hat Herrn<br />
Aufhauser so gut gefallen, dass er daraufhin<br />
eigentlich erst zum Katzenfreund geworden<br />
ist.<br />
Dr. Hatto Egerers Idee: langfristig eine<br />
Einrichtung für Tiere in Not in Eichberg zu<br />
schaffen. Auf diesem Fundament ist<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf erwachsen.<br />
Besuchen Sie<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Deggendorf<br />
EINE FRÖHLICHE GEMEINSCHAFT GERETTETER TIERE<br />
Schafe und Ziegen sind nicht die einzigen Tiere, die munter über das Gelände von<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf laufen und sich Streicheleinheiten von den Besuchern abholen:<br />
Insgesamt rund 300 gerettete Tiere haben hier ein Für-Immer-Zuhause gefunden – das sind<br />
zugleich 300 Leidensgeschichten, die an diesem Ort ein glückliches Ende gefunden haben.<br />
52 53
ERFOLGSGESCHICHTE<br />
Was Dr. Hatto Egerer (u. r.) mit<br />
seiner Vision für Tierschutz begonnen<br />
hat, führt <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
seit 2006 fort. Michael Aufhauser<br />
(unten, bei einem Besuch in<br />
Deggendorf) lässt das Anwesen<br />
u. a. durch den großen Stall (r.)<br />
erweitern, eine ausgebaute<br />
Zufahrt und viele neue gerettete<br />
Tiere kommen hinzu.<br />
Wir sind jetzt zeitlich ein bisschen vorgeprescht:<br />
Durch Ihre Zusammenarbeit<br />
mit Herrn Egerer ist Mitte der 1990er-<br />
Jahre eine Stiftung entstanden …<br />
Bernd Funda: Die Dr.-Hatto-Egerer-Stiftung.<br />
Es war jedoch zu der Zeit immer<br />
noch nicht klar, wie es nach Hatto Egerer<br />
einmal weitergehen sollte. Solange er gelebt<br />
hat, hat er hier fleißig gearbeitet, seine<br />
ganze Energie und sein gesamtes Einkommen<br />
in diese Anlage gesteckt. Nach Gründung<br />
der Stiftung war er der erste Vorsitzende,<br />
ich der zweite. Die Stiftung hatte<br />
das Ziel, einen Gnadenhof für Pferde zu<br />
schaffen. Wobei der Begriff „Gnadenhof“<br />
Dr. Egerer nicht gepasst hat. Er sagte:<br />
„Wir haben den Tieren keine Gnade zu gewähren.<br />
Wir haben eine Aufgabe damit.“ Er<br />
war da völlig kompromisslos. Er hat zwar<br />
immer betont, er sei kein Menschenfreund,<br />
sondern ein Tierfreund. Das stimmte aber<br />
nicht: Er war ein großer Menschenfreund,<br />
weil er ein Arzt mit Leidenschaft war.<br />
Wie war Dr. Egerer als Mensch?<br />
Margarete Funda: Ein sehr ruhiger, stiller<br />
Mann, der lange Zeit gebraucht hat, bis er<br />
sich öffnen konnte, bis er auch mit uns<br />
Freundschaft schließen konnte. Doch<br />
dann war er ein unbedingter Freund.<br />
Bernd Funda: Dr. Egerer war zwar gut<br />
situiert, aber hat sich überhaupt nichts<br />
geleistet. Als er schon relativ alt war, habe<br />
ich einmal festgestellt, dass er Schwierigkeiten<br />
mit seiner Brille hatte. Da sagte ich<br />
ihm: „Kauf dir doch mal eine neue Brille.“ Er<br />
sagte nur: „Dafür habe ich kein Geld.“<br />
Er war also ein sparsamer Mensch?<br />
Margarete Funda: Er hat alles ausgegeben<br />
für die Gebäude, für Tierfutter. Für die<br />
Tiere hat er alles übrig gehabt. Wir hatten<br />
immer die große Sorge: Was ist, wenn er<br />
mal nicht mehr da ist? Wer soll das finanzieren?<br />
Wir wussten nicht, ob der Betrieb<br />
in seinem Sinne weitergehen konnte.<br />
Wie kam dann letztendlich <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> ins Spiel?<br />
Bernd Funda: Anfangs gab es die Idee,<br />
dass wir uns an eine Tierschutzorganisation<br />
wenden. Das haben wir auch getan,<br />
aber ohne Erfolg. Wir hätten genügend<br />
Förderer gehabt, die uns zwar Geld abgenommen<br />
hätten, aber nicht die Arbeit.<br />
Kurz vor Dr. Egerers Tod 2004 hatte meine<br />
Frau im österreichischen Fernsehen dann<br />
einen Bericht gesehen …<br />
Margarete Funda: Darin wurde die Arbeit<br />
von Michael Aufhauser und <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
vorgestellt. Mir hat das so gut<br />
gefallen, dass ich mir gesagt habe: „Das<br />
gibt es doch nicht, dass es so etwas Schönes<br />
für Tiere gibt!“ Ich habe die Sendung<br />
aufgenommen und sie Dr. Egerer gezeigt.<br />
Wie hat er darauf reagiert?<br />
Bernd Funda: Er hatte Zweifel, sagte: „Der<br />
hat bestimmt kein Interesse an uns.“ Hätte<br />
er die Gelegenheit gehabt, <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
zwei, drei, vier Jahre lang kennenzulernen,<br />
dann hätte es der Egerer-Stiftung<br />
nicht bedurft. Dann wäre alles hier in <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> eingebracht worden.<br />
Doch noch bevor der Kontakt zu<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> entstand,<br />
ist Dr. Egerer gestorben.<br />
Bernd Funda: Das war im März 2004. Wir<br />
haben mit zwei Hilfskräften versucht, den<br />
Betrieb und die Pflege von zwölf Pferden<br />
aufrechtzuerhalten. Dr.<br />
Egerer hat bis zur letzten<br />
Stunde hier im Haus gewohnt,<br />
er hatte eine<br />
24-Stunden-Pflege.<br />
Nach seinem Tod haben<br />
wir <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> in<br />
Salzburg angerufen. Natürlich<br />
hat uns dort niemand<br />
gekannt, und wir<br />
haben auch niemanden<br />
gekannt. Wir waren dann<br />
so lange hartnäckig, bis<br />
wir einen Termin bei<br />
Herrn Aufhauser bekommen<br />
haben. Das war der<br />
20. Juni 2004, das vergisst<br />
man nicht. Meine<br />
Frau und ich waren in Salzburg, haben<br />
Herrn Aufhauser alles erzählt und Fotos<br />
gezeigt. Wir waren zum richtigen Zeitpunkt<br />
am richtigen Ort. Denn er hatte<br />
damals schon vor, in Deutschland ein<br />
zweites <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> aufzubauen. Wir<br />
hatten den Vorteil: Wir haben einen kompletten<br />
Hof, sind schuldenfrei und sind<br />
also nicht zu Herrn Aufhauser gekommen,<br />
um um Geld zu betteln. Der Hof war und<br />
ist bis heute schuldenfrei.<br />
Was war Ihr erster Eindruck von<br />
Michael Aufhauser?<br />
Margarete Funda: Dass er in Eile ist<br />
(lacht).<br />
Bernd Funda: Ein Vierteljahr später war<br />
Der Begriff<br />
„Gnadenhof“<br />
missfiel<br />
Dr. Hatto Egerer:<br />
„Wir haben<br />
den Tieren keine<br />
Gnade zu<br />
gewähren – wir<br />
haben eine<br />
Aufgabe damit.“<br />
er das erste Mal hier in Deggendorf, zeigte<br />
sich sehr interessiert, wollte sich aber<br />
noch nicht festlegen. Wir hatten wirklich<br />
Bedenken, ob daraus etwas wird. Wir hatten<br />
ja einige Interessenten, die den Hof<br />
gern übernommen hätten. Aber die wollten<br />
hier wohnen und nichts für Tiere tun.<br />
Einer hatte mir zum Beispiel erklärt, dass<br />
wir im Falle eines Kaufs die Pferde<br />
weggeben müssten, weil er im Stall sein<br />
Motorboot und sein Wohnmobil unterstellen<br />
wollte. Im Dezember hat Michael<br />
Aufhauser uns dann zugesagt: „Ich steige<br />
bei euch ein.“ Das war für uns natürlich<br />
das perfekte Weihnachtsgeschenk! Das<br />
ganze Jahr 2005 ist der Betrieb mit einer<br />
Mini-Mannschaft aufrechterhalten worden.<br />
Im Jahr 2006 ist dann <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich<br />
eingestiegen.<br />
Es wurden der große Stall und die Auffahrt<br />
gebaut, ohne die<br />
der Besucherverkehr<br />
gar nicht möglich wäre.<br />
Dank <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
wurde das Gelände richtig<br />
erschlossen, ausgebaut<br />
und gepflegt. Seit<br />
<strong>Aiderbichl</strong> eingestiegen<br />
ist, haben wir nicht<br />
mehr nur zwölf Pferde,<br />
sondern rund 300 Tiere.<br />
Nach fast 20 Jahren<br />
kann man sagen, dass<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> auch in<br />
der Nachbarschaft gut<br />
angekommen, integriert<br />
und anerkannt ist.<br />
Wir erfahren auch<br />
immer eine tolle Unterstützung durch<br />
die Stadt Deggendorf.<br />
Was ist für Sie beide das Typische,<br />
Unverwechselbare an diesem Ort?<br />
Margarete Funda: Dass der Landhauscharakter,<br />
wie Dr. Egerer ihn einst entworfen<br />
hatte, erhalten geb<strong>lieben</strong> ist.<br />
Bernd Funda: Auch viele Besucher sagen,<br />
das <strong>Gut</strong> habe einen familiären Touch.<br />
Margarete Funda: Als würde hier noch<br />
ein <strong>Gut</strong>sherr wohnen.<br />
Was, glauben Sie, würde Dr. Egerer<br />
sagen, könnte er jetzt mit Ihnen über<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf spazieren?<br />
Bernd Funda: Prima habt ihr das gemacht<br />
(lacht).<br />
EIN ORT ZUM WOHLFÜHLEN<br />
Der alte Landhauscharakter des einstigen <strong>Gut</strong>es<br />
von Dr. Hatto Egerer ist noch heute in jedem<br />
liebevollen Detail zu erkennen. „Ein Besuch hier<br />
ist wie ein kleiner Urlaub“, sagen viele Gäste.<br />
EIN EINGESPIELTES TEAM<br />
Von Tierpflege über Tiernotfälle, <strong>Gut</strong>s-Management<br />
bis hin zur Gastronomie: Auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Deggendorf sind die Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter jeden Tag mit viel Herzblut für die<br />
Bedürfnisse von Tieren und Menschen da.<br />
54 69
Neuankömmlinge<br />
Willkommen<br />
auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>!<br />
Dürfen wir vorstellen: Das sind die Neuankömmlinge,<br />
die bei uns in den vergangenen Wochen und Monaten<br />
ein neues Zuhause gefunden haben<br />
Mehr Infos<br />
zu unseren<br />
Graupapageien<br />
ZITA UND KARL<br />
Die beiden Schlaumeier<br />
im Vogelhaus<br />
Es ist ein internationales Problem:<br />
Jeden Tag werden irgendwo<br />
auf der Welt Wildtiere<br />
geschmuggelt – in Rucksäcken,<br />
Koffern und Kisten, in Plastikboxen<br />
und Tüten. Der Handel mit ihnen<br />
ist oft sehr lukrativ. Viele der exotischen<br />
Tiere überleben allerdings<br />
nicht einmal den Transport. Sie ersticken,<br />
verdursten, erfrieren. Die<br />
Tiere, die bei Zollkontrollen entdeckt<br />
werden, machen zwar nur<br />
die Spitze des Eisberges aus. Aber<br />
immerhin – sie werden gefunden<br />
und dann beschlagnahmt.<br />
Aus einer solchen Beschlagnahmung<br />
stammen auch die dreijährigen<br />
Graupapageien Zita und Karl.<br />
Seit 1981 fallen Graupapageien<br />
unter das Washingtoner Artenschutzübereinkommen,<br />
das den<br />
Handel mit geschützten Tierarten<br />
regelt. Seit 2017 genießen sie in<br />
der EU den höchsten Schutzstatus.<br />
Ohne formelle Genehmigung<br />
der zuständigen Behörde ist jede<br />
Einfuhr in die EU und jede Vermarktung<br />
verboten. Die Frage, die<br />
sich den Behörden nach der Beschlagnahmung<br />
von Karl und Zita<br />
sofort stellte, war: Wo können die<br />
Vögel ein neues Zuhause finden,<br />
in dem man verantwortungsvoll für<br />
sie sorgt? Ein Mitarbeiter hatte die<br />
rettende Idee und stellte eine offizielle<br />
Anfrage bei <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>.<br />
Sie wurde umgehend beantwortet:<br />
Wir nehmen Zita und Karl auf<br />
und geben ihnen ein neues, liebevolles<br />
Zuhause. Der Umzug erfolgte<br />
schon einige Tage später, am<br />
25. Oktober 2023.<br />
Graupapageien kommen ursprünglich<br />
aus Zentral- und Westafrika.<br />
Es sind anspruchsvolle Tiere.<br />
Sie brauchen ein großes Gehege,<br />
perfekte Klimaverhältnisse, Möglichkeiten<br />
zum Freiflug und zum<br />
Spielen. Das alles haben Zita und<br />
Karl im schönen Vogelhaus auf <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Henndorf vorgefunden.<br />
Die Betreuerinnen haben viel Freude<br />
an den Tieren, reden oft mit ihnen.<br />
Vielleicht lernen die kleinen<br />
Schlaumeier ein paar Worte – aber<br />
das geht natürlich nicht von heute<br />
auf morgen.<br />
Bei manchen Tieren ist es so, dass<br />
sie sich füreinander entscheiden<br />
und dann ein Paar bleiben, komme,<br />
was wolle. So ist es auch bei<br />
Karl und Zita, die nicht ohneeinander<br />
sein können. Auf <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Henndorf können die<br />
beiden Graupapageien nun gemeinsam<br />
alt werden.<br />
MINI MUH<br />
Sie darf endlich sein,<br />
wie sie will<br />
Es ist gar nicht so einfach, mit den anderen Rindern mitzuhalten,<br />
wenn man selbst nur so kurze Beine hat. Diese traurige Erfahrung<br />
musste Mini Muh auf dem Bauernhof machen, auf dem sie vor etwa<br />
drei Jahren zur Welt gekommen war. Schnell wurde klar: Mini Muh ist<br />
zwergwüchsig und würde auch nie den Anforderungen genügen, die<br />
ein landwirtschaftlicher Betrieb an sein Vieh stellt. Doch schlachten lassen<br />
will der Bauer das Hinterwälder Rind auch nicht. Er wendet sich<br />
an einen Gnadenhof. Dort hat man jedoch keine Erfahrung in der Rinderhaltung.<br />
So erreicht <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> die Anfrage, ob nicht Platz für<br />
eine kleine, freundliche Kuh vorhanden wäre. Keine Frage: Natürlich<br />
ist Platz für Mini Muh! Auf dem Moosfeldhof darf sie nun endlich die<br />
Gesellschaft vieler anderer Rinder genießen und sich – ganz in ihrem<br />
eigenen Tempo – unbeschwert auf den großen Wiesen bewegen.<br />
SALLY, BELLA UND FIN<br />
Endlich Gesellschaft<br />
für Waschbär Pauli<br />
Seit dem Tod seiner Schwester Emilia war Waschbär Pauli alleiniger<br />
Bewohner des tollen Waschbärengeheges auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Henndorf.<br />
Lange suchte man nach passender Gesellschaft<br />
für ihn. Nun sind die dreijährigen Waschbären<br />
Sally, Bella und Fin mit eingezogen – und<br />
die Tiere freunden sich langsam miteinander<br />
an. Waschbären leben gern in Gruppenverbänden<br />
und kommunizieren ausgiebig: Bis zu<br />
200 Laute beherrschen sie. Die Nuancen sind<br />
so fein, dass Menschen sie nicht unterscheiden<br />
können. Aber Hauptsache, Sally, Bella, Fin<br />
und Pauli verstehen einander.<br />
Infos zu<br />
den Waschbären<br />
56 57
Interview<br />
„Es ist unsere<br />
moralische Pflicht,<br />
Schaden zu vermeiden“<br />
Haben wir Tieren gegenüber eine moralische Verpflichtung?<br />
Wenn ja, wie sieht diese aus – und ist sie gegenüber<br />
allen Tieren gleich? Ein Gespräch mit dem Tierethiker<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm<br />
PROF. DR.<br />
HERWIG GRIMM<br />
arbeitete zwei Jahre in der Landwirtschaft,<br />
bevor er sein Philosophie-<br />
Studium in Salzburg, Zürich und<br />
München mit den Schwerpunkten<br />
Ethik und angewandte Ethik abschloss.<br />
Seit 2011 ist er Professor für Ethik der<br />
Mensch-Tier-Beziehung am Messerli<br />
Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen<br />
Universität Wien.<br />
Was ist Tierethik –<br />
im Gegensatz zu Tierschutz?<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm: Der Tierschutz hat<br />
ein festgelegtes Ziel – und zwar Tiere zu<br />
schützen. In der Tierethik hingegen geht es<br />
darum nachzudenken, wie wir gegenüber<br />
Tieren handeln sollen; es geht darum, über<br />
die Verantwortung nachzudenken, die wir<br />
WER BIST DU …?<br />
„Wir dürfen nicht<br />
vorschnell sicher darin sein,<br />
welche Ansprüche ein Tier<br />
an uns stellt“, sagt Prof. Dr.<br />
Grimm. Dafür ist vor allem<br />
Empathie nötig. Im Foto:<br />
<strong>Gut</strong>sleiter Markus Leitner<br />
mit Skippy inmitten der<br />
geretteten Rinderherde auf<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Kärnten.<br />
Tieren gegenüber haben. Insofern ist die<br />
Tierethik nicht auf ein Ziel festgelegt, sondern<br />
denkt über Wege nach, wie wir Tieren<br />
gerecht werden können. Es geht darum,<br />
Probleme und Schwierigkeiten der Mensch-<br />
Tier-Beziehung zunächst einmal zu verstehen.<br />
Dürfen wir mit Tieren alles machen, was<br />
wir wollen? Mit Sicherheit nicht. Wo sind die<br />
Grenzen? Welchen Umgang schulden wir<br />
Tieren – und welche Werte sollen unseren<br />
Umgang mit ihnen leiten? Das sind Fragen,<br />
mit denen sich die Tierethik beschäftigt.<br />
Warum sollen wir Tiere schützen?<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm: Eine wesentliche<br />
Antwort kann hier mit dem Grundsatz gegeben<br />
werden: Gleiches soll gleich und Ungleiches<br />
ungleich behandelt werden. Tiere<br />
sind empfindungsfähig und leidensfähig,<br />
gleich dem Menschen also …<br />
Dennoch behandeln wir nicht alle<br />
Tiere gleich …<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm: Genau, das tun<br />
wir nicht. Wir halten Tiere als Haustiere, die<br />
uns Nähe schenken, als Nutztiere, die uns<br />
ernähren, führen an ihnen Laborversuche<br />
durch, um Wissen zu generieren. Hier sehen<br />
wir, dass es entscheidend für unsere Behandlung<br />
eines Tieres ist, in welcher Beziehung<br />
wir zu ihm stehen. Der Familienhund<br />
hat für unser emotionales Wohlergehen<br />
einen anderen Stellenwert als die Labormaus.<br />
So sind wir bereit, die Labormaus im<br />
Sinne der Forschung zu opfern, würden<br />
aber nie unseren Hund für solche Experimente<br />
hergeben. Ich möchte das anhand<br />
eines Beispiels zuspitzen: Begegnet uns in<br />
einer Gasse eine hungrige Straßenkatze,<br />
würden die meisten Menschen weitergehen.<br />
Begegnet uns aber in derselben Gasse<br />
die eigene Katze und maunzt uns hungrig<br />
an, füttern wir sie. Das – im biologischen<br />
Sinne – gleiche Tier, das gleiche Bedürfnis<br />
– und doch handeln wir unterschiedlich.<br />
Warum?<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm: Weil Beziehungen<br />
Gründe liefern können, einen Unterschied<br />
zu machen. Wenn ich einen Hund oder eine<br />
Katze freiwillig in meine Obhut nehme, entsteht<br />
dadurch Verantwortung für dieses<br />
konkrete Tier. Diese Verantwortung ist von<br />
meiner Verantwortung gegenüber irgendeiner<br />
Katze verschieden. Und obwohl wir<br />
uns vielleicht Säugetieren mehr verbunden<br />
fühlen als den Reptilien, Amphibien oder<br />
Vögeln, tragen wir Verantwortung für sie,<br />
wenn wir sie in unseren Verantwortungsbereich<br />
aufnehmen.<br />
Aber haben nicht alle Tiere das Recht<br />
auf eine gleiche Behandlung?<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm: Nein, das wäre zu<br />
einfach! Denn unterschiedliche Tiere haben<br />
unterschiedliche Bedürfnisse. Ein Hamster<br />
würde sich sicherlich nicht wohlfühlen,<br />
müsste er einen Hundekorb aus Plüsch bewohnen.<br />
Selbst innerhalb der gleichen Art<br />
können die Unterschiede immens sein:<br />
Schon ein Shetlandpony stellt andere Ansprüche<br />
als ein Vollblutpferd. Hier hat sich<br />
schon seit den frühen Tagen der Tierethik<br />
die Einsicht durchgesetzt, dass es nicht so<br />
sehr um die gleiche Behandlung, sondern<br />
die gleiche Berücksichtigung geht, die zu<br />
unterschiedlicher Behandlung führen kann.<br />
Einem Hamster wird man anders gerecht<br />
als einer Forelle; aber beiden gebührt gleiche<br />
Berücksichtigung ihrer Eigenschaften<br />
und Fähigkeiten. Die US-Philosophin<br />
Martha Nussbaum hat dies z. B. in ihrem<br />
Fähigkeitenansatz beschrieben. Demnach<br />
sollen wir Tiere entsprechend ihrer Fähigkeiten<br />
unterstützen und schützen, ihnen<br />
Raum zur optimalen Entfaltung geben und<br />
sie dabei fördern, ihre angeborenen Bedürfnisse<br />
voll ausleben zu können. Das<br />
setzt natürlich Wissen und Reflexion um<br />
die jeweilige Tierart voraus …<br />
Unsere moralische Pflicht ist es demnach,<br />
das Tierwohl zu gewährleisten?<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm: Unsere erste moralische<br />
Pflicht ist es, Schaden zu vermeiden.<br />
In diese Pflicht sind auch – und zumindest<br />
– empfindungsfähige Tiere<br />
eingeschlossen. Deshalb sollten wir als<br />
verantwortliche Personen stets nach Alternativen<br />
suchen, die am wenigsten Schaden<br />
und möglichst wenig Leid verursachen.<br />
Aber auch hier ist die Sache nicht so<br />
einfach: Eine Operation in der Kleintierklinik<br />
nimmt Schaden in Kauf, um dem Tier<br />
zu helfen und im besten Interesse des Tieres<br />
zu handeln. Entsprechend muss abgewogen<br />
werden. Medikamente mögen ein<br />
altes, krankes Haustier Tag für Tag am <strong>Leben</strong><br />
erhalten, doch um welchen Preis?<br />
Geht es um die Interessen der Tiere oder<br />
der Halter? Hier sind Selbstreflexion und<br />
Empathie vonnöten und angebracht, was<br />
auch Übung und Training verlangt.<br />
Inwiefern?<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm: <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
