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Die Vogelgrippe erreicht die Galápagos-Inseln<br />

Veronika Huebl<br />

Im September 2023 meldeten Tauchboote die rund<br />

um die weit im Norden des Galápagos-Archipels gelegenen<br />

Inseln Darwin und Wolf unterwegs waren,<br />

dutzende verendete oder sterbende Vögel, vor allem<br />

Rotfusstölpel (Sula sula). Wenig später wurde auch von<br />

toten Tölpeln auf Genovesa und an der Punta Pitt, dem<br />

äussersten Nordosten von San Cristóbal, berichtet.<br />

Untersuchungen brachten schnell die beunruhigende<br />

Gewissheit: Todesursache war die Vogelgrippe H5N1,<br />

die im Herbst 2023 weltweit ihre grösste je dokumentierte<br />

Ausbreitung erfahren und nun offenbar auch<br />

Galápagos erreicht hat.<br />

Die Vogelgrippe wird von «Influenza A»-Viren verursacht.<br />

Diese Viren werden bevorzugt von Wasservögeln,<br />

bei denen die Viren im Magen-Darmtrakt vorkommen,<br />

über deren Kot verbreitet. Die Viren teilen sich in 16<br />

Subtypen H und 9 Subtypen N mit zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten<br />

auf. Beim Menschen finden sich<br />

die Subtypen H1, H2, H3 als Grippeerreger, während<br />

H5 und H7 die Vogelgrippe auslösen, die vorrangig<br />

bei Hausgeflügel auftritt.<br />

Umgehend wurden Punta Pitt, die Inseln Genovesa<br />

und Wolf sowie zum Schutze des Galápgagos-Albatros<br />

(Phoebastria irrorata), vorsorglich auch die Insel Española,<br />

für den Tourismus geschlossen. Weitere Gebiete,<br />

die als Nist- und Brutplätze von Seevögeln bekannt<br />

sind, wurden unter aktive Kontrolle gestellt und tote<br />

Tiere wurden unter strikter Einhaltung eines Sicherheitsprotokolls<br />

eingesammelt. Weiter stellten Nationalpark<br />

und die Charles-Darwin-Forschungsstation<br />

umgehend Nachforschungen an, wie das Virus nach<br />

Galápagos kommen konnte.<br />

Nachdem es vornehmlich bei Rotfusstölpeln nachgewiesen<br />

wurde, geht man davon aus, dass sie es waren,<br />

die das Virus zum Archipel brachten. Sie ernähren sich<br />

von sehr wenigen Fischarten und mussten sich im<br />

vergangenen Herbst wegen des aktuellen El-Niño-<br />

Phänomens, das aufgrund der vorherrschenden warmen<br />

Wasserströmungen das Nahrungsangebot in den<br />

Gewässern des Archipels deutlich dezimiert, in weit<br />

abgelegene Gebiete begeben. Dort dürften sie sich<br />

bei Zugvögeln angesteckt haben.<br />

Die grösste Gefahr besteht für endemische Arten,<br />

von denen es ohnehin auch im Archipel nur wenige<br />

Exemplare gibt, wie für die Galápagos-Lavamöwe<br />

(Leucophaeus fuliginosus), den Galápagos-Pinguin<br />

(Spheniscus mendiculus) oder auch für den flugunfähigen<br />

Kormoran (Phalacrocorax harrisi) oder den<br />

Galápagos-Albatros. Nachdem in Chile auch Seelöwen<br />

und Delfine positiv auf das Virus getestet worden<br />

waren, wurden auch die galapagueñischen Seelöwen-<br />

Populationen engmaschig kontrolliert.<br />

Relativ geschützt seien Singvögel wie beispielsweise<br />

die Darwinfinken, die mit den Wasservögeln normalerweise<br />

nicht in Kontakt treten.<br />

Seit Ende September 2023 wurden nun die Nist- und<br />

Brutplätze auf zehn Inseln mehr als 20-mal besucht, um<br />

infizierte tote Tiere möglichst zeitnah einzusammeln<br />

und so eine weitere Ausbreitung der Vogelgrippe zu<br />

verhindern. Gleichzeitig wurden auch jeweils Proben<br />

von den verendeten wie auch von lebenden Tieren<br />

genommen.<br />

Der grosse Schrecken blieb zum Glück aus: Es wurden<br />

zwar auch einige lebendige Tiere positiv getestet – bei<br />

der zweiten Probenentnahme auf Genovesa beispielsweise<br />

waren von 30 Proben drei positiv –, aber mit<br />

geringer Viruslast, und die betroffenen Tiere zeigten<br />

auch keine Symptome. Auf Española waren die 36<br />

Proben, die von Albatrossen, Nazca-Tölpeln (Sula<br />

granti) und Blaufusstölpeln (Sula nebouxii) genommen<br />

wurden, sämtlich negativ. Auch scheinen die<br />

Populationen überall nicht dezimiert, sondern zeigen<br />

sich gleich zahlreich. Die Vermutung besteht, dass ein<br />

anderer Subtyp des Vogelgrippe-Virus schon mal in<br />

Galápagos aufgetreten war und die Tiere daher über<br />

eine gewisse Immunität verfügen.<br />

Die Sicherheitsmassnahmen dauern noch an und<br />

alle Beteiligten hoffen, dass das Virus tatsächlich auf<br />

wenige Seevögel beschränkt bleibt.<br />

10 Galápagos Intern<br />

Gustavo Jiménez testet einen Albatros auf das Grippevirus,<br />

© Andrea Coloma, CDF<br />

Expertenteam untersucht Seevögel auf Genovesa und Wolf<br />

und nimmt Proben, © EPA/Parque Nacional Galápagos HA

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