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Frühling <strong>2024</strong><br />
N TERN<br />
Warum ist Biodiversitätsverlust<br />
so tragisch?<br />
Die Pflanzen brauchen unsere<br />
Hilfe<br />
Die Vogelgrippe erreicht die<br />
Galápagos-Inseln<br />
Information<br />
der Freunde<br />
der Galápagos<br />
Inseln (Schweiz)
Editorial<br />
Liebe Freundinnen und Freunde der Galápagos-<br />
Inseln<br />
Dieses Jahr können wir ein Jubliäum feiern: Vor 30<br />
Jahren, im Juni 1994, wurde unser Verein anlässlich<br />
einer Gründungsversammlung in Bern aus der Taufe<br />
gehoben. Seit 30 Jahren setzen wir uns somit für die<br />
Erforschung der Flora und Fauna und die Erhaltung<br />
der einmaligen Biodiversität der Galápagos-Inseln<br />
ein.<br />
Dank Ihren grosszügigen Spenden konnten wir in<br />
diesen 30 Jahren wichtige Projekte zum Schutz und<br />
zur Erforschung der Biodiversität auf den Galápagos-<br />
Inseln im Umfang von mehr als 2.2 Mio. Franken<br />
fördern. Diese grossartige Summe hat umfassende<br />
Erkenntnisse zum Erhalt von bedrohten Arten, zur<br />
Renaturierung von Ökosystemen, aber auch zum<br />
besseren Verständnis von Umwelteinflüssen auf die<br />
Galápagos-Inseln und das sie umfassende Meeresschutzgebiet<br />
erbracht.<br />
Weil die Galápagos-Inseln im Zeitalter der weltweiten<br />
Mobilität die Isolation verloren haben, der sie<br />
ihre Einzigartigkeit verdanken, wird der Archipel<br />
auch weiterhin auf aktive Naturschutzmassnahmen<br />
angewiesen sein. Auch im Jahr <strong>2024</strong> liegen grosse<br />
Herausforderungen vor uns. So hat der diesjährige<br />
El Niño-Winter den Landbewohnern viel Regen und<br />
damit frisches Grün beschert. Für diejenigen aber,<br />
deren Nahrungsquelle das Meer ist, führt die El Niño<br />
Zeit, durch den Wegfall der kalten Meeresströmungen,<br />
zu einem erheblichen Nahrungsmangel. Es ist<br />
zu befürchten, dass die Populationen der Seevögel<br />
dadurch stark betroffen werden. Inwieweit die Vogelgrippe,<br />
die erstmalig im vergangenen Herbst bis<br />
zu den Galápagos-Inseln vordringen konnte, einen<br />
weiteren negativen Einfluss auf die Vogelbestände<br />
hat, wird die Zukunft weisen.<br />
Unser Spendenaufruf in dieser Ausgabe gilt aber<br />
nicht den Vögeln, sondern der nicht minder einzigartigen<br />
Flora der Galápagos-Inseln. Ohne eine<br />
vielfältige, gesunde und ursprüngliche Pflanzenwelt<br />
lassen sich auch die Tiere der Galápagos-Inseln nicht<br />
langfristig erhalten. Bitte helfen Sie uns, auch die<br />
Flora der Galápagos-Inseln langfristig zu schützen.<br />
Inhaltsübersicht<br />
3 Warum ist Biodiversitätsverlust so<br />
tragisch?<br />
4 Wie geht es den Seevögeln von Galápagos?<br />
5 Erfreuliche Entwicklungen bei den<br />
Rubintyrannen<br />
6 Die Pflanzen brauchen unsere Hilfe<br />
8 Haben Sie schon von «Blue Carbon»<br />
gehört?<br />
9 Neuigkeiten vom Rochen-Projekt<br />
10 Die Vogelgrippe erreicht die Galápagos-Inseln<br />
11 Kino-Event<br />
12 Galápagos News<br />
Impressum:<br />
Freunde der Galápagos Inseln (Schweiz)<br />
c/o Zoo Zürich AG, Zürichbergstrasse 221, 8044 Zürich<br />
Telefon: 044 254 26 70<br />
E-Mail: freunde.galapagos@zoo.ch<br />
Homepage: www.galapagos-ch.org<br />
Mitarbeit an dieser Ausgabe:<br />
Lukas Keller, Patrick Schmitz, Claudia Haas, Veronika<br />
Huebl, Doris Hölling, Marianne Egli, Karin Ramp. Gedruckt<br />
auf FSC-zertifiziertem Papier.<br />
Die nächste Ausgabe des<br />
Galápagos Intern<br />
erscheint im Herbst <strong>2024</strong><br />
Follow us also on Social Media<br />
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und<br />
hoffe, viele von Ihnen an unserer 30. Generalversammlung<br />
begrüssen zu können.<br />
freundegalapagos<br />
friendsofgalapagos<br />
Mit herzlichen Grüssen,<br />
Titelbild<br />
Dr. Lukas Keller, Präsident<br />
Galápagos Taube,<br />
© Paquita Hoeck<br />
2 Galápagos Intern
Warum ist Biodiversitätsverlust so tragisch?<br />
Biodiversitätsverlust ist ein Schlagwort, dass wir immer<br />
häufiger hören. Vielen von uns ist es im Rahmen der<br />
Aktionen zum Bienensterben begegnet. Doch was<br />
bedeutet biologische Vielfalt denn genau und warum<br />
ist sie so wichtig?<br />
Laut Definition der Vereinten Nationen umfasst die<br />
biologische Vielfalt alle Formen des Lebens auf der<br />
Erde, vom klitzekleinen Mikroorganismus, über die<br />
gesamte Flora und Fauna, die unterschiedlichen Lebensräume<br />
an Land, Wasser und in der Luft, bis hin<br />
zu den Ökosystemen, die daraus gebildet werden.<br />
Also kurz gesagt, alles Leben in seinem natürlichen<br />
Umfeld.<br />
Das bedeutet, dass eine gesunde und ausgewogene<br />
biologische Vielfalt das Leben auf der Erde sichert. Leider<br />
verursachen wir Menschen durch unser Verhalten<br />
massive Veränderungen auf unserem Planeten. Diese<br />
führen dazu, dass vielen Lebensformen die Existenzgrundlage<br />
entzogen wird und sie für immer aus dem<br />
Ökosystem «Erde» verschwinden. Bedauerlicherweise<br />
haben wir dabei lange Zeit ausser Acht gelassen, dass<br />
jeder lebende Organismus eine Funktion in diesem<br />
System erfüllt und sein Verlust eine Kette von Konsequenzen<br />
nach sich zieht. Sie wiederum führen zu einem<br />
Ungleichgewicht in unserer Umwelt und gefährden<br />
damit auch unser gewohntes Leben.<br />
Die Rodung von Wäldern für Monokulturen, Strassen<br />
oder Städtebau, den Einsatz von Pestiziden in der<br />
Landwirtschaft, und die überbordende Produktion<br />