ist ein sehr schönes Beispiel. Hier zählt jedes<br />
Tier als eins. Egal, ob es sich um Katzen,<br />
Hunde, Rinder, Schweine, Füchse oder<br />
Hühner handelt. Für die Behandlung jedes<br />
Tieres wird seinen individuellen Bedürfnissen<br />
Maß genommen. Das ist eine Aufgabe,<br />
die ohne Empathie nicht verantwortlich<br />
übernommen werden kann.<br />
Was können Tierhalter besser<br />
machen?<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm: Wir dürfen<br />
nicht vorschnell sicher darin sein, welche<br />
Ansprüche ein Tier an uns richtet. Wir<br />
können in kein Lebewesen hineinschauen,<br />
sondern beurteilen es immer nur aus<br />
unserer menschlichen Perspektive heraus.<br />
Wir gehen stets von uns selbst aus<br />
und können auch gar nicht anders. Deshalb<br />
sollten wir hier Zurückhaltung<br />
üben, uns bewusst machen, dass unsere<br />
Perspektive eingeschränkt ist und wir<br />
uns darum bemühen sollten, sie auszuweiten.<br />
Der Gorilla ist uns – mutmaßlich<br />
– kognitiv sehr ähnlich. Aber folgt daraus<br />
ein Recht, dass der Gorilla mehr Rücksicht<br />
verdient als Fische oder Mäuse?<br />
Hier muss man sehr vorsichtig sein. Zudem<br />
sollten wir uns ehrlich die Frage<br />
stellen: Was mache ich tatsächlich, um<br />
das Wohl meines Tieres zu gewährleisten<br />
– und was mache ich einfach nur für<br />
mich selbst? Also: Steigert das vierte perlenbestickte<br />
Halsband tatsächlich die<br />
<strong>Leben</strong>squalität meines Hundes – oder<br />
dient es vielmehr mir als modisches Accessoire<br />
und stört es meinen Hund? Auch<br />
hier darf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> als Positiv-Beispiel<br />
dienen: Das Affen Refugium in Gänserndorf<br />
wurde damals nach Übernahme<br />
der Tiere in einem intensiven Prozess<br />
nach bestem Wissen und Gewissen auf<br />
die tatsächlichen Bedürfnisse dieser Tiere<br />
ausgerichtet. Hier ist der Grundsatz:<br />
Den Tieren gerecht werden und nicht<br />
den ästhetischen Vor<strong>lieben</strong> des Betrachters.<br />
In keinem der Freigehege findet sich<br />
irgendetwas, um allein den ästhetischen<br />
Sinn des Menschen zu befriedigen.<br />
Tierwohl ist …<br />
Prof. Dr. Herwig Grimm: … auch eine<br />
gesellschaftliche Aufgabe. Verantwortungsvolle<br />
Bürger müssen sich die Frage<br />
stellen, ob und wie die Rahmenbedingungen<br />
beispielsweise für Landwirtschaft<br />
weiterentwickelt werden sollen.<br />
Diese Frage darf nicht allein auf die Landwirte<br />
abgewälzt werden, denn nur gemeinsam<br />
können wir Dinge verändern.<br />
58 59
Gänserndorf<br />
„Rache wird nie ein Trauma lösen.<br />
Das schafft nur<br />
Vergebung“<br />
Die Schimpansen des <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Affen Refugiums in<br />
Gänserndorf sind die Stars eines neuen Buches: Der beliebte<br />
Bestseller-Autor Thomas Brezina hat ihre Geschichte in einer<br />
bezaubernden und berührenden Fabel über Leid, Rache und<br />
Vergebung verewigt<br />
„Das <strong>Leben</strong> der<br />
Schimpansen geht<br />
weiter. Aber mit<br />
mehr Freude.<br />
Es ist ein<br />
leichteres <strong>Leben</strong>.“<br />
Thomas Brezina über die wunderbare Wirkung, den die<br />
einfühlsame Arbeit des Affen Refugiums Gänserndorf<br />
auf die ehemaligen Laborschimpansen hat.<br />
60 61
Eines Nachts erscheint ein<br />
rätselhafter Besucher im<br />
doch eigentlich hermetisch<br />
abgeriegelten <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Affen Refugium in<br />
Gänserndorf: ein weißer<br />
Schimpanse, den hier noch niemand zuvor<br />
gesehen hat. Er stellt jedem Schimpansen<br />
eine Frage: „Was wünschst du<br />
dir?“ Auf der Suche nach einer Antwort<br />
durchlaufen die ehemaligen Labortiere<br />
alle Gefühlsstationen von Leid über Zorn<br />
bis hin zu Rachegedanken an ihren Peinigern.<br />
Bis der kluge Besucher sie schließlich<br />
auf die alles entscheidende Lösung<br />
bringt. Diese Begebenheit hat sich natürlich<br />
nie in Wirklichkeit zugetragen. Es ist<br />
die Geschichte des Buches „Na und, sagte<br />
der weiße Schimpanse“ von Thomas Brezina.<br />
Uns erzählt der Schriftsteller, wie er<br />
BUCH-<br />
PRÄSENTATION<br />
IN HENNDORF<br />
Am MITTWOCH, 20. MÄRZ<br />
<strong>2024</strong> wird Thomas Brezina<br />
sein neues Buch „Na und,<br />
sagte der weiße Schimpanse“<br />
im großen Saal auf <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Henndorf vorstellen.<br />
EINLASS: AB 14 Uhr.<br />
auf die Idee zum Buch<br />
gekommen ist – und welch<br />
großes, menschliches<br />
Thema hinter dem Leid der<br />
Schimpansen steckt.<br />
Herr Brezina, wie kam<br />
Ihnen die Idee zu diesem<br />
Buch über die Schimpansen<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>?<br />
Thomas Brezina: Seit vielen<br />
Jahren habe ich die Arbeit<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> immer<br />
mitverfolgt. Die Idee zum<br />
Buch über die Schimpansen<br />
in Gänserndorf ist über meinen<br />
Verleger an mich herangetragen<br />
worden. Die<br />
Schimpansen der IMMUNO<br />
(Anm.: des Versuchslabors in<br />
BEDINGUNGSLOSER ZUSAMMENHALT<br />
Alle Schimpansen des Affen Refugiums teilen dasselbe<br />
Schicksal: Vormals gänzlich isoliert voneinander lernen sie<br />
erst nach ihrer Befreiung, was es heißt, einander Nähe und<br />
Geborgenheit zu schenken, wie diese Illustration aus Thomas<br />
Brezinas Buch es wunderschön darstellt.<br />
THOMAS<br />
BREZINA<br />
1990 gelang ihm mit<br />
der „Knickerbocker-<br />
Bande“ der Durchbruch<br />
als Kinder- und<br />
Jugendbuchautor.<br />
Seine Buchreihe<br />
über das sprechende<br />
Fahrrad „Tom Turbo“<br />
begeistert Kinder seit<br />
30 Jahren. In China<br />
feiert Brezina Erfolge<br />
mit dem „Tiger-<br />
Team“. Seit einigen<br />
Jahren veröffentlicht<br />
er auch Bücher für<br />
Erwachsene.<br />
Orth an der Donau, das das<br />
Pharmaunternehmen<br />
BAXTER 1997 übernahm,<br />
die Schimpansenversuche<br />
jedoch nicht fortführte) und<br />
ihr Schicksal waren mir natürlich<br />
bekannt. Die Geschichte<br />
von Gänserndorf in<br />
diesem Ausmaß allerdings<br />
nicht. Er hat mir dann davon<br />
erzählt – von den Beobachtungen<br />
der Schimpansen,<br />
den Persönlichkeiten, die sie<br />
entwickeln, was Pflegerinnen<br />
und Pfleger berichten<br />
– all diese Dinge, haben<br />
mich sehr berührt.<br />
Qualen, Traumata,<br />
Schmerz und Leid –<br />
Das klingt nach einem<br />
schweren Thema für<br />
ein Kinderbuch …<br />
Thomas Brezina: Es ist kein<br />
Kinderbuch, das muss ich<br />
gleich vorwegsagen, sondern<br />
ein sogenanntes All-<br />
Age-Book. Eine Geschichte,<br />
die für jede Generation, für<br />
jedes Alter gedacht ist. Zudem wollte ich<br />
nicht ausschließlich eine Geschichte darüber<br />
schreiben, welche Tragödie, welches<br />
Trauma diese Tiere erlebt haben. Das bringt<br />
niemanden weiter. Denn das, was geschehen<br />
ist, ist eine Sache. Das, was jetzt für die<br />
Schimpansen gemacht wird, halte ich für<br />
das absolut Wesentliche. Aber dann ging es<br />
mir auch darum: Was kann eine Geschichte<br />
darum herum sein? Eine Geschichte, aus<br />
der wir persönlich etwas nehmen können?<br />
Wie kann ich die Charaktere, die mir geschildert<br />
werden, verstehen? Ich habe mich bewusst<br />
mit den Aussagen und Beobachtungen<br />
der Pflegerinnen und Pfleger<br />
auseinandergesetzt. Es geht auch darum,<br />
wie großartig das ist, was für diese Tiere gemacht<br />
wurde – und welche Verantwortung<br />
das auch für die Menschheit ist, ein solches<br />
Projekt wie das Affen Refugium zu verwirklichen.<br />
Schließlich ist mir die Geschichte<br />
vom weißen Schimpansen eingefallen und<br />
dieses ganz großen Themas, das ich diesen<br />
Tieren in den Mund lege: die Kraft der Vergebung.<br />
Was genau ist der weiße Schimpanse?<br />
Thomas Brezina: Es ist der gute Geist –<br />
nicht im Sinne eines Gespenstes. Sondern<br />
der gute Geist, der im <strong>Leben</strong> auftauchen<br />
TEAMARBEIT IST ALLES<br />
Um die Beschäftigung wie auch die<br />
Kommunikation in einer Schimpansengruppe<br />
zu fördern, bereiten die<br />
Pfleger:innen immer wieder kleine<br />
Aufgaben vor. Hier etwa „Findet die<br />
im Stein versteckten Leckereien“<br />
in Gehege D.<br />
Die<br />
Geschichte<br />
des Affen<br />
Refugiums<br />
➤ Lange sind Schimpansen wegen<br />
ihrer genetischen Ähnlichkeit mit dem<br />
Menschen für Tierversuche sehr gefragt.<br />
Die meisten Schimpansen, die im <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Affen Refugium leben, wurden<br />
als Jungtiere in der Wildnis gefangen,<br />
fristeten ein isoliertes Dasein in<br />
engen Laborkäfigen und wurden mit<br />
Krankheiten wie HIV und Hepatitis<br />
infiziert. Als der Pharmakonzern die Versuche<br />
mit den Tieren 1997 einstellte,<br />
finanzierte er eine Affenanlage im<br />
damaligen Safaripark Gänserndorf bei<br />
Wien – ein Hochsicherheitstrakt: Sämtliche<br />
Schimpansen müssen aufgrund<br />
ihrer Krankheiten streng isoliert gehalten<br />
werden. Zudem sind Schimpansen<br />
fast zehnmal stärker als wir und dürfen<br />
Menschen nie ohne Gitter- und Panzerglasschutz<br />
begegnen. 2004 musste der<br />
Safaripark Konkurs anmelden. Michael<br />
Aufhauser erklärte sich bereit, die Verantwortung<br />
für die damals 40 Schimpansen<br />
und fünf Tieraffen zu übernehmen:<br />
Im Dezember 2009 wird aus dem<br />
Safaripark Gänserndorf das <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Affen Refugium. 2011 eröffnete<br />
das 2000 Quadratmeter große Freigehege.<br />
Nach Jahrzehnten sahen die Schimpansen<br />
zum ersten Mal das Sonnenlicht.<br />
2012 folgten die Freigehege für<br />
jene Affen, die nur einzeln oder in kleinen<br />
Gruppen gehalten werden können.<br />
Heute leben 27 Schimpansen in Gänserndorf.<br />
62 63
und in eine Richtung weisen kann, die zu<br />
einer Verbesserung, einer Erleichterung<br />
führt. Die zu einem neuen Bewusstsein<br />
führt. Es ist dieser vielleicht alter, vielleicht<br />
auch alterslose Weise, der ein Wissen hat,<br />
das er gut anwenden kann – das er anderen<br />
aber nicht aufs Auge drückt. Schließlich<br />
lässt sich keiner von uns gern belehren. Der<br />
weiße Schimpanse bringt sie vielmehr<br />
durch Gespräche dazu, selbst zu sehen,<br />
selbst zu gehen, selbst zu fühlen. Das ist das<br />
Einzige, was auch uns Menschen weiterbringen<br />
kann.<br />
Die zentrale Frage, die der weiße Schimpanse<br />
stellt und die Sie dem Buch auch<br />
als Titel vorangestellt haben, ist „Na<br />
und?“ – als Reaktion auf das Leid, das<br />
die Schimpansen ihm schildern und das<br />
doch eigentlich gerächt werden müsste.<br />
Was bedeutet dieses „Na und?“?<br />
Thomas Brezina: Die Versuchung ist für<br />
uns alle immer sehr groß, irgendwo hängen<br />
zu bleiben – im Zorn, im Schrecken, in der<br />
Sehnsucht nach Rache. Nur: Das alles ist geschehen.<br />
Das Buch ist kein Buch über das<br />
Rechtssystem, über das, was richtig ist nach<br />
dem Tierschutzgesetz oder nicht. Es geht<br />
um die Persönlichkeiten der Schimpansen<br />
und was das Erlebte mit ihnen gemacht hat.<br />
Ich kann an der Wut über etwas, das nicht<br />
mehr rückgängig gemacht werden kann,<br />
festhalten. Es ist passiert, aber es ist vorbei.<br />
Und jetzt heißt dieses „Na und?“: „Ja, aber<br />
jetzt hör auf, daran festzuhalten.“ „Na und?“<br />
heißt: „Jetzt schau dich selbst an, jetzt geht<br />
es um DICH!“ An jemandem anderen Rache<br />
zu üben, wird nie die eigene Betroffenheit,<br />
das eigene Trauma lösen. Das kann ich nur<br />
lösen durch die Kraft der Vergebung. Indem<br />
ich es loslasse. Das heißt nicht, dass das, was<br />
geschehen ist, deswegen gut oder entschuldbar<br />
ist. Aber ich persönlich hafte<br />
nicht mehr dort an. Vergebung ist etwas,<br />
das man für sich selbst tut.<br />
Das führt im Falle der Schimpansen<br />
dazu, dass sie sich aus ihrem inneren<br />
Käfig aus Ängsten und Traumata befreien<br />
und über sich hinauswachsen …<br />
Thomas Brezina: Es gibt die Ebene der<br />
MEHR FREIHEIT WAGEN<br />
Als <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> im Jahr 2009<br />
das Affen Refugium in Gänserndorf<br />
bei Wien übernahm, gab es noch<br />
keine Außenanlagen. Die rund<br />
2000 Quadratmeter großen<br />
Freigehege kamen 2011 dazu,<br />
weitere Spezial-Freiflächen 2012.<br />
Schimpansen, die in diesem großen Projekt<br />
auf höchst – nicht nur einfühlsame Art und<br />
Weise –, sondern auch auf einer sehr hohen<br />
verhaltenspsychologischen Ebene ein neues<br />
<strong>Leben</strong> bekommen haben. Man hilft ihnen<br />
ein bisschen dabei, davon wegzukommen,<br />
was war, und führt sie wieder dorthin,<br />
wo ihr <strong>Leben</strong> wirklich ist. Was wirklich ihrer<br />
Struktur, ihrer Persönlichkeit entspricht.<br />
Was ihnen als Tiere entspricht. Im Buch sagen<br />
die Schimpansen: „Lass uns vergessen.“<br />
Aber wir können nicht alles vergessen. Was<br />
wir aber sehr wohl können, ist loszulassen.<br />
Das, was im letzten Kapitel geschildert wird,<br />
wenn die Pflegerin sagt: „Irgendwie sind sie<br />
ein bisschen verändert“, bedeutet: Ihr <strong>Leben</strong><br />
geht weiter. Aber mit mehr Freude. Die Verankerungen<br />
in die Vergangenheit sind<br />
deutlich gelockert worden. Sie werden nie<br />
ganz gelöst werden, das geht auch bei uns<br />
Menschen nicht. Aber es ist ein leichteres<br />
<strong>Leben</strong>. Ich werde nicht die ganze Zeit zurückgehalten,<br />
ich kann voranschreiten.<br />
Fällt es Ihnen als Schriftsteller leichter,<br />
große Themen des <strong>Leben</strong>s fabelartig<br />
aus der Sicht der Tiere zu erzählen?<br />
Thomas Brezina: Das Wichtige ist, nicht zu<br />
belehren, sondern zu berühren. Keiner von<br />
uns will belehrt werden. Aber wenn wir berührt<br />
werden auf eine Art und Weise – wenn<br />
wir etwas mitfühlen, etwas empfinden können,<br />
dann erfolgt eine vollkommen andere<br />
Art von Verständnis, von Blickänderung. In<br />
diesem Fall war die Geschichte der Schimpansen<br />
so großartig, um dieses Thema auch<br />
so zu erzählen. Weil man mit ihnen fühlen<br />
kann. Weil man sagt: „Na, die hätten wirklich<br />
allen Grund dazu, Rache zu wollen.“ Aber<br />
dann das Umdenken: Und was ändert’s? An<br />
der Vergangenheit? An meiner Position<br />
heute? Nichts. Was also kann ein Weg sein?<br />
Ich glaube, es so zu erzählen, ist für viele<br />
wesentlich einfacher nachzuempfinden.<br />
Es löst etwas aus. Und<br />
alles, was Emotionen auslöst,<br />
löst auch mehr im Denken aus.<br />
ARGLOSER BLICK<br />
INS LEBEN<br />
Auch die Vorgeschichte<br />
der Schimpansen zeigt<br />
das Buch: Einer Kindheit<br />
in Freiheit und der Geborgenheit<br />
der Familie<br />
werden die Jungtiere<br />
brutal entrissen und über<br />
Jahrzehnte gefangen<br />
gehalten und gequält.<br />
Dieser Gedanke zur Vergebung lässt<br />
sich im Grunde auf alle geretteten Tiere<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> anwenden, die einst<br />
durch schlimme Zeiten gegangen sind.<br />
Thomas Brezina: Ja, bei <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> wissen<br />
wir, welches Schicksal viele dieser Tiere<br />
erwartet hätte. Und dass sie dort die Achtung<br />
und den Respekt finden, den sie verdienen.<br />
Dass ihnen das, was ihnen gegeben<br />
wird, mit hoher Professionalität und, wissen<br />
Sie, auch mit Stil gegeben wird. Das passiert<br />
nicht irgendwo im hintersten Eck – sondern<br />
diese Tiere stehen im Vordergrund! Diese<br />
Achtung ist das, was meiner Meinung nach<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> von Anfang an auszeichnet.<br />
BUCHTIPP:<br />
Thomas Brezina:<br />
„Na und, sagte der<br />
weiße Schimpanse“,<br />
Verlag joppy,<br />
gebundene Ausgabe,<br />
112 Seiten, 22,00 €.<br />
GUT AIDERBICHL<br />
HINTERGRUND<br />
Erfolgreiche<br />
kreative<br />
Zusammenarbeit<br />
➤ Sonja Klima,<br />
Global Communication<br />
Managerin<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>,<br />
arbeitete<br />
bereits eng und<br />
erfolgreich mit<br />
dem Schriftsteller<br />
Thomas Brezina zusammen: Mit<br />
„Der Zauberlipizzaner“ erschien<br />
2021 ein Kinderbuch, das von den<br />
Pferden der Spanischen Hofreitschule<br />
in Wien inspiriert war,<br />
deren Geschäftsführerin Sonja<br />
Klima damals war. Nach dem<br />
großen Erfolg dieses Buches entstand<br />
die Idee, auch etwas über<br />
die Schimpansen in Gänserndorf<br />
zu schreiben. „Auch wenn die<br />
Ausgangssituationen der Geschichten<br />
sehr unterschiedlich<br />
sind“, erzählt Sonja Klima, „bei ,Der<br />
Zauberlipizzaner‘ geht es um den<br />
braven Hengst Maestoso, die<br />
Geschichte der Schimpansen in<br />
Gänserndorf ist die einer 30-jährigen<br />
Gefangenschaft – eine der<br />
traurigsten Geschichten, die ich<br />
kenne.“ Zugleich sei es aber auch<br />
die Geschichte über all das, was<br />
die Schimpansen im Zuge der<br />
Laborversuche für die Menschen<br />
getan haben – und unsere Verpflichtung,<br />
ihnen für all diese<br />
Jahre der Entbehrungen etwas<br />
zurückzugeben. „Wir hoffen, dass<br />
durch dieses Buch, das auch über<br />
den deutschsprachigen Raum<br />
hinaus erscheint, sehr viel bewegt<br />
wird“, betont Sonja Klima. „Thomas<br />
Brezina ist für mich einer der<br />
größten und tollsten österreichischen<br />
Kultautoren. Ich bin mir<br />
sicher, dass auch das Buch über<br />
die Schimpansen des <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Affen Refugiums ein<br />
großer Erfolg wird.“<br />
Auch<br />
erhältlich im<br />
GUT<br />
AIDERBICHL-<br />
64<br />
SHOP<br />
65
Kärnten<br />
GUTER INSTINKT<br />
Hatte Hermina vielleicht schon einmal<br />
erlebt, dass eine Kuh tagelang nach<br />
ihrem Kalb schrie? Instinktiv brachte<br />
sie sich und ihr ungeborenes<br />
Kalb in Sicherheit.<br />
Kälber<br />
wachsen meist<br />
als Waisen auf.<br />
Das wollte<br />
Hermina<br />
ihrem Kind<br />
ersparen<br />
und wagte<br />
einen mutigen<br />
Sprung …<br />
Mehr Infos zu<br />
Hermina und<br />
Glücka<br />
Ausgelassen tobt das<br />
Kälbchen Glücka durchs<br />
Stroh. Im Stall ist es kuschelig<br />
warm, und die<br />
Nähe seiner Mama Hermina<br />
schenkt Glücka<br />
tiefe Geborgenheit. Es scheint, als wüssten<br />
beide Tiere, dass sie an diesem Ort in Sicherheit<br />
sind, weil auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> alle Wesen<br />
ohne Angst leben dürfen. Dass sie heute<br />
hier sein können, haben sie Herminas großem<br />
Mut zu verdanken. War es nur eine<br />
Laune des Moments oder tiefere Weisheit,<br />
die an jenem Morgen die Kuh Hermina leitete?<br />
Die Holstein-Friesin graste wie jeden<br />
Tag auf ihrer Weide unweit von Micheldorf<br />
in Kärnten. Nebenan – auf der anderen Seite<br />
des Zauns – ging die Rinderherde von<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> der gleichen Beschäftigung<br />
nach. Doch an diesem Morgen traf Hermina<br />
eine Entscheidung, die ihr <strong>Leben</strong> für immer<br />
verändern würde. Beherzt nahm sie Anlauf<br />
und durchbrach den Zaun. Im nächsten Augenblick<br />
war sie von den <strong>Aiderbichl</strong>er Rindern<br />
umringt. Weil man sich ja schon als<br />
Nachbarn kannte, nahmen die <strong>Aiderbichl</strong>er<br />
Hermina sofort in ihrer Mitte auf – und offenbar<br />
war es genau das, was sich Hermina<br />
gewünscht hatte. Als der <strong>Gut</strong>sverwalter<br />
Markus Leitner den Zuwachs bemerkte, rief<br />
er den benachbarten Landwirt an. Der kam<br />
mit seinem Viehtransporter, um Hermina<br />
wieder in den heimischen Stall zu holen.<br />
Doch da hatte er die Rechnung ohne die<br />
willensstarke Kuhdame gemacht. Sie wollte<br />
unbedingt bleiben und sträubte sich mit<br />
allen vier Hufen. Zwei Versuche, sie auf den<br />
Hänger zu lotsen, scheiterten. Da hatte der<br />
Bauer ein Einsehen: „Scheint so, als wolle sie<br />
unbedingt bei euch bleiben“, sagte er.<br />
Schnell wurde man sich einig, dass die geflüchtete<br />
Hermina tatsächlich bei ihrer<br />
„Wunschfamilie“ bleiben durfte. Dann wurde<br />
