Österreich Maritim, Ausgabe 70

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20 Österreich Maritim 70 - März 2018 Zerstörer DD-623 Nelson der U.S. Navy – Ein Schiff, dessen Name eng mit der k.u.k. Kriegsmarine verbunden ist Wilhelm Donko USS Nelson (DD-623) im November 1942, einen Tag vor der offiziellen Indienststellung. Dieser Artikel beschreibt die Geschichte des Zerstörers USS „Nelson“ (DD-623), der nicht nach dem Sieger von Trafalgar benannt war, sondern nach dem amerikanischen Marineoffizier Charles P. Nelson (*5.2.1877 Baltimore – †16.11.1935 Philadelphia), welcher einen Verband von 12 U-Boot-Jägern der U.S. Navy bei den Kämpfen um Durazzo am 2. Oktober 1918 befehligt hatte. Dieses allerletzte Seegefecht der k.u.k. Kriegsmarine gilt zugleich als die größte „naval battle“, an der Amerikas Marine im Ersten Weltkrieg beteiligt war. ©US Navy Die U.S. Navy im Ersten Weltkrieg in Westeuropa und in der Adria Die USA erklärten im April 1917 dem Deutschen Reich den Krieg; auch die diplomatischen Beziehungen zu Österreich-Ungarn wurden abgebrochen, der Beschluss zur Kriegserklärung an Wien erfolgte aber erst im Dezember 1917. Die U.S. Navy blieb vorerst zurückhaltend und beschränkte sich im Wesentlichen auf die Legung großer Minensperren gegen deutsche U-Boote sowie auf die Unterstützung von Geleitaufgaben der Royal Navy im U-Bootkrieg. Sie zögerte aber lange mit der Verlegung schwerer Einheiten nach Europa. Erst im Dezember 1917 wurde die „Battleship Division Nine“, bestehend aus modernen Dreadnoughts, nach Scapa Flow zur Verstärkung der Grand Fleet entsandt, wo sie die „Sixth Battle Squadron“ bildete. In Kampfhandlungen war sie nicht mehr involviert. Gemeinsamer Stapellauf der Zerstörer DD-623 Nelson und DD- 622 Maddox am 15.9.1942 in Kearny, New Jersey. Der Stapellauf der Nelson erfolgte wenige Minuten nach dem von Maddox. Im Bild: Der für den Stapellauf der Zwillinge angefertigte Button. ©US Navy Im Mittelmeer bestand hoher Bedarf an U-Boot-Jägern, weshalb die U.S. Navy eine größere Zahl solcher Einheiten dorthin verlegte. Amerikas Marine baute von 1917-19 u.a. über 440 kleine, hölzerne „Submarine Chasers“ der SC-1- Klasse (SC 1 – SC 448) mit ca. 85 t Wasserverdrängung, etwa 100 davon wurden in Frankreich gebaut, der Rest an der US-Ostküste. 121 davon wurden nach Europa verlegt (über
Österreich Maritim 70 - März 2018 21 den Atlantik wurden sie geschleppt). Sie kamen im Mittelmeer und entlang der britischen Küsten zum Einsatz. 12 dieser kleinen U-Boot-Jäger wurden im September 1918 für den Angriff auf den von k.u.k. Truppen gehaltenen Hafen von Durazzo (Durrës) im heutigen Albanien zusammengezogen, sie waren zur U-Bootsicherung des Flottenverbandes der Entente abgestellt, der den Hafen beschießen sollte. Organisatorisch waren sie in vier Gruppen (Units) zu je drei Booten aufgestellt, wobei jedoch eines der 12 Boote, SC-244 von der Unit D, wegen technischer Probleme in Brindisi zurückbleiben musste; es waren also am 2. 10.1918, dem Tag der Schlacht, nur 11 amerikanische U-Boot-Jäger tatsächlich auf See, die sich wie folgt gliederten: Unit B: SC 215, SC 128, SC 129; Unit D: SC 225, SC 327; Unit G: SC 95, SC 179, SC 338 und Unit H: SC 130, SC 337, SC 324. Zwei Gruppen mit sechs Booten waren zum Schutz von italienischen und britischen Kreuzer abgestellt, die direkt am Küstenbeschuss teilnahmen, die anderen sollten ein allfälliges Ausbrechen von k.u.k. U-Booten nach Norden unterbinden und so einen Angriff auf den Verband verhindern. Die beiden k.u.k. U-Boote SM U 29 und SM U 31 hatten Durazzo in der Nacht verlassen und versuchten den Angriff. Die amerikanischen U-Boot-Jäger glaubten am späten Vormittag zwei verschiedene U-Boote gesehen zu haben, griffen ihrerseits sofort an, feuerten auf ein vermeintliches Periskop und warfen Wasserbomben. Später glaubte man, ein drittes U-Boot gesichtet