von CO 2 sind nur einige Beispiele unseres Raubbaus.<br />
Allein auf den isoliert im Pazifik liegenden Galápagos-<br />
Inseln gelten 188 Arten als vom Aussterben bedroht.<br />
Zwar erscheinen die Inseln mit ihrer ungewöhnlichen<br />
Tier- und Pflanzenwelt als beinahe unberührtes Paradies,<br />
doch die Bedrohung infolge baulicher Massnahmen<br />
(oftmals für den Tourismus), durch invasive Arten,<br />
industrielle Fischerei oder Plastikverschmutzung ist<br />
allgegenwärtig.<br />
Projekte mit dem Ziel, ausschliesslich Land- und Waldflächen<br />
zu renaturieren oder aufzuforsten, sind zu kurz<br />
gedacht, denn es braucht auch die dort normalerweise<br />
lebende Tierwelt, damit diese Ökosysteme wieder wie<br />
ursprünglich funktionieren.<br />
Aus diesem Grund sind Projekte zum Schutz der kleinen<br />
Singvögel vor den Larven der Vogel-Vampir-Fliege<br />
Philornis Downsi, die Erweiterung des Galápagos-<br />
Meeresschutzgebiets um die Hermandad, die Renaturierung<br />
von Floreana oder die Überwachung der<br />
Meeresschildkröten und Seevogelpopulationen so<br />
wichtig. Die hier gesammelten Informationen tragen<br />
dazu bei, das Ökosystem «Galápagos» im Gleichgewicht<br />
zu halten und sorgen dafür, dass die einzigartige Artenvielfalt<br />
auf dem Archipel erhalten bleibt.<br />
Die Galápagos-Riesenschildkröten – Namensgeber<br />
der Inseln –, umfassend zu schützen und daran zu<br />
arbeiten, dass sie ihre Aufgabe zum Erhalt der Artenvielfalt<br />
erfüllen können, ist ein weiteres wichtiges<br />
Projekt. Denn die Schildkröten tragen massgeblich<br />
zum Erhalt der Biodiversität auf dem Archipel bei: Sie<br />
verbreiten auf ihren Wanderungen über die Inseln,<br />
Samen in ihrem Kot. Belüften mit ihren kräftigen Fussnägeln<br />
den Boden und drücken mit ihren massigen<br />
Körpern die Vegetation auseinander. Dies trägt alles<br />
dazu bei, dass sich Pflanzen und Insekten vermehren<br />
können und damit die Lebensgrundlage für Vögel<br />
und andere Tiere bieten. Aus diesem Grund ist es<br />
unerlässlich, vornehmlich im besiedelten Hochland<br />
der Galápagos-Inseln, Lösungen zu finden, die es<br />
den Schildkröten ermöglichen, gemeinsam mit den<br />
Menschen zu leben, ohne Schaden durch deren Abfall,<br />
Zäune oder Strassen und vom Menschen eingeführte<br />
invasive Arten zu nehmen.<br />
Viele engagierte Menschen arbeiten unermüdlich<br />
daran, die Problematik des Biodiversitätsverlusts zu<br />
erklären, um weiteres Artensterben zu vermeiden.<br />
Damit auch nachfolgende Generationen die uns bekannte<br />
Artenvielfalt bewundern können.<br />
Behalten wir doch einen Satz im Gedächtnis, der auf<br />
einer Informationstafel am Gehege der letzten überlebenden<br />
Pinta-Schildkröte «Lonesome George», die<br />
2012 verstorben ist, zu lesen war:<br />
«Was auch immer mit diesem einzelnen Tier geschieht,<br />
es soll uns immer daran erinnern, dass das<br />
Schicksal aller Lebewesen auf der Erde in den Händen<br />
des Menschen liegt.»<br />
Zuchtstation Galápagos-Schildkröten, © Doris Hölling<br />
Lonesome George, © Paquita Hoeck<br />
Galápagos Intern<br />
3
Wie geht es den Seevögeln von Galápagos?<br />
Das Team von Gustavo Jiménez-Uzcátegui arbeitet<br />
intensiv daran, die aktuellen Populationsgrössen<br />
der Galápagos Pinguine (Spheniscus mendiculus),<br />
der flugunfähigen Kormorane (Phalacrocorax<br />
harrisi) und der Galápagos Albatrosse (Phoebastria<br />
irrorata) zu ermitteln. Diese Daten sind wichtig,<br />
um langfristige Schutzprojekte für diese Vögel zu<br />
entwickeln, da die Seevögel nicht nur durch den<br />
Klimawandel, sondern auch durch invasive Arten,<br />
Interaktion mit uns Menschen und von Krankheitserregern<br />
bedroht werden. Leider gehört seit<br />
diesem Jahr auch die Vogelgrippe, die erstmalig<br />
auf dem Archipel festgestellt wurde, zu den Risiken.<br />
Aus diesem Grund überwachen die Forscher engmaschig<br />
die Brutgebiete der Vögel auf den Inseln<br />
Fernandina, Isabela, Española und den Mariela Inseln.<br />
So ist es möglich festzustellen, in welchem<br />
Ausmass die Vögel brüten, wie viele Jungvögel<br />
flügge werden und welche äusseren Einflüsse dafür<br />
verantwortlich sind.<br />
In vielen der besuchten Brutgebiete wurden Katzen<br />
und Ratten gesichtet. Deshalb haben die Forscher<br />
über 220 Fallen installiert, deren engmaschige<br />
Überwachung zeigen wird, ob es möglich ist,<br />
die in diese Gebiete eingeschleppten Arten so zu<br />
reduzieren.<br />
Ein weiteres wichtiges Thema für die Forscher ist<br />
zu verstehen, wie stark die Seevogelpopulationen<br />
von Veränderungen in ihrer Umwelt beeinflusst<br />
werden. Dieses Wissen wird benötigt, um entsprechende<br />
Schutzmassnahmen und -projekte zu<br />
entwickeln, aber auch um zu erkennen, inwieweit<br />
sich die Tiere an solche Veränderungen anpassen.<br />
Aus diesem Grund werden alle gefangenen Vögel<br />
mit Tags (kleine Metallschilder mit Nummern)<br />
markiert, die es ermöglichen, die Tiere wiederzuerkennen<br />
und ihre körperliche bzw. gesundheitliche<br />
Entwicklung zu verfolgen. Zusätzlich werden<br />
noch Abstriche der Kloake und des Rachenraumes<br />
genommen, um den Gesundheitszustand der Vögel<br />
zu bestimmen. Erfreulicherweise konnte bei<br />
keinem der gefangenen Vögel die Vogelgrippe<br />
festgestellt werden.<br />
gefunden wurden, vermuten die Forscher, dass<br />
einige der flugunfähigen Kormorane auf ihrer Suche<br />
nach Nahrung in andere Gebiete abgewandert<br />