klar, dass Hermina nicht allein gekommen<br />
war: Sie war trächtig. Hatte sie geahnt,<br />
dass ihr und ihrem Kalb ein ungutes Schicksal<br />
erwartet, wäre sie auf dem Hof geb<strong>lieben</strong>?<br />
Hatte sie vielleicht gespürt, dass ihre<br />
Flucht nach <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> ihnen beiden<br />
das <strong>Leben</strong> retten würde?<br />
Über die Weisheit der Tiere lässt sich trefflich<br />
streiten. Aber Geschichten wie die von<br />
Hermina und Glücka legen uns nahe, dass<br />
Tiere sehr viel mehr erspüren und über ein<br />
tieferes Verständnis verfügen, als allgemein<br />
angenommen wird. Die kleine Glücka kam<br />
in einer verschneiten Dezembernacht kurz<br />
vor Weihnachten zur Welt. Das Kälbchen<br />
durfte natürlich bei seiner Mama bleiben,<br />
die sich liebevoll um ihren Nachwuchs<br />
kümmert. Auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> werden<br />
Mutter und Kind bestens versorgt und haben<br />
nun ein langes und friedliches <strong>Leben</strong><br />
vor sich.<br />
Zu zweit<br />
UNTER MAMAS SCHUTZ<br />
Das <strong>Leben</strong> der kleinen Glücka wird im<br />
Moment von zwei Bedürfnissen bestimmt:<br />
Sie hat ständig Hunger. Und sie<br />
möchte ganz viel spielen und kuscheln.<br />
in Sicherheit<br />
In Milchbetrieben werden Kalb und Kuh nach der Geburt getrennt.<br />
Ahnte Hermina das? Die trächtige Kuh durchbrach einen<br />
Weidezaun und flüchtete in eine Herde von <strong>Aiderbichl</strong>er Rindern.<br />
Sie durfte bleiben – gemeinsam mit ihrem Kind<br />
66 67
Tiervorsorge<br />
IM NEUEN ZUHAUSE<br />
Im gemütlichen Heim von Evelyn Harms<br />
holt sich Lilly erste Streicheleinheiten<br />
vom neuen Frauchen. Mit Bianca Pöckl<br />
von der Tierrettungsstation von<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> spricht Frau Harms<br />
über Lillys Eingewöhnung.<br />
Altern ist<br />
keine Krankheit<br />
Und somit auch kein Grund, warum ein tierlieber Mensch auf einen treuen<br />
Gefährten verzichten sollte. Wie wichtig es ist, dabei für den Ernstfall<br />
vorzusorgen, erklärt <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Förderin Evelyn Harms.<br />
Die 94-Jährige nahm kürzlich die gerettete Katze Lilly bei sich auf<br />
– und beide könnten kaum glücklicher sein …<br />
Es ist keine Frage: Tiere<br />
bereichern ein Menschenleben<br />
immens.<br />
Und gehen Mensch und<br />
Tier eine besonders<br />
lange Zeit gemeinsam<br />
durchs <strong>Leben</strong>, wissen sie<br />
bald genau, was der<br />
andere denkt, was ihn gerade bewegt. Es ist<br />
eine tiefe Liebe, die keiner Worte bedarf, die<br />
nichts hinterfragt – und die doch alles versteht.<br />
Und je mehr Zeit dieser Liebe geschenkt<br />
wird, desto schwerer fällt es loszulassen.<br />
Diese schmerzvolle Erfahrung<br />
musste Evelyn Harms, die große Förderin<br />
und Freundin von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>, kurz nach<br />
Weihnachten machen: Ihr geliebter Kater<br />
Bartie war gestorben. Der weiß-schwarze<br />
Kater, der seinen Namen einem lustigen<br />
Fleck am Kinn verdankte, war 22 Jahre alt<br />
geworden – ein wahrhaft stolzes Alter für<br />
eine Katze. Was jedoch nicht heißt, dass<br />
Evelyn Harms seinen Verlust leichter verwinden<br />
konnte. Im Gegenteil: Frauchen<br />
und Kater hatte das <strong>Leben</strong> eng miteinander<br />
verbunden. „Es war ja ein Segen, dass Bartie<br />
es so weit geschafft hatte. Das sagte mir zumindest<br />
mein Verstand, aber mein Herz<br />
sagte etwas ganz anderes.“<br />
Ihr guter Freund, <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Stiftungsvorstand<br />
Dieter Ehrengruber, bietet ihr<br />
sofort an: „Wenn du willst, kannst du gleich<br />
wieder eine Katze haben.“ Aber das wäre<br />
dann ja schon ihre 20. Katze! 19 Fellnasen,<br />
jede mit ihrem ganz eigenen Charakter,<br />
sind bis dahin auf leisen Pfoten durch<br />
Evelyn Harms’ <strong>Leben</strong> – und für immer unvergessen<br />
in ihr Herz – geschlichen.<br />
Evelyn Harms braucht Zeit, um Abschied<br />
von Bartie zu nehmen. Doch bald fühlt sie<br />
sich einsam in ihrem großen Haus. „Ich hatte<br />
kein Ansprech-Lebewesen mehr: Es war<br />
keiner da zum Schmusen, zum Begrüßtwerden<br />
oder zum <strong>Gut</strong>e-Nacht-Sagen. Ich<br />
war es immer gewohnt, mich um die Tiere<br />
zu kümmern. Man wächst und reift daran.“<br />
Schließlich fühlt sich die 94-Jährige bereit,<br />
Dieter Ehrengrubers Angebot anzunehmen<br />
und eine gerettete Katze von <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> anzunehmen. „Wenn möglich“,<br />
so ihre Bitte, „eine Wohnungskatze und<br />
keine ganz junge Katze, die noch erzogen<br />
werden muss. Und, wenn es geht, keine<br />
schwarz-weiße Katze.“ Denn diese Fellfarben<br />
würden die Katzenfreundin zu sehr an<br />
ihren Liebling Bartie erinnern. „Ich habe<br />
eine für dich“, kündigte Dieter Ehrengruber<br />
an, „lass dich überraschen, wir kommen<br />
bald vorbei und bringen sie.“ So kommt<br />
Anfang <strong>2024</strong> Lilly in Evelyn Harms’ <strong>Leben</strong>.<br />
68 69
„Wer Tiere liebt und<br />
bei guter Gesundheit<br />
ist, sollte in jedem<br />
Alter ein Tier halten<br />
dürfen.“<br />
Evelyn Harms ist glücklich, mit Lilly eine neue, liebe<br />
Hausgefährtin bei sich zu haben.<br />
HAST DU SCHWARZE AUGEN?<br />
Das dachte Evelyn Harms, als sie Lilly zum<br />
ersten Mal sah. Damals war die Katze noch sehr<br />
verängstigt und schaute ihr neues Frauchen durch<br />
große schwarze Pupillen an. Tatsächlich aber<br />
strahlen Lillys Augen leuchtend grün – ein schöner<br />
Kon trast zum glänzenden, dunklen Fell.<br />
Lilly ist eine Schildpattkatze. Ihr Fell ist<br />
glänzend schwarz-rotbraun, das einzig<br />
Helle an Lilly sind die leuchtend grünen<br />
Augen. Durch sie blickt die etwa sechsjährige<br />
Katze auf eine Welt, die nicht immer<br />
gut mit ihr umgegangen ist. Zuletzt – wie<br />
lange genau, weiß niemand zu sagen –<br />
lebte Lilly als eine von 59 Katzen in einem<br />
Zimmer. Ein Mensch hat aus falsch verstandener<br />
Tierliebe, Unwissen, Nachlässigkeit,<br />
Überforderung oder einer Mischung aus allem<br />
derart viele Katzen bei sich auf engstem<br />
Raum gehortet. Erst die Tierretter von <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> konnten die Katzen aus ihrer<br />
Not befreien. „Als Lilly zu mir gebracht wurde,<br />
wollten wir ihre Ankunft eigentlich filmen“,<br />
erinnert sich Evelyn Harms, „aber das<br />
ging mit ihr überhaupt nicht: Sie gebärdete<br />
sich wie wild, war total verunsichert<br />
nach der langen Reise und den vielen unbekannten<br />
Menschen um sie herum. Wir<br />
haben sie mit ihrem Körbchen ins Bad gestellt<br />
und ein paar Stunden in Ruhe gelassen.<br />
Über Nacht habe ich die Schlafzimmertür<br />
aufgelassen – und dann kam sie zu<br />
mir ins Bett. Das ist ein großer Vertrauensbeweis.“<br />
Nach und nach nähern sich<br />
Evelyn Harms und die traumatisierte Lilly<br />
einander an: „Ich rede ganz normal mit ihr,<br />
mit einer tiefen, ruhigen Stimme, das beruhigt<br />
sie. Es ist, als würde sie alles, was<br />
ich sage, verstehen.“ Lilly merkt, dass ihr<br />
neues Frauchen es nur gut mit ihr meint,<br />
und die Katze, die so viel Leid erfahren<br />
hat, nun endlich in ihrem wahren Zuhause<br />
angekommen ist.<br />
Liebevolles Verhalten, umsichtige Pflege,<br />
aufmerksame Sorge einem anderen Lebewesen<br />
gegenüber sind keine Frage des<br />
Alters. Häufig aber vermitteln Tierheime<br />
älteren Menschen keine<br />
Tiere mehr, gerade wenn<br />
diese noch jung und leb-<br />
„Wir geben<br />
einander<br />
unsere<br />
Liebe – und<br />
nehmen sie<br />
auch an.“<br />
haft sind und den Halter<br />
überfordern könnten.<br />
Auch wird befürchtet, dass<br />
das Tier nach kurzer Zeit<br />
wieder zurückgegeben<br />
wird, wenn der ältere Halter<br />
erkrankt oder gar verstirbt.<br />
Evelyn Harms hat<br />
dazu eine klare Meinung:<br />
„Ich bin 94 Jahre alt, es<br />
geht mir noch sehr gut und ich kann noch<br />
alles machen. Wer Tiere liebt und wenn es<br />
dem Menschen noch gut geht, dann sollte<br />
er in jedem Alter noch die Möglichkeit<br />
haben, ein Tier zu bekommen.“<br />
Was sie älteren Tierhaltern jedoch dringend<br />
rät: „Es muss eine Möglichkeit geben,<br />
dass jemand Zugang zur Wohnung<br />
oder zum Haus bekommt und das Tier<br />
versorgt, wenn man selbst einmal krank<br />
ist und sich nicht kümmern kann. Diese<br />
Person sollte ein Gefühl für Tiere haben<br />
und in der Lage sein, das Tier in einen<br />
Transportkorb zu setzen und, wenn nötig,<br />
damit zum Tierarzt zu fahren.“ Und wenn<br />
die Pflege für das Tier durch Krankheit<br />
oder gar Tod des Halters unmöglich wird?<br />
Mit der Tiervorsorge hat <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
ein Angebot geschaffen, das die Lieblinge<br />
älterer Halter absichert, sollten Frauchen<br />
oder Herrchen sich nicht mehr um sie<br />
kümmern können. Auch Evelyn Harms hat<br />
diese Tiervorsorge für alle ihre Katzen –<br />
und nun auch für Lilly – abgeschlossen.<br />
Die <strong>Aiderbichl</strong> Tiervorsorge garantiert die<br />
professionelle Versorgung des Tieres bis<br />
zu seinem natürlichen <strong>Leben</strong>sende nach<br />
den Maßgaben des Frauchens oder Herrchens<br />
auf einem der Höfe von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>.<br />
„Diesen Versorgungspass muss ich<br />
noch für Lilly ausfüllen und ihn an Holde<br />
Sudenn von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> schicken“,<br />
sagt Evelyn Harms. Jeder Tiervorsorgenehmer<br />
erhält zudem ein Schild im<br />
DIN-A4-Format mit drei ständig erreichbaren<br />
Notfallnummern, die angerufen<br />
werden können, sobald etwas passiert.<br />
Neben dem Namen des Tierbesitzers<br />
steht auf der Karte, dass das jeweilige Tier<br />
unter dem Schutz von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
steht, keinesfalls in ein Heim gebracht<br />
werden darf und binnen 24 Stunden von<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> abgeholt wird. Bei Evelyn<br />
Harms hängen mehrere<br />
dieser Schilder gut sichtbar<br />
im Haus, damit im<br />
Ernstfall sofort für Lilly gesorgt<br />
werden kann.<br />
Doch bis es einmal so weit<br />
ist, genießen Frauchen<br />
und Katze jede gemeinsame<br />
Minute. Und Evelyn<br />
Harms lernt aus Lillys Verhalten<br />
eine Menge über<br />
deren früheres <strong>Leben</strong>. „Sie<br />
muss irgendwann in einem<br />
liebevollen Haushalt gelebt haben,<br />
weil sie auf liebevolle Dinge und auf Sprechen<br />
reagiert“, vermutet sie. Zudem vertilgt<br />
die große und kräftige Katze buchstäblich<br />
Berge an Futter. Vielleicht auch,<br />
weil die Katze, die lange mit so vielen<br />
anderen Artgenossinnen unter so schlimmen<br />
Umständen hat leben müssen, allzu<br />
oft um ihr Futter hat kämpfen müssen?<br />
Dass sie sehr wohl einmal in einem normalen<br />
Haushalt gelebt haben muss, erkennt<br />
Evelyn Harms auch in Lillys Reaktionen:<br />
„Wenn sie hört: ,Komm rauf ins<br />
Bettchen‘, dann nimmt sie die Treppe<br />
nach oben. Und wenn ich morgens und<br />
abends zum Bürsten sage: ,Komm, fein<br />
machen‘, dann kommt sie – und es geht<br />
ihr gut. Wir geben einander unsere Liebe<br />
– und nehmen sie auch an.“ Das, so bekennt<br />
die erfahrene Katzenfreundin,<br />
habe sie bei ihren 19 vorherigen Katzen<br />
in dieser Innigkeit<br />
noch nie erlebt. Das<br />
erfährt sie nur mit<br />
Lilly. Und bei diesem<br />
Gedanken<br />
leuchten Evelyn<br />
Harms‘ Augen vor<br />
Glück.<br />
Infos zur<br />
Tiervorsorge<br />
Bitte kontaktieren Sie uns, wenn<br />
Sie Fragen zur Tiervorsorge haben.<br />
Sollten Sie eine unserer gemeinnützigen<br />
Stiftungen testamentarisch<br />
bedenken wollen, beraten<br />
wir Sie gern.<br />
KONTAKTIEREN SIE<br />
FRAU HOLDE SUDENN<br />
UND IHR TEAM:<br />
Hotline:<br />
0800 / 56 76 373<br />
(kostenlos aus Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz ohne<br />
zusätzliche<br />
Ländervorwahl erreichbar)<br />
E-Mail:<br />
stiftung@gut-aiderbichl.com<br />
AUS LIEBE ZUM TIER<br />
Holde Sudenn ist die Stiftungskoordinatorin<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> und<br />
beantwortet alle Fragen rund um die<br />
Tiervorsorge mit Geduld,<br />
Fachwissen und einer Menge<br />
Einfühlungsvermögen.<br />
70 31
Tierwissen<br />
Gans im<br />
Glück<br />
Gänse sind hochintelligente Tiere, die Einsamkeit nicht überleben<br />
und bedingungslos <strong>lieben</strong>. Auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> leben viele<br />
der stolzen Wasservögel, die von Menschen häufig sträflich<br />
unterschätzt und leider immer noch brutal ausgebeutet werden<br />
Tweety<br />
ENDLICH FREUNDE<br />
GEFUNDEN<br />
Tweetys Start ins <strong>Leben</strong> begann<br />
so gar nicht Gans-gerecht:<br />
In einer Brutmaschine<br />
kam sie zusammen mit<br />
Laufenten zur Welt. Diese<br />
beiden Arten kann man von<br />
klein auf jedoch nicht sozialisieren:<br />
Die Gans braucht<br />
die Gans. Ihresgleichen<br />
fand Tweety schließlich in<br />
der fröhlichen Gänseschar<br />
Mehr Infos zu auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Kärnten.<br />
Tweety<br />
72 73
„Weshalb man die Gänse<br />
als dumm verschrien hat,<br />
ist schwer zu sagen, da jede<br />
Beobachtung das Gegenteil<br />
lehrt.“ Zoologe Alfred Brehm<br />
PARADIES FÜRS FEDERVIEH<br />
Die idyllische Grünanlage auf dem Koglerhof<br />
in Micheldorf in Kärnten hat alles, was Vögel<br />
sich nur wünschen können: Enten, Gänse,<br />
Schwäne leben hier einträchtig mit Hühnern.<br />
Was den meisten<br />
Menschen, wenn<br />
sie nicht gerade<br />
Experten sind,<br />
zum Thema „Gänse“<br />
einfällt, sind<br />
meist drei Dinge: 1. Sie sind häufig weiß und<br />
schnattern lautstark. 2. Wenn sie schlecht<br />
gelaunt sind, fauchen sie einen auch schon<br />
einmal an. 3. Sie leben meist auf Bauernhöfen<br />
und an Weihnachten oder am Martinstag<br />
finden sie sich häufig auf dem Teller<br />
wieder. Vielleicht denken einige noch an die<br />
Wildgänse, mit denen der kleine Nils<br />
Holgersson in der Zeichentrickserie gereist<br />
ist. Oder gar – aber das ist nun wirklich fast<br />
schon Expertenniveau – an den Wiener Verhaltensforscher<br />
Konrad Lorenz, der vor allem<br />
mithilfe seiner Graugans Martina viel<br />
über das Prägungsverhalten dieser hochsozialen<br />
Vögel herausgefunden hat: Junggänse<br />
werden auf das geprägt, was sie<br />
gleich nach dem Schlüpfen sehen. Im Normalfall<br />
ist das die eigene Mutter – häufig<br />
aber sind es auch Menschen, die kleine<br />
Gänse aufziehen und auf die sich die Tiere<br />
fokussieren.<br />
Auch aus der bunten Tierwelt der allermeisten<br />
Heimat- und Begegnungshöfe<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> sind Gänse kaum wegzudenken.<br />
Wenn sie sich nicht gerade am<br />
Teich entspannen oder genüsslich Grünzeug<br />
zupfen, eilen sie gerne geschäftig im<br />
gefiederten Pulk über die Wege, schnattern<br />
munter miteinander oder heften sich<br />
interessiert an die Fersen der Menschen.<br />
Doch bringt jede einzelne Gans auch ihre<br />
sehr persönliche, individuelle Geschichte<br />
mit, die sie in die Obhut von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
geführt hat.<br />
Bei ihren Besucherführungen auf <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Henndorf leistet Gisela<br />
Pschenitschnig nicht selten grundsätzliche<br />
Aufklärungsarbeit über diese bemerkenswerten<br />
Federviecher. Punkt eins: Gänse<br />
sind Wasservögel: „Sie brauchen, wenn<br />
man sie hält, mindestens einen kleinen<br />
Teich oder ein großes Wasserbecken und<br />
viel Auslauf.“ Auch bleiben Gänse ein <strong>Leben</strong><br />
lang einem einzigen Partner treu. „Das<br />
erleben wir auch auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> immer<br />
wieder: Verliert eine Gans ihren Partner,<br />
geht sie vielleicht wieder eine neue Partnerschaft<br />
ein – die wird aber niemals so<br />
innig wie die frühere“ So lebt auf <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Henndorf die Höckergans Kira,<br />
die ihren Partner Max vor fünf Jahren<br />
74 75
GUT AIDERBICHL<br />
WISSEN<br />
verloren hat. Nach diesem Verlust trauerte<br />
Kira sehr, schien ihren geliebten Ganter<br />
sogar noch eine Weile gesucht zu haben.<br />
Doch inzwischen ist sie stolze Anführerin<br />
einer fröhlichen Mädelsrunde aus Lockengänsen.<br />
Und fand zurück ins <strong>Leben</strong>.<br />
Einsamkeit ist tödlich für Gänse, die Einzelhaltung<br />
ist strikt verboten: Jede Gans muss<br />
mindestens eine Artgenossin um sich haben.<br />
Kommunikativ sind Gänse über alle<br />
Artengrenzen hinaus: „Gänse reden mit<br />
einem: Spricht man sie an, schnattern sie<br />
zurück.“ Und wenn sie böse fauchen und<br />
sich mit langen Hälsen vor ihr Gegenüber<br />
stellen? „Damit machen sie klar: ,Das ist<br />
mein Revier, bleib lieber weg!‘ Wenn Besucher<br />
Angst haben, sie könnten gebissen<br />
werden, sage ich: Einfach ignorieren und<br />
vorbeigehen.“ Wichtig auch: Gänse brauchen<br />
es akribisch sauber, sonst fangen sie<br />
sich schnell Krankheiten ein. Sie können<br />
bis zu 20 Jahre alt werden – und sind alles<br />
andere als dumm. „Sobald Max, Kiras<br />
„Gänse<br />
reden mit<br />
uns. Spricht<br />
man sie an,<br />
schnattern sie<br />
zurück.“<br />
RUHE, DER CHEF KOMMT!<br />
Dass Mensch und Gans eng verbunden sein<br />
können, beweist auch Benedikt Gruber,<br />
<strong>Gut</strong>sleiter von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf:<br />
Die Gänse Andreas (Foto, l.) und Michael<br />
fauchen normalerweise jeden an, der vorbeigeht.<br />
Nur beim <strong>Gut</strong>sleiter sind sie brav …<br />
verstorbener Freund, mich bei Führungen<br />
gehört hat, rannte er los, als wollte er fragen:<br />
,Wo ist sie denn?‘“, erinnert Gisela sich.<br />
Man sieht sie nämlich kaum, die kleinen<br />
Öhrchen, die sich seitlich am Kopf hinter<br />
den Federn befinden und denen fast<br />
nichts entgeht. Hatte er Gisela schließlich<br />
gefunden, war das Ritual immer dasselbe:<br />
Gisela musste Mäxchen hochheben, er<br />
schmiegte seinen Kopf an ihre Schulter<br />
und ließ sich streicheln. „Gänse können<br />
sich Menschen aussuchen, in die sie sich<br />
ver<strong>lieben</strong>“, weiß Gisela. Lag Max allerdings<br />
zu lange in Giselas Armen, fing Gattin Kira<br />
gleich höchst unwirsch zu schnattern an,<br />
als wolle sie sagen: „Pass mal auf, das ist<br />
meiner!“, und schlug dabei aufgeregt mit<br />
den Flügeln. Überhaupt: Fliegen. „Die Flugkünste<br />
der Gänse werden häufig unterschätzt:<br />
Denn sie können sehr wohl fliegen.<br />
Dennoch sagen viele Besucher, die<br />
Gänse auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> fliegen nicht<br />
weg, weil ihnen die Flügel gestutzt<br />
Mehr Infos zu<br />
Anton<br />
Anton<br />
wurden.“ Das aber stimmt nicht: Unsere<br />
Gänse haben keine gestutzten Flügel, sie<br />
könnten durchaus wegfliegen. „Sie sind ja<br />
nicht dumm. Sie wissen genau: Ich habe<br />
hier alles – meinen Auslauf, meine Gruppen,<br />
meinen geschützten geschlossenen<br />
Stall und das Futter, das ich brauche.“ Und<br />
so einen fünf bis acht Kilo schweren Körper<br />
in die Lüfte zu wuchten, erfordert eine<br />
Menge an Energie. Doch wenn das <strong>Leben</strong><br />
es nicht gut mit ihnen meint, unternehmen<br />
selbst Hausgänse einiges an Anstrengung,<br />
um ihrem Los zu entkommen.<br />
Auch wenn die Flucht, wie im Falle des<br />
Ganters Martin, in einem Feuerwehreinsatz<br />
endet. Wohl nachdem er von seinem<br />
Zuhause ausgebrochen war, steckte Martin<br />
im Rechen eines Baches fest und musste<br />
gerettet werden. Und da die örtlichen<br />
Tierheime mehrheitlich auf die Pflege von<br />
Hunden und Katzen, nicht aber von stolzen<br />
Gantern spezialisiert sind, fand er ein<br />
Heim auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Henndorf. Somit<br />
GROSSER FRAUENFREUND<br />
Zusammen mit seinem Artgenossen Gustav wurde die<br />