zu haben. Beide k.u.k. U-Boote überstanden die Angriffe problemlos, SM U 31 gelang es sogar noch, den britischen Kreuzer HMS Weymouth zu torpedieren. Die noch sehr unerfahrenen Amerikaner meldeten als Ergebnis ihrer Angriffe zwei feindliche U-Boote als versenkt, was absolut unzutreffend war. Die Geschichte der glorreichen Versenkung von zwei feindlichen U-Booten wurde noch jahrelang in der US-Presse verbreitet, bis sie von Marinehistorikern anhand der ehemaligen Feind-Akten widerlegt wurde. Selbst an der Schlacht beteiligte US-Marineoffiziere bemühten sich dahingehend zu relativieren, dass die U.S. Navy in Wahrheit nur einen sehr bescheidenen Beitrag hätte leisten können. Das änderte aber offensichtlich nichts daran, dass die Geschichte von der Versenkung von zwei U-Booten „und weiterer Schiffe“ in Durazzo weiter erzählt wurde, weil sie so schön war. Das ändert aber nichts daran, dass sich sowohl die Besatzungen als auch die Boote der U.S. Navy insgesamt als sehr zuverlässig und geeignet erwiesen haben. Captain Charles P. Nelson erhielt für den Einsatz die „Navy Distinguished Service Medal“ und mehrere ausländische Auszeichnungen. Er ging 1933 als Konteradmiral in Pension und starb 1935 im Philadelphia Naval Hospital. Subchasers SC216, SC131, SC147 an der Boje in der »Amerika-Bucht« in Korfu. Courtesy T. Woofenden Collection Zerstörer DD-623 Nelson Im Zweiten Weltkrieg baute die U.S. Navy Unmengen neuer Kriegsschiffe, bei der Namensgebung sollten verdiente Marineoffizieren geehrt werden. Der Erste Weltkrieg hatte für die amerikanische Marine wenig Gelegenheit gebracht, große Seehelden hervorzubringen, die man für neue Schiffe verwenden konnte. Mit Charles P. Nelson hatte man zumindest einen Teilnehmer an einem nennenswerten Seegefecht gegen Österreich-Ungarn, dazu die Geschichte, dass dabei möglicherweise sogar zwei feindliche U-Boote vernichtet worden seien. Die Navy entschloss sich jedenfalls, einen neuen Zerstörer der Gleaves-Klasse zu seinen Ehren zu benennen, DD-623 Nelson, der Stapellauf erfolgte am 15.9.1942 bei der Federal Shipbuilding and Drydock Company in Kearny, New Jersey. Am gleichen Tag wurde, auch das Schwesterschiff DD-622 Maddox zu Wasser gelassen. Taufpatin von DD-623 Nelson war Frau Nelson Stewart, die Tochter des Durazzo-Veteranen. Die Indienststellung erfolgte bereits am 26.11.1942 (auf der Brooklyn Navy Yard), erster Kommandant war Lieutenant Commander M. M. Riker. Nach Absolvierung der Probefahrten wurde das Schiff im Jänner 1943 der Atlantik-Flotte zugeteilt und führte bis Ende Mai als Flaggschiff der Destroyer Squadron 17 Geleitaufgaben im Nordatlantik, im Bereich Bermuda, Karibik, Dakar, Casablanca bis Gibraltar durch. Danach wurde USS Nelson in den Raum Norfolk zur weiteren Ausbildung verlegt und im Juni 1943 ins Mittelmeer entsandt, wo sie ab 10. Juli als Flaggschiff für den Commander Task Force 81 an der Invasion von Sizilien teilnahm, konkret bei den Landungen im Raum Gela in der Provinz Caltanissetta im Süden der Insel. Sie hatte in den nächsten Tagen heftige deutsche Luftangriffe von Maschinen des II. Fliegerkorps über sich ergehen zu lassen, blieb aber unbeschädigt. Ihre Zwillingsschwester DD-622 Maddox nur wenige Minuten zuvor auf dergleichen Werft vom Stapel gelaufen war, wurde am 10. Juli durch Ju 88 Bomber des Kampfgeschwaders 54 versenkt. Am 12. Juli schoss DD-623 ein deutsches Flugzeug ab und verließ kurz darauf die Kampfzone Richtung Algier. Ab 17. Juli war Nelson wieder vor Sizilien präsent, führte Geleitaufgaben durch und war wieder mehrfach das Ziel von deutschen Luftangriffen. Am 1. August wurde der Abschuss eines weiteren deutschen Flugzeuges gemeldet. Am 22. August kehrte sie an die amerikanische Ostküste zurück, wo am 3.9.1943 Lt. Comdr. Thomas McGrath das Kommando über den Zerstörer übernahm.
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