sein könnten. Diese These soll bei einer weiteren<br />
Expedition geklärt werden.<br />
Galápagos Albatrosse, © Hannes Barandun<br />
Flugunfähiger Kormoran, © Andreas Schöllhorn<br />
Im Jahr 2023 hat die Pinguinpopulation ein Rekordhoch<br />
erreicht, obwohl es leider zu wenig<br />
Jungtiere gibt. Eine mögliche Ursache hierfür<br />
könnte die durch die La-Niña-Ereignisse der letzten<br />
drei Jahre verursachte Trockenheit sein. Erfahrungsgemäss<br />
ist davon auszugehen, dass der<br />
El-Niño-Winter 2023 - <strong>2024</strong> zu einem Rückgang<br />
der Nahrungsressourcen führt, was ebenfalls die<br />
Fortpflanzung der Vögel negativ beeinflusst und<br />
sicherlich zu einem Rückgang der Population führen<br />
wird. Genauere Erkenntnisse hierüber werden<br />
erneute Zählungen im Frühjahr <strong>2024</strong> bringen.<br />
Weiterhin musste das Team feststellen, dass die<br />
Zahl der flugunfähigen Kormorane deutlich zurückgegangen<br />
ist. Da jedoch keine toten Vögel<br />
Pinguinkolonie, © Ursina Koller<br />
4 Galápagos Intern
Erfreuliche Entwicklungen bei den Rubintyrannen<br />
Schon seit Jahren unterstützen wir Projekte von<br />
Dr. Birgit Fessl und Dr. Sabine Tebbich von der Universität<br />
in Wien, die dazu beitragen, die Rubintyrannen<br />
(Pyrocephalus nanus) vor dem Aussterben zu bewahren.<br />
Die Hauptbedrohung für diese kleinen Singvögel<br />
ist die Vogel-Vampir-Fliege Philornis downsi, die ihre<br />
Eier in die Nester der Vögel legt und deren Larven sich<br />
dann von den geschlüpften Küken ernähren.<br />
Um dies zu verhindern, wurden bisher alle Nester, die<br />
die Forscherinnen finden konnten, mehrfach pro Brutsaison<br />
mit einem Insektizid behandelt. Diese Art, die<br />
Fliegenlarven zu bekämpfen, benötigt allerdings sehr<br />
viel geschultes Personal, denn die Nester befinden<br />
sich oft hoch in den Bäumen und die Forscherinnen<br />
und Forscher benötigen Baumkletterer, um dorthin<br />
zu gelangen.<br />
Daher hat man vor einigen Jahren begonnen, den<br />
Vögeln verschiedene Nistmaterialien in Dispensern<br />
anzubieten, die vorher mit einem Insektizid behandelt<br />
wurden. Glücklicherweise haben die Rubintyrannen<br />
sehr rasch auf diese Dispenser reagiert und angefangen,<br />
ihre Nester bevorzugt mit Hühnerfedern, aber<br />
auch mit Sisal und Kapok auszupolstern. Aus diesem<br />
Grund war es nun wichtig, die Wirksamkeit der behandelten<br />
Nistmaterialien im Kampf gegen die Larven der<br />
Philornis downsi nachzuweisen.<br />
Bisher war der Bruterfolg der Rubintyrannen in Nestern,<br />
die nicht mit einem Insektizid behandelt wurden,<br />
gleich null. Daher entschied man sich, das Brutgebiet<br />
auf der Insel Isabela, an den Hängen der Sierra Negra,<br />
in Parzellen einzuteilen. In einer Hälfte dieser Parzellen<br />
wurden den Vögeln verschiedene Dispenser mit<br />
Nistmaterial angeboten, welches mit dem Insektizid<br />
Permacap behandelt wurde, während in der anderen<br />
Hälfte der Parzellen das Nistmaterial nur mit Wasser<br />
besprüht wurde. Insgesamt konnten so 62 Vogelnester<br />
beobachtet werden.<br />
Positiv war, dass in 98 % der Nester das angebotene<br />
Nistmaterial gefunden wurde. Die weissen Hühnerfedern<br />
fanden dabei, bei den brütenden Rubintyrannen<br />
Weibchen sehr grossen Zuspruch. Doch die wichtige<br />
Frage der Forschenden war, inwieweit die behandel-<br />
Rubintyrann Nest mit Jungvogel und Mutter, © David Anchundia<br />
ten Federn einen Einfluss auf die Anzahl der Fliegenlarven<br />
im Nest haben. Hier konnten die Forscherinnen<br />
feststellen, dass in Nestern mit behandelten Federn<br />
die Eier weniger oft von den Vögeln aufgegeben<br />
wurden. Auch waren weniger der geschlüpften Küken<br />
verstorben als in den Nestern mit unbehandelten Federn.<br />
Insgesamt gab es bei Nestern mit behandeltem<br />
Nistmaterial einen Bruterfolg von 54 %, während er<br />
bei Nestern mit unbehandeltem Nistmaterial nur bei<br />
7 % lag.<br />
Auf diese Weise konnten Dr. Fessl und Dr. Tebbich<br />
nachweisen, dass die Dispenser mit behandeltem<br />
Nistmaterial eine genauso effektive Möglichkeit sind,<br />
die Rubintyrannen vor den Larven der Philornis downsi<br />
zu schützen, wie die Injektionen der Nester mit Insektizid.<br />
Die Dispenser haben zudem den Vorteil,<br />
dass dafür keine speziell trainierten Baumkletterer<br />
benötigt werden. Weil die Vögel das Material selbst<br />
transportieren, können auch Nester in grossen Höhen<br />
erreicht werden.<br />
Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Methode auch im<br />
grossen Massstab einfach anzuwenden ist. Für dieses<br />
Jahr haben Dr. Fessel und Dr. Tebbich eine umfangreiche<br />
Studie mit Einsatz von Dispensern auf der Insel<br />
Floreana geplant. Damit wollen sie dazu beitragen,<br />
dass sich die vorhandenen Bestände der dort lebenden<br />
Singvögel nach der Ausrottung der Nagetiere<br />
und Katzen rascher erholen können.<br />
Dispenser mit Federn, © David Anchundia<br />
Rubintyrannen Nest, © David Anchundia<br />
Galápagos Intern<br />
5
Die Pflanzen brauchen unsere Hilfe<br />
Die Galápagos-Inseln sind weltweit bekannt für die<br />
grosse Zahl der ausschliesslich dort vorkommenden,<br />
also endemischen Arten. Dies gilt nicht nur für die<br />
Fauna, sondern auch für die Flora des Archipels, die<br />
glücklicherweise noch nahezu intakt erhalten ist. Nur<br />
drei endemische Pflanzenarten gelten momentan als<br />
ausgestorben.<br />
Dieser Lavakaktus wächst als Pionierpflanze auf Lavaboden,<br />