Cholmogory-Gans gemeinsam mit einigen Laufenten<br />
von einer tier<strong>lieben</strong> Dame gehalten. Aus gesundheitlichen<br />
Gründen gab sie die Vögel schweren Herzens<br />
ab. Auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Kärnten freut sich Anton, der<br />
seinem Frauchen sehr verbunden war, besonders,<br />
wenn Pfleger:innen das Vogel-Gehege betreten.<br />
Gustav dagegen hält sich lieber an die Laufenten.<br />
hat der mutige Martin alles auf eine Karte<br />
gesetzt – und damit endlich ein schönes<br />
Für-Immer-Zuhause gefunden. Von der<br />
Gans, die antiken Zeugnissen zufolge<br />
sogar schon im Alten Ägypten ein Hausund<br />
Schoßtier war, kann der Mensch eine<br />
Menge lernen. Wichtig für Gisela<br />
Pschenitschnig ist die scharfe Beobachtungsgabe<br />
dieser Vögel: „Ihr Motto ist: Ich<br />
lasse mich erst aus der Ruhe bringen,<br />
wenn du zu sehr in meinen Bereich eindringst.<br />
Vorher aber beobachte ich dich<br />
ganz genau und schätze die Situation ein,<br />
bevor ich mir Gehör verschaffe.“<br />
Auch die Genügsamkeit der ja durchaus<br />
großen Tiere überrascht: Ein bisschen Gras,<br />
ein paar Würmer, Käfer und Salatblätter<br />
und sie ist glücklich. „Eine Gans ist für mich<br />
ein hochsozialisiertes, <strong>lieben</strong>swertes<br />
Lebewesen“, schwärmt Gisela, „Aber diese<br />
bedingungslose Liebe bis zum Tod und<br />
darüber hinaus ist das, was an diesen<br />
Tieren am meisten beeindruckt.“<br />
Die Qual hinter<br />
Gänsestopfleber<br />
➤ Gisela Pschenitschnig wird das<br />
Herz immer besonders schwer,<br />
wenn der 11.11., der Martinstag,<br />
naht – und die Nachfrage nach<br />
Gänsen wie auch nach Gänsestopfleber<br />
steigt. Viele Restaurants<br />
bieten in dieser Zeit sogar eine<br />
eigene Gänse-Karte. Ein Ursprung<br />
dieses Brauchs könnte sein, dass<br />
der 11.11. im Mittelalter der Termin<br />
war, an dem Bauern ihren<br />
Lehnsherren die Pacht zahlen<br />
mussten und ihre Schulden häufig<br />
in Form von Naturalien – sprich<br />
Gänsen – beglichen. Viele der<br />
heute verzehrten Gänse kommen<br />
aus Mastbetrieben in Ungarn und<br />
Polen, wo weniger strenge Tierschutzrichtlinien<br />
als in Österreich<br />
und Deutschland herrschen.<br />
Selbst Stopfmast und <strong>Leben</strong>drupf<br />
sind dort erlaubt. „Gänsestopfen<br />
ist etwas Fürchterliches“, erklärt<br />
Gisela Pschenitschnig, „mit einem<br />
Trichter stopft man jedem Tier<br />
1000 Gramm Maisbrei in den<br />
Schlund – und das vier Mal am<br />
Tag. Das ist etwa so, als würde ein<br />
Mensch täglich sieben Kilogramm<br />
Spaghetti auf einmal hinunterwürgen.<br />
Bei den Gänsen schwillt<br />
durch diese Tortur die Leber an,<br />
drückt aufs Herz, auch alle anderen<br />
Organe vergrößern sich. Bevor<br />
sie geschlachtet werden, sind<br />
diese Tiere praktisch schon tot.“<br />
Gänse zu stopfen ist in Österreich<br />
und Deutschland zwar verboten,<br />
Import und Vertrieb dieser zweifelhaften<br />
Delikatesse sind jedoch<br />
legal. Eine Gans aus einer solchen<br />
Stopfmast fand auch auf <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> einen sicheren Hafen:<br />
Hilde lebte noch vier Jahre auf<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffeldorf, bis sie<br />
aller Pflege zum Trotz den<br />
schweren Leberproblemen und<br />
Organschäden, die sie von der<br />
Mast davongetragen hatte, erlag.<br />
76 77
liebt …<br />
ENDLICH WIEDER SONNE!<br />
Im <strong>Frühling</strong> und <strong>Sommer</strong> herrscht eine ganz besondere Atmosphäre<br />
auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>: Viele unserer geretteten Tiere zieht es aus<br />
ihren Ställen und Gehegen nach draußen (Foto: Tierpflegerin<br />
Eva Zach mit einigen Zackelschafen). Auch unsere großen und<br />
kleinen Besucher erwarten viele Attraktionen: Unser beliebtes<br />
Junior Team <strong>Sommer</strong>programm, schöne Picknick-Erlebnisse auf<br />
unseren Wiesen, spannende <strong>Gut</strong>sführungen und und und…<br />
BIGGY-EXPRESS<br />
Unser Biggy-Express führt Sie vorbei an<br />
unseren 7 Außenhöfen von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Henndorf. Die Fahrt dauert ca.<br />
30 Minuten, Tickets sind direkt beim<br />
Zugfahrer erhältlich. Abfahrt bei<br />
Schönwetter von Mai–September,<br />
jeweils um 11, 13, 15 Uhr. Tolle Alter<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
liebt …<br />
Unser<br />
Veranstaltungskalender<br />
W I R<br />
FREUEN<br />
UNS AUF<br />
IHREN<br />
BESUCH!<br />
GUT AIDERBICHL<br />
HENNDORF<br />
FÜHRUNGEN<br />
finden an den Öffnungstagen von<br />
10–17 Uhr jede Stunde statt (Dauer 30–40<br />
Minuten, im Eintrittspreis enthalten).<br />
Das wird ein schöner<br />
SOMMER!<br />
Es gibt wieder tolle Attraktionen auf unseren Höfen –<br />
das dürfen Sie nicht verpassen!<br />
PICKNICK<br />
Genießen Sie Ihre Leckereien auf<br />
unserer Picknickwiese. In unserer<br />
Gastronomie erhalten Sie verschiedene<br />
lecker gefüllte Picknickkörbe, u. a.<br />
mit selbst gemachten Aufstrichen,<br />
regionalen Spezialitäten. Bitte spätestens<br />
einen Tag im Voraus bestellen<br />
über: tourismus@gut-aiderbichl.com<br />
oder telefonisch unter 0800/5676373<br />
78 79
TIERISCHER<br />
SPASS<br />
FÜR GROSS UND KLEIN<br />
Auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> sind unsere<br />
Tierschützer von morgen genau<br />
richtig. Beim Kinderfest können<br />
sie nicht nur ausgelassen toben:<br />
Sie erleben unsere Tierwelt<br />
hautnah und erfahren dabei<br />
spielerisch Wissenswertes<br />
über Hege und Pflege.<br />
Unsere<br />
Angebote<br />
„TIERAPEUTEN“ ERLEBEN<br />
Beim Ponyführen können junge Besucher ganz nebenbei<br />
lernen, Verantwortung und Empathie zu entwickeln. Die enge<br />
Bindung zum Tier stärkt ihre sozialen Fähigkeiten und fördert<br />
die Persönlichkeitsentwicklung bereits im frühen Kindesalter.<br />
native: die Buchung der großen Tour<br />
mit max. 7 Personen (Dauer 2 Stunden<br />
an den Öffnungstagen). Bitte mit Voranmeldung:<br />
www.gut-aiderbichl.com/<br />
angebote/grosse-tour/<br />
KINDERGEBURTSTAG<br />
Sehr gern richten wir eine unvergessliche<br />
Feier aus – mit Tierfütterung, individueller<br />
Führung und natürlich einem<br />
schön gedeckten Geburtstagstisch.<br />
2 Varianten (2 oder 3 Stunden), für<br />
5–10 Kinder ab 6 Jahren. Buchung:<br />
www.gut-aiderbichl.com/angebote/<br />
kindergeburtstag/<br />
oder telefonisch unter 0800/5676373<br />
Dieses Angebot gilt natürlich<br />
auch für <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffeldorf und<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf!<br />
SAUGUT<br />
BEGEGNUNG<br />
MIT DEM<br />
BORSTENVIEH<br />
Kune-Kune-Schweine<br />
sind erstaunlich: Sie<br />
lernen nicht nur von<br />
ihren Artgenossen,<br />
sondern auch von uns.<br />
Begegnungen mit den<br />
Glücksschweinen tun<br />
außerdem der Seele<br />
gut. Auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
begegnen Besucher<br />
den Tieren haut- bzw.<br />
borstennah!<br />
TIERFÜTTERUNG<br />
Um 10:30 Uhr werden unsere Kune<br />
Kune-Schweine gefüttert. 13:30 Uhr:<br />
Fütterung Waschbär Paul (in den<br />
<strong>Sommer</strong>monaten).<br />
SCHNITZELJAGD FÜR KINDER<br />
Für Kinder verschiedener Altersstufen –<br />
gratis am Ticketverkauf erhältlich!<br />
TIER-SPAZIERGANG<br />
In den Ferien täglich um 14 Uhr.<br />
PONYPUTZ-STATION<br />
In den Ferien freuen sich unsere Ponys<br />
täglich zwischen 13 und 16 Uhr darauf,<br />
ordentlich gestriegelt zu werden!<br />
KATZENWOHNZIMMER<br />
In den Ferien von 11–11:30 Uhr und von<br />
15:30–16 Uhr freuen sich die Schmusetiger<br />
auf Streicheleinheiten.<br />
Unsere Angebote<br />
für Kinder<br />
KUSCHELN UND SCHMUSEN ERWÜNSCHT<br />
Im Katzenwohnzimmer steht die Tür in den Ferien offen<br />
für kleinen und großen Besuch! Als große Fans sanfter<br />
Berührungen freuen sich unsere Samtpfoten sehr über<br />
liebevolle Streicheleinheiten. Die verschmusten Tiere<br />
danken es stets mit ihrem wonnigen, tiefen Schnurren.<br />
JUNIOR-TIERPFLEGER-<br />
PROGRAMM<br />
In den Oster-, <strong>Sommer</strong>- und Winterferien<br />
bieten wir immer dienstags, donnerstags,<br />
samstags und sonntags von 11 bis 13 Uhr<br />
ein spannendes Ferienprogramm an.<br />
Kinder ab 6 Jahren haben die Möglichkeit,<br />
unseren geretteten Tieren ganz<br />
nahe zu kommen – beim Ställe-Ausmisten,<br />
Pony-Putzen oder bei der Fütterung.<br />
Bitte mit Buchung:<br />
www.gut-aiderbichl.com/angebote/<br />
junior-tierpfleger-programm/<br />
oder telefonisch unter 0800/5676373<br />
Dieses Angebot gilt natürlich<br />
auch für <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffeldorf und<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf!<br />
80 81
TAG DER<br />
OFFENEN TÜR<br />
TIERFREUDE HAUTNAH<br />
Das sonst für die Öffentlichkeit nicht zugängliche<br />
Affen Refugium Gänserndorf öffnet<br />
am 9. Juni <strong>2024</strong> seine Pforten. Dort haben<br />
viele ehemalige Labor-Schimpansen ihr Für-<br />
Immer-Zuhause gefunden. Besucher lernen<br />
zudem weitere gerettete Tiere wie Papageien<br />
und Ponys kennen. Der Eintritt ist kostenlos,<br />
über Spenden würden sich unsere Tiere<br />
aber sehr freuen.<br />
MY AIDERBICHL<br />
TIERWISSEN PER AUDIO GUIDE<br />
Woher kommen unsere Tiere, welches<br />
Schicksal haben sie? Das erfahren unsere<br />
Besucher jetzt ganz einfach in der App<br />
„My <strong>Aiderbichl</strong>“ (erhältlich im App Store<br />
und bei Google Play): An rund 30 Stationen<br />
erzählen<br />
lebende und<br />
verstorbene<br />
Tiere ihre eigene<br />
Geschichte.<br />
Die App ist<br />
aktuell für den<br />
Begegnungshof<br />
in Henndorf<br />
zu haben, im<br />
<strong>Sommer</strong> führt<br />
sie auch über<br />
die Höfe in<br />
Deggendorf<br />
und Iffeldorf.<br />
GUT AIDERBICHL<br />
IFFELDORF<br />
FÜHRUNGEN<br />
finden täglich um 11, 13 und 15 Uhr<br />
statt (Dauer 30–40 Minuten, im Eintrittspreis<br />
enthalten).<br />
PICKNICK<br />
Genießen Sie Ihre Leckereien auf<br />
unserer Picknickwiese. In unserer<br />
Gastronomie erhalten Sie verschiedene<br />
lecker gefüllte Picknickkörbe, u. a.<br />
mit selbst gemachten Aufstrichen,<br />
regionalen Spezialitäten.<br />
Bitte spätestens einen Tag im Voraus<br />
bestellen über:<br />
tourismus@gut-aiderbichl.com<br />
oder telefonisch unter 0800/5676373<br />
PONYPUTZ-STATION<br />
In den Ferien freuen sich unsere Ponys<br />
täglich zwischen 13 und 16 Uhr darauf,<br />
ordentlich gestriegelt zu werden!<br />
SCHNITZELJAGD FÜR KINDER<br />
Für Kinder verschiedener Altersstufen –<br />
gratis am Ticketverkauf erhältlich!<br />
ZÜRICH<br />
AUS WIEN:<br />
SCHWEIZ<br />
DEUTSCHLAND<br />
MÜNCHEN<br />
ANREISE ZUM TAG DER<br />
OFFENEN TÜR IN GÄNSERNDORF<br />
ÖSTERREICH<br />
Ein kostenloser<br />
Shuttleservice geht<br />
vom Wiener Hauptbahnhof<br />
aus nach<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Gänserndorf und<br />
zurück.<br />
Gänserndorf<br />
Kostenloser Shuttleservice vom Wiener Hauptbahnhof:<br />
ABFAHRTEN NACH GÄNSERNDORF: 09:00 Uhr und 11:00 Uhr<br />
RÜCKFAHRTEN NACH WIEN: 13:30 Uhr und 15:15 Uhr<br />
Anmeldung erforderlich: tourismus@gut-aiderbichl.com<br />
WELCHE ZUGVERBINDUNGEN PASSEN FÜR<br />
DIESEN TAG?<br />
Kontaktieren Sie unser Tourismus-Team unter<br />
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WIEN<br />
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HIP-HOP,<br />
REGGAE, FUNK<br />
Am 16. August <strong>2024</strong> ist<br />
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Musikszene<br />
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Henndorf zu Gast. Das<br />
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Jan Delay & Disko No. 1<br />
krönt den <strong>Sommer</strong> mit<br />
einem besonderen<br />
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Jan-Delay-Konzert<br />
GUT AIDERBICHL<br />
DEGGENDORF<br />
FÜHRUNGEN<br />
finden täglich um 11:30 Uhr und um<br />
14:30 Uhr statt (Dauer 30–40 Minuten,<br />
im Eintrittspreis enthalten).<br />
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Unsere Schmusetiger in der Katzenvilla<br />
freuen sich täglich zu den Öffnungszeiten<br />
zwischen 9 und 18 Uhr auf Besuch!<br />
82 83
Iffeldorf<br />
Auf dem<br />
Weg in ein<br />
<strong>Leben</strong> ohne<br />
Angst …<br />
Schwein gehabt<br />
Alfred darf als Glücksschweinchen auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Iffeldorf einziehen<br />
Mami, was passiert eigentlich<br />
mit dem Ferkelchen?“<br />
Es ist die<br />
spontane Frage eines<br />
Kindes, die dem kleinen<br />
Ferkel Alfred letztlich<br />
das <strong>Leben</strong> rettet. Das Mädchen ist mit<br />
seiner Familie unterwegs auf einem österreichischen<br />
Jahrmarkt. Es hat Popcorn genascht<br />
und ist Karussell gefahren – und nun<br />
steht es vor einem Verschlag, in dem ein<br />
verängstigtes Ferkel kauert. Viele Männer<br />
drängen sich um den Stand. Johlend versuchen<br />
sie, das Ferkelchen, das aus einem<br />
Mastbetrieb stammt und heute zum ersten<br />
Mal das Sonnenlicht sieht, zu schnappen.<br />
Sie wollen es an Schwanz und Ohren hochheben<br />
und das Gewicht schätzen. Während<br />
die Mutter noch überlegt, was sie antworten<br />
soll, verkündet der Besitzer des Tieres<br />
lautstark: „Das Viecherl wird am Sonntag<br />
geschlachtet. Wer sein Gewicht exakt errät,<br />
bekommt eine Schlachterplatte!“.<br />
Entsetzt stehen Mutter und Tochter daneben<br />
und beobachten, wie das Ferkel quiekend<br />
vor den Übergriffen flieht. „Es hat sich<br />
immer in die Ecken gedrückt und Schutz<br />
gesucht. Und es hatte schon Verletzungen<br />
an der Schnauze, war total ängstlich“, erinnert<br />
sich das Mädchen. „Da bin ich in Tränen<br />
ausgebrochen.“ Für die Familie steht nun<br />
fest: Das Schweinchen muss vor diesem<br />
grausamen Schicksal bewahrt werden.<br />
„Meine Tochter bot ihr ganzes erspartes<br />
Geld an, um es zu retten“, erzählt die Mutter.<br />
Bei dem Besitzer des Tieres erkundigt sie<br />
NASEWEISE<br />
BEGRÜSSUNG<br />
Schweine haben<br />
sogar mehr Riechzellen<br />
als ein Hund. Mit<br />
ihrem Rüssel machen<br />
sie sich so ein Geruchsbild<br />
von einer<br />
Person. Alfred sagt<br />
uns hier: „Ich kann<br />
dich gut riechen …“<br />
sich, für welche Summe er ihnen<br />
das Schweinchen überlassen würde.<br />
Er überlegt kurz und verlangt<br />
schließlich 100 Euro – eine Summe,<br />
die die Familie umgehend bezahlt.<br />
Nun sind sie glückliche Besitzer eines<br />
kleinen Ferkels, das sie Alfred<br />
taufen – und stehen vor einem Problem:<br />
„Ein Schwein wächst sehr schnell“, erklärt<br />
die Mutter. „Wir mussten also rasch einen<br />
Ort finden, an dem es unterkommen<br />
kann.“ Sofort kommt ihnen <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
in den Sinn, und noch am gleichen Tag<br />
schreiben sie an die Tierschutzgemeinschaft.<br />
„Es hat nicht lange gedauert, bis die<br />
erlösende Antwort kam. Wir durften Alfred<br />
nach <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffeldorf bringen. Da<br />
haben wir Luftsprünge gemacht!“ Als das<br />
Mehr Infos<br />
zu Alfred<br />
Tier in seinem neuen Zuhause ankommt,<br />
fremdelt es. Doch seine<br />
Pfleger:innen geben ihm viel Zeit,<br />
um in Ruhe anzukommen. Und seine<br />
Blessuren verheilen rasch. Einige<br />
Wochen später besucht die Familie<br />
das Tier in seinem neuen<br />
Umfeld. Es wirkt aufgeschlossen<br />
und fröhlich, ist zutraulich und lässt sich<br />
gern streicheln. Alfred hat zugenommen<br />
und ist ein gutes Stück gewachsen. Von<br />
Ängstlichkeit keine Spur. „Wir sind froh, dass<br />
wir uns damals dafür entschieden haben,<br />
ihn freizukaufen“, sagt die Mutter. Und ihre<br />
Tochter fügt hinzu: „Alfred ist jetzt an einem<br />
sicheren Ort, wo er bis an sein <strong>Leben</strong>sende<br />
leben darf. Er ist ein richtiges Glücksschwein.“<br />
84<br />
85
Tierschutz<br />
Thema<br />
Katzenkastration<br />
Gemeinsam stark<br />
gegen das Leid<br />
Ende <strong>2024</strong> läuft der Pachtvertrag für die <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-<br />
Tiervermittlungsstation in Krevinghausen aus – ein Zeitpunkt, der<br />
kaum kritischer sein könnte! Dank der immensen Unterstützung<br />
vieler <strong>Aiderbichl</strong>er:innen konnten wir nun die Mittel aufbringen, um<br />
die Anlage zu kaufen – und die rettende Arbeit geht weiter!<br />
Ende dieses Jahres läuft der<br />
Pachtvertrag für die <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Tiervermittlungsstation<br />
in Krevinghausen bei<br />
Osnabrück aus. Ein Zeitpunkt,<br />
der kaum dramatischer<br />
sein könnte, denn in den vergangenen<br />
Monaten offenbarte sich hier das<br />
wahre Ausmaß einer Katzen-Überpopulation,<br />
die kaum in den Griff zu bekommen ist.<br />
„Wir standen vor dem Aus“, sagt Anita Hartner,<br />
die Leiterin der Vermittlungsstation.<br />
„Nahezu täglich bekamen wir Anfragen, ob<br />
wir weitere Katzen, weitere Würfe aufnehmen<br />
können – und während wir verzweifelt<br />
versuchten, das Unmögliche möglich zu<br />
machen, tickte unerbittlich die Uhr.“<br />
Es brauchte ein Wunder – ein Wunder, das<br />
den Kauf der Anlage und des zugehörigen<br />
Rohbaus ermöglichte, in dem Platz für weitere<br />
200 Katzen geschaffen werden konnte.<br />
Nun ist dieses Wunder geschehen: Dank der<br />
immensen Unterstützung der <strong>Aiderbichl</strong>er:innen<br />
sind genug finanzielle Mittel zusammengekommen,<br />
um <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
den Kauf der Tiervermittlungsstation bei<br />
Osnabrück zu ermöglichen. Anita Hartner<br />
und ihr Team können die rettende Arbeit<br />
vor Ort fortführen! „Als wir die Nachricht erhielten,<br />
liefen mir die Tränen“, sagt Anita. „Es<br />
war wie eine Erlösung – einfach zu wissen,<br />
dass wir hier vor Ort weiterkämpfen dürfen<br />
für diese Tiere, die sich elendig selbst überlassen<br />
sind.“ Auf der Tiervermittlungsstation<br />
DAS WUNDER WURDE WAHR!<br />
Dank der Unterstützung vieler <strong>Aiderbichl</strong>er*innen<br />
konnten die finanziellen Mitteln aufgebracht werden,<br />
um die Anlage der Tiervermittlungsstation<br />
in Krevinghausen zu erwerben.<br />
ANITA<br />
HARTNER<br />
ist Tierpflegerin<br />
und -trainerin,<br />
leitet die<br />
die Tiervermittlungsstation<br />
bei<br />
Osnabrück und<br />
die <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Akademie.<br />
werden die Katzen aufgepäppelt, tierärztlich<br />
versorgt und gesund gepflegt, bis sie<br />
körperlich und seelisch so weit sind, in ein<br />
liebevolles Für-Immer-Zuhause umzuziehen.<br />
„<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> hat dieses Wunder so<br />
dringend gebraucht“, sagt die Stationsleiterin.<br />
„Wir alle sind unendlich dankbar.“<br />
Mehr als 100 Katzen verdanken dem Wunder<br />
von Osnabrück inzwischen buchstäblich<br />
ihr <strong>Leben</strong>. Und viele Hundert weitere<br />
werden auch in Zukunft hier ihre Rettung<br />
finden. Denn die Situation vor Ort hat sich<br />
keineswegs entspannt: Es gibt kaum Kapazitäten<br />
für streunende Katzen – die Tierheime<br />
und selbst private Vermittlungsstellen<br />
im Umland sind bis auf den letzten Platz<br />
belegt. „Wir sind noch immer oft<br />
die letzte Hoffnung für diese Tiere“,<br />
sagt Anita Hartner. Zum Hintergrund:<br />
Seit der neuen Gebührenordnung<br />
für Tierärzte sind die<br />
Tierarztkosten seit Ende 2022 in<br />
Deutschland um bis zu 30 Prozent<br />
angestiegen – viele Katzenhalter<br />
sparen. Vor allem bei der<br />
Kastration von Freigänger-Katzen.<br />
Mit fatalen Folgen, wie sich<br />
inzwischen zeigt: Eine Katze<br />
kann bereits mit vier bis fünf Monaten<br />
geschlechtsreif sein und<br />
dann zwei bis drei Würfe pro Jahr<br />
mit mindestens drei Kätzchen<br />
pro Wurf großziehen. In einem<br />
Jahr kommt ein einziges Katzenpaar<br />
so auf mindestes zwölf Nachkommen<br />
– hochrechnet auf fünf Jahre ergeben sich<br />
daraus rund 12 000 Kätzchen insgesamt.<br />
Kätzchen, die niemand haben möchte. „Die<br />
Katzen bringen ihre Würfe irgendwo im<br />