© Doris Hölling<br />
Doch auch die Pflanzenwelt der Inseln ist bedroht.<br />
Invasive Arten, Veränderungen der Landnutzung und<br />
der Klimawandel tragen dazu bei, dass inzwischen<br />
über die Hälfte der endemischen Pflanzenarten der<br />
Galápagos-Inseln als bedroht eingestuft werden.<br />
Einige dieser Pflanzen klassifiziert das rote Buch der<br />
endemischen Pflanzen von Galápagos sogar als vom<br />
Aussterben gefährdet.<br />
Viele der Pflanzen sind Pionierpflanzen und damit ein<br />
Grundbaustein des heutigen Galápagos Archipels.<br />
Erst ihr Vorhandensein hat weiteres Leben auf<br />
den Vulkaninseln ermöglicht. Sie bieten Schutz,<br />
unterschiedliche Lebensräume und sichern Nahrung,<br />
durch Blüten, die Insekten anziehen, Früchte oder<br />
durch die Pflanze selbst. Diese Ökosystemleistungen<br />
haben grundlegend dazu beigetragen, dass sich die<br />
Inseln zu dem Paradies entwickeln konnten, das wir<br />
kennenlernen durften.<br />
Weil hier zwischen Flora und Fauna ein enger<br />
Zusammenhang besteht, kann der Verlust einzelner<br />
Pflanzenarten in diesem spezialisierten Ökosystem<br />
weitreichende Folgen haben. Ein Beispiel dafür sind die<br />
Baumscalesien, die vielen kleinen Singvogelarten einen<br />
wichtigen Lebensraum bieten. Sie sind als Folge der<br />
eingeführten Brombeerpflanzen beinahe ausgestorben<br />
(wir berichteten darüber im Herbst 2022).<br />
Um einem Biodiversitätsverlust entgegenzuwirken,<br />
wurde im Rahmen des Projekts «Galápagos Verde<br />
2050» begonnen, Pflanzenarten, die vom Aussterben<br />
bedroht sind, zu züchten und in ihrem natürlichen<br />
Lebensraum wieder anzupflanzen. Dazu gehören<br />
folgende vier Pflanzenarten: Galvezia leucantha subsp.<br />
leucantha, Lecocarpus lecocarpoides, Scalesia retroflexa<br />
und Scalesia affinis.<br />
Für die meisten von uns klingt es trivial, eine Pflanze<br />
nachzuzüchten; man steckt den Samen in die Erde,<br />
sorgt für ausreichend Licht, Wasser und Wärme<br />
und wartet. Ganz so einfach ist es bei den sehr<br />
spezialisierten Pflanzen auf dem Archipel nicht. Sei<br />
es, dass es zu wenig Samen gibt, dass die Samen nur<br />
auf speziellen Untergründen und dann schlecht oder<br />
gar nicht keimen. Auch die jungen Pflanzen haben<br />
oft sehr spezielle Bedürfnisse, die die Forscher durch<br />
verschiedene, oft erfolglose Versuche herausfinden<br />
müssen.<br />
Die im Labor erfolgreich aufgezogenen Pflanzen<br />
werden dann in ihrem ursprünglichen Habitat<br />
ausgesetzt. Aber auch das braucht Planung. Wasser ist<br />
auf dem Archipel nicht überall in ausreichender Menge<br />
vorhanden. Eine Pflanze, die in menschlicher Obhut<br />
aufwächst, ist jedoch an regelmässige Wassergaben<br />
gewohnt. Es ist daher unerlässlich, auch in der Natur<br />
für eine langfristige Bewässerung zu sorgen. Die<br />
Setzlinge werden deshalb in biologisch abbaubaren<br />
Containern mit Wassertanks oder unter Verwendung<br />
von Hydrogel, einem wasserspeichernden Material, das<br />
in die Erde gemischt wird, ausgepflanzt. Zusätzlich ist<br />
es wichtig, die Pflanzen durch Gitter oder Zäune vor<br />
Tierfrass zu schützen.<br />
Erste Erfolge bei Nachzuchten<br />
Galvezia leucantha subspezies leucantha ist eine<br />
endemische Unterart des Löwenmäulchens. Durch<br />
eingeführte Ziegen und Ratten wurden die Pflanzen<br />
drastisch reduziert. Im August 2017 gab es nur noch<br />
vier dieser Pflanzen auf der Insel Isabela. Bis Ende<br />
2022, gelang es den Forschern, aus den Samen der<br />
verbliebenen vier Pflanzen, 24 gesunde Galvezia<br />
leucantha Pflanzen nachzuziehen und in ihrem<br />
natürlichen Habitat auf Isabela auszupflanzen. Ein<br />
Problem dabei war, dass ein Grossteil des Samens der<br />
letzten vier Pflanzen nicht keimfähig war.<br />
Junge Pflanze im Schutzzaun mit Wasserreservoir, © Paul<br />
Mayorga<br />
6 Galápagos Intern
Leocarpus leocarpoides ist eine endemische Pflanze,<br />
die zu den Asterngewächsen zählt und auf der Insel<br />
Española vorkommt. Sie war meist bei Punta Manzanillo<br />
anzutreffen. Seit 2014 wurde sie jedoch nicht mehr<br />
gesehen. Es wurde befürchtet, sie sei ausgestorben.<br />
Auch Leocarpus leocarpoides war der Fresslust der<br />
eingeführten Ziegen zum Opfer gefallen. Trotz der<br />
Ausrottung der Ziegen auf Española erholten sich<br />
die Bestände der Pflanzen nicht. Darum wurde damit<br />
begonnen, aus Samen, die im Herbarium der Charles<br />
Darwin Station aufbewahrt wurden, Setzlinge zu<br />
züchten. Die neu gezogenen Pflanzen haben bis<br />
jetzt bereits über 6‘000 Samen hervorgebracht, die es<br />
ermöglichen sollten, Leocarpus leocarpoides in Punta<br />
Manzanillo wieder anzupflanzen.<br />
Scalesien<br />
Die auf den Galápaogos-Inseln endemisch vorkommenden<br />
Pflanzen gehören, ebenso wie die Galvezia<br />
leucantha subsp. leucantha zur Familie der Asteraceae,<br />
zu denen auch Gänseblümchen, Ringelblumen, Kamille<br />
und verschiedene Salatpflanzen gehören. Aufgrund<br />
ihrer Anpassung an die unterschiedlichen Lebensräume<br />
auf den Galápagos-Inseln werden die Scalesien<br />
auch als «Darwinsche Finken der Pflanzenwelt»<br />
bezeichnet. Auf dem Archipel gibt es 15 Strauch- oder<br />
Baumscalesienarten. Die Scalesia retroflexa kommt<br />
ausschliesslich auf der Insel Santa Cruz vor und ist<br />
vom Aussterben bedroht. Aktuell wurden nur noch<br />
23 dieser Pflanzen auf der Insel gefunden. Daher<br />
wurden Zäune um die Pflanzen errichtet, um sie vor<br />