Freiland zur Welt“, so Anita. „Sobald die Kleinen<br />
mit vier bis fünf Wochen bewegungsfähig<br />
sind, werden sie von Menschen gefunden<br />
und beim Fundamt abgegeben.<br />
Dann werden wir angerufen.“ Fast alle Kitten,<br />
die Anita Hartner aufnimmt, sind krank.<br />
„Da ihre Mütter in der Regel nicht geimpft<br />
wurden“, erklärt sie, „ist ihr Immunsystem so<br />
geschwächt, dass sie Infektionen nicht abwehren<br />
können.“ Die Kleinen leiden unter<br />
Katzenschnupfen, sind von Pilzerkrankungen<br />
und Parasiten befallen.<br />
So steht das Team in Osnabrück jetzt vor<br />
einem weiteren Kraftakt: Der 1000 Quadratmeter<br />
große Rohbau, der sich ebenfalls auf<br />
dem Gelände befindet, muss in die Planungs-<br />
und Ausbauphase gehen. Hier können<br />
weitere 200 Katzen untergebracht werden<br />
– zusätzlich zu den 60 Samtpfoten, die<br />
bereits auf der Anlage betreut werden. „Die<br />
Außenmauern stehen, das Dach ist fertig,<br />
die meisten Leitungen sind gelegt, und wir<br />
haben bereits alle Pläne ausgearbeitet“,<br />
sagt Anita Hartner. „Wir sind bereit, wirklich<br />
alles zu tun, um dieses Gebäude bezugsfertig<br />
zu machen für die Tiere – wir packen<br />
an, wo es geht. Aber wir brauchen Unterstützung,<br />
denn alleine können wir nicht alles<br />
schaffen. Deswegen sind wir weiterhin<br />
angewiesen auf die Hilfe der <strong>Aiderbichl</strong>er:innen,<br />
denn wir haben ein festes Ziel: Wir<br />
wollen das Katzenproblem endgültig in den<br />
Griff bekommen und weiteres Leid für diese<br />
Tiere vermeiden.“ Mit Volldampf bringt das<br />
Team der Vermittlungsstation<br />
derzeit mehrere groß angelegte-<br />
Kastrationsprojekte an den Start<br />
(lesen Sie hierzu bitte auch das<br />
Interview auf der nächsten Seite).<br />
„Wenn wir Platz für weitere<br />
200 Katzen haben, werden wir in<br />
drei bis vier Jahren nur noch sehr<br />
wenige kranke und verwahrloste<br />
Katzenkinder auf den Straßen<br />
finden“, sagt Anita. „Wir können<br />
das Leid der Tiere beenden!“ Der<br />
erste Schritt in diese Richtung ist<br />
getan. Nun hofft das Team der<br />
Vermittlungsstation, dass sie<br />
genug Unterstützung erfahren,<br />
um diesen Weg weiter gehen<br />
zu können.<br />
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INTERVIEW<br />
KASTRATION<br />
kann <strong>Leben</strong> retten!<br />
Europaweit hat <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
umfangreiche Kastrationsprojeke<br />
für Streuner ins <strong>Leben</strong><br />
gerufen – aktuell werden<br />
sie in Osnabrück und im Salzburger<br />
Land durchgeführt,<br />
weitere Länder sind in Planung. Tatsächlich<br />
ist die Kastration dieser Hunde und Katzen<br />
mittlerweile die einzige Möglichkeit, die<br />
Tiere vor weiterem Leid zu bewahren – auf<br />
den Straßen kämpfen sie Tag für Tag ums<br />
Überleben, sind von Krankheiten und Parasiten<br />
befallen, die sich unter den Streunern<br />
rasant ausbreiten. Die unkontrollierte Vermehrung<br />
dieser Tiere verschärft ihren Überlebenskampf<br />
dabei immer weiter. Ein eindringliches<br />
Gespräch mit Anita Hartner,<br />
der Leiterin der <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Vermittlungsstation<br />
in Krevinghausen bei Osnabrück<br />
über einen Eingriff, der bei Streunern<br />
lebensnotwendig sein kann – und<br />
alles, was Privathalter zum Thema Kastration<br />
wissen müssen …<br />
DER ROHBAU …<br />
des Katzenhauses (l.): Hier könnten weitere<br />
200 Katzen Platz finden. Jetzt hofft das<br />
Team auf Unterstützung für den Ausbau.<br />
Wie genau funktionieren die Kastrationsprojekte?<br />
Anita Hartner: <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> beschäftigt<br />
sich intensiv mit der Kastration von verwilderten<br />
Haustieren und Katzen im Freigang.<br />
Dabei hat sich gezeigt, dass diese Projekte<br />
immer auf mehreren Säulen aufgebaut sein<br />
müssen. Neben der Kastration an sich ist<br />
auch die Aufklärung der Menschen entscheidend.<br />
Im Falle des Katzen-Kastrationsprojekts<br />
in Osnabrück setzen wir uns stark<br />
dafür ein, dass Halter alle Katzen und Kater<br />
im Freigang, die älter als fünf Monate und<br />
somit geschlechtsreif sind, kastrieren und<br />
chippen lassen. Wir arbeiten dabei eng mit<br />
den Kommunen im Umkreis der Vermittlungsstation<br />
zusammen. Zudem bieten wir<br />
Katzenhaltern, die sich aus Alters- oder finanziellen<br />
Gründen eine Kastration nicht<br />
leisten können, Unterstützung an. Natürlich<br />
organisieren wir auch, oft gemeinsam mit<br />
anderen Tierschutzverbunden, die Unterbringung<br />
und gesundheitliche Versorgung<br />
von Jungtieren, die als Fundtiere aufgenommen<br />
werden. Diese sind meistens<br />
weder kastriert noch gechippt und damit<br />
nicht registriert. Sobald die Kätzchen dann<br />
vollständig gesundet und alt genug sind,<br />
dürfen sie auch in ein Für-Immer-Zuhause<br />
ziehen.<br />
Warum ist die Kastration von Freigänger-<br />
Katzen so wichtig?<br />
Anita Hartner: Natürlich soll zunächst die<br />
GEDULD UND LIEBE<br />
In Krevinghausen wird mit viel<br />
Geduld auf die körperlichen<br />
und seelischen Bedürfnisse der<br />
Vierbeiner eingegangen.<br />
ungewollte Vermehrung der Tiere verhindert<br />
werden, denn die ist bei Katzen rasant!<br />
Allerdings entstehen gerade durch die Kastration<br />
bei Katzen auch andere Vorteile: Unkastrierte<br />
Freigänger leben nachweislich<br />
gefährlicher als ihre kastrierten Artgenossen<br />
und haben eine deutlich kürzere <strong>Leben</strong>serwartung.<br />
Studien zeigen, dass kastrierte<br />
Kater sogar durchschnittlich vier<br />
Jahre länger leben als intakte Kater. Denn<br />
auf der Suche nach neuen Revieren entfernen<br />
sich diese weiter vom Haus, treffen dabei<br />
oft auf kampfbereite Rivalen.<br />
Durch den Deckakt werden zudem schwerwiegende<br />
Infektionskrankheiten übertragen,<br />
etwa Katzenaids (FIV) oder Leukose<br />
(FeLV), für die es bisher leider keine Heilung<br />
gibt. Kastrierte Katzen haben oft weniger<br />
Interesse daran, große Runden durch die<br />
Nachbarschaft zu drehen. Da die Paarung<br />
für diese Tiere uninteressant geworden ist,<br />
bleiben sie meist in der Nähe ihres Zuhauses.<br />
Treten durch die Kastration Wesensveränderungen<br />
bei Katzen auf?<br />
Anita Hartner: Allgemein verhalten sich<br />
kastrierte Katzen weniger aggressiv und<br />
suchen eher die Nähe zum Menschen. Auch<br />
das wurde in Studien belegt. Auf die Spielfreude<br />
hingegen hat die Kastration keinen<br />
Einfluss. Hinzu kommt: Eine unkastrierte<br />
Wohnungskatze, die ihren Sexualtrieb nicht<br />
ausleben kann, entwickelt oftmals Verhaltensauffälligkeiten.<br />
Eine Kastration wirkt<br />
dem entgegen, zudem verschwindet der<br />
oft unangenehme Geruch von paarungsbereiten<br />
Katern. Außerdem nimmt mit der<br />
Kastration auch die Wahrscheinlichkeit ab,<br />
dass eine Katze zu Hause markiert – und<br />
zwar unabhängig davon, ob sie dieses Verhalten<br />
bereits vor dem Eingriff gezeigt hat<br />
oder nicht.<br />
Wann ist der beste Zeitpunkt, um eine<br />
Katze zu kastrieren?<br />
Anita Hartner: Grundsätzlich gilt: Je früher<br />
die Kastration stattfindet – optimalerweise<br />
also zwischen dem vierten und siebten <strong>Leben</strong>smonat<br />
–, desto größer ist die Chance,<br />
dass die kastrierte Kätzin keine Mammatumoren<br />
entwickelt. Diese zählen zu den<br />
dritthäufigsten Krebsarten bei intakten Kätzinnen,<br />
in mehr als 85 Prozent der Fälle erweisen<br />
sie sich als bösartig und führen letztlich<br />
zum Tode. Werden Kätzinnen kastriert,<br />
bevor sie sechs Monate alt sind, beträgt die<br />
Risikoreduktion hier 91 Prozent. Eine Kastration<br />
nach dem zweiten <strong>Leben</strong>sjahr hingegen<br />
hat keinen präventiven Effekt mehr<br />
auf die Entstehung maligner feliner Mammatumoren.<br />
Das Thema Kastration bei Straßenhunden<br />
ist wieder ein anderes …<br />
Anita Hartner: Ja und nein. Tatsächlich hat<br />
die Kastration bei Katzen und Hunden unterschiedliche<br />
Auswirkungen. Die Kastration<br />
von Freigänger-Katzen ist unumgänglich,<br />
um die Massenvermehrung der Tiere in den<br />
Griff zu bekommen, und sie birgt keine wesentlichen<br />
Risiken.<br />
Bei Hunden hingegen würde ich immer unterscheiden<br />
zwischen einem Familienhund,<br />
der liebevoll umsorgt und beaufsichtigt<br />
wird, und einem herrenlosen Streuner, der<br />
Tag für Tag unter erbärmlichen Bedingungen<br />
um sein <strong>Leben</strong> kämpft. Diese Tiere kommen<br />
oftmals schon krank auf die Welt, da die Elterntiere<br />
unterversorgt sind, oder aber sie<br />
infizieren sich sehr jung mit unheilbaren<br />
Krankheiten. Im Gegensatz zu Familienhunden<br />
erreichen sie in der Regel nicht ihre volle<br />
<strong>Leben</strong>serwartung. Die gesundheitlichen<br />
Auswirkungen, die eine Kastration bei Hunden<br />
nach sich ziehen kann, kommen daher<br />
oft gar nicht zum Tragen. Das alltägliche Leid<br />
dieser Tiere und ihrer Nachkommen aber<br />
wird durch den Eingriff massiv eingedämmt.<br />
Das Königreich Bhutan etwa hat vor einigen<br />
Jahren rund 150 000 Straßenhunde erfolgreich<br />
kastriert und durchgeimpft. Die Tiere<br />
vermehren sich nicht mehr – und haben weder<br />
mit Tollwut, Parasitenbefall oder ansteckenden<br />
Infektionen zu kämpfen, die sie<br />
zusätzlich schwächen.<br />
Welche gesundheitlichen Auswirkungen<br />
hat eine Kastration bei Hunden?<br />
Anita Hartner: Wie gesagt: Die Kastration<br />
eines Streuners muss aus einer anderen<br />
Perspektive betrachtet werden als<br />
die Kastration eines behüteten Familienhundes.<br />
Dieser vermehrt sich in der Regel nicht<br />
unkontrolliert und wird zudem regelmäßig<br />
tierärztlich versorgt. Die Ausgangslage<br />
ist somit eine andere.<br />
Grundsätzlich aber gilt: Gerade bei Hündinnen,<br />
die schwerer sind als 20 Kilo, besteht<br />
durch die Kastration das Risiko einer<br />
auftretenden Harninkontinenz. Das gilt vor<br />
allem bei Rassen aus der Gruppe der Pinscher<br />
und Schnauzer und der Vorstehhunde<br />
und Molosser. Bei Riesenschnauzern<br />
liegt das Risiko einer Inkontinenz bei Hündinnen<br />
bei 45 Prozent, daher sollte der Eingriff<br />
hier sehr genau überlegt werden.<br />
Auch eine Spätkastration von Hunden im<br />
Alter von über acht Jahren muss aufgrund<br />
der Inkontinenzrate von 20 Prozent (bei<br />
den Rüden) und rund 14 Prozent (bei den<br />
Hündinnen) wohl überdacht sein.<br />
Ganz allgemein lässt sich sagen, dass gesundheitliche<br />
Auswirkungen bei Hunden<br />
nach der Kastration in der Regel mit zunehmenden<br />
Alter, Gewicht und Größe der<br />
Tiere ansteigen.<br />
Mit welchen Wesensveränderungen<br />
bei Hunden muss nach der Kastration<br />
gerechnet werden?<br />
Anita Hartner: Es gibt Untersuchungen,<br />
die nahelegen, dass Kastraten in Hundegruppen<br />
ängstlicher, nervöser und/oder<br />
aggressiver erscheinen. Wobei hier angemerkt<br />
werden muss, dass Hundehalter oftmals<br />
ein Angstverhalten ihres Hundes<br />
fälschlicherweise als Dominanz interpretieren.<br />
Wird ein solcher Angsthund kastriert,<br />
kann dieses Verhalten verstärkt in den Vordergrund<br />
treten, da nun die „mutig machenden“<br />
Hormone fehlen. Wenn es darum<br />
geht, das Verhalten eines Hundes zu ändern,<br />
wäre daher immer zuerst der Besuch<br />
einer guten Hundeschule angezeigt als<br />
eine Kastration.<br />
Gibt es Alternativen zur Kastration<br />
bei Familienhunden?<br />
Anita Hartner: Bei der Hündin können die<br />
Läufigkeiten durch den Einsatz von Gestagenen<br />
(Medroxyprogesteronacetat und Proligeston)<br />
unterdrückt werden. So werden die<br />
Reifung der Eizellen und der Eisprung verhindert.<br />
Allerdings ist das Risiko möglicher<br />
Nebenwirkungen, insbesondere bei Dauertherapie,<br />
sehr hoch.<br />
Bei Rüden hingegen wurde die Wirksamkeit<br />
des Hormonpräparates Deslorelin durch<br />
zahlreiche Untersuchungen gut belegt. Es<br />
stellt Studien zufolge eine zuverlässige und<br />
auch nebenwirkungsarme Alternative zur<br />
chirurgischen Kastration dar. Der Einsatz dieses<br />
Präparats ist bei Hündinnen aktuell allerdings<br />
nur durch Umwidmung möglich, in<br />
einer geprüften Studie zeigte sich aber, dass<br />
bei keiner der behandelten Tiere Verhaltensauffälligkeiten<br />
oder allgemeine Nebenwirkungen<br />
auftraten. Allerdings muss bei der<br />
Applikation des Implantates der genaue<br />
Zeitpunkt der Anwendung dem Zyklus angepasst<br />
sein. Dieser sollte innerhalb von<br />
zwei bis drei Wochen nach der Läufigkeit<br />
liegen, da die Hündinnen sonst innerhalb<br />
von vier bis 15 Tagen wieder in die Hitze<br />
kommen.<br />
In einer weiteren Untersuchung wurde Deslorelin<br />
außerdem erfolgreich zur Behandlung<br />
von Harninkontinenz bei kastrierten<br />
Hündinnen eingesetzt. Auch Fellveränderungen,<br />
die nach dem Eingriff auftraten,<br />
konnten mit dem Mittel behandelt werden.<br />
Wann ist der beste Zeitpunkt, um einen<br />
Familienhund kastrieren zu lassen?<br />
Anita Hartner: Ich bespreche eine mögliche<br />
Kastration immer mit den Adoptanten unserer<br />
Hunde. Junghunde sind natürlich noch<br />
unkastriert, wenn sie in ihr neues Zuhause<br />
einziehen. Entscheiden sich die neuen Hundebesitzer<br />
für eine Kastration, besprechen<br />
wir den optimalen Zeitpunkt immer zum<br />
betreffenden Hund. Hier müssen viele Faktoren<br />
berücksichtigt werden, nicht nur das<br />
Alter, Größe und Gewicht oder die Rasse des<br />
Hundes, sondern eben auch seine <strong>Leben</strong>sumstände.<br />
Als grundsätzlichen Anhaltspunkt<br />
nehmen wir dann die Läufigkeit der<br />
Hündin. Wir denken, der optimale Zeitpunkt<br />
für einen Eingriff ist 2,5 Monate nach der<br />
dritten Läufigkeit. Bei Rüden vergleichen wir<br />
mit Hündinnen derselben Größe und berechnen<br />
daraus den optimalen Zeitpunkt.<br />
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Aktuell<br />
Die Liebe<br />
überdauert alles<br />
Regina liegt in einem kleinen Zimmer im Hospiz. Ihre beiden Katzen Mona<br />
und Lisa hatte sie durch die <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Tiervorsorge abgesichert:<br />
Als sich ihre Krankheit verschlimmerte, zogen die Samtpfoten auf<br />
unser <strong>Gut</strong> in Krevinghausen. Jetzt ging Reginas größter Wunsch in<br />
Erfüllung – ein letztes Treffen mit ihrem Liebling Lisa<br />
ENDLICH AM ZIEL<br />
Als der Wünschewagen stoppte, spürte<br />
Regina ein Kribbeln der Erwartung: Nun<br />
sollte sie gleich ihre Lisa wiedersehen!<br />
Seit September 2023 lebt Regina<br />
im Hospiz, umgeben von<br />
gedämpftem Licht, medizinischen<br />
Geräten und der Akzeptanz,<br />
dass ihre Zeit auf Erden<br />
begrenzt ist. Bilder und Videos<br />
ihrer geliebten Katzen Mona und Lisa sind<br />
ihre einzige Verbindung zu den Tieren. Beide<br />
Samtpfoten kamen im August 2023<br />
über die Notfallnummer der Tiervorsorge<br />
zum <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Osnabrück: Regina hatte<br />
ihre Katzen bereits Anfang 2021 abgesichert<br />
– für den Fall, dass sie eines Tages<br />
nicht mehr für sie da sein kann. Leider ist<br />
Mona mittlerweile verstorben. Nun wurde<br />
jedoch ein Wunsch zu Reginas strahlendem<br />
Lichtblick: die Absicht, Lisa, die verb<strong>lieben</strong>e<br />
Katzen-Gefährtin, in ihrem neuen Zuhause<br />
zu besuchen.<br />
Regina mobilisierte all ihre Kräfte, um sich<br />
ihren letzten Wunsch zu erfüllen. Der Wünschewagen<br />
des ASB Niedersachsen stand<br />
bereit, unterstützt von den Wunscherfüllern<br />
Elfriede, Thomas und Christine. Gemeinsam<br />
machten sie sich auf den Weg<br />
Richtung <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Krevinghausen.<br />
Die Ankunft dort wurde von einer herzlichen<br />
Begrüßung begleitet. Regina fand auf<br />
einer bequemen Liege Platz, während Lisa<br />
aus ihrem neuen Zuhause geholt wurde.<br />
Die Freude spiegelte sich in Reginas Augen<br />
wider, als Lisa direkt auf ihre Liege gesetzt<br />
wurde. Die Katze schnupperte an Reginas<br />
Hand und Arm, bevor sie sich von ihr streicheln,<br />
kraulen und sogar füttern ließ.<br />
In diesem Augenblick schien die Welt stillzustehen.<br />
Regina vergaß die Müdigkeit<br />
und die Realität ihrer Krankheit. Lisa erkannte<br />
ihre Regina, und zwischen den beiden<br />
alten Freundinnen entstand wieder<br />
eine tiefe Verbundenheit: Die seit dem Umzug<br />
vergangene Zeit und die räumliche<br />
Entfernung waren in jenem Moment vergessen.<br />
Nach dem intensiven Kontakt wurde<br />
Lisa schließlich wieder behutsam in ihr<br />
Zimmer gebracht.<br />
Leider konnte Regina den Schlafplatz ihrer<br />
Katze aufgrund einer Treppe nicht anschauen.<br />
Doch anstatt sich da ran zu klammern,<br />
ließ sie sich darauf ein, noch mehr<br />
FROHES WIEDERSEHEN<br />
Ein Moment der Freude und Verbundenheit:<br />
Das sanfte Schnurren von Katze Lisa und die<br />
liebevollen Streicheleinheiten schufen eine<br />
Atmosphäre des Trostes.<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Osnabrück zu erkunden.<br />
Das Wünschewagen-Team führte sie<br />
durch das Hundehaus und hi naus zum<br />
Außengehege der jungen Katzen. Die Natur<br />
umhüllte die Szenerie, während Regina<br />
die frische Luft genoss und den Moment<br />
ganz in sich aufnahm.<br />
Schweren Herzens musste Regina schließlich<br />
Abschied nehmen – aber sie wusste ja,<br />
auch durch ihr direktes Erlebnis vor Ort,<br />
dass Lisa in den besten Händen war. Mit<br />
einem Lächeln auf den Lippen kehrte<br />
Regina im Wünschewagen zurück ins Hospiz.<br />
Der Weg dorthin war geprägt von einer<br />
Mischung aus Traurigkeit und Dankbarkeit<br />
– Traurigkeit über den Abschied, Dankbarkeit<br />
für diesen kostbaren Moment der<br />
Liebe und Verbundenheit.<br />
Dieser Tag war mehr als nur eine Fahrt zu<br />
einem Ort: Es war eine Reise ins Herz dessen,<br />
was am <strong>Leben</strong>sende wirklich zählt –<br />
die Liebe, die wir teilen, die Erinnerungen,<br />
die wir schaffen, und die Verbundenheit,<br />
die bis in den Tod bleibt und auch darüber<br />
hinausreicht. Regina fand Trost und Frieden<br />
in der Gewissheit, dass ihre Liebe zu Lisa<br />
ein letztes Mal in einem Moment der<br />
Wunscherfüllung erstrahlte.<br />
Schwerstkranken Menschen in ihrer letzten<br />
<strong>Leben</strong>sphase einen besonderen Wunsch zu<br />
erfüllen: Das ist die Aufgabe der ASB-Wünschewagen,<br />
die es in allen Bundesländern<br />
gibt. Bereits seit 2014 bringen engagierte<br />
Samariter:innen mithilfe des ausschließlich<br />
aus Spenden finanzierten Projekts<br />
Menschen am Ende ihres <strong>Leben</strong>s gut<br />
umsorgt noch einmal an ihren Lieblingsort.<br />
www.wuenschewagen.de<br />
90<br />
AUF ERKUNDUNGSFAHRT<br />
Der Abstecher zum Hundehaus und ins<br />
Außengehege der jungen Katzen tröstete<br />
Regina darüber hinweg, dass sie den<br />
Schlafbereich von Lisa nicht sehen konnte.<br />
65
Tierretter vor Ort<br />
Wir suchen<br />
Hilfe für die<br />
SCHWÄCHSTEN<br />
In einer aufwendigen Rettungsaktion fand im Herbst 2023 ein<br />
Großteil der mehr als 300 Schafe und Ziegen eines Gnadenhofs ein<br />
neues Zuhause auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Eslarn. Nun aber droht fast 200<br />
weiteren, teils schwer kranken Tieren die Obdachlosigkeit…<br />
Die kleine Charlotte ist eines der<br />
kranken Tiere, die ein Zuhause brauchen:<br />
Sie ist blind und hat eine Gehbehinderung.<br />
Es ist ein Wettlauf gegen<br />
die Zeit, den die Tierretter<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
schließlich unter großer<br />
Kraftanstrengung<br />
gewinnen. Die Ausgangslage:<br />
Mehr als<br />
300 Schafe und Ziegen<br />
müssen den Gnadenhof in Bad Grönenbach<br />
im Allgäu, den die leidenschaftliche<br />
Tierfreundin Eveline Treischl mit aufopferungsvoller<br />
Energie betrieben hat,<br />
aufgrund einer Räumungsklage so schnell<br />
wie möglich verlassen. Im Herbst 2023<br />
schließlich die erlösende Nachricht: ein<br />
Großteil der notleidenden Tiere kommen<br />
nach <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Eslarn. Für die anderen<br />
ist auch eine Lösung zum Greifen nahe<br />
–alle Tiere waren in Sicherheit.<br />
Im neuen Zuhause muss nun alles sehr<br />
schnell gehen: „Wir haben innerhalb kürzester<br />
Zeit die Bestellung für das Stallzelt<br />
aufgegeben, den Estrich für die Bodenplatte<br />
gegossen, das Zelt, das überraschend<br />
schnell geliefert wurde, aufgestellt<br />
und so eingerichtet, damit Tiere dort einziehen<br />
können“, schildert Bianca Pöckl von<br />
der <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Notfallzentrale. „Parallel<br />
haben wir einen Transporter gesucht, weil<br />
wir so viele Schafe und Ziegen selbst gar<br />
nicht transportieren können.“<br />
Auch die Böcke wurden so schnell wie<br />
möglich kastriert. Das Verladen der Tiere,<br />
das Koordinieren der Arbeitsschritte und<br />
die lange Reise selbst, die praktisch spurlos<br />
an den von Natur aus stressempfindlichen<br />
Tieren vorbeigegangen ist – alles findet seinen<br />
glücklichen Abschluss, als hunderte<br />
kleine Hufe ihre ersten munteren Schrittchen<br />
auf die Wiese des Heimathofes in<br />
Eslarn machen. Evi Treischls Schützlinge<br />
dürfen hier in der Oberpfalz weiterleben.<br />
Jedes Schaf, jede Ziege erhält eine neue –<br />
die nunmehr dritte – Chance auf ein sorgloses<br />
<strong>Leben</strong>.<br />
Doch wie sich bald herausstellt, ist die<br />
Sorge um die Tiere des Gnadenhofes damit<br />
wider Erwarten noch nicht zu Ende. Im November<br />
2023 spitzt sich die Lage für die<br />
restlichen fast 200 teils sehr kranken Tiere<br />
zu, die von Evi Treischl ursprünglich auf<br />
einem anderen, neu zu mietenden Hof vor<br />
Ort unter gebracht werden sollten.<br />
Die Tierfreundin wollte sich dort selbst<br />
weiter um diese Tiere kümmern. Doch<br />
dann der Schock: Die Anmietung des neuen<br />
Hofes kommt nicht zustande, die Situa<br />
92 93
ERSTE SCHRITTE INS NEUE HEIM<br />
Mit hochmodernen Spezialtransportern absolvierten<br />
die Schafe und Ziegen die 500 Kilometer lange<br />
Reise (u.) Viel Bewegungsfreiheit und Auslauf finden<br />
die geretteten Tiere auf den Weiden auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Eslarn vor. Der Heimathof in der Oberpfalz in<br />
Bayern umfasst insgesamt 50 Hektar.<br />
LÄMMER-ÜBERRASCHUNG<br />
Von Anfang an richtig wohl fühlten<br />
sich die Tiere in ihrem neuen Heim.<br />
Für den Nachwuchs – im Winter<br />
kamen rund 60 Lämmer zur Welt –<br />
wurden kuschelig warme Mutter-Kind-<br />
Boxen gebaut und eingerichtet.<br />
DIE ARBEIT HAT SICH GELOHNT<br />
Michael Meckl, <strong>Gut</strong>sleiter von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Eslarn, hält eine der neugeborenen<br />
Ziegen. In einem immensen Kraftakt haben<br />
er und das <strong>Aiderbichl</strong>-Team den Hof für die<br />
Schafe und Ziegen hergerichtet: „Wir haben<br />
durchgearbeitet, auch nachts, und auf den<br />
allerletzten Drücker haben wir das durchgezogen.“<br />
Alles, damit alle Tiere ein perfektes<br />
Zuhause haben.<br />
tion wird ähnlich verzweifelt wie im vergangenen<br />
<strong>Sommer</strong>, denn die Frist für die<br />
Räumungsklage rückt immer näher: Fast<br />
200 Schafen und Ziegen droht die Obdachlosigkeit<br />
– nur dass es sich diesmal<br />
um teilweise extrem pflegebedürftige Tiere<br />
handelt: „Von den verbleibenden Tieren<br />
sind etwa 50 Schafe und Ziegen wirkliche<br />
Intensivpatienten“, erklärt Dr. Marianne<br />
Wondrak, Tierärztin auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>,<br />
„von den restlichen haben etwa die Hälfte<br />
besondere Bedürfnisse. Da geht es zum<br />
Beispiel darum, dass ein Tier nur in seiner<br />
gewohnten Kleingruppe gehalten werden<br />
kann, andere sind blind oder einfach nur<br />
alt. Manche haben zum Bespiel keine Zähne<br />
mehr und benötigen mehrmals am Tag<br />
Spezialfutter. Dazu kommen Tiere, die aus<br />
schlechter Haltung gerettet wurden und<br />
die nach wie vor mit den Spätfolgen zu<br />
kämpfen haben. Zu ihnen muss in engen<br />
Abständen der Klauenpfleger kommen<br />
damit sie schmerzfrei gehen können. Das<br />
sind Probleme, mit denen wir umgehen<br />
können. Die größte Herausforderung stellen<br />
die Intensivpatienten dar. Tiere, die aufgrund<br />
von chronischen Erkrankungen eine<br />
engmaschige Überwachung benötigen.<br />
Ein besonders warmer Stall mit weich gepolsterten<br />
Schlafplätzen, Pflege durch medizinisch<br />
geschultes Personal, und gegebenenfalls<br />
schnelle Hilfe durch<br />
spezialisierte Tierärzte, sind für sie <strong>Leben</strong>swichtig.“<br />
Bei richtiger, liebevoller Pflege,<br />
betont die Tierärztin, haben die chronisch<br />
erkrankten Tiere eine gute <strong>Leben</strong>squalität:<br />
„Sie haben unsere Liebe und Mühe verdient.“<br />
Für diese Tiere sei <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> die<br />
letzte Chance, alleine deshalb schon weil<br />
es in Tierkliniken kaum Fachwissen zur Behandlung<br />
von schwerstkranken Schafen<br />
und Ziegen gibt.<br />
„Auf diesem Gebiet hat Eveline Treischl<br />
wirklich Pionierarbeit geleistet“, betont<br />
Marianne Wondrak. „Die medizinische Versorgung<br />
für kleine Wiederkäuer ist leider<br />
sehr schlecht. Es gibt weder ausreichend<br />
zugelassene Medikamente, noch eine Expertise<br />
was zum Beispiel Operationen angeht.<br />
Warum das so ist? Sicher gibt es sehr<br />
viele Schafe und Ziegen in der Landwirtschaft,<br />
doch die Bedürfnisse des Einzeltieres<br />
haben oftmals keinen hohen Stellenwert.“<br />
Das ist auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> anders:„Mit<br />
unseren eigenen Schafen und Ziegen gehen<br />
wir ja auch durch alle Krankheiten und<br />
Höhen und Tiefen, bis an ihr <strong>Leben</strong>sende.<br />
Für diese Tiere sind wir also der sichere Hafen,<br />
weil wir aus Erfahrung wissen, wie wir<br />
die einzelnen Tiere entsprechend behandeln<br />
und unterstützen können“, erklärt<br />
Marianne Wondrak. Aber derart viele Tiere<br />
mit besonderen Bedürfnissen stellen<br />
selbst die erfahrenen <strong>Aiderbichl</strong>er vor eine<br />
nie dagewesene Herausforderung.<br />
Auf allen <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Höfen wird<br />
nun fieberhaft nach geeigneten Plätzen<br />
für diese Tiere gesucht.<br />
Zudem sind grund legende bauliche<br />
Veränderungen nötig, um den Patienten<br />
die bestmögliche Unterbringung<br />
zu gewährleisten.<br />
„Wir hoffen weiter auf die Unterstützung<br />
vieler tierlieber Menschen“, betont<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Stiftungsvorstand<br />
Dieter Ehrengruber, „damit auch diese<br />
Tiere, deren Überleben ganz unmittelbar<br />
von unserer schnellen Hilfe abhängt,<br />
ein würdiges und sicheres Zuhause<br />
finden.“<br />
94 95
Patentiere<br />
Fridolin<br />
So können Sie<br />
Pate werden<br />
TIERART:<br />
Europäischer Esel<br />
ALTER: 18 Jahre<br />
BESONDERE<br />
MERKMALE:<br />
Mit seinen großen<br />
Ohren ist er ein aufmerksamer<br />
Zuhörer.<br />
Wir<br />
suchen<br />
PATEN<br />
Eine symbolische<br />
Tierpatenschaft unterstützt<br />
diese und viele andere<br />
Tiere auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Esel gehören zu den ältesten Haustieren<br />
des Menschen. Der Legende<br />
nach erschuf der griechische<br />
Göttervater Zeus höchstpersönlich<br />
die Esel – als sein Geschenk an die<br />
Menschen. Die kleineren Vertreter der<br />
Pferdefamilie sind robust, schwindelfrei<br />
und auf trockenen und harten Böden besonders<br />
trittsicher. Wer einmal mit Eseln zu<br />
tun hatte, der weiß: Es sind außerdem ganz<br />
besonders sensible, intelligente Vierbeiner<br />
mit einem feinen Gehör und einem ausgezeichneten<br />
Gedächtnis. Eines dieser<br />
wunderbaren Tiere, der 18-jährige Fridolin,<br />
ist im vergangenen Jahr nach <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Deggendorf gekommen. Die <strong>Leben</strong>sumstände<br />
seiner Besitzer hatten sich leider<br />
geändert, sodass dringend ein neues Für-<br />
Immer-Zuhause gefunden werden musste.<br />
In Deggendorf ist Fridolin nun voll und<br />
ganz angekommen. Mit seiner <strong>lieben</strong>swerten<br />
Art hat er sich hier rasch eingelebt<br />
und Anschluss an seine Artgenossen gefunden.<br />
Trauert ein Tier? Man mag durchaus<br />
hinterfragen, ob es die Endgültigkeit<br />
einer Trennung versteht. Sicherlich aber<br />
schmerzt die Abwesenheit von vertrauten<br />
Menschen und der gewohnten Umgebung.<br />
Gerade deshalb ist <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Deggendorf für Fridolin ein Glücksfall. Der<br />
Hof ist ein Zufluchtsort für Tiere, die sich in<br />
einer aussichtslosen Situation befinden.<br />
Möchten Sie Fridolins Pate werden und<br />
dazu beitragen, dass dieses sanfte Lebewesen<br />
liebevoll versorgt alt werden kann?<br />
96 97
Daisy<br />
TIERART:<br />
Katze<br />
ALTER:11 Jahre<br />
BESONDERE<br />
MERKMALE:<br />
Eine stille, jedoch<br />
sehr aufmerksame<br />
Beobachterin mit<br />
faszinierenden Augen.<br />
Manchmal tut man Dinge, die<br />
nicht vernünftig, aber schön<br />
sind. So war es scheinbar<br />
auch im Fall von Daisy. Eine<br />
ältere Dame hatte das dreifarbige<br />
Katzenkind, eine Europäisch Kurzhaar, vor<br />
einigen Jahren zu sich genommen, obwohl<br />
die Familie ihr energisch davon abgeraten<br />
hatte: „Meinst du nicht, du bist schon ein<br />
wenig zu alt für ein Tierbaby?“ Die Seniorin,<br />
damals 80 Jahre alt, blieb jedoch bei<br />
ihrem Plan. Denn mitunter muss man<br />
einfach auf sein Herz hören … Zwölf Jahre<br />
ging es Daisy im Haus der Dame wunderbar.<br />
Es fehlte ihr an nichts – bis eine Krebserkrankung<br />
schlagartig alles änderte:<br />
Daisys Frauchen, mittlerweile 92 Jahre alt,<br />
kam ins Krankenhaus und verstarb kurz<br />
darauf. Die Tochter konnte Daisy leider<br />
nicht bei sich aufnehmen, aber sie wollte<br />
sie auch nicht in ein Tierheim abgeben. So<br />
kam Daisy schließlich Ende 2023 nach <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Henndorf in Österreich und<br />
fand dort im Katzenwohnzimmer ihren<br />
Platz fürs <strong>Leben</strong>. Sie wird rund um die Uhr<br />
versorgt. Wie alle Katzenliebhaber wissen,<br />
sind Samtpfoten außerordentlich unabhängige<br />
Wesen. So auch Daisy: Ganz nach<br />
Lust und Laune kraxelt sie zuweilen auf die<br />
höhere Liegefläche, um das muntere Treiben<br />
ihrer Artgenossen von oben ausgiebig<br />
zu betrachten – oder sie kuschelt sich einfach<br />
in ihr Bettchen und wartet geduldig<br />
darauf, von einer Betreuerin oder einem<br />
Betreuer ausgiebig beschmust zu werden.<br />
Möchten Sie Daisys Patin oder Pate werden<br />
und dafür sorgen, dass es ihr bis an ihr<br />
<strong>Leben</strong>sende an nichts mangelt?<br />
NEUE PATEN<br />
FINDEN<br />
Auf unseren Begegnungshöfen in<br />
Henndorf, Deggendorf und Iffeldorf<br />
beobachten wir, dass uns immer mehr junge<br />
Menschen besuchen. Sicher ein Grund<br />
dafür sind Fotos und Videos von unseren<br />
Tieren, die sich nun auch immer häufiger<br />
im Internet finden und geteilt werden. Darüber<br />
freuen wir uns natürlich sehr, weil<br />
wir sehen, dass das Interesse an unserem<br />
Anliegen, leidgeprüften Tieren eine neue<br />
Heimat zu schenken, auf diese Weise<br />
immer weiterwächst und unsere Arbeit<br />
Menschen erreicht, die bislang noch nichts<br />
oder wenig darüber wussten. Mit vielen<br />
weiteren Tieren, die wir aufnehmen, steigen<br />
aber auch unsere Kosten – und damit<br />
der Geldbedarf für mehrere Tausend<br />
Tiere, Hunderte Pfleger sowie für<br />
den Betrieb unserer Güter in sechs<br />
Ländern. Viele unserer Tiere haben noch<br />
keinen sym bolischen Paten. Damit wir<br />
auch in Zukunft unseren Tieren die beste<br />
Versorgung bieten können, haben wir die<br />
Aktion „Paten finden Paten“ ins <strong>Leben</strong> gerufen.<br />
Wenn Sie selbst bereits <strong>Aiderbichl</strong>-<br />
Pate sind, laden wir Sie herzlich ein, Freunden,<br />
Verwandten, Nachbarn oder Kollegen<br />
von unserer Arbeit zu erzählen und ihnen<br />
die schönste Tier paten schaft der Welt ans<br />
Herz zu legen. Helfen Sie uns, neue Paten<br />
zu finden und den Kreis der <strong>Aiderbichl</strong>er<br />
zu vergrößern!<br />
Als Dank gibt’s von uns ein kleines Stück<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> für zu Hause – siehe<br />
unten. Und die schöne Gewissheit, dass<br />
jeder neue <strong>Aiderbichl</strong>-Pate dazu beiträgt,<br />
das <strong>Leben</strong> von geretteten Tieren wie<br />
Martina, Cashew, Vincent und vielen, vielen<br />
anderen noch schöner und glücklicher<br />
zu machen.<br />
Mehr Informationen finden Sie auf<br />
den <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Gütern sowie unter<br />
www.gut-aiderbichl.com/helfen/<br />
jetzt-pate-werden/<br />
Kontakt: Hotline: 0800/5676373<br />
Patenschaftsabteilung:<br />
+43(0)662/625395130<br />
patenschaften@gut-aiderbichl.com<br />
PRÄMIEN<br />
Zum Dank für die<br />
Vermittlung eines<br />
neuen Paten erhalten<br />
Sie „Unsere Lieblingsbilder<br />
Band V“<br />
mit zauberhaften<br />
Fotos unserer Tiere<br />
und eine Anerkennungsurkunde.<br />
DANK FÜR LANGJÄHRIGE TREUE<br />
<strong>Aiderbichl</strong>er, die uns bereits seit zehn oder sogar<br />
20 Jahren die Treue halten, bekommen unsere<br />
exklusive Ehrenmünze in Bronze bzw. Silber für ihre<br />
fortwährende Unterstützung.<br />
98 99
Ivanhoe<br />
TIERART:<br />
Braunviehochse<br />
ALTER: 3 Jahre<br />
BESONDERE<br />
MERKMALE:<br />
<strong>Gut</strong>mütige braune<br />
Augen und eine<br />
weiße Schnauze. Sein<br />
heller Punkt auf der<br />
Nase macht ihn<br />
unverwechselbar.<br />
Rinder sind ganz wunderbare<br />
Tiere. Aber wenn sie keine Milch<br />
geben, sind sie für einige Bauern<br />
nutzlos. Aus Kostengründen<br />
müssen deshalb viele männliche Kälber<br />
schon kurz nach der Geburt den Hof verlassen.<br />
Sie bleiben nur wenige Wochen bei<br />
der Mutter und werden dann an Mastbetriebe<br />
abgegeben. All das hatte eine mitfühlende<br />
junge Tierschützerin im Hinterkopf,<br />
als sie eines Tages frühmorgens sah,<br />
dass auf dem Feld neben ihrem Wohnhaus<br />
ein kleines Kalb zur Welt gekommen war.<br />
Noch ganz feucht und glitschig lag es<br />
neben seiner Mutter. Die Tierfreundin<br />
überredete ihren Mann, das männliche<br />
Kalb, das sie Ivanhoe taufte, zu kaufen und<br />
es auf einem anderen Hof unterzubringen.<br />
Doch damit begann eine Odyssee: Kein<br />
Hof konnte oder wollte den großen Braunviehochsen<br />
mit den stolzen Hörnern auf<br />
Dauer bei sich behalten. Zuerst landete<br />
Ivanhoe bei einem Bauern, der gar keinen<br />
Stall hatte. Der nächste Hof war gar nicht<br />
ausgerichtet für ein derart großes Rind.<br />
Ivanhoe musste deshalb ständig umziehen.<br />
Verzweifelt schrieb die junge Tierretterin<br />
einen Brief an <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> und<br />
schilderte die Geschichte des Ochsen.<br />
Schon kurze Zeit später kam schließlich die<br />
erlösende Nachricht: Ivanhoe kann nach<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffeldorf umziehen. Und er<br />
darf auch dort bleiben, solange er lebt. Es<br />
ist sein Für-Immer-Zuhause – die Zeit des<br />
Umherziehens und der Unsicherheit ist<br />
endlich vorbei. Möchten Sie Pate oder<br />
Patin dieses gutmütigen Wiederkäuers<br />
werden und seinen <strong>Leben</strong>sweg begleiten?<br />
100<br />
101
Mit Herz schenken<br />
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Jeder von uns kennt diese Frage: Was schenke<br />
ich meinen Liebsten zu Weih nachten, zu Ostern<br />
oder zum Geburtstag? Eine Geschenkpatenschaft<br />
ist zu jedem Anlass ein sinnvolles Geschenk. Damit<br />
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Ihrer Patenschaft unterstützen Sie unsere über<br />
8000 geretteten Tiere und können gleichzeitig dem/<br />
der Beschenkten eine riesengroße Freude bereiten.<br />
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10 Euro können Sie Ihren Liebsten die symbolische<br />
Patenschaft von einem unserer geretteten Tiere<br />
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und eine <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Patenschaftskarte.<br />
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102 103
Forschung<br />
Ist Hufkrebs<br />
heilbar?<br />
Für viele Pferde kommt die Diagnose Hufkrebs noch<br />
immer einem Todesurteil gleich. In der Sandgrueb-<br />
Stiftung in Egg bei Zürich gelang jetzt die Heilung in<br />
zwei besonders schweren Fällen …<br />
EXPERTIN FÜR<br />
PFERDE-<br />
GESUNDHEIT<br />
Dr. med. vet. Karina Klein,<br />
DVM-PhD, führt die<br />
Reha-Station der<br />
Sandgrueb-Stiftung in<br />
Egg bei Zürich. Rechts:<br />
Die Kaltblutstute Beatrice<br />
wurde mit massivem<br />
Hufkrebs-Befall<br />
eingeliefert. Inzwischen<br />
konnte sie als geheilt<br />
entlassen werden …<br />
104 105
Die Diagnose ist niederschmetternd:<br />
Beatrice<br />
leidet an Hufkrebs. Der<br />
Befall ist so hochgradig,<br />
dass die Süddeutsche<br />
Kaltblutstute hinten links<br />
nur noch unter Schmerzen auftreten kann;<br />
große Teile ihres Hufs gleichen einem blumenkohlartigen<br />
Geschwür. Die Tierpfleger<br />
auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Frankreich, dem Heimathof<br />
der Fuchsstute, reagieren sofort:<br />
Umgehend wird das Pferd in<br />
das Kompetenzzentrum der Sandgrueb-Stiftung<br />
in Egg bei Zürich<br />
gebracht – und dort in die Obhut<br />
von Dr. med. vet. Karina Klein und<br />
ihrem Team übergeben. In der<br />
Reha-Station gelingt, was bei dieser<br />
Erkrankung bisher oftmals nur in<br />
Ausnahmefällen möglich ist: Kaum<br />
sieben Monate später kann Beatrice<br />
als geheilt entlassen werden.<br />
Tatsächlich kommt die Diagnose<br />
Hufkrebs für viele Pferde einem<br />
Todesurteil gleich. Bei der Verhornungsstörung<br />
handelt es sich um<br />
eine chronische Hypertrophie des<br />
hornbildenden Gewebes – eine<br />
chronische Entzündungsreaktion,<br />
die durch hochgradige Parakeratose<br />
(gestörte Verhornung)<br />
charakterisiert ist. Die Huflederhaut<br />
hypertrophiert, und die normale<br />
Verhornung des Hufes bleibt aus.<br />
Das Horn „wuchert“, wodurch sich<br />
die typischen, blumenkohlartigen<br />
Auswüchse am Huf bilden. Eine Behandlung<br />
erweist sich als extrem anspruchsvoll<br />
und langwierig. Je nach Krankheits-<br />
Stadium müssen die Pferde über Wochen,<br />
Monate oder gar Jahre in Behandlung<br />
bleiben und engmaschig betreut werden,<br />
sowohl vom Tierarzt als auch vom Hufschmied.<br />
Hinzu kommt: Konventionelle<br />
Therapien zeigen nicht immer die<br />
gewünschte Wirkung – nach kurzfristigen<br />
Behandlungserfolgen flammt der Hufkrebs<br />
erneut auf, meist schlimmer als zuvor.<br />
In dieser Situation kapitulieren viele Pferdebesitzer<br />
– sie haben weder die Zeit noch<br />
das Geld, um eine Behandlung in diesem<br />
Ausmaß durchführen zu lassen. Pferde, die<br />
„Die<br />
Behandlung<br />
von Hufkrebs<br />
ist oft sehr<br />
langwierig.“<br />
an Hufkrebs leiden – und damit unter fortgeschrittenem<br />
Befall –, werden oft eingeschläfert.<br />
Das ganzheit liche Konzept der<br />
Reha-Station in Egg aber beweist: Heilung<br />
ist möglich – selbst bei einem weit fortgeschrittenen<br />
Verlauf.<br />
„Bei Beatrice war nicht nur der Strahl, sondern<br />
es waren auch große Teile der medialen<br />
(inneren) Hufwand und der Eckstrebe<br />
betroffen“, sagt Dr. med. vet. Karina Klein,<br />
Leiterin der Reha-Station. „Der gesamte<br />
Huf war instabil.“ Aufgrund der Schwere<br />
und Ausprägung des Hufkrebs wird Bea<br />
im Tierspital Zürich unter Allgemein- und<br />
Lokoregional-Anästhesie operiert. „Das<br />
veränderte und missgebildete Horn des<br />
gesamtes Strahls, des medialen Wandbereichs<br />
und der medialen Eckstrebe des<br />
Hufes wurden bis auf die Lederhaut abgetragen<br />
und ein speziell angefertigtes<br />
Hufeisen angepasst, um ein Abkippen<br />
der Hornkapsel nach innen zu vermeiden.<br />