möglichem Tierfrass zu schützen.<br />
Scalesia affinis ist auf den östlichen und zentralen Inseln<br />
des Archipels anzutreffen, wobei die Populationen auf<br />
Santa Cruz und Floreana massiv abnehmen. Dabei hat<br />
das erhebliche Wachstum von Puerto Ayora auf der<br />
Insel Santa Cruz massgeblich zum Verlust der Scalesia<br />
affinis beigetragen. Nachzuchten der Pflanzen sind<br />
schwierig, da ihre Samen nur eingeschränkt keimfähig<br />
sind. Bis jetzt wurden über 400 dieser Pflanzen auf<br />
Santa Cruz angepflanzt, was 45 % des Gesamtbestands<br />
dieser Scalesienart auf der Insel ausmacht.<br />
Um diese ersten Erfolge auf weitere bedrohte,<br />
endemische Pflanzen des Archipels zu übertragen<br />
Galvezia leucantha var. Leucantha, © Liliana Jaramillo<br />
Scalesia affinis Blüte, © galapagosverde 2050, CDF<br />
und so die Biodiversität der Galápagos-Inseln auch<br />
langfristig sicherstellen zu können, ist noch viel<br />
Forschung notwendig. Sowohl im Labor wie in den<br />
natürlichen Habitaten. Dazu werden langfristig nicht<br />
nur umfassende Samenbanken benötigt. Wichtig ist<br />
auch herauszufinden, wie das Wachstum und die<br />
Überlebenschancen der Setzlinge sichergestellt und<br />
nachhaltige Aufzuchtmethoden entwickelt werden<br />
können.<br />
Das Aussterben einer Art ist endgültig und führt oft zu<br />
Schädigungen und Problemen in einem Ökosystem,<br />
die erst im Nachhinein offensichtlich werden. Jede Art<br />
hat ihre Aufgabe in ihrem Lebensraum. Und die kann<br />
nicht einfach durch eine andere Art ersetzt werden.<br />
Helfen Sie uns, Sorge zu tragen, dass<br />
die einzigartige Biodiversität der Flora<br />
auf den Galápagos-Inseln auch weiterhin<br />
erhalten bleibt.<br />
Leocarpus leocarpoides, Sammeln und Verpacken von Samen für das Herbarium der CDF, © Josua Vela Fonseca, Patricia<br />
Jaramillo Díaz, CDF<br />
Galápagos Intern<br />
7
Haben Sie schon von «Blue Carbon» gehört?<br />
Küstenlinie Galápagos, © Lukas Keller<br />
Uns allen ist bewusst, dass im Rahmen der globalen<br />
Erwärmung eine Reduktion des CO 2 -Ausstosses dringend<br />
notwendig ist, um unser Klima auch zukünftig<br />
in einem für uns lebenswerten Rahmen zu erhalten.<br />
Das ist einfacher gesagt als getan. Auf der Suche nach<br />
kostengünstigen und trotzdem nachhaltigen Speichern<br />
für den von uns im Übermass produzierten<br />
Kohlenstoff, haben Wissenschaftler festgestellt, dass<br />
nicht nur die Wälder an Land in der Lage sind CO 2<br />
aufzunehmen und speichern. Auch die Küstengebiete<br />
mit ihren Mangrovenwäldern, Salzmarschen und Seegraswiesen,<br />
sowie die Algenwälder in den Ozeanen,<br />
binden und speichern erfolgreich CO 2 . Dieses im Meer<br />
oder an den Küsten gespeicherte Kohlendioxid wird<br />
als «Blue Carbon» oder blauer Kohlenstoff bezeichnet.<br />
Interessant daran ist, dass solche marinen Ökosysteme<br />
wesentlich kleiner sind als Wälder an Land. Sie binden<br />
jedoch das CO 2 schneller und sind darüber hinaus in<br />
der Lage, den Kohlenstoff über lange Zeit hinweg zu<br />
speichern. Das ist möglich, weil die Sedimente des<br />
Meeresbodens – im Gegensatz zu terrestrischem Boden<br />
keinen Sauerstoff enthalten und der Salzgehalt<br />
des Meeres die Entstehung von Methangas begrenzt.<br />
Theorien gehen davon aus, dass in marinen Ökosystemen<br />
über 65 % des CO 2 biologisch gespeichert wird.<br />
Mangrovenwälder schützen nicht nur die Küstenabschnitte<br />
vor Überschwemmungen. Auf den Galápagos-Inseln<br />
sind sie zudem wichtige Kinderstuben für<br />
bedrohte Meeresbewohner, wie Haie und Rochen.<br />
Darüber hinaus bieten sie auch vielen Insekten und<br />
Vögeln, wie z.B. den Mangrovenfinken einen einzigartigen<br />
Lebensraum.<br />
Eine Schädigung dieser Ökosysteme (durch Absterben<br />
der Bäume oder Austrocknung des Bodens) bedeutet<br />
jedoch, dass nicht nur der Lebensraum dort lebender<br />
Pflanzen und Tiere bedroht wird, sondern dass auch<br />
grosse Mengen von im Meeresboden gespeichertem<br />
CO 2 freigesetzt werden.<br />
Bei Playa Tortuga Negra auf Isabela wird seit mehreren<br />
Jahren ein Absterben der schwarzen Mangroven<br />
(Avicennia germinans) beobachtet. Sie sind eine der drei<br />
Mangrovenarten, die hier vorkommen und von den<br />
Mangrovenfinken bevorzugt für den Nestbau genutzt<br />
werden. Das Sterben der oft über 50 Jahre alten Bäume<br />
wird durch Insekten verursacht, für deren Bekämpfung<br />
ernsthaft nach einem Mittel gesucht wird.<br />
Der Forscher Nicolas Moity beschäftigt sich intensiv mit<br />
der Ökologie der Mangroven. Dabei teilt er einzelne<br />
Mangrovengebiete in Parzellen, um dann mit dem<br />
Einsatz von Drohnen Informationen über die Strukturen<br />
und Biomasse der Bäume in den aufgegliederten<br />
Bereichen zu sammeln. Zusätzlich nimmt er Blatt- und<br />
Bodenproben, um so den Gesundheitszustand der<br />
Mangrovenwälder zu bewerten und genetische Zusammenhänge<br />
zu erforschen. Anhand dieser Daten<br />
kann er das Alter der Mangrovenwälder und dadurch<br />
auch ihren Beitrag zum blauen Kohlenstoff einschätzen.<br />
Diese Forschung ist wichtig, denn nur so können Veränderungen<br />
im zeitlichen Ablauf dargestellt werden,<br />
was notwendig ist, um die Auswirkungen von Klimaschwankungen<br />
zu beurteilen und um das bestehende<br />
Risiko eines Kollapses dieses Ökosystems zu evaluieren.<br />
Mangrovenwald, © Ursina Koller<br />
Nicolas Moity hat aus diesem Grund die Untersuchungen<br />
der verschiedenen Ökosystemleistungen von<br />