Zusätzlich wurde ein Druckverband<br />
angelegt“, erläutert Dr. med. vet. Klein.<br />
„Die weitere Behandlung wurde dann in<br />
der Reha-Station durchgeführt. Verbandswechsel<br />
wurden alle zwei<br />
bis vier Tage durchgeführt, und<br />
die Therapie beinhaltete Baden in<br />
Xeron© sauer (eine saure Desinfektionslösung<br />
auf der Basis hochwirksamer<br />
hypochlorigen Säure<br />
(HOCl)), Vetdrop©-Behandlung<br />
(transdermale Applikation von<br />
natürlichen und/oder pharmakologischen<br />
Substanzen mithilfe<br />
eines Sauerstoffflusses) und anschließendes<br />
Auftragen von Giessener<br />
Mischung.“ Diese Mixtur aus<br />
Jodoform, Zinkoxid, Acidum tannicum<br />
(Tanninsäure), Metronidazol<br />
und Ketoconazol wirkt adstringierend,<br />
austrocknend und antimikrobiell.<br />
Zusätzliche Unterstützung<br />
für ein physiologisches Hufwachstum<br />
wurde durch bestimmte Futterzusätze<br />
erreicht: hoch dosiertes<br />
Biotin und Zink sowie gutes<br />
Mineralfutter.<br />
Nahezu zeitgleich mit Beatrice<br />
nimmt die Reha-Station auch einen<br />
weiteren Hufkrebs-Patienten<br />
auf: den damals 13-jährigen Noriker Filu.<br />
Seine Erkrankung besteht seit Jahren,<br />
seine ehemaligen Besitzer haben bereits<br />
alles Mögliche unternommen, um dem<br />
Wallach zu helfen. Erfolglos. Am Ende<br />
ihrer finanziellen Möglichkeiten und mit<br />
den Nerven am Boden, steht letztlich die<br />
Überlegung im Raum, das Pferd einschläfern<br />
zu lassen. Am Ende gewinnt ihre Tierliebe<br />
die Oberhand – sie überlassen das<br />
Pferd <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>, und sofort wird sein<br />
Transport nach Egg veranlasst.<br />
„Filu war an beiden Vorderhufen an Hufkrebs<br />
erkrankt“, resümiert Dr. med. vet.<br />
Klein. „Die Ausprägung seines Hufkrebs<br />
war nicht so schwerwiegend wie die von<br />
MODERN UND PRAXISNAH<br />
Die moderne Ausstattung der Reha-Station<br />
ermöglicht eine individuelle Rund-um-Betreuung<br />
der Pferde. Im Foto: Mitarbeiterin Svea beim<br />
täglichen Kontrollieren der Boxen.<br />
„Wir setzen auf ein<br />
ganzheitliches<br />
Konzept.“<br />
Dr. med. vet. Karina Klein<br />
106 107
„Was genau Hufkrebs<br />
auslöst, ist bis heute<br />
nicht gänzlich geklärt.“<br />
RUNDUM-BETREUUNG<br />
Die Sandgrueb-Stiftung in Egg bei Zürich hat sich auf die<br />
Behandlung vor allem von älteren Pferden und chronisch<br />
kranken Patienten spezialisiert. Oben im Foto: Stute Beatrice.<br />
Beatrice, wir konnten ihn direkt auf der<br />
Reha-Station unter Sedation und lokoregionaler<br />
Anästhesie ausschneiden und<br />
therapieren.“ Anfang Dezember konnte<br />
der freundliche Riese die hoffentlich letzte<br />
Reise seines <strong>Leben</strong>s antreten – nämlich<br />
nach <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Frankreich, seinem<br />
neuen Für-Immer-Zuhause. „Dort wird<br />
sein Strahl weiterhin alle zwei bis drei Wochen<br />
von einem Hufschmied kontrolliert<br />
und regelmäßig ausgeschnitten, um ein<br />
Rezidiv zu verhindern“, so die Tierärztin.<br />
Wie schwerwiegend der Befall mit Hufkrebs<br />
sein kann, zeigen die Aufnahmen<br />
rechts – sie dokumentieren auf anschauliche<br />
Weise den Heilungsverlauf bei der<br />
Stute Beatrice. Bleibt die Frage: Was<br />
genau ist Hufkrebs eigentlich – und wie<br />
entsteht er?<br />
„Hufkrebs ist eine Erkrankung des Horns<br />
und tieferer Schichten (Lederhaut) des<br />
Hufes. Er tritt vermehrt bei Kaltblutrassen<br />
auf, wird aber in selteneren Fällen auch<br />
bei leichteren Rassen beobachtet“, erklärt<br />
Dr. med. vet. Karina Klein. „Es handelt sich<br />
um eine abnorme Hornproliferation, die<br />
meist in der Strahlregion manifestiert ist,<br />
in fortgeschrittenen Fällen auch das Sohlen-<br />
oder wie im Fall von Beatrice das<br />
Wandhorn und die Eckstreben betreffen<br />
kann.“ Dazu muss man wissen: „Wie bei<br />
der Bildung von Haut produziert ein gesunder<br />
Huf dauerhaft und beständig<br />
neue Zellen, die in mehreren Schichten<br />
von der Tiefe zur Oberfläche hin verhornen<br />
und fest miteinander verbunden<br />
sind, Subkutis (z. B. Ballen und Strahlkissen),<br />
Dermis (Lederhaut), Epidermis<br />
(Hornschichten)“, so die Tierärztin. „Durch<br />
das Reifen der Zellen verlieren sie große<br />
Teile ihres Wassergehalts und werden immer<br />
fester, komprimierter und stabiler.<br />
Bei Hufkrebs kommt es zu fehlerhafter<br />
Verhornung mit Ver bindungsproblemen<br />
zwischen der hypertrophierten Lederhaut<br />
und den Hornschichten. Statt des<br />
physiologischen Verhornungsprozesses,<br />
in dem das Horn hart wird, bleibt die Verhornung<br />
aus, und das Gewebe bleibt<br />
weich. Durch diese Fehlentwicklung und<br />
Minderdurchblutung kommt es zu Verderbungsprozessen<br />
des Gewebes und in<br />
der Folge zu entzündlichen Prozessen an<br />
den entsprechenden Zellen.“<br />
Tatsächlich gehen, zumindest was die Ursachen<br />
von Hufkrebs betrifft, die wissenschaftlichen<br />
Meinungen noch immer auseinander.<br />
Als Auslöser für die Erkrankung<br />
und insbesondere für eine kompensatorische<br />
Hypertrophie im Bereich der Huflederhäute<br />
wird unter anderem ein infektiöses<br />
Geschehen anerkannt, bei dem<br />
eindringende schädliche Mikroorganismen<br />
und Krankheitserreger Infektionen<br />
verursachen und so immunologische<br />
Reaktionen hervorrufen. Auch Infektionen<br />
mit dem bovinen Papillomavirus oder verschiedenste<br />
Störungen im Hautbild (Pilze,<br />
Sarkoide (Hauttumoren), chronisch progressives<br />
Lymphödem) werden häufig mit der<br />
Entwicklung von Hufkrebs in Verbindung<br />
gebracht. Ein Hauptfaktor liegt nach Meinung<br />
vieler Fachleute auch in einer fehlenden<br />
oder unzureichenden Hufhygiene und<br />
-pflege, z. B. einer lang bestehenden unzureichend<br />
behandelten Strahlfäule. Ursächliche<br />
Infektionen stehen häufig in Kombination<br />
mit einer Stoffwechselerkrankung.<br />
Viele betroffene Pferde weisen Leberprobleme<br />
und/oder einen Zinkmangel auf,<br />
sodass davon ausgegangen werden kann,<br />
dass meist auch eine Störung des Stoffwechsels<br />
eine Rolle spielt. Neben diesen<br />
möglichen Einflussfaktoren spielt sicherlich<br />
auch eine genetische Disposition eine<br />
Rolle.<br />
Die oben beschriebenen möglichen Ursachen<br />
wirken sich im Regelfall auf den gesamten<br />
Organismus aus. In vielen Fällen<br />
tritt Hufkrebs jedoch auch nur paarig oder<br />
an einem einzelnen Huf auf, sodass der<br />
Verdacht naheliegt, dass es eine weitere<br />
grundlegende Ursache geben muss. Diese<br />
ist – so glauben einige Experten – in unphysiologischen<br />
Hufstellungen zu finden,<br />
bei der die Balance des Hufes verloren<br />
geht und es zu Überlastungssituationen<br />
einzelner Bereiche kommt. Infolge der unphysiologischen<br />
Druckverteilung kommt<br />
es dann zu „Verletzungen“ der inneren<br />
Strukturen in den überlasteten Bereichen.<br />
Es kommt zu einer gestörten Verbindung<br />
mit Durchblutungsstörungen zwischen<br />
Huflederhaut und Hornkapsel.<br />
Ein hoher Prozentsatz der an Hufkrebs erkrankten<br />
Pferde zeigt unphysiologische<br />
Hufsituationen an den erkrankten Hufen.<br />
Viele Tiere haben Zwanghufe, die den Ballenbereich<br />
einengen, wulstige oder verformte<br />
Eckstreben, die Druck auf die Sohle<br />
ausüben und so bei jedem Schritt zu einer<br />
Quetschung der Lederhaut führen oder<br />
aber falsch geformte und „verbogene“ Hufwände<br />
(durch vermehrte Belastung einer<br />
Hufwand, z. B. Zehenwandgänger), die<br />
einen erhöhten Druck auf die vermehrt belastete<br />
Lederhaut verursachen. Erfolgt hier<br />
keine angepasste Hufbearbeitung, können<br />
chronische Entzündungen und Wundheilungsstörungen<br />
der Lederhaut entstehen,<br />
die die korrekte Verbindung zwischen<br />
Lederhaut und Horn stören und so zu unzureichender,<br />
fehlerhafter Hornbildung<br />
und somit zur Entstehung von Hufkrebs<br />
führen.<br />
Im Falle von Beatrice und Filu hat das ganzheitliche<br />
Konzept der Reha-Station in Egg<br />
bei Zürich großen Erfolg gezeigt. Beide<br />
Patienten wurden Anfang Dezember 2023<br />
als geheilt und schmerzfrei entlassen.<br />
Heilungsverlauf<br />
bei der Stute Beatrice<br />
➤ Der Hufkrebsbefall von Stute<br />
Beatrice war massiv und weit<br />
fortgeschritten, als diese im Mai<br />
vergangenen Jahres in die Sandgrueb-Stiftung<br />
eingeliefert wird.<br />
Deutlich zu erkennen: das weiche,<br />
➤ Diese Aufnahmen entstehen bei der<br />
Einlieferung am 5.5.2023. Fest steht: Die<br />
Stute muss operiert werden, um das<br />
schadhafte Horn zu entfernen.<br />
➤ 16.5.23: Aufnahme während der<br />
Operation mit kompletter Resektion<br />
der erkrankten Hornbereiche und des<br />
Strahlhorns bis aufs Strahlkissen.<br />
➤ 16.6.23: Ein Monat nach der OP, die<br />
sehr gute Verhornung des nachwachsenden<br />
Hufs ist erkennbar.<br />
➤ 3.10.23: Alle Bereiche des Hufs sind<br />
gut verhornt, die seitliche Hufwand<br />
wächst gut herunter.<br />
blumenkohlartig verformte<br />
Hufhorn. Diese Bilder dokumentieren<br />
den Heilungsverlauf innerhalb<br />
von rund sieben Monaten.<br />
Anfang Dezember darf die Stute<br />
als geheilt entlassen werden.<br />
➤ 11.5.23: Zur Operations-Vorbereitung<br />
wird der Huf zunächst regelmäßig gebadet<br />
und gegen eventuelle multiresistente Keime<br />
behandelt.<br />
➤ 26.5.23: Zehn Tage nach der OP, zu<br />
erkennen ist die sehr gute Heilung, der<br />
Eckstrebenbereich hat sich bereits nachgebildet.<br />
➤ 3.7.23: Die seitliche Wand ist komplett<br />
verhornt, nur am Strahl findet sich noch ein<br />
minimaler unverhornter Bereich.<br />
➤ 7.12.23: Beatrice’ Huf ist sehr gut<br />
verheilt, das unterstützende Hufeisen<br />
wurde entfernt.<br />
108
Das <strong>Leben</strong><br />
LIEBEN<br />
LERNEN<br />
Rund 1000 Hunde verdanken dem <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Hundeshelter Rumänien ihr<br />
<strong>Leben</strong>, 900 konnten bislang vermittelt<br />
werden. Viele weitere wie die sechs<br />
Fellnasen auf diesen Seiten suchen ein<br />
neues Zuhause. In diesem Jahr beginnt ein<br />
ganz neues Kapitel dieser einzigartigen<br />
Tierschutz-Erfolgsgeschichte<br />
Sondervermittlung<br />
KEINE CHANCE<br />
FÜR SCHLECHTE<br />
ERFAHRUNGEN<br />
Der kleine Fuzzy wurde kurz nach<br />
seiner Geburt im <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Hundeshelter Rumänien<br />
abgegeben. Er versteht sich<br />
super mit Menschen und mit<br />
anderen Hunden. Auch wenn<br />
er zu Beginn seines <strong>Leben</strong>s nicht<br />
erwünscht war, brachte <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Fuzzys Hundeleben<br />
wieder auf die richtige Bahn –<br />
und hoffentlich bald in ein<br />
<strong>lieben</strong>des Zuhause.<br />
Auf nunmehr gut fünf Jahre<br />
blickt das <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Hundeshelter in Rumänien<br />
zurück. Damals begann<br />
alles mit einer komplett<br />
desolaten, von einer Tierfreundin<br />
mit großem Herz für Hunde unter<br />
widrigsten Umständen geführten Ansammlung<br />
von Zwingern und Verschlägen<br />
mit 300 Hunden. Für diese Tiere hat <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> ein Shelter von Grund auf neu<br />
errichtet – heute eines der am besten ausgestatteten<br />
Tierheime in Rumänien. „Insgesamt<br />
haben wir in den letzten fünf Jahren<br />
schon mehr als 1000 Hunde bei uns aufgenommen<br />
und konnten etwa 900 davon vermitteln“,<br />
weiß Simon Hahn, der das Shelter<br />
lange geleitet hat. „Wir bekommen eigentlich<br />
jeden Tag Anrufe, ob<br />
wir helfen können. Im<br />
Schnitt können wir pro<br />
Monat 20 Hunde aufnehmen<br />
– und etwa genauso<br />
viele vermitteln.“ Doch in<br />
einem Land wie Rumänien<br />
spielt Tierschutz nach<br />
Jahrzehnten des Kommunismus,<br />
die in ein System<br />
aus Armut und Korruption<br />
übergegangen sind, keine<br />
große Rolle. Davon zeugen<br />
allein geschätzt<br />
600 000 Straßenhunde,<br />
die, sobald sie aufgegriffen<br />
werden, unter furchtbaren<br />
Umständen in<br />
überfüllten staatlichen<br />
Tierheimen ihr Dasein fristen.<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> leistet<br />
SIMON HAHN<br />
hat den Hundeshelter<br />
von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Rumänien sowie <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Ungarn mit<br />
aufgebaut. Er koordiniert<br />
neue Projekte<br />
der Tierschutzgemeinschaft,<br />
unterstützt auch<br />
die Arbeit der Sondervermittlung.<br />
fuzzy<br />
VERSPIELTER<br />
KUMPEL<br />
… ist einer von vier<br />
quirligen zu vermittelnden<br />
Welpen,<br />
die aus Rumänien<br />
Zwischenstation<br />
auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Kärnten machen.<br />
Der schwarz-weiße<br />
Mischling (geb. am<br />
5.6.2023) tobt am<br />
liebsten draußen<br />
herum, ist offen und<br />
freundlich und hat<br />
sich auch schon an<br />
die Leine gewöhnt.<br />
hier Pionierarbeit: Neben dem immer weiter<br />
ausgebauten Shelter, in dem unter Idealbedingungen<br />
für 150 Hunde optimal gesorgt<br />
werden kann, werden auch immer<br />
wieder Kastrationsaktionen angeboten. Die<br />
Sondervermittlung wird bald zur wichtigsten<br />
Säule, um jedem Hund zu einem langfristigen,<br />
liebevollen Zuhause zu verhelfen.<br />
Dabei gibt es kaum Unterschiede zwischen<br />
Hunden, die aus einem Tierheim in Deutschland<br />
oder Österreich kommen und den<br />
Hunden aus dem <strong>Aiderbichl</strong> Shelter in Rumänien.<br />
Schon gar nicht, wenn sie noch so<br />
jung sind wie etwa Fuzzy, Torry, Tania und<br />
Tessa auf diesen Seiten: „Ein Welpe hat keine<br />
grauenhafte Geschichte hinter sich, ist also<br />
nicht traumatisiert. Er ist ausgesetzt worden,<br />
als er sehr klein war, was er hoffentlich<br />
nicht mitbekommen hat.<br />
Doch ab dem Zeitpunkt,<br />
wo der Hund zu uns<br />
kommt, ist alles in Ordnung:<br />
Da bekommt er viel<br />
Liebe, gutes Essen, gute<br />
medizinische Versorgung<br />
und man geht mit ihm regelmäßig<br />
spazieren“, erklärt<br />
Simon Hahn. Schwieriger<br />
wird es, lebt ein Hund<br />
mit sechs, sieben, acht<br />
Monaten oder länger<br />
noch im Tierheim. In dieser<br />
<strong>Leben</strong>sphase erlernt<br />
ein Hund normalerweise<br />
wichtige Alltagsreize wie<br />
die Begegnung mit anderen<br />
Hunden oder das Vorüberfahren<br />
einer Straßenbahn.<br />
In eine neue<br />
110 111
TORRY<br />
HÜBSCHER<br />
WILDFANG<br />
Die junge, wunderhübsche<br />
Hündin<br />
lebt gemeinsam mit<br />
ihren Geschwistern<br />
Tania und Tessa<br />
(geb. am 1.9.2023)<br />
auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Kärnten und lernt<br />
dort schon das<br />
Gehen an der Leine.<br />
Auch an der Stubenreinheit<br />
wird schon<br />
gearbeitet. Torry ist<br />
liebevoll, zutraulich<br />
und steckt voller<br />
fröhlicher Energie.<br />
TANIA<br />
LIEBENSWERTE FREUNDIN<br />
Tania ist ein glücklicher und ausgeglichener<br />
Welpe, der nur noch auf das richtige Zuhause<br />
wartet. Sie ist wirklich eine wunderbare, offene<br />
Hündin. Der nachdenkliche Blick auf dem Foto<br />
trügt: Tania ist überaus fröhlich und quirlig.<br />
TESSA<br />
ANHÄNGLICH UND VERSCHMUST<br />
Auch der freundlichen Tessa macht die Leine längst nichts mehr<br />
aus, das mit der Stubenreinheit bekommt sie bestimmt auch bald<br />
spielend hin. Wer ihr ein liebevolles Zuhause gibt, bekommt eine<br />
Freundin fürs <strong>Leben</strong>, mit der es nie langweilig wird.<br />
Familie findet sich das Tier ohne Probleme<br />
ein – nur an die größer werdende Welt um<br />
ihn herum muss er dann mit viel Liebe und<br />
Aufmerksamkeit von seinen neuen Menschen<br />
herangeführt werden.<br />
Josef ist nun schon ein Jahr alt und lebt<br />
genauso lange im Shelter. „Er ist der liebste<br />
Hund, den man sich vorstellen kann“,<br />
schwärmt Simon Hahn, „verhält sich ganz<br />
toll mit uns und kennt all unsere Abläufe.“<br />
Nur: In Josef steckt zur Hälfte ein reinrassiger<br />
Herdenschutzhund, er findet sich nur<br />
langsam in einen Familienalltag ein. „Wer<br />
keine Zeit für ihn hat, für den ist Josef nicht<br />
der richtige Hund.“ Und Geduld, Liebe und<br />
Zeit verdient jedes Tier, das Teil einer neuen<br />
Familie wird.<br />
Um vor Ort dringend benötigte Informationsarbeit<br />
zu Tierhaltung und Tierschutz zu<br />
leisten, plant <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> in diesem Jahr<br />
eine neuartige Form von Tierheim in Rumänien<br />
zu errichten. Simon Hahn erzählt: „Die<br />
Erfahrungen aus sechs Jahren Rumänien-<br />
Shelter sind in den Entwurf mit eingeflossen.<br />
So werde es unter anderem ein Gebäude<br />
geben, in dem Welpen leben, samt Quarantänestation.<br />
Die Welpen haben einen Innen-<br />
und Außenbereich, in die sie selbst hin<br />
und her wechseln können. Doch die eigentliche<br />
Attraktion beschreibt Simon Hahn so:<br />
„In der Mitte des Gebäudes gibt es einen<br />
110 Quadratmeter großen Raum, in dem<br />
wir eine Wohnung nachbauen, samt Fernseher,<br />
Sofa, Esstisch, Küchenzeile. Unsere<br />
Mitarbeiter machen dort Mittagspause, und<br />
während der Mittagspause machen sie die<br />
Tür auf und eine Welpengruppe kommt herein<br />
und lernt automatisch all das kennen,<br />
was in einem Haushalt passiert: Sie erfahren,<br />
wie es ist, wenn der Staubsauger läuft,<br />
lernen verschiedene Bodenbeläge kennen<br />
und kleine Stufen, die sie rauf- und runtergehen.<br />
Sie lernen, dass verschiedene Leute<br />
herumgehen, dass gekocht wird und woher<br />
laute Geräusche kommen. Jede Erfahrung<br />
hilft extrem im Welpenalter: Sie sind im Alltag<br />
dabei.“ Den Besuchern – besonders<br />
Schulklassen und Jugendgruppen – wird<br />
erklärt, warum die Hunde etwa ein Sicherheitsgeschirr<br />
beim Spaziergang tragen und<br />
warum es so wichtig ist, dass sie mit ins<br />
Haus dürfen: „Hunde sind Rudeltiere und<br />
möchten bei ihren Bezugspersonen sein.<br />
Die Kinder sollen sehen: Da geht nichts kaputt,<br />
die Hunde sind nicht gefährlich.“<br />
Simon Hahn ist sich sicher: Die einzige Art<br />
zu helfen ist, ein positives Beispiel zu sein<br />
DORA<br />
HÜNDIN DER ERSTEN STUNDE<br />
Der sechsjährige Rottweiler-Mix gehört zu den<br />
300 Hunden, die schon im alten Shelter lebten.<br />
Sie ist Menschen eine unbedingte Freundin<br />
– nur mit anderen Hunden hat sie Probleme.<br />
Dora sucht eine Familie, die in Hundehaltung<br />
erfahren ist und sich Zeit für sie nimmt.<br />
JOSEF<br />
SANFTER RIESE<br />
Der einjährige Josef kam als Welpe ins<br />
Shelter. Er ist ein sehr freundlicher und<br />
zugänglicher Hund, begrüßt alle Personen<br />
immer voller Vorfreude und wird sehr gerne<br />
gestreichelt. Ein hundeerfahrenes Zuhause<br />
auf dem Land wäre ideal für ihn.<br />
für Kinder und Jugendliche – und für manche<br />
Erwachsene, die zuhören wollen. „Das<br />
sind viele kleine Tropfen, die vielleicht dazu<br />
führen, dass die Situation sich verändert –<br />
nicht in fünf, aber sicher in 20 Jahren. Denn<br />
wenn du heute nichts machst, wird in 20<br />
Jahren immer noch nichts anders sein.“<br />
GUT AIDERBICHL<br />
WISSEN<br />
Wie funktioniert die<br />
Sonder vermittlung?<br />
➤ Viele unserer Hunde, vor allem jene<br />
aus dem <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Streuner-<br />
Projekt in Rumänien, sehnen sich nach<br />
einem privaten und sicheren Zuhause.<br />
Auch viele Katzen, die auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
leben, warten auf einen Sonderpflegeplatz.<br />
Wenn Sie über ausreichend<br />
Zeit, Platz und Liebe für Ihr<br />
zukünf tiges neues Familienmitglied<br />
verfügen, dann sind Sie der ideale Begleiter<br />
für die nach Liebe suchenden<br />
besten Freunde des Menschen. Als<br />
„lebenslanger Sonderpflegeplatz“<br />
bieten Sie Ihrem neuen Familienmitglied<br />
ein <strong>lieben</strong>des Zuhause. Dafür<br />
bitten wir um Ihr Einverständnis, dass<br />
das Tier sein <strong>Leben</strong> lang <strong>Aiderbichl</strong>er<br />
bleibt. Das bedeutet, dass Sie zwar<br />