Mangrovenwäldern ausgedehnt und beobachtet auch<br />
deren Rolle als Kinderstuben für maritime Arten. Dazu<br />
taucht er in den Mangrovenlagunen, zählt die vorhandenen<br />
Fische, Meeresschildkröten, Haie und Rochen.<br />
Darüber hinaus installiert er auch Temperatursensoren.<br />
Anhand dieser Daten will er die oft unterschätzte Rolle<br />
der Mangrovenlagunen als Kohlenstoffspeicher und<br />
Kinderstube für bedrohte Arten dezidiert nachweisen.<br />
Darüber hinaus hofft er, gleichzeitig die bisher<br />
unbewiesenen Auswirkungen aufzeigen zu können,<br />
die durch die menschliche Präsenz auf diese Hotspots<br />
der Biodiversität entstehen.<br />
Bucht mit Rochen und Meeresschildkröte, © Amy McLeod<br />
8 Galápagos Intern
Neuigkeiten vom Rochen-Projekt<br />
Veronika Huebl<br />
Viele Küstenabschnitte der Galápagos-Inseln sind<br />
gesäumt von Mangroven. Dieser dichte Bewuchs<br />
aus Bäumen und Sträuchern, die im Salz- und Brackwasser<br />
wurzeln, schützt nicht nur die Küstenstreifen<br />
vor Erosion, Stürmen und Überschwemmungen,<br />
sondern speichert auch extrem effizient CO 2 und<br />
trägt so massgeblich zur Stabilisierung des Klimas<br />
bei. Und nicht nur das: Die Wurzeln der Mangroven<br />
in seichter Küstennähe bieten auch optimalen<br />
Schutz für den Nachwuchs von über 50 Arten, darunter<br />
auch Haie- und Rochen, die rund um die Galápagos-Inseln<br />
leben und aufwachsen.<br />
Zu den Rochen im Galápagos Meeresschutzgebiet<br />
gibt es kaum Daten. Man weiss nicht, wie gross sie<br />
werden, wieviel sie wiegen oder wie alt sie werden.<br />
Ein Projekt unter der Leitung von Dr. Diana Pazmiño<br />
soll das nun ändern. Im Archipel finden sich über<br />
15 verschiedene Rochenarten, drei davon stehen<br />
im Fokus des Projekts: Riesenmanta (Mobula birostris),<br />
Goldrochen (oder auch Pazifischer Kuhnasenrochen,<br />
Rhinoptera steindachneri) und Gefleckter<br />
Adlerrochen (Aetobatus ocellatus) in der Umgebung<br />
von Isabela und San Cristóbal.<br />
Goldrochen wie auch Gefleckte Adlerrochen treten<br />
meist in Schulen auf. Manchmal kann man sie in<br />
der Academy Bay in Puerto Ayora sehen, wie sie in<br />
gleichmässiger Formation elegant durchs Wasser<br />
schwingen. Das Projekt sah vor, diese beiden Rochenarten<br />
und ihr Zusammenleben – insbesondere<br />
in den „Kinderstuben“ der Mangroven – besser kennenzulernen<br />
und an mehreren Stellen von Tieren<br />
Gewebeproben zu nehmen um die Populationen<br />
über den gesamten Archipel hinweg, aber auch<br />
weltweit miteinander zu vergleichen.<br />
Erfolge trotz eines Rückschlags<br />
Das Projekt hatte besonders rund um Isabela mit<br />
Schwierigkeiten zu kämpfen, da sich die Auswirkungen<br />
des La-Niña-Phänomens Anfang 2022 und auch<br />
des Tonga-Tsunami gerade im Beobachtungszeitraum<br />
in den südlichen galapagueñischen Gewässern<br />
bemerkbar machten. Möglicherweise wurden<br />
deshalb nur drei Goldrochen gesichtet, die zudem<br />
Verletzungen im Rückenbereich aufwiesen, sodass<br />
sich das Forscherteam entschied, von diesen Tieren<br />
keine Gewebeproben zu nehmen. Allerdings traf das<br />
Team etwas später während der Suche nach Mantarochen<br />
im offenen Meer unverhofft auf eine Schule<br />
Gefleckter Adlerrochen, © Veronika Huebl<br />
Mantarochen, © Chris Rohner<br />
von an die 100 Goldrochen. In den unruhigen Gewässern<br />
gelang jedoch nur eine Entnahme von Gewebeproben.<br />
Rund um San Cristóbal hatte das Team<br />
mehr Glück und konnte neben 36 Gewebeproben<br />
von Gefleckten Adlerrochen, auch drei Proben von<br />
Goldrochen sammeln, die nun ausgewertet werden.<br />
Einer der grossen Erfolge dieses Projekts ist die Aufnahme<br />
von mehreren galapagueñischen Küstenabschnitten<br />
als Brutstätten in die internationale Datenbank<br />
der „Important Shark and Ray Areas“ (ISRAs).<br />
Mantarochen<br />
Sehr zufriedenstellend für die Forschenden war die<br />
Feldarbeit zu den Mantarochen. Riesenmantas finden<br />
sich vor allem in den tieferen Gewässern rund<br />
um Isabela.<br />
„Wir konnten bei unserem Aufenthalt in Galápagos<br />
einmal einen solchen Riesenrochen, der wie ein Teppich<br />
im Wasser schwebt, aus nächster Nähe beobachten:<br />
Er hat uns bei einem Kajak-Ausflug begleitet.<br />
Offenbar neugierig, schwamm er unter unseren<br />
Kajaks herum und faszinierte uns mit seiner gewaltigen<br />
Grösse. Eigentlich sah man nur eine dunkle Fläche,<br />
eine Kontur war nicht auszumachen, so riesig<br />
war das Tier. Drei Kajaks weiter war es immer noch<br />
direkt unter uns. Als wir dann wieder ins Schlauchboot<br />
geklettert waren, verabschiedete sich der Riesenmanta<br />
aus der Ferne, indem er dreimal aus dem<br />
Wasser sprang. Das tun sie manchmal, ähnlich wie<br />
Wale, aber es ist unklar, warum sie das machen.“<br />
Das Mantarochen-Projekt hatte zum Ziel, Dynamik<br />
und Beziehungen der Riesenmanta rund um Galápagos<br />
besser kennenzulernen und sie auch mit<br />
jener bekannten grossen Population nahe dem<br />
ecuadorianischen Festland bei der Insel La Plata zu<br />
vergleichen. Es konnten viele Gewebeproben genommen<br />
werden, zehn Mantas wurden zudem mit<br />
akustischen Sendern ausgestattet und weitere vier<br />
Mantas erhielten Satellitensender. Rund um Isabela<br />
wurden drei akustische Empfänger eingerichtet,<br />
um die Bewegungen der getaggten Mantas zu beobachten.<br />
Aus diesen Daten werden sich zukünftig<br />
zahlreiche Erkenntnisse ableiten lassen, die weiter<br />
zum Schutz dieser beeindruckenden Tiere beitragen<br />
können.<br />
Galápagos Intern<br />
9
Die Vogelgrippe erreicht die Galápagos-Inseln<br />
Veronika Huebl<br />
Im September 2023 meldeten Tauchboote die rund<br />
um die weit im Norden des Galápagos-Archipels gelegenen<br />
Inseln Darwin und Wolf unterwegs waren,<br />
dutzende verendete oder sterbende Vögel, vor allem<br />
Rotfusstölpel (Sula sula). Wenig später wurde auch von<br />
toten Tölpeln auf Genovesa und an der Punta Pitt, dem<br />
äussersten Nordosten von San Cristóbal, berichtet.<br />
Untersuchungen brachten schnell die beunruhigende<br />
Gewissheit: Todesursache war die Vogelgrippe H5N1,<br />
die im Herbst 2023 weltweit ihre grösste je dokumentierte<br />
Ausbreitung erfahren und nun offenbar auch<br />
Galápagos erreicht hat.<br />
Die Vogelgrippe wird von «Influenza A»-Viren verursacht.<br />
Diese Viren werden bevorzugt von Wasservögeln,<br />
bei denen die Viren im Magen-Darmtrakt vorkommen,<br />
über deren Kot verbreitet. Die Viren teilen sich in 16<br />
Subtypen H und 9 Subtypen N mit zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten<br />
auf. Beim Menschen finden sich<br />
die Subtypen H1, H2, H3 als Grippeerreger, während<br />
H5 und H7 die Vogelgrippe auslösen, die vorrangig<br />
bei Hausgeflügel auftritt.<br />
Umgehend wurden Punta Pitt, die Inseln Genovesa<br />
und Wolf sowie zum Schutze des Galápgagos-Albatros<br />
(Phoebastria irrorata), vorsorglich auch die Insel Española,<br />
für den Tourismus geschlossen. Weitere Gebiete,<br />
die als Nist- und Brutplätze von Seevögeln bekannt<br />
sind, wurden unter aktive Kontrolle gestellt und tote<br />
Tiere wurden unter strikter Einhaltung eines Sicherheitsprotokolls<br />
eingesammelt. Weiter stellten Nationalpark<br />
und die Charles-Darwin-Forschungsstation<br />
umgehend Nachforschungen an, wie das Virus nach<br />
Galápagos kommen konnte.<br />
Nachdem es vornehmlich bei Rotfusstölpeln nachgewiesen<br />
wurde, geht man davon aus, dass sie es waren,<br />
die das Virus zum Archipel brachten. Sie ernähren sich<br />
von sehr wenigen Fischarten und mussten sich im<br />
vergangenen Herbst wegen des aktuellen El-Niño-<br />
Phänomens, das aufgrund der vorherrschenden warmen<br />
Wasserströmungen das Nahrungsangebot in den<br />
Gewässern des Archipels deutlich dezimiert, in weit<br />
abgelegene Gebiete begeben. Dort dürften sie sich<br />
bei Zugvögeln angesteckt haben.<br />
Die grösste Gefahr besteht für endemische Arten,<br />
von denen es ohnehin auch im Archipel nur wenige<br />
Exemplare gibt, wie für die Galápagos-Lavamöwe<br />
(Leucophaeus fuliginosus), den Galápagos-Pinguin<br />
(Spheniscus mendiculus) oder auch für den flugunfähigen<br />
Kormoran (Phalacrocorax harrisi) oder den<br />
Galápagos-Albatros. Nachdem in Chile auch Seelöwen<br />
und Delfine positiv auf das Virus getestet worden<br />
waren, wurden auch die galapagueñischen Seelöwen-<br />
Populationen engmaschig kontrolliert.<br />
Relativ geschützt seien Singvögel wie beispielsweise<br />
die Darwinfinken, die mit den Wasservögeln normalerweise<br />
nicht in Kontakt treten.<br />
Seit Ende September 2023 wurden nun die Nist- und<br />
Brutplätze auf zehn Inseln mehr als 20-mal besucht, um<br />
infizierte tote Tiere möglichst zeitnah einzusammeln<br />
und so eine weitere Ausbreitung der Vogelgrippe zu<br />
verhindern. Gleichzeitig wurden auch jeweils Proben<br />
von den verendeten wie auch von lebenden Tieren<br />
genommen.<br />
Der grosse Schrecken blieb zum Glück aus: Es wurden<br />
zwar auch einige lebendige Tiere positiv getestet – bei<br />
der zweiten Probenentnahme auf Genovesa beispielsweise<br />
waren von 30 Proben drei positiv –, aber mit<br />
geringer Viruslast, und die betroffenen Tiere zeigten<br />
auch keine Symptome. Auf Española waren die 36<br />
Proben, die von Albatrossen, Nazca-Tölpeln (Sula<br />
granti) und Blaufusstölpeln (Sula nebouxii) genommen<br />
wurden, sämtlich negativ. Auch scheinen die<br />
Populationen überall nicht dezimiert, sondern zeigen<br />
sich gleich zahlreich. Die Vermutung besteht, dass ein<br />
anderer Subtyp des Vogelgrippe-Virus schon mal in<br />
Galápagos aufgetreten war und die Tiere daher über<br />
eine gewisse Immunität verfügen.<br />
Die Sicherheitsmassnahmen dauern noch an und<br />
alle Beteiligten hoffen, dass das Virus tatsächlich auf<br />
wenige Seevögel beschränkt bleibt.<br />
10 Galápagos Intern<br />
Gustavo Jiménez testet einen Albatros auf das Grippevirus,<br />
© Andrea Coloma, CDF<br />
Expertenteam untersucht Seevögel auf Genovesa und Wolf<br />
und nimmt Proben, © EPA/Parque Nacional Galápagos HA
Kino-Event<br />
Veronika Huebl<br />
Am 3. November 2023 fand im Kinosaal des Zoologischen<br />
Museums der Universität Zürich die Vorführung<br />
des Dokumentarfilms «Galápagos – Hope for the<br />
Future» statt. Die Filmvorführung war ursprünglich<br />
für das Frühjahr 2020 geplant gewesen, konnte aber<br />
aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Nun<br />
wurde diese virtuelle Reise zu den Galápagos-Inseln<br />
nachgeholt – in Anwesenheit des Regisseurs, Herrn<br />
Evert Van Den Bos, der einleitend erzählte, wie faszinierend<br />
die Dreharbeiten an diesem besonderen Ort<br />
waren, aber auch, mit welchen vorhersehbaren und<br />
unvorhersehbaren Einschränkungen und Schwierigkeiten<br />
er und sein Team zu kämpfen hatten.<br />
Evert Van den Bos und Lukas Keller, © Doris Hölling<br />
Der Film war ein Auftragswerk zum 60. Geburtstag<br />