Besitzer des Tieres sind und sämtliche<br />
Kosten dafür übernehmen. Sollten Sie<br />
sich aber nicht mehr um das Tier<br />
kümmern können, geht es wieder in<br />
die Obhut von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> zurück.<br />
Fragen zu einem Sonderpflegeplatz<br />
beantworten wir unter:<br />
Tel.: +43 664 6009 4134 , E-Mail:<br />
tiervermittlung@gut-aiderbichl.com<br />
Mehr Infos<br />
zum Sonderpflegeplatz<br />
112 113
Tiere,<br />
Termine und<br />
Wissenswertes<br />
von unseren<br />
Höfen<br />
KURZ & BÜNDIG<br />
NEUIGKEITEN AUS GUT AIDERBICHL<br />
Stolze Pferde, kleine Esel, weiße<br />
Zäune wie bei „Dallas“, eine kleine<br />
Kapelle und weitere Highlights:<br />
Die Ballermann Ranch ist weit über<br />
Norddeutschland hinaus bekannt.<br />
ESLARN<br />
Eine Besonderheit des <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Tierhofs in der<br />
schönen Oberpfalz: das 50 Meter lange Taubenhaus.<br />
BALLERMANN RANCH<br />
BALLERMANN RANCH<br />
AIDERBICHL-REISE <strong>2024</strong><br />
Ausflug ins tiefe Herz der Güte<br />
OSNABRÜCK<br />
Dieses Jahr stehen auf einigen<br />
unserer <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-<br />
Tierhöfe gleich mehrere<br />
besondere Ereignisse an,<br />
und wir betrachten dies als eine herausragende<br />
Gelegenheit, all diese bemerkenswerten<br />
Höhepunkte zu einem<br />
wahrlich unvergesslichen Event zu<br />
verschmelzen! Der Zeitraum vom<br />
30. August bis zum 2. September bietet<br />
unseren engagierten <strong>Aiderbichl</strong>ern die<br />
einmalige Möglichkeit, im Rahmen<br />
einer faszinierenden Reise hautnah zu<br />
erleben, wie ihr persönlicher Einsatz<br />
unmittelbare Auswirkungen auf das<br />
kontinuierliche Wachstum und den positiven<br />
Wandel in unseren Tierhöfen hat.<br />
Der erste Halt auf der <strong>Aiderbichl</strong>-Reise<br />
führt uns zum <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Hof in<br />
Eslarn/Oberpfalz. An diesem Ort werden<br />
wir nicht nur zahlreiche beeindruckende<br />
Einblicke in das neue Taubenhaus<br />
erhalten, sondern auch die<br />
Gelegenheit haben, die vielen Facetten<br />
dieses etwa 50 Meter langen Zuhauses<br />
zu erkunden, das Platz für rund 5000<br />
Tauben bietet. Es beinhaltet nicht nur<br />
eine Kranken- und Quarantänestation,<br />
sondern auch einen speziellen Bereich<br />
für nicht mehr voll flugfähige Tiere.<br />
Darüber hinaus dürfen wir uns auf <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Eslarn auf die Begegnung<br />
mit einer Vielzahl geretteter Paarhufer<br />
freuen, insbesondere Ziegen und<br />
Schafe. Nach einem aufregenden Besuch<br />
in Eslarn führt uns die Reise über<br />
Fulda nach <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Osnabrück.<br />
Im Rahmen des Tags der offenen Tür<br />
werden unsere <strong>Aiderbichl</strong>er die Ehre<br />
haben, an der feierlichen Enthüllung<br />
der Ehrentafel teilzunehmen, die all<br />
den großzügigen Spendern gewidmet<br />
ist, die den Kauf und den Ausbau des<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>-Projekts vor Ort nachhaltig<br />
unterstützt haben.<br />
Ein weiterer Höhepunkt der Patenreise<br />
ist zweifellos unser Besuch der <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Ballermann Ranch in Scholen<br />
bei Bremen. Der Tierhof hat sich im<br />
Laufe der Zeit zu einem echten Besuchermagneten<br />
entwickelt. Und es gibt<br />
gute Neuigkeiten: In unmittelbarer<br />
Nähe der Ranch haben die engagierten<br />
Betreiber Annette und André<br />
Engelhardt vor Kurzem ein weiteres<br />
Grundstück erworben. Der betagte<br />
Hof, der seit mehr als 100 Jahren<br />
besteht, wurde von den vorherigen<br />
Besitzern aufgegeben. Die vielversprechende<br />
Liegenschaft, sogar in<br />
Sichtweite der Ballermann Ranch<br />
gelegen, wird in naher Zukunft zu<br />
einem neuen Bereich der vielen<br />
Möglichkeiten ausgebaut und so zu<br />
einem zusätzlichen sicheren Zufluchtsort<br />
für zahlreiche gerettete<br />
Tiere umgestaltet. Bereits jetzt laufen<br />
die Ausbau- und Sanierungsarbeiten<br />
auf den zwei Hektar Land auf Hochtouren<br />
und versprechen eine erfolgreiche<br />
Verwirklichung dieses bedeutenden<br />
Projekts.<br />
Möchten Sie dabei<br />
sein?<br />
Die organisierte <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong>-Reise <strong>2024</strong><br />
findet vom 30.8. bis zum<br />
2.9. statt. Genauere<br />
Angaben zum Programm<br />
und den Abfahrtszeiten<br />
gibt es unter der<br />
kostenlosen Hotline:<br />
0800 56 76 373.<br />
Anmeldung:<br />
patenschaften@<br />
gut-aiderbichl.com<br />
2022 übernahm die Stiftung <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> den<br />
Tierschutzhof Bissendorf-Krevinghausen.<br />
Seitdem ist dort „tierisch was los“: Viele Hunde<br />
und Katzen durften bereits Hilfe erfahren.<br />
114 115
UNSERE NEUEN<br />
ÖFFNUNGSZEITEN!<br />
Unsere Patentreffen<br />
BEGEGNUNGEN<br />
DER WUNDERVOLLEN ART<br />
Der Spätherbst ist eine ganz besondere<br />
Jahreszeit auf den Tierhöfen von<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>: Im Zuge unserer Patentreffen<br />
auf den Begegnungshöfen<br />
informieren wir im November dieses<br />
Jahres erneut sowohl unsere <strong>Aiderbichl</strong>er<br />
als auch unsere Unterstützer<br />
über bestehende und neue Projekte<br />
sowie über gerettete Tiere.<br />
Zusammensein<br />
im Kreise der<br />
Patentiere:<br />
Alle unsere<br />
Förderer sowie<br />
Unterstützende<br />
sind herzlich<br />
zum Treffen<br />
eingeladen.<br />
ALLE TERMINE<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Henndorf:<br />
15. & 16. November <strong>2024</strong><br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Deggendorf:<br />
30. November <strong>2024</strong><br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffeldorf:<br />
01. Dezember <strong>2024</strong><br />
Dieter Ehrengruber und Sonja Klima blickten beim<br />
Patentreffen 2023 gemeinsam voller Freude auf<br />
das vergangene Jahr zurück.<br />
Trost<br />
für Tiere<br />
OSNABRÜCK 2023: FEINES<br />
FEST FÜR FELLNASEN<br />
Unser <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Osnabrück Tierschutzhof<br />
Krevinghausen war ursprünglich als erste<br />
Vermittlungsstation für Tiere aus der Ukraine<br />
geplant. Doch mittlerweile finden hier auch<br />
ehemalige Straßenhunde aus Rumänien sowie<br />
Hunde und Katzen aus anderen Tierrettungen<br />
einen Platz, an dem sie liebevoll betreut<br />
und versorgt werden, bis sie ihren<br />
Menschen finden. Zur Weihnachtszeit durften<br />
Veranstaltungs-<br />
Kalender<br />
Eine Chance für die Schwächeren:<br />
Der Weihnachtsmarkt auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Osnabrück leistete wertvolle Hilfe.<br />
die Tiere eine Extra-Freude erleben: Ihre <strong>Aiderbichl</strong>er<br />
hatten ihnen Weihnachtspäckchen<br />
geschickt, und am 16. Dezember wurden<br />
sie zum Weihnachtsmarkt von rund 600<br />
Besuchern verwöhnt. Beim Adventsflohmarkt<br />
kamen etwa 7000 Euro zusammen – durch<br />
den Verkauf von Kaffee und Kuchen und<br />
Sachspenden. Seitdem ist der Flohmarkt eine<br />
feste Einrichtung in der künftigen Baustelle<br />
des geplanten Katzenhauses und im Rahmen<br />
der Öffnungszeiten besuchbar (täglich von<br />
14–16 Uhr). Auch in diesem Jahr wird wieder<br />
ein festlicher Weihnachtsmarkt zugunsten<br />
der Tiere stattfinden. Termin: 21.12.<strong>2024</strong>.<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Henndorf:<br />
Mo. u. Di. Ruhetag, Mi.–So. 9–18 Uhr<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Deggendorf:<br />
Mo. u. Di. Ruhetag, Mi.–So. 9–18 Uhr<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffeldorf:<br />
Mo. u. Di. Ruhetag, Mi.–So. 9–18 Uhr.<br />
Alle drei Besucherhöfe haben an Feiertagen,<br />
zu Ferienzeiten sowie zu Ostern<br />
und Advent auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> täglich<br />
von 9–18 Uhr geöffnet.<br />
GEMEINSAM AUF SENDUNG<br />
FÜRS TIERWOHL<br />
ORF-Radio Frühschoppen<br />
auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Henndorf<br />
Termin: 2.6.<strong>2024</strong><br />
Uhrzeit: Einlass 10 Uhr; Beginn 11 Uhr<br />
Ort: <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Henndorf; Große Halle<br />
Weitere Informationen finden Sie auf<br />
unserer Website unter<br />
www.gut-aiderbichl.com/besuchen/<br />
veranstaltungskalender<br />
Zum 60. Geburtstag von Hansi Süß<br />
PRUNK AUS DEM PRINTER<br />
In der großen Halle auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Im Jahr 2009 wurde der Hof der Landwirtfamilie<br />
Auch wenn Hansi Süß nun leider nicht<br />
Henndorf können Besucher nun ein ganz<br />
Hansi und Martina Süß zu einem mehr selbst aktiv auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffel-<br />
besonderes Prunkstück bewundern: eine<br />
Schon einmal im<br />
Begegnungshof von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>. Gemeinsam<br />
mit seiner Frau war Hansi Süß langjährige für immer eng verbunden. Dort finden<br />
Kalender vormerken:<br />
Krönungskutsche des Wiener Hofes aus<br />
dorf tätig sein wird, bleibt er dem Betrieb<br />
prächtige Nachbildung der goldenen<br />
Ein<br />
<strong>Gut</strong>sleitung von <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Iffeldorf – heute auf rund 155 Hektar Land 300 gerettete<br />
Tiere ein Zuhause – darunter<br />
findet dieses Jahr vom 16.3.–1.4. statt. Hier ergetreue<br />
Kopie der Kutsche von Kaiser<br />
Der Ostermarkt auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> in Henndorf<br />
dem 3-D-Drucker. Die verblüffend detail-<br />
direkt an den idyllischen Osterseen in der<br />
Osterfest<br />
Nähe von München gelegen. Hansi Süß hat zahlreiche Katzen, Hunde, Pferde, Esel<br />
warten Sie schöne Osterdeko- und Geschenkideen<br />
– und natürlich unsere geretetten Tiere.<br />
mithilfe berührungsloser optischer 3-D-<br />
Joseph II. aus dem 18. Jahrhundert wurde<br />
den Betrieb mit seinem großen Engagement und Rinder.<br />
der ganz<br />
und seiner unendlich großen Tierliebe deutlich<br />
geprägt. Unvergessen ist unter anderem Süß seinen 60. Geburtstag. Wir wünschen<br />
zudem zum Patentreffen und zur Speisenweihe<br />
Das Ergebnis beweist eindrucksvoll,<br />
Am 29. Januar dieses Jahres feierte Hansi<br />
Am Ostersonntag, dem 31.3., möchten wir Sie<br />
Messtechnik bis ins Detail nachgebildet.<br />
besonderen<br />
seine innige Verbindung zu Kameldame unserem Jubilar für seine weitere Zukunft Eine ganz besondere Verbindung hatte<br />
auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Henndorf einladen. Auch auf<br />
wie moderne Technologie die Schätze<br />
Franziska: Sie war das erste <strong>Aiderbichl</strong>-Tier auf alles erdenklich Liebe und <strong>Gut</strong>e – und vor Hansi Süß zur ebenso imposanten wie<br />
unseren österlich geschmückten Begegnungshöfen<br />
in Deggendorf und Iffeldorf freuen sich<br />
und erlebbar machen kann.<br />
unserer Geschichte und Kultur bewahren<br />
Art<br />
dem Hof – leider ist sie letztes Jahr verstorben. allem Gesundheit!<br />
<strong>lieben</strong>swerten Kameldame Franziska.<br />
die <strong>Aiderbichl</strong>er über viele Gäste.<br />
116 117
Gänserndorf<br />
Liebe über den<br />
Tod hinaus<br />
Carmen und Fifi, zwei ganz außergewöhnliche Schimpansen-Seelen,<br />
haben uns kürzlich für immer verlassen. Ihr Ableben hinterlässt eine<br />
schmerzliche Lücke in unseren Herzen<br />
CARMEN<br />
DIE FEINFÜHLIGE<br />
Die sensible Schimpansin<br />
mochte keine Kameras. Groß<br />
hingegen war ihre Passion<br />
fürs Groomen: Gern saß sie<br />
mit ihren Freunden Dorli und<br />
Pumuckl bei gemeinsamer<br />
Körperpflege in der Sonne.<br />
Die Geschichten der Tiere,<br />
die den Weg nach <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> finden, sind oft<br />
geprägt von Leid und Entbehrungen.<br />
Für Carmen<br />
und Fifi waren die erlebten<br />
Strapazen besonders schlimm. Im vergangenen<br />
Jahr schlossen sich die Augen<br />
dieser beiden wunderbaren Schimpansen<br />
für immer. Lassen Sie uns gemeinsam dieser<br />
zwei einzigartigen Tierseelen gedenken!<br />
Carmen kam als Siebenjährige ins Tierversuchslabor.<br />
Jahre des Leidens im engen<br />
Käfig, mit Hepatitis C und schmerzhafter<br />
Arthrose in ihren Gelenken prägten sie.<br />
Der Albtraum fand ein Ende, als sie ins<br />
Affen Refugium nach <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Gänserndorf kam. Für Carmen öffnete sich<br />
das Tor zum Paradies: Endlich wieder hinaus<br />
ins Freie, den Himmel sehen und das<br />
Gras unter den Füßen spüren! Endlich ein<br />
Ort, an dem Vertrauen wieder wachsen<br />
konnte und fürsorgliche Menschen sich<br />
um ihr Wohlbefinden kümmerten. Die Anlage<br />
wurde so gestaltet, dass Affen wie sie<br />
artgerechte Areale zur Verfügung haben<br />
– zum Spielen und Toben, aber auch, um<br />
sich zurückzuziehen. Nach Jahren im Käfig<br />
fand Carmen wieder Spaß am Klettern und<br />
erklomm mithilfe maßgeschneiderter Leitern<br />
die Holzplateaus. Jeder Fortschritt ließ<br />
sie förmlich strahlen, und ihre Freude<br />
FIFI<br />
DIE SPORTLERSEELE<br />
Der kluge Affe lernte, kleine Aufgaben mit viel Geduld<br />
und Fingerspitzengefühl zu lösen. Doch wenn sein bunter<br />
Ball ins Spiel kam, gab es kein Halten mehr: Diesen<br />
schoss er stets gekonnt im Wohnraum herum. Das brachte<br />
ihm schließlich seinen Spitznamen „Fußballprofi“ ein.<br />
Nachruf<br />
Fifi<br />
Nachruf<br />
Carmen<br />
„Du bist nicht<br />
mehr da, wo<br />
du warst,<br />
aber du bist<br />
überall, wo<br />
wir sind.“<br />
Victor Hugo<br />
übertrug sich auf alle, die sie begleiteten.<br />
Schimpanse Fifi aus Sierra Leone wurde<br />
bereits als Einjähriger seiner Familie entrissen<br />
und in jenes Labor verfrachtet, das<br />
auch Carmen jahrelang gefangen hielt. Im<br />
engen Käfig eingesperrt, lernte Fifi vor allem<br />
eins: Furcht. Nach seiner Rettung und<br />
der Ankunft auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Gänserndorf<br />
litt er unter schweren Angstzuständen<br />
und einem ausgeprägten Stereotypieverhalten.<br />
Fifi benötigte viel Geduld und<br />
Liebe, um zu verstehen, dass Menschen<br />
auch <strong>Gut</strong>es tun können. Sein Lieblingsplatz<br />
war hoch oben im Baum – von dort<br />
hatte er das Gelände im Blick. Und er lernte,<br />
Weintrauben geschickt mit einem<br />
Stöckchen aus kleinen Baumlöchern zu<br />
holen. Sein liebstes Spielzeug, ein Ball, ließ<br />
ihn übermütig herumtollen, und er wurde<br />
als unser kleiner Fußballprofi gefeiert.<br />
Unsere Traurigkeit ist groß. Doch voller Liebe<br />
und Achtung denken wir nun an diese<br />
beiden feinen Wesen – ihre Spuren werden<br />
stets in unseren Herzen bleiben!<br />
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Wo Sie uns finden<br />
Die<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Höfe<br />
Auf unseren Höfen in sechs Ländern leben<br />
mehr als 8000 gerettete Tiere. Und drei der<br />
Höfe können Sie auch besuchen …<br />
Die Tierschutz gemeinschaft<br />
<strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> steht<br />
seit mehr als<br />
20 Jahren mit<br />
ihren Stiftungen<br />
in Deutschland,<br />
Österreich und<br />
der Schweiz für aktiven und nachhaltigen<br />
Tierschutz in ganz Europa. Dabei liegt<br />
unser Schwerpunkt auf der Tierrettung,<br />
dem Tier- und dem Artenschutz.<br />
Auf zahlreichen Heimathöfen bieten wir<br />
allen von uns geretteten Tieren ein artgerechtes<br />
Zuhause mit dauerhafter Unterbringung.<br />
Mehr als 8000 Tiere in sechs<br />
europäischen Ländern leben heute bereits<br />
bei uns. Auf unseren drei Begegnungshöfen<br />
in Henndorf bei Salzburg, Iffeldorf<br />
bei München und Deggendorf bei Passau<br />
machen wir zudem Tierschutz für alle Generationen<br />
erleb- und spürbar. Ein Ausflug<br />
nach <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> ist Erlebnis und<br />
Erholung zugleich: Die Begegnung mit all<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
steht für<br />
aktiven und<br />
nachhaltigen<br />
Tierschutz<br />
unseren Tieren ist wie ein kleiner Urlaub,<br />
der den Alltag in landschaftlich attraktiver<br />
Umgebung für ein paar schöne Stunden<br />
vergessen lässt. Und mit den lebhaften<br />
Ziegen, den stets zu Streichen aufgelegten<br />
Eseln, den geruhsamen Rindern oder den<br />
quirligen Hühnern wird es nie langweilig.<br />
Davon haben sich in den vergangenen<br />
20 Jahren rund 3,8 Millionen Gäste überzeugt.<br />
Alle Fragen zu unserer Arbeit beantworten<br />
Ihnen unsere Mitarbeiter vor Ort<br />
gern. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!<br />
● Henndorf<br />
Berg 20, 5302 Henndorf am Wallersee<br />
Mi.–So.: 9–18 Uhr, Mo. u. Di. Ruhetag<br />
(Feiertage und Ferienzeit täglich geöffnet)<br />
● Iffeldorf<br />
Osterseehof, 182393 Iffeldorf<br />
ACHTUNG,<br />
NEUE<br />
ÖFFNUNGS-<br />
ZEITEN!<br />
Mi.–So.: 9–18 Uhr, Mo. u. Di. Ruhetag<br />
(Feiertage und Ferienzeit täglich geöffnet)<br />
● Deggendorf<br />
Eichberg 26, 94469 Deggendorf<br />
Mi.–So.: 9–18 Uhr, Mo. u. Di. Ruhetag<br />
(Feiertage und Ferienzeit täglich geöffnet)<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Stiftung Österreich<br />
Raiffeisenbank Wallersee<br />
Konto: <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Stiftung Österreich<br />
BIC / SWIFT: RVSAAT2S021<br />
IBAN: AT28 3502 1000 1802 3176<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Stiftung Deutschland<br />
Oberbank Bayern<br />
Konto: <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Stiftung<br />
Deutschland<br />
BIC/Swift: OBKLDEMX<br />
IBAN: DE92 7012 0700 8041 1028 67<br />
Osnabrück<br />
Ballermann Ranch<br />
Scholen<br />
DEUTSCHLAND<br />
Mehr Infos<br />
zu Ihrem<br />
Besuch auf<br />
unseren Höfen<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Stiftung Schweiz<br />
Zürcher Kantonalbank<br />
Konto: <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> Stiftung Schweiz<br />
Kontonr: 1100-2932.344<br />
Bank Clearing Nr. 700<br />
BIC / SWIFT: ZKBKCHZZ80A<br />
IBAN: CH59 0070 0110 0029 3234 4<br />
Eslarn<br />
Mainburg<br />
DEGGEN-<br />
DORF<br />
FRANKREICH<br />
Moulins<br />
Egg<br />
SCHWEIZ<br />
<strong>Gut</strong>tenburg<br />
IFFELDORF<br />
Teufen<br />
ÖSTERREICH<br />
Gänserndorf<br />
Maria<br />
Schmolln Kilb<br />
HENNDORF<br />
Traisen<br />
Kärnten<br />
Szépalma<br />
UNGARN<br />
RUMÄNIEN<br />
In und um Henndorf gibt es außerdem diese Einrichtungen von<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>: Seniorenstall – Schroffner-<strong>Gut</strong> – Köllersbergerhof –<br />
Schwaighofer – <strong>Gut</strong> Spielberg – Eppenschwandtner Hof –<br />
B-Stall – Vierlingerhof<br />
Bukarest<br />
120 121
IMPRESSUM<br />
Dieter Ehrengruber,<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> GmbH und <strong>Gut</strong><br />
<strong>Aiderbichl</strong> Stiftung, Johannes-<br />
Filzer-Straße 5, 5020 Salzburg<br />
Redaktion:<br />
Bauer Special Interest KG,<br />
Content Marketing & Strategy<br />
Burchardstraße 11,<br />
20077 Hamburg<br />
Für den Inhalt<br />
verantwortlich:<br />
Chefredakteur:<br />
Uwe Bokelmann (V.i.S.d.P.),<br />
Adresse wie Redaktion<br />
Redaktionsleitung:<br />
Dorothee Teves,<br />
Astrid Keßler (stv.)<br />
Redaktion: Thies Schönegge<br />
Mitarbeit: Jutta Junge<br />
Chefin vom Dienst:<br />
Katrin Büllesbach<br />
Art Direction:<br />
Dejan Bojcic,<br />
Pascal El Shakra<br />
Kontakt <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>:<br />
info@gut-aiderbichl.com<br />
Telefon 0800 / 56 76 373<br />
Nachdruck, auch auszugsweise,<br />
nur mit vorheriger Genehmigung.<br />
Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte und Bildbeiträge<br />
wird keine Haftung übernommen.<br />
Wissen.<br />
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Titelfoto: <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />
Foto und Illustrationen:<br />
Ingo Boelter; Bernhard Huber;<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong>; Getty Images;<br />
ddp; Shutterstock; istock; Alamy;<br />
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