der Charles Darwin Foundation. Die Herausforderung<br />
für Herrn Van Den Bos war es, einen Film über<br />
wissenschaftliche Forschung und Erkenntnisse zu<br />
drehen, der aber auch für ein breites Publikum interessant<br />
erzählt ist. Eine Szene, in der diese Diskrepanz<br />
besonders deutlich wird, ist das übliche Treiben am<br />
Fischmarkt. Die Dramaturgie sah für die Publikumswirksamkeit<br />
vor, dass ein Seelöwe erfolgreich einen<br />
Fisch vom Tresen stibitzt. Der Nationalpark stimmte<br />
dieser Szene erst nach langen Diskussionen und mit<br />
grossen Vorbehalten zu, denn jegliches Füttern der<br />
Tiere ist strikt verboten und üblicherweise achten<br />
gerade am Fischmarkt alle Beteiligten sehr genau auf<br />
die Einhaltung dieser Auflagen.<br />
Eine zusätzliche Herausforderung war die verhältnismässig<br />
kurze Produktionszeit von nur acht Monaten<br />
und die unglaubliche logistische Leistung, die von<br />
allen Beteiligten erbracht wurde, um den Film realisieren<br />
zu können: Für jeden der zahlreichen Drehorte<br />
auf verschiedenen Inseln, an Land wie auf und unter<br />
Wasser, brauchte es eine Genehmigung des Nationalparks,<br />
in der genau vermerkt war, in welchem Zeitslot<br />
welche Tierart aufgenommen würde – und wenn die<br />
Genehmigung an einem Ort zu einer bestimmten Zeit<br />
Blaufusstölpel vorsah, durfte man keine Albatrosse<br />
filmen. Und natürlich kann man den Tieren auch nicht<br />
befehlen, sich genau im vorgesehenen Zeitslot filmogen<br />
in Szene zu werfen. Aber mit beeindruckendem<br />
Einsatz aller Beteiligten und hoher Professionalität<br />
konnte das Projekt erfolgreich realisiert werden.<br />
Der Film zeigt Tiere, Umwelt, aber auch Menschen –<br />
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ebenso<br />
wie die Bewohner und Bewohnerinnen der Inseln,<br />
die in die Schutzprojekte eingebunden sind und<br />
denen der Schutz ihres besonderen Lebensraums<br />
am Herzen liegt. Er bietet fundierte Einblicke in die<br />
Bemühungen der Charles Darwin Foundation, besonders<br />
gefährdete Tierarten wie den Mangroven-Fink zu<br />
schützen, eingeschleppte Arten wie die Brombeere<br />
zurückzudrängen und Scalesia-Setzlingen dabei zu<br />
helfen, sich ihren Lebensraum zurückzuerobern. So<br />
sieht der Film Galápagos als Symbol der Hoffnung,<br />
da die Menschen dort aus Verständnis und Respekt<br />
für ihre Umgebung und deren unterschiedlichste<br />
Bewohner leidenschaftlich entschlossen sind, diese<br />
einzigartige und so fragile Region mit ihrem verletzlichen<br />
Ökosystem zu bewahren, zu beschützen und<br />
zukunftssicher zu machen.<br />
Das Publikum im bis auf den letzten Platz gefüllten<br />
Kinosaal des zoologischen Museums Zürich war begeistert<br />
über den wunderschönen Film. Beim anschliessenden<br />
Apéro gab es ausgiebig Gelegenheit, mit Herrn<br />
Van Den Bos über seine einzigartigen Erfahrungen<br />
und Herausforderungen beim Dreh auf Galápagos zu<br />
plaudern. Wann bekommt man schon einmal diese<br />
Möglichkeit, sich direkt mit dem Filmemacher auszutauschen<br />
und nachzufragen. Dieser Blick hinter<br />
die Kulissen war für viele Kinobesucher unbezahlbar.<br />
Eben Kino und mehr!<br />
Aber auch die Gespräche der Galápagos-Freunde<br />
untereinander kam wie immer nicht zu kurz. Man<br />
tauschte sich über zukünftige Reisen aus oder schwelgte<br />
gemeinsam in eigenen Erinnerungen an einen<br />
erlebnisreichen Aufenthalt auf den Galápagos-Inseln.<br />
Interessierte Mitglieder im Gespräch mit Evert, © Doris Hölling<br />
Galápagos Intern<br />
11
Galápagos<br />
News<br />
Ende August 2023 wurde eine 30-tägige Tiefsee-<br />
Expedition in Zusammenarbeit der Charles Darwin<br />
Station, mit der Galápagos Nationalparkbehörde<br />
und dem Ozeanografischen und Antarktischen Institut<br />
der ecuadorianischen Marine und Forschern<br />
verschiedener Universitäten aus der ganzen Welt<br />
durchgeführt.<br />
Dabei konnte Dr. John Jamieson von der Memorial<br />
Universität von Neufundland (Kanada) mithilfe<br />
von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen, die<br />
mit neuester Sonartechnologie ausgestattet waren,<br />
hochauflösende Karten des Meeresbodens vor den<br />
westlichen Galápagos-Inseln erstellen.<br />
Die hierbei entdeckten, noch unbekannten hydrothermalen<br />
Schlote liegen in Tiefen zwischen<br />
1’600 – 2’400 Metern. Bisher waren nur hydrothermale<br />
Quellen vor den östlichen Galápagos-Inseln<br />
bekannt.<br />
Durch die hoch detaillierten Karten war es den Forschern<br />
möglich, nicht nur dort vorkommende Tiere<br />
wie Krabben und Röhrenwürmer, sondern auch die<br />
Chemikalien, die die Schlote ausstossen, zu identifizieren.<br />
In einem der Niedrigtemperatur-Schlote<br />
wurden Eier der pazifischen Weissen Rochen gefunden.<br />
Dies ist erst der zweite Fund solcher Eier. Aktuell<br />
arbeiten die Forscherteams intensiv an der weiteren<br />
Auswertung der von ihnen erhobenen Daten.<br />
Aktiver Schlot im neu entdeckten Hydrothermalfeld, © Schmidt<br />
Ocean Institute<br />
Einladung zur 30. Generalversammlung<br />
Wann:<br />
Wo:<br />
Donnerstag, den 4. April <strong>2024</strong>, 18:30 Uhr<br />
Zoologisches Museum der Universität Zürich, Karl-Schmid-Strasse 4, 8006 Zürich<br />
Traktanden: siehe Einladungsbrief in der Beilage<br />
Gastreferat:<br />
siehe Einladungsbrief in der Beilage<br />
Anschliessend Apéro bis 21:00 Uhr.<br />
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.<br />
12 Galápagos